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www.datakontext.com HR P erformance businesspartner für personalverantwortliche G 25633 · 22,00 Euro · ISSN 1866-3753 Mai 3/2015 Sonderdruck Motivation im virtuellen Team Andrea Chatoupis, Frank Pongé

G 25633 · 22,00 Euro · ISSN 1866-3753 Mai 3/2015 … · 41 Prozent der Mitglieder virtueller Teams ihre Kollegen nie persönlich. Größte Herausforderung virtueller Teammeetings

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Page 1: G 25633 · 22,00 Euro · ISSN 1866-3753 Mai 3/2015 … · 41 Prozent der Mitglieder virtueller Teams ihre Kollegen nie persönlich. Größte Herausforderung virtueller Teammeetings

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HRPerformancebusinesspartner für personalverantwortliche

G 25633 · 22,00 Euro · ISSN 1866-3753 Mai 3/2015

Sonderdruck

Motivation im virtuellen TeamAndrea Chatoupis, Frank Pongé

Page 2: G 25633 · 22,00 Euro · ISSN 1866-3753 Mai 3/2015 … · 41 Prozent der Mitglieder virtueller Teams ihre Kollegen nie persönlich. Größte Herausforderung virtueller Teammeetings

HR Performance 3/2015

Globalisierung und Digitalisierung sind aktuell die stärkstenVeränderungstreiber – sie wirken sich unmittelbar auf jedesUnternehmen aus. Ein Ausdruck beider Tendenzen, sozusagenals „organisationale Schnittmenge“, sind virtuelle Teams. Ihrewachsende Verbreitung zeigt, dass wertschöpfende Koopera-tion zunehmend unabhängig von Raum und Zeit geschieht.

Virtuelle Teams arbeiten „telekooperativ“: Da die Mitgliederräumlich voneinander entfernt sind, wird die gemeinsame Leis-tung (tele-)mediengestützt erbracht, mittels Telefon und Inter-net. Informations- und Kommunikationstechnik soll – und muss– den mangelnden Face-to-Face-Kontakt kompensieren. Durchunterschiedliche Arbeitszeiten und Zeitzonen, durch verschie-dene Sprachen und Kulturen wird die Komplexität des virtuel-len Zusammenwirkens oft zusätzlich gesteigert.

Die gewählten Kommunikationskanäle (von E-Mail über Tele-fon- oder Videokonferenz bis hin zu Webmeetings, Diskussions-foren, Blogs oder Social Networks) weisen ihre eigene Logik –und ihre eigene Dynamik – auf, die erkannt und gemanagt wer-den muss (siehe HR Performance 1/2015, S. 88 ff.). Dem Leiterdes virtuellen Teams kommt als „Distance Leader“ die an-spruchsvolle Aufgabe zu, diese spezielle Organisationseinheitzu steuern und zu optimieren, sowohl die Gruppenleistung alsauch die Gruppenidentität zu sichern und zu steigern (siehe HRPerformance 2/2015, S. 72 ff.).

Neben dem Fokus auf Technologie und Führung ist es sinnvoll,das virtuelle Team aus der Perspektive des Teammitglieds nä-her zu betrachten. Rasch zeigt sich, dass es vor allem sozialeFaktoren sind, die maßgeblich zur kurzfristigen Effizienz wiezum dauerhaften Erfolg der organisationalen Konstellation„Virtuelle Zusammenarbeit“ beitragen.

Am Mensch(lich)en liegt’s …

Laut einer Studie in den USA (RW3 Culture Wizard, 2012) treffen41 Prozent der Mitglieder virtueller Teams ihre Kollegen niepersönlich. Größte Herausforderung virtueller Teammeetingssei „Nicht genügend Zeit für den Beziehungsaufbau“ (79 %).Immerhin 71 Prozent der Befragten monierten „Zu geringe Par-tizipation“. Generell betont die Studie, dass jede virtuelle Ge-meinschaftsarbeit und gerade der Vertrauensaufbau infolgeder Reduktion sozialer und emotionaler Hinweisreize bei über-wiegend digitalem Kontakt deutlich erschwert ist.

Und eine deutsche Untersuchung zeigt, dass drei Viertel allervirtuellen Teams eher spontan oder kurzfristig zusammenge-stellt werden (Albrecht/Albrecht-Göpfert 2012, S. 46). Aus Zeit-und Kostengründen ist der Durchlauf wesentlicher Teamfin-dungsphasen (siehe HR Performance 2/2015, S. 73) in virtuellenEinheiten daher oft nicht gewährleistet. Identifikation und En-gagement, in Face-to-Face-Teams aufgrund des Beisammen-

seins vor Ort „naheliegend“, entwickeln sich bei räumlich ver-teilten – und meist sehr heterogenen – Fachleuten meist nurschleppend.

Der Teamleiter ist die entscheidende Instanz, die durch geeig-nete Führung das „Menschliche und Allzumenschliche“ zielsi-cher ansprechen und fördern soll. Parallel werden vom Teammitglied gutes Selbstmanagement und hohe Eigenver-antwortung erwartet. Beides ist in virtuellen Strukturen nichtimmer automatisch und nicht immer ausreichend gegeben. –Jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass für erfolgreiche Ko-operation und erforderliche Arbeitsqualität vor allem die Moti-vation des Einzelnen im Zusammenspiel mit den anderen be-sonders bedeutsam ist.

Die Motivations-Formel für virtuelle Teams: M = V∗I∗S∗T

Der hier vorgestellte V∗I∗S∗T-Ansatz bietet ein integriertes Mo-dell zur Erklärung und Vorhersage motivationaler Prozesse invirtuellen Arbeitsgruppen (Hertel 2002). Motivation, hier ver-standen als „innere Triebfeder“ eines Menschen, verbundenmit der willentlichen Umsetzung dieses Strebens in konkreteResultate durch zielbezogenes Handeln, ist auch in virtuellenTeams entscheidend für erfolgreiches Zusammenwirken. Einehohe Motivation steigert die individuelle wie die gemeinsameLeistung als Team.

Motivation im virtuellen Team

Valenz: Subjektive Bedeutung des Team -ziels für das einzelne Mitglied

Motiva -tion

Team-leistung

Instrumentalität: Subjektive Bedeutung des eigenen Beitrags zur Erreichungdes Teamziels

Selbstwirksamkeit: Subjektive Einschätzung, dennotwendigen Beitrag zur Erreichung der Teamziele tat-sächlich erbringen zu können

Vertrauen:Erfüllung der eigenen Erwartun-gen an die anderen Mitglieder,an die Teamprozesse und an dietechnische Ausrüstung

Abb.: V∗I∗S∗T-Modell zur Motivation im virtuellen Team

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Das V�I�S�T-Modell geht davon aus, dass jedes Mitglied, wennes sich für Art und Umfang seiner Mitwirkung an den Zielenund den Prozessen im virtuellen Team entscheidet, zunächstdie Vor- und Nachteile abwägt, also die persönliche Investitionmit dem abzusehenden Nutzen vergleicht. Der „Wert“ des be-absichtigten Arbeitsergebnisses im Team, verknüpft mit der Er-wartung, es zu erreichen bzw. erreichen zu können, bestimmtdie (motivationale) Energie, die eine Person dann tatsächlichaufbringt. Das Ergebnis dieser rationalen Überlegungen – unddas daraus resultierende Handeln – ist aus Mitarbeiterperspek-tive die subjektiv beste Alternative, wie man sich in der „com-putergestützten Arbeitsgruppe“ verhalten sollte.

Die vier Einflussfaktoren der Motivation im virtuellen Team sind:

V: Valenz … meint die subjektive Bedeutung des Teamziels.Dieser Faktor gibt an, ob und inwieweit die offizielle Aufgaben-stellung, das Projekt, generell die gemeinsamen Ziele, für denEinzelnen attraktiv und darum des Einsatzes wert sind – oderob sie für ihn selbst (oder für das Unternehmen insgesamt?) alsbelanglos oder gar als nachteilig eingeschätzt werden. JedesTeammitglied wägt für sich ganz persönlich ab, welchen Wertund welche Folgen die virtuelle Kooperation an sich, ein aktivesMitwirken und die erreichbaren Ergebnisse haben werden.

Jeder fragt sich: „Was habe ich, was haben wir davon?“ – Ver-mutlich wird die Motivation steigen, je mehr das Ziel von denTeammitgliedern als erstrebenswert angesehen wird.

Aus den einzelnen Komponenten der V∗I∗S∗T-Theorie lassensich nun direkt einige motivationsfördernde Maßnahmen(„Praxistipps“) ableiten, als Anregung für Teammitglieder undTeamleiter zur Diagnose und zur Optimierung virtueller Zu-sammenarbeit.

Fünf Praxistipps zur Steigerung der „Valenz“:1. Definition der Ziele bzw. des Zielrahmens eindeutig und

nachvollziehbar halten. Bei Bedarf den Auftraggeber zurKonkretisierung auffordern, ggf. vereint exakten Auftrag er-stellen. Welcher Stakeholder hat welche Erwartungen? Ge-samtunternehmerische Dimension? Outputs, Meilensteineund Termine möglichst genau spezifizieren.

2. Kommunikation von Ziel oder Auftrag angemessen und klargestalten: schriftlich, mündlich, mehrfach. Über Machbarkeitund Wege hinreichend austauschen („Drehen und Wen-den“). Sind die Ziele allen Beteiligten klar?

3. Widerspruchsfreiheit zwischen offizieller Richtung und indi-viduellen Interessen der Teammitglieder sicherstellen. Sinddie Ziele und der Arbeitsaufwand auch im jeweiligen lokalenUmfeld akzeptiert und umsetzbar?

4. Verbindlichkeit und Engagement bei (fast) jedem virtuellenTreffen thematisieren und überprüfen („Sind wir noch aufdem richtigen Weg?“).

5. Führungsstil „Management by Objectives (MBO)“ anstre-ben. Einzelne Ziele und Wege partizipativ im Team – ggf. imDialog – entwickeln und fixieren. Partnerschaftliche Abstim-mung führt dann oft zu allgemeiner Zustimmung.

I: Instrumentalität … meint die subjektive Bedeutung des ei-genen Beitrags zur Erreichung des Teamziels: Mit welcherWahrscheinlichkeit führt die von mir erwartete Leistung auchzu den gewünschten (Er-)Folgen? „Instrumentalität“ bewertetsomit die Wichtigkeit des eigenen Handelns für – und dessenWirkung auf – die Ziele des virtuellen Teams. Motivation steigtin dem Maße, in dem persönliches Mitwirken als ausschlagge-bend für das angestrebte Teamresultat eingeschätzt, für ein po-sitives Ergebnis als notwendig erachtet wird.

Das Teammitglied fragt sich: „Was kann ich zu unserem Erfolgbeisteuern?“ – Wer das eigene Können als maßgebliche undunverzichtbare Basis des Teamerfolgs empfindet („Ohne michschaffen die das nicht …“), der fühlt sich motiviert und wird ho-he Leistung bringen (hohe Instrumentalität in V∗I∗S∗T). Werallerdings seine Anstrengungen für das Ergebnis als unbedeu-tend wahrnimmt („Ob ich hier aktiv mitmache oder nicht, ist ei-gentlich völlig egal …“), der sieht sich wenig motiviert undwird sich kaum einsetzen (niedrige Instrumentalität).

Fünf Praxistipps zur Steigerung der „Instrumentalität“:1. Sinnvolle Arbeitspakete schnüren, indem Teamziele auf ein-

zelne Mitglieder heruntergebrochen werden. Den Anteil derPerson am kollektiven Arbeitsfluss aufzeigen und die Not-wendigkeit von Qualität und Termintreue verdeutlichen. Zu-sammenhänge zwischen „kleiner Aufgabe“ und „großemZiel“ immer neu vergegenwärtigen.

2. Aufgabeninterdependenz und „Einbettung“ der Beteiligtenfördern. Doch Vorsicht: Eine Aufteilung von Gewerken in in-haltlich eng verzahnte Module sollte nicht dazu führen, dassder Fortschritt an einem Ort völlig vom Fortschritt am ande-ren Ort abhängig ist.

3. Gemeinsame Teilprojekte definieren, um das Zusammen-spiel unterschiedlicher Standorte anzuspornen. Der gemein-same Auftrag regt einander Unbekannte an, vereint passen-de Wege zur Problembewältigung zu entwickeln („Die Arbeithat uns zusammengebracht …“).

4. Relevanzbewusstsein stärken, indem der Stellenwert jedereinzelnen Tätigkeit glaubwürdig beschrieben und bekannt-gemacht wird. In gegenseitigem Feedback und im Feedbackdes Teamleiters regelmäßig die Tragweite der einzelnen Ak-tivität für den Teamerfolg hervorheben und auf das jeweiligeMitglied beziehen.

5. Online-Dokumentation zur (Teil-)Zielerreichung aufbauenund pflegen, mit direktem Verweis auf das Gesamtprojekt.Zeitnahe und weitgehende Transparenz über den Arbeits-

Fachreihe „Virtuelle Teams erfolgreich managen“

Teil 1: Megatrend VirtualisierungTeil 2: Collaboration ToolsTeil 3: E-Führung – Distance LeadershipTeil 4: Motivation im virtuellen TeamTeil 5: Alles multikulti – oder was?Teil 6: Das virtuelle Team als „Kunde“ von HR

Praxis

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fortschritt – eventuell wiederum mit kurzen Informationenüber individuelle Beiträge – ermöglicht allseitiges Wissenüber den Grad der Zielerreichung sowie über Vorliegen undüber Konsequenzen möglicher Abweichungen. UnbedingtDatenschutzregeln zur Leistungskontrolle beachten!

S: Selbstwirksamkeit … meint die subjektive Einschätzung,den notwendigen Beitrag zur Erreichung der Teamziele tatsäch-lich erbringen zu können. Es ist die persönliche Erwartung, obund wieweit man sich den Bedingungen der virtuellen Team-arbeit gewachsen fühlt. Der Unterschied zur Instrumentalitätist, dass es dort um die prinzipielle Wirksamkeit des eigenenRollenbeitrags geht, wohingegen Selbstwirksamkeit das sub-jektiv vorhandene, real abrufbare Arbeitsvermögen fokussiert(„Selbst-Vertrauen“).

Das Teammitglied fragt sich dementsprechend: „Reichen mei-ne Kenntnisse, meine Erfahrungen und Fähigkeiten aus, umden von mir geforderten Leistungsbeitrag für das Team auchwirklich zu erbringen? Oder blamiere ich mich womöglich?“ –Zu vermuten ist, dass die Motivation sinkt, sobald die anste-henden Aufgaben individuell oder gruppenweit eher Überfor-derung auslösen. Hingegen steigt sie bei einem starken „S“ imV∗I∗S∗T-Modell, wenn einzelne oder alle Teammitglieder über-zeugt sind: „Wir schaffen das!“

Fünf Praxistipps zur Steigerung der „Selbstwirksamkeit“:1. Skeptische und zögerliche Teammitglieder persönlich an-

sprechen, ihr Selbstbild hinsichtlich der Anforderungen er-kunden und realistisch stärken. Dies bedarf zu Beginn derTeamarbeit meist erhöhter Aufmerksamkeit durch Teamlei-ter oder geeignete Teammitglieder.

2. Feedback häufig und professionell austauschen, sowohl er-gebnis- als auch prozessorientiert, auch und gerade bei positiven Entwicklungen. Das Mitglied auf diese Weise er-muntern, Unsicherheiten und faktische oder vermeintlicheSchwächen zu artikulieren.

3. Coaching und Training zur Medien-, Sprach- und interkultu-rellen Kompetenz durchführen (Fachkompetenz sollte vor-

handen sein). Solche „geistigen“ Entwicklungsmaßnahmen– gemeinsam absolviert, eventuell online – setzen schu-lungsbedürftige Teilnehmer nicht herab und tragen zum Teamgeist bei.

4. „Fördern durch Fordern“: Scheint ein Mitarbeiter für virtuel-les Arbeiten noch nicht ausreichend selbstverantwortlichoder selbstorganisationsfähig zu sein, können Aufgaben undZuständigkeiten auf die derzeitigen praktischen wie menta-len Fähigkeiten zugeschnitten und der Leistungsstandardallmählich angehoben werden. Aufkommenden Coaching-und Trainingsbedarf erkennen und zeitnah erfüllen.

5. Anreize zur Weiterentwicklung schaffen, indem Erfolge an-gemessen belohnt werden (von kleinen Aufmerksamkeitenwie Restaurant- oder Theatergutscheinen bis hin zu Bonus-zahlungen auf Basis spezifischer Zielvereinbarungen). An-erkennende Nachrichten aus dem virtuellen Team unterneh-mensweit publik machen. Gegebenenfalls kann derTeamleiter nach Projektabschluss eine gezielte Beurteilungund/oder eine Empfehlung zur Weiterentwicklung für jedesTeammitglied abgeben.

T: Trust … Vertrauen bedeutet, sich auf die Aussage oder einVersprechen einer Person oder einer Gruppe verlassen zu kön-nen. Stabiles Vertrauen bedeutet, einem anderen in einer un-gewissen, nicht gänzlich kontrollierbaren und daher risikorei-chen Situation – der man sich nicht ohne weiteres entziehenkann – Glauben zu schenken. Genau dies ist so charakteristischwie problematisch bei virtuellen Arbeitskontexten, welchekommunikativ stark reduziert und vielfältig interpretierbar sind,daher wenig direkte Ansatzpunkte zum Vertrauensaufbau bie-ten. Gerade das gegenseitige Überprüfen von Absprachen isthier komplizierter als in Präsenzteams.

Vertrauen im virtuellen Team meint die erwartete Sicherheit,mit der die Leistung zum Erfolg führt. Sie orientiert sich an dreiKriterien:

– Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit der anderen Gruppen-mitglieder,

– Sinn und Stabilität der Teamprozesse sowie– Vorhandensein und Funktionieren der technischen Ausrüs-

tung.

Das Teammitglied fragt sich: „Sind die anderen kooperativ, ein-satzfreudig und fair? Passen die Arbeitsweise, die Projektpla-nung und die Meilensteine? Sind die Collaboration Tools unddie Unterstützung durch die übrige Organisation hilfreich undausreichend?“ – Können diese Fragen nicht positiv beantwortetwerden, so ist mit Blick auf das „T“ im V∗I∗S∗T-Modell davonauszugehen, dass Motivation im Team kaum entstehen oderspürbar absinken wird. Ein hohes Vertrauen indes bildet dasentscheidende Fundament virtueller Teamarbeit.

„Wo Vertrauen ist, da stellt sich der Sieg ein.“(S. Motokiyo, jap. Dramatiker)

Es kann nicht darauf vertraut werden, dass sich Vertrauensde-fizite im Zeitablauf einfach auflösen („Wenn die erst einmal zu-

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sammenarbeiten, klappt das schon irgendwie von selbst“). Ver-trauen will aktiv gefördert werden.

Fünf Praxistipps zur Steigerung von „Vertrauen“:1. „Bekannte Gesichter“ auswählen: Wenn Teammitglieder zu-

sammenkommen, die sich bereits kennen, dann ist die vir-tuelle Arbeitsgemeinschaft üblicherweise schneller startklarund voraussichtlich auch produktiver.

2. Kick-off-Veranstaltungen und andere Gelegenheiten zur in-formellen Beziehungspflege stärken das Wir-Gefühl deut-lich. Ein Kick-off-Treffen ist immer dann von besonderersymbolischer und praktischer Bedeutung, wenn es womög-lich das einzige nichtvirtuelle Zusammentreffen sein wird.Also eine im Wortsinne einmalige Chance, sich zu positio-nieren, möglichst viele für den Teamerfolg wesentliche As-pekte anzusprechen und auf den Weg zu bringen. Vertrau-ensaufbau und Teamspirit beginnen hier – oder eben nicht.Wrap-up-Meeting oder „Closing“ schon beim Start einpla-nen und idealerweise ebenso wie das Kick-off-Meeting alspersönliches Treffen anlegen: Erfahrungen werden ausge-tauscht und erfolgsrelevantes Wissen für spätere Projektefestgehalten. Die Motivation zur Mitarbeit in künftigen vir-tuellen Teams steigt, wenn die Beiträge der einzelnen Pro-jektmitarbeiter gewürdigt sowie kritische Rückmeldungenan die Projektleitung zugelassen und als Verbesserungsvor-schläge ernstgenommen werden.

3. Regelmäßiges und intensives Informieren vermittelt Bere-chenbarkeit und Zuverlässigkeit. Die gewählte Technik istdabei nachrangig, der Kontakt zählt. Verbindliche und sinn-volle Regeln und Routinen zur Kommunikation sind zu ver-einbaren und einzuhalten. Beispiel: Agenda für virtuelle Teamsitzungen immer vorab erstellen und verkünden. AmEnde checken, ob alle Punkte bearbeitet wurden. Protokollund To-do-Liste (mit Verantwortlichen und Terminen) solltenselbstverständlich sein.

4. Wettbewerb im Team vermeiden, ob offen oder verdeckt.Festlegen, wie bei Unklarheiten, Unstimmigkeiten oder Kon-flikten verfahren werden soll. Vorschnelle „Ansagen“ ohneabgesicherte disziplinarische Befugnis unterlassen – sie füh-ren leicht zu einem Rückzug des Mitarbeiters und zur Schwä-chung des (Projekt-)Leiters. Auch deshalb sollte ein Teamlei-ter harte Vorgaben und engmaschiges Controlling nurbehutsam und ausführlich begründet einsetzen.

5. Erfolge teilen und der Freude über das Erreichen wichtigerMeilensteine sichtbar Ausdruck verleihen.

Fazit

Die praktische Leistungsfähigkeit der Motivationsformel M =V∗I∗S∗T sowie die Aussage- und Differenzierungskraft der ein-zelnen (Motivations-)Komponenten sind je nach Situation na-turgemäß verschieden. Festzuhalten ist, dass für eine möglichsthohe Motivation im virtuellen Team alle Punkte gleichermaßenhoch ausgeprägt sein sollten. – Bleibt die Frage, ob die darge-stellte Verknüpfung (∗) eher additiv oder eher multiplikativ zusehen ist. Für eine multiplikative Beziehung von V, I, S und Tspricht, dass bei einem „Totalausfall“ auch nur eines Faktorssicherlich die gesamte Motivation eines Mitgliedes oder dergesamten Gruppe gefährdet ist.

Unabhängig von obigen 20 Praxistipps: Erfolgreiche „Motiva-tion im virtuellen Team“ bedeutet grundsätzlich, geeignete –auf das jeweilige Team abgestimmte – Bedingungen zu schaf-fen, damit jeder Beteiligte die Möglichkeit hat, sich selbst zumotivieren.

QuellenAlbrecht, A./Albrecht-Göpfert, E.: Vertrauen, Verantwortung, Motivation und

Kommunikation – Was Führung in virtuellen Strukturen von klassischerTeamarbeit unterscheidet. Personalführung 45(2012)6, S. 44–50

Hertel, G. (2002) Management virtueller Teams auf der Basis sozialpsychologi-scher Theorien: Das VIST-Modell. In Witte, E.H. (Hrsg.): Sozialpsychologiewirtschaftlicher Prozesse. Lengerich 2002, S. 174–204

RW3 CultureWizard (2012): The Challenges of Work in Virtual Teams. Virtual Teams Survey Report, New York 2012, http://rw-3.com/2012VirtualTeams-SurveyReport.pdf, abgerufen am 7. April 2015.

Praxis

Autor:DR. FRANK PONGÉ, Leiter der FPK Unternehmens -entwicklung (www.fpk.ag); Dozent an der Hochschule für Oekonomie und Management(FOM) in Wuppertal

Autorin:PROF. DR. ANDREA CHATOUPIS, Professorin für Allgemeine Be-triebswirtschaftslehre – insbe-sondere Human Resources undSoft Skills – an der Hochschulefür Oekonomie und Management(FOM) in Essen.

Mit freundlicher Genehmigung der DATAKONTEXT GmbH, E-Mail: [email protected], www.datakontext.comentnommen aus der Fachzeitschrift HR Performance