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N r . 9 0 J u l i 2 0 1 3 P r e i s 2 e u r O C 4 4 7 5 5
sOr gfältig Interview über die Beschwerden bei Versicherungsombudsmann Günter Hirsch.
sOr gsam Die Initiative „Gut beraten“ unterstützt Vermittler bei der Weiterbildung.
posıtıonenz u P o l i t i k , W i r t s c h a f t u n d G e s e l l s c h a f t
sOr geNfr ei 26 Millionen können nicht irren: der Autoschutzbrief der Versicherer.
k eiNe PaNikFrüher starben beim Hadsch in Mekka immer wieder Menschen
im Gedränge der Massen. Bis sich unter anderem deutsche
Ingenieure um einen geregelten Zu- und Abstrom der Pilger
kümmerten. Seitdem läuft’s nahezu reibungslos.
Aktuell 3
titel 4
Alles fließt
Deutsche Ingenieure haben Mittel und Wege
gefunden, die Menschenströme in Mekka zu
kanalisieren. Ein Vorzeigeprojekt.
HiNteRGRuND 10
Besser als je zuvor!
Die Initiative „Gut beraten“ sorgt dafür, dass sich
Vermittler kontinuierlich weiterbilden.
NACHGeFRAGt – DAS iNteRVieW 12
Prof. Dr. Günter Hirsch,
Versicherungsombudsmann:
„Keine systematische Blockade feststellbar“.
HiNteRGRuND 16
Shit happens ...
Ein Motorschaden oder ein Autounfall
im Urlaub? Die Versicherer sind mit ihren
Schutzbriefen Marktführer bei der Pannenhilfe.
GeGeNpoSitioNeN 18
Besser informiert
SeRViCe 19
letzte Seite 20
Erhöhter Hochwasserschutz
iMpReSSuM 20
ThEMEnDIESEr
AUSGABE
DR . AlexANDeR eR DlAND
Präsident des GDV
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Bei Großereignissen kommen oft
Tausende Menschen auf engem Raum
zusammen. Unsere Titelgeschichte geht
der Frage nach, wie es sogenannten
Fußgängerforschern bei diesen Events
gelingt, gefährliche Engpässe zu ver
meiden und tödlichen Unfällen vorzu
beugen. Bestes Beispiel dafür ist die
Pilgerfahrt nach Mekka, der so genannte
Hadsch, zu dem jährlich mehrere
Millionen Menschen anreisen. Dieses Jahr
findet der Hadsch im Oktober statt, die
Vorbereitungen dafür laufen bereits.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wussten Sie, dass es Fußgängerforschung gibt
und was sich dahinter verbirgt? Die Titelge
schichte geht dieser Frage nach. Sie zeigt, wie es
gelingt, auf Großveranstaltungen Menschen
massen in Bewegung zu halten, bedrohliche
Engpässe von vornherein zu vermeiden und
somit lebensgefährlichen Situationen vorzubeu
gen. Fußgängerforscher untersuchen dazu die
Gehgeschwindigkeit von Menschengruppen in
Städten, Stadien oder bei Großveranstaltungen
wie dem Hadsch, der Pilgerfahrt der Muslime.
Ihr Ziel ist es, daraus bessere Evakuierungs pläne
zu entwickeln. Keine einfache Aufgabe, wenn
Millionen Pilger nach Mekka strömen.
Der erste Hintergrundbericht „Besser als je
zuvor!“ stellt die Initiative „Gut beraten“ vor.
Dabei geht es um den hohen Anspruch, den die
Versicherungswirtschaft an eine gute und faire
Beratung hat. Denn egal ob ein Kunde sein neues
Auto versichern oder privat fürs Alter vorsorgen
möchte – die Person, mit der er über die Ver
sicherungsverträge spricht, ist der Vermittler.
Oftmals ist sein Gesicht das einzige, das Kunden
von einer Versicherung zu sehen bekommen.
Entsprechend wichtig ist es, dass Versicherungs
vermittler nicht nur gut ausgebildet sind, son
dern sich auch kontinuierlich weiterbilden. Wie
ernst es uns damit ist, zeigt, dass die Initiative
nur einer von mehreren Bausteinen ist, die wir
beim Thema Vertrieb angehen. Gerade haben
wir etwa den weiterentwickelten Verhaltens
kodex für den Vertrieb auf den Weg gebracht.
Seit dem 1. Juli können die Versicherungsunter
nehmen diesem beitreten.
Das Thema Kundenvertrauen spielt auch bei der
Frage eine entscheidende Rolle, ob Versicherer
Leistungen an ihre Kunden verweigern. Das Bun
desjustizministerium hat verschiedene Institu
tionen um eine Einschätzung der Regulierungs
praxis gebeten. Einer, der tagtäglich mit Be
schwerdefällen bei Versicherern zu tun hat, ist
der Versicherungsombudsmann Prof. Dr. Günter
Hirsch. Im Interview mit den Positionen erklärt
er seine Sicht auf die Schadenregulierung. Der
GDV hat im Übrigen selbst Zahlen dazu erhoben
und diese dem Bundesjustizministerium zur
Verfügung gestellt.
Diese und andere Themen warten auf Sie in der
neuen Ausgabe von Positionen. Freuen Sie sich
auf eine spannende Lektüre.
Ihr Alexander Erdland
eiNb liCk
2 positionen
was sagt man dazu?Drei Stimmen zur Hochwasserkatastrophe:
„Es ist ein guter Ansatz, die Macht des Flusses zu akzep
tieren. Aber mittlerweile sind so viele Menschen an
die Flüsse gezogen und haben dort Städte und Industrie
errichtet, dass es unmöglich ist, Flutkatastrophen zu
vermeiden. Eine langfristige Lösung wäre, die Leute
zu entmutigen, in Flutgebieten zu leben. Das wird auch
jetzt schon gemacht, in Deutschland und anderswo.“
david Blackbourn, Professor für Geschichte an
der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee,
am 14. Juni in der Zeit.
„Wir brauchen ein höheres Risikobewusstsein in der
Be völkerung, aber auch bei den politisch Verantwortlichen,
gegen die Urgewalt Wasser. Die umfassende Risikoauf
klärung muss eine der obersten Maximen sein.“
dr. alexander Erdland, Präsident des GDV,
am 10. Juni in einer Meldung der Agentur Reuters.
„Es darf kein Zögern mehr beim Hochwasserschutz
geben. An vielen Stellen ist Geplantes nicht fertig gewor
den. Einmal haben juristische Spitzfindigkeiten den
Bau der Hochwasserschutzmauer verzögert, ein anderes
Mal wurden geplante Rückhaltebecken durch
sogenannte Umweltschützer verhindert.“
dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesinnenminister, CSU,
am 13. Juni in der Superillu.
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Pr
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wEr HättE das gEdacHt?Laut einer Studie aus den USA hat der Job des Zeitungsreporters das mieseste Image. Am beliebtesten: Versicherungsmathematiker.
Zeitungsreporter ist der schlechteste Job, den man sich derzeit aus
suchen kann – jedenfalls in den USA. Das ergab eine Untersuchung des
Jobportals careercast.com. Prestige, Einkommen und Stressfaktoren
von über 200 Jobs wurden untersucht und miteinander verglichen.
Danach sind sogar die Jobs des Müllmannes oder Hausmeisters attraktiver
als eine Anstellung bei einer Tageszeitung. Am besten schneidet der
Beruf des Versicherungsmathematikers ab.
nEuEs altErsvorsorgE-gEsEtzDas steuerliche Abzugsvolumen bei der Basisrente bleibt vorerst gleich. Ein neues Produktblatt soll für bessere Vergleichbarkeit sorgen.
Bundestag und Bundesrat haben das AltersvorsorgeVerbesserungsgesetz
(AltvVerbG) beschlossen. Bei der Basisrente bleibt es beim bisherigen
Abzugsvolumen von 20.000 Euro im Jahr. Die Koalitionsfraktionen hatten
sich ursprünglich für eine Anhebung auf 24.000 Euro ausgesprochen.
Das Gesetz sieht auch ein neues, einheitliches Produktinformationsblatt
vor, das zu einer besseren Vergleichbarkeit von staatlich geförderten
Altersvorsorgeprodukten führen soll. Mehr Flexibilität wird es bei der
BerufsunfähigkeitsVersicherung geben.
Der GDV begrüßte die Einigung, insbesondere die geplante Einführung
eines Produktinformationsblatts für zertifizierte Altersvorsorge und
Basisrentenverträge. Man bedaure aber zugleich, dass die ursprünglich
vorgesehene Anhebung der steuerlichen Förderhöchstgrenzen der
Basisversorgung auf 24.000 Euro zu diesem Zeitpunkt ausgeblieben ist.
Dieses Jahr ist die Sommerpause der Fußballbundesliga kürzer als
sonst. Da im nächsten Sommer in Brasilien die Weltmeisterschaft stattfin
det, beginnt die nationale Meisterschaft in Deutschland bereits Anfang
August. Wie immer seit Gründung der Bundesliga im Jahr 1963 geht
es in 34 Spieltagen um die sogenannte „Salatschüssel“ (Durchmesser:
59 Zentimeter, Gewicht: elf Kilo, Verzierung: zehn Turmaline, Verarbeitung:
5,5 Kilo Sterlingsilber, Versicherungssumme: 50.000 Euro). So nennen
Spieler, Trainer und Fans den runden Wanderpokal, den die beste Mann
schaft der Bundesliga erhält und auf dem alle deutschen Meister seit dem
Jahr 1903 eingraviert sind. Darauf finden sich neben den üblichen
Verdächtigen auch in Vergessenheit geratene oder bereits aufgelöste
Vereine wie der FC Phönix Karlsruhe (1909), der Berliner TuFC Viktoria 1889
(1908, 1911) oder Holstein Kiel (1912). Verliehen wird die Schale jedoch
erst seit 1949, sie ersetzte damals die im Zweiten Weltkrieg verschollen
geglaubte VictoriaTrophäe. In der vergangenen Saison geriet die
Meisterschaft auf Grund des „Triple“Gewinns des FC Bayern München
etwas in den Hintergrund. Aber die Jagd nach der wohl „schönsten
Salatschüssel der Welt“ (Gerhard Delling) beginnt jedes Jahr von Neuem.
die sChÖnst e v er siCher ungssaChe der welt
SALATSCHÜSSEL
positionen 3
50.000 Euro
Aus der V ogelper spek tiV e Zwei Gläubige betrachten entspannt
das Treiben am heiligsten Ort des Islam: der Kaaba. In der Mitte
befindet sich ein schwarz-goldener Monolith in Form eines Würfels,
den die Muslime umrunden.
titel
alles fliesstGroßveranstaltungen wie der Hadsch oder auch Rockkonzerte sind eine logistische Herkulesaufgabe. In der Vergangenheit sind dabei immer wieder Menschen zu Tode zu gekommen. In Mekka hat man den Massen- ansturm der Pilger nun systematisch kanalisiert – mit großem Erfolg.
eder Muslim soll einmal in sei
nem Leben nach Mekka pil
gern. Der Hadsch, wie die gro
ße Pilgerfahrt im letzten Monat
des islamischen Kalenders ge
nannt wird, ist so wichtig für gläubige Muslime,
dass er als fünfte Säule des Islam bezeichnet wird.
Von den weltweit rund 1,5 Milliarden islami
schen Gläubigen kommen jährlich bis zu drei
Millionen Menschen zum Hadsch nach Mekka.
2013 fällt er auf Anfang Oktober. An fünf Tagen
umkreisen dann die Gläubigen den schwarzen
Stein, der in einem quaderförmigen Gebäude,
der Kaaba, untergebracht ist. Sie pilgern auch
zum Berg Arafat und ins Tal von Mina, wo sie
den Teufel, der durch drei Säulen dargestellt
wird, symbolisch steinigen.
Weder der Platz, auf dem die Kaaba steht, noch
das Tal von Mina sind sehr groß. Wenn sich dort
Millionen Pilger drängeln, kann dies schnell zu
Engpässen führen, die so eskalieren können, dass
dort Menschen zertrampelt oder erdrückt wer
den. Immer wieder kam es in den vergangenen
zwanzig Jahren zu solchen Katastrophen. 1990
starben mehr als 1400 Gläubige in einem Tunnel,
weil sie von Menschenmassen totgetrampelt
wurden. 2006 waren es 362 Tote, die bei der
Teufelssteinigung im Tal von Mina an einem
Zugang zu einer Säule erdrückt wurden. 1994
kamen 270 Pilger ums Leben, vier Jahre später
118 und 2004 251.
Dirk Helbing, Professor für Soziologie an der
Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich,
hält den Hadsch für „das größte Fußgängerpro
blem der Welt“. Nirgendwo auf der Welt sind so
viele Menschen auf so einem knapp bemessenen
Raum versammelt. Dass es dort zu einem töd
lichen Gedränge kommen kann, wenn die Men
schenmengen unkontrolliert beispielsweise ins
Tal von Mina strömen, ist nicht verwunderlich.
Fußgängerforscher wie Professor Armin Sey
fried, der an der Bergischen Universität Wupper
tal den Forschungsbereich „Computersimula
tion für Brandschutz und Fußgängerverkehr“
leitet, empfiehlt deshalb bei der Organisation
einer Großveranstaltung, „Gedränge in jeder
Form zu vermeiden. Das ist das Ziel jedes Crowd
Managements“, sagt Seyfried. Die Fußgänger
ströme müssten so gelenkt werden, dass nicht
gedrückt werde. „Man muss versuchen, die Mas
sen zu entzerren und die Menschendichte nied
riger zu halten“, ergänzt der Professor, der auch
am Forschungszentrum Jülich tätig ist.
„Crowd disasters“ nennen Wissenschaftler die
Unglücke, in denen Menschen infolge des star
ken Gedränges erdrückt oder totgetrampelt wer
den. Ein wichtiges Anzeichen, dass so ein Un
glück kurz bevorstehen könnte, sind sogenannte
StopandgoSituationen. Wie bei einem Stau
auf der Autobahn stockt eine Menschenmenge
zunächst plötzlich, um sich kurze Zeit später
wieder weiterzubewegen. Diese Stockungen ent
stehen bereits, wenn die Menschen noch gar
nicht so dicht aneinanderstehen, dass sie sich
berühren. Trotzdem gilt: „Wenn man solche
StopandgoSituationen auf den Überwa
chungskameras sieht, ist es für die Sicherheits
kräfte oft schon zu spät einzugreifen“, sagt Pro
fessor Seyfried. „Innerhalb von ein bis zwei
Minuten danach entstehen nämlich solche Men
schendichten, dass kein Ordner mehr reagieren
kann“, ergänzt Michael Schreckenberg, Professor
für Physik von Transport und Verkehr an der
Universität DuisburgEssen.
Wenn es dann noch enger wird, weil Menschen
mengen von hinten nachströmen, können
Schockwellen, die einem Erdbeben ähneln, ent
stehen. Deshalb heißen diese Situationen in der
Wissenschaft auch „crowd quakes“. „Sobald sich
sechs oder mehr Personen auf einem einzigen
Quadratmeter zusammendrängen, hat man ein
Problem“, sagt Ralf Funda, Schulungsexperte
bei „Vertrauen durch Sicherheit“ (VdS), Euro
pas größtem Sicherheitsinstitut. Es prüft Si
cherheitstechnik und bietet Aus und Fortbil
dung zu verschiedenen Sicherheits themen an.
Gerne findet der Lehrgang für Evakuierungs
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Ger eGeLTer V er k ehr Autobahnen gleich – mit breiten Verkehrsschildern, die den Weg weisen – strömen Hunderttausende Muslime von ihren Zeltunterkünften (hinten)
zu den heiligen Stätten des Islam und wieder zurück. Die Ströme kreuzen sich nicht, jeder Weg ist eine Einbahnstraße, alles und jeder bleibt in Bewegung.
helfer vor Ort in einer Diskothek oder einem
Krankenhaus statt, sodass die Helfer eine Räu
mungsübung unter realistischen Bedingungen
selbst durchführen können.
Bei so vielen Menschen pro Quadratmeter
braucht es nur noch einen kleinen Auslöser, um
ein Massenbeben hervorzurufen – jemand, der
sich bückt, um etwas aufzuheben oder sich die
Schuhe zu binden, oder einer, der stürzt. „Sofort
stolpern darüber andere Menschen und fallen
um. Hinten drängeln die Leute aber weiter, weil
sie nicht sehen, dass vorne wer gestützt ist“, sagt
Michael Schreckenberg. Dadurch, dass die Men
schen so eng aneinandergepresst sind, können
sie sich nicht mehr selbst bewegen, sondern wer
den ruckartig wie bei einer Meereswelle unkon
trolliert in die eine Richtung geworfen. Kurze
Zeit später rollen sie als neue Welle in eine voll
kommen andere Richtung. „Die Masse wogt hin
und her wie Gräser im Wind“, sagt Schrecken
berg. Die Menschen, die zu Fall kommen und
nicht mehr aufstehen können, werden zertram
pelt oder erdrückt.
Sehr schnell ist in diesem Zusammenhang von
einer Massenpanik die Rede. Viele Forscher hal
ten den Begriff jedoch für falsch. „Das Wort
Massenpanik passt überhaupt nicht“, erklärt
Professor Seyfried. „Es macht die Opfer zu Sün
denböcken, da man die Verantwortung für das
Unglück auf eine panikartige, irrationale Men
ge schiebt. Die ist aber gar nicht schuld.“ Über
haupt handelten die Menschen in der Masse
nicht irrational, sondern überlegt. Wer in einer
Menge stehe und einen winzigen Ausgang er
spähe, strebe dorthin, selbst wenn man dadurch
zusammen mit anderen Menschen mit dersel
ben Idee den Ausgang verstopfe, ergänzt Sey
fried. Das sieht zwar für Außenstehende wie
eine ir rationale, panische Reaktion aus, mit der
sich die Menschen ihren einzigen Ausweg ver
sperren. Aber für den Menschen, der in der
Masse ist und Todesangst empfindet, ist eine
solche Reaktion sehr rational. „Die Irrationali
tät ist also eine Frage der Perspektive“, fasst Sey
fried zusammen.
Selbstverständlich bekommen Menschen, die
sich in einer drängelnden Masse befinden, die
sich immer weiter zusammendrückt, Angst. Für
Forscher wie Armin Seyfried ist dies aber nicht
der Auslöser für die Unglücke, sondern eine Fol
ge: „Beim Begriff Massenpanik werden Ursache
und Wirkung vertauscht.“ Michael Schrecken
berg sieht das ähnlich. Er hat 127 Katastrophen
im Zusammenhang mit Menschenmengen un
tersucht, kein einziges Mal sei Panik die Ursache
gewesen. Jedes Mal hätten physikalische Prozesse
wie Enge oder fehlende Ausweichmöglichkeiten
zu den Unglücken geführt. Auch Ralf Funda von
VdS hat Bauchschmerzen, wenn er an das Wort
„Massenpanik“ denkt: „Masse ist nicht die Vor
aussetzung dafür, dass Panik entsteht.“
Ob nun Menschen beim Hadsch oder einem
Rockkonzert in ein dichtes Gedränge geraten –
die Fußgängerforschung ist sich recht sicher,
dass diese Menschen nicht kopflos handeln. Im
Gegenteil: sie versuchen sogar, sich zu unterstüt
zen, etwa indem sie einem Gestürzten wieder
auf die Beine helfen. Ralf Funda denkt dabei an
ein Unglück bei einem Konzert der Band The
Who in Cincinnati 1979. Damals wollten die
Menschen schon beim Soundcheck ins Stadion
stürmen, elf junge Leute wurden gegen die ver
schlossenen Tore gedrückt und getötet. Damals
sind viele Menschen nicht panisch davongelau
fen, sondern haben ihren Mitmenschen gehol
fen. Auch bei der Tragödie im Rahmen der
Loveparade 2010 in Duisburg unterstützten sich
die Menschen gegenseitig, obwohl sie Todes
angst empfanden.
Par k Platz Was von oben wie die parallele Anordnung von schwarz-weißen Rechtecken oder – mit etwas Fantasie – wie das kubistische Motiv eines Gemäldes aussieht, ist
nichts anderes als der Busbahnhof in Mekka.
„Das Wort Massenpanik passt überhaupt nicht. Es macht die Opfer zu Sündenböcken“, sagt Professor Armin Seyfried von der Uni Wuppertal.
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maur ITIus much und
alexandr Os sT eFanIdIs
arbeiten als freie Journalisten in
München und Karlsruhe.
Damit solche Gedränge, die sich zu Katastrophen
auswachsen können, erst gar nicht entstehen,
empfehlen Fußgängerforscher, Verkehrsexperten
und Logistiker den Veranstaltern ein umfassen-
des Sicherheitskonzept. Dabei sind einige Grund-
regeln zu beachten. Um ein Gedränge zu vermei-
den, müssen Engpässe wie schmale Tunnel oder
enge Brücken vermieden werden. „Das bedeutet,
stattdessen ausreichend breite Wege zur Verfü-
gung zu stellen“, sagt Professor Seyfried.
Diesem Rat ist auch Saudi-Arabien gefolgt,
nachdem es beim Hadsch in den vergangenen
zwanzig Jahren immer wieder zu Tragödien mit
Menschenmassen gekommen war. Um den
Hadsch sicherer zu machen, engagierten sie Ex-
perten wie Professor Helbing und Verkehrspla-
ner aus Aachen. Im Tal von Mina haben sie die
drei Säulen, die als Symbol des Teufels gesteinigt
werden müssen, von einem breiten, mehrstöcki-
gen Gebäude umfasst. So können die Pilgerströ-
me bequem auf mehrere Stockwerke verteilt
werden. Die Säulen selbst sind mittlerweile von
Mauern umgeben, um die Trefferfläche für die
Steinigung zu erhöhen. Der Erfolg gibt den Ex-
perten Recht. Seit 2006 gab es keine Toten mehr
beim Hadsch.
Die deutschen Experten haben in Mekka und im
Mina-Tal aber noch eine weitere Grundregel zur
Anwendung gebracht: Wie bei einer Einbahn-
straße dürfen sich zwei Menschenströme nicht
begegnen. „Gegenstrom ist immer ein Problem“,
sagt Professor Schreckenberg. In Feldversuchen
hat er herausgefunden, dass zehn bis 15 Prozent
weniger Menschen durch einen Gang kommen,
wenn es Gegenverkehr gibt. Man muss also ver-
hindern, dass sich die Ströme kreuzen oder gar
nur ein Weg für Zu- und Ausgang zur Verfügung
steht. Denn wenn Menschenströme aufeinan-
dertreffen, behindern sie sich gegenseitig.
Das Konzept des Einbahnstraßenverkehrs hatten
die Aachener Verkehrsplaner 2005 bereits beim
Weltjugendtag in Köln angewandt. Damals muss-
ten 1,1 Millionen Menschen zur Messe von Papst
Benedikt XVI. auf das Marienfeld bei Köln gelei-
tet und anschließend wieder zurückgeführt wer-
den. Anderthalb Jahre später setzten sie es auch
bei der größten Veranstaltung der zweitgrößten
Weltreligion nach dem Christentum, dem isla-
mischen Hadsch, erfolgreich um.
Die dritte Grundregel bei Großveranstaltungen
lautet: Die Masse muss in Bewegung bleiben. „Sie
darf niemals zum Stehen kommen. Denn wenn
sie einmal stockt, bekommt man sie nicht mehr
in Bewegung“, erklärt Professor Seyfried von der
Uni Wuppertal, zumal die Menschenmenge nach
ein paar Minuten unruhig und nervös werde,
was die Situation verschärfen könne. Stattdessen
solle man versuchen, die Menschenströme um-
zulenken und Umwege gehen zu lassen, um zu
verhindern, dass die Masse stoppe.
Einen Sonderfall stellen Rockkonzerte da. Dort
streben die Menschen stets nach vorne in
Richtung Bühne. Immer wieder kommt es dabei
zu Gedränge mit Toten, die erdrückt oder zer-
trampelt werden. Im Juni 2000 rutschten viele
Menschen während des Konzerts der amerikani-
schen Rockband Pearl Jam auf dem schlammi-
gen Boden beim Open-Air-Festival im däni-
schen Roskilde aus. Trotzdem strömten die
Massen weiter in Richtung Bühne und trampel-
ten über die Gestürzten. Neun Menschen star-
ben. Seitdem portionieren die Sicherheitskräfte
die Menge bei großen Musikfestivals. Es werden
immer wieder Barrieren eingebaut, um einzelne
Abschnitte für 2.000 oder 5.000 Menschen zu
schaffen. So wird verhindert, dass hunderttau-
send Musikfans nach vorne stürmen und die
Menschen vor der Bühne die Kraft der Hundert-
tausend spüren.
In den 1980er-Jahren kam es zu zwei schweren
Massenunglücken in Fußballstadien. Beide Male
waren englische Fußballfans beteiligt. 1985 wur-
den im Brüsseler Heysel-Stadion 39 Menschen
getötet, vier Jahre später starben im Hillsbo-
rough-Stadion im englischen Sheffield 96 Fans.
Infolgedessen wurden die Sicherheitsvorkehrun-
gen in westeuropäischen Fußballstadien stark
verbessert, sodass beispielsweise die Arenen in
Deutschland im internationalen Vergleich sicher
seien, wie Armin Seyfried betont.
Trotzdem arbeiten Wissenschaftler wie Seyfried
ständig daran, die Sicherheitskonzepte zu verbes-
sern. Seit 2008 koordiniert er ein Forschungsteam,
das einen Evakuierungsassistenten für einen Ka-
tastrophenfall bei Großveranstaltungen wie Fuß-
ballspielen entwickelt. Über Kameras, die an den
wesentlichen Punkten und Toren eines Stadions
aufgestellt sind, zählt dieser Assistent, wie viele
Menschen sich in einem bestimmten Bereich auf-
halten, indem er die Köpfe addiert, die einen be-
stimmten Punkt passieren. Er weiß auch, welche
Rettungssysteme und Evakuierungswege für den
jeweiligen Teil des Stadions zur Verfügung stehen.
Sehr schnell kann der Assistent in einer Compu-
tersimulation berechnen, wie eine Evakuierung
des Gebäudeteils am besten stattfinden soll.
„Außerdem kann er sagen, ob sich zu viele Besu-
cher in einem Tribünenbereich befinden“, sagt
Seyfried. Hierfür kommt ein Ampelsystem zum
Einsatz. Bereits bei 90 Prozent der zulässigen
Menschenzahl wechselt die Farbe des betreffen-
den Bereiches von Grün auf Gelb. Dann bleibt
genügend Zeit, die Ordner anzuweisen, keine
Menschen mehr in den überfüllten Bereich zu
lassen. Dadurch lassen sich mögliche Staus vor-
hersagen, ein gefährliches Gedränge kann erst
gar nicht entstehen.
Durch das Projekt des Evakuierungsassistenten,
das den Namen „Hermes“ trägt, können die Si-
cherheitskräfte die Lage frühzeitig richtig ein-
schätzen und das Personal optimal einsetzen.
Obwohl „Hermes“ bereits in der Düsseldorfer
Esprit Arena getestet wurde, sagt Seyfried: „Das
System funktioniert, aber es hat noch keine
Anwendung in anderen Stadien gefunden. Es ist
natürlich auch eine Kostenfrage.“ Die Veran-
stalter der Fußball-WM nächstes Jahr in Brasi-
lien werden demnach die Menschenströme in
den Stadien lenken müssen, ohne die Personen
auf Kameras zu zählen. Allerdings herrschen in
Fußballstadien für Forscher von Menschen-
massen wie Armin Seyfried ohnehin recht kon-
trollierte Bedingungen – gerade im Vergleich zu
viel größeren und schwerer kontrollierbaren
Menschenmengen wie beim Hadsch. Und den
haben die Sicherheitsexperten seit 2006 immer-
hin auch im Griff.
GdV POsITIOn Jede Großveranstaltung benötigt
ein eigenes Sicherheitskonzept.
Wenn man potenzielle Engpässe
von vornherein ausschließen, die
Masse in Bewegung halten und
ohne Gegenverkehr strömen lassen
kann, dann sind Menschenmengen
relativ sicher zu kontrollieren.
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DIe HänDe zum HImmel … Bei Rockkonzerten geht es
um Emotionen, um das Live-Erlebnis. Um größere Menschen-
mengen unter Kontrolle zu halten und sie in ihren
Bewegungen einzuschränken, werden Barrieren eingebaut,
die die Menge „portionieren“. So wird zum Beispiel unter-
bunden, dass die hinteren Reihen Richtung Bühne drücken.
Hi nt e r gr und
10 positionen
keine geHeimnisse Für jeden absolvierten
Weiterbildungskurs bekommt der Vermittler
ein Häkchen, das er dem Kunden – falls ge-
wünscht – präsentieren kann. Damit weiß der
Kunde genau, dass ihm ein Fachmann gegen-
übersteht.
Besser als je zuvor! ein versicherungsvermittler verkörpert ein versicherungsunternehmen
oft als einziger gegenüber dem Kunden – umso wichtiger ist es, dass er sich kontinuierlich weiterbildet. Dafür sorgt die Initiative „Gut beraten“.
gal ob ein Kunde seine Familie für den Fall seines plötzlichen Todes
finanziell versorgt wissen, sein neues Auto gegen potenzielle Schä
den versichern oder privat fürs Alter vorsorgen möchte – die Per
son, mit der er über die Versicherungsverträge spricht und sie abschließt,
ist der Vermittler. Oftmals ist er sogar das einzige Gesicht, das der Kunde
von einer Versicherung zu sehen bekommt.
Entsprechend wichtig sind die Vermittler für ein Versicherungsunter
nehmen. „Ein guter Versicherungsvermittler muss Vertrauen zum Kun
den aufbauen und auch nach der Akquisition immer für ihn da sein,
etwa wenn ein Schaden reguliert werden soll“, sagt Josef Beutelmann,
Vorstandsvorsitzender der Barmenia Versicherungen und des Berufbil
dungswerkes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.
Deshalb ist es entscheidend, dass Versicherungsvermittler nicht nur gut
ausgebildet sind, sondern sich auch kontinuierlich weiterbilden. Das will
die Initiative „Gut beraten“, zu der sich
der Gesamtverband der Deutschen Ver
sicherungswirtschaft (GDV) und sämt
liche Vermittlerverbände zusammen
geschlossen haben, sicherstellen.
Innerhalb von fünf Jahren sollen dabei
die Versicherungsvermittler insgesamt
200 Weiterbildungsunterrichtseinhei
ten, welche jeweils 45 Minuten dauern
und von den Bildungsabteilungen der
Unternehmen, externen Dienstleistern
oder den Vermittlerverbänden durchgeführt werden, besuchen. Für jede
Einheit bekommen die Vermittler einen Punkt, der ihnen auf einem
unabhängigen Weiterbildungskonto in einer zentralen Datenbank gut
geschrieben wird.
Seit 1. Juli wird „Gut beraten“ in zwölf Versicherungsunternehmen
getestet, zum 1. Januar 2014 wird die Initiative flächendeckend umgesetzt.
„Ziel ist es, die Weiterbildung der Versicherungsvermittler zu strukturie
ren und transparent zu machen“, sagt Josef Beutelmann. Denn durch
ständige Veränderungen auf dem Versicherungsmarkt und Gesetzes
novellen müssen die Vermittler immer bestens informiert sein, was nur
eine regelmäßige Weiterbildung leisten könne. „Es braucht einfach eine
gewisse Zeit, bis man neue Produkte oder Gesetzesänderungen verinner
licht hat. Das geht nur durch permanentes Training“, sagt Beutelmann.
Auch die Kunden erwarten, dass ihr Vermittler fachlich auf dem neuesten
Stand ist. Weil sie seine Punkte einsehen können, erkennen sie sofort, ob
er sich wirklich kontinuierlich weiterbildet. Außerdem wissen sie dann, ob
er sich bei den Lerneinheiten beispielsweise auf die betriebliche Altersvor
sorge, die Haftpflichtversicherung oder einen anderen Teilbereich konzen
triert hat. Aber auch die Versicherungsvermittler profitieren von der Initi
ative, weil sie durch das Punktekonto ihre fortlaufende Weiterbildung
jederzeit nachweisen können. Zudem bekommen sie nach einem Jahr eine
Bescheinigung, nach zwei Jahren einen Pass und nach fünf Jahren ein Zer
tifikat für die Weiterbildung.
Die Idee zu „Gut beraten“ entstand im Februar 2011. „Wir wollten eine
qualitativ hochwertige Weiterbildung für die Versicherungsvermittler
sicherstellen und dadurch die Beratungsqualität in unserer Branche
stärken“, sagt Josef Beutelmann. Dabei orientierte sich die Versiche
rungswirtschaft an der Weiterbildung
von Ärzten, Steuerberaten, Rechtsan
wälten oder Wirtschaftsprüfern. „Ins
besondere das Weiterbildungssystem
im medizinischen Bereich hat uns
sehr gut gefallen“, so Beutelmann.
Ärzte müssen dabei in fünf Jahren
150 Punkte in der fachlichen Weiter
bildung und 100 Punkte bei Metho
dik und Sozialkompetenz erreichen.
Ein ähnliches System verfolgt „Gut
beraten“, nur dass hier die Versicherungsvermittler insgesamt 200 Punk
te, die sich aus Fachkompetenz (Wissen und fachliche Fertigkeiten)
sowie persönlicher Kompetenz (Selbstständigkeit und soziale Kompe
tenz) zusammensetzen, sammeln.
Mit der Initiative setzt die Versicherungswirtschaft auch eine Forderung
der Europäischen Union nach einer ständigen Weiterbildung der Bera
ter um. „Dadurch wollen wir einen Standard in Europa setzen“, sagt
Josef Beutelmann. Dabei werden alle Versicherungsvermittler in
Deutschland mithelfen. Schließlich beteiligen sich alle Vermittlerver
bände an der Initiative „Gut beraten“.
GDV Position Durch die Initiative „Gut beraten“ wird
die Weiterbildung von versicherungsvermittlern
strukturiert und transparent gemacht.
Davon profitieren Berater – und Kunden.
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Maur it ius Much ist freier journalist in München.
ansprechpartner: una Großmann, Tel. 030/20 20-51 85, [email protected]
„bei uns ist keine systematische blockade
feststellbar“Seit fünf Jahren ist der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs,
Professor Dr. Günter Hirsch, oberster Ombudsmann der Versicherungswirtschaft. Im Interview nimmt er Stellung zu den Vorwürfen gegen Versicherer,
sie würden Leistungszahlungen geflissentlich hinauszögern oder gar ablehnen.
Herr Professor Hirsch, in den vergangenen
Monaten haben mehrere Medienberichte die
Schadenregulierung der Versicherer ange
prangert. Den Versicherern wird unterstellt,
sie würden Leistungsansprüche ihrer Kunden
systematisch anzweifeln und hinauszögern.
Das ist starker Tobak. Teilen Sie diese Kritik an
den Versicherern?
Mein Eindruck ist, dass man den Versicherern
das Etikett der „Nein-Sager“ angeheftet hat. Und
das lässt sich nicht so leicht wieder abmachen.
Für die Beantwortung der Frage muss ich aller-
dings eines klarstellen: Als Ombudsmann kann
ich keine Beurteilung für die große Menge der
Regulierungsfälle in der Versicherungswirtschaft
abgeben. Ich habe lediglich statistisch belegbare
Erkenntnisse aus den Beschwerden, die an mich
gerichtet werden. Und diese betreffen nur einen
winzigen Ausschnitt aller Regulierungsfälle. Aber
nichtsdestotrotz, es gibt zwei Ansatzpunkte dafür,
ob sich der erhobene Vorwurf auch im Beschwer-
deverfahren beim Ombudsmann belegen lässt.
Erstens: Wir überprüfen stets, ob die Neigung der
Versicherungsunternehmen, zu einer gütlichen
Einigung zu kommen, zu- oder abnimmt. Dazu
stelle ich fest: Die Zahl der einvernehmlichen Er-
ledigung von Beschwerdeverfahren ist in den
letzten Jahren gleich geblieben. Das bedeutet,
eine systematische Blockade der Schadenregu-
lierung ist im Beschwerdeverfahren beim Om-
budsmann nicht feststellbar.
Und zweitens?
Zweitens stellen auch wir uns regelmäßig die
Frage: Kann man aus den Beschwerdegründen
entnehmen, dass Versicherer gegenüber ihren
Kunden ein notorisch negatives Regulierungs-
verhalten an den Tag legen, das nicht der Rechts-
lage entspricht? Aber auch hier können wir keine
signifikante Veränderung feststellen – selbst wenn
es entsprechende Einzelfälle immer gab und gibt.
Kurz zusammengefasst heißt das: Aus dem Be-
schwerdeverhalten und den Beschwerdeverfah-
ren können wir den erhobenen Vorwurf nicht
bestätigen.
Die Versicherer wehren sich seit Wochen
gegen diesen Vorwurf. Sie argumentieren:
Allein die Lebensversicherer zahlen pro Tag
230 Millionen Euro an ihre Kunden aus und
tragen somit zu einem auskömmlichen Alters
einkommen der Bundesbürger bei. Im Scha
den und UnfallBereich kommt es jährlich zu
Leistungszahlungen von über 44 Milliarden
Euro. Erwähnt werden solche Zahlen aber
eher selten in den Medien. Woran liegt es, dass
man sich die Versicherer gerne mit knackigen
Schlagzeilen à la „Die NeinSager“ oder „Die
Abzocker“ vornimmt?
Wahrscheinlich eignen sie sich gut als Buhmänner.
Denn es gibt immer wieder Einzelfälle, bei denen
der Vorwurf berechtigt ist, dass Versicherer ver-
suchen, zustehende Leistungen nicht zu erbrin-
gen und nach unhaltbaren Gründen suchen, um
ihre Blockade zu rechtfertigen. Andererseits liegt
es im Interesse der Versichertengemeinschaft,
dass im Einzelfall nur gezahlt wird, wenn die ge-
setzlichen und vertraglichen Voraussetzungen
vorliegen. Immerhin steht fest: Täglich werden
insgesamt fast 500 Millionen Euro an Leistungen
von den Versicherern ausgezahlt. Ich erkläre mir
das angekratzte Image in der Medienöffentlich-
keit so: Ein Skandal glänzt als Schlagzeile immer
heller und greller. Wenn etwas dagegen reibungs-
los funktioniert, ist das vielen Medien nicht ein-
mal eine kurze Meldung wert. Das ist ein simpler
Medien-Mechanismus, dem eben auch die Versi-
cherer zum Opfer fallen.
Vor Kurzem hat das Bundesministerium der
Justiz unter anderem solche Medienberichte
zum Anlass genommen, um den Sachverhalt
intensiv zu ergründen. Das Ministerium hat
ein Schreiben an bundesweit alle in Frage
kommenden Gerichte verschickt und fragt
dort an, ob sich der Vorwurf etwa durch eine
gestiegene Anzahl von Gerichtsverfahren er
härten lässt. Sie waren viele Jahre Präsident
des Bundesgerichtshofs. Entspricht dieser
Vorgang der Befragung von Gerichten dem
gewöhnlichen Procedere?
Es ist ein bisschen ungewöhnlich, direkt bei den
Gerichten abzufragen, ob Erkenntnisse über ein
Verhalten einer bestimmten Beklagtenkategorie
– in diesem Fall die Versicherer – vorliegen, das
zu gerichtlichen Klagen führt. An sich ist gegen
das Sammeln von Fakten natürlich nichts einzu-
wenden, das Ministerium hat sich einer Sache von
öffentlichem Interesse angenommen.
Klingt nach einem großen Aber.
Der Verein des Versicherungsombudsmanns ist
auch in die Umfrage des Ministeriums einbezo-
gen worden. Ich frage mich jedoch, ob man aus
einzelnen Beschwerden und Klagen – noch dazu
ohne Hintergrundanalyse – Rückschlüsse auf ein
relevantes Marktverhalten einer ganzen Branche
ziehen kann. Sowohl die einzelnen Gerichte als
auch ich als Ombudsmann können nur aus einem
sehr kleinen Ausschnitt der pathologischen Fälle,
die als Klagen bzw. Beschwerden auf unserem
Schreibtisch landen, Erkenntnisse über das Regu-
12 positionen
nachgefr agt
lierungsverhalten in der Rechtswirklichkeit ziehen.
Aber in Deutschland existieren mehr als 450 Mil-
lionen Versicherungsverträge. 450 Millionen! Ob
die gewonnenen Erkenntnisse aus dieser Umfra-
ge also letztlich belastbar sind, ist eine Frage, die
noch zu klären sein wird.
Bei 450 Millionen Verträgen landen jährlich
rund 17.300 Beschwerden auf Ihrem Schreib-
tisch. Also wendet sich nur jeder 26.000ste
Versicherungskunde an Sie. Vor Kurzem
haben Sie als Versicherungsombudsmann
Ihren Geschäftsbericht für das Jahr 2012 ver-
öffentlicht. Zu welchem Ergebnis kommen Sie
konkret?
Wir verzeichnen im Jahr 2012 mit 17.263 Be-
schwerden einen leichten Rückgang. In 2011
hatten wir 17.733 und damals sogar noch einen
stärkeren Rückgang zum Vorjahr 2010. Dieser
nun zwei Jahre anhaltende Rückgang bezieht
sich auf sämtliche Versicherungssparten – mit
einer einzigen Ausnahme: der Kfz-Versicherung.
Da registrierten wir in 2012 einen Zuwachs um
2,9 Prozent gegenüber 2011.
Haben Sie eine Erklärung für dieses Ergebnis?
Genau diese Frage stellen mir Journalisten immer
wieder. Das Erstaunliche ist: Sobald wir eine Zu-
nahme an Beschwerden registrieren, heißt es: Die
Versicherer arbeiten schlechter, es gibt ja mehr
Beschwerden beim Ombudsmann. Wenn die Be-
schwerden – wie in den vergangenen Jahren –
zurückgehen, lautet die Schlagzeile jedoch nie:
„Die Versicherer arbeiten besser!“ Beides ist zu
kurzschlüssig. Sie sehen, der vorhin angesprochene
Mechanismus findet auch hier seine Bestätigung.
Das heißt, Sie haben im Grunde keine Erklä-
rung für den Rückgang der Beschwerden?
Natürlich fragen auch wir uns, woran könnte das
liegen? Unsere Folgerung lautet zunächst: Es gibt
keine monokausale Ursache. Wenn die Beschwer-
den in einer Sparte allerdings exorbitant zuneh-
men, kann man das meist auf bestimmte Sonder-
effekte eines Jahres zurückführen.
Sondereffekte?
Ja, im Jahr 2005 etwa fällte der Bundesgerichts-
hof ein wegweisendes Urteil zu bestehenden Le-
bensversicherungsverträgen. Das führte zu einer
Zunahme der Beschwerden von 70 Prozent. Das
war einer dieser Sondereffekte, den man in der
Nachbetrachtung eindeutig zuordnen kann.
Auch im Juli vergangenen Jahres fällte der
Bundesgerichtshof ein besonderes Urteil zu
Lebensversicherungen. Kam es damals nicht
zu einer Steigerung der Beschwerdenanzahl?
Dieses Urteil, das Sie ansprechen, hat eine weit-
reichende Wirkung für bestehende Lebensversi-
cherungsverträge, zweifellos. Einen Anstieg der Be-
schwerden registrierten wir aber erst im Dezember
2012, also etwa vier Monate später. Gelegentlich
war verkürzt zu lesen, beim Ombudsmann seien
Tausende Beschwerden mehr eingegangen. Rich-
tig ist, dass wir trotz der Zunahme der Beschwer-
den zur Lebensversicherung insgesamt im Jahr
2012 einen geringen Rückgang der Gesamtzahl
der Beschwerden hatten.
Einen Anstieg der Anzahl von Beschwerden
kann man also auf bestimmte Sondereffekte
zurückführen, den Rückgang aber nicht?
Ich habe das in Vorbereitung auf unser Gespräch
auch meine Rechtsreferenten gefragt, die täglich
die Akten bearbeiten. Einer der Gründe für den
Rückgang dürfte sein, dass das Beschwerde-
management der Versicherer besser geworden
ist. Die Entscheidungen des Ombudsmanns ent-
falten ersichtlich dahingehend generalpräventive
nachgefr agt
14 positionen
Wirkung, dass die Unternehmen teilweise ihr Re-
gulierungsverhalten umstellen.
So einfach ist das?
Nun, dies ist eine Erklärung. Die Versicherer legen
immer mehr Wert auf ihr Qualitätsmanagement
und auf Kundenbindung, deshalb gibt es Erkennt-
nisse, dass sie die „Rechtsprechung“ des Ombuds-
manns in ihre tägliche Arbeit umzusetzen.
Im vergangenen Jahr gab es gleich mehrere
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu
bestehenden Lebensversicherungsverträgen.
Inwieweit haben diese Entscheidungen Ihre
Arbeit beeinflusst?
Die Gerichtsurteile des vergangenen Jahres sind in
ihrer Bedeutung durchaus mit jenem aus dem Jahr
2005 vergleichbar. Der entscheidende Unterschied
ist aber, dass sie im Gegensatz zum früheren Urteil
zu mehr Rechtsunsicherheit geführt haben.
Warum?
Auch in 2005 ging es um Klauseln zum Rückkaufs-
wert einer Lebensversicherung. Aber damals hat
der BGH die Lücke, die durch sein Urteil in Tau-
sende von Verträgen gerissen wurde, selbst ge-
füllt. Der BGH hat nämlich per Rechtsfortbildung
festgelegt, dass der Rückkaufswert mindestens die
Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals betra-
gen muss – bis der Gesetzgeber tätig wird. Dies-
mal konnte der BGH die unwirksamen Klauseln
nicht ersetzen. Der Grund: Damals handelte es sich
um eine Individualklage eines Versicherungskun-
den zu einem konkreten Vertrag. Dieses Mal war
auf eine Klage eines Verbraucherverbandes nach
dem sogenannten Unterlassungsklagengesetz
hin abstrakt über AVB-Klauseln zu entscheiden.
Der BGH hat diese Klausel zwar vernichtet, aber
er konnte nicht per Rechtsfortbildung die Lücke
füllen, die dadurch in Tausende von Verträgen ge-
rissen wurde.
Was bedeutete das konkret für Versicherungs-
kunden und Versicherer?
Die Versicherer standen vor der Frage, wie sie diese
Lücke in den Verträgen ausbessern. Das ist keine
einfache Sache. Denn sie mussten sich erst mal
Klarheit darüber verschaffen, wie die momentane
Rechtslage ist. Zum Teil waren die Verträge unter-
schiedlich, in manchen Verträgen war die für un-
wirksam erklärte Klausel wörtlich nachzulesen, in
vielen stand aber eine andere, ähnlich lautende
oder völlig anders formulierte Klausel. Da stellte
sich dann für die Versicherer die Frage: Handelt es
sich bei unserer Klausel um jene, die der BGH für
unwirksam erklärt hat – oder weicht unsere Klau-
sel wesentlich von der für nichtig erklärten ab?
Außerdem war zu entscheiden, wie man die Ver-
tragslücke füllen sollte, wenn das BGH-Urteil ein-
schlägig war.
Und die Kunden – wie haben die reagiert?
Natürlich haben sich viele bei uns gemeldet
und nachgefragt, wie dieses Urteil zu verste-
hen ist. Manche sagten auch, mein Versicherer
tut nichts. Dieser Vorwurf wurde auch öffentlich
aufge griffen.
Teilen Sie aus Ihrer täglichen Erfahrung aus
den letzten Monaten diesen Vorwurf?
Aus der Sicht des Ombudsmanns war bei den
Versicherern die Neigung vorhanden, dem Urteil
Rechnung zu tragen und eine für alle einvernehm-
liche Lösung zu finden. In der Regel entschieden
die Versicherer, das frühere Urteil aus dem Jahr
2005 als Grundlage für eine aktuelle Lösung her-
anzuziehen und dementsprechend (nach-)zu
regulieren.
Was antworten Sie den Kunden, die sich Sor-
gen um ihre Altersvorsorge machen und sich
nun fragen, wie es nun mit ihrer privaten Ver-
sicherung weitergeht?
Ich kann mich nur im Rahmen einer Beschwer-
de mit dem Anliegen des Versicherten befassen.
Generell ist aber zu raten, sich bei Fragen und
Problemen mit einem bestehenden Vertrag mit
dem Versicherer in Verbindung zu setzen, bevor
man etwa eine Vertragsauflösung veranlasst.
Grundsätzlich kann man sagen, dass mangelnde
Transparenz ein Kernproblem der Versicherungs-
wirtschaft ist. Zum einen ist der Versicherungs-
vertrag als Produkt per se komplex und rechtlich
kompliziert. Zum anderen wird zu wenig dafür
getan, den Kunden in jedem Einzelfall so zu
informieren, dass er weiß und versteht, welche
Rechte und Pflichten aus dem Vertrag und im
Leistungsfall bestehen. Die Vertragsbedingungen
und die Schreiben der Versicherer sind oft für
Laien nicht verständlich. Wenn ein Kunde etwas
nicht versteht, entsteht Misstrauen. Ich sehe dies
bei vielen Beschwerden.
Und zwar wie?
Günter Erhard Hirsch, 70, leitet seit April 2008 die Schlichtungsstelle
des Versicherungsombudsmanns. Zuvor war er acht Jahre lang
(2000–2008) Präsident des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe.
Hirsch studierte von 1964 bis 1969 Rechtswissenschaften in Erlangen,
1973 promovierte er zum Doktor der Rechte und trat in den bayeri
schen Justizdienst ein. Dort arbeitete er als Staatsanwalt und Richter,
bevor er 1984 in das Bayerische Staatsministerium der Justiz wechsel
te. 1992 stellte er sich der im Aufbau begriffenen sächsischen Justiz
zur Verfügung und war zunächst Präsident des Bezirksgerichts, ab
1993 Präsident des Oberlandesgerichts Dresden. Im Jahr 1994 wurde
er zum Richter am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft er
nannt. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Wechsel an die Spitze des
BGH inne. Hirsch lebt in Ettlingen bei Karlsruhe.
Zur P e r s on
positionen 15
Interview: AlexAndr os stefAnidis .
Er ist freier Journalist in München.fot
os
: P
et
rA
Ar
no
ld
Selbst wenn ich bei einem Fall nicht helfen kann,
rechtlich also der Versicherer einwandfrei handelt
und der Kunde – wenn man so will – leer ausgeht,
versuche ich doch immer den Kunden zu erklären,
warum dies der Fall ist. Ich schreibe einen Brief, der
so einfach wie möglich den Sachverhalt und die
Rechtslage darstellt. Die Reaktion der Menschen
ist zum großen Teil positiv. Ich bekomme Dank
schreiben, in denen steht, dass sie zwar nichts ge
wonnen haben, aber nun zumindest verstehen,
warum dies so ist.
Die Versicherungswirtschaft hat als eine
der ersten großen Wirtschaftsbranchen die
Schlichtungsstelle des Ombudsmanns einge
richtet. Inwieweit gewinnt die außergericht
liche Streitbeilegung heute immer stärker an
Bedeutung?
Die außergerichtliche Streitbeilegung steht vor
einer rechtspolitischen Umwälzung, die in ihrer
Tragweite noch nicht erkannt worden ist. In Kürze
wird die Europäische Union eine neue Richtlinie
verkünden, die eine flächendeckende Möglichkeit
der außergerichtlichen Streitbeilegung für nahezu
alle Verbraucherstreitigkeiten verlangt. Ob ich nun
meine Sonntagsbrötchen für zu klein halte oder mit
der Autowaschanlage der Tankstelle nicht zufrieden
war oder eben die Regulierung eines Versiche
rungsschadens anzweifle – für die Verbraucher
müssen, bis auf wenige Ausnahmen wie etwa Ge
sundheitsleistungen, außergerichtliche Schlich
tungsstellen zur Verfügung stehen, an die man sich
wenden kann. Neben dem klassischen Rechtsweg
zu Gerichten ist ein alternativer Zugang zum Recht
zu gewährleisten, der die Chance einer außerge
richtlichen Beilegung des Konfliktes bietet. Diese
Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten der EU inner
halb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen.
Dann war die Versicherungswirtschaft ihrer
Zeit schon voraus, als sie ihre eigene Schlichter
stelle vor zwölf Jahren aufgebaut hat?
Ja. Sie hat aber auch durch konkrete Strukturent
scheidungen eine Vorreiterrolle eingenommen.
Damit meine ich insbesondere, dass unsere
Schlichtungsstelle institutionell unabhängig ist.
Damals wurde der Verein des Versicherungs
ombudsmanns gegründet mit Pilotfunktion. Ers
tens: Mit einem rechtlichen unabhängigen Träger.
Zweitens: Mit einem eigenen Haushalt. Drittens: Mit einer Verfahrensordnung, die von Vereins
organen erlassen wird und nicht vom Branchen
bundesverband und schließlich viertens: Mit
einem Vereinsbeirat, in dem die Verbraucher pari
tätisch vertreten sind und etwa mitbestimmen,
wer Ombudsmann wird. Außerdem wurde schon
bei der Gründung des Vereins dem Ombudsmann
die Kompetenz zugesprochen, verbindlich gegen
die Versicherer zu entscheiden. Damals für einen
Beschwerdewert bis zu 5.000 DMark, heute bis zu
10.000 Euro. Die meisten Ombudsmänner oder
frauen, die heute in der Bundesrepublik tätig sind,
haben keine Entscheidungskompetenz.
Auch Dr. Elke König, Präsidentin der Bun
desanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) und damit oberste Aufseherin der Ver
sicherungswirtschaft, schreibt im Grußwort zu
Ihrem Geschäftsbericht 2012, dass die Einrich
tung der Schlichtungsstelle des Versicherungs
ombudsmanns „beispielhaft“ und „mutig“ war,
ja sogar, dass sie „großen Respekt“ verdiene.
Wie beurteilen Sie das im Hinblick auf die an
fangs angesprochenen Medienberichte?
Diese Worte von Frau Dr. König haben den Verein
und mich natürlich gefreut. Bundesverbraucher
schutzministerin Ilse Aigner hat den Versiche
rungsombudsmann als „Vorbild für den effektiven
Verbraucherschutz“ bezeichnet. Die Versicherungs
wirtschaft kann stolz auf ihre mutige Entscheidung
sein, den Versicherten diese Möglichkeit der außer
gerichtlichen Streitbeilegung zu bieten. Der Ver
sicherungsombudsmann ist ein effektives Instru
ment des Verbraucherschutzes und bei weitem
kein Feigenblatt. Sobald die vorhin angesprochene
EURichtlinie in nationales Gesetz gegossen wer
den muss, wird diese Schlichtungsstelle wohl auch
insoweit als Modell dienen.
Letzte Frage, Herr Professor Hirsch: Wurde Ihre
persönliche wie auch Ihre institutionelle Un
abhängigkeit als Ombudsmann von den Ver
sicherern je in Frage gestellt?
(lacht laut auf) Nein, nie im Geringsten. Ich glaube,
allen war und ist klar: Wenn man versucht, die Un
abhängigkeit des ehemaligen BGHPräsidenten zu
touchieren, fällt man auf die Nase.
Ohne Schutzbrief im WüStenurlaub
Da hilft nur noch eins: schieben,
solange die Beine tragen. Schon die
Vorstellung macht durstig.
shit happens …… und zwar immer dann, wenn man es am wenigsten erwartet, etwa im
Urlaub. Da ist es von Vorteil, einer jener Bundesbürger zu sein, die einen autoschutzbrief besitzen. in den vergangenen Jahren avancierten die
Versicherer zum Marktführer bei der pannenhilfe, zählen derzeit 26 Millionen Verträge. schon für wenige euro pro Jahr sind autofahrer abgesichert.
leich ist es geschafft! Nur noch 90 Kilometer auf der Autobahn,
dann ist Familie Müller wieder daheim. Hinter ihr liegen zwei
Wochen in Kroatien: Sonne, Strand und Nichtstun. Plötzlich,
kurz vor Frankfurt, stottert der Motor. Der Wagen stirbt ab. Heinz Mül-
ler schafft es noch irgendwie, sein Auto auf den Pannenstreifen rollen
zu lassen. Das abrupte Ende einer bis dahin perfekten Urlaubsreise.
948.000 solche und ähnliche Pannenfälle zählten die Versicherer im Jahr
2012. Hilfe im Notfall leisten heute längst nicht mehr nur die Automo-
bilclubs, sondern auch die Versicherer. Mit einem entscheidenden Un-
terschied: „Die Schutzbriefe, die bei den Versicherern an die Kfz-Haft-
pflichtversicherung gekoppelt sind, kosten häufig nur einen einstelligen
Eurobetrag pro Jahr“, sagt Andreas
Bretzler, beim GDV zuständig für
Schutzbriefversicherung. Die Mit-
gliedschaft in einem Automobilclub
ist deutlich teurer.
Heinz Müller greift zu seinem Handy
und alarmiert den Pannennotruf.
Keine halbe Stunde später ist der Pan-
nenhelfer da. Auch er kriegt den Wa-
gen nicht flott. Familie Müller hat
aber Glück im Unglück – mit einem
Ersatzwagen können sie wenig später weiterfahren. Genau das ist die
Idee, die hinter dem Schutzbrief steckt: „Wir wollen unsere Kunden
mobil halten – egal wie“, sagt Andreas Bretzler vom GDV. „Entweder
kann der Schaden an Ort und Stelle behoben werden, oder aber der
Kunde reist im Mietwagen, mit der Bahn oder per Flugzeug weiter.“ Je
nach Vertrag sichern die Schutzbriefe die Versicherten nicht nur bei
klassischen Pannen wie Reifenplatzer oder einem streikenden Motor
ab, sondern übernehmen auch die Kosten, wenn sie einen Unfall haben
und sich dabei vielleicht sogar verletzen. Und das nicht nur in Deutsch-
land, sondern auch im Ausland.
Sieben Assistance-Gesellschaften, darunter ARAG, R+V und Huk-Co-
burg, haben gemeinsam eine dem ADAC ähnliche Autoflotte aufgebaut.
Sie ist seit 2001 als silberne Flotte der Pannenhilfs-Organisation „assis-
tance partner“ unterwegs und heute der zweitgrößte Anbieter für Pan-
nen- und Unfallhilfe in Deutschland. Daneben haben weitere Versiche-
rer, wie etwa AXA und Allianz, ihre eigene Pannenhilfe organisiert.
Dieses Engagement macht sich bezahlt. „Vor zehn Jahren lagen die Ver-
sicherer bei der Zahl der Schutzbriefe noch hinter dem ADAC, mittler-
weile hat sich dieser Anteil verdoppelt und die Versicherer haben den
Automobilclub überholt“, sagt Willi Merta von der ARAG Versicherung,
der im GDV die Arbeitsgruppe Schutzbrief leitet. „Heute sind die Ver-
sicherer mit insgesamt 26 Millionen Schutzbriefen Marktführer in
Deutschland.“ Anders ausgedrückt: Mehr als die Hälfte aller 43 Milli-
onen in Deutschland zugelassenen Pkw sind über die Versicherer für
den Pannennotfall abgesichert.
In den meisten Fällen schaffen es die Pannenprofis die Wagen an der
Unfallstelle wieder einsatzbereit zu machen – und das ziemlich schnell.
„Unsere Pannenhelfer sind in weni-
ger als 30 Minuten am Ort des Ge-
schehens. Egal ob man in Berlin oder
im Bayerischen Wald gestrandet ist“,
sagt Willi Merta. „Für diese effizien-
te Hilfe sorgt ein flächendeckendes
Netz von mehr als 500 ausgewählten
Partnerunternehmen, die mit ihren
Pannenhilfs- und Abschleppfahr-
zeugen das ganze Jahr rund um die
Uhr im Einsatz sind.“
Umfragen von „assistance partner“ bestätigen den Erfolg. 2011 beur-
teilten 94 Prozent der Havaristen die Leistung von „assistance partner“
mit sehr gut und gut. Für Willi Merta gibt es noch einen anderen Beleg,
der für die hohe Zufriedenheit spricht: „Die Ansprüche der Kunden
sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Würden wir also
einen schlechten Job machen, dann wären wir als Versicherer nicht
zum Marktführer bei Schutzbriefen geworden.“
Für einen rundum gelungenen Sommerurlaub gilt: Nicht nur Sonnen-
creme und Reiseführer einpacken, sondern vor der Abfahrt auch einen
wichtigen Tipp von GDV-Experte Andreas Bretzler beherzigen: „Die
Nummer der Servicezentrale im Handy einspeichern.“ Wenn dann auf
der Reise oder am Urlaubsort etwas passieren sollte, genügt ein Anruf
– und der Pannenhelfer ist zur Stelle.
Mar cel r oth ist Journalist in Berlin und Magdeburg.
ansprechpartner: stephan schweda, tel. 030/20 20-51 14, [email protected]
GDV Position Ob geschäftlich oder im Urlaub: Wer mit dem
auto unterwegs ist, sollte einen schutzbrief
abschließen. im notfall helfen die Versicherer mit
ihren partnern schnell und kompetent.
G
17 positionen
Fo
to
: G
et
ty
iM
aG
es
h i nt e r Gr unD
gegenpositionen
18 positionen
ie vzbv nimmt dabei Bezug auf eine Umfrage der Ver-
braucherzentrale Sachsen von 2010. Die Schlussfolge-
rung der Verbraucherschützer, es gäbe keine Angebote,
ist aus den Umfrageergebnissen so gar nicht ableitbar. Es zeigte sich
vielmehr, dass auch in hochgefährdeten Überschwemmungszonen
(ZÜRS Zone 4) Versicherungsschutz angeboten wurde.
Auch jüngste Erhebungen des Gesamtverbandes der Deutschen
Versicherungswirtschaft kamen zu dem Ergebnis – Hochwasser-
Schäden sind auch in stark gefährdeten Regionen versicherbar.
Schon heute ist jedes vierte Wohngebäude
in Deutschland in der höchsten Risikozone
gegen sogenannte Elementarschäden ver-
sichert. Und in Sachsen sind es weit mehr:
Mittlerweile sind hier 60 Prozent der
Häuser in der Hochrisikozone für Über-
schwemmung und Hochwasser versichert.
Damit zeigt sich gerade Sachsen als Vorrei-
ter und Vorbild in Sachen Versicherungs-
schutz für Elementarschäden. Grund für
diese deutlich über dem Bundesdurch-
schnitt liegende Absicherung ist unter
anderem die unmittelbare Betroffenheit
durch das immense Schadenausmaß von
2002, aber auch durch die Hochwasser in
2006 und 2010.
Wirkung zeigte in Sachsen offenkundig
auch die gemeinsame Informationskam-
pagne von Politik, Verbraucherschützern und Versicherungswirt-
schaft zum Naturgefahrenschutz. Teil der Kampagne ist das Inter-
netportal zuers-public.de, mit dem sich seit April 2012 Mieter,
Hausbesitzer und Unternehmer per Mausklick über Naturgefah-
ren für ihr Gebäude informieren können. Ziel der Versicherungs-
wirtschaft ist es, ein einheitliches Naturgefahren-Informations-
system bundesweit zu schaffen. Die Abkürzung ZÜRS steht dabei
für „Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und
Stark regen“.
Insgesamt gibt es rund 280.000 Haushalte in Deutschland, die in
der sogenannten Gefahrenklasse 4 (GK 4), der höchsten Risikozone
der Versicherer, wohnen. Das sind in der Regel Regionen in unmit-
telbarer Wassernähe. Sie sind statistisch betrachtet alle zehn Jahre
von Hochwasser betroffen. Trotz des hohen Risikos können die
Versicherer den Menschen auch hier Versicherungsschutz anbieten.
Ausschlaggebend für die Versicherbarkeit gegen Hochwasser und
Überschwemmung ist allerdings nicht nur die Lage: Individuelle
Prävention (zum Beispiel geflieste Keller) und staatlicher Hochwas-
serschutz (etwa Deiche und Dämme) wir-
ken sich positiv aus. Sie haben damit un-
mittelbar Einfluss auf die jeweilige Risiko-
bewertung durch den Versicherer. Einige
Versicherer haben für die Hochrisikozone
eigene Expertenteams, die sich ausschließ-
lich um Versicherungslösungen potenzieller
Kunden in diesen Gebieten kümmern. Eine
Auswertung der Zeitschrift Finanztest (Aus-
gabe 8/2011) zeigte, dass es ein breites An-
gebot an Versicherungsschutz gibt, auch für
exponierte Grundstückslagen.
Ohne den Zugang zu wahrheitsgemäßen
Informationen, ohne Ausgewogenheit und
Transparenz kann Verbraucherschutz im
Sinne des Verbrauchers nicht stattfinden.
Eine Pauschalkritik gegen Versicherun-
gen führt in diesem Fall eher zur Verun-
sicherung als zur Aufklärung. Denn Fakt ist: Versicherer können
99 Prozent aller Gebäude in Deutschland problemlos versichern.
Die Versicherungsdichte in der Hochrisikozone in Sachsen zeigt
exemplarisch, dass sich auch für das verbleibende Prozent mit
Selbstbehalten oder baulichen Präventionsmaßnahmen überwie-
gend Versicherungsschutz anbieten lässt.
Anspr echpAr tner Kathrin Jarosch,
Tel. 030/20 20-51 80, E-Mail: [email protected]
besser informiertDer Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) erklärte
in einer Pressemitteilung, dass Menschen in besonders gefährdeten Überschwemmungszonen keinen Versicherungsschutz erhalten
würden. Jüngste Erhebungen des GDV stellen allerdings heraus, dass dem nicht so ist: fast jedes Gebäude in Deutschland ist versicherbar.
D
„Wie sich bei einer Anfrage der Verbraucherzentrale
Sachsen an 40 Versicherer zeigte, boten die Anbieter keinen Schutz, wenn sich
das Haus in einer hochgefähr-deten Überschwemmungszone
befand. Sie machten entweder gar kein Angebot
oder klammerten den Überschwemmungsschutz aus.“
„ hochwAsser -hotline für flutopfer stAr tet“ ,
v zb v. de, 11. Juni 2013
positionen 19
endlich ferien„Reisen ohne Risiko – Richtig versichert in den Urlaub“
Wer gut vorbereitet ist, kann
seinen Urlaub entspannt
und ohne Sorgen genießen.
Die Broschüre Reisen ohne
Risiko – Richtig versichert
in den Urlaub (www.gdv.
de/verbraucherinforma
tionen/autoundverkehr/
#reise) enthält wichtige Tipps, zum Beispiel, was
man vor Reiseantritt und während des Urlaubs
beachten sollte. Neben Informationen zu Reise
versicherungen sowie zum Versicherungsschutz
für Haus, Auto und Gesundheit werden auch
Spezialpolicen etwa für Camping und Boot beschrie
ben. Die Broschüre kann in Einzelexemplaren
kostenlos unter 0800/742 43 75 bestellt werden.
KlicKen sie hier!www.zuers-public.de
Mieter, Hausbesitzer und Unternehmer können
sich auf der Internetseite www.zuerspublic.de
darüber informieren, wie stark ihr Eigenheim oder
ihr Firmengebäude durch Hochwasser gefährdet
ist. Darüber hinaus erfahren die Nutzer auf ZÜRS
public, welches Risiko für weitere Naturgefahren
wie Starkregen, Sturm, Blitzschlag und Erdbeben
besteht.
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Ion
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langlebigKeitsrisiKoKurz erklärt
Das Langlebigkeitsrisiko ist ein Begriff aus der
Versicherungsmathematik und hat große
Bedeutung bei der Beitragskalkulation einer pri
vaten Rentenversicherung. Weil niemand weiß,
wie lange er leben wird, besteht das Risiko, dass
am Ende eines langen Lebens das Geld für den
Altersruhestand nicht ausreicht. Dieses Risiko kann
man privat kaum überschauen. Versicherer über
nehmen dieses Risiko durch Rentenversicherungen.
Mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsrechnungen
wird es bei der Kalkulation berücksichtigt. Damit
wird sichergestellt, dass jede versicherte Person
bis zum Lebensende Monat für Monat den zuge
sicherten Betrag aus ihrer Rentenversicherung
erhält. Dies ist umso wichtiger, weil seit Jahrzehnten
beobachtet wird, dass sich die Lebenserwartung
der Bevölkerung immer weiter erhöht.
ser v Ice
WIESo IST DAS So? Die 130-Prozent-Regel – wer sein Auto liebt …
… kann es reparieren lassen, auch wenn es
recht teuer wird: Sofern die Reparaturkosten
den Wiederbeschaffungswert bis maximal 30
Prozent übersteigen, kann der Geschädigte das
ihm vertraute Fahrzeug instandsetzen lassen, wenn
er es anschließend mindestens noch sechs Monate
selbst nutzt. Dann kann davon ausgegangen wer
den, dass der Halter sein Gefährt „liebt“. Nur dieses
sogenannte Integritätsinteresse rechtfertigt die
Übernahme der Reparaturkosten über den Wie
derbeschaffungswert hinaus, sofern das Fahrzeug
sach und fachgerecht repariert wurde. Im Normalfall
wäre eine Instandsetzung unwirtschaftlich, wenn
die ermittelten Reparaturkosten den Wieder
beschaffungswert eines Fahrzeuges übersteigen:
Totalschaden. Der Geschädigte erhält in solchen
Fällen den Betrag, den er für ein gleichwerti
ges Fahrzeug aufbringen müsste (= Wieder
beschaffungswert). Davon wird der Wert des be
schädigten Fahrzeugs (= Restwert) abgezogen.
anspr echpar tner Una großmann,
tel. 030/20 20-51 85, e-Mail : [email protected]
bran d en burg isc he un iversitätsd ruc kerei un d verlag sg esellsc haft mbh
karl-liebkn ec ht-str. 24–25, 14467 g o lm
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erhöhterhochwasserschutz2,5 Millionen ElementarschadenversicherungsVerträge mehr als noch im Jahr 2002.
Das Ausmaß der Schäden, die das Hochwas-
ser Anfang Juni in Deutschland angerichtet
hat, wird zurzeit auf knapp zwei Milliarden
Euro geschätzt. Das ist mehr als bei der als
„Jahrhundert-Hochwasser“ titulierten Elbe-
Flut 2002, bei der 1,8 Milliarden Euro auf die
Versicherer zugekommen waren.
Zur Jahrhundertflut 2002 waren etwa drei
Millionen Gebäude gegen Elementarschä-
den versichert. Zehn Jahre später sind es
bereits 2,5 Millionen mehr – ein Plus von
83 Prozent. Insgesamt ist heute bundesweit
mit 5,5 Millionen Verträgen rund ein Drittel
der Deutschen gegen Naturgefahren ver-
sichert. Im Bundesdurchschnitt besitzen
68 Prozent der Haushalte keine Elementar-
schadenversicherung für ihr Wohngebäude
– dabei sind 99 Prozent der Gebäude in
Deutschland problemlos versicherbar. Die
höchste Versicherungsdichte findet sich
in Baden-Württemberg. Dort gab es aller-
dings lange Zeit eine staatliche Pflicht-
versicherung. Seit 1994 ist die Verpflichtung
abgeschafft, die Staatsversicherer wurden
privatisiert.
Anteil der Gebäude in Prozent, für die in
den Bundesländern eine Elementarscha
denversicherung abgeschlossen wurde.
Quelle: gdv.de, 2013
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