Gebäudekonnektivität und Pole der Unerreichbarkeit als Maß ...11dfns.ioer.info/fileadmin/user_upload/11dfns/pdf/vortraege/11.DFNS2019... · Gebäudekonnektivität und Pole der

Gebäudekonnektivität und

Pole der Unerreichbarkeit

als Maß der flächensparenden

Siedlungsentwicklung

DFNS 2019 - 11. Dresdner Flächennutzungssymposium

Dresden, 8./9. April 2019

Martin Behnisch (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung),

Martin Schorcht (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung),

Steffen Kriewald (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung,

Diego Rybski (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung).

http://11dfns.ioer.info/

Martin Behnisch, Martin Schorcht,Steffen Kriewald und Diego Rybski11. Dresdner Flächennutzungssymposium 2019 http://11dfns.ioer.info/

Leitfrage

Wie stark ist die Landschaft in Deutschland durch Gebäude überbaut?

Theoretische Ankerpunkte

− Perkolationskonzept(z.B. Bunde und Havlin, 1991)

− Konzept der Pole der Unerreichbarkeit (Stefansson, 1920)

Bunde, A., Havlin, S., 1991. Fractals and Disordered Systems. Springer-Verlag, New York, Ch. 2, pp. 51–95.

Stefansson, V., 1920. The region of maximum inaccessibility in the arctic. Geogr. Rev. 10 (3), 167–172.


Flächennutzung in DeutschlandSiedlungs- und Verkehrsfläche: 4,4 Mio. ha

− Entspricht ca. 12,2 % oder1/8 Deutschlands

Zuwachs 2008-2018: +212.373 ha

− Entspricht 15 mal SuV Dresden

− Entspricht ca. 6,7 m² /Sekunde

− …das sind aber nur 0,00016 % täglich der Fläche Deutschlands

Flächenverbrauch schleichendes Problem=> hohe Anforderungen an die

Messgenauigkeit !!!Datenbasis: IÖR Monitor, Geobasis-DE 2018Berechnungen des IÖR © IÖR, Dresden 2019

52%

34%

9%

3% 2%

Anteile der Nutzungsarten an der Gebietsfläche 2018 in %

LandwirtschaftsflächeWald und sonstige VegetationSiedlungsflächeVerkehrsflächeWasserfläche


Neue Welle droht beim Flächenverbrauch: Niedrigzins-Anlage-Billionen suchen „Betongold“, Brachflächen- und Leerstand sind aufgezehrt, Zuwanderung, Landflucht, Neubauwelle, Digitalisierung, E-mobility

Luftaufnahme von Köln/Widdersdorf vom 8.9.2016, Mit freundlicher Genehmigung von G. May


Datengrundlage

Mit HU-DE stehen deutschlandweite Geometriedatensätze der Gebäude zur Verfügung

Die Datenvorverarbeitung umfasst folgende Arbeitsschritte (Hartmann et al., 2016): − (i) Behebung von topologischen Inkonsistenzen,− (ii) Entfernung von kleinen Polygonen (Schwellenwert 10 m²)− (iii) Entfernung von atypischen Polygonen.

Nach der Datenaufbereitung existieren in Deutschland 48.791.451 Gebäude im Jahr 2015.Hartmann, A., Meinel, G., Hecht, R., Behnisch, M., 2016. A workflow for automatic quantification of structure and dynamic of the german building stock using official spatial data. ISPRS Int. J. Geo-Inf. 5 (8), 142.



Gebäudegrundfläche

Der Median beträgt 66,4 m², der Mittelwert 120 m², und 90% aller Gebäude haben eine Grundfläche von weniger als 200 m².


Nächste Nachbardistanz der Gebäude

Der Median beträgt 9,6 m, der Mittelwert 12,7 m, und 99% aller Gebäude haben eine Nächste Nachbardistanz von weniger als 55 m.


City Clustering Algorithm (CCA)

i. Wir starten eine räumliche Clusterung, indem wir einen Gebäudestandort (roter Punkt), unter allen verfügbaren Gebäudestandorten auswählen. Wir zeichnen einen Kreis mit dem Radius ℓ und weisen alle Gebäudestandorte dem Cluster zu (blaue Punkte), die in den Kreis fallen.

Dargestellte Punkte entsprechen den berechneten Gebäudezentroiden.

Fluschnik, T.; Kriewald, S.; García Cantú Ros, A.; Zhou, B.; Reusser, D.E.; Kropp, J.P.; Rybski, D. The Size Distribution, Scaling Properties and Spatial Organization ofUrban Clusters: A Global and Regional Percolation Perspective. ISPRS Int. J. Geo-Inf. 2016, 5, 110.

Package ‘osc’ – Orthodromic Spatial Clustering

Rozenfeld, H.D.; Rybski, D.; Andrade, J.S.; Batty, M.; Stanley, H.E.; Makse, H.A.: Laws of population growth. Proceedings of the National Academy of Sciences Dec2008, 105 (48) 18702-18707; DOI: 10.1073/pnas.0807435105.



ii. Wir ziehen einen Kreis vom neuen Mitglied des räumlichen Clusters und weisen diejenigen Gebäudestandorte innerhalb des Kreises(gekennzeichnet durch die beiden blauen Punkte) dem Cluster zu.







iii. Rekursiv ziehen wir immer wieder Kreise von allen neuen Clusterobjekten. Weitere Gebäudestandorte innerhalb der Kreise (in diesem Fall drei blaue Punkte) werden in das bestehende räumliche Cluster integriert.







iv. Die roten Punkte sind die Clusterobjekte. Da kein schwarzer Punkt in einem Abstand kleiner als ℓ von einem roten Punkt liegt, wächst das Cluster nicht mehr.







… Wir starten den Prozess erneut und wählen einen anderen Ausgangspunkt, der noch keinem Cluster zugeordnet ist. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis alle Gebäudestandorte einem Cluster zugeordnet sind.






Herleitung der Perkolationsschwelle

An der Perkolationsschwelle von 830 m weisen die abgetragenen Größen einen Peak auf – mit Ausnahme des größten Clusters, das einen Sprung aufweist.


Lokalisierung von CCA Partitionen

Gemäß CCA wird jedes Gebäudepaar mit einem Abstand kleiner (oder gleich) eines vordefinierten Abstands lc dem gleichen Cluster zugeordnet.



Lokalisierung von CCA Partitionen

Perkolationsschwellwerte lc für einzelne Bundesländer (Flächenstaaten und Stadtstaaten).



Zusammfassung„Gebäudekonnektivität und Pole der Unerreichbarkeit können als Maß der flächensparenden Siedlungsentwicklung dienen.“

Durch die Anwendung der räumlichen Clusterung (City Clustering Algorithmus) wurde auf Koordinaten des deutschen Gebäudebestandes die Perkolationsschwelle bestimmt, bei der ein länderübergreifendes Cluster der Bebauung entsteht.− Der kritische Abstand lc = (830 ± 10) m deutet auf ein extrem dichtes Netz von Gebäuden in

Deutschland hin.

Mittels Euklidischer Distanzanalyse wurden jene Stellen (Pole der Unerreichbarkeit) identifiziert, die am weitesten von einem Gebäude entfernt liegen. − Der abgelegenste Pol der Unerreichbarkeit (Bergen) ist nur 6,3 km vom nächsten Gebäuden

entfernt, d.h. einem Kreis mit einem Durchmesser von 12,6 km entspricht.− Die ersten fünf Pole werden/wurden ironischerweise als Truppenübungsplätze genutzt.

Die kritische Entfernung lc adressiert Fragen der Stadt- und Raumentwicklung, wie die Bedingungen für Arbeit, Wohnen und Erholung, den Einfluss des Naturschutzes, den Verlust wertvoller Böden sowie die Kosten der Infrastruktur.


Behnisch, M.; Schorcht, M.; Kriewald, S.; Rybski, D.: Buildings, buffers, and bombs –a study of settlement connectivity and poles of inaccessibility

(Revised Submission in Landscape and Urban Planning 02/2019).

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

www.ioer-monitor.de


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