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LACKIERUNG VON KUNSTSTOFFEN
Gebrauchseigenschaften furKunststoffe gezielt optimierenKunststofflackierung ist Werkstoffveredelung. Der folgendeBeitrag gibt einen Oberblick tiber die unterschiedlichenVorbehandlungsverfahren und beschreibt Prozesse anhandvon Anwendungsbeispielen.
THERMOPLASTE
Polystyrol (PS)Verpackungen, Haushaltsartikel undKunststoffgehause
__ Kunststoffbeschichtung ist Werk
stoffveredelung. Kunststoffe unterschied
licher chemischer Struktur und fur ver
schiedene Anwendungszwecke - insbe
sondere bei AuBenanwendungen - unter
liegen den gleichen Alterungsprozessen
wie Mehrstoffsysteme, zum Beispiel im
Holz- oder Bautenschutz. Die Alterungs
prozesse resultieren aus der Freibewit
terung, mechanischer Beanspruchung
und eventuell starker Verschmutzung,
so dass eine Beschichtung der Kunst
stoffe aus dekorativen und technischen
Grunden notwendig wird.
Unter Freibewitterung versteht man
die Belastung durch UV-Licht in Gegen
wart von Luftsauerstoff und Feuchtig
keit bei wechselnden Temperaturen. In
Abhiingigkeit von der Bewitterungszeit
unterliegt der Kunststoff Oxidationsre
aktionen. Hieraus kiinnen Kreidung,
Vergilbung, Farbtoniinderung, Glanz
abfall und Verspriidung resultieren. Es
kommt also zu den gleichen Verfallser
scheinungen wie bei anderen zu lackie
renden Werkstoffen, wie zum Beispiel
Holz oder Metall.
Fur die mechanische Beanspruchung
sowie Verschmutzung gibt es auch keine
Unterschiede zwischen Kunststoffen und
anderen zu lackierenden Werkstoffen. Der
Zerfall geht immer von der Belastung an
der Oberfliiche aus. Durch geeignete
Beschichtungen kann der Kunststoff vor
Alterung dauerhaft geschiitzt werden.
Kunststoffe sind Werkstoffe aus orga
nischen Polymeren, die hinsichtlich
ihrer molekularen Struktur in Thermo
plaste, Elastomere und Duromere unter
teilt werden.
Die Molekiilzusammensetzung be
stimmt die charakteristischen Eigen
schaften fur die thermische und mecha
nische Belastbarkeit und die Liislichkeit.
Die Beschichtung schiitzt die Kunststoff
oberfliiche vor Abbau, verbessert die Licht
und Wetterbestiindigkeit und erhoht die
mechanische und chemische Bestiindig
keit. AuBerdem werden durch die Lackie
rung herstellungsbedingte Fehler und
Unebenheiten der Oberfliichen iiberdeckt,
Beigemeinsamer Verarbeitung von Metal
len und Kunststoffen kommt es durch die
Beschichtung zur farblichen Anpassung.
Polyethylen (PE)Folien, Haushaltsartikel und Kunststoffgebinde
Polyamid (PA)Hltzebestandlgs Werkstoffe, zumBeispiel Aschenbecher
Polyvinylchlorid (PVC)Dachrinnen und Regenrinnen;Laminate, Miibelindustrie und TOren
Polyvinylchlorid weichFolien, unter anderem tur dieMiibelindustrie und Bodenbelage;Automobilzulieferindustrie, Miibelformteile und Isolierschaumstoffe
Polyoximethylen (POM)Automobilindustrie
Ethylen-Propylen-TerpolmerKautschuk (EPDM)Automobilindustrie
DUROMERE
Polystyrol (PS)Boote, Rohre und Sitzschalen
Polyethylen (PE)Elektrozubehiir und Gehause
Polyamid (PA)Laminate, Miibelindustrie und TOren
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Mechanische Beanspruchung einer Kunststoffoberflache vor (links) und nachder Lackierung (rechts)
Polyamid glasfaser-verstarkt(PA/GF)Automobilzulieferindustrie (z.B.TOrgriffe, Gehauss, Verkleidungen)
Die gebrauchllchsten Thermoplasteund Duromere und ihre Anwendungsbereiche
JOT 7.2006
NASSLACKIEREN
Die Kunststoffe unterscheiden sich in
ihrer Giiteklasse nach ihrem Herstel
lungsverfahren. Sie konnen zum Beispiel
extrudiert, gegossen oder heiB gepresst
werden. Ie nach Verfahren verbleiben
silikonhaltige Trennmittel oder andere
Verunreinigungen, die eine mehr oder
weniger aufwandige Vorbehandlung vor
einer Beschichtung notwendig machen.
Fiir die Kunststofflackierung sind also in
erster Linie die Eigenschaften der Kunst
stoffoberflache relevant, wie zum Bei
spiel Reinheit, Benetzbarkeit, Affinitat
zum Lack (Haftung zum Untergrund) und
Anliisbarkeit durch Lackliisemittel. Ohne
Vorbehandlung der entsprechenden
Kunststoffuntergriinde wird meist keine
ausreichende Haftung erreicht.
Vorbehandlungsverfahren
Eventuell im Kunststoff herstellbedingt
vorliegende Oberflachendefekte wie
Poren, Lunker, Blasen und Fliefsnahte
sind zunachst zu glatten durch Schlei
fen, Strahlen oder Spachteln. Durch
schonendes Schleifen und Strahlen
erhalt die Oberflache zusatzlich eine
definierte Aufrauung, was sich positiv
auf die Lackeigenschaften auswirkt.
Die Reinigung von Kunststoffoberfla
chen erfolgt mit wassrigen Reinigerlii
sungen. AnschlieBend wird mit Wasser
gespiilt, der letzte Spiilvorgang mit VE
Wasser und zuletzt trocken geblasen.
SoUten durch Formtrennmittel noch
Restverschmutzungen vorliegen, so ist
eine Nachreinigung mit Liisemitteln
durch Wischen, Spritzen, Tauchen
und/oder Dampfentfetten erforderlich.
Gereinigte und getrocknete Kunst
stoffteile neigen dazu, wahrend der
Lagerung vor dem Lackierprozess Staub
anzuziehen. Dieser ist vor der Lackie
rung mittels ionisierter Luft abzubla
sen. Alternativ kann nach dem wassri
gen Reinigen auch eine Antistatikfliis
sigkeit auf den Kunststoff aufgebracht
werden, wodurch eine elektrostatische
Aufladung verhindert werden kann.
Trotz guter Reinigung der Kunststof
fe treten immer wieder Haftungs
schwierigkeiten auf. Entscheidend fiir
die Lackhaftung ist die Oberflachen-
JOT 7.2006
spannung beziehungsweise Polaritat
der Kunststoffoberf'lache. Unpolare
Kunststoffe besitzen eine sehr geringe
Oberflachenspannung. Zur Haftungs
verbesserung muss die Kunststoffober
flache polarisiert werden. Zur Erhiihung
der Polaritat wird die Kunststoffober
flache durch verschiedene Verfahren
oxidiert oder auch fluoriert, wodurch
unpolare C-H-Bindungen in polare C-O
Bindungen beziehungsweise C-F-Bin
dungen iibergehen. Nachfolgend sind
die wichtigsten Verfahren kurz cha
rakterisiert:
Beflammen
Die Beflammung ist das gebrauchlichste
Verfahren. Dabei wird eine blau bren
nende Flamme (Sauerstoffiiberschuss)
meist 1 Sekunde lang iiber die Kunst
stoffoberflache gefiihrt. Es darf nur
oberflachlich oxidiert werden, um eine
Polarisierung zu erreichen.
_ Vorteile: Kontinuierlich, einfach
und wirksam
_ Nachteile: Der Kunststoffwird ther
misch belastet und es entstehen
Abgase
Korona-Behandlung
Mittels einer Wechselspannungselek
trode wird durch Korona-Entladung Luft
sauerstoff ionisiert, der die Kunststoff
oberflache oxidiert.
_ Vorteile: Kontinuierlich und keine
thermische Belastung des Kunst
stoffes
_ Nachteile: Die Wirkung ist nur ober
flachlich und kurzzeitig und die
Durchfiihrung nur an flachen Teilen
miiglich.
Plasma-Behandlung
In einer Vakuumkammer wird mittels
Plasma eines Sauerstoffgases unter
einer Einwirkzeit von 1 bis 5 Minuten
die Kunststoffoberflache oxidiert.
_ Vorteile: Wirksamer als Korona-
Behandlung und tiefer wirkend,
zugleich feinreinigend und auch an
nicht flachen Teilen miiglich
_ Nachteile: Technisch sehr aufwan
dig; TeilegriiBe ist begrenzt
Fluorierung
Unter Vakuum werden Kunststoffteile
einige Minuten lang einem Fluorstick
stoffgemisch ausgesetzt.
_ Vorteile: Hochwirksam (dauerhaft
erhohte Oberflachenspannung] und
beliebig geformte Teile konnen
gleichmafsig behandelt werden.
_ Nachteile: Technisch sehr aufwandig
Haftvermittler
Durch den Einsatz von Haftvermittlern
(im Beschichtungssystem) oder den Ein
satz von Haftprimern kann gegebenen
falls in Kombination mit Anschleifen
oder Aufrauen der Kunststoffoberflache
die Lackhaftung so weit verbessert wer
den, dass auf eine oxidative Vorbe
handlung verzichtet werden kann. Dies
ist besonders dann wichtig, wenn eine
industrielle Reinigung von Kunststoff
teilen (Bauhandwerk) nicht miiglich ist.
Bei der Wahl des Vorbehandlungsver
fahrens und des Lackmaterials sind der
Einsatz des Kunststoffteils und die dar
auf abgestimmten Priifkriterien aus
schlaggebend. Zur Verdeutlichung nach
folgend einige Anwendungsbeispiele.
Pkw-Tiirschweller
Fiir Pkws werden elastische Tiirschwel
ler auf Basis von PP-EPDM mit einem Ein
schichtlacksystem lackiert. Um bei me
chanischer Beanspruchung Rissbildung
und Haftungsverlust zu vermeiden, wur
de eine sehr elastische 2-K-Beschichtung
(Hakuflex R40) als Decklack (schwarz,
matt) ausgewahlt, Vorab werden die Tei
le mit Isopropanol entfettet, beflammt
und mit einem chlorierten Polyolefin
geprimert. Ferner miissen die Anforde
rungen aus den Spezifikationen der Auto
mobilindustrie beriicksichtigt werden.
Folgende Priifkriterien miissen erfullt
werden:
_ Multi-Steinschlagpriifung
_ Uv-Bestandigkeit (> 1000 h)
_ Kondenswasser-Test (240 h nach
DIN 50017)
_ Haftfestigkeit mittels Gitterschnitt
vor und nach der Kondenswasser
belastung
_ Dampfstrahltest
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NASSLACKIEREN
Der Autor:Ralf Tacke, Betriebs-/Laborleiter
Werk Oberhausen,
Chemische Werke Kluthe GmbH,
Oberhausen, Tel. 0208 9948-134,[email protected], www.kluthe.com
Pkw-Anbauteile fllr auBen
Fiir Pkw-Dachreling und -Dachgepiick
halter kommen hiiufig ABS-Kunststoffe
zum Einsatz. Die Reinigung mittelsPower-Wash oder Isopropanol ist auch
hier Standard. Nach der Trocknungerfolgt die Einschicht-Lackierung in
schwarz oder silber (Hakuflex RW40).
Dabei miissen folgende Priifkriterien
erfiillt werden:_ Multi-Steinschlagpriifung
_ UV-Bestiindigkeit (> 1000 h)
_ Kondenswasser-Test (240 h nach
DIN 50017)_ Haftfestigkeit mittels Gitterschnitt
vor und nach der Kondenswasser
belastung_ Dampfstrahltest
_ Chemikalienbestiindigkeit gegen
Getriebeiil, Motorol, Bremsfliissig
keit und Superkraftstoff_ Florida- und Arizona-Test
Die Beschichtung muss folgende Spezi
fikationen erfiillen:_ Speziell geforderte optische bezie
hungsweise haptische Eigenschaf
ten
_ UV-Bestiindigkeit (> 1000 h)
_ Kondenswasser-Test (240 h nach
DIN 50017)_ Haftfestigkeit mittels Gitterschnitt
und Tesaband-Abriss
_ Kratzbestiindigkeit (Erichsen-Harte-
priifstab Typ 318)_ Hydrolysebestiindigkeit
_ Cremebestiindigkeit
_ Temperaturbestiindigkeit (Klima
wechseltest)
_ Abriebfestigkeit
_ Reinigungsmittel- und SchweiB
bestiindigkeit_ Crockmetertest
(24 Monate)
.... FOrdie Lackierung vonPkw-Innenraum-Einbauteilen steht eine breitePalette an Lacken in einerVielzahl von Farbtonsn undFarbeffekten sowie mitspeziellen Oberflacheneigenschaften zur VerfOgung
.... Dachreling und -Dachgepackhalter werden meist aus ABSKunststoffen gefertigt undschwarz oder silberfarben lackiert
_ Dampfstrahltest
_ Chemikalienbestiindigkeit gegen
Getriebeiil, Motorol, Bremsfliissig
keit und Superkraftstoff_ Elastizitiitspriifung bei -40°C
_ Florida- und Arizona-Test (24 Monate)
Pkw-Einbauteile filr innen
Beschichtet werden Einbauteile ausABSjPC, Polycarbonat (PC) und Poly
amid fiir den Pkw-Innenraum. Die
Reinigung erfolgt mittels Power-Wash
oder Isopropanol. Danach werden die
Teile mit Warmluft getrocknet und
anschlieBend beschichtet. Kluthe bietetdafiir je nach Kundenforderung ver
schiedene Produkte an, die im Regelfall
einschichtig aufgetragen werden:_ Softlack (Hakuflex RW41 und R 41)
in verschiedenen Farbtiinen_ Decklack (Hakuflex RW41) in ver
schiedenen Farbtonen_ Decklack (Hakuflex R 50) in verschie
denen Farbtiinen und Effektfarben_ Decklack (Hakuflex RW60 in
Chromeffekt oder verschiedenen
Farbtiinen)
..--
...... ~.,'III" ~,
Folgende Priifkriterien miissen erfiillt
werden:_ Multi-Steinschlagpriifung
_ UV-Bestiindigkeit (> 1000 h)
_ Kondenswasser-Test (240 h nach
DIN 50017)_ Haftfestigkeit mittels Gitterschnitt
vor und nach der Kondenswasserbe
lastung
_ Chemikalienbestiindigkeit gegen
Getriebeiil, Motorol, Bremsfliissig
keit und Superkraftstoff_ Elastizitiitspriifung bei -40°C
_ Florida- und Arizona-Test (24 Monate)
'" Die TOrschwelier werden mit einem beson- '" Pkw-TOrgriffe aus glasfaserver-ders elastischen 2-K-Decklack beschichtet starktern Polyamid
Pkw-TGrgriffe fllr auBen
Die Tiirgriffe aus glasfaserverstiirktem
Polyamid 6 Kunststoff (PA6jGF40) wer
den mittels Isopropanol oder im Power
Wash-Verfahrengereinigt. AnschlieBend
erfolgtdie Trocknung durch Abblasen mit
Warmluft. Fiir die Beschichtung werden
zwei Produkte alternativ eingesetzt
(Hakuflex R40, Decklack, UV-Schutz,
schwarz oder Hakuflex RW40 Decklack,UV-Schutz, schwarz).
»
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