Gefangenen Info #311

Embed Size (px)

Citation preview

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    1/16

    Gefangenen InfoC 10190 9.5.2006 Preis: 1,55 311

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Noch immer kein FriedeErinnerung an Ulrike Meinhof, die vor 30 Jahren im Hochsicherheits-trakt Stuttgart-Stammheim starb. Von Peter O. Chotjewitz

    Wir dokumentieren mit freundlicher Ge-nehmigung des Autors einen Artikel, derzuerst in der Wochenzeitung Freitag er-schienen ist.

    Dreiig Jahre nach ihrem gewaltsamenTod am 9. Mai sind die Bilder so scharfwie am ersten Tag. Die verffentlichten Bil-der vor allem. Das erste Fahndungsplakat,das erste Foto der Verhafteten, das Bild derErhngten.

    1970, 1972, 1976 - die Jahreszahlen deu-ten es an: Der Aufstieg der Publizistin Ul-rike Meinhof vom intellektuellen Star einerStudentenzeitung zur Ikone der politischenMoral und der Menschrechte vollzog sichbinnen eines kurzen, letzten Lebensab-

    schnitts. Was davor war und warum sie zurRAF ging, bleibt weitgehend ausgeblendet.Es knnte ihrem letzten radikalen Schritteine unerwnschte Plausibilitt verleihen.

    Die Nachwelt hat sie fast ganz auf die Rol-le einer Jeanne dArc des Widerstands ge-gen den Leviathan, die allmchtige ber-person des Staates, reduziert. Man hat sieeingereiht in die olympische Schar derer,die bereit sind, fr ihre berzeugungen zusterben, wie die Heiligen Sokrates, Hus, Gi-ordano Bruno und Michael Kohlhas, der1540 zwar Recht bekam, wegen Landfrie-densbruchs jedoch gerdert wurde.

    Junge Frauen, meist noch Schlerinnen,die sich im beginnenden 21. JahrhundertMut anlesen wollen fr die nchste Kam-pagne gegen die Globalisierung, verschlin-gen die Bcher, die von ihr handeln, egal

    wie authentisch sie sind. Eine viel geleseneBiografie ist nicht zufllig bei Beltz & Gel-berg, also in einem Jugendbuchverlag, er-schienen.

    Der Schmutz, mit dem willige Autoren im

    Sold gigantischer Staatsschutzapparate sieseit Mai 1970, das heit seit der Schieereiim Westberliner Otto-Suhr-Institut, zu dif-famieren und abzukanzeln versuchen, ha-ben nicht ihre Entwicklung zur Lichtgestalt

    verhindert, der auch konservative Histori-ker wie Joachim Fest gebhrenden Respektzollen.

    Die RAF ist besiegt, aber es herrscht keinFriede. Ihre Analysen und Zielvorstellun-gen, nachzulesen in Manifesten, die auchMeinhofs Handschrift tragen, leben weiterin einer Art Kenotaph. Nur eine Option hatder Staat, sich gegen diese schlummerndeGefahr zu wappnen. Er muss aufhren, sichals Erfllungsgehilfe der Plutokratie zu be-greifen, und stattdessen konsequent undwirksam zum Sachwalter der Bedrfnisseder unteren Klassen des eigenen Volkes wieder ausgebeuteten Vlker der armen Staa-ten und Kontinente werden.

    Die Erschtterung, die Ulrike MeinhofsTod 1976 auslste, fhrte bundesweit zuheftigen Demonstrationen. In Frankfurt amMain, wo man sich vor dem Studentenhaus

    versammelte, kam es zu Zusammenstenmit den Ordnungskrften. Ich kam aus

    Stuttgart und habe noch heute eine aufge-whlte Stadt vor Augen - sehe eine abge-fackelte Polizeiwanne vor mir, aberdas mag eine andere Demo gewesensein. An den staatlich verkndeten

    Selbstmord glaubten wenige. Dashing mit dem Stand der Konfronta-tion zusammen. Das OLG Stuttgart,das fnf RAF-Kader aburteilen soll-te, hatte bereits einen Angeklagten

    verloren - Holger Meins, den manim November 1974 in Wittlich anUnterernhrung sterben lie. Die

    brigen drei Angeklagten solltensiebzehn Monate spter, ebenfalls inder JVA Stuttgart-Stammheim, un-ter ungeklrten Umstnden zu Todekommen, sodass keines der Urteile

    jemals rechtskrftig wurde.Vor allem bei Sistierungen starben die

    hei begehrten Staatsfeinde. Mehrfachwurden unbewaffnete oder bereits wehrlosam Boden liegende Menschen erschossen,

    so dass der Eindruck entstand, es gebe ei-ne Order von oben, keine Gefangenen zumachen. Werner Sauber (Daniel de Roulethat ihm in seinem Roman Double ein Denk-mal gesetzt) wird am 9. Mai 1975 auf ei-nem Klner Parkplatz erschossen, als erwehrlos auf dem Asphalt liegt - genau einJahr vor Ulrike Meinhof. Der Arzt Karl-Heinz Roth, der neben ihm im Fahrzeug sa,wird lebensgefhrlich verletzt. Der Dritte,Roland Otto, bleibt unversehrt. Als Rothund Otto freigesprochen werden, tnen Po-lizisten: Man htte die zwei anderen eben-falls erschieen sollen.

    Die Reihe liee sich lange fortsetzen. VonRauch und Weibecker, ber Stoll und vanDyck, bis hin zu Grams. Alle erschossen inSituationen, die keinen polizeilichenSchusswaffengebrauch rechtfertigten. Ge-wiss, die Colts saen locker auf beiden Sei-ten, und man mag die Schiefreudigkeit ei-niger Beamter damit erklren, dass sie sel-ber um ihr Leben frchten mussten. EineEntschuldigung ist es weder in moralischernoch in juristischer Hinsicht.

    Nahrung erhielten die Zweifel im FallMeinhof im brigen auch durch den Be-

    richt einer internationalen Untersuchungs-kommission (erschienen im Verlag Maspe-

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    2/16

    2

    ro, Paris), die 1978 erklrte: Die Behaup-tung der staatlichen Behrden, Ulrike Mein-hof habe sich durch Erhngen selbst get-tet, ist nicht bewiesen. Die Ergebnisse derUntersuchungen legen den Schluss nahe,dass sich Ulrike Meinhof nicht selber er-hngen konnte.

    Ulrike Meinhof war freilich schon eineBerhmtheit, bevor sie mit anderen die Ro-te Armee Fraktion grndete, die sich als be-

    waffneter Arm des antiimperialistischenWiderstands verstand, und die man - un- vorsichtig gesagt - leninistisch nennenkonnte. Ich erinnere mich der Begeisterung,mit der wir ihre Kolumnen in der Zeitschriftkonkret lasen, die im Verlag von Klaus Wa-genbach vorliegen, der seine Autorin aufseiner Website allerdings, kleine Ignoranz,bereits 1972 sterben lsst.

    Ich konsumierte seit 1955 das Blatt, dasfr die APO zeitweise eine gewisse Rollespielte, und las seit etwa 1960 zuerst im-mer Meinhofs analytisch-polemische Arti-kel, die heute noch lesbar und aktuell sind.

    Sie zeigen die Bandbreite ihres sozialen undpolitischen Engagements. Nationale The-men wie der Verbleib alter Nazis, die Not-standsgesetze oder Armut, finden sich inihrem umfangreichen journalistischen

    Werk ebenso wie Probleme der internatio-nalen Politik: Imperialismus, Befreiungs-kmpfe in der Dritten Welt, Trikontinenta-le, Indochina-Krieg, Studentenunruhen inden USA.Was heute ihre Tochter Bettina Rhl in ei-

    nem unsglichen Enthllungsbuch als Sen-sation verhkern kann, war den damaligenBewunderern der Meinhof lngst bekannt.Dass sie mit der verbotenen KPD, der So-wjetunion und der DDR sympathisierte -immer kritisch freilich. Dass sie sich durchdie Bewegung gegen den Atomkrieg unddie Ostermrsche der fnfziger Jahre schoneinen Namen gemacht hatte. Dass sie in denhumanistischen Traditionen des Abend-lands wurzelte, christlich vorgeprgt war.Dass sie ihre schon damals seltene ethischeRigiditt zum Teil auch Renate Riemeck

    verdankte, die um 1960 zu den Galionsfi-guren der politisch eher unbedeutendenDeutschen Friedensunion gehrte.

    Die Entscheidung fr den bewaffnetenKampf im Frhsommer 1970 wurde vonvielen dennoch als Bruch gedeutet und mitUnverstndnis quittiert. Dabei lag es in derLogik der auerparlamentarischen Opposi-tion, die Exzesse und Auswirkungen derpostfaschistischen kapitalistischen Gesell-schaftsordnung nicht lnger nur verbal zuattackieren.

    In der Literatur werden die Trennung vomEhemann, von der vergleichsweise klein-brgerlichen Existenz im Quartier der bes-seren Gesellschaft an der Hamburger Elb-chaussee und der Umzug nach Westberlin

    nicht deutlich genug als Reaktion auf denZeitgeist interpretiert. Tatschlich stand dasProjekt, den Staat als Bollwerk des Impe-rialismus und seine obsznsten Reprsen-tanten direkt zu attackieren und den Wi-

    derstand durch die Propaganda der Tat zu verschrfen, sptestens seit dem 2. Juni1967 auf der Tagesordnung - dem Tag al-so, als die Westberliner Obrigkeit eine De-monstration vor der Deutschen Oper brutalniederknppeln und einen Studenten heim-tckisch erschieen lie, um die Lage zu es-kalieren.

    Ulrike Meinhof verlie Haus und Hof vierTage vor der Internationalen Konferenz ge-

    gen den verbrecherischen Krieg der USA inIndochina, der am 17. Februar 1968 inWestberlin begann. Das Kommunique derTagung, die in einer groen Demo ausklang,liest sich noch heute wie ein Aufruf, end-lich zum Aufruhr berzugehen. Es forder-te schlicht die politische und organisatori-sche Zusammenarbeit mit den revolu-tionren Befreiungsbewegungen und dieSchaffung einer Einheitsfront des Wider-stands in den USA und den westeuropi-schen Lndern. Gegner: Der US-Imperialis-mus und seine europischen Handlanger.Ziel: Die sozialistische Weltrevolution.

    Keine zwei Monate spter brannten inFrankfurt am Main zwei Kaufhuser - einEreignis, das allgemein als Grndungsze-remonie der RAF gefeiert wird, da es zweiProtagonisten in die Illegalitt trieb, auchwenn der Schaden sich in bescheidenenGrenzen hielt. Ulrike Meinhof widmete derBrandstiftung eine wohlmeinende Rezensi-on, die von groen Teilen der damaligenLinken wiederum als Freibrief verstandenwurde, in dieser Richtung weiterzuarbeiten.Mag sein, dass die Urheber der Schlussre-

    solution der Vietnam-Konferenz ihre auf-munternden Worte nicht so meinten, wiesie uns damals erscheinen mussten. Magsein, dass sie spter retirierten, als ihnenklar wurde, was sie angerichtet hatten undsie Angst vor der eigenen Courage beka-men.

    Fakt ist, Meinhof und die anderen Grn-derinnen der RAF durften sich guten Glau-bens Hoffnung machen, ihr Kampf werde

    auf der legalen Ebene Sympathien und Un-tersttzung finden. Die RAF war, darberredet heute niemand mehr, nie als Masse-norganisation angelegt, sondern als Kader-gruppe und Speerspitze, um die politischen

    Widersprche zu verschrfen und dieHandlungsspielrume der legalen Opposi-tion zu erweitern. Es gehrt zur Tragik derOrganisation, dass diese Option nicht ge-nutzt wurde und stattdessen schon bald einProzess der Entsolidarisierung in Gang ge-setzt wurde, der auch gut gemeinte Rat-schlge wie Blls freies Geleit fr UlrikeMeinhof frderhin ausschloss.

    Die Haftbedingungen, denen Meinhof ab1972 planvoll ausgesetzt wurde, warenmrderisch. In Kln-Ossendorf wurde siedrei Mal total isoliert - das erste Mal, gleichnach ihrer Verhaftung, 237 Tage lang. berdie psychischen und krperlichen Folgendieser Art von Folter schrieb sie einen er-schtternden Bericht, der inzwischen Lite-raturgeschichte ist.

    Das Ziel der zahllosen Entwrdigungenwar klar und wurde offen erklrt: Brechungder Persnlichkeit. Man wollte der ffent-

    lichkeit die Irre vor-fhren, sie dazu veran-lassen, sich von ihrerpolitischen Biografie zudistanzieren und dieGenossen im Unter-grund aufzufordern,den ungleichen Kampfaufzugeben. Bei einigengelang dies. Gegen dieHauptangeklagten, dienicht aufgaben, mus-sten hrtere Manah-men her. Andere, diesich nicht instrumenta-

    lisieren lieen, wie Chri-stian Klar und BirgitHogefeld, sitzen nochheute.Aber es waren nicht so

    sehr die Haftbedingun-gen, die in Stammheimnach Prozessbeginn

    Gerhard Richter: Por-trt von Ulrike Mein-hof nach einem Foto

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    3/16

    3

    brigens etwas gelockert wurden, auchwenn sie nie ber die Kleinstgruppen-Iso-lation hinauskamen, was wir (ich vertratdamals Andreas Baader) fast bei jedem mei-ner Besuche im siebten Stock in der JVAStammheim errterten. Ein wichtiges The-ma war, dass die politische Situationdrauen stndig prekrer wurde und die So-lidaritt mit den Gefangenen nachlie.Fanden Ziele und Methoden der RAF imSommer 1972 noch Sympathien in weitenTeilen der westdeutschen Bevlkerung, sobrckelte die Bereitschaft, sich zumindestfr eine Verbesserung der Haftbedingungen

    einzusetzen, nach dem Tod von HolgerMeins und der Erschieung des Westberli-ner Kammergerichtsprsidenten Gnter

    von Drenkmann im Sptherbst 1974.Es gibt Briefe aus dem Knast an bekann-

    te Persnlichkeiten, die davon zeugen, dassdie Inhaftierten sich zunehmend allein ge-lassen fhlten, bis sie schlielich schutzloswaren. Woran es lag, dass die kmpferische

    Aufbruchstimmung der spten sechzigerJahre in Feigheit und Resignation um-schlug, ist ein anderes Thema. Es hing mitPressehetze und der Kriminalisierung derLinken zusammen, sofern sie sich nicht pro-phylaktisch distanzierte.Als Ulrike Meinhof starb, erlebten wir ein

    letztes Aufbumen der ffentlichkeit, wasdaran lag, dass sie eine angesehene Intel-lektuelle und eine der groen Hoffnungen

    der deutschsprachigen Publizistik gewesenwar. Nach den Anschlgen von 1977 wa-ren auch die meisten Linken froh, dass diepopulrsten Kader der RAF endlich tot wa-ren.

    Vor 25 Jahrenstarb Sigurd Debus

    im HungerstreikWir mchten an Sigurd erinnern, dessen Todsich zum fnfunzwanzigsten Mal jhrte.Ausdrcklich mchten wir an seinen Todes-tag den 16. April 1981 erinnern, weil seinKampf um bessere Haftbedingungen von al-len brgerlichen und leider auch linken Me-dien ignoriert wurde .Er starb anlsslich ei-nes Hungerstreiks.

    Sigurd wurde als Mitglied einer illegalenGruppe 1974 verhaftet. Der Hungerstreik derGefangenen aus der RAF begann am 1. Fe-bruar 1981.

    In dieser Lage jahrelang voneinander iso-liert und von jedem gemeinsamen politi-schen Prozess und der Auenwelt abge-schlossen, sind wir entschlossen, mit unse-rem einzig wirksamen Mittel - dem kollek-tiven, unbefristeten Hungerstreik - die Tren-nung zu durchbrechen und uns Bedingun-gen fr kollektive Lern- und Arbeitsprozes-se zu erkmpfen, um als Menschen zu ber-leben. (aus der Hungerstreikerklrung)

    Die Forderungen waren u.a.:- Zusammenlegung- Auflsung der Hochsicherheitstrakte

    - Aufhebung aller Formen von IsolationSigurd, der in Hamburg-Fuhlsbttel in-haftiert war, schloss sich am 11.2. den Hun-gerstreik an, weil er mit den Gefangenen derRAF und allen anderen kmpfenden Inhaf-tierten zusammenkommen wollte. Er wurdeseit dem 19. Mrz gegen seinen Willen undgegen seinen Widerstand im Zentralkran-kenhaus des UntersuchungsgefngnissesHamburg zwangsernhrt.

    Zwangsernhrung ist keine medizinischeManahme, sondern nur ein Gewaltmittel,den Widerstand von Menschen zu brechen.bereinstimmend mit 80 rztInnen aus

    Holland meinen wir, dass Zwangsernhrungals Folter zu betrachten ist. Sie ist in dieserlebensbedrohlichen Situation sogar ein di-rekter Angriff auf das Leben. (aus einemOffenen Brief westdeutscher rztInnen.)

    Ein Brief Ulrike Meinhofs aus dem Toten TraktAus der Zeit vom16.6.72 bis 9.2.73, in der Ulrike im Toten Trakt in Kln-Ossendorfinhaftiert war

    das Gefhl, es explodiert einem der Kopf (das Gefhl, die Schdeldecke mte ei-gentlich zerreien, abplatzen) -das Gefhl, es wrde einem das Rckenmark ins Gehirn gepret,das Gefhl, das Gehirn schrumpelte einem allmhlich zusammen, wie Backobst z.B.

    das Gefhl, man stnde ununterbrochen, unmerklich, unter Strom, man wrde fern-gesteuert -das Gefhl, die Assoziationen wrden einem weggehackt -das Gefhl, man pite sich die Seele aus dem Leib, als wenn man das Wasser nichthalten kann -das Gefhl, die Zelle fhrt. Man wacht auf, macht die Augen auf: die Zelle fhrt; nach-mittags, wenn die Sonne reinscheint, bleibt sie pltzlich stehen. Man kann das Ge-fhl des Fahrens nicht absetzen. Man kann nicht klren, ob man vor Fieber oder vorKlte zittert -man kann nicht klren, warum man zittert -man friert.Um in normaler Lautstrke zu sprechen, Anstrengungen, wie fr lautes Sprechen, fastBrllen -das Gefhl, man verstummt -

    man kann die Bedeutung von Worten nicht mehr identifizieren, nur noch raten -der Gebrauch von Zisch-Lauten - s, , tz, z, sch - ist absolut unertrglich -

    Wrter, Besuch, Hof erscheint einem wie aus Zelluloid -Kopfschmerzen -flashs -Satzbau, Grammatik, Syntax - nicht mehr zu kontrollieren. Beim Schreiben: zwei Zei-len - man kann am Ende der zweiten Zeile den Anfang der ersten nicht behalten -Das Gefhl, innerlich auszubrennen -das Gefhl, wenn man sagen wrde, was los ist, wenn man das rauslassen wrde, daswre, wie dem anderen kochendes Wasser ins Gesicht zischen, wie z.B. kochendesTankwasser, das den lebenslnglich verbrht, entstellt -Rasende Aggressivitt, fr die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Be-wutsein, da man keine berlebenschance hat; vlliges Scheitern, das zu vermitteln;Besuche hinterlassen nichts. Eine halbe Stunde danach kann man nur noch mecha-nisch rekonstruieren, ob der Besuch heute oder vorige Woche war -Einmal in der Woche baden dagegen bedeutet: einen Moment auftauen, erholen - hltauch fr paar Stunden an -Das Gefhl, Zeit und Raum sind ineinander verschachtelt -das Gefhl, sich in einem Verzerrspiegelraum zu befinden -torkeln -Hinterher: frchterliche Euphorie, da man was hrt - ber den akustischen Tag-Nacht-Unterschied -Das Gefhl, da jetzt die Zeit abfliet, das Gehirn sich wieder ausdehnt, das Rcken-mark wieder runtersackt - ber Wochen.Das Gefhl, es sei einem die Haut abgezogen worden.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    4/16

    4

    Am 16. April 1981 wurde von den Behr-den Sigurds Tod bekannt gegeben. Sein An-walt schrieb: Alle Anzeichen deuten dar-auf hin, dass die Zwangsernhrung im Zen-tralkrankenhaus des Untersuchungsgefng-nis den Tod von S.D bewirkt hat.

    Obwohl Sigurd schon einige Tage klinischtot war, wurde sein Ableben erst am 16. Aprildurch den Staat bekannt gegeben, an demTag, an dem der Hungerstreik beendet wur-

    de. Die Herrschenden wollten damit sugge-rieren, dass die Gefangenen wegen SigurdsTod den Streik beendet hatten, und nicht,weil es Zusagen staatlicherseits gab, die Iso-lation aufzuheben. Der Staat hielt seine Zu-gestndnisse nicht ein.

    Sigurds Tod konnte nie aufgeklrt werden,da Teile seiner Krankenakte verschwanden.Die verantwortlichen Mediziner und Beam-te blieben in Amt und Wrden. Viele Men-schen, die den Hungerstreik untersttzt hat-ten, kamen zu der berzeugung, Sigurdmusste sterben, weil er mit dem Gefangenenaus der RAF zusammenkommen wollte.

    Aktion fr Freilassung am1. Mai in Paris

    Anlsslich der 1.Mai-Demo in Paris hattedas Kollektiv fr die Freilassung der Mili-tanten aus Action Directe Ne laissons pasfaire! nach Paris mobilisiert.

    Deswegen rufen wir Euch dazu auf, denersten Mai zu einem starken Moment in derMobilisierung werden zu lassen: wir wer-den massiv Flugbltter verteilen, Transpa-rente tragen, mit einer Lautsprecheranlagerevolutionre Lieder und Parolen verbrei-ten, um uns dann in die Demonstration ein-zureihen und einen sichtbaren Block fr dieBefreiung der Gefangenen aus Action Di-recte zu bilden. (aus dem Aufruf)

    Einige Genossinnen und Genossen ausder BRD sind diesem Aufruf gefolgt undwaren mit Transparenten am Stand des Kol-lektivs und im Block auf der Demo zuge-gen.

    Bevor wir uns einreihten, zog ein Gro-teil der Demo an uns vorbei.

    Unsere Transparente sorgten fr einige

    Aufmerksamkeit wegen der Inhalte und derdeutschen Sprache, aber auch weil auf ei-nem Transparent Figuren des bekanntenfranzsischen Zeichners Pardi zu sehen wa-ren.Wir wurden oft angesprochen und foto-

    grafiert, und es wurden viele Flugbltterverteilt.

    Die Genossinnen und Genossen des Un-tersttzungskomitees fr George Ibrahim

    Abdallah, einem kommunistischen Revolu-tionr aus dem Libanon, der seit ber 20Jahren im franzsischen Knast sitzt, hattenin der Nhe einen Stand aufgebaut und be-

    teiligten sich ebenfalls an unserem leiderkleinen Block auf der Demo, der dann mitParolen fr die Freilassung der Militantenaus Action Directe und von George zumKundgebungsort zog .

    Jean-Marc Rouillan zum Tode von Joelle

    Der erste Morgen ohne sieJolle hat uns auf Zehenspitzen verlassen.Sie, die so viele Kmpfe ausgefochten hat,ist in ihrem Bett, von der Krankheit da-vongetragen, gestorben.

    Als sie noch sehr jung war, whlte sie oh-ne Rckversicherung den bewaffnetenKampf. Sie gehrte zum Heer der Aufstn-dischen, das von den Barrikaden von Parisbis zur Guerilla von Altiplanno die Ge-schichte in ein helles Licht taucht.

    Die Kommunarden sind unsere Brderund die Petroleuses* unsere Schwestern, wieauch diejenigen unsere Brder und Schwe-stern bleiben, die in den sonnenberflute-ten palstinensischen Straen und in dendunklen Sierras Kolumbiens kmpfen. UndJolle werden wir nicht strker beweinen

    als jede andere gestorbene Schwester. Sie

    htte das nicht gewollt. Jolle war eine un-ter vielen Kmpferinnen. Sie verstand sichals solche.Wie viele mgen es sein, die sie in der

    Stunde ihres Todes begleitet haben. In derNacht ahmen sie die Kolonnen der Gueril-la nach, sie fhren sie und sie folgen ihr.Still gehen sie in Stellung und entfernensich. Dennoch, sie verschwinden niemals

    vollstndig. Unsere Herzen bewahren ihrLcheln. Und nach uns werden andere Ge-nossInnen in die erste Reihe treten und siekennen und lieben lernen.

    Sie haben gelitten, wie sie gelitten hat.Manche einsam, verwundet, sterbend. An-dere wurden gefangen genommen, nieder-gestreckt durch eine Kugel ins Genick oderin Ketten gelegt, vergewaltigt und gefoltert

    in einer schmierigen und abstoenden Zel-

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    5/16

    5

    le.Und diese Heldinnen sind es, die von den

    Schreiberlingen im Dienste der Todes-schwadrone, von Anti-Guerilla-Brigaden,

    von mafisen Machthabern, von feigenRichtern und von denen, die sich dem Rechtdes Strkeren unterworfen haben, ohne zuerrten und mit verzerrtem Gesicht Terro-ristinnen und Mrderinnen genannt wer-den. Ulrike, Mara, Elisabeth, Wafa, Arzu,

    Olaia ... an diesem ersten Morgen ohne sietragt ihr Kmpferinnen den Namen: Jolle.Tag fr Tag habt ihr in ihrem rebellischen

    Wesen weiter gelebt. Denn sie verteidigtediese ewige und universelle Gemeinschaft.Jolle wurde zur Rosario der Barrikaden

    von Madrid, besungen von Miguel Hern-andez: Rosario, dinamitera, Du knntestein Mann sein und Du bist die Essenz derFrau, die Gischt des Schtzengrabens. Wr-devoll wie ein Sieges- und Ruhmesbanner.Und wie Rosario, die Rote, verstreute auchJolle ihre Kraft und ste Bomben in denGeist der Verrter.

    Und zur Stunde, in der man ihren totenKrper wscht, reinigt in einem weit ent-fernten Lager eine junge Frau, auf ihre Auf-gabe konzentriert, ihre Waffe. Hat sie viel-leicht Hunger? Friert sie? Hat sie Sehnsuchtnach ihrer Familie oder nach der hellenStrae ihres Dorfes? Sie wei nichts davon,dass ich an diesem besonderen Morgen ei-ne immense Zrtlichkeit fr sie empfindeund ihre zerbrechliche Silhouette in Erin-nerung an Jolle liebkose.

    Ich habe nichts vergessen ... Im Juni 80bin ich ihr an einem Regentag an der Mau-er der Kommunarden zum ersten Mal be-gegnet. Sie trug einen weinroten Parka undwar von Kopf bis Fu klatschnass. Und vonda an war sie bei uns und hat uns niemals

    verlassen. Sie hat die Zeit der Guerilla mit-gemacht, die Klandestinitt, den Prozess,die Isolationsfolter, die endlosen Hunger-streiks. Und wie am ersten Tag hat sie nie

    versucht, sich in Sicherheit zu bringen.Letzten Monat bestand ihre geschwchteStimme am Telefon darauf, noch einmal,das letzte Mal, mit uns eine Erklrung zuunterschreiben.An diesem Morgen erinnere ich mich an

    alles, an die Gesichter der Abtrnningenund an die, die uns verraten und beschmutzthaben. Ich erinnere mich an die hasserfll-ten Gesichtszge des Richters und an dieBeschimpfungen der Schlger. Aber ich willnur ihr klares Lachen und ihre rote Mhne,die einer Fahne des Sonnenuntergangsglich, zurckbehalten. Sicher, sie war die

    jngste und die zerbrechlichste. Aber imVerlauf dieser drei Jahrzehnte haben ande-re, die lter, gebildeter, strker waren, nichtsgelernt und haben sich letzten Endes un-terworfen und, was noch schlimmer ist, ha-ben sich an die unannehmbare Barbarei

    gewhnt. Und im Gegensatz dazu und wieeine schne Hterin der Grenze wuchs siedort, wo die Herrschenden plnderten undLuft und Erde vergifteten, jeden Tag emp-findsamer fr das Leid der Unterdrckten

    und hrter gegen die kriminelle Macht ih-rer Feinde....

    Ihr Bild mit einem Finger auf den Mundgelegt fordert mich auf zu schweigen. Ichgebe es zu, ich habe bereits zuviel gesagt.Lassen wir das Schweigen sein Werk tun.

    Ich muss den Weg wieder aufnehmen.Wie oft habe ich mit ihr das Versprechengeschrieben: Seguiremos adelante!

    So ist das Engagement der Guerilleros.

    Und alle, wo auch immer wir leben und oh-ne Rast kmpfen werden, werden wie eineinziger Mann, eine einzige Frau voran-schreiten und die Worte des Genossen Er-nesto Guevara murmeln:

    An welchem Ort uns der Tod auch ber-raschen mag, er sei willkommen, wenn un-ser Kriegsruf nur aufgenommen wird undeine andere Hand nach unseren Waffengreift und andere Menschen bereit sind, dieTotenlieder mit Maschinengewehrsalvenund neuen Kriegs- und Siegesrufen anzu-stimmen ...

    Jean-Marc Rouillan

    Gefangener aus Action DirecteLannemezan, Donnerstag 2. Mrz 2006

    * Anm.d..: Frauen, die whrend der Pari-ser Kommune mit Petroleum Feuer legten

    Vielschichtige RepressionChristian S. wurde ein Aufschub des Haft-antritts gewhrt, da ein weiteres rztlichesGutachten noch aussteht. Auerdem mus-ste seine Krankenkasse zugeben, ihm un-rechtmig gekndigt zu haben (die AOKerhielt vom Jobcenter weiterhin Kranken-geld fr Christian).

    Zustzlich wurde er am 4. April vom(Hauptzollamt) unsanft geweckt, da diesesnach verwertbaren Gegenstnden in seiner

    Wohnung suchen wollte. Hintergrund istein Vollstreckungsauftrag vom 21. Oktober05 der von Richter Gutschalk unterschrie-ben wurde, da das Jobcenter von Christian300 Euro zurckforderte. Da er whrend desgenannten Zeitraums in Untersuchungs-haft sa, wusste er nichts von der Forde-rung. Beim Tr-Aufbrechen, obwohl je-

    mand gerade diese von innen ffnen woll-te, hat geholfen der Schlsseldienst Schroe-der. Die Zollbeamten Rose, Neumann undZander nahmen CD-Player und Playstati-on an sich. Die Durchsuchung, die Kndi-gung der Krankenversicherung und derzeitnahe Haftantritt zeigt, wie vielschichtigRepression sein kann.

    Dazu ein VeranstaltungshinweisBerlin, 23. Mai KATO [U-Bhf. SchlesischesTor | 20:30 Uhr] Podiumsdiskussion

    Kodierte Polizeizeugen vorGericht Veranstaltung der Kritischen JuristInnenBerlin

    Im Einsatz: Getarnt. Vor Gericht: Kodiert.Von der ffentlichkeit: Unkontrollierbar.

    Es diskutieren: Dr. Peter Faust [Vorsit-zender des Deutschen Richterbundes inBerlin und Vorsitzender Richter am Land-gericht]; Volker Ratzmann [Rechtspoliti-scher Sprecher von Bndnis 90/Die Grnenim Berliner Abgeordnetenhaus]; Silke Stud-zinski [Strafverteidigerin]

    Bei der Podiumsdiskussion soll versucht

    werden, die Problematik der Sperrer-klrungen in Strafverfahren aus unter-schiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten.Daher wird es ein Podium mit Vertreternaus den Bereichen Rechtsprechung, Straf-

    verteidigung und Rechtspolitik geben. Zumeinen interessieren uns die Einschtzungenaus der Rechtssprechungspraxis von Rich-ter Dr. Peter Faust. Wie gehen Richterinnenund Richter mit der Tatsache um, dass ih-nen von Seiten der Exekutive durch Sper-rerklrungen Informationen vorenthaltenwerden, die fr ihre freie Beweiswrdigungerforderlich wren? Hier erscheint vor al-

    lem die Frage interessant, inwieweit Urtei-le auf Aussagen von Zeugen gesttzt wer-den knnen, deren Glaubwrdigkeit nichtdurch das Gericht berprft werden kann.Aus der Perspektive der Strafverteidige-

    rin wird Silke Studzinski ber die Ein-schrnkungen berichten, die sich durchSperrerklrungen und Codierungen fr dieRechte der Verteidigung ergeben.Aus dem Bereich der Politik soll Volker

    Ratzmann (Rechtspolitischer SprecherBndnis90/Grne) die Frage beantwortenwie verhindert werden kann, dass in Zu-kunft Polizeibeamte in Verfahren gegen lin-ke AktivistInnen nur noch kodiert auftre-ten. Darber hinaus scheint interessant, obdie Verschleierung der Klarnamen von Po-lizeibeamten aus Spezialabteilungen auchderen Schutz vor Strafverfolgung dienensoll.

    Die Veranstaltung findet vor dem Hinter-grund des im Januar abgeschlossenen Ver-fahrens gegen den Berliner AntifaschistenChristian S. statt. In diesem Verfahren ver-urteilte das Amtsgericht Tiergarten die An-tifaschistInnen Leila R. und Christian S. am11. Januar 2006 wegen Landfriedensbruchs

    pp zu einem Jahr Haft bzw. 7 Monaten aufBewhrung. Gegenstand des Prozesses warein vermeintlicher Flaschenwurf in Rich-tung behelmter Polizeikrfte am Rande ei-ner antifaschistischen Demonstration ge-gen einen Naziaufmarsch in Dresden am 13.Februar 2005. Besondere Beachtung fanddas Verfahren in der ffentlichkeit vor al-lem deshalb, weil die drei polizeilichenHauptbelastungszeugen im Prozess ano-nym und mit verndertem Aussehen auf-traten. Die drei Zeugen gehren zu speziel-len Einheiten des LKA, die in der Vergan-genheit vermehrt durch Straftaten aufge-

    fallen sind. Grundlage des oben genanntenVorgehens ist eine Sperrerklrung der Se-natsverwaltung fr Inneres bezglich derBekanntgabe der Identitt der Polizeizeu-gen.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    6/16

    6

    Eine solche Praxis stellt in Bezug auf -wenn auch zivil auftretende - einfache Po-lizeibeamte ein Novum im deutschen Straf-

    verfahren dar. Vor allem seitens der An-waltschaft aber auch seitens der Gerichtebestehen groe Bedenken, falls dieser FallSchule machen sollte.Anlsslich der auftretenden Fragen, die

    u. a. die rechtsstaatliche Auswirkungen derKodierung fr die Zukunft, die Vereinbar-

    keit dieses Vorgehens mit den hierfr vor-gesehenen Rechtsgrundlagen und dieGlaubwrdigkeit der Zeugen betreffen,werden die ReferentInnen die Problematik

    jeweils aus ihrer Perspektive beleuchtenund hoffentlich gemeinsam Handlungsop-tionen entwickeln.Weitere Informationen zum Thema unterhttp://freechristian.gulli.to

    Einige Informationen

    zur Situation derAachener GefangenenBart (verurteilt zu 3,5 Jahren) ist weiterhinin Dsseldorf. Die Zulassung der Revisionwird im Sommer entschieden, was ebenfallsmit einer neuen Entscheidung ber die U-Haft zusammengeht. Die zweite Chance,eventuell eher rauszukommen, ist dann imOktober, wenn er 2/3 des ersten Urteils ab-gesessen hat.

    Gabriel (verurteilt zu 13 Jahren) ist nochimmer in Aachen. In einem Zivil-Prozessist er zu einer Geldbue von 2500 Euro frden zerschossenen Reifen der Polizei ver-urteilt worden, weshalb nun das Geld vonseinem Knastkonto geklaut wird.

    Im Moment passiert wirklich etwas Un-glaubliches mit mir .... Es ist deutlich, dassder Bundesgrenzschutz will, dass ich ihnen2500 Euro bezahle, weil ich 2004 einen Rei-fen ihres Autos angeschossen habe. Sie ha-ben nun damit angefangen, Geld von mei-nem Knastkonto zu stehlen ... Sie haben mirschon 60 Euro weggenommen; Geld, dasmeine Familie und meine companeras ge-

    sendet haben.Gabriel befindet sich noch immer im Sta-tus der Untersuchungshaft, da eine Revisi-on eingeleitet wurde. Ihm steht normaler-weise zweimal im Monat ein Einkauf frinsgesamt 200 Euro zu. Davon mssen auchsmtliche Schreibutensilien und Krper-pflegeartikel bestritten werden. Aus Protestgegen die Manahmen hat Gabriel aufge-hrt zu rauchen, weil er es sich nicht mehrleisten kann.

    Sein Anwalt versucht gerade herauszu-finden, was da passiert.

    Jos (verurteilt zu 14 Jahren) ist seit De-zember 05 in der JVA Bochum und seineSituation ist besser.

    Kurz nach dem Urteil wird Jos ohneAnkndigung nach Mitternacht in seiner

    Zelle in Aachen aus seinem Bett geworfenund nach Kln verlegt. Er kann nichts vonseinen persnlichen Sachen mitnehmen.Als zwei Wochen spter bekannt wird,

    dass Jos 12 Tage lang im Hungerstreik war,von denen er auch 4 Tage lang nichts ge-trunken hat, folgte eine Welle des Protestes:Der Richter und der Knast werden mit Fa-xen, Telefonanrufen und Emails bedrngt.Gleichzeitig gibt es in ganz Europa direkte

    Aktionen in Solidaritt mit Jos. Nachhererklrte Jos, dass er nicht wirklich einenHungerstreik geplant hatte, sondern dass ernur nichts mehr von den Schlieern an-nehmen wollte, bis ihm zumindest diewichtigsten Sachen zurckgegeben werden(Adressen, um Briefe zu schreiben, ein Wr-terbuch, um sich in deutsch zu verstndi-gen usw.). So hat er auch die Knastkleidung

    verweigert, weswegen er tagelang nackt inseiner Zelle sa und nicht einmal drauenwar. Die Weigerung, zu essen und zu trin-ken musste er aufgeben, da er zweimal kurznacheinander Probleme mit dem Herzen

    hatte.Kurz nach den internationalen Aktionen

    wird er nach Bochum verlegt: Hier werdenihm endlich die mi-nimalen Rech-te anerkannt,die ihm alsUntersu-chungsgefan-genen zustehen(z.B. das Tragenseiner eigenenKleidung), aberer steht

    nochimmer un-ter einem Re-gime von speziel-ler Aufsicht. Er darfkeine Aktivitten mit

    anderen Gefangenenmachen, so kann er auchkeinen Deutschstunden folgen. Er hat nurmit einem anderen Mitgefangenen Um-schluss (fr eine Stunde zusammen auf derZelle sein). Jos hat mit einem anderenlangjhrigen Gefangenen Freundschaft ge-schlossen, der jetzt zufllig genau in denMoment Kchendienst hat, wenn der Um-schluss stattfindet. So ist Jos faktisch wie-der isoliert. Daneben macht er sich Sorgenum seine Post: er kriegt die letzte Zeit ex-trem wenig Briefe und hat Angst, dass dergrte Teil zurckgehalten wird.

    Relativ gesehen hlt er sich jedoch gut,ist voller Kampflust und beginnt das Deut-sche besser zu beherrschen. Jeder Besuchendet mit einer warmen Umarmung fr al-le, die ihn nicht vergessen.

    Knastzeitung licht-blick beschlagnahmtDer lichtblick ist die Zeitschrift aus der JVATegel, die seit 1968 existiert und eine Auf-lage von 6OOO Exemplaren hat (siehe auchGefangenen Info 306). Im Folgenden einInterview, das die Redaktion Knast und Ju-

    stiz beim Freien Senderkombinat (FSK) ausHamburg mit einem Redakteur der Knast-zeitung fhrte.

    Ich spreche jetzt mit dem Redakteur And-reas Werner. Die Berliner Zeitung schriebam 14.Mrz: Gefngnischef lie Knast-zeitung einstampfen! Anzeige gegen Re-dakteure wegen Beleidigung! Was hat denLeiter der Anstalt, Herrn Lange-Lehngut,dazu bewogen, die gesamte Ausgabe zu be-schlagnahmen?

    Zu dem Zeitpunkt, als man die Zeitschriftanhielt, wurden unsere Rumlichkeiten

    (Redaktion und Lager) vorsorglich abge-schlossen und wir wussten nicht, weshalbund warum diese Aktion durchgezogenwurde. Zustzlich wurden wir Redakteureauch eingeschlossen. Das war am Freitag,den 24.2.Am darauf folgenden Montag, den 27.2.,

    haben wir vom Anstaltsleiter ein Schrift-stck erhalten, wo relativ oberflchlich drinstand, dass er die gesamte Ausgabe be-schlagnahmen musste wegen strafrechtli-cher Relevanz und Schutz der ffentlich-keit.

    Kannst du mir inzwischen mitteilen, umwelche inkriminierten Artikel es sich dabeihandelt?

    Unsere Aufgabe als Gefangenenzeitungist es, auf Missstnde innerhalb des Knastesu.a. hinzuweisen und auch mitzuwirken,dass diese abgestellt werden. Hier gab es zudem Zeitpunkt, als diese Zeitschrift her-ausgekommen ist, einen Vorfall, wo an-geblich zwei Gefangene von Beamten ver-prgelt worden sind.

    War das im Dezember letzten Jahres, als

    Hftlinge dagegen protestierten, dass derFernsehempfang ausfiel.Das war aber nicht der gleiche Vorfall,

    sondern einen Tag spter soll in einem an-deren Hafthaus ein weiterer bergriff vonBediensteten gegenber Gefangenen statt-gefunden haben. Es soll dort in einer ab-geschwchten Form zu einer Meuterei ge-kommen sein, wo 27 Inhaftierte auf Miss-stnde hingewiesen haben. Das wurde aberin einigen Zeitungen falsch dargestellt, dasssie Unfrieden stiften wegen des gestrtenTV-Empfang.

    Das war aber nur einer von vielen Punk-

    ten. Wir hatten das auch bemngelt, dassman nur auf Sekundres sowohl auf Seitender Anstalt als auch in den Medien ausge-wichen ist und nicht die primren Punktebercksichtigt hat.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    7/16

    7

    Die wesentlichen Kritikpunkte sind: ber-belegung, keine Resozialisierungs- und Be-treuungsmanahmen sowie fehlende Sozi-alarbeiter bzw. Gruppenleiter. Gab es wei-tere Grnde fr die Beschlagnahmung?Wir gehen davon aus, das es die Summe

    der Artikel und die Hrte der Vorwrfe wa-ren. Htte nur ein solcher Beitrag im licht-blick gestanden, wre wohl niemand dar-auf aufmerksam geworden. Hier haben sichaber 5 bis 6 Artikel in einer Zeitung kon-zentriert. Hinzu kam die Empfindlichkeitdes Senats und einzelner Beamte, die ver-mutlich damit berfordert waren.

    Es hat auch eine Anzeige gegen euch 4 Re-dakteure gegeben?

    Ja, es ist gegen uns Strafanzeige von demAnstaltsleiter sowie von der Gewerkschaftder Bediensteten gestellt worden.

    Wie geht es jetzt weiter mit dem lichtblick?Wir waren zuerst erschrocken ber den

    ganzen Vorfall, denn wir wollten nicht pro-vozieren und damit die Zeitschrift gefhr-den. Unser Ziel ist ja, die Missstnde hiertransparent zu machen! Wir sind davon

    ausgegangen, dass wir ordentlich recher-chiert haben. Nach der Beschlagnahme derAusgabe mussten wir erst einmal zu Kennt-nis nehmen, dass alle auf uns einstrmtenund meinten, wir htten riesige Fehler ge-macht und somit falsch berichtet, so dasswir die Artikel noch einmal durchgegangensind. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen,wir haben nichts falsch gemacht. Spterwurden wir darauf hingewiesen, wir httenda und da einen Konjunktiv verwenden sol-len. Daraus haben wir gefolgert, man hltdoch deswegen nicht eine ganze Ausgabean.

    Letztendlich haben wir dann peu peumitbekommen, dass es andere Empfind-lichkeiten geben muss, wir jemandem krf-tig auf die Fe getreten sind und die nichtwollten, dass so was bekannt wird.

    Noch einmal die Frage, wie geht es jetzt wei-ter?Wir haben sofort Anwlte eingeschaltet,

    die die Zeitung von vorne bis hinten ge-prft haben. Sie fanden nichts. Dann sindaber presserechtlich erfahrener Advokatenzu dem Ergebnis gekommen. man htte bei2 Stellen den Konjunktiv verwenden bzw.1 Satz weglassen sollen. Das wre aber al-les noch in dem Bereich gewesen, wo wirden lichtblick htten schwrzen knnen.

    Daraufhin hat einer unser Anwlte einSchlichtungsgesprch mit der Anstalt vor-geschlagen. Der Knast hat eingewilligt, undam 7. Mrz hat das Treffen stattgefunden,wo wir gemerkt haben, das Schwrzen ein-zelner Passagen ist nicht die Lsung. Ins-gesamt war die Belegschaft bzw. die Lei-tung so aufgebracht von der Ausgabe, dassfr sie Einstampfen die einzige Mglichkeitgewesen ist.

    Nach Auffassung unser RechtsanwltIn-nen htten wir in der ersten Instanz bei derStrafvollstreckungskammer kaum Chancengehabt, gegen die Anstaltsleitung zu ge-winnen, denn der Leiter hat wohl das Recht,

    bei Verdacht von strafrechtlicher Relevanzsofort einzuschreiten.Da die Ausgabe noch gar nicht ausgelie-

    fert war, konnten wir den normalen recht-lichen Weg, den eine Zeitung auerhalb derMauern hat, nicht anwenden, so dass wireinwilligen mussten, die ganze Ausgabe zuberarbeiten, d.h. Artikel zu krzen oderraus zunehmen, die Ansto gefunden ha-ben und damit neu zu drucken und her-auszugeben.

    Der berarbeitete lichtblick wird bald er-scheinen?

    Ja, und eine weitere Ausgabe ist schonfertig im Computer und wird danach er-scheinen. Man hat uns zugesichert, dass daseine einmalige Manahme war und eineKontrolle bei zuknftigen Ausgaben nicht

    mehr stattfinden soll.Wie knnen wir euch untersttzen?Wir sind schon sehr dankbar, wenn die

    Medien bei solchen Aktionen gegen unsdarber berichten, denn der Anstalt wrdees auch nicht schwer fallen, so eine Gefan-genenzeitung relativ ruhig einschlafen zu-lassen. Es gibt immer Manahmen, die da-zu fhren, dass entweder kein Geld da istoder nicht ausreichend Personal oder R-

    umlichkeiten zu Verfgung stehen, die da-zu fhren, dass eine Zeitung formal ein-schlft bzw. verschwindet.

    P.S Inzwischen ist die berarbeitete, zen-sierte Ausgabe erschienen. . Adresse: derlichtblick, Seidelstr. 39 13507 Berlin

    Hungerstreik in derAbschiebehaftanstalt

    EisenhttenstadtAm Samstag den 29. April 2006 habe ich,Collivan Sow, geboren in Kamerun und seitdrei Jahren in der Bundesrepublik Deutsch-land, einen Hungerstreik in der Abschiebe-haftanstalt Eisenhttenstadt begonnen.Am Vortag, Freitag den 28. April 2006

    wurde ich in Eisenhttenstadt festgenom-men, verurteilt und gleich darauf zur Ab-schiebehaftanstalt Eisenhttenstadt ge-bracht. Ich war in Begleitung meiner Recht-anwltin zu der dortigen Vertretung derBundesanstalt fr Migration und Flcht-linge. Offiziell hatte mich die Bundesanstaltnach Oranienburg zu einem Gesprch be-stellt, um meinen zweiten Antrag auf Asylzu besprechen. Aber unmittelbar nach die-sem Gesprch wurde ich festgenommen, zueinem Gerichtssaal gebracht und daraufhinzu 3 Monaten Abschiebehaft verurteilt.

    Offensichtlich waren die Auslnder-behrden ber meine Anwesenheit in Ei-senhttenstadt informiert, und sie hattendie Polizei verstndigt. Der Schritt, mit ei-nem Hungerstreik zu beginnen, habe ichnach reichlicher berlegung in Folge mei-ner Festnahme in Oranienburg aus folgen-

    den Grnden beschlossen:1) Die von den Auslnderbehrden inOranienburg gegen mich angelegte Ver-schwrung:

    Obwohl die Auslnderbehrden in Ora-nienburg mir - schriftlich - die Versiche-rung gegeben hatten, dass sie es nicht tunwerden, haben sie vertrauliche Dokumenteber mich an die Botschaft von Kamerunin Bonn weitergeleitet. Es handelt sich um

    vertrauliche Dokumente ber meine Mit-gliedschaft in der SCYL, einer von der ka-merunischen Regierung verfolgten Partei.Die SCYL setzt sich fr die Unabhngigkeit

    von Sdwestkameruns und das Ende derblutigen Unterdrckung und Verfolgungein.

    Die Verweigerung der Auslnderbehr-den, mir meinen Ausweis zurckzugeben,

    lichtblick-Redakteur bei der Arbeit ND-Montage

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    8/16

    8

    obwohl sie nach meinem zweiten Antragdazu verpflichtet waren. Sie haben ab-sichtlich versucht, meinem Aufenthalt jeg-licher gesetzliche Grundlagen zu entbeh-ren.

    2) Der vom Bundesamt fr Migration undFlchtlinge begangene Vertrauensbruch

    Obwohl das Bundesamt fr Migrationund Flchtlinge verpflichtet ist, mir Schutzzu gewhren, haben sie den Auslnder-

    behrden ber meine Anwesenheit in Ein-senhttenstadt informiert.Aus den oben genannten Grnden for-

    dere ich: meine sofortige Freilassung aus der Ab-

    schiebehaft die Auslnderbehrden in Oranienburg

    auf, meinen Aufenthalt zu regeln. die Auslnderbehreden dazu auf, mich

    fr die Verletzung meiner Grundrechteund fr die Tatsache um Entschuldigungzu bitten, dass sie versucht haben, michin die Illegalitt zu vertreiben

    das Bundesamt fr Migration und Flcht-

    linge dazu auf, sich fr die Verletzung ih-rer Schutzpflicht mich um Entschuldi-gung zu bitten.

    Eisenhttenstadt, den 30. April 2006

    Anlsslich der Innenministerkonferenz (IMK) am 4./5. Mai in Garmisch-Partenkirchenhatten Flchtlinge, MigrantInnen und Untersttzerorganisationen u.a. in Hamburg (Bild),Potsdam/Berlin, Kln, Gttingen, Erfurt, Herne, Nrnberg, Wiesbaden am 22. April zu ei-nem Aktionstag fr ein bedingungsloses Bleiberecht aufgerufen. Die IMKentscheidet alsmagebliche Instanz darber, ob Flchtlinge hier bleiben knnen oder nicht. 200.000

    Menschen leben bundesweit mit einer Duldung, davon sehr viele hier geborene und/oderaufgewachsene Kinder und Jugendliche. Geduldete knnen jederzeit abgeschoben wer-den, und jedes Jahr werden Zehntausende aus Deutschland tatschlich auch abgescho-ben.

    Aufruf

    ... Es gilt die zweite Schuld zu verhindern!16. Mai 1940 16. Mai 2006: Erinnerung an die erste Deportation der Roma und sinti ausDeutschland in die NS-Konzentrationslager

    Gedenkkundgebung:Hamburg, Hannoverscher BahnhofLohseplatz (Hafencity)Am: 16.Mai 2006 - 12:00 Uhr

    Am 16. Mai 1940 begannen die Nazis mitder systematischen Umsiedlung der Zi-geuner aus Deutschland in die NS-Kon-zentrationslager. 1940 wurde von Himmler

    die Anordnung getroffen, insgesamt 2.500Sinti und Roma aus den westlichen TeilenDeutschlands in das Generalgouverne-ment zu deportieren. Zum Sammellager, indem Sinti und Roma vor der eigentlichenDeportation konzentriert werden sollten,wurde der Fruchtschuppen 10 im Hambur-ger Hafen bestimmt. Am frhen Morgen des16. Mai 1940 nahmen Kommandos der Kri-minalpolizei etwa 550 Sinti und Roma inHamburg fest und internierten sie gemein-sam mit Sinti und Roma aus Bremen, Win-sen an der Aller, Bremervrde, Wesermn-de und aus schleswig-holsteinischen Ge-

    meinden wie Flensburg, Kiel, Neumnsterund Schleswig im Fruchtschuppen. Syste-matisch wurden die inhaftierten Mnner,Frauen und Kinder per Namenslisten undNummerierungen erfasst, entlaust und

    nach Wertsachen durchsucht. Nach vier Ta-gen der Internierung in Hamburg brachtesie ein Deportationszug vom Hannover-schen Bahnhof ber Warschau und Lublin

    nach Belzec. Nachdem die Roma und Sin-ti zur Errichtung des Zigeunerlagers her-angezogen wurden, setzte man sie zurZwangsarbeit in der Umgebung ein. Viele

    Roma im KZ Bergen-Belsen

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    9/16

    9

    von ihnen starben nach kurzer Zeit an Kl-te, Hunger, Typhus oder Ruhr.Wie viele Roma und Sinti insgesamt dem

    deutschen NS-Rassenwahn zum Opfer ge-fallen sind, ist bis heute nicht geklrt es wird

    von einer halben bis einer Million ausge-gangen.

    Heute, nach nunmehr 66 Jahren, sindHunderttausende Roma vor den Kriegen imehemaligen Jugoslawien geflohen. Seit Be-

    ginn der Balkankriege sind Tausende RomaOpfer von ethnisch motivierter Gewalt ge-worden. Mehr als hunderttausend Romaaus dem Kosovo sind vor den Grueltatender Kosovo-albanischen Milizen und denKriegshandlungen der NATO geflohen oderwurden aus ihrer Heimat vertrieben. Opfereines Krieges, mit dem sie nichts zu tun hat-ten. Diejenigen, die ihr Leben vor ethnischmotivierter Gewalt, vor NATO-Bomben undethnischen Suberungen retten konnten,

    vegetieren in menschenunwrdigenFlchtlingslagern in Mazedonien, Serbi-en und Montenegro dahin, oder sind, wie

    in Deutschland, von Abschiebungen be-droht. Keine Internationale Staatenge-meinschaft fhlt sich fr diese Menschen

    verantwortlich, kein westlicher demokra-tischer Rechtsstaat, der noch vor Kurzembereit war, fr Menschenrechte zu bom-ben, ist heute bereit, die Opfer von Men-schrechtverletzungen, Gewalt und ethni-schen Suberungen aufzunehmen. Alle In-ternationalen Menschenrechtsorganisatio-nen (u.a. COE, UNHCR, OSCE, ) sind sichdarin einig, dass es keine Rckkehr fr Ro-ma in ihre Heimatorte gibt.

    Der Krieg gegen Jugoslawien wurde vonder damaligen Bundesregierung mit demmoralischen Anspruch nie wieder Ausch-witz legitimiert. Nach fast sieben JahrenEinsatz der Bundeswehr im Kosovo, unterder Aufsicht der Internationalen Staaten-gemeinschaft und vor den Augen der Bun-deswehr, haben albanische Separatisten esgeschafft, das Kosovo ethnisch zu subernund in einen zweiten albanischen Staatzu verwandeln, in dem die Sicherheit vonMinderheiten nicht mehr gewhrleistetwerden kann.

    Dieser versuchte Vlkermord und die eth-

    nischen Suberungen an den Roma im ehe-maligen Jugoslawien werden weder vonden Medien thematisiert noch von denenzur Kenntnis genommen, die erst vor einpaar Monaten die Menschenrechte aufdem Balkan herbeibomben wollten!

    Seit ber sechs Jahren versuchen die In-teressenvertretungen der Flchtlinge und

    Vertriebenen sowohl mit der deutschen Re-gierung als auch mit der InternationalenStaatengemeinschaft ber die Zukunft derRoma aus dem ehemaligen Jugoslawien zusprechen. Beide waren bislang nicht bereit,sich ernsthaft mit dem Schicksal der Roma

    auseinander zu setzen. Stattdessen werdenPlne erarbeitet, um spezielle CollectiveCamps (Gemeinschafts-Lager) im Kosovounter der Leitung der IOM zu errichten, indenen zu deportierende Roma unterge-

    bracht werden sollen. Die InternationalOrganisation for Migration oder kurz IOMgilt, in vielen Teilen der Welt, als die Hand-langer-Organisation fr Deportationenund Betreiberin von De-facto-Internie-rungslager fr Flchtlinge.

    Fast 20.000 Roma ist die Flucht nachDeutschland gelungen, oder sie wurden alsKosovo-Albaner willkommen geheien.Schwer traumatisiert, verfolgt und vertrie-

    ben warten diese Menschen tglich auf ih-re Abschiebung zurck in einen Staat, dernicht mehr existiert. In eine Heimat, die ih-nen geraubt wurde, deportiert in eine Um-gebung, in der es keinen Schutz vor ber-griffen gibt. Viele der Mnner, Frauen und Kinder,

    Menschen die hier leben, integriert sind, ar-beiten oder hier zur Schule gehen werdengezwungen, als geduldete Auslnder zumTeil seit ber 25 Jahren auf ihre Abschie-bung zu warten.

    Die Heimat dieser Flchtlinge istDeutschland geworden!

    Wer knnte berufener sein als die Deut-schen, fr Roma und Sinti besondere Sor-ge zu tragen und sich der historischen Ver-antwortung zu stellen. Welches Land in Eu-ropa knnte berufener sein, sich fr die Ein-haltung der Menschrechte fr Roma undSinti in Europa einzusetzen.Wir appellieren daher an die Bundesre-

    gierung, zu Ihrer Verantwortung zu stehen,sowohl aus der gemeinsamen Geschichtedes NS-Holocaust, als auch als Konsequenzihrer Beteiligung am Balkankrieg. Bleiberecht fr Roma aus dem ehemali-

    gen Jugoslawien!

    Beteiligung der Roma an den Statusver-handlungen ber das Kosovo! Keine Collective Camps fr Roma! Untersttzung der Roma in Europa!

    ... Es gilt die zweite Schuld zu verhindern.

    Erstunterzeichner:Gnther Grass - Literatur Nobelpreistrger, Romund Cinti Union e.v. (RCU), Europisches Zentrumfr Antiziganismusforschung (EZAF), RomNewsSociety, Marko D. Knudsen, Tino M. Knudsen, Il-diko Tarjan, Janina Janson - Vize Prsidentin desEuropean Roma and Traveller Forum (ERTF) -Strassbourg - und Vetreterin der Deutschen Ro-

    ma und Sinti im ERTF, Jacek Glowacki, East meetsWest - International Roma youth Network (EMW-IRYN), Viola Horvatova, Karl-Heiz Lolo Weiss -und Vetreter der Deutschen Roma und Sinti imERTF - General Sekretr der RCU,

    GreifswalderG8-Protest im Visierdes Staatsschutzes?

    Wie der Solidarittsorganisation Rote HilfeGreifswald bekannt wurde, ist am Montag, den24. April 2006, in Greifswald vor dem Ju-

    gendzentrum Klex ein ziviles Observations-fahrzeug enttarnt worden. Es handelte sich da-bei um einen roten Kleintransporter Marke

    VW T4 mit (nach unseren Erkenntnissen)falschem Brandenburger Kennzeichen (TF-CZ56). Das Observationsfahrzeug war mitScheinausbauten im Stile eines Elektriker-Fahrzeuges sowie einer verspiegelten Heck-scheibe versehen. Bei genauerer Betrachtungkonnte in der Fahrerkabine eine verdeckte Vi-deokamera entdeckt werden, die von einemMann (dem spteren Fahrer des Kfz) bedientwurde. In der Nhe des Jugendzentrums Klex(Lange Strae Ecke Kapaunenstrae) wurden

    darber hinaus noch zwei weitere mnnlichePersonen in Zivil ausgemacht, die ebenfalls andem Observationseinsatz teilnahmen.

    Whrend der Aktion und der Enttarnung desberwachungseinsatzes wurden die Besuche-rInnen des Klex weiterhin aus dem Fahrzeugheraus ohne Angabe von Grnden gefilmt.Nach einiger Zeit mussten die staatlichenSchnffler ihre Aktion abbrechen und fuhrenwieder von dannen.Als Ziel ihrer berwachung hatten sich die

    staatlichen Schnffeldienste diesmal offenbardas Jugendzentrum Klex sowie die Greifs-walder G8-Protestgruppe ausgewhlt. Bei derG8-Protestgruppe handelt es sich um Perso-nen, die sich mit der Politik und Propagandader sog. G8-Gruppe (ein Zusammenschluss ei-niger der wirtschaftlich mchtigsten Staatender Welt, die knapp 70% des Weltsozialpro-duktes auf sich vereinen) sowie den sozialenund kologischen Auswirkungen dieser Aus-beutungspolitik beschftigen.

    Ob es sich bei der geheimdienstlich operie-renden Aktion am 24. April um einen Einsatzdes Inlandsgeheimdienstes (Verfassungs-schutz) oder der politischen Polizei (Staats-schutz) gehandelt hat, lie sich bisher nichtfeststellen. Fest steht jedoch, dass das Ziel die-ser Observationsmanahme offenbar die legi-timen Proteste gegen die G8 und deren Tref-fen im Seebad Heiligendamm 2007 waren. Po-litisch verantwortlich fr den Einsatz sowohlder politischen Polizei als auch des Verfas-sungsschutzes zeichnet der Innenminister vonMecklenburg-Vorpommern, Dr. GottfriedTimm (SPD). Whrend seine Koalitionspart-nerin in Schwerin, die Linkspartei.PDS, die ge-planten Proteste gegen den G8-Gipfel 2007 inHeiligendamm begrt und untersttzt,scheint der Innenminister demokratische Um-gangsformen weit hinter sich gelassen zu ha-

    ben. Statt in einen inhaltlichen Diskurs berdie Politik der G8-Staaten und den Sinn bzw.Unsinn eines G8-Gipfels in Mecklenburg-Vor-pommern einzusteigen, scheint InnenministerTimm lieber auf vordemokratische Schnffel-

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    10/16

    10

    Chile

    Mapuche inlang andauerndemHungerstreik29.4.06 Chile: 4 Gefangene Mapuche 48Tage im Hungerstreik. Solidaritt mit Pu-eblo Mapuche

    Am 30. April war der Tag der Solidarittmit den gefangenen Mapuche. Sie sind imGefngnis Angol 8 im Sden von Chile undbefinden sich seit dem 13 Mrz im Hun-gerstreik. Es handelt sich um 4 junge Men-schen, 3 Jungen und ein Mdchen. Die Na-men sind: Juan Huenulao, Patricio Marileo,Jaime Marileo und die Theologie-Studen-tin Patricia Troncoso. Sie sind auf Grunddes neuen Antiterrorismusgesetzes 10 Jah-re im Gefngnis, weil sie angeblich ein 100-Hektar-Grundstck von Forestal Minin-co, welches sich auf Mapucheland befin-

    det, angezndet haben sollen. Bei ForestalMininco handelt es sich um eine Transna-tionale Company, die Papier herstellt und

    deren dubiose Sponsoren aus USA und Eng-land stammen. Die Mapuche befinden sichseit 48 Tagen im Hungerstreik und trinkennur Wasser, wegen dieses Gesetzes des Re-gierungsprsidiums gegen das Mapuche-

    volk und auf Grund der Aussage eines ano-nymen Zeugen, gegen den Willen des aut-hentischen Reprsentanten des Mapuche-

    volkes.Der Zustand der Vier ist schlecht. Patri-

    cia geht es sehr schlecht, sie muss durch-gehend im Bett bleiben, aber sie sind starkwie die Mapuche Toquis (Kriegshuptlin-ge), sie widerstehen dem Druck der Auto-ritten, die sie zwangsernhren wollen, ei-ne Entscheidung des rassistischen Staates,der die konomischen Interessen dergroen Companys vertritt, die den Wald ab-holzen und Mapu (Mutter Erde) tten. Sieinhaftieren die jungen Mapuche, die fr ihrRecht kmpfen.

    Die neue Regierung Chiles tut nichts, umihre Ureinwohner zu schtzen, sie arbeitet

    dienste zurckzugreifen, um KritikerInnenheimlich abzufilmen, auszusphen und ein-zuschchtern.

    Es ist anzunehmen, dass dies nicht der letz-te derartige Schritt der hiesigen Landesregie-rung sein wird, um die G8-kritische Bewegungin diesem Bundesland auszuforschen und zukriminalisieren. Wahrscheinlich wird es in denkommenden Wochen und Monaten auch zupolizeilichen Hausbesuchen oder Anwerbe-

    versuchen des Verfassungsschutzes kommen.In diesem Zusammenhang mchten wir

    noch einmal eindringlich davon abraten, sichauf wie auch immer geartete Gesprche mitPolizei oder Geheimdiensten einzulassen.Diese Gesprche haben nur den einen Zweck:Protestbewegungen auszuforschen und zuzersetzen. Daher sollte weiterhin der weiseGrundsatz gelten: Keine Gesprche mit poli-tischer Polizei und Staatsschutz! Solltet ihrdennoch Opfer eines Anwerbeversuches wer-den, wendet euch an die Rote Hilfe und machtdiesen Anwerbeversuch sofort ffentlich!Nichts frchten Geheimdienste mehr als ei-

    ne kritische ffentlichkeit! Lasst euch nichteinschchtern von Polizei und Geheimdien-sten - unsere Solidaritt ist unsere strkste

    Waffe! Rote Hilfe Greifswald, 4.5.2006

    ProtestresolutionGegen die geheimdienstliche berwachungdes G8-Protestes in Greifswald Demo-kratische Spielregeln haben auch fr dasInnenministerium zu gelten!

    Am Montag, den 24. April, wurde ein staatli-cher Observationseinsatz gegen die Greifs-walder G8-Protestbewegung durch Zufall auf-gedeckt. In geheimdienstlicher Manier warenbei dieser berwachungsmanahme Besuche-rInnen des Greifswalder Jugendzentrums Klexaus einem getarnten Observationsfahrzeugheraus gefilmt worden. Hintergrund dieser ge-heimdienstlichen Methoden scheint die wach-sende Protestbewegung gegen den G8-Gipfel2007 in Heiligendamm zu sein, die dem In-nenministerium von Mecklenburg-Vorpom-mern offenbar ein Dorn im Auge ist. Auchwenn Innenminister Dr. Gottfried Timm (SPD)ein erklrter Befrworter des G8-Gipfels inHeiligendamm ist, sollte er doch wissen, dassdemokratische Spielregeln eben auch fr dasInnenministerium zu gelten haben. Eine Poli-tik der Einschchterung, Ausforschung, ber-wachung und Kriminalisierung des G8-Prote-stes gehrt hingegen eindeutig in das Reper-toire eines autoritren, vordemokratischenStaatsverstndnisses. Wir werden solcheberwachungs- und Kriminalisierungsma-nahmen jedenfalls nicht unwidersprochenhinnehmen und solidarisieren uns mit den Be-troffenen.Wir, die UnterzeichnerInnen dieser Resolu-

    tion, fordern hiermit: eine ffentlichelckenlose Aufklrung der Ereignisse vom 24.

    April die Lschung der entstandenen Video-aufzeichnungen sowie aller sonstigen in die-sem Zusammenhang angefertigten Daten diesofortige Einstellung der Observation und derKriminalisierung des G8-Protestes

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    11/16

    11

    fr das auslndische Kapital und ist kor-rupt, aber vergibt eine spezielle Auszeich-nung an die Rockgruppe U2 als Bot-schafter fr die Menschenrechte, ein tota-ler Widerspruch und eine Verlogenheit. Eswird mit zweierlei Ma gemessen. Heute be-ten wir fr diese Brder unserer Erde, bittegebt eure Solidaritt fr diese jungen Men-schen, die fr eine gute Sache kmpfen. Wirhoffen das aus der ganzen Welt die Farben

    die Wrde dieser vier erleuchten, die mitder spirituellen Kraft kmpfen. Alle Weltsollte jetzt zusammen sagen: Basta, lat dieLeute frei! Grenzenlose Solidaritt mit den

    jungen gefangenen Mapuche im Hunger-streik.Es fanden Solidarittsdemonstratio-nen statt in Temuko und Santiago de Chi-le, wo es zu greren Ausschreitungen kam.

    SOLIDARITT MIT DEN INHAFTIERTENMAPUCHE ! (bersetzung aus dem Spani-schen 29.4.06) Informationen zum ComitCerezo

    Die Mexiko-Plattform Wien fhrt zwischen10. Mai und 10. Juni eine Ausstellung zurUntersttzung des mexikanischen politi-schen Gefangenen und Malers Jacobo Sil-va sowie eine Unterschriftensammlungdurch. Auf der Seite der Plattform heit es:

    Stoppt die Folterun-

    gen! Gerechtigkeit frJacobo SilvaHolt mich hier raus! ist der Titel eines l-bildes des in Mexiko inhaftierten Malers Ja-cobo Silva. Dies ist eines der bedrckendenBilder, die Jacobo Silva in dem Hochsi-cherheitsgefngnis von La Palma gemalthat und die vom 10. 5. (Erffnung) bis 10.6. 06 in der Galerie Wohlleb (1030 Wien,Seidlg. 23) zu sehen sind.

    Jacobo Silva Nogales (geb. 1958) wurdeim Oktober 1999 gemeinsam mit seiner

    Frau Gloria Arenas Agis (geb. 1959) ver-haftet. Nach einem durch anhaltende Fol-terungen erzwungenen Gestndnis und un-ter Verwendung geflschter Dokumentewurden beide wegen Zugehrigkeit zu ei-ner oppositionellen bewaffneten Bewegungim Bundesstaat Puebla zu 50 Jahren Haft

    verurteilt. Bereits im November 1999 be-richtet amnesty international Deutschland(AI-Index: AMR 41/023/1999) ber diesenFall der schweren Menschenrechtsverlet-

    zung und Folterungen.Amnesty International: Menschenrechts-

    verletzungen in Mexiko Als Hintergrundinformation verffent-

    licht a. i. hierzu: In den vergangenen Jah-ren hat amnesty international eine stei-gende Anzahl von Menschenrechtsverlet-

    zungen der mexikanischen Sicherheits-krfte dokumentiert. Dazu gehren will-krliche Inhaftierungen, Folter, Flle von Verschwindenlassen und Hinrichtungennach Schnellverfahren Das absolut Pro-

    blematische an der Menschenrechtssituati-on in Mexiko ist - und das gilt im beson-deren Mae auch fr Jacobo Silva und Glo-ria Arenas - dass es hier keine Rechtssi-cherheit gibt, ob Verfahren begrndet oder

    Verurteilungen menschenrechtswidrig sindund auf Folterungen, falschen Zeugenaus-sagen u.v.a. basieren. Dokumente von Men-schenrechtsorganisationen (so der weltwei-ten Organisation gegen Folter OMCT unter

    Caso MEX 050602.2 vom 10. 6. 2005) wei-sen nach, dass Jacobo Silva nach wie vorein Opfer von Torturen und Isolationsfolterist. So wird ihm u. a. auch immer wiederber lange Zeitrume das Malen verbotenund 30 seiner Bilder wurden beschla-gnahmt.Anbetracht dieser Situation organisiere

    ich in Kooperation mit der IG BildendeKunst im Hinblick auf die kommende EU-Lateinamerika-Tagung eine Unterschrif-tenaktion sterreichischer Kulturschaffen-der. Siehe hierzu den nachfolgenden Ap-pell an den mexikanischen Prsidenten Vi-

    cente Fox und die dazu gehrende Unter-schriftenliste

    Dieter Schrage Wien, im April 2006Presidente de los Estados Unidos Mexi-

    canos Vicente Fox Quesada Sehr geehrterHerr Prsident Vicente Fox! Bei zahlreichenGelegenheiten haben Sie versichert, dassdie Menschenrechte fr die Regierung ih-res schnen, geschichtlich so bedeutendenund als Reiseziel sehr geschtzten Landes

    von hoher Prioritt sind. Die Abschaffungder Todesstrafe im vergangenen Jahr sowieIhr Nationales Menschenrechtsprogrammwurden offiziell und international gefeiert.

    Auch haben Sie erklrt, dass es in Mexikokeine politischen Gefangenen gibt. Dochleider ist die Realitt eine andere: Und sofhren wir hier den Fall des Ehepaars Ja-cobo Silva Nogales (geb. 28. 11. 1958, z. Z.CEFERESO de la Palma)) und Gloria Aren-as Ags (geb. 16. 5. 1959, z. Z. CEREZO deChiconautla) an. Beide erlitten willkrliche

    Verhaftungen, erzwungenes Verschwindenlassen sowie Folterungen und wurden oh-ne ordentliches Gerichtsverfahren zu ber49 Jahren Haft verurteilt. Sie - und beson-ders der anhaltend gefolterte Jacobo Silvas

    - leben unter brutalsten Haftbedingungen.So wird z.B. kein Arzt und kein Anwalt zuihnen gelassen und dem Ehepaar die Kom-munikation miteinander verwehrt. Ange-sichts Ihrer eingangs erwhnten Erklrun-gen ist es uns unverstndlich, dass alleEmpfehlungen internationaler Organisa-tionen wie Amnesty International, demUNO-Hochkommissariat fr Menschen-rechte sowie der Weltorganisation gegenFolter (OMCT) , die diese Flle seit Jahrendokumentieren (so amnesty international,Library - Online documentation archive, AIIndex: AMR 41/008/2001 vom 7. 6. 2001;

    OMCT Caso Mex 050602.2) und an Ihre Re-gierung appellieren, in Mexiko nicht be-achtet werden. Anbetracht dieser Tatsachenersuchen wir mit Nachdruck, sollten ber-haupt nachvollziehbare Anklagepunkte

    Forderungen an diechilenische Regierung

    1. Die sofortige Freilassung der politischenGef@ngenen der MapuChe in den Ge-fngnissen von Traiguen, Angol und Con-cepcin2. Einen demokratischen Akt mit dem dasschamlose Gesetz - Ley antiterrorista18314 - aus der Verfassung entfernt wird3. die Respektierung der Rechte der ur-sprnglichen Vlker, die seit je im chile-nischen Staat existieren, durch gltige

    Verfassung4. die Zubilligung eines gerechten Prozes-ses fr die politischen Gef@ngenen derMapuChe und eine Revision der bereits

    verhngten Urteile5. das Ende der Verfolgung der klandesti-nen MapuChe und die Einstellung der ju-ristischen Flle6. das Ende jeder Art von Demtigung undRepression gegen die Gemeinschaften derMapuChe seitens der seitens der Polizei-krfte Chiles.7. die Ausweisung der Holzkonzerne undGrossgrundbesitzer aus dem Territorium

    der MapuChe, unter dem Aspekt, dass de-ren Volk als einziges das wahre Recht be-sitzt, die natrlichen Ressourcen und dasdas Gleichgewicht des kosystems ( dasschon schwer beschdigt ist ) zu verwal-tenWir sind ausserdem besorgt, um die Ge-

    sundheit der politischen Gef@ngenen derMapuChe, Patricia Troncoso, Patricio Ma-rileo Saravia, Jaime Marileo Saravia, JuanCarlos Huemelao Leinimil, Jos CariqueoSaravia und Juan Cilihuinca Ancaluan, in-haftiert in Angol, die am 13. Mrz in ei-nen unbefristeten Hungerstreik getreten

    sind und die auf zivile Weise fr das Volkder MapuChe kmpfen und dabei ihr Le-ben riskieren.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    12/16

    12

    vorhanden sein, um ein gerechtes, interna-tionalen Rechtsnormen entsprechendesund von Beobachtern internationaler Men-schenrechtsorganisationen begleitetes Ge-richtsverfahren. Den sofortigen Stopp derFolter sowie menschengerechte Haftbedin-gungen - vor allem auch fr Jacobo Silva!!- mit rztlicher Betreuung, Besuchsrecht frbeide - dies auch fr Anwlte und Men-schenrechtsorganisationen - und das Recht

    der Eheleute, einander zu sehen. Auchmuss Jacobo Silva wieder das Recht be-kommen, sich der Malerei zu widmen, unddie beschlagnahmten Bilder sind der Fami-lie zurckzugeben. Sollte - ohne Folter undErpressung! - keine ordentliche Anklagemglich sein, fordern wir die sofortige Frei-lassung von Jacobo Silva Nogales und Glo-ria Arenas Agis. Hochachtungsvoll,Spanischer Text des Schreibens aufhttp://mexiko-plattform.org/

    Information berdas Comit Cerezo,MexikoDas Comit Cerezo setzt sich fr politischeund Gewissensgefangene in Mexiko ein. Esentstand als Antwort auf die Festnahme derBrder Alejandro, Hctor und Antonio Cere-zo Conteras und den Mitangeklagten Pablo

    Alvarado Flores und Sergio Galicia Max am13. August 2001. Ihnen wurde von Seiten dermexikanischen Staatsanwaltschaft vorge-worfen, Urheber der Sprengkrper gewesenzu sein, die am 8. August 2001 in einer Bank-filiale Banamex explodierten. Zu diesem An-schlag bekannte sich eine Guerillabewegung(Fuerzas Armadas Revolucionarias del Pue-blo). Als freiwillige und solidarische Arbeits-

    gruppe verffentlichte und verbreitete dasKomitee die Unregelmigkeiten des Fallesund forderte die Freilassung der Festgenom-menen. Bei der Festnahme wurden Antoniound Hector Cerezo Contreras von Seiten desmexikanischen Militrs und Polizeieinheitender Generalstaatsanwaltschaft gefoltert. Ge-setzlich vorgeschriebene Anforderungen wieein kriminologisch-klinisches Gutachten, umHftlinge in Hochsicherheitsgefngnissen zu

    verwahren, sind bis heute von Seiten des In-nenministeriums nicht vorgelegt worden.

    Um ihre politische Arbeit zur Verbreitungder Haftbedingungen von Gewissensgefan-genen, die Verletzung der Menschenrechte inden mexikanischen Gefngnissen und die

    Verteidigung der Inhaftierten zu finanzieren,hat das Comit Cerezo ein Cafe erffnet, indem neben politischen Aktivitten (Ver-sammlungen von Menschenrechtsorganisa-

    tionen) auch kulturelle Ereignisse stattfinden(Kino, Fotoausstellungen). Aufgrund ihrer Arbeit hat das Komitee

    stndige Todesdrohungen, politische Anfein-dungen, Verfolgung und illegale Beobach-

    tung erfahren. Angesichts der Gefhrdungs-situation haben die Mitglieder des Komiteesber die Mexikanische Liga fr Menschen-rechte (Liga Mexicana por la Defensa de losDerechos Humanos) bei der interamerikani-schen Menschenrechtskommission vorbeu-gende Manahmen angefordert, um die kr-perliche Unversehrtheit ihrer Mitglieder zugewhrleisten. Seit Januar 2002 hat die in-teramerikanische Menschenrechtskommissi-

    on den mexikanischen Staat aufgefordert zu-stzliche Vorsichtsmanahmen fr denSchutz der Mitglieder des Komitees zu im-plementieren.

    Des Weiteren hat das Komitee ber die Me-xikanische Liga fr Menschenrechte beimMexikoprojekt der peace brigades interna-tional nach internationaler Schutzbegleitungangefragt. Die Analyse der Gefhrdung derMitglieder des Komitees wurde als sehr ernstbewertet. Seit Februar 2002 begleitet pbi dasComit Cerezo. Begleitet werden vor allemEmiliana Cerezo Conteras auf ihren Besuchenin den Hochsicherheitsgefngnissen und

    Francisco Cerezo Contreras auf ffentlichenAuftritten und whrend seiner Arbeit in Me-xiko Stadt.

    Die Bedrohungen der Mitglieder des Komi-tees kann in einem allgemeinpolitischen Zu-sammenhang gesehen werden, in dem mexi-kanische MenschenrechtsverteidigerInnen

    verfolgt und ermordet werden. Der Mord ander Menschenrechtverteidigerin DignaOchoa vom 17. Oktober 2001 bleibt bis heu-te straflos. Sie hat in demselben Anwaltskol-lektiv gearbeitet, das auch die Gebrder Ce-rezo Contreras verteidigt.

    Die kontinuierliche Arbeit des Komitees,das Verffentlichen der Irregularitten desProzesses und die stndigen Kontakte auchzu internationalen Menschenrechtsorganisa-tionen (Amnesty International hat die Ge-brder Cerezos zu Gewissensgefangenen er-klrt) haben im Verlauf der Jahre dazu ge-fhrt, dass auf der Hand liegende falsche Vor-wrfe von der Staatsanwaltschaft zurckge-nommen werden mussten. Die Haftstrafenwurden gemindert und am 01.03.2006 Ale-

    jandro Cerezo Contreras von allen Anklage-punkten freigesprochen und aus der Haft ent-lassen. Er war in denselben Punkten wie sei-ne noch inhaftierten Brder und der Mitge-fangene Pablo Alvarado angeklagt.

    Um die internationale ffentlichkeit berdie Haftbedingungen in den mexikanischenHochsicherheitsgefngnissen zu informierenund internationale Untersttzung von Men-schenrechtsorganisationen, Organisationender Zivilgesellschaften und politischen Ent-scheidungstrgern zu mobilisieren, unter-nehmen Alejandro Cerezo Contreras undClaudia Donaji Jimenez Rodriguez, Mitglie-der des Komitees, eine ffentlichkeitsreisedurch mehrere Lnder Europas. Anfang April2006 waren sie schon in Deutschland und ha-

    ben aufgrund der Resonanz der Veranstal-tungen sich entschlossen nochmals nachDeutschland zurckzukommen. Diesen zwei-ten Teil der ffentlichkeitsarbeit wird Clau-dia Donaji Jimenez Rodriguez gestalten.

    Texas: Gericht rumt Hasan ShakurBerufung ein

    Todesurteilaufgeschoben

    Washington. Wie erst am Wochenende be-kannt wurde, hat ein Berufungsgericht frStrafsachen in Texas den Hinrichtungsbe-

    fehl gegen den 1998 wegen angeblichenDoppelmordes zum Tode verurteilten Ha-san Shakur aufgehoben. Der 29jhrige, dersich als Gefangener der New Afrikan BlackPanther Party (NABPP) angeschlossen hat-te, sollte Donnerstag abend hingerichtetwerden. Das texanische Gericht rumte demTodeskandidaten jetzt ausdrcklich dieMglichkeit ein, den Ausgang des anhn-gigen Berufungsverfahrens gegen sein To-desurteil abzuwarten.

    Shakur bestreitet die Tat und wirft den er-mittelnden Polizeibeamten vor, ihn zu ei-nem Gestndnis gezwungen zu haben.

    Jrgen Heiser, Junge Welt, 2.5.

    Kurz vor der drohenden Hinrichtung, am21.4., von Hasan Shakur, Minister derNABPP fr Menschenrechte, erklrte dieNew Afrikan Black Panther Party

    Wenn die herrschenden Eliten der USA ihrgewaltsames Vorgehen gegen andere Natio-nen zu rechtfertigen suchen, dann berufen siesich in der Regel auf die Meinung der Welt-gemeinschaft, die angeblich ihren Stand-punkt teile. Hinter der Meinung der Welt-gemeinschaft stecken aber nur die Regie-rungen anderer imperialistischer Lnder. DieMeinungen der wirklichen Weltgemein-schaft, die mehrheitlich aus den Vlkern derDritten Welt und der weltweiten Arbeiter-klasse besteht, und die Meinung der Mehr-heit der US-Bevlkerung spielt dabei keineRolle.

    Den Herrschenden geht es nur um ihre ei-genen Interessen und die Ausbeutung weiterTeile der Weltbevlkerung. Die in den USAund Europa ansssigen multinationalen Kon-zerne dienen als Zentren von Reichtum und

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    13/16

    13

    Macht ausschlielich diesen Interessen derherrschenden Eliten. Nicht anders ist es mitden brgerlichen Parteien und den Regie-rungen, die sie fest im Griff haben.Wenn es um die Todesstrafenpraxis geht,

    die irrationalste Form staatlicher Gewalt, ig-norieren die US-Eliten eigenartigerweise dieMeinung ihrer europischen Verbndeten,die diese Praxis nach und nach angeschaffthaben. Aus Europa werden die USA seit vie-

    len Jahren kritisiert, weil sie mit dieser bar-barischen Strafpraxis permanent internatio-nale Vertrge und Normen verletzen.

    Es kann nicht geleugnet werden, dass dieTodesstrafe vorwiegend und auf diskriminie-rende Weise gegen nichtweie Menschen an-gewendet wird. Sie erweist sich damit im Kernals rassistisch und auf die Verteidigung der

    Werte weier Vorherrschaft ausgerichtet.Diese Tatsache versuchen die Herrschendenin den USA hinter einer Fassade demokrati-scher und multikultureller Propaganda zu ka-schieren, mit der sie sich gegenber der Weltals Wahrer der Menschenrechte aufspielen.

    Aber ihre reale Praxis spricht eine deutliche-re Sprache als ihre schnen Worte. Am Internationalen Tag der Menschen-

    rechte, dem 10. Dezember 2005, hat die Eu-ropische Union eine Erklrung verffent-licht, in der die US-Regierung aufgefordertwird, die Todesstrafenpraxis zu beenden.

    Wenn es den Herrschenden in den USA alsoangeblich um die Meinung der Weltge-meinschaft geht, die sich in diesem Fall ausEuropa klar gegen die Todesstrafe ausge-sprochen hat, muss man sich fragen, warumdie herrschende Klasse der USA trotzdem mitdieser Praxis fortfhrt. Eine Erklrung dafrist nur im Kontext der Politik der Rassen-trennung zu finden, die immer schon denKern der Staatspolitik und sozialen Kontrol-le in den USA ausgemacht hat.

    Die europischen Gesellschaften sind ge-genber dem institutionalisierten staatlichenTten der eigenen Brger besonders sensibi-lisiert wegen der noch nicht so weit zurck-liegenden Erfahrung mit dem deutschen Na-zi-Faschismus und der noch wachen Erinne-rung daran. Die u.a. gegen Juden, Sinti undRoma, Polen und Slawen gerichteten ethni-schen Suberungen vor und whrend desZweiten Weltkrieges und die erst wenige Jah-re zurckliegenden ethnischen Suberun-gen im frheren Jugoslawien wurden zwar

    von Weien an Weien begangen. Aber den-noch wurde der europische und euro-ame-rikanische Imperialismus vorwiegend auf derBasis von Vlkermord und der Versklavungindigener Vlker aus Afrika, den Amerikasund Asien errichtet. Der ungeheure Reichtum,der von den herrschenden Klassen der impe-rialistischen Lnder dabei akkumuliert wur-de, ist die Basis fr ihre heutige Macht undihre Fhigkeit, die Mehrheit der Weltbevl-kerung weiterhin ausbeuten und die unter-

    drckten Vlker und Nationen ihrer natrli-chen Ressourcen berauben zu knnen. Dabeihaben sie keine Skrupel, Menschen ohne An-sehen ihrer Hautfarbe und Herkunft imgroen Stile zu ermorden, wie die imperiali-

    stischen Kriege gezeigt haben.In Europa hat man die breit angelegte Ver-

    nichtung von Menschen durch die Nazis klarals Vlkermord eingestuft. In den Verei-nigten Staaten von Amerika aber, die unterBegehung eines brutalen Vlkermordes anden Ureinwohnern begrndet wurden, ist dasTten von dunkelhutigen Menschen, wie esunser Genosse, Imam Al-Amim (H. Rap Bro-wn) einst gesagt hat, ... so amerikanisch wie

    Kirschtorte!.[Der Ex-Black Panther] Dhroruba Bin Wa-had hat erst krzlich in seiner Kommentie-rung der Hinrichtung von Stanley Tookie

    Williams erklrt: Die Todesstrafe in den USAwurde immer schon als ein legales Instrumentrassistischen Terrors eingesetzt. Die Todes-strafe entstand aus der Praxis des Lynch-mordes und bernahm auch seine psycholo-gische Rolle zur Niederhaltung der schwarz-en Bevlkerung. Vergessen wir nicht, dass esber jeden gelynchten Schwarze hie, er seieines Verbrechens schuldig gewesen! ... Inden USA gibt es nicht eine einzige Rechts-

    vorschrift oder ein Verfassungsrecht fr Men-schen afrikanischer Herkunft, gegen das die

    Weien nicht ein Veto einlegen knnen. Da-zu gehrt auch das Recht auf Leben. Das Le-ben eines Schwarzen kann jederzeit durchPolizisten oder Staatsbeamte beendet wer-den, ohne dass es Folgen fr die Tter htte.

    In der Realitt hngt also ber jedem vonuns, der mit dunkler Hautfarbe zur Weltkommt, von Geburt an das Damoklesschwertder staatlich sanktionierten Todesstrafe. DieUnabhngigkeitserklrung der VereinigtenStaaten enthlt das Recht auf ein menschen-wrdiges Leben als unveruerliches Recht,aber die Sklaven mit dunkler Hautfarbe wa-ren nicht eingeschlossen in das Wir, das

    Volk, in dessen Namen die Grndungser-klrung verfasst wurde. Und daran hat sichbis heute nichts gendert. Deshalb sind wirweiterhin Ziel von Unterdrckung, Repressi-on und Vlkermord. Darum geht es der herr-schenden Klasse der USA, und deshalb km-mert sie die Meinung der Weltgemeinschaftin Bezug auf die Todesstrafe wenig.

    In Texas, dem US-Bundesstaat mit den mei-sten Hinrichtungen, wo am 22. Juni 2000 un-ser Genosse Shaka Sankofa (Gary Graham)legal ermordet wurde, ist der Hinrichtungs-termin fr Hasan Shakur, den Minister frMenschenrechte unserer Partei, auf den 27.

    April 2006 festgesetzt worden. Hasan Shakursetzt sich seit vielen Jahren unermdlichdafr ein, den zwei Millionen Unterdrckten,die ihr Leben in den US-Kerkern fristen ms-sen, eine Stimme zu geben. Und er ist vor al-lem ein Verfechter der Menschenrechte der3.500 Gefangenen, die dazu verurteilt wur-den, vom Staat legal ermordet zu werden.

    Hasan Shakur (Sklavenname: Derrick Fra-zier) trgt keine Schuld am Tod irgendeinesMenschen. Die Polizisten, die ihn verhafteten

    und ihm sein Recht auf den Beistand durcheinen Anwalt verwehrten und ihm einfalsches Gestndnis abpressten, wussten das.

    Auch der Richter, der zulie, dass dieses un-rechtmig zustande gekommene Beweis-

    mittel vor Gericht gegen Hasan Shakur ge-nutzt wurde, wusste das. Und das Beru-fungsgericht, von dem das nur so mglichgewordene Unrechtsurteil abgesegnet wurde,wusste das alles ebenfalls definitiv.

    Rassistischer Terror und die Tradition derVergeltung verlangen es, dass zwei Schwarzefr den Tod zweier Weier in Texas sterbenmssen, auch wenn zumindest einer der bei-den unschuldig ist. Das ist die Logik des Lyn-

    chens. Und das Lynchen ist so amerikanischwie Kirschtorte! Wir sind dazu verdammt,rechtlos zu leben, weil wir bereits schuldiggeboren wurden und von Beginn unseres Le-bens an dazu verurteilt sind, auf tausender-lei Weise marginalisiert und ausgebeutet zuwerden. Fr uns gibt es real keine garantier-ten Berufungs- oder Einspruchmglichkei-ten.

    Deshalb mssen wir Widerstand leisten undfr die Freiheit kmpfen - fr unseren Ge-nossen Hasan, fr alle Verdammten, fr unsselbst und die kommenden Generationen!

    Wir gren unseren Genossen Hasan Shakur!

    Alle Macht dem Volk!Kevin Rashid JohnsonMinister fr Selbstverteidigung

    New Afrikan Black Panther Party / PrisonChapterP.O. Box 4362USA-ALLENTOWN, PA 18105bersetzung: Jrgen Heiser

    USA mssen dem UN-Komitee gegen FolterRede und Antwort stehenIn der ersten Maiwoche mussten Vertreter derUS-Regierung vor dem UN-Komitee gegenFolter aussagen. Das Komitee hatte der Re-gierung 59 Fragen, von denen sich 53 auf denKrieg gegen den Terror beziehen. U.a. wur-den die US-Vertreter, darunter Barry F. Lo-wenkron, Staatssekretr in der Abteilung frDemokratie, Menschenrechte und Arbeitim US-Auenministerium, vom Komitee auf-gefordert, eine Liste aller geheimen Gefng-nisse und die Zahl der dort gefangen Gehal-tenen sowie deren Staatsangehrigkeit unddie Grnde fr ihre Gefangenschaft vorzule-gen. Die US-Vertreter wurden auch nach Ein-zelheiten der auergewhnlichen berstel-lungen von Gefangenen in Drittlnder - fak-tisch besteht kein Zweifel daran, dass diese

    von den USA hufig angewandte Praxis da-zu dient, die Opfer in anderen Lndern fol-tern zu lassen - befragt werden. Eine Spre-cherin der Menschenrechtsorganisation Hu-man Rights Watch sagte dazu: Was dies sobemerkenswert macht, ist, dass dies das ersteMal ist, dass die Vereinigten Staaten sich frihre Folterungen im Hinblick auf einige der

    seit dem 11.9. eingefhrten Praktiken ver-antworten mssen. Als Unterzeichner derUN-Konvention gegen Folter sind die USA

    verpflichtet, sich den Fragen des UN-Komi-tees zu stellen.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    14/16

    14

    In seiner Erffnungsrede tat Lowenkron so,als wren nicht bereits zahllose Zeugenaus-sagen und Dokumente an die ffentlichkeitgelangt, die die regelmige Folterung vonGefangenen durch die USA und in ihrem Auf-tragt belegten.Vor wenigen Tagen erst hatte amnesty in-

    ternational den USA in einem Bericht vorge-worfen, Gefangene in den USA selbst wie im

    Ausland Folter und anderen grausamen, un-

    menschlichen oder erniedrigenden Behand-lungen oder Bestrafungen zu unterwerfen.In US-Gefngnissen bten Polizeikrfte ex-zessive Gewalt aus, Hftlinge wrden mitElektroschocks gefoltert, es existierten Hoch-sicherheitstrakts mit inhumanen Lebensbe-dingungen. In den US-Gefangenenlagern in

    Afghanistan, Irak, auf Guantanamo und an-derswo gehrten Folter und Misshandlungenzur Tagesordnung. ai kritisierte, dass kein ein-ziger ranghoher Funktionstrger zur Re-chenschaft gezogen sei. Stattdessen versucheman, den Begriff der Folter einzuengen. DieUS-Brgerrechtsorganisation American Li-

    berties Civil Union (ACLU) legte ebenfalls er-neut zahlreiche Dokumente vor, die die Or-ganisation aufgrund von Anfragen im Rah-men des US-Informationsfreiheitsgesetzeserhalten hatte. Diese belegen zweifellos, dassdie Folterung von Gefangenen seitens derUS-Behrden nicht nur geduldet, sondern

    vielmehr direkt gefordert worden ist.Auch wenn das UN-Komitee angesichts der

    erdrckenden Beweislast zu dem Schlusskommt, dass die USA fr die Folterung vonGefangenen verantwortlich ist, kann es kei-ne Sanktionen verhngen.Quelle: www.freace.de, Standard, 5.5.

    Mit einer Urgent Action dokumentiert am-nesty international einen Fall von FolterUA-Nr: UA-084/2006

    AI-Index: AMR 51/067/2006Datum: 11.04.2006

    USA: Jumah Al-Dossari

    Der im US-Gefangenenlager GuantnamoBay auf Kuba inhaftierte bahrainischeStaatsbrger Jumah Al-Dossari hat im Mrz

    2006 versucht, sich das Leben zu nehmen.Seit seiner Inhaftierung im Januar 2001 soller bereits mehrere Selbstmordversuche un-ternommen haben. Seinen Angaben zufol-ge ist er in der Haft gefoltert worden. DieUS-Behrden verweigern den Rechtsan-wlten jegliche Informationen ber denderzeitigen Gesundheitszustand von Ju-mah Al-Dossari.

    Rechtsanwlte anderer Gefangener, dieihre Mandanten im Mrz dieses Jahres be-suchen konnten, erfuhren, dass Jumah Al-Dossari vor kurzem einen Suizidversuchunternommen hatte, indem er versucht hat-

    te, sich die Kehle durchzuschneiden. Dieswar mglicherweise sein zwlfter Selbst-mordversuch. Unterlagen der Behrden ausGuantnamo, die seit kurzem nicht mehrder Geheimhaltung unterstehen, enthalten

    ebenfalls einen Vermerk ber den Selbst-mordversuch. Die Anwlte des Gefangenenhaben um Informationen ber ihren Man-danten ersucht, konnten aber bislang nichtsber seinen Gesundheitszustand in Erfah-rung bringen.

    Robert Durand, ein Kommandant der US-Marine und Sprecher der US-Behrden inGuantnamo Bay, erklrte gegenber Jour-nalisten Anfang dieses Monats, es habe am11. Mrz 2006 einen Selbstmordversuch indem Gefangenenlager gegeben und der Ge-fangene, dessen Namen er nicht nannte, be-finde sich in einem klinisch stabilen Zu-stand. Der Sprecher wies auerdem daraufhin, dass ein einzelner Gefangener, bei demes sich um Jumah Al-Dossari handeln soll,zwlf der insgesamt 39 Selbstmordversu-che in Guantnamo verbt habe.

    Jumah Al-Dossari war Ende 2001 in Pa-

    kistan festgenommen und mehrere Wochenlang von den pakistanischen Behrden inGewahrsam gehalten worden. Vertreter derUS-Behrden flogen ihn dann zum US-Luftwaffensttzpunkt im afghanischenKandahar und berfhrten ihn von dortnach Guantnamo Bay. Jumah Al-Dossariist seinen Angaben zufolge in der Haft ge-foltert worden, unter anderem mit Schl-gen, Morddrohungen, langer Einzelhaft,extremer Klte und sexuellen bergriffen.

    In einer im Juli 2005 verfassten Stellun-gnahme von Jumah Al-Dossari, die amne-sty international vorliegt, schrieb er: ...

    diese furchtbaren Folterungen und diesewiderwrtigen Angriffe, die eine Erniedri-gung waren und die ein Schandfleck derGeschichte bleiben; immer wenn ich daranzurckdenke, frage ich mich, wie mein wei-

    ches Herz dies aushalten, wie mein Krperden Schmerz der Folter ertragen und wiemeine Psyche diesen Druck aushaltenkonnten. Wie sehr wnsche ich mir, dassich diese Erinnerungen und Gedanken aus-lschen knnte. Die vollstndige Stellun-gnahme finden Sie auf Englisch unterhttp://web.amnesty.org/library/Index/EN-GAMR511072005.Am 15. Oktober 2005 versuchte Jumah

    Al-Dossari, sich whrend eines Gesprchsmit seinem Rechtsanwalt nach dem Toilet-tengang zu erhngen. Im November 2005erklrte er dann gegenber seinem Anwalt,er wolle sich das Leben nehmen, um der

    Welt zu zeigen, dass die Haftbedingungenin Guantnamo Bay nicht zu ertragen sind.Er sagte auerdem, dass er seinen Selbst-mord in der ffentlichkeit begehen wollte,um zu verhindern, dass die Militrbehr-

    den die Tat verschleiern konnten und seinTod nicht anonym bliebe. Durch den Selbst-mordversuch erlitt er einen Rckenwirbel-bruch und musste mit 14 Stichen am rech-ten Arm genht werden.

    Hintergrundinformationen

    Die ersten Gefangenen wurden im Januar2002 auf den US-Marinesttzpunkt Gu-antnamo Bay verlegt. Derzeit sind dortrund 490 Mnner aus etwa 35 Lndernrechtswidrig inhaftiert. Berichte der Gefan-genen und ihrer Rechtsanwlte deuten dar-auf hin, dass die Inhaftierten in Guantna-

    mo und anderen Hafteinrichtungen der US-Behrden gefoltert werden. Viele der Ge-fangenen haben versucht, sich das Lebenzu nehmen.

    Am 26. April fand in New ork City eine der grten Antikriegsdemonstrationen der letz-ten Jahre statt. Nach unterschiedlichen Angaben demonstrierten zwischen 300.000 und

    350.000 Menschen fr den sofortigen Abzug der US-Truppen aus Irak und gegen einendrohenden Angriff auf Iran. Unter den Teilnehmern waren auffallend viele Gewerk-schaftsmitglieder und Veteranen des Irak-Krieges. Die Demonstration soll den Auftakteiner groen Kampagne werden. Einige Gruppen wie hier im Bild wandten sich einfalls-reich gegen die Folter auf Guantanamo und in anderen Gefngnissen und Lagern derUSA.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #311

    15/16

    15

    Trkei

    Weitere Gefangenebeginnen das Todes-fastenWir dokumentieren die Erklrung einerGruppe von Gefangenen, die mit dem To-

    desfasten gegen F-Typ-Gefngnisse undIsolationshaft begonnen haben.

    Die Fahne des Widerstandes, die wir vonunserer Genossin Fatma Koyupinar ber-nommen haben, wird ab dem 1. Mai 2006unsere 13. Gruppe tragen!Wir werden bis zum Sieg Widerstand leis-ten!Unser Volk! Als freie Gefangenen haben wir,als wir uns auf den Weg begaben, alle ein

    Versprechen abgegeben: Wir haben einenSchwur geleistet, dass wir bis zu unseremletzten Atemzug fr die Befreiung unseres

    Volkes kmpfen werden und dass wir bis zuunserem letzten Atemzug der Revolution unddem Sozialismus verbunden sein werden. Mitden F-Typ-Gefngnissen und der Isolationhaben sie versucht, uns davon abzubringen,fr die Unabhngigkeit, die Demokratie undden Sozialismus einzustehen. Wir habennicht akzeptiert. Um uns gefangen zu neh-men, damit wir von unseren Gedanken ab-lassen, haben sie Massaker begangen. Wir ha-ben nicht von unseren Gedanken abgelassen.

    Wir setzen unseren Widerstand gegen die F-Typ Gefngnisse und gegen die Isolation im6. Jahr fort.

    Bis zum heutigen Tag haben zwlf Todes-fastengruppen die Fahne unseres Widerstan-des getragen. Unsere gefangenen Genossin-nen und Genossen waren immer Freiwillige,die wie Kriegerinnen und Krieger, die das Sy-stem der Unterdrckung angreifen, die Fah-ne des Widerstandes an den vordersten Stel-lungen trugen. Unsere letzte Gruppe war bis-her die 12. (Fidan Kalsen) Todesfastengrup-pe. Unsere drei Genossinnen und GenossenFarul Kadioglu, Serdar Demirel und FatmaKoyupinar sind nacheinander gefallen. Undals die 3. Widerstandskmpferin der 12. To-desfastengruppe, Fatma Koyupinar, in dieUnsterblichkeit verabschiedet wurde, hat die13. Todesfastengruppe die Fahne des Wider-standes bernommen. Whrend in unseremLand und auf der Welt die roten Fahnen am1. Mai 2006 wehen, werden sich drei revolu-tionre Gefangene in ihren Zellen die rotenStirnbnder anlegen.

    Folgende gefangenen Genossinnen undGenossen werden innerhalb der 13. Todesfa-stengruppe das Todesfasten beginnen:Kamil Karatas: F-Typ Gefngnis von Sincan;Sevgi Saymaz: Gefngnis von Usak; MustafaTosun: F-Typ Gefngnis vin Tekirdag Nr. 2

    Unsere 13. Todesfastengruppe trgt denNamen Cengiz Soydas Todesfastengruppe.Cengiz Soydas ist unser erster Gefallener inden F-Typ Gefngnissen. Er fiel am 21. Mrz2001 in den Zellen des F-Typ Gefngnisses

    von Sincan. () Bis jetzt haben wir 122 Ge-fallene. Niemand soll daran zweifeln, die Op-fer, die wir gebracht haben, sind der Werte,fr die wir einstehen, wrdig. Um mit unse-rer Wrde und unseren Gedanken leben zuknnen, um unsere Gedanken hinsichtlichder Unabhngigkeit, der Demokratie und desSozialismus verwirklichen zu knnen, sindwir bereit, jedes Opfer zu bringen.

    Die Isolation ist ein Teil der Politik des Im-

    perialismus und seiner Handlanger, die Vl-ker der Erde gefangen zu nehmen und dieHoffnung der Revolution und den Traum vomSozialismus von der Erdoberflche zu ver-bannen. Wir werden das nicht zulassen. Wirwerden weiterhin unsere Krper als Barrika-den dafr einsetzen, dass die Vlker der Er-de nicht gefangengenommen werden knnenund dass die Hoffnung der Revolution undder Traum vom Sozialismus nicht vernichtetwerden knnen.

    Unser Widerstand gegen die Isolation dau-ert in den Zellen und drauen an. Er wird biszum Sieg andauern.

    Die Isolation wird beendet werden!Es wrde unser grtes Glck sein und uns

    mehr Kraft in diesem Kampf geben, wrdenwir unser Volk, unsere Genossinnen und Ge-nossen, unsere Freundinnen und Freunde indiesem wrdevollen Kampf an unserer Seitesehen. ( )30. April 2006DHKP-C-Gefangenenorganisierung

    Bahar Kimyongr in denNiederlanden verhaftetKurz vor dem Berufungsprozess in Brggewurde Bahar Kimyongr, Sprecher des Brs-seler DHKC-Informationsbros, von der nie-derlndischen Polizei verhaftet. Whrendsich die weiteren Angeklagten Musa Asao-glu,