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Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zusammen mit den Landschaftspflegeverbänden Traunstein und Biosphärenregion Berchtesgadener Land e. V. und dem Landkreis Berchtesgadener Land Text: Markus Höper und Projektgruppe NaturVielfaltBayern / PAN GmbH, www.pan-gmbh.com Fotos: Markus Höper, Landschaftspflegeverband Traunstein e.V., Christiane Mayr Titelbild: Markus Höper (Sumpf-Gladiole) Layout: Nicole Sillner, almagrafica.de Kartengrundlage: © 2008 ESRI, Quelle: USGS-EROS, NASA, NGA, ESRI www.natur.bayern.de, www.bayernnetznatur.de Stand: Juli 2017 Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier Projektträger Landschaftspflegeverband Traunstein e.V. Landkreis Berchtesgadener Land Landschaftspflegeverband Biosphärenregion Berchtesgadener Land e. V. Projektbeteiligte Regierung von Oberbayern, höhere Naturschutzbehörde Landratsämter Traunstein und Berchtesgadener Land, untere Naturschutzbehörden Bayerische Staatsforsten, Forstbetriebe Ruhpolding und Berchtesgaden Wasserwirtschaftsamt Traunstein BUND Naturschutz in Bayern e. V. Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. Landwirte und Grundstückseigentümer Gemeinden im Projektgebiet Projektförderer Haben Sie Fragen? Über Ihr Interesse freuen sich: Landratsamt Traunstein, Tel. 0861 58-327 Landratsamt Berchtesgadener Land, Tel. 08651 773-854 Landschaftspflegeverband Traunstein e. V., Tel. 0861 58-539 Landschaftspflegeverband Biosphärenregion Berchtesgadener Land e. V., Tel. 08654 1299-133 Gefährdung – eine Ursachenforschung Die Gefährdung von Quellmooren und Streuwiesen hat viele Gründe: Auf der einen Seite steht die Nutzungsintensivie- rung in der Land- wirtschaft. Häufige Ursache ist der Nährstoffeintrag aus benachbarten Flächen, die einen Vegetationsumbau in nährstoffrei- chere Wiesengesellschaften oder Hochstaudenfluren befördern. Auf der anderen Seite steht die Nutzungsaufgabe, weil die Streumahd sehr aufwendig ist. Infolge der Verbrachung kommt es zur Ausbreitung von konkurrenzkräf- tigen Arten auf Kosten der Blüten- pflanzen. Langjährige Brachen sind an einer starken Bultbildung erkennbar, da die Horste, z.B. von Davalls Segge oder Pfeifengras, ungehindert aufwachsen. Pflanzen- reste, die auf der Fläche verbleiben, verfilzen die Vegetation und führen gar zu einer Nährstoffan- reicherung. Und bei Brachflächen droht schließlich die Gefahr, dass sie eines Tages verbuschen. Auf geht‘s, pack ma‘s o! Viele Quellmoore müssen als Erst- maßnahme zunächst von Gehölzen freigestellt werden, bevor über- haupt wieder eine regelmäßige Streuwiesenmahd durchgeführt werden kann. Besonderes Augenmerk liegt auf dem nachhaltigen Zurückdrängen von Schilfbeständen, um den quellmoortypischen Arten wieder zu mehr Licht zu verhelfen. Bei der Streumahd ist Muskelkraft gefragt: Die Streuwiesen müssen oftmals in Handarbeit mit Motorsense oder Einachs-Motormäher gepflegt wer- den, da eine Bewirtschaftung von sehr nassen oder steilen Flächen sonst nicht möglich wäre. Auch die Streu muss stellenweise mit Hilfe einer Plane aus den sumpfigen Bereichen transportiert werden. Auf maschinell bewirtschaftbaren Flächen kommen bodenschonende Spezialmaschinen zum Einsatz, z.B. Mähraupen, die auf breiten Gummiketten fahren und Schäden an der Grasnarbe vermeiden. Derweil erlebt die Streu eine kleine Renaissance – wer hätte das gedacht? Nachdem die Nachfrage bisweilen äußerst gering war, ist sie heutzutage als Einstreumate- rial insbesondere bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben wieder ein stark nachgefragtes Produkt. Auch die Sommer-Wendelähre ist stark gefährdet. Mahd (rechts) und Abtransport des Mäh- gutes schaffen Raum für Quellmoor-Arten. BayernNetzNatur-Projekte Quellmoore zwischen Salzach und Traun Projekte zur Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie BayernNetzNatur Das Bayerische Umweltministerium hat 1986 das erste Projekt zur Umsetzung des Arten- und Biotopschutzpro- gramms (ABSP) und zur Realisierung eines landesweiten Biotopver- bunds gestartet. Es war die Geburtsstunde von BayernNetzNatur. Die „Schaffung eines landesweiten Biotopverbunds“ hat der Bayeri- sche Landtag 1998 im Bayerischen Naturschutzgesetz verankert. Den aktuellen politischen Handlungsrahmen für den Naturschutz in Bayern bilden die 2008 vom Bayerischen Ministerrat beschlossene Bayerische Biodiversitätsstrategie sowie das Biodiversitätspro- gramm Bayern 2030 – „Natur Vielfalt Bayern“ aus dem Jahr 2014. Aktuell gibt es rund 400 BayernNetzNatur-Projekte in ganz Bayern. Träger und Mitwirkende sind z. B. Kommunen, Umwelt- und Naturschutzver- bände, Stiftungen und Sponsoren, Grundstücksbesitzer, insbesondere der Land- und Forstwirtschaft, sowie unterschiedliche Fachbehörden. www.bayernnetznatur.de Regierung von Oberbayern

Gefährdung – eine Ursachenforschung · Apotheker Joseph Traunsteiner). Unscheinbar hingegen ist das gelb-grün blühende Sumpf-Glanzkraut. Doch nicht nur die Äußerlichkeiten

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Page 1: Gefährdung – eine Ursachenforschung · Apotheker Joseph Traunsteiner). Unscheinbar hingegen ist das gelb-grün blühende Sumpf-Glanzkraut. Doch nicht nur die Äußerlichkeiten

Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz zusammen mit den Landschaftspflegeverbänden Traunstein und Biosphärenregion Berchtesgadener Land e. V. und dem Landkreis Berchtesgadener Land

Text: Markus Höper und Projektgruppe NaturVielfaltBayern / PAN GmbH, www.pan-gmbh.com

Fotos: Markus Höper, Landschaftspflegeverband Traunstein e.V., Christiane Mayr

Titelbild: Markus Höper (Sumpf-Gladiole)

Layout: Nicole Sillner, almagrafica.de

Kartengrundlage: © 2008 ESRI, Quelle: USGS-EROS, NASA, NGA, ESRI

www.natur.bayern.de, www.bayernnetznatur.de

Stand: Juli 2017

Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier

Projektträger

� Landschaftspflegeverband Traunstein e.V.

� Landkreis Berchtesgadener Land

� Landschaftspflegeverband Biosphärenregion Berchtesgadener Land e. V.

Projektbeteiligte

� Regierung von Oberbayern, höhere Naturschutzbehörde

� Landratsämter Traunstein und Berchtesgadener Land, untere Naturschutzbehörden

� Bayerische Staatsforsten, Forstbetriebe Ruhpolding und Berchtesgaden

� Wasserwirtschaftsamt Traunstein

� BUND Naturschutz in Bayern e. V.

� Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V.

� Landwirte und Grundstückseigentümer

� Gemeinden im Projektgebiet

Projektförderer

Haben Sie Fragen? Über Ihr Interesse freuen sich:

� Landratsamt Traunstein, Tel. 0861 58-327

� Landratsamt Berchtesgadener Land, Tel. 08651 773-854

� Landschaftspflegeverband Traunstein e. V., Tel. 0861 58-539

� Landschaftspflegeverband Biosphärenregion Berchtesgadener Land e. V., Tel. 08654 1299-133

Gefährdung – eine Ursachenforschung

Die Gefährdung von Quellmooren und Streuwiesen hat viele Gründe: Auf der einen Seite steht die Nutzungsintensivie-rung in der Land-

wirtschaft. Häufige Ursache ist der Nährstoffeintrag aus benachbarten Flächen, die einen Vegetationsumbau in nährstoffrei-chere Wiesengesellschaften oder Hochstaudenfluren befördern.Auf der anderen Seite steht die Nutzungsaufgabe, weil die

Streumahd sehr aufwendig ist. Infolge der Verbrachung kommt es zur Ausbreitung von konkurrenzkräf-tigen Arten auf Kosten der Blüten- pflanzen. Langjährige Brachen sind an einer starken Bultbildung erkennbar, da die Horste, z.B. von Davalls Segge oder Pfeifengras, ungehindert aufwachsen. Pflanzen-reste, die auf der Fläche verbleiben, verfilzen die Vegetation und führen gar zu einer Nährstoffan-reicherung. Und bei Brachflächen droht schließlich die Gefahr, dass sie eines Tages verbuschen.

Auf geht‘s, pack ma‘s o!

Viele Quellmoore müssen als Erst- maßnahme zunächst von Gehölzen freigestellt werden, bevor über-haupt wieder eine regelmäßige Streuwiesenmahd durchgeführt werden kann. Besonderes Augenmerk liegt auf dem nachhaltigen Zurückdrängen von Schilfbeständen, um den quellmoortypischen Arten wieder zu mehr Licht zu verhelfen. Bei der Streumahd ist Muskelkraft gefragt: Die Streuwiesen müssen oftmals in Handarbeit mit Motorsense oder Einachs-Motormäher gepflegt wer-den, da eine Bewirtschaftung von sehr nassen oder steilen Flächen sonst nicht möglich wäre. Auch die Streu muss stellenweise mit Hilfe einer Plane aus den sumpfigen

Bereichen transportiert werden. Auf maschinell bewirtschaftbaren Flächen kommen bodenschonende Spezialmaschinen zum Einsatz, z.B. Mähraupen, die auf breiten Gummiketten fahren und Schäden an der Grasnarbe vermeiden. Derweil erlebt die Streu eine kleine Renaissance – wer hätte das gedacht? Nachdem die Nachfrage bisweilen äußerst gering war, ist sie heutzutage als Einstreumate-rial insbesondere bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben wieder ein stark nachgefragtes Produkt.

Auch die Sommer-Wendelähre ist stark gefährdet.

Mahd (rechts) und Abtransport des Mäh-gutes schaffen Raum für Quellmoor-Arten.

BayernNetzNatur-Projekte

Quellmoore zwischen Salzach und TraunProjekte zur Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie

BayernNetzNatur � Das Bayerische Umweltministerium hat 1986 das erste Projekt zur Umsetzung des Arten- und Biotopschutzpro-gramms (ABSP) und zur Realisierung eines landesweiten Biotopver-bunds gestartet. Es war die Geburtsstunde von BayernNetzNatur.

� Die „Schaffung eines landesweiten Biotopverbunds“ hat der Bayeri-sche Landtag 1998 im Bayerischen Naturschutzgesetz verankert.

� Den aktuellen politischen Handlungsrahmen für den Naturschutz in Bayern bilden die 2008 vom Bayerischen Ministerrat beschlossene Bayerische Biodiversitätsstrategie sowie das Biodiversitätspro-gramm Bayern 2030 – „Natur Vielfalt Bayern“ aus dem Jahr 2014.

� Aktuell gibt es rund 400 BayernNetzNatur-Projekte in ganz Bayern. Träger und Mitwirkende sind z. B. Kommunen, Umwelt- und Naturschutzver-bände, Stiftungen und Sponsoren, Grundstücksbesitzer, insbesondere der Land- und Forstwirtschaft, sowie unterschiedliche Fachbehörden.

www.bayernnetznatur.de

Regierung von Oberbayern

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Streuwiesen und Quellmoore – Juwelen der Natur im Alpenvorland

Zu den schönsten und gleichzeitig gefährdetsten Lebensräumen des bayerischen Voralpenlandes zählen die Streuwiesen und Quellmoore, die die bäuerliche Kulturlandschaft in der Region maßgeblich prägen. Das Surtal zwischen Surberg und Teisendorf oder das Gebiet von Berchtesgaden bis Oberau sind zwei Schwer-punkte in den BayernNetzNatur-Projekten „Quellmoore und Feucht-wiesen zwischen Ruhpolding und Ainring“ und „Hangquellmoore bei Oberau“. Durch ihre große Artenvielfalt sind Streuwiesen und Quellmoore nicht nur schön anzuschaun, sondern auch sehr wert-volle Lebensräume. Die Landschaftspflegeverbände Traunstein und Biosphärenregion Berchtesgadener Land sowie der Land-kreis Berchtesgadener Land kümmern sich federführend darum, die Streuwiesen und Quellmoore zu erhalten oder durch Pflegemaßnahmen wiederherzustellen. Unterstüt-zung erhalten sie von einer breiten Allianz aus Fachbehör-den, Verbänden, Flächeneigentümern, Landwirten und den Bayerischen Staatsforsten.

Blütenreiche Streuwiesen

Seit jeher mähten die Bauern des Alpenvorlandes nasse Moorwiesen, um das getrocknete Mähgut als Einstreu in ihren Ställen zu ver-wenden. Die Mahd erfolgt damals wie heute meist im Spätsommer oder Herbst. War es früher eine beschwerliche Handarbeit, kommen heute auf den weichen Böden auch Spezialmaschinen zum Einsatz. Durch die traditionelle Herbstmahd, den hohen Grundwasserstand und die Nährstoffarmut entwi-ckelte sich auf den Streuwiesen eine vielfältige Pflanzenwelt. Der Blütenaspekt ist nicht immer

gleich, sondern wechselt im Laufe des Jahres: Im Frühjahr bilden Enziane und Mehlprimeln farben-prächtige rosa und blaue Tupfer, im Sommer sind es die schneewei-ßen Haarbüschel der Wollgräser oder das Blau der Schwertlilien, die sofort ins Auge fallen.Dass dies so bleibt, ist keine Selbst-verständlichkeit, sondern von der regelmäßigen Streumahd abhängig. Denn dort, wo die Streumahd aufgegeben wird, breiten sich Schilf und Gehölze aus; die Pflanzenvielfalt und ihre tierischen Nutznießer verschwinden nach und nach.

Blütenreiche Streuwiese am Höglwörther See.

Das Projektgebiet

Kalkquellmoor bei Diesenbach im Surtal

Kulisse der BayernNetzNatur-Projekte

„Quellmoore und Feuchtwiesen zwischen Ruhpolding und Ainring“ und

„Hangquellmoore bei Oberau“

Seltene Pflanzen ...

Die Blütenpflanzen der Moorwie-sen sind nicht nur sehr vielfältig. Möglicherweise übt die hohe Zahl an Orchideen- und Enzianarten in diesem Biotoptyp auf viele Naturinteressierte eine besondere Anziehungskraft aus. Sehr auffäl-lige Arten sind beispielsweise die Sumpf-Stendelwurz oder das Traun-steiners Knabenkraut (Pate stand nicht – wie man annehmen könnte – der Landkreis, sondern der Tiroler Apotheker Joseph Traunsteiner). Unscheinbar hingegen ist das gelb-grün blühende Sumpf-Glanzkraut. Doch nicht nur die Äußerlichkeiten

spielen eine Rolle: Das Sumpf- Glanzkraut etwa ist im Anhang II der EU-Richtlinie Fauna-Flora- Habitat (kurz: FFH) gelistet. Die dort aufgeführten Tiere und Pflanzen sind für den Naturschutz in Europa von großer Bedeu-tung und streng geschützt. Moore sind aber auch gefährliche Orte – vor allem für Insekten! Fleischfressende Pflanzen wie die Fettkräuter oder der langblättrige Sonnentau decken ihren Nährstoff-bedarf, indem sie arglose Fliegen mit Hilfe von Klebedrüsen erbeuten.

... und Tiere der Moore

Bilder oben: Sumpf-Stendelwurz, Langblättriger Sonnentau und Sumpf-Glanzkraut. Unten im Bild: Schwertlilien-Wiese

Faszinierende Quellmoore

Quellmoore sind oftmals moos-reich, im Bewuchs jedoch anderen Moortypen sehr ähnlich. Im Unter-schied dazu sprudelt oder sickert bei Quellmooren Grundwasser an die Oberfläche. Hat das Quellwasser einen hohen Kalkgehalt, entstehen unter anderem mit Hilfe bestimmter Moosarten natürliche Tuffbildun-gen (Versinterung). In Hanglagen

kann sich mitunter eine große Strukturvielfalt mit Rinnen, Treppen und Quellbecken entwickeln. Die verbliebenen Kalkquellmoore sind wertvoller Lebens- und Rück-zugsraum einiger stark bedrohter Pflanzen- und Tierarten. Dazu gehö-ren auch Libellen wie die Gestreife Quelljungfer, der Kleine Blaupfeil oder die zierliche Helm-Azurjungfer.

Moore sind angesichts der widrigen Lebensbedingungen ein Hort für Spezialisten. Der Skabiosen-Sche-ckenfalter etwa stellt eine Heraus-forderung für die Streuwiesenpflege dar: Die Raupe des Schmetterlings überwintert in einem Gespinst, das im Herbst in der Vegetation angelegt wird. Um durch die Streumahd nicht alle Gespinste zu zerstören, werden Wiesen mit Vorkommen der Art nicht vollständig gemäht; der Bracheanteil wechselt dabei jährlich, um die Streuwiese zu erhalten.

Skabiosen- Scheckenfalter