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Gegenwartsprobleme der Soziologie. Alfred Vierkandt zum 80 by Gottfried Eisermann Review by: Antonio Montaner FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 12, H. 3 (1950/51), pp. 575-578 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40908686 . Accessed: 15/06/2014 14:07 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.77.82 on Sun, 15 Jun 2014 14:07:00 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Gegenwartsprobleme der Soziologie. Alfred Vierkandt zum 80by Gottfried Eisermann

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Gegenwartsprobleme der Soziologie. Alfred Vierkandt zum 80 by Gottfried EisermannReview by: Antonio MontanerFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 12, H. 3 (1950/51), pp. 575-578Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40908686 .

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Literatur 575

zuwünschen. Derlei Ergänzungen hätten eine erhebliche Vergrößerung des Werks zur Voraussetzung. Im Rahmen eines knappen statistischen Anhangs werden auf einer Seite einige Banken des Auslands genannt (mit Zahlenangaben für jedes Institut, wie sie für die deutschen Banken fehlen). Für England sind nur drei der Big Five aufgeführt. Ein Ausbau des Auslandanhanges dürfte sich empfehlen und würde sich bei sparsamerer Druckanordnung in den Hauptteilen unschwer ermöglichen lassen. Der Wunsch nach einem dreibändigen Werk: Deutsches Bankierbuch; Deutsche Kreditgesetze; Ausland (hier mit wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen im Auszug) drängt sich auf, aber er ist gewiß unbe- scheiden.

Neue Beiträge zur Wirtschaftstheorie. Festschrift anläßlich des 70. Geburtstages von Hans Mayer.... herausgeg. von Alexander Mahr. Wien, Springer, 1949. VI und 445 S.

Hero Moelle r.

Für viele von uns wird dies Tripel-Heft der Zeitschrift für Nationalökonomie (12. 2 - 4) das erste sein, was wir von dem neu erstandenen Wiener Fachorgan zu Gesicht zubekommen uns freuen. Es war zu erwarten, daß (wie tatsächlich im Vorwort des Herausgebers selbst) der Vergleich mit dem vor fast 20 Jahren im selben Verlag erschienenen großen Gedächtniswerk Hans Mayers für seinen Lehrer Friedrich v. Wieser ,,Die Wirtschaftstheorie der Gegen- wart" gezogen werden würde, das bis auf den heutigen Tag ein Denkmal inter- nationaler Gemeinschaftsarbeit vom Vorabend der großen Zerstörung dieser Arbeit geblieben ist. Aber an einem solchen Vergleich ermißt man so recht die Größe dieser Zerstörung. Sie ist ja bis auf den heutigen Tag besonders für die deutschsprachige Wissenschaft eine äußere, verkehrsmäßige ebenso wie eine innere, geistige. So hat sich weder Luigi Einaudi, unter dessen „Auspi- zien" das Sammelwerk geplant wurde, noch von Amerika aus Gottfried Haberler, aber mit ihm auch die Mehrzahl der österreichischen Emigranten von 1938, rechtzeitig beteiligen können. Und wohl darum sind die Beiträge von größerer Ursprünglichkeit einigermaßen dünn gesät. Viel längst Bekanntes oder Entlehntes wird vorgetragen. Höchstens ist bemerkenswert, wie stark alle theo- retischen Autoren die antiklassische Bedeutung von HansMayers Lebens- werk betonen. Und Josef Dobretsberger, der heute einflußreichste österreichische Nationalökonom, sagt geradezu, die moderne Soziologie ,,gibt in vielen Punkten der gegenständlichen Einstellung Schmollers mehr Recht als den theoretischen Konstruktionen M e n g e r s. Allerdings haben sich in- zwischen die Tatsachen so weit vom Typus der freien Konkurrenzwirtschaft ent- fernt, daß die historische Relativität der liberalistischen Theorie offensichtlich ist" (S. 89). Man gestatte mir, außer den beiden statistischen Arbeiten von Felix Klezl-Norberg (mit der Formulierung einer allgemeinen psycho- physischen Gesetzmäßigkeit analog dem Ertragsgesetz S. 405) und Wilhelm W i η k 1 e r (über das Pareto- Gesetz) hier nur die beiden Beiträge von U g ο Ρ a ρ i und JeanMarchal herauszuheben. Der erste verfolgt seine früheren Untersuchungen über Kosten- und Preisplanung des Unternehmers weiter; der zweite, Verfasser des neuesten französischen Lehrbuchs (Cours d'Economie Politique 1950) und jetzt Hauptherausgeber der neuen Revue Economique (Paris, Colin), stützt eine neue Theorie der Preisindetermination auf die Zweiheit des „Homme de Descartes" und des ,, Homme de Pavlov".

Gegenwartsprobleme der Soziologie. Alfred Vierkandt zum 80. Ge- burtstag. Hrsg. von Gottfried Eisermann. Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Potsdam 1949, 285 S.

Carl Brinkmann.

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576 Literatur

Die Alfred Vierkandt aus Anlaß seines 80. Geburtstags von Fach- genossen, Freunden und Schülern vorgelegte Festschrift gibt einen eindrucks- vollen Querschnitt durch Stand und Probleme der modernen Soziologie und ih- rer Nachbarwissenschaften, der für den tiefen und nachhaltigen Einfluß des Jubi- lars auf das Gesamtgebiet der Gesellschaftslehre beredtes Zeugnis ablegt. Die Beiträge, die in der Fülle ihrer mannigfaltigen Fragestellungen und Erkenntnis- methoden hier kaum mehr als bloße Erwähnung finden können, umreißen das gesamte Lebenswerk Vierkandts, der (mit Max Scheler und anderen Phänomenologen) zu den Vorkämpfern gegen einseitige Betonung des Ratio- nalismus nicht nur innerhalb der Soziologie gehört.

Das Geleitwort Gottfried Eisermanns ist der Persönlichkeit und dem Werk Vierkandts gewidmet und vermittelt die wichtigsten Kennt- nisse seines Lebensweges. - Der Beitrag „Umgrenzung der Aufgabe einer an- thropologisch-soziologischen Ethik" von Leopold vonWieseist das un- verändert übernommene Einleitungskapitel des zweiten Bandes seiner ,, Ethik in der Schauweise der Wissenschaften vom Menschen und von der Gesellschaft" (A. Francke, Bern 1948). VonWiese unternimmt den Versuch, das dem Men- schen im öffentlichen und privaten Leben auferlegte Sollen zu erklären und in seinen Zusammenhängen zu prüfen und zu beurteilen, wofür ebenso die Ideal- gestalt der abstrakten Forderung zu berücksichtigen ist wie die Lage, in der sich die Menschen befinden. Er bekennt sich zu dem Ziel, „durch Ethos Verminde- rung des Leids in der Welt zu erreichen" mit der objektiven Aufgabe, durch Vergleich der ethischen Anforderungen mit gegebenen Situationen Klärungen herbeizuführen. - Die von AlfredMeusel beigesteuerte Abhandlung „Die große englische Revolution - Vom Ende des ersten bis zum Ausbruch des zwei- ten Bürgerkrieges" bildet ein Teilergebnis von Vorlesungen, die der Verfasser 1943 an der „Freien Deutschen Hochschule in Großbritannien" gehalten hat. Den Ausgangspunkt stellen die Auseinandersetzungen zwischen Krone und Par- lament im ersten englischen Bürgerkrieg (1642 - 1646) dar, die mit dem Sieg des Parlaments endeten. Das Cromwell und seine Anhänger und Gegner ver- flechtende Rankenwerk historischer Kräfte wird anschaulich und mit abgewoge- nem Urteil vor den Augen des soziologisch Interessierten ausgebreitet und auf seinen gesellschaftlichen Inhalt untersucht, woraus zugleich manche Einsichten in die ökonomischen Zeitverhältnisse Englands gewonnen werden. - Das Thema von AlexanderRüstow „Vereinzelung - Tendenzen und Reflexe" führt mitten hinein in die Fragestellungen von Vierkandts Gesellschaftslehre. Im I. Abschnitt („Vereinzelung als Absicht") behandelt R ü s t o w den Kampf der Erlösungsreligionen gegen die natürlichen sozialstrukturellen Bindungen mit dem Ziel, sich durch diese Isolierung des Menschen ein „Integrationsmonopol" zu sichern. (Hier - etwa an der Stelle, wo R ü s t o w auf KarlVosslers „Spanische Einsamkeitslyrik" hinweist - wäre eine Stellungnahme zum Fak- tum der „Antisoziabilität" bei Ortegay Gasset recht wertvoll gewesen.) Während in der ersten Phase dieser Entwicklung die Religion nur mit größten Anstrengungen die gesellschaftlichen Bindungen des Menschen auflösen konnte, setzt, wie im II. Abschnitt („Vereinzelung als Verhängnis") gezeigt wird, all- mählich durch die fortschreitende Zersetzung des Sozialgefüges eine Repulsions- wirkung ein, die den Menschen von sich aus in die Vereinzelung treibt. R ü - stow untersucht die geistigen Reflexe dieses Prozesses, die das Ergebnis des Zusammenwirkens tiefgreifender Wandlungen der Geistes- und Gesellschafts-, der Staats- und Wirtschaftsstruktur darstellen. Der Verfasser kommt angesichts der geschichtlichen Bedingtheit aller Vereinzelungserscheinungen zu dem Schluß, daß eine an die Wurzeln gehende soziologische Kulturkritik (wie sie hier etwa an Existentialismus und Surrealismus geübt wird) nur durch historische Kausal- analyse möglich ist. - In seinem Beitrag „Bausteine zur Kultursoziologie" nimmt Erich Rothacker eine kritische Sammlung der bedeutendsten literarischen Quellen soziologischer Kulturanalyse vor. - David Baum- gar d t s Abhandlung „Über den , verloren geglaubten' Anhang zu Karl Marxens Doktordissertation" möchte den (ebenso wie das vierte und fünfte Kapitel) feh-

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Literatur 577

lenden Anhang von Karl Marx' Doktorarbeit über die Differenz der demo- kritischen und epikureischen Naturphilosophie im Anschluß an D. Bjaza· nows Vorwort zur historisch-kritischen Gesamtausgabe von Marx und Ε η - gels (1927) aus noch vorhandenen Unterlagen rekonstruieren. - Der Aufsatz „Werte als Werkzeuge soziologischer Analyse" von Howard P. Becker geht aus von der Rolle, die Werte im menschlichen Verhalten spielen. Die ver- schiedenen Wege, auf welchen der Mensch dazu gelangt, ,,zu handeln wie ein menschliches Wesen", werden idealtypisch in fünf Stufen kurz dargestellt und in ein „Schema menschlicher Lebensvorgänge" gebracht. - Theodor Gei- gers „Kritische Bemerkungen zum Begriffe der Ideologie" bezwecken, das Wort Ideologie durch eindeutige Begriffsbestimmung wieder zu einem echten wissenschaftlichen Ausdruckswerkzeug zu machen. Übereinstimmung herrscht insoweit, als man unter Ideologie Gedankenreihen versteht, die der Wirklichkeit nicht entsprechen. Kritischen Sinn hat der Ideologiebegriff nur dann, wenn die objektive Erkenntniswirklichkeit (d. h. die Gesamtheit der räum- zeitlichen Er- scheinungen) als Maßstab angelegt wird. Nur im Hinblick auf die „Theorie" (als verifizierbare Wirklichkeitsaussage) kann „Ideologie" (als Begriff der Er- kenntniskritik) falsches Denken sein. Im Anschluß an die genetische Erklärung der Werturteile führt Geiger jede Ideologie auf die Theoretisierung und Ob- jektivierung eines primären Gefühlsverhältnisses zurück, das zwischen dem Spre- chenden und einem Objekt besteht, und beleuchtet einige Aspekte und Konse- quenzen dieser These, wobei er sich insbesondere mit Karl Mannheim kritisch auseinandersetzt. - RichardMüller-Freienfels lieferte als Festbeitrag eine „Soziologie des Lachens und des Lächelns". - Die Abhand- lung „Die Familie der Wildbeuter und der Frühzeit" von RichardThurn- wald repräsentiert eine gründliche ethnologisch-soziologische Untersuchung ge- wisser Familienformen im Hinblick auf die verschiedenen Funktionen des Ge- sellungslebens, d. h. in ihrer Verflochtenheit mit der Nahrungsgewinnung, mit der Gestaltung der politischen Einheit gemäß Siedlung und Zusammenschluß zur Verteilung, mit den Fertigkeiten gewisse Werkzeuge, Vorrichtungen, Waffen usw. zu gebrauchen und gezähmte Tiere zu nutzen. Die Formung der Familie wird dabei bestimmt durch die biologische Gegebenheit und durch die Gesel- lungsart, das kulturelle Funktionsgewebe, in das diese Gegebenheit verfangen ist. - Gottfried Eisermann hat sich nicht nur um die Herausgabe der Festschrift verdient gemacht, sondern in einem aufschlußreichen Beitrag „Die soziologischen Beziehungen der Tiefenpsychologie" behandelt. - „Sprach- liches zum Problem der zwischenmenschlichen Distanz" lautet das Thema des Beitrags von Adolph Geck, der hier die Fragestellung seiner Arbeit zur Dogmengeschichte einer allgemeinen Theorie der zwischenmenschlichen Distanz (in der Festgabe für L. von Wiese, 1948) wieder aufgreift und weiterent- wickelt. - Die letzte Stelle nehmen Darlegungen „Über reaktiv-affektives Ver- halten einiger Primitivvölker gegenüber Träumen" von Wilhelm Berns- dorf f ein. Die Einleitung bildet eine kurze Darstellung der Lehre Lévy- B r u h 1 s von der mystischen Weltanschauung als Grundlage der Zauberei bei Primitivvölkern (der Vierkandtin seiner Studie „Die entwicklungspsycho- logische Theorie der Zauberei" 1937 in entschieden antirationalistischer Wen- dung widersprochen hat), wonach - auf das hier gestellte Thema bezogen - die Handlungen nicht unmittelbar auf das Traumerlebnis, sondern mittelbar über die „mystische" Weltanschauung erfolgen, die in der kollektiven prälogi- schen Struktur ihrer Mentalität begründet liegt. Der Verfasser erhebt demge- genüber die Forderung, nicht von der Weltanschauung dieser Völker auszu- gehen, sondern von ihrer seelischen Struktur. Er analysiert einige Beispiele de» Verhaltens gegenüber Träumen und gelangt so zu Typen reaktiv-affektiven Ver- haltens, die nicht nach ethnologischen oder kulturhistorischen, sondern nach entwicklungspsychologischen Gesichtspunkten gebildet werden. Auf diese Weise kommt er zu der Annahme, daß affektstarke Träume bei Naturvölkern eine wich- tige soziale Funktion übernehmen, weil sie den Primitiven die Beziehung zu ihrer Lebenswirklichkeit nahebringen (S. 273). Diese einleuchtenden Bemerkun-

Finanzarchlv. N. F. 12. Heft 3 37

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578 Literatur

gen Bernsdorffs erweisen deutlich, wie sehr von Wiese Recht hat, vor der leichtfertigen Annahme zu warnen, man könne die (vermeintlich einfa- chen) sozialen Verhältnisse der Naturvölker bedenkenlos als Vorstufe soziologi- scher Erkenntnis in Betracht ziehen (vgl. seine „Soziologie - Geschichte und Hauptprobleme" 1931, S. 35 f.).

Dem Sammelwerk wurde eine ausführliche Vierkandt-Bibliographie ange- fügt, die einen wertvollen Überblick über das literarische Werk des Jubilars vermittelt und neben den Monographien, Aufsätzen und von ihm herausgege- benen Publikationen auch seine ungedruckten Schriften sowie in- und auslän- dische Veröffentlichungen zum Gegenstand seiner Persönlichkeit und seines Schaffens enthält.

E.H.Tawney, Eeligion und Frühkapitalismus. Eine historische Studie (Deutsche Ausgabe von Eeligion and the Eise of Capitalism, übersetzt von Max Moser). A. Francke AG. Verlag Bern 1946, 331 S.

Antonio Montaner

Daß Tawneys Studie vom Erscheinungsjahr 1925 an auch in der deut- schen Fachwissenschaft dankbare Aufnahme und Anerkennung gefunden hat, vereinfacht die Besprechung ihrer deutschen Übersetzung. Seitdem hat sich das Schrifttum zu diesem Thema auch im englischen Sprachgebiet beträchtlich ver- mehrt, und Troeltschs Darstellung der Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt kann nun ebenso wie Max Webers Untersuchungen über die Protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus in englischer Übertragung gelesen werden.

Schon die Fragestellung Tawneys mußte gerade in Deutschland be- sonderes Interesse finden, nachdem Sombart, Troeltsch und Max Weber das Problem der geschichtlichen und gesellschaftlichen Beziehungen von Eeligion und Wirtschaft gestellt hatten. Indessen geht die Bedeutung der Kapitalismus-Forschung weit über den Rahmen eines wirtschafte- und religions- soziologischen Anliegens hinaus, da jede wertende Stellungnahme in der Beurtei- lung moderner Kultur notwendig mit der zum religiösen Erlebnis identisch ist. Bei der hier übersetzten Neuausgabe von 1937 sind vom Verfasser im äußeren Aufbau keine und in der Materialbehandlung nur unwesentliche Änderungen vorgenommen worden. Vom mittelalterlichen Hintergrund im I. Kapitel aus- gehend, behandelt er im II. Kapitel die politisch-geistige Bedingtheit und Wir- kung der Reformatoren auf dem europäischen Festland unter Hervorkehrung des Faktors ökonomischer Macht, die von Italien aus - wo sie schon lange be- heimatet war - nun durch tausend Kanäle nach Westeuropa einströmte. Der Verfasser wendet sich sodann besonders ausführlich der englischen Entwicklung zu: im III. Kapitel der anglikanischen Kirche (1. Die Landfrage, 2. Religiöse Theorie und soziale Praxis, 3. Wachsender Individualismus) und im IV. der puri- tanischen Bewegung (1. Puritanismus und Gesellschaft, 2. Disziplinierte Fröm- migkeit und Handelsgeist, 3. Der Sieg der Wirtschaf tstugenden,4. Die neue Medi- iin gegen die Armut). Das V. Kapitel vermittelt als Schlußwort eine knappe Zusammenfassung der Resultate.

Die deutsche Fassung, die von Max Moser mit lobenswertem Sprach- gefühl und Sachverständnis (von einigen in Übersetzungen kaum zu vermeiden- den Akzehtverlagerungen abgesehen) besorgt wurde, erweist aufs neue, wie sehr sich Τ a w η e y in Problemsicht und Materialaufbereitung und -ausleuchtung gerade von Max Weber unterscheidet: Tawneys methodische Grund- haltung ist eindeutig historisch orientiert, während bei Weber daneben ebenso unverkennbar spezifisch soziologisches Interesse gestaltend in den Vordergrund getreten war. Daß Τ a w n e y diese besondere Zuwendung Webers zu den- selben Problemen übersehen oder jedenfalls nicht ausreichend in Betracht ge- zogen hat, läßt verstehen, daß er bei aller Würdigung Webers diesem doch

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