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Naunyn-Schmiedebergs Arch. Pharmak. u. exp. Path. 258, 452--456 (1967) Gekreuzte Tachyphylaxie yon Peptiden F. LEMBECK Pharmakologisehes Institut der Universit~t Tiibingen G. FISCHER Hygiene-Institut der Universitat Graz Eingegangen am 29. Ok~ober 1967 Crossed Taehyphylaxis o/ Peptides Summary. 1. The "crossed tachyphylaxis" between bradykinin, kallidh3, sub- stance P, physalaemin and eledoisin was investigated in the isolated guinea-pig ileum. 2. A ':crossed tachyphylaxis" was observed between bradykinin and kallidin on the one side, between substance P, physalacmin and elcdoisin on the other side but not between these both groups. 3. The group specificity of tachyphylaxis allows to assume group specific peptide receptors. 4. As far as chemical similarity can be assumed within the group it appears acceptable that substance P is quite closely related to physalaemin and eledoisin. Key-Words: Tachyphylaxis -- Bradykinin -- Kallidin -- Substance P -- Physa- laemin -- Eledoisin. Zusammen/assung. 1. Am isolierten Meerschweinchcn-Ileum wurde die ,,ge- kreuzte Tachyphylaxie" zwischen Bradykinin, Kallidin, Substanz P, Physalaemin und Elcdoisin untersucht. 2. Eine ,,gekreuzte Tachyphylaxie" wurde beobachtct zwischcn Bradykinin und Kallidin einerseits, zwischen Substanz P, Physalaemin und Eledoisin andererseits, nicht aber zwischen diesen beiden Gruppen. 3. Die Gruppenspezifit~t der Tachyphylaxie l~Bt auf gruppenspezifische Peptid- receptoren schlieBen. 4. Sofern auf ehemische ~hnlichkett innerhalb der Gruppe geschlossen wcrden kann, w~re anzunehmen, dab Substanz P dem Physalaemin oder Eledoisin ziemlich nahe verwandt ist. Schli~sselwSrter: Taehyphylaxie -- Bradykinin -- KMlidin -- Substanz P -- Physalaemin -- Eledoisin. Die Taehyphylaxie, welehe naeh einer groSen Dosis Substanz P am isolierten Meerschweinchenileum einsetzt, wurde yon GADDUM (1953) besehrieben und zur Unterscheidung yon Substanz P gegen andere darm- kontrahierende Stoffe angewandt. Weitere Hinweise fiber Taehyphylaxie bei Substanz P finden sieh bei LE•BECK u. ZETL~R (1962). Auch bei anderen glattmuskelkontrahierenden Peptiden wurde nach groSen Dosen eine Tachyphylaxie beschrieben. Daraus ergab sich die Frage, a) ob diese

Gekreuzte Tachyphylaxie von Peptiden

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Naunyn-Schmiedebergs Arch. Pharmak. u. exp. Path. 258, 452--456 (1967)

Gekreuzte Tachyphylaxie yon Peptiden

F. LEMBECK

Pharmakologisehes Institut der Universit~t Tiibingen

G. FISCHER

Hygiene-Institut der Universitat Graz

Eingegangen am 29. Ok~ober 1967

Crossed Taehyphylaxis o/ Peptides Summary. 1. The "crossed tachyphylaxis" between bradykinin, kallidh3, sub-

stance P, physalaemin and eledoisin was investigated in the isolated guinea-pig ileum.

2. A ':crossed tachyphylaxis" was observed between bradykinin and kallidin on the one side, between substance P, physalacmin and elcdoisin on the other side but not between these both groups.

3. The group specificity of tachyphylaxis allows to assume group specific peptide receptors.

4. As far as chemical similarity can be assumed within the group it appears acceptable that substance P is quite closely related to physalaemin and eledoisin.

Key-Words: Tachyphylaxis -- Bradykinin -- Kallidin -- Substance P -- Physa- laemin -- Eledoisin.

Zusammen/assung. 1. Am isolierten Meerschweinchcn-Ileum wurde die ,,ge- kreuzte Tachyphylaxie" zwischen Bradykinin, Kallidin, Substanz P, Physalaemin und Elcdoisin untersucht.

2. Eine ,,gekreuzte Tachyphylaxie" wurde beobachtct zwischcn Bradykinin und Kallidin einerseits, zwischen Substanz P, Physalaemin und Eledoisin andererseits, nicht aber zwischen diesen beiden Gruppen.

3. Die Gruppenspezifit~t der Tachyphylaxie l~Bt auf gruppenspezifische Peptid- receptoren schlieBen.

4. Sofern auf ehemische ~hnlichkett innerhalb der Gruppe geschlossen wcrden kann, w~re anzunehmen, dab Substanz P dem Physalaemin oder Eledoisin ziemlich nahe verwandt ist.

Schli~sselwSrter: Taehyphylaxie -- Bradykinin -- KMlidin -- Substanz P -- Physalaemin -- Eledoisin.

Die Taehyphylax ie , welehe naeh einer groSen Dosis Substanz P am

isolierten Meerschweincheni leum einsetzt, wurde yon GADDUM (1953)

besehrieben und zur Untersche idung yon Substanz P gegen andere darm-

kont rahierende Stoffe angewandt . Wei tere Hinweise fiber Taehyphy lax ie

bei Substanz P finden sieh bei LE•BECK u. ZETL~R (1962). Auch bei anderen g la t tmuske lkont rah ie renden Pep t iden wurde nach groSen Dosen

eine Tachyphy lax ie beschrieben. Daraus ergab sich die Frage, a) ob diese

Gekreuzte Tachyphylaxie yon Peptiden 453

Tachyphy l ax i e fiir jedes dieser Pep t i de spezifiseh is t oder ob eine ,,ge- k reuz te" T a c h y p h y l a x i e b) zwischen al len bzw. c) be s t immten Gruppen yon g l a t t m u s k e l k o n t r a h i e r e n d e n P e p t i d e n gefunden wird. Eine Unter - suchung dieser A r t l ieg Schlul3folgerungen einerseits hinsicht l ich der P e p t i d - R e c e p t o r e n und andererse i t s in bezug auf die s t ruk ture l le Ahn- l ichkei t von P e p t i d e n erwar ten .

Methodik Die Untersuehungen wurden am isolierten 2~[eersehweinchenileum in einem

10 ml-Bad bei 37 ° in Tyrode-L6sung, belfiftet mit Sauerstoff, durehgefiihrt. Die Kontraktion der Lgngsmuskulatur wurde mit Stirnsehreiber auf einem Kymo- graphen aufgezeiehnet. Die zugesetzten Peptide blieben jeweils 30 see im Bad. Ansehliegend wurde dreimal gewasehen und naeh 2 rain die ngehste Substanz bzw. Dosis verabreieht. Sobald yon zwei Pep$iden (a, b) die Mengen mit gleieh starker Wirkung ermittelt worden waren, wurde ansehliegend eine 20 fach h6here Dosis (A, B) gegeben und erst nach 5 rain ausgewaschen. AnsehlieBend wurden wieder die vorher gegebenen Mengen a und b abweehselnd zugesetzt. Dies ergab folgende beide Reihenfolgen:

a - - b - - B - - a - - b - - a - - b - - a b - - a - - A - - b - - a - - b - - a - - b .

In bestimmten F/illen wurde durch eine groge Dosis ,,A" oder ,,B" sowohl ,,a" als auch ,,b" gehemmt: Dies wurde als ,,ge~reuzte Tachyphylaxie" bezeichnet. In anderen F/illen wurde beispielsweise nach ,,B" nm" ,,b", nicht aber ,,a" gehemmt. In einem solchen Falle war also ~eine gekreuzte Taehyphylaxie vorhanden. In einigen F~llen wurde nach ,,A" einerseits ,,a" vollst~ndig gehemmt, andererseits ,,b" doch auch leicht vermindert. Es ist vorstellbar, dab dutch die vorangegangene s~arke Kontraktion eine unspezifische Beeintr~chtigung der Kontraktionsf~higkeit des Muskels eingetreten sein k5nnte; wenn im Grad der Hemmung zwischen ,,a" und ,,b" ein Unterschied yon weniger als 20O/o bestand, wurde dies Ms ,,gekreuzte Tachyphylaxie" bezeichnet. Jeder Versuch dieser Art wurde 6--8 real wiederholt; zur Darstellung der Ergebnisse (Abb. 2) wurden Mittelwerte dieser Gruppen ver- wendet. Fiir die Auswertung wurde, nach vorheriger Verabreichung einer groBen (d.h. 20faehen) Dosis, die verbleibende perzentuelle Kontraktionsh5he verwertet (Abb. 2).

Folgende Substanzer~ wurden verwende~, wobei wir den genannten Firmen ffir die Oberlassung danken:

1. Bradykinia (Fa. Sandoz, Basel), 2. Kallidin (Fa. Sandoz, Basel), 3. Substanz P (Preparation aus Rinderdarm mi~ 14 E/rag der Fa. Sanabo, Wien), 4. Physalaemin (Fa. Farmitalia, Milano), 5. Eledoisin (Fa. Sehering, Berlin).

Ergebnisse Es zeigte sich, dag das A u s m a g der perzentue l len H e m m u n g nach

einer g rogen Dosis en tweder f/i t beide ve rwende ten Pep t ide ann/ ihernd oder v611ig g le iehar t ig (z.B. Eledois in und Subs tanz P, vgl. Abb. l a) oder deu t l ich untersehiedl ieh war (z.B. P h y s a l a e m i n und Bradyk in in , vgl. Abb. 1 b). Die in Abb. 2 zusammenfassend darges te l l t en Ergebnisse

454 F. LEM~ECK und G. FmC~ER:

zeigen, dag eine gekreuzte Tachyphylaxie einerseits zwischen Brady- kinin und Kallidin, andererseits zwischen Substanz P, Physalaemin und Eledoisirt besteht, aber in keinem Falle zwischen diesen beiden Gruppen zu finden ist (Abb. 3).

Abb. la u.b. Meerschweinchenileum. a Beispiel ffir gekreuzte ,,Tachyphylaxie"; b ,,keine gekreuzte Tachyphylaxie". Einzelheiten vgl. Text

Diskussion

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dab es hinsichtlich ,,gekreuzter Tachyphyl~xie" eine Gruppenspezifitgt unter Peptiden gibt: Zwischen den chemisch nahe verwandten Peptiden Bradykinht und Kallidin besteht eine gekreuzte Tachyphylaxie. Ihre biologische ~hnlichkeit ist bekannt, ein Angriff am gleichen Receptor ist anzunehmen.

Zwischen den chemisch und biologisch ghnlichen Peptideit Physa- laemin und Eledoisin besteht ebenfalls eine gekreuzte Tachyphylaxie. Beide Peptide zeigen aber auch gekreuzte Tachyphylaxie mit Substanz P. Aus diesem Verhalten darf auf einen Angriff dieser drei Pelotide am glei- chen Receptor geschlossen werdert. Ferner liegt die Vermutung nahe, dag die chemische Struktur yon Substanz P denjenigen yon Physalaemin und Eledoisin i~hnlich sein kSnnte, wie dies schon BWRTACCINI, CEI u. ER- SPAMV~ (1965) ffir wahrscheinlich gehalten haben, weil eine Diskrimina- tion zwischen Physalaemin und Substanz P praktisch nicht zu finden w a r .

Gekreuzte Tachyphylaxie yon Peptiden 455

B-_K K-B

sP-K

EL EL-K_

10

B-S.__P

< J

f

sP.

J

21 v ~

]100"/, EL'PIt / z+V,o.,o

?,~,, J 0o , o

I 2 3 ~ 5

Abb. 2. In jedem der 20 Gevierte wird die Wechselwirkung zwischen 2 Peptiden dar- gestellt. B Bradykinin; K Kallidin; SP Substanz P; EL Eledoisin; PH Physa]aemin. Weitere Einzelheiten werden anhand des Geviertes rechts unten erl~utert: Nach einer groBen Dosis (20fach) Physa]aemin (PH) wurden die vorher etwa gleich stark wirkenden Dosen yon Eledoisin und Physalaemin hintereinander verabreicht. Das Peptid, yon dem vorher eine groBe Dosis gegeben wurde (hier PH), wurde jeweils mit vollen Kreisen markiert, das Vergleichs-Peptid (hier EL) mit ]eeren Kreisen. Als erste Dosis (hier PH) wurde immer das Vergleiehs-Peptid (hier EL) zugesetzt, da-

nach in alternierender Reihenfolge 4 weitere Gaben

31 Naunyn-Schmiedebergs Arch. Pharmak. exp. Path., Bd. 258

456 F. LE~IBECK und G. FISCHEI~: Gekreuzte Tachyphylaxie yon Peptiden

Die Untersuchungen ergeben, dab die Tachyphylaxie yon Pept iden nicht ,,subs~anzspezifisch", sondern ,gruppenspezifisch", abet nicht , ,peptidunspezifisch" ist. Unter bes t immten Voraussetzungea ist daher die Erkennung einer bes t immten Peptidgruppe mit ttilfe der Tachyphyla- xie mSglich. BRADYKININ-~

K A L L I D I N - ~

SUBSTANZ-P-~

Abb. 3. • ,,gekreuzte Taehyphylaxie"; e ,,keine gekreuzte Tachyphylaxie"

Literatur BERTACCINI, G., K. iVY. CEI, and V. ElCS]eAM~R: The action of Physalaemin on the

systemic arterial blood pressure of some experimental animals. Brit. J. Pharma- col. 25, 380--391 (1965).

GADDUI~, J. H. : Tryptamine receptors. J. Physiol. (Lond.) 119, 363--368 (1953). LESIBECK, F., and G. ZETLEE,: Substance P: a polypeptide of possible physiological

significance, especially within the nervous system. Int. l~ev. Neurobiol. 4, 159--215 (1962).

Prof. Dr. F. LEMBECK Pharmakologisehes Institut der Universit~t 7400 Tiibingen, Wilhelmstral~e 56