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T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 1 Geotechnische Bewertung der Hangbewegung Corvara (Dolomiten, Italien) - Effizienz möglicher Sanierungsmaßnahmen - T. Knabe 1) , W. Schädler 1) , A. Corsini 2) , V. Mair, 3) und T. Schanz 1) 1) Professur für Bodenmechanik, Bauhaus-Universität Weimar, Coudraystraße 11 C, 99421 Weimar, Deutschland 2) Dipartimento di Scienze della Terra, Università degli Studi di Modena e Reggio Emilia, Largo Sant`Eufemia 19, 41100 Modena, Italien 3) Amt für Geologie und Baustoffprüfung der Autonomen Provinz Südtirol, Eggentalerstraße 48, 39053 Kardaun, Italien 1 Einführung In den Dolomiten sowie im nördlichen Apennin ist das Phänomen großflächiger Schuttströme besonders weit verbreitet. Schuttströme sind Massenbewegungen, die vorzugsweise im Hang- und Verwitterungsschutt ausgeprägter, tiefgründig verwitternder Wechsellagerungen mit mächtigen Tonstein- und Mergel- einschaltungen auftreten. Ein solcher Schuttstrom erstreckt sich nahe dem Dorf Corvara. Während der jährlichen saisonal bedingten Reaktivierungsphasen entstehen häufig Schäden an Infrastrukturen. Die kontinuierlichen Bewegungen des Schuttstroms von Corvara führen fast alljährlich zu Schäden an der Nationalstraße 244, sowie an Stromleitungen und Liftanlagen, die sich auf dem Areal der Hangbewegung befinden. Benachbarte Siedlungen sind potenziell durch sekundäre Massenbewegungen (v. a. Murgänge nach Aufstau des Hauptvorfluters) bedroht. Aus diesem Grund wurden durch die Universität Modena und den Consiglio Nazionale delle Ricerche Padua (CNR-IRPI) umfangreiche Untersuchungen zur Geologie und Geomorphologie des gesamten Hanges durchgeführt. Ferner wurde eine großflächig angelegte Monitoringkampagne umgesetzt, welche umfangreiche Messdaten, insbesondere Zeitreihen zu den Bewegungen sowohl an der Oberfläche als auch zum Bewegungsverlauf nach der Tiefe, zu Bergwasserspiegelständen und Porenwasserdruckschwankungen zusammen mit Klimadaten, erbrachte (Panizza et al. 2006).

Geotechnische Bewertung der Hangbewegung Corvara ... · T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 1 Geotechnische Bewertung der Hangbewegung Corvara (Dolomiten, Italien)

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T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 1

Geotechnische Bewertung der

Hangbewegung Corvara (Dolomiten, Italien) - Effizienz möglicher Sanierungsmaßnahmen -

T. Knabe1), W. Schädler1), A. Corsini2), V. Mair, 3) und T. Schanz1)

1) Professur für Bodenmechanik, Bauhaus-Universität Weimar, Coudraystraße 11 C, 99421 Weimar, Deutschland

2) Dipartimento di Scienze della Terra, Università degli Studi di Modena e Reggio Emilia, Largo Sant`Eufemia 19, 41100 Modena, Italien

3) Amt für Geologie und Baustoffprüfung der Autonomen Provinz Südtirol, Eggentalerstraße 48, 39053 Kardaun, Italien

1 Einführung In den Dolomiten sowie im nördlichen Apennin ist das Phänomen großflächiger Schuttströme besonders weit verbreitet. Schuttströme sind Massenbewegungen, die vorzugsweise im Hang- und Verwitterungsschutt ausgeprägter, tiefgründig verwitternder Wechsellagerungen mit mächtigen Tonstein- und Mergel-einschaltungen auftreten. Ein solcher Schuttstrom erstreckt sich nahe dem Dorf Corvara. Während der jährlichen saisonal bedingten Reaktivierungsphasen entstehen häufig Schäden an Infrastrukturen. Die kontinuierlichen Bewegungen des Schuttstroms von Corvara führen fast alljährlich zu Schäden an der Nationalstraße 244, sowie an Stromleitungen und Liftanlagen, die sich auf dem Areal der Hangbewegung befinden. Benachbarte Siedlungen sind potenziell durch sekundäre Massenbewegungen (v. a. Murgänge nach Aufstau des Hauptvorfluters) bedroht. Aus diesem Grund wurden durch die Universität Modena und den Consiglio Nazionale delle Ricerche Padua (CNR-IRPI) umfangreiche Untersuchungen zur Geologie und Geomorphologie des gesamten Hanges durchgeführt. Ferner wurde eine großflächig angelegte Monitoringkampagne umgesetzt, welche umfangreiche Messdaten, insbesondere Zeitreihen zu den Bewegungen sowohl an der Oberfläche als auch zum Bewegungsverlauf nach der Tiefe, zu Bergwasserspiegelständen und Porenwasserdruckschwankungen zusammen mit Klimadaten, erbrachte (Panizza et al. 2006).

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2 T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz

2 Geographie, Geologie und wichtige Kennwerte des Kriechhangs bei Corvara

Wie auf Abb.1 illustriert, liegt die Massenbewegung Corvara in den Dolomiten, oberhalb des Ortes Corvara in Badia (Autonome Provinz Bozen/Südtirol). Sie ist seit Tausenden von Jahren aktiv und besitzt eine Ausdehnung von ungefähr 3 km². Sie umfasst eine Höhenlage zwischen 1550 m und 2100 m ü. NN. Die sich bewegende Erdmasse beträgt insgesamt ungefähr 300 Mio. m³, wovon derzeit ca. 50 Mio. m³ aktiv sind (Corsini et al. 2005).

Der Kriechhang kann in zwei Schichten mit unterschiedlichen boden-mechanischen Eigenschaften unterteilt werden. Dies sind zum einen die sich nahe der Oberfläche befindlichen Schuttstrommassen aus bindigen Lockergesteinen und zum anderen eine stark verwitterte, aber unverschiebliche Felsunterlage. Das Ausgangsgestein, aus dem die Schuttstrommassen durch tiefgründige Ver-witterung hervorgegangen sind, besteht zum größten Teil aus Wechsellagerungen von Mergeln, Tuffiten, Tonsteinen, Kalksteinen, Dolomiten und schwach gebundenen Sandsteinen. Diese weichen, sehr tonreichen Schichtpakete gehören zu den Wengener und Kassianer Schichten aus der alpinen Trias. Das Schutt-strommaterial selbst besteht aus bindigen Böden mit eingelagerten größeren Blöcken und Gesteinspaketen und hat im hier untersuchten Gebiet eine Mächtigkeit von 10 – 50 m. Die durchschnittliche Böschungsneigung beträgt zwischen 10° und 15° (Corsini et al. 2005). Bei der Massenbewegung von Corvara handelt es sich nach Varnes (1978) um ein komplexes Phänomen. Dieses beginnt mit teilweise rotationsförmigen Locker-gesteinsgleitungen im Bereich der Hauptabrisskanten, setzt sich hangabwärts als aktive translationsförmige Gleitung fort und geht dann im so genannten „Transportkanal“ in einen Schuttstrom über. Im Akkumulationsbereich handelt es sich erneut um translationsförmige und direkt an den Flanken wiederum um teilweise rotationsförmige Gleitungen. In der direkten Umgebung der gesamten Massenbewegung tritt verbreitet Lockergesteinskriechen auf (Corsini et al. 2005).

Abb.1 Lage der Massenbewegung Corvara (nach Borgatti et al. 2007)

S3

ProfilschnittDolomiten

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T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 3

3 Modellbildung Auf der Basis der im Feld durchgeführten Untersuchungen wurde in Zusammen-arbeit der Bauhaus-Universität Weimar und der Universität Modena ein geotechnischer Schnitt des Liefergebiets S3 (siehe Abb. 1) erstellt, da dieser Bereich für die weitere Entwicklung der Hangbewegung von entscheidender Bedeutung ist (Schädler 2008). Durch Inklinometermessungen konnte festgestellt werden, dass die Bewegung des Schuttstromes zum überwiegenden Teil durch die zwischen Lockergestein und anstehendem Gebirge bzw. im Lockergestein befindlichen weichen, hoch plastischen Scherzonen verursacht wird (siehe Abb. 2). Dies berücksichtigend wurde ein numerisches Modell mit „mittlerem“ Grundwasserspiegel erstellt. Der Felsuntergrund wurde durch feste Lager idealisiert, darauf wurde eine dünne basale Scherbahn modelliert. Des Weiteren wurden auch Scherbahnen im eigentlichen Schuttstromkörper selbst lokalisiert, aus diesem Grund wurde der Schuttsrom in zwei Schichten unterteilt, d. h. in einen basalen und sekundäre Schuttkörper, die durch die sekundären Scherbahnen, sowie Ablösebahnen getrennt sind (siehe Abb. 3). Um dieses beobachtete Verhalten zu modellieren, wird den Schuttkörpern ein linear elastisches Modell zugeordnet und den Scher- und Ablösebahnen das Soft Soil Creep Modell (Vermeer & Neher 1999), welches Zeitabhängigkeit berücksichtigt. Da sich die Parameterbestimmung auf Grund der Heterogenität der Bodenverhältnisse sehr schwierig gestaltet, wurde das Modell unter Anwendung inverser Methoden (Particle Swarm Optimiser) kalibriert (Meier et al. 2008). Als Referenzdaten wurden Feldmessungen, sowohl von Oberflächenpunkten als auch Inklinometerdaten eingesetzt. Die im Feld an der Oberfläche gemessenen Verschiebungsvektoren werden durch das numerische Modell wirklichkeitsnah wiedergegeben. Die maximale berechnete Kriechgeschwindigkeit des obersten sekundären Schuttkörpers liegt bei 280 mm/Jahr.

Abb. 2: Inklinometerprofil des Bohrlochs C4 und Interpretation des Inklinometerprofils (modifiziert nach Corsini et al. 2005)

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4 T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz

In einem nächsten Berechnungsschritt wurden die Porenwasserdrücke mit Hilfe einer stationären Grundwasserberechnung ermittelt, wie sie im Folgenden auch bei der Simulation der Sanierungsmaßnahmen angewendet werden soll. Dies geschah durch Vorgabe der Grundwasserdruckhöhen an den äußeren Geometrierändern. Darauf folgte die Anpassung des Reibungswinkels φ und des modfifizierten Kriechindex µ* durch Rückrechnung einer φ-c-Reduktion (Brinkgreve & Bakke 1991). Wie auf Abb. 4 illustriert, werden gute Übereinstimmungen der berechneten (schwarz, durchgängige Linien) mit den gemessenen (hellgrau, gestrichelte Linien) Kriechgeschwindigkeiten erreicht.

Abb.4. Kriechgeschwindigkeiten [mm/Jahr] unter Verwendung der

optimierten Parameter (Strömungsberechnung)

Abb. 3: Numerisches Modell: Schnitt durch Liefergebiet S3 (modifiziert nach Schädler 2008)

300 mm 200 mm 110 mm 0 mm

Grundwasserspiegel durch Strömungsberechnung

~ 185 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 80 mm/Jahr basaler Schuttkörper

~ 190 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 90 mm/Jahr basaler Schuttkörper

~ 270 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 95 mm/Jahr basaler Schuttkörper

< 10 mm/Jahr oberhalb

Hauptablösebahn Punkt I

Punkt II

Punkt III

basaler Schuttstromkörper (linear elastisch)

sekundäre Schuttstromkörper (linear elastisch) Ablösebahn

(Soft Soil Creep)

sekundäre Scherbahn (Soft Soil Creep)

basale Scherbahn (Soft Soil Creep)

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T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 5

4 Berechnung von Sanierungsmaßnahmen Auf Grund des erst in großer Tiefe anzutreffenden standfesten Felsuntergrundes (meist > 20 m unter GOK), der weiten Ausdehnung des Kriechhangs und der über-wiegend weichen Böden kommen nur wenige Sanierungsmöglichkeiten in Frage. Da zuerst nur Einzelmaßnahmen zur Stabilisierung der kompletten Rutschung betrachtet werden sollen, scheiden Schwergewichtsmauern, Gabionen-, Element- und Nagelwände aus, da deren Dimensionen begrenzt sind. Es ist allerdings möglich, diese in Verbindung mit anderen Sanierungsmaßnahmen einzusetzen. Dränagegräben können zwar angewandt werden, um Regenwasser etc. abzu-leiten, da sie aber nicht dieselbe Effektivität wie Horizontaldränagebohrungen oder Brunnen besitzen, werden sie hier nicht untersucht. Verbauwände, wie Schlitz-, Pfahl-, Düsenstrahlwand, etc. sind als realistische Sanierungsmaßnahmen anzusehen. Zusammenfassend werden im Folgenden nur Pfahlwände betrachtet. Eine Entwässerung soll durch Horizontaldränagen und Brunnen bzw. Dränageschlitze erfolgen

4.1 Implementierung von Sanierungsmethoden

4.1.1 Verbauwände Zur Berechnung werden aufgelöste Bohrpfahlwände mit Pfahlabständen von 4 m herangezogen. Die Implementierung erfolgt im Modell in Form von Plattenelementen. Um die einzelnen Pfähle in der z-Richtung darstellen zu können, ist es nötig, EI und EA entsprechend der Gleichung 1 abzumindern.

aEAEA real

Modell = (1)

mit EAreal = reale axiale Dehnsteifigkeit a = Abstand der einzelnen Pfähle untereinander EAModell = axiale Dehnsteifigkeit; Eingabewert im 2D-Modell

Analog zu diesen Berechnungsschritten, oder über eine vorgegebene Plattendicke deq, ist es möglich, EI zu berechnen. In den folgenden Berechnungen soll die Dicke der Platten deq mit 1,265 m konstant gehalten werden. Dieser Wert entspricht einem äquivalenten Bohrpfahldurchmesser von 1,40 m.

4.1.2 Anker Um die Wirkung von Bohrpfahlwänden zu verstärken, besteht die Möglichkeit, diese zu verankern. Im Modell wird die Verankerung durch „fixierte Anker“ umgesetzt, weil auf der einen Seite der Felsuntergrund nicht mitmodelliert wurde und somit keine Möglichkeit bestand, den exakten Einbau der Anker zu simulieren und auf der anderen Seite davon ausgegangen werden kann, dass durch die Verankerung im unverschieblichen Felsuntergrund eine feste Einspannung erreicht werden kann. Der Anker wird als elastisches Federelement

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6 T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz

mit einer konstanten Federsteifigkeit (Dehnsteifigkeit) modelliert und durch Länge und Winkel charakterisiert.

4.1.3 Horizontaldrainagen bzw. Brunnen Horizontaldränagen werden im verwendeten FEM- Programm durch lineare Dränageelemente modelliert. Diese werden dort eingebaut, wo innerhalb des Geometriemodells der aktive Porenwasser(über)druck gleich null gesetzt werden soll. Dies ist nur bei einer Berechnung der Porenwasserdrücke über Grund-wasserströmungen möglich. Vertikalbrunnen zur Entwässerung von Hängen können analog zu den Horizontaldränagen durch lineare Dränageelemente modelliert werden.

4.2 Bohrpfahlwände Da die Pfahlwände mindestens 15 m in den festen Felsuntergrund abgeteuft werden müssen, um eine feste Einspannung zu erhalten, werden am Plattenfuß Fixierungen in x- und y-Richtung und eine Einspannung vorgesehen, um diese feste Einbindung zu simulieren. Die Querdehnzahl υ wird mit 0,15 und das Flächengewicht w mit 10 kN/m angesetzt. Als weitere Eingabeparameter sind die axiale Dehnsteifigkeit und die Biegesteifigkeit zu nennen. Der Einfluss dieser Materialparameter soll im Weiteren analysiert werden. Für die Berechnungen werden Pfahlwände mit einer Tiefe bis zu 50 m gemäß Abb. 5 im unteren Drittel, in der Mitte und im oberen Drittel des Hanges angesetzt. Des Weiteren ist ein Pfahlkopfbalken, der die Pfahlköpfe untereinander verbindet und die Kräfte auf die einzelnen Pfähle verteilt, vorzusehen. Dieser wird im Modell nicht abgebildet, findet aber in den verwendeten Steifigkeitswerten Berücksichtigung. Zur Vereinfachung der Berechung werden die Pfahlwände als elastisch ange-nommen. In der Praxis sind plastische Momente und Normalkräfte und eine Steifigkeitsreduktion durch Risse und Betonkriechen anzusetzen. Zuerst werden in einer Parameterstudie Berechnungen mit unterschiedlichen Pfahlwandsteifigkeiten durchgeführt.

Abb. 5: Sanierungsmaßnahme Pfahlwand in 3D und Implementierung im 2D-Modell

Platte

Feste Einspannung

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T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 7

So ist es möglich, den Einfluss der Pfahlwandsteifigkeiten auf die Momenten-, Quer- und Normalkraftverteilung sowie die Verschiebungen der Pfahlwände und des Hangs zu untersuchen. Dabei werden Werte der axialen Dehnsteifigkeit EA von 7,5 *106 kN/m und einer zugehörigen Biegesteifigkeit EI von 1 *106 kNm²/m bis zu 7,5 *1010 kN/m bzw. 1 *1010 kNm²/m analysiert. In Abb. 6 sind die Pfahlkopfverschiebungen innerhalb eines Jahres in Abhängigkeit von der Zeit dargestellt. Bei als realistisch anzusehenden Steifeparametern einer aufgelösten Bohrpfahlwand mit einer axialen Dehnsteifigkeit EA von 7,5 *107 kN/m und einer Biegesteifigkeit EI von 1 *107 kNm²/m liegt die Pfahlkopfverschiebung nach einem Jahr bei ~ 80 mm. Ab einer angenommenen Dehnsteifigkeit von 7,5 *109 kN/m treten fast keine Pfahlkopfverschiebungen mehr auf.

Abb. 6: Pfahlkopfverschiebungen der 2. Pfahlwand bei unterschiedlichen Steifigkeiten innerhalb eines Jahres

4.3 Verankerte Bohrpfahlwand

Um größere Kräfte aufnehmen zu können und um die Verschiebungen zu minimieren, wird eine Ankerlage am Kopf der aufgelösten Bohrpfahlwand vorgesehen. Jedem Pfahl wird ein Anker zugeordnet, somit beträgt der Ankerabstand 4 m. Die Ankerlasten werden durch den Pfahlkopfbalken auf die Pfähle übertragen. Die Anker weisen eine Länge von ~ 30 m auf (an Stellen mit sehr hoher Lockergesteinsmächtigkeit sind längere äquivalent wirkende Anker vorzusehen) und werden mit einer Neigung von 25° ausgeführt. Die axiale Dehnsteifigkeit EA der Anker wird mit 2*107 kN/m festgesetzt. Die Auswertung der unterschiedlichen Steifigkeitsparameter ergibt analog zu den nicht verankerten Pfahlwänden, dass umso weniger Verschiebungen auftreten, je steifer die Pfahlwände sind. Zu beachten ist, dass die Ergebnisse auf Abb. 7 sich auf die Mitte der Pfahlwand beziehen.

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8 T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz

Im Gegensatz zu den Pfahlwänden ohne Anker weisen die Pfahl- wände mit Anker ab einer axialen Dehnsteifigkeit EA von 7,5*108 kN/m (1. Pfahlwand) bzw. 7,5*107 kN/m (2. und 3. Pfahlwand) keine signifikanten Verschiebungen mehr auf. Die berechneten Verschiebungen bei Berücksichtigung verankerter Pfahlwände mit einer EA von 7,5*107 kN/m entsprechen denen bei Berücksichtigung nicht verankerter Pfahlwände mit einer EA von 7,5*109 kN/m. Somit sind verankerte Pfahlwände als effektiver einzuschätzen und den nicht verankerten vorzuziehen.

Abb. 7: Verschiebungen in Pfahlmitte der verankerten Pfahlwand bei

unterschiedlichen Steifigkeiten innerhalb eines Jahres In einem weiteren Schritt wurde daraufhin untersucht, inwieweit sich die unterschiedlichen Steifigkeiten der Pfahlwände in Form einer Verschiebungs-reduktion innerhalb des Kriechhanges selbst auswirken (siehe Abb. 8). Vergleicht man den Einfluss der verankerten Pfahlwände mit dem der nicht verankerten Pfahlwände gleicher Steifigkeit, werden die Kriechgeschwindig-keiten stärker und in einem größeren Umkreis reduziert. Wie auf den Abbildungen zu erkennen, hat der Einbau einer Pfahlwand bzw. der drei Pfahlwände (der Abstand der Pfahlwände ist so groß, dass sie sich nicht gegenseitig beeinflussen) nur lokal signifikanten Einfluss, obwohl die Verschiebungen der Pfahlwände begrenzt werden können. Nur innerhalb einer geringen Reichweite werden die Verschiebungen auf ein annehmbares Maß reduziert. Je höher die Steifigkeiten der Pfahlwände sind, desto größer ist diese Reichweite. Der geringe Einfluss der Pfahlwände bei großer Entfernung auf die Verschiebungsraten ist auf das zeitabhängige viskose Verhalten und auf die geringe Steifigkeit der modellierten Bodenschichten zurückzuführen. Somit ist auch durch die verankerten Bohrpfahlwände nur ein geringer Einfluss auf die Hangbewegung festzustellen.

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T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 9

Abb. 8: Einfluss unterschiedlich steifer Pfahlwände auf die Verschiebungsreduzierung

C C`

2. verankerte Pfahlwand EA = 7,5 * 107 kN/m bei Pfahlkopfverschiebung von 5 mm/Jahr

2. Pfahlwand EA = 7,5 * 107 kN/m bei Pfahlkopfverschiebung von 80 mm/Jahr

Schnitt A-A´ Schnitt B-B` Schnitt C-C` Schnitt D-D` Schnitt E-E` ~ 185 mm/Jahr ~ 190 mm/Jahr ~ 190 mm/Jahr ~ 190 mm/Jahr ~ 190 mm/Jahr

sekundärer Schuttkörper

~ 80 mm/Jahr ~ 85 mm/Jahr ~ 85 mm/Jahr ~ 85 mm/Jahr ~ 85 mm/Jahr basaler Schuttkörper

300 mm 180 mm 108 mm 0 mm

Schnitt A-A´ Schnitt B-B` Schnitt C-C` Schnitt D-D` Schnitt E-E` ~ 160 mm/Jahr ~ 135 mm/Jahr ~ 100 mm/Jahr ~ 100 mm/Jahr ~ 135 mm/Jahr

sekundärer Schuttkörper

~ 70 mm/Jahr ~ 65 mm/Jahr ~ 35 mm/Jahr ~ 35mm/Jahr ~ 65 mm/Jahr basaler Schuttkörper

Schnitt A-A´ Schnitt B-B` Schnitt C-C` Schnitt D-D` Schnitt E-E` ~ 145 mm/Jahr ~ 100 mm/Jahr ~ 60 mm/Jahr ~ 60mm/Jahr ~ 100 mm/Jahr

sekundärer Schuttkörper

~ 65 mm/Jahr ~ 55 mm/Jahr ~ 30 mm/Jahr ~ 30mm/Jahr ~ 55 mm/Jahr basaler Schuttkörper

Berechnete Kriechgeschwindigkeiten ohne Sanierungsmaßnahmen

A A`

B B`

C C`

D D`

E E`

A A`

B B`

D D`

E

E`

A A`

B B`

D D`

E E`

C C`

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10 T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz

4.4 Entwässerungsmaßnahmen

Nach den Felduntersuchungen der Universität Modena ist es als realistisch einzuschätzen, dass durch Entwässerungsmaßnahmen der Grundwasserspiegel im Bereich des ersten Plateaus um 15 m abgesenkt werden kann und im restlichen Teil eine Absenkung von durchschnittlich 3 bis 4 m umsetzbar ist. Um dieses Absenkziel im Modell zu erreichen, wird die ebenso auf Abb. 9 dargestellte Anordnung von Entwässerungsmaßnahmen, bestehend aus Horizontaldränage-bohrungen, Dränageschlitzen und Vertikalbrunnen, gegebenenfalls auch Vertikal-brunnen in Verbindung mit Horizontaldränagen vorgesehen.

Abb. 9: Grundwasserabsenkung mit Strömungsfeld [m/Tag]

Die Berechnungsergebnisse zeigen auch hier, dass die Kriechgeschwindigkeiten reduziert werden können. Dies ist allerdings nur geringfügig bei den sekundären Schuttkörpern der Fall (ca. 30 mm/Jahr), die berechneten Kriechgeschwindig-keiten des zweiten sekundären Schuttkörpers kann nicht durch die Grundwasser-absenkung gesenkt werden. Der basale Schuttkörper ist nur im Fußbereich von der Sanierungsmaßnahme betroffen (vgl. Abb. 10).

Abb. 10: Auswirkung der Entwässerungsmaßnahmen auf die Kriechge- schwindigkeiten

Horizontaldrainage

~ 150 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 75 mm/Jahr basaler Schuttkörper

300 mm 200 mm 100 mm 0 mm

~ 250 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 90 mm/Jahr basaler Schuttkörper

abgesenkter Grundwasserspiegel

26 m/Tag 10 m/Tag -2 m/Tag

Brunnen

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4.5 Kombinierte Maßnahmen

Da beide Maßnahmen, getrennt betrachtet, keinen ausreichenden Erfolg in Bezug auf die Reduzierung der berechneten Kriechgeschwindigkeiten erbringen, werden die zwei Sanierungsvarianten (verankerte Bohrpfahlwände und Entwässerungsmaßnahmen) gemeinsam betrachtet. Die Auswirkung dieser Sanierungsmaßnahmen auf die Kriechgeschwindigkeiten ist auf Abb. 11 dargestellt. Die Kriechgeschwindigkeiten werden vor allem im Hangfußbereich (basale Schuttkörper 40 mm/Jahr) im Vergleich zu den Einzelmaßnahmen weiter gesenkt. Auch die Kriechgeschwindigkeiten des oberen sekundären Schuttkörpers werden weiter reduziert. Im unteren Teil auf ~ 200 mm/Jahr und im oberen auf ~ 225 mm/Jahr. Das Ziel, den kompletten Hang durch die implementierten Maßnahmen annähernd zum Stillstand zu bringen, wird allerdings ebenso nicht erreicht.

Abb. 11: Auswirkung der kombinierten Maßnahmen auf die Kriechge-

schwindigkeiten

~200 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 70 mm/Jahr basaler Schuttkörper

~ 150 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 40 mm/Jahr basaler Schuttkörper

300 mm 200 mm 100 mm 0 mm

~225 mm/Jahr sekundärer Schuttkörper ~ 80 mm/Jahr basaler Schuttkörper

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4.6 Zusammenfassung

Zusammenfassend werden auf Abb. 12 die berechneten maximalen Kriechge-schwindigkeiten und auf Abb. 13 die berechneten Kriechgeschwindigkeiten zu unterschiedlichen Zeitpunkten (Jahresabstände) und infolge der verschiedenen Sanierungsvarianten im Vergleich zum Originalzustand dargestellt. Bei Abb. 12 ist zu beachten, dass es sich bei den Verschiebungen der Pfahlwände um Pfahlkopfverschiebungen, bei den verankerten Pfahlwänden um maximale Pfahlverschiebungen (~Mitte), und ansonsten um die Verschiebungen des schnellsten sekundären Schuttkörpers handelt. In den vorigen Kapiteln wurde stets nur auf die Verschiebungsreduzierung im ersten Jahr nach Einbau der jeweiligen Sanierungsvariante eingegangen, um die Wirkung der Sanierungsmaßnahmen einfacher vergleichen zu können. Es kann festgestellt werden, dass die berechneten Verschiebungen des Kriechhanges ohne Sanierungsmaßnahmen über die Zeit konstant bleiben, wenn man von konstanten Randbedingungen ausgeht (was im Gelände vor allem konstanten klimatischen Einflussfaktoren entsprechen würde). Bei den unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen ist zu beobachten, dass die Verschiebungen mit der Zeit abnehmen. Ergänzend zu den Verschiebungsberechnungen wurden Standsicherheits-berechnungen nach der Methode der φ-c-Reduktion durchgeführt. Die Ergebnisse sind zusammenfassend auf Abb. 14 dargestellt.

Abb. 12: Unterschiedliche maximale Kriechgeschwindigkeiten

Ohne Maßnahmen

Pfahlwände E7

Verankerte Pfahlwände E7

Entwässerung

Kombination

1.Jahr2. Jahr

3. Jahr

280

260

275270 270

280

245

260

250 250

280

225

250

235 235

200210

220

230

240

250

260

270

280

Han

gbew

egun

g [m

m/J

ahr]

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T. Knabe, W. Schädler, A. Corsini, V. Mair, T. Schanz 13

Abb. 13: Unterschiedliche Kriechgeschwindigkeiten an den ausgewiesenen Punkten I, II und III (vgl. Abb.4) Im Vergleich zu einem berechneten Standsicherheitsfaktor von 1,07 des ursprünglichen Kriechhanges erhöhen sich die Faktoren durch die Sanierungs-maßnahmen bis auf 2,18 bei der Kombination beider Maßnahmen. Hierbei ist zu erwähnen, dass die berechnete Standsicherheit bei allen Sanierungsmaßnahmen deutlich erhöht wird, auch wenn im simulierten dreijährigen Zeitraum geringe Verschiebungsreduktionen beobachtet werden können. Da sich im Berechnungszeitraum nach Implementierung der Sanierungs-maßnahmen die Geometrie des Modell-Hanges nicht signifikant ändert und zudem von einer jeweils konstanten Wassersituation ausgegangen wird, bleiben die jeweils für den Endzustand der jährlichen Berechnungsphasen ermittelten Standsicherheitsfaktoren über die drei Jahre der Simulation gleich groß.

Abb. 14: Standsicherheitsfaktoren nach Implementierung unterschiedlicher Sanierungsmaßnahmen

0255075

100125150175200

1 2 3Jahr

Original E9 E7 Entwässerung Kombination

Han

gbew

egun

g [m

m/J

ahr]

0255075

100125150175200

1 2 3Jahr

Verschiebung Punkt II Verschiebung Punkt III Verschiebung Punkt I

0

50

100

150

200

250

300

1 2 3Jahr

Ohne Maßnahmen

Pfahlwände E7

Verankerte Pfahlwände E7

Entwässerung

Kombination 1.Jahr

2. Jahr

3. Jahr

2,18

1,72

2,02 2,02

1,07

2,17

1,72

2,02 2,02

1,07

2,17

1,71

2,02 2,02

1,07

0,2

0,6

1

1,4

1,8

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5 Schlussfolgerungen und Ausblick Bei der Simulation der Wirkungsweise möglicher Sanierungsmaßnahmen am Kriechhang bei Corvara wird zuerst eine aufgelöste Bohrpfahlwand betrachtet. Es konnte dargestellt werden, dass fast keine Pfahlkopfverschiebungen mehr auftreten, wenn sehr hohe, in der Praxis schwer zu erreichende, Steifigkeitsparameter angesetzt werden. Dieselben Berechnungen werden mit einer verankerten Bohrpfahlwand durchgeführt. Bei einer verankerten Pfahlwand reicht im numerischen Modell eine hundertfach geringere Steifigkeit gegenüber den nicht verankerten Pfahlwänden aus, um Pfahlverschiebungen annähernd ausschließen zu können. Der Einbau der Pfahlwände wirkt sich allerdings nur lokal signifikant aus. Vor allem die Kriechgeschwindigkeiten des basalen Schuttkörpers werden nur in direkter Umgebung der Pfahlwände deutlich verringert. Durch Horizontaldränagen und Brunnen ist im Modell eine Grundwasserspiegelsenkung um 15 m bzw. 3 m möglich. Hierdurch verringern sich die berechneten Kriechgeschwindigkeiten nur unwesentlich. Vor allem der basale und der zweite sekundäre Schuttkörper sind kaum von der Sanierungsmaßnahme betroffen. Auch durch die Kombination beider Sanierungsvarianten (verankerte Pfahlwände und Entwässerungsmaßnahmen) wird der Sicherheitsfaktor zwar erhöht, lokal ist aber weiterhin mit hohen Kriech-geschwindigkeiten zu rechnen. Es ist allerdings ein weiteres Absinken der Kriechgeschwindigkeiten mit der Zeit zu beobachten. Somit ist es nur durch eine deutliche Erhöhung der Anzahl der betrachteten Sanierungsmöglichkeiten bzw. Verringerung deren Abstandes möglich, die Hangbewegungen annähernd zu stoppen. Um dies in die Realität umzusetzen, müssten sehr hohe Kosten eingeplant werden. Da die bisher ausgewerteten Modellierungen nahe legen, dass ökonomisch und bautechnisch vertretbare Sanierungsvarianten möglicherweise keinen Erfolg versprechen, ist es als wichtig zu erachten, dass der Kriechhang bei Corvara weiterhin messtechnisch überwacht wird und weitere Daten gesammelt werden. Jegliche baulichen Maßnahmen, sollten derart ausgelegt werden, dass sie bei möglichst großen Verformungen noch funktionsfähig bleiben. Denn die Modellierungsergebnisse deuten darauf hin, dass auch nach dem Einbau von Sanierungsmaßnahmen weiterhin größere Verschiebungen zu erwarten sind. Ein zusätzlicher Schritt könnte darin bestehen, ein 3D- Modell zu erstellen. Durch die dreidimensionale Betrachtung des Hanges und der Sanierungsmaßnahmen ist es z.B. möglich, bei der Darstellung einer aufgelösten Bohrpfahlwand auf die überschlägige Steifigkeitsabminderung zu verzichten und diese wirklichkeitsgetreu mit den originalen Abmessungen zu implementieren. Hierdurch könnte die Anordnung der Dränagen realitätsnah modelliert werden und somit auch das Strömungsfeld genauer berechnet werden.

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6 Danksagung Dieser Beitrag wurde von der Italienischen Hochschulrektorenkonferenz (CRUI) und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) durch Reisemittel im Rahmen eines VIGONI- Projektes unterstützt.

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