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GERHARD ROTH INSTITUT FÜR HIRNFORSCHUNG UNIVERSITÄT BREMEN G. Roth, 2013 POTENTIALE UND GRENZEN DER HIRNFORSCHUNG FÜR DIE MITARBEITERFÜHRUNG G. Roth, 2016

GERHARD ROTH POTENTIALE UND GRENZEN … · POTENTIALE UND GRENZEN DER HIRNFORSCHUNG FÜR DIE ... - Impulsivität / Belohnungsempfänglichkeit / BAS - Ängstlichkeit / Bestraftungsempfänglichkeit

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GERHARD ROTH

INSTITUT FÜR HIRNFORSCHUNG

UNIVERSITÄT BREMEN

G. Roth, 2013

POTENTIALE UND GRENZEN DER

HIRNFORSCHUNG FÜR DIE

MITARBEITERFÜHRUNG

G. Roth, 2016

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VERÄNDERBARKEIT DES MENSCHEN

• Die Veränderbarkeit des Menschen wird höchst unterschiedlich ein-

geschätzt:

• Viele Vertreter der Wirtschaft und der Politik gehen von einer lebens-

lang mehr oder weniger gleichbleibenden Veränderbarkeit der

Menschen aus, entweder aus eigener Kraft oder durch geeignete

Maßnahmen der Gesellschaft.

• Psychologie und Neurowissenschaften sind skeptischer und gehen

davon aus, dass die Grundzüge unserer Persönlichkeit sich früh

ausbilden und den Rahmen vorgeben, in denen Veränderungen

möglich sind.

• Dieser Rahmen wird mit zunehmendem Alter enger. Bereits in einem

Alter von 45 Jahren scheinen Lern- und Veränderungsbereitschaft

massiv nachzulassen.

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(1) „Ausgeglichener Typ“

(2) „Ständiger Optimist“

(3) „Ständiger Pessimist“

(4) „Neutraler Typ mit stärkeren Ausschlägen nach oben und unten“ (lebhaft,

emotional)

(5) „Neutraler Typ mit schwachen Ausschlägen nach oben und unten “

(gefühlsarm)

(6) „Jumper“ nach oben oder nach unten aufgrund positiver bzw. negativer

Lebensumstände

SOEP=Sozioökonomischer Panel des DWI Berlin

Headey/SOEP (2006): Die meisten Menschen sind in ihrer positiven oder

negativen Lebenshaltung sehr stabil, nur eine Minderheit (ca. ein Viertel) zeigt

starke Schwankungen. Typen:

ERGEBNISSE GROSSER LÄNGSSCHNITTSTUDIEN

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• Lernen beruht auf einer Umstrukturierung von Netzwerken in unterschied-

ichen Zentren des Gehirns.

• Dabei wird die synaptische Übertragungsstärke verändert, und zwar je

nach Gedächtnistyp im Sekunden-, Minuten- und Stunden/Tage/Jahre-

Bereich.

• Diese Veränderungen werden durch ein Bewertungssystem, das

limbische System) und damit durch Aufmerksamkeit, Motive und

Emotionen gesteuert.

• Dieses Bewertungssystem stellt hierbei immer die Frage, inwieweit diese

(stoffwechselphysiologisch teuren) Veränderungen „sich lohnen“. Lernen

braucht eine Belohnungsaussicht.

WAS IST LERNEN?

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Seitenansicht des menschlichen Gehirns

Großhirnrinde

Kleinhirn

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Zellulärer Aufbau der

Großhirnrinde

(Cortex)

Zeichnung von

S. Ramón y Cajal

(nach Spektrum der Wissenschaft)

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CORTICALE SYNAPTISCHE KONTAKTE (nach Spektrum der Wissenschaft, verändert)

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Noradrenerges System/Noradrenalin/Locus coeruleus:

Aktivierung, Erregung, unspezifische Aufmerksamkeit

Serotonerges System/Serotonin/Raphe-Kerne: Dämpfung,

Beruhigung, Wohlbefinden

Dopaminerges System/Dopamin/VTA und Nucleus

accumbens: Antreibend, belohnungs-versprechend, Neugierde

Cholinerges System/Acetylcholin/basales Vorderhirn:

Gezielte Aufmerksamkeit, Gedächtnissteuerung

NEUROMODULATORISCHE SYSTEM

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Limbisches

System

Hypothalamus

(nach Spektrum der

Wissenschaft,

verändert)

Längsschnitt

durch das

menschliche

Gehirn

Blau:

Limbisches

System als

Sitz der

Persönlichkeit

und „Psyche“

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Ventrales

Tegmentales

Areal

Mesolimbisches

System:

Reaktion auf neuartige,

überraschende Reize

Antrieb durch

Versprechen von

Belohung (Dopamin)

Belohnungssystem

(hirneigene Opioide)

Nucleus accumbens

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WELCHE ARTEN DER BELOHNUNG UND

BELOHNUNGSAUSSICHTEN GIBT ES?

• „Materielle Belohnungen“ : Einkommen, Prämien-Boni und

Privilegien

• Soziale Belohnungen: Lob, Anerkennung durch Vorgesetze,

Kollegen und Mitarbeiter, Auszeichnungen, Titel, soziale

Privilegien

• Intrinsische Belohnung: Freude am Gelingen , Selbstbestä-

tigung, Verwirklichung eigener Fähigkeiten (Selbstwirksamkeit),

das Gefühl, besser zu sein als andere, die Überzeugung, an

einer wichtigen Sache mitzuarbeiten.

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„Materielle Belohnungen“ verlieren ihre Wirkung bei jeder Wieder-

holung meist um die Hälfte oder gar schneller . Hinzu kommt ein

Enttäuschungseffekt bei Eintritt einer Belohnung in erwarteter

Höhe.

Deshalb wird die materielle Belohnung meist ständig gesteigert, bis

ein „Deckeneffekt“ eintritt und noch höhere Belohnungen keinen

weiteren positiven Effekt mehr haben.

Materielle Belohnungen haben jedoch einen starken negativen

Effekt, wenn sie z.B. als „Sonderanreize“ wieder rückgängig

gemacht werden: Verlust wird im allgemeinen doppelt so stark

empfunden wie Gewinn!!!

BESONDERHEITEN DER MATERIELLEN BELOHNUNG

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Soziale Belohnungen lassen in ihrer Wirkung langsamer, jedoch

stetig nach. Je häufiger belobigt und ausgezeichnet wird,

insbesondere nach demselben Ritual, desto schneller verlieren

diese Maßnahmen ihre Wirkung.

Auszeichnungen „verdienter“ Mitarbeiter sind ein probates, aber

problematisches Mittel, weil sie fast automatisch Neid und

Missgunst hervorrufen. Hier muss besonders auf Transparenz und

Gerechtigkeit der Kriterien und des Bewertungsprozesses geachtet

werden.

.

BESONDERHEITEN DER SOZIALEN BELOHNUNG

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Intrinsische Belohnung ist die einzige Belohnung, die nicht in

„Sättigung“ geht.

Die meisten Menschen streben nach diesen intrinsischen Beloh-

nungen, die individuell sehr unterschiedlich ausfallen können.

Den Weg dorthin muss die Führungskraft zusammen mit dem

Mitarbeiter herausfinden.

BESONDERHEITEN DER INTRINSISCHEN BELOHNUNG

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Unsere Gewohnheiten haben im Gehirn ihren „Sitz“ in den

sogenannten Basalganglien, die weitestgehend unbewusst

arbeiten.

Die Ausführung von Gewohnheiten wird durch die Ausschüttung

von hirneigenen Belohnungsstoffen belohnt – man spricht deshalb

auch von „lieben“ Gewohnheiten. Viele Menschen fühlen sich beim

Verzicht auf Gewohntes unwohl und lehnen deshalb

Veränderungen ab, auch wenn sie ihnen Vorteile bieten.

Deshalb muss die Belohnung, die durch eine Veränderung erreicht

werden kann, deutlich höher sein als die Belohnung, die man

durch das „Weitermachen wie bisher“ erhält.

DIE „LIEBEN“ GEWOHNHEITEN HABEN UNS IM GRIFF!

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LERN- UND VERÄNDERUNGSBEREITSCHAFT EINES

MENSCHEN SIND TIEF IN SEINER PERSÖNLICHKEIT

VERANKERT

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PERSÖNLICHKEIT

Die Persönlichkeit eines Menschen ist eine lebenslang andauern-

de Kombination von Merkmalen des Temperaments, des Gefühls-

lebens, des Intellekts und der Art zu handeln und zu kommuni-

zieren.

Man unterscheidet innerhalb der Persönlichkeit häufig zwischen

Temperament (Kernpersönlichkeit), das hochgradig genetisch

determiniert ist, und Charakter (erweiterte Persönlichkeit), der

stark von Umwelteinflüssen bestimmt wird.

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Johannes: Sanguiniker

Petrus: Phlegmatiker

Markus: Choleriker

Paulus: Melancholiker

„Die vier Temperamente“ von Albrecht Dürer nach der antiken

„vier-Säfte-Lehre“ (Galenos)

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Die Psychologie hat 2-5 Grundfaktoren der Persönlichkeit identifiziert:

„Big Three“ (Eysenck):

- Extraversion

- Neurotizismus

- Psychotizismus

„Big Five“ (Costa und McCrae):

- Extraversion

- Verträglichkeit

- Gewissenhaftigkeit

- Neurotizismus

- Offenheit

„Big Two“ (Gray)

- Impulsivität / Belohnungsempfänglichkeit / BAS

- Ängstlichkeit / Bestraftungsempfänglichkeit / BIS

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GRUNDLEGENDE BESTANDTEILE DER

PERSÖNLICHKEIT AUS NEUROBIOLOGISCHER SICHT

• Stress-Verarbeitung, Umgang mit Belastungen

• Selbstberuhigung, Selbstvertrauen

• Motivation, Zielsetzung, Selbstwirksamkeit

• Impulshemmung, Selbstkontrolle

• Bindung, Einfühlungsvermögen, Respekt

• Realitätssinn und Risikowahrnehmung

Diese Komponenten bestimmen unsere Persönlichkeit, das

Verhältnis zu uns selbst und zu anderen. Sie können in Über-

einstimmung und Konflikt zu einander stehen.

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NEUROBIOLOGISCH FUNDIERTE

PERSÖNLICHKEITSTYPEN

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Ausgegangen wird von einem zentralen Typ, in dem die Grundmerk-

male in positiver Weise im Gleichgewicht sind.

In der ersten Kreiszone darum herum finden sich 6 positive, meist

erwünschte Abwandlungen dieses zentralen Typs.

In der zweiten Kreiszone finden sich leicht negative Ausprägungen.

In der dritten Kreiszone stark negative Ausprägungen dieser Typen.

Jeder Persönlichkeitstyp ist gekennzeichnet durch eine bestimmte

Entwicklungsdynamik, die bei der Personalführung unbedingt

beachtet werden muss.

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Zentraltyp: Der Ausgeglichene

Ruhig, belastbar, kooperativ, zielstrebig, großzügig, feinfühlig,

aufgeschlossen für Neues, verantwortungsvoll, realitätsorientiert

und risikobewusst.

Extravertierter Typ

Positiv: sozial orientiert, gesellig, warmherzig, großzügig,

kommunikativ, mäßig veränderungsfreudig (wenn andere

mitmachen!)

Negativ: redselig, weichherzig, vertrauensselig, nachgiebig,

beeinflussbar

Sehr negativ: kumpelhaft, unterwürfig, anbiedernd, meinungs-

instabil, Schleimer

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Offener Typ

Positiv: selbständig, belastbar, neugierig, wissbegierig,

geistreich, innovativ, kreativ, veränderungsfreudig

Negativ: experimentierfreudig, betriebsam-umtriebig, sprunghaft

Sehr negativ: nicht belastbar, leichtsinnig, chaotisch, impulsiv,

waghalsig.

Ehrgeiziger Typ

Positiv: ehrgeizig, zielstrebig, selbstsicher, selbstbestimmt

Negativ: Selbstdarsteller, egozentrisch, rechthaberisch,

kompromisslos, unkooperativ, veränderungsbereit, wenn es ihm

erhebliche Vorteile bringt.

Sehr negativ: gewissenlos, rücksichtslos, gefühllos, karriere-

besessen.

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Konservativer Typ

Positiv: reflektiert, belastbar, kontrolliert, gewissenhaft, verantwor-

tungsvoll, vorsichtig

Negativ: Übergenau, engstirnig, pingelig, risiko- und verände-

rungsscheu

Sehr negativ: Stur, starr, renitent, Prinzipienreiter, nicht belastbar

Kritischer Typ

Positiv: kritisch denkend, risikobewusst

Negativ: Bedenkenträger, Warner, besserwisserisch, nörglerisch,

prinzipiell veränderungsscheu

Sehr negativ: Querulant, Verhinderer, Saboteur

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Neurotizistischer Typ

Positiv: Mitfühlend, sensibel, hellhörig, feinfühlig

Negativ: bindungsinstabil, launisch, ängstlich, selbstzweifelnd,

nicht belastbar, veränderungsängstlich

Sehr negativ: Hilflos, panisch, angstbesetzt, depressiv

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MASSNAHMEN ZUR VERÄNDERUNG DES

VERHALTENS VON MITMENSCHEN

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1. DER APPELL AN VERSTAND UND EINSICHT

(„Gardinenpredigt“)

„Die Situation erfordert die und die „alternativlosen“ Maßnahmen.

Das wird jeder einsehen, der sich unvoreingenommen mit der

Lage beschäftigt“.

Vorteil: Tatsächliche oder vorgebliche Unausweichlichkeit der

Maßnahmen. Kritiker können als uninformiert oder geistig

beschränkt dargestellt werden.

Nachteil: Der Appell an Verstand, Vernunft und Einsicht allein hat

keinerlei Einfluss auf das Verhalten – es gibt im Gehirn keine

effektiven Verbindungen zwischen dem „Sitz“ von Verstand und

Intelligenz und den verhaltenssteuernden Zentren.

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2. DER APPELL AN DIE SOLIDARITÄT

(„Druck auf die Tränendrüse“)

„Wir sitzen alle in einem Boot. Veränderungen sind dringend nötig,

jeder muss das Seine dazu beitragen!“

Vorteil: Momentane Emotionalisierung, Solidarisierung, Begei-

sterung.

Nachteil: Der Effekt ist meist nur vorübergehend und abhängig

von der Solidarität der Anderen und der Glaubwürdigkeit der

Appellanten. Der Addressat fragt sich bewusst oder unbewusst:

Was habe ICH letztlich davon?

Paradox: Solidarität hat nur dann eine lang anhaltende Wirkung,

wenn sie individuelle Vorteile bietet, sonst lässt sie schnell nach.

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3. DAS ANSPRECHEN INDIVIDUELLER

EINSTELLUNGEN UND BEDÜRFNISSE

Menschen ändern sich in ihren Einstellungen und ihrem Handeln

nur dann, wenn sie damit bewusst oder unbewusst einen Vorteil

bzw. eine Belohnung verbinden.

Belohnungen könnten materieller Art (Ersparnisse, Prämien,

Vergünstigungen), sozialer Art (Erfolg, Ansehen, Macht) und

intrinsischer Art (Freude am Gelingen, Handeln aus Überzeu-

gung) sein.

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Unsere Gewohnheiten haben im Gehirn ihren „Sitz“ in den

Basalganglien, die weitestgehend unbewusst arbeiten.

Die Ausführung von Gewohnheiten ist mit der Ausschüttung von

hirneigenen Belohnungsstoffen verbunden– man spricht deshalb

auch von „lieben“ Gewohnheiten.

Viele Menschen fühlen sich beim Verzicht auf Gewohntes unwohl

und lehnen deshalb Veränderungen ab, auch wenn sie ihnen

Vorteile bieten.

Deshalb muss die Belohnung, die durch eine Veränderung erreicht

werden kann, deutlich höher sein als die Belohnung, die man

durch das „Weitermachen wie bisher“ erhält.

DIE „LIEBEN“ GEWOHNHEITEN HABEN UNS IM GRIFF!

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Nucleus caudatus

Putamen

Globus pallidus

Schnitt durch die Basalganglien als „Sitz“ der Gewohnheiten

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WIE GEHE ICH KONKRET VOR?

• Sorgfältiges Analysieren der individuellen Belohnungserwartungen

der Kollegen und Mitarbeiter. Nur solche Ziele vereinbaren, die mit

diesen individuellen Erwartungen kompatibel sind.

• Langsamer Übergang von der materiellen zur sozialen und

schließlich zur intrinsischen Belohnung durch geeignete

Personalführung.

• Veränderungsmaßnahmen nicht nur rational begründen, sondern

auch emotional „untermauern“. Nur so erreicht man langfristige

Veränderungen.

• Je größer die Veränderungen sind, desto „leuchtender“ müssen

ihre Vorteile dargestellt werden.

• Gute Vorbilder sind die besten Mittel zur Motivation.

• Vorbilder sind die beste Motivation zur Veränderung.

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Klett-Cotta Verlag, Stuttgart

11. Aufl. 2016

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VIELEN DANK FÜR IHRE

AUFMERKSAMKEIT!