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24 badische zeitung freiburger zeitung donnerstag, 7. mai 2015 Jugendgottesdienst im Stadtgarten „Die Route wird berechnet . . .“ ist das Thema eines katholischen Jugendgottes- dienstes, der am Sonntag, 10. Mai, 18 Uhr im Stadtgarten im Stadtteil Neuburg bei der Bühne beginnt. Von dort aus be- wegt sich die Gottesdienstgemeinde in noch unbekannte Richtung. Der Jugend- gottesdienst wurde von Jugendlichen so- wie der Jugendreferentin Jacqueline Oh- nemus und Jugendseelsorger Markus Obert vorbereitet. Die Musik kommt vom Popchor Twäng. Kobersteinpreis an zwei Projekte Der Berndt-Koberstein-Preis für Zusam- menleben und Solidarität geht 2015 zu gleichen Teilen an die Feministische Ge- schichtswerkstatt für das Projekt „La Pro- tagonistas“ und an das Forum Weingarten für das Projekt „Wohnverwandtschaften plus“. Die Preisverleihung findet heuti- gen Donnerstag, 7. Mai um 19.30 Uhr im „Weinschlösschen“ (Wilhelmstraße / Ecke Schnewlinstraße) statt. Streik und Demonstration Kitas der Stadt am Freitag zu Die 20 städtischen Kindergärten werden am morgigen Freitag erneut bestreikt. Das teilte die Dienstleistungsgewerk- schaft Verdi am Mittwoch mit. Die Eltern seien bereits informiert worden. Wie beim Streik am 20. April treten mehr als 270 Beschäftigte in den Ausstand. Betrof- fen sind über 1500 Kinder. In Freiburg gibt es insgesamt rund 200 Kitas. Im Tarifkonflikt fordert Verdi eine bes- sere Eingruppierung der Erzieherinnen, was zehn Prozent mehr Lohn zur Folge hätte. Die Urabstimmung habe ein klares Ergebnis gebracht: Bundesweit seien 93,4 Prozent für unbefristeten Streik. Das entspreche auch dem Stimmungsbild in Freiburg, sagte Reiner Geis, Geschäfts- führer von Verdi Südbaden. Falls die Ar- beitgeber nicht bald ein substanzielles Angebot vorlegen, folgten weitere Streik- tage. Für Samstag, 14 Uhr, hat ein privates Bündnis zu einer Solidaritätsdemonstrati- on auf dem Rathausplatz aufgerufen. Sollte es zu einem Streik kommen, der mehr als zwei Tage dauert, will die Stadt- verwaltung den Eltern helfen. So sollen Räume in Kitas zur Verfügung gestellt werden, damit Mütter und Väter die Be- treuung in Eigenregie organisieren kön- nen. Außerdem will die Verwaltung im Notfall Plätze bei freien Trägern vermit- teln. Bei einem langfristigen Streik wür- den vermutlich einige Gruppen in städti- schen Kitas geöffnet bleiben. mac Thema des Tages, Seite 2 Geschichtsrallye mit Tablets Schüler erkunden mit der Landeszentrale für Politische Bildung Freiburgs Weltkriegs-Geschichte Von unserem Mitarbeiter Konstantin Görlich Philipp Faller und die Brüder André und Nicolas Apsel sind am Mittwoch in Frei- burg unterwegs. Die 16-jährigen Zehnt- klässler von der Hansjakob-Realschule haben ein iPad und einen Umschlag mit Papier und Stiften dabei. Sie erkunden nicht nur Freiburg – das kennen sie schon – sondern auch die Geschichte der bundesdeutschen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg. „Wir hätten ge- dacht, dass es langweiliger ist“, gibt André zu. Die Tab-App-Rallye ist ein Projekt der Lan- deszentrale für Politische Bildung (LPB). „Mit den iPads ist es möglich, regionale Ereignisse und Geschichts-Orte zu erle- ben und sie in den globalen Zeitstrahl ein- zuordnen“, umreißt Thomas Waldvogel das Projekt. Der 29-Jährige ist Fachrefe- rent bei der LPB und hat die 21-köpfige Klasse am Morgen zur Rallye begrüßt. Nach Kennenlern- und Einführungsrun- den im Stuhlkreis ging es in sieben Grup- pen direkt auf die Straße und damit in die Geschichte der Stadt. Philipp, André und Nicolas haben eine Tour zugelost bekommen, die sich um die Nachkriegszeit dreht. Das iPad weist mit einer Karte den Weg zum Rathausplatz. Hier befindet sich die erste Station, wo ein Wahlplakat gestaltet werden soll, was auch bei der ersten freien Wahl nach dem Krieg hätte hängen können. Andere Gruppen beschäftigen sich mit der Juden- verfolgung oder dem Bombenangriff auf Freiburg. Später trifft sich die Klasse im Seminarraum der LPB wieder, um die Er- gebnisse zusammenzutragen und die Ral- lye gemeinsam auszuwerten. „Manchmal sind die Fragestellungen etwas verzwickt“, kritisiert Philipp die App, die es natürlich nicht zulässt, Ant- worten nachträglich zu verbessern. Es sei nicht immer klar, was genau falsch war, wenn es keine Punkte gibt. Aber das kommt selten vor. Die Jungs kennen sich in Grundgesetz und Nachkriegszeit offen- sichtlich bestens aus. Das Projekt verbindet historisch-politi- sche Bildungsarbeit mit dem Mediennut- zungsverhalten der Jugendlichen. Volker Druba findet es cool. Der 41-Jährige ist der Geschichtslehrer der Rallye-Klasse. „Zwischen Abschlussprüfungen und Pfingstferien ist etwas Erlebnisorientier- tes ein guter Unterrichtsbaustein“, meint er. Ansonsten sei das Smartphone in der Lehre noch nicht angekommen. „Da geht es eher um Aufklärung, Stichwort Cyber- mobbing. Im Klassenraum bringt es kei- nen Mehrwert, draußen schon.“ Dort haben die Jungs inzwischen die Kaiser-Joseph-Straße überquert – mit un- bekanntem Ziel. Das iPad verrät jetzt nur Entfernung und Richtung zum nächsten Checkpoint. Ist es das Münster? Beinahe. Beim historischen Kaufhaus am Münster- platz geht es weiter, hier tagte bis 1951 das Parlament des Bundeslandes Baden. Nach etlichen weiteren Fragen zum Grundgesetz befindet die Gruppe, es sei Zeit fürs verdiente Mittagessen. Die Be- geisterung hält an. „Und wir haben des- wegen nachher kein Mathe!“ Forschung bei Hebammen und Beschneiderinnen Ethnologiestudentin Marieluis Fritz war drei Monate in Tansania – mit Hilfe der Freunde der Universität, die sich heute treffen Von unserer Mitarbeiterin Anita Rüffer Genitalverstümmelung: ein Aufregerthe- ma, bei dem frauen- und menschen- rechtsbewegte Menschen hierzulande al- le Antennen ausfahren. Marieluis Salome Fritz hingegen spricht erstaunlich unauf- geregt darüber. Obwohl sie es im vergan- genen Jahr im Rahmen eines Auslandsse- mesters in Tansania doch aus nächster Nähe selbst miterlebt hat. Oder vielleicht gerade deswegen? „Man kann die weibli- che Genitalverstümmelung nicht aus ei- nem Gesamtzusammenhang herauspi- cken und an den Pranger stellen“, hat die 22-jährige Ethnologiestudentin während ihres dreimonatigen Praktikums bei einer tansanischen Nichtregierungsorganisati- on (NRO) gelernt, die sich im weitesten Sinn die sozioökonomische Unterstüt- zung und Gesundheitserziehung von be- nachteiligten Gruppen auf die Fahnen ge- schrieben hat. Ihre Mitarbeit bei NRO-Projekten wie Seminaren mit Hebammen und Beschnei- derinnen ergänzte sich ideal mit ihren parallel betriebenen eigenen Feldfor- schungen über die Ausübung der weibli- chen Genitalverstümmelung. Diese ist nach ihren Erkenntnissen „tief verwur- zelt“ in der lokalen Bevölkerung und hat viele Funktionen. Mit Verboten und Bes- serwisserei von außen sei ihr schwerlich beizukommen. „Man muss Schritt für Schritt gehen und die lokale Bevölkerung einbeziehen.“ Etwa, indem Hebammen oder Beschneiderinnen, die ja auch viel Wissen über den weiblichen Körper hät- ten, geschult werden, die Bevölkerung über die gesundheitlichen Gefahren der Beschneidung aufzuklären. Und Alterna- tiven anbieten: „Für Beschneiderinnen, die hohes Ansehen genießen, ist das ihre Einkommensquelle.“ Für die Mädchen sei es ein Initiationsritus, der sie zur Frau machen soll. Den christlichen Massai et- wa sei die Erstkommunion als Ersatz vor- geschlagen worden. Mit viel Respekt vor dem Recht auf die eigene Entwicklung der Menschen, die ihr in Tansania begegneten, wählt die 22- Jährige ihre Worte. Im Nebenfach stu- diert sie Philosophie, die seit der Oberstu- fe im Gymnasium in Konstanz zu ihren Leidenschaften zählt. „Es gehört zu mei- ner Natur, mir Gedanken über Zusam- menhänge zu machen.“ Das gilt offen- sichtlich auch für die Ethnologie, die zu- nächst mal ein Versuchsballon war, sie aber dann „vom ersten Semester an faszi- nierte“. Gelegenheit, Einblick in fremde Wel- ten zu gewinnen, hatte Marieluis Fritz gleich nach dem Abitur bei einem einjäh- rigen Aufenthalt in Uruguay. Kindern oh- ne Eltern oder aus prekären Verhältnissen brachte sie in einem Heim Klavierspielen und Englisch bei. Für ihr Auslandssemes- ter hatte sie ursprünglich eine Frauen- rechtsorganisation in Liberia im Blick – nicht weil sie sich feministisch ange- haucht fühlt. Sie wollte die Arbeit einer NRO kennenlernen, die für Ethnologen eine berufliche Perspektive sein kann. Weil sich in Liberia gerade das Ebolavirus ausbreitete, nahm sie davon Abstand und fand in Tansania über Bekannte der Eltern schnell einen Ersatz. Aufgewachsen im Hotzenwald, ist das Nesthäkchen der Fa- milie „geprägt durch die Reiselust der äl- teren Geschwister“. Die sechs Brüder und ihre Schwester seien auch ständig im Ausland unterwegs. Aber wie den Aufenthalt in Tansania fi- nanzieren? Ihren Nebenjob als Hiwi an ei- nem Uni-Institut konnte Marieluis Fritz als Einkommensquelle während dieser Zeit vergessen. Und die Flugkosten waren hoch. Beim Verband der Freunde der Uni- versität fand sie Unterstützung. Ihr För- derantrag war offenbar gut begründet: Die Reise sollte ja nicht dem Vergnügen dienen. Ein Auslandssemester oder Feld- forschung gehören zu den obligatori- schen Anforderungen eines Ethnologie- studiums. Den Freunden der Uni war das einen Zuschuss von 500 Euro wert. Jahresversammlung heute, 7. Mai: 18.15 Uhr Mitgliederversammlung, 19 Uhr Fest- veranstaltung in der Aula der Universität, Kollegiengebäude I, Platz der Universität Weitere Infos unter: www.freunde.uni-freiburg.de Junge Nacht Das Museum für Neue Kunst dreht auf: Am Freitag, 8. Mai, veranstaltet das Haus in der Marienstraße 10a eine „Jungen Nacht“ mit Schauspielern und DJ. Studierende und Interessierte aller Generationen sind eingeladen mitzu- feiern. Um 20 Uhr startet ein litera- rischer Rundgang durch die Jubiläums- schau „30+30 retro/perspektiv. Dix, Macke, Oppenheim & Co.“ Hier haben 30 Fachleute aus Literatur, Wissen- schaft, Musik, Theater und Tanz mit eigenen Beiträgen neue Zugänge zu 30 Werken der Klassischen Moderne geschaffen. Der Eintritt ist frei. „Create your future“ Jugendliche laden von heute, Donners- tag, bis Samstag, 9. Mai, ins E-Werk an der Eschholzstraße ein: Ihre Tanz- show „If you can dream of you can do it“ hat heute, Donnerstag, um 20.30 Uhr Premiere, weitere Aufführungen gibt’s am Freitag und Samstag. Die Show haben zehn Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren selbst erarbeitet. An- geleitet wurden sie von einem Hiphop- Tänzer, der selbst kaum älter ist. In ihren Choreografien erzählen sie die Geschichte eines Tänzers, der sich selbst sucht. Die Show ist im Rahmen des Projekts „Create your future“ mit Jugendlichen mit Migrationshinter- grund aus Weingarten entstanden. Karten (6,60/3,30 Euro) beim BZ-Ti- cketservice, Bertoldstraße 7, oder an der Abendkasse. Die Einnahmen gehen an ein Projekt auf den Philippinen. KURZ GEMELDET Jahrestag der Befreiung Veranstaltungen zum 8. Mai Ein Bündnis aus Gewerkschaften, antifa- schistischen Initiativen und linken Partei- en würdigt den 70. Jahrestag der Befrei- ung von der NS-Diktatur am 8. Mai 1945 mit einigen Veranstaltungen. Eine zu- nächst strittige Kundgebung im Stadtgar- ten wurde von der Stadt inzwischen ge- nehmigt. Die Veranstaltungen: 7. Mai, 19 Uhr, Universität, Kollegienge- bäude III, Hörsaal 3117, Platz der Univer- sität 3; Zeitzeuge Theodor Bergmann (99): „8. Mai 1945 – Niederlage oder Be- freiung?“ 8. Mai, 17 Uhr, Stadtgarten: Kundge- bung mit Theodor Bergmann. 23 Uhr: White Rabbit Club, Leopoldring 1, Befreiungsparty 13. Mai, 19 Uhr, Aula der Gertrud-Luck- ner-Gewerbeschule, Kirchstraße 4, Heiko Haumann: „Gewerkschaftlicher Kampf um Wirtschaftsdemokratie in Baden 1945 bis 1952“. 15. Mai, 20 Uhr, Linkes Zentrum Ade- lante, Glümerstraße 2, Antifaschistische Linke International: „Antifaschistische Geschichtspolitik und die Zukunft der Er- innerungskultur.“ 21. Mai, 20 Uhr, Universität, Raum noch unklar, Lorenz Knorr (93): Zeitzeugenge- spräch. 13. Juni, 10 Uhr, Offenes antifschisti- sches Treffen (OAT): Wanderung zum KZ Natzweiler-Struthof, Info und Anmel- dung unter [email protected] Alle Infos unter http://mehr.bz/tagderbefreiung Nicolas und André Apsel und Philipp Faller (von links) bei der Tab-App-Rallye auf dem Rathausplatz. Unterstützung für Marieluis Salome Fritz FOTO: INGO SCHNEIDER INFO FREUNDE DER UNIVERSITÄT Der Verband der Freunde der Univer- sität hat 820 Mitglieder, darunter 70 Institutionen und Firmen. Im vergan- genen Jahr hat er insgesamt 123 000 Euro an Fördermitteln aufgebracht: Stipendien für Doktoranden oder Preis- gelder für Studierende. Allein 40 000 Euro flossen in die Projektförderung für studentische Gruppen oder Einzel- personen (für Exkursionen, Auslands- aufenthalte oder sonstige Projekte). 2014 sind 66 Projektanträge gestellt worden, 47 wurden bewilligt. Die För- dersummen schwanken zwischen 200 und 500 Euro. Die Antragsteller müssen ihr Projekt samt Kostenrahmen dar- stellen und es von der Fakultät begut- achten lassen. arü

Geschichtsrallye mit Tablets - lpb-freiburg.de · auch bei der ersten freien Wahl nach dem Krieg hätte hängen können. Andere Gruppen beschäftigen sich mit der Juden-verfolgung

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24 b a d i s c h e z e i t u n g fr eiburger zeitung donnerstag, 7. mai 2015

Jugendgottesdienstim Stadtgarten„Die Route wird berechnet . . .“ ist dasThema eines katholischen Jugendgottes-dienstes, der am Sonntag, 10. Mai, 18Uhr im Stadtgarten im Stadtteil Neuburgbei der Bühne beginnt. Von dort aus be-wegt sich die Gottesdienstgemeinde innoch unbekannte Richtung. Der Jugend-gottesdienst wurde von Jugendlichen so-wie der Jugendreferentin Jacqueline Oh-nemus und Jugendseelsorger MarkusObert vorbereitet. Die Musik kommt vomPopchor Twäng.

Kobersteinpreisan zwei ProjekteDer Berndt-Koberstein-Preis für Zusam-menleben und Solidarität geht 2015 zugleichen Teilen an die Feministische Ge-schichtswerkstatt für das Projekt „La Pro-tagonistas“ und an das Forum Weingartenfür das Projekt „Wohnverwandtschaftenplus“. Die Preisverleihung findet heuti-gen Donnerstag, 7. Mai um 19.30 Uhr im„Weinschlösschen“ (Wilhelmstraße /Ecke Schnewlinstraße) statt.

Streik undDemonstrationKitas der Stadt am Freitag zu

Die 20 städtischen Kindergärten werdenam morgigen Freitag erneut bestreikt.Das teilte die Dienstleistungsgewerk-schaft Verdi am Mittwoch mit. Die Elternseien bereits informiert worden. Wiebeim Streik am 20. April treten mehr als270 Beschäftigte in den Ausstand. Betrof-fen sind über 1500 Kinder. In Freiburggibt es insgesamt rund 200 Kitas.

Im Tarifkonflikt fordert Verdi eine bes-sere Eingruppierung der Erzieherinnen,was zehn Prozent mehr Lohn zur Folgehätte. Die Urabstimmung habe ein klaresErgebnis gebracht: Bundesweit seien93,4 Prozent für unbefristeten Streik. Dasentspreche auch dem Stimmungsbild inFreiburg, sagte Reiner Geis, Geschäfts-führer von Verdi Südbaden. Falls die Ar-beitgeber nicht bald ein substanziellesAngebot vorlegen, folgten weitere Streik-tage. Für Samstag, 14 Uhr, hat ein privatesBündnis zu einer Solidaritätsdemonstrati-on auf dem Rathausplatz aufgerufen.

Sollte es zu einem Streik kommen, dermehr als zwei Tage dauert, will die Stadt-verwaltung den Eltern helfen. So sollenRäume in Kitas zur Verfügung gestelltwerden, damit Mütter und Väter die Be-treuung in Eigenregie organisieren kön-nen. Außerdem will die Verwaltung imNotfall Plätze bei freien Trägern vermit-teln. Bei einem langfristigen Streik wür-den vermutlich einige Gruppen in städti-schen Kitas geöffnet bleiben. mac

Thema des Tages, Seite 2

Geschichtsrallye mit TabletsSchüler erkunden mit der Landeszentrale für Politische Bildung Freiburgs Weltkriegs-Geschichte

Vo n u n s e r e m M i ta r b e i t e r

Ko n s ta n t i n G ö r l i c h

Philipp Faller und die Brüder André undNicolas Apsel sind am Mittwoch in Frei-burg unterwegs. Die 16-jährigen Zehnt-klässler von der Hansjakob-Realschulehaben ein iPad und einen Umschlag mitPapier und Stiften dabei. Sie erkundennicht nur Freiburg – das kennen sieschon – sondern auch die Geschichteder bundesdeutschen Demokratie nachdem Zweiten Weltkrieg. „Wir hätten ge-dacht, dass es langweiliger ist“, gibtAndré zu.

Die Tab-App-Rallye ist ein Projekt der Lan-deszentrale für Politische Bildung (LPB).„Mit den iPads ist es möglich, regionaleEreignisse und Geschichts-Orte zu erle-ben und sie in den globalen Zeitstrahl ein-zuordnen“, umreißt Thomas Waldvogeldas Projekt. Der 29-Jährige ist Fachrefe-rent bei der LPB und hat die 21-köpfigeKlasse am Morgen zur Rallye begrüßt.Nach Kennenlern- und Einführungsrun-

den im Stuhlkreis ging es in sieben Grup-pen direkt auf die Straße und damit in dieGeschichte der Stadt.

Philipp, André und Nicolas haben eineTour zugelost bekommen, die sich um dieNachkriegszeit dreht. Das iPad weist miteiner Karte den Weg zum Rathausplatz.Hier befindet sich die erste Station, woein Wahlplakat gestaltet werden soll, wasauch bei der ersten freien Wahl nach demKrieg hätte hängen können. AndereGruppen beschäftigen sich mit der Juden-verfolgung oder dem Bombenangriff aufFreiburg. Später trifft sich die Klasse imSeminarraum der LPB wieder, um die Er-gebnisse zusammenzutragen und die Ral-lye gemeinsam auszuwerten.

„Manchmal sind die Fragestellungenetwas verzwickt“, kritisiert Philipp dieApp, die es natürlich nicht zulässt, Ant-worten nachträglich zu verbessern. Es seinicht immer klar, was genau falsch war,wenn es keine Punkte gibt. Aber daskommt selten vor. Die Jungs kennen sichin Grundgesetz und Nachkriegszeit offen-sichtlich bestens aus.

Das Projekt verbindet historisch-politi-sche Bildungsarbeit mit dem Mediennut-zungsverhalten der Jugendlichen. VolkerDruba findet es cool. Der 41-Jährige istder Geschichtslehrer der Rallye-Klasse.„Zwischen Abschlussprüfungen undPfingstferien ist etwas Erlebnisorientier-tes ein guter Unterrichtsbaustein“, meinter. Ansonsten sei das Smartphone in derLehre noch nicht angekommen. „Da gehtes eher um Aufklärung, Stichwort Cyber-mobbing. Im Klassenraum bringt es kei-nen Mehrwert, draußen schon.“

Dort haben die Jungs inzwischen dieKaiser-Joseph-Straße überquert – mit un-bekanntem Ziel. Das iPad verrät jetzt nurEntfernung und Richtung zum nächstenCheckpoint. Ist es das Münster? Beinahe.Beim historischen Kaufhaus am Münster-platz geht es weiter, hier tagte bis 1951das Parlament des Bundeslandes Baden.

Nach etlichen weiteren Fragen zumGrundgesetz befindet die Gruppe, es seiZeit fürs verdiente Mittagessen. Die Be-geisterung hält an. „Und wir haben des-wegen nachher kein Mathe!“

Forschung bei Hebammen und BeschneiderinnenEthnologiestudentin Marieluis Fritz war drei Monate in Tansania – mit Hilfe der Freunde der Universität, die sich heute treffen

Vo n u n s e r e r M i ta r b e i t e r i n

A n i ta Rü f f e r

Genitalverstümmelung: ein Aufregerthe-ma, bei dem frauen- und menschen-rechtsbewegte Menschen hierzulande al-le Antennen ausfahren. Marieluis SalomeFritz hingegen spricht erstaunlich unauf-geregt darüber. Obwohl sie es im vergan-genen Jahr im Rahmen eines Auslandsse-mesters in Tansania doch aus nächsterNähe selbst miterlebt hat. Oder vielleichtgerade deswegen? „Man kann die weibli-che Genitalverstümmelung nicht aus ei-nem Gesamtzusammenhang herauspi-cken und an den Pranger stellen“, hat die22-jährige Ethnologiestudentin währendihres dreimonatigen Praktikums bei einertansanischen Nichtregierungsorganisati-on (NRO) gelernt, die sich im weitestenSinn die sozioökonomische Unterstüt-zung und Gesundheitserziehung von be-nachteiligten Gruppen auf die Fahnen ge-schrieben hat.

Ihre Mitarbeit bei NRO-Projekten wieSeminaren mit Hebammen und Beschnei-derinnen ergänzte sich ideal mit ihrenparallel betriebenen eigenen Feldfor-schungen über die Ausübung der weibli-chen Genitalverstümmelung. Diese istnach ihren Erkenntnissen „tief verwur-zelt“ in der lokalen Bevölkerung und hatviele Funktionen. Mit Verboten und Bes-serwisserei von außen sei ihr schwerlichbeizukommen. „Man muss Schritt fürSchritt gehen und die lokale Bevölkerungeinbeziehen.“ Etwa, indem Hebammenoder Beschneiderinnen, die ja auch viel

Wissen über den weiblichen Körper hät-ten, geschult werden, die Bevölkerungüber die gesundheitlichen Gefahren derBeschneidung aufzuklären. Und Alterna-tiven anbieten: „Für Beschneiderinnen,die hohes Ansehen genießen, ist das ihreEinkommensquelle.“ Für die Mädchensei es ein Initiationsritus, der sie zur Fraumachen soll. Den christlichen Massai et-wa sei die Erstkommunion als Ersatz vor-geschlagen worden.

Mit viel Respekt vor dem Recht auf dieeigene Entwicklung der Menschen, dieihr in Tansania begegneten, wählt die 22-Jährige ihre Worte. Im Nebenfach stu-diert sie Philosophie, die seit der Oberstu-

fe im Gymnasium in Konstanz zu ihrenLeidenschaften zählt. „Es gehört zu mei-ner Natur, mir Gedanken über Zusam-menhänge zu machen.“ Das gilt offen-sichtlich auch für die Ethnologie, die zu-nächst mal ein Versuchsballon war, sieaber dann „vom ersten Semester an faszi-nierte“.

Gelegenheit, Einblick in fremde Wel-ten zu gewinnen, hatte Marieluis Fritzgleich nach dem Abitur bei einem einjäh-rigen Aufenthalt in Uruguay. Kindern oh-ne Eltern oder aus prekären Verhältnissenbrachte sie in einem Heim Klavierspielenund Englisch bei. Für ihr Auslandssemes-ter hatte sie ursprünglich eine Frauen-rechtsorganisation in Liberia im Blick –nicht weil sie sich feministisch ange-haucht fühlt. Sie wollte die Arbeit einerNRO kennenlernen, die für Ethnologeneine berufliche Perspektive sein kann.Weil sich in Liberia gerade das Ebolavirusausbreitete, nahm sie davon Abstand undfand in Tansania über Bekannte der Elternschnell einen Ersatz. Aufgewachsen imHotzenwald, ist das Nesthäkchen der Fa-milie „geprägt durch die Reiselust der äl-teren Geschwister“. Die sechs Brüderund ihre Schwester seien auch ständig imAusland unterwegs.

Aber wie den Aufenthalt in Tansania fi-nanzieren? Ihren Nebenjob als Hiwi an ei-nem Uni-Institut konnte Marieluis Fritzals Einkommensquelle während dieserZeit vergessen. Und die Flugkosten warenhoch. Beim Verband der Freunde der Uni-versität fand sie Unterstützung. Ihr För-derantrag war offenbar gut begründet:

Die Reise sollte ja nicht dem Vergnügendienen. Ein Auslandssemester oder Feld-forschung gehören zu den obligatori-schen Anforderungen eines Ethnologie-studiums. Den Freunden der Uni war daseinen Zuschuss von 500 Euro wert.–Jahresversammlung heute, 7. Mai: 18.15Uhr Mitgliederversammlung, 19 Uhr Fest-veranstaltung in der Aula der Universität,Kollegiengebäude I, Platz der Universität

Weitere Infos unter:www.freunde.uni-freiburg.de

Junge NachtDas Museum für Neue Kunst dreht auf:Am Freitag, 8. Mai, veranstaltet dasHaus in der Marienstraße 10a eine„Jungen Nacht“ mit Schauspielern undDJ. Studierende und Interessierte allerGenerationen sind eingeladen mitzu-feiern. Um 20 Uhr startet ein litera-rischer Rundgang durch die Jubiläums-schau „30+30 retro/perspektiv. Dix,Macke, Oppenheim & Co.“ Hier haben30 Fachleute aus Literatur, Wissen-schaft, Musik, Theater und Tanz miteigenen Beiträgen neue Zugänge zu30 Werken der Klassischen Modernegeschaffen. Der Eintritt ist frei.

„Create your future“Jugendliche laden von heute, Donners-tag, bis Samstag, 9. Mai, ins E-Werkan der Eschholzstraße ein: Ihre Tanz-show „If you can dream of you can doit“ hat heute, Donnerstag, um 20.30Uhr Premiere, weitere Aufführungengibt’s am Freitag und Samstag. Die Showhaben zehn Jugendliche im Alter von14 bis 18 Jahren selbst erarbeitet. An-geleitet wurden sie von einem Hiphop-Tänzer, der selbst kaum älter ist. Inihren Choreografien erzählen sie dieGeschichte eines Tänzers, der sichselbst sucht. Die Show ist im Rahmendes Projekts „Create your future“ mitJugendlichen mit Migrationshinter-grund aus Weingarten entstanden.Karten (6,60/3,30 Euro) beim BZ-Ti-cketservice, Bertoldstraße 7, oder ander Abendkasse. Die Einnahmen gehenan ein Projekt auf den Philippinen.

K U R Z G E M E L D E T

Jahrestagder BefreiungVeranstaltungen zum 8. Mai

Ein Bündnis aus Gewerkschaften, antifa-schistischen Initiativen und linken Partei-en würdigt den 70. Jahrestag der Befrei-ung von der NS-Diktatur am 8. Mai 1945mit einigen Veranstaltungen. Eine zu-nächst strittige Kundgebung im Stadtgar-ten wurde von der Stadt inzwischen ge-nehmigt. Die Veranstaltungen:7. Mai, 19 Uhr, Universität, Kollegienge-bäude III, Hörsaal 3117, Platz der Univer-sität 3; Zeitzeuge Theodor Bergmann(99): „8. Mai 1945 – Niederlage oder Be-freiung?“8. Mai, 17 Uhr, Stadtgarten: Kundge-bung mit Theodor Bergmann.23 Uhr: White Rabbit Club, Leopoldring1, Befreiungsparty13. Mai, 19 Uhr, Aula der Gertrud-Luck-ner-Gewerbeschule, Kirchstraße 4, HeikoHaumann: „Gewerkschaftlicher Kampfum Wirtschaftsdemokratie in Baden1945 bis 1952“.15. Mai, 20 Uhr, Linkes Zentrum Ade-lante, Glümerstraße 2, AntifaschistischeLinke International: „AntifaschistischeGeschichtspolitik und die Zukunft der Er-innerungskultur.“21. Mai, 20 Uhr, Universität, Raum nochunklar, Lorenz Knorr (93): Zeitzeugenge-spräch.13. Juni, 10 Uhr, Offenes antifschisti-sches Treffen (OAT): Wanderung zum KZNatzweiler-Struthof, Info und Anmel-dung unter [email protected]

Alle Infos unterhttp://mehr.bz/tagderbefreiung

Nicolas und André Apsel und Philipp Faller (von links) bei der Tab-App-Rallye auf dem Rathausplatz.

Unterstützung für Marieluis SalomeFritz F O T O : I N G O S C H N E I D E R

I N F O

F R E U N D E D E R U N I V E R S I T Ä T

Der Verband der Freunde der Univer-sität hat 820 Mitglieder, darunter 70Institutionen und Firmen. Im vergan-genen Jahr hat er insgesamt 123 000Euro an Fördermitteln aufgebracht:Stipendien für Doktoranden oder Preis-gelder für Studierende. Allein 40 000Euro flossen in die Projektförderungfür studentische Gruppen oder Einzel-personen (für Exkursionen, Auslands-aufenthalte oder sonstige Projekte).2014 sind 66 Projektanträge gestelltworden, 47 wurden bewilligt. Die För-dersummen schwanken zwischen 200und 500 Euro. Die Antragsteller müssenihr Projekt samt Kostenrahmen dar-stellen und es von der Fakultät begut-achten lassen. arü