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Formen wir die Gesellschaft, oder schafft die Gesellschaft Formen? Wer hat Einfluss und unter welchen Einflüssen stehen wir? Die kritische Auseinandersetzung mit unserem alltäglichen Umfeld ist Mittelpunkt der Ausstellung, in welcher das klassische "Design-Produkt" als solches nicht mehr absolut ist, sondern der Vermittlung gesellschaftlicher Umstände dient. Es wird zum Diskussions-Objekt, vielmehr als ein industrielles Massenprodukt oder marktorientiertes Konsumgut. So wie die Gesellschaft, unterliegt auch das Design dem stetigen Wandel in welchem sich sowohl Ausdrucksformen als auch Aufgaben des Designers ändern. Gesellschafft Form will verwundern, will Kontexte und Kategorien aufbrechen und damit Interesse wecken, Inspiration bieten und Bewusstsein schaffen. Design als selbstironische Unterhaltung mit Diskussionsbedarf.
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GESELL -SCHAFFT FORM
AUSSTELLUNGS KATALOG
FORMING HISTORY | TINO SEUBERT
AUFGEMERKT! | JAKOB MAURER
APPLAUS | CINDY STROBACH
PERMUTATIONS | PAUL VOGGENREITER
DARWIN | WERNER GASSER
WWW | VIKTOR MATIC
SUPERFURNITURE | THOMAS EGGER
ZEITRAUM | RUPERT ADLMAIER
WORLDWIDE CARPETS | DAVID HANAUER
Formen wir die Gesellschaft, oder schafft die Gesellschaft
Formen? Wer hat Einfluss und unter welchen Einflüssen
stehen wir? Die kritische Auseinandersetzung mit unse-
rem alltäglichen Umfeld ist Mittelpunkt der Ausstellung,
in welcher das klassische „Design-Produkt“ als solches
nicht mehr absolut ist, sondern der Vermittlung gesell-
schaftlicher Umstände dient. Es wird zum Diskussions–
Objekt, vielmehr als ein industrielles Massenprodukt oder
marktorientiertes Konsumgut. So wie die Gesellschaft,
unterliegt auch das Design dem stetigen Wandel, in wel-
chem sich sowohl Ausdrucksformen als auch Aufgaben
des Designers ändern.
„Gesellschafft Form“ will verwundern, will Kontexte und
Kategorien aufbrechen und damit Interesse wecken,
Inspiration bieten und Bewusstsein schaffen. Design als
selbstironische Unterhaltung mit Diskussionsbedarf.
Johannes Niederhauser
Über Gesellschaft zu schreiben verlangt eigentlich nach
einer breiten Diskussion der verschiedenen Theorien. Es
könnte beispielsweise argumentiert werden, dass eine
Gesellschaft, wie die eines Volkes innerhalb eines Natio-
nalstaates, vornehmlich durch einen gemeinsamen Feind
zusammengehalten wird; frei nach Carl Schmitt. Das heißt
die Fantasie einer grundlegenden Gemeinsamkeit wird
erst durch das böse Andere kreiert. Die Frage nach Gesell-
schaft ist auch verbunden mit der Frage nach dem Indivi-
duum. Wenn wir Gesellschaft als Kollektiv verstehen, also
als einen Verbund von Einzelnen, die ihre persönlichen
Interessen und Ziele zurückstecken oder gänzlich aufge-
ben für das eine, höhere Ziel der Gemeinsamkeit, dann
befinden wir uns im theoretischen Sozialismus. Natürlich
formuliert auch der moderne Staat (durch die Volksver-
treter auch der einzelne Bürger) gemeinsame Ziele wie
Wohlstand oder Gleichheit vor dem Gesetz. Jeder von uns
ist unmittelbar auch geboren in eine Welt, die, auf der
„GESELLSCHAFT
übERWINDEN –
DER MODERNE
MENSCH AUF DER
SUCHE”
sozialen Ebene, vom Gesellschaftsvertrag geprägt ist.
Diese Idee formt nicht nur das gesetzliche Zusammen-
leben, sondern durch die kulturelle Wertvermittlung in
Familie, Schule und anderen Verbünden, werden wir als
Individuen geformt. Dennoch erwachen in uns Ideen und
Vorstellungen von unserem Leben, und wie es sein soll,
die wir für unsere ureigenen halten. Die Frage nach Ge-
sellschaft zieht also auch die Frage nach der Freiheit des
Individuums nach sich. Absolute Freiheit, wie sie eigent-
lich Kant formuliert, hieße das völlige Losgelöst-sein von
der Umwelt. Die Anthropologie zeigt uns ein anderes Bild.
Vielleicht ist es sinnvoller weder von einem gänzlichen
Determinismus (wie etwa bei Marx) noch von einer abso-
luten Freiheit des Einzelnen auszugehen. Überhaupt sollte
eine tiefe Diskussion über Gesellschaft und den Einzelnen
die Frage stellen, ob denn das Individuum überhaupt ein
bestimmtes ‚Ich’ oder stabiles ‚Selbst’ besitzt. Das würde
hier etwas zu weit führen, aber der Denkanstoß ist durch-
aus wichtig innerhalb der Fragestellung der Ausstellung
und ist dem Besucher nahegelegt. Im Rahmen dieser Aus-
stellung und der Fragen, die sie stellt, ist vermutlich die
Annahme eines ewigen Wechselspiels zwischen Ganzem
und Einzelnem, wie es sich und das Andere formt und wie-
derum geformt wird, die trefflichste. Gesellschaftstheorie
nach Adam Smith (great society), Hegel (Zivilgesellschaft),
oder modern-liberal nach Friedrich von Hayek, sieht das
Individuum zunächst in der Familie verankert. Dort werden
gemeinsame Ziele formuliert. Auf Ebene der Gesellschaft
aber – hier sind sich die drei Denker einig – können keine
gemeinsamen Ziele formuliert werden. Menschen verfol-
gen ausschließlich ihre eigenen Interessen. Vor allem bei
Hayek ergibt sich aus den unzählbaren Einzelinteressen
die Gesellschaft in all ihrer Mannigfaltigkeit. Sie wird
geformt durch die Handlungen der Einzelnen, und der Ein-
zelne formt wiederum seine Wert- und Lebensvorstellun-
gen durch die Formen, die er in der Gesellschaft verankert
sieht. So kann die Gesellschaft zum Beispiel eine Leis-
tungsgesellschaft sein, oder zunehmend auf Aufmerksam-
keit setzen. Auch alternative Lebensformen entstehen und
bestehen grundsätzlich nur im Widerspruch und Kontrast
zur Gesellschaft, und dem ‚was man so macht.’ Solche
Lebensformen bilden dann ihr eigenes „man“ heraus und
sind ebenso konventionell. Die Forderung der Moderne
und damit die Anforderung an den modernen Menschen
aber ist es, jede Form von „man“ zu überwinden. Heute
spricht man in der Gesellschaftstheorie von Schwarmintel-
ligenz, was immer das ist – früher wäre das als Pöbel be-
zeichnet worden. Was jeder macht, muss gut sein, gilt hier.
Der Einzelne erscheint dann als Abbild der Vorstellungen
des Lebens, wie es sein soll. Erfahren wird dadurch eine
innere Aushöhlung – Sinnlosigkeit ist das Thema unserer
Zeit. Das Klammern am „man“ soll helfen, verspricht dem
Dasein Sinn, formt so gesehen den Einzelnen, oder eher:
er lässt sich formen. Der Mensch aber ist ein schöpferi-
sches Wesen. Er will erschaffen und damit Sinn suchen.
Wird ihm Sinn vorgegeben, nimmt er ihn nur äußerlich an,
während er innerlich zerbirst. Der moderne Mensch muss
sich seinen Sinn selbst erschaffen in der Sinnlosigkeit, das
heißt in der Akzeptanz, dass das Leben so ist, wie es ist.
Ideen der Gesellschaft, Vorstellungen des „man“, also der
Durchschnittlichkeit, tangieren ihn dann nicht länger. Es ist
ein ewiges Suchen und Fragen, eine ungewisse Gewissheit,
Reflexion bis zur Bosheit. Aber Freiheit im höheren Sinne,
entfernt von den Wünschen und Vorstellungen der Allge-
meinheit. Geformt zwar durch sie, aber das Eigene weiter
ausformend nur aus sich.
TINO
SEUbERT
FFF – Function fucks form?
1896 wurde der Hochhausarchitekt Louis Sullivan mit sei-
ner Aussage „FFF – Form follows function“ berühmt. Die
Form von Gebäuden, Möbeln, Einrichtungsgegenständen
und allgemein von Objekten sollte sich aus deren Funktion
ergeben. Verzierungen und Ornamente wurden als störend
empfunden und hatten in der Moderne nichts mehr
zu suchen. Dieser Grundsatz hielt sich in der Architektur
und dem Design bis in die 70er Jahre und bei vielen
Verfechtern teilweise noch bis heute.
2012 sind wir an einem Punkt angelangt, an dem
wir Objekten viel mehr abverlangen als rein funktions-
erfüllend zu sein. Sie dürfen uns mit Witz, Charme oder
Ernst auf einer emotionalen und intellektuellen Ebene
erreichen und anregen - oder sollten das sogar, um für
uns interessant zu scheinen. Ein rein funktionales Objekt
langweilt uns, so lange es sich nicht gerade um einen
Designklassiker handelt. Gegenstand bleibt nicht Objekt,
sondern wird zum Subjekt, dass sich aktiv in das Leben der
Menschen eingliedert. Die Ausstellung „Gesellschafftform“
beschäftigt sich mit einer Sparte dieses Phänomens – in
wiefern können sich gesellschaftliche Entwicklungen und
Beobachtungen in der Formsprache von Objekten nieder-
schlagen. Ich persönlich beteilige mich daran mit meinem
Projekt „Forming History“, in welchem ich geschichts-
trächtige Momente hernehme, die fotografisch dokumen-
tiert wurden und aus ihnen Möbel baue, die diesen einen
Moment festhalten sollen. Forming History –
Die Geschichte gibt dem Möbel seine Form.
„CHINAS REGIERUNG IST ES ZWAR
GELUNGEN, DEN STUHL LIU XIAObOS
LEER ZU HALTEN. DOCH IN AbWESENHEIT
LIUS SPRICHT DIESER STUHL bäNDE.“(Salil Shetty)
In meinem Projekt „Forming History“ wähle ich wichtige Momen-
te aus der Geschichte aus, in welche Möbel involviert waren und
entwickle aus der jeweiligen Situation eine neue Form für ein Möbel-
stück. Dabei beziehe ich mich immer auf jeweils eine Fotografie, in
der die Szene festgehalten wurde. Die stattgefundenen Geschehnisse
sind später noch wie abstrakte Schatten, Verformungen oder Spuren
auf den neu entworfenen Objekten
sichtbar. Das Möbel friert den Mo-
ment ein und hält ihn fest. Somit gibt
die Geschichte den Möbeln ihre Form
– „History is forming furniture“. Mit den Möbelstücken möchte ich
erreichen, dass sich der Betrachter mit der Geschichte auseinander-
setzt und Bewusstsein darüber fördern. Außerdem soll auf unsere ei-
gene Verantwortung für politische Entwicklungen um uns herum auf-
merksam gemacht werden. Wir können uns selbst auf den Platz von
Friedensnobelpreisträgern setzen, auf die Strafbank von angeklagten
Regime–Führern, oder an den Verhandlungstisch des Vietnamkriegs.
Der Benutzer wird somit selbst zum Akteur einer weltbewegenden
Szene – „Me, you, us forming history“.
FORMING HISTORY
JAKOb
MAURER
Zur Gestaltung der Welt
einen Beitrag machen;
in egal welcher Richtung
ob Euro, ob Drachmen.
Sich Aufgaben stellen,
auf Verzagen verzichten;
das Dunkel erhellen,
das Versagen vernichten..
...Drama ist wichtig
in unsrer Gesellschaft
selbst wenn man nur flüchtig,
höchst selten was selbst schafft.
Optimismus dagegen,
in Ehren gehalten,
schafft Ehrgeiz und Mut
doch mit zu gestalten!
„ZU HAUF MERKT MAN AUF,
AUF SCHALL UND RAUCH,
WAS WICHTIG IST
GEHT OFTMALS DRAUF!“
Hallo liebe Rinder, seid ihr alle da? Die ganze Welt ist ein Theater,
auf deren Kugelbühne ein jeder das Kasperle mimt. Gleichzeitig
verhält sich der Kasper der Gesellschaft wie ein Rind in der Herde,
macht mit in kommentarloser Fremdregie, kaut wieder und ist über-
fordert davon wirklich DA zu sein. Denn das
DA–Sein kann man nicht fristen, es erfordert
Konzentration und ist weitaus mehr als die
rein physische Präsenz. Vielmehr ist es die
bewusste Auseinandersetzung mit den Dingen, die uns umgeben und
jenen, die uns innewohnen. Am Beispiel der Daseinsberechtigung
wird deutlich, dass es essenziell ist zu hinterfragen, nach einer Ant-
wort auf die Fragen des eigenen (Er-)Lebens zu streben. So bedarf
es gerade in der heutigen Welt einer genauen Vorstellung dessen
was man sowohl passiv konsumieren als auch aktiv zum Konsum
beitragen will. Ein maßgeschneiderter Filter, der hilft sich auf die
wichtigen Dinge zu konzentrieren und davor bewahrt in der Informa-
tionsflut unterzugehen. Denn Aufmerksamkeit und Konzentration
sind begrenzte Güter die es nicht zu verschwenden gilt.
AUFGEMERKT!
AUSZUG: AUFGEMERKT!
Bauer oder Ehrmann? Welcher macht mich mehr an?
Dr. Oetker, Mövenpick? Spielt die ganze Welt verrückt?
Wer soll denn den ganzen Joghurt essen? Und vor allem
welchen esse ich? Dabei ist das Joghurt-Regal im Su-
permarkt bei weitem nicht die einzige Absurdität, bei der
man sich in Entscheidungsproblemen verlieren kann. Der
Überfluss an Angeboten ist bei sämtlichen Produkten,
Veranstaltungen, Trends etc. vorhanden. Alles und jeder
schreit nach Aufmerksamkeit, wird inszeniert oder insze-
niert sich selbst. Ein Spektakel jagt das andere und wird
dabei immer lauter, provokanter und aggressiver.
Die Gesellschaft des Spektakels
Geschichtlich betrachtet ist die Gesellschaft des Spekta-
kels ein alter Hut. Schon die Römer wussten durch Brot
und Spiele das Volk in Zaum zu halten und befriedigten in
dekadenter Weise dessen niedere Gelüste. Die industrielle
Revolution seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts,
die damit einhergehende gesellschaftliche Entwicklung
und später die Globalisierung brachten uns auf sicherem
Wege dorthin, wo wir uns heute befinden. Man könnte
sagen in eine - zumindest westliche - Wohlstandsgesell-
schaft der freien Marktwirtschaft und der unbegrenzten
Möglichkeiten. Theoretisch kann ein jeder das machen was
er will, was er für richtig und wichtig hält. Genauer be-
trachtet jedoch, führen die unendlichen Möglichkeiten, die
hundertfach verschiedenen Joghurtsorten und Angebote
zu einer weit verbreiteten Ratlosigkeit. Und das spiegelt
sich in dieser Gesellschaft des Spektakels wieder. (...)
zwischenmenschlich
selbstrefernziell
konsumorientiert
CINDY
STRObACH
Design erfüllt heute nicht mehr nur Bedürfnisse des
Konsums, sondern es hinterfragt die Sachverhalte. Es
geht immer mehr darum, die richtigen Fragen zu stell
bevor der Prozess des Designs beginnt. Nur so kann man
Zusammenhänge verstehen, Probleme lösen und sich
tiefgründig mit Nachhaltigkeit und Gesellschaftsformen
auseinandersetzten.
Auf der Suche nach Antworten, versuche ich in meinen
Arbeiten an die Grenzen von menschlicher Auffassung der
Normalität zu gelangen und zu überschreiten, um in einen
Zustand der Ekstase zu gelangen. Ekstase im Allgemei-
nen sehe ich als Phase der sowohl körperlichen als auch
geistigen Erkenntnis. In ihr sehe ich die Herausforderung
und Faszination. In ihr liegt die Möglichkeit eine neuartige
Verbindung von Mensch und Objekt zu erschaffen.
„JE MEHR EIN ORT DEM FREIEN SPIEL übER-
LASSEN WIRD, DESTO MEHR bEEINFLUSST ER
DAS VERHALTEN DER MENSCHEN, UND UM SO
GRöSSER IST SEINE ANZIEHUNGSKRAFT.“(Iwan Chtcheglov)
Kein Mensch, kein Ding kann unabhängig von seiner
Umwelt betrachtet werden. Sowohl gesellschaftliche,
als auch physikalische Kräfte treffen auf sie ein. In meiner
Atsarbeit trete ich ein in einen Raum,
der ein Stück abseits der Realität liegt.
Dort kann ich unabhängig von Grenzen
der Wirklichkeit Parameter neu definie-
ren. Ich bin auf der Suche nach physikalischer Erkenntnis,
da in ihr die Möglichkeit der unmittelbaren Verblüffung und
des Staunens liegt. Mich reizt der Moment des Risikos. Ich
möchte ein Wagnis eingehen und die Schwerkraft heraus-
fordern. Ich provoziere ein Ungleichgewicht um gewohnte
Sicherheit und Stabilität in Frage zu stellen. Denn einzig
im Ungleichgewicht bewegt sich etwas – Ungleichgewicht
aktiviert Neuordnung. Man hat die Möglichkeit der Verän-
derung – und die Gelegenheit über sich hinauszuwachsen.
APPLAUS
PAUL
VOGGENREITER
Design wie Sand am Meer. Design für alles und für
jeden. Der Begriff wurde die letzten Jahre so inflationär
verwendet, dass es mir manchmal schwer fällt ihn ernst
zu nehmen. In einer Zeit, in der es einem vorkommt es
existiere alles im Überfluss, stellt sich die Frage, was man
selbst noch beitragen will.
Gesellschaftliche Ereignisse und Strukturen beobachten
und hinterfragen, anstatt zu optimieren und zwanghaft
Neues zu produzieren. Starten bei Themen, die anfangs
weit weg von einem Gebrauchsgegenstand scheinen und
zunächst auch nix damit zu tun haben. Die „Ergebnisse“
sind dennoch Objekte, die durchaus benutz- und erlebbar
sein sollen. Dabei geht es mir nicht in erster Linie um die
klassische Problemlösung, sondern um den Prozess
und den daraus entstandenen Formen.
STUHL, STULH, STHUL, STHLU, STLUH, STLHU,
SUTLH, SUTHL, SUHLT, SUHTL, SULHT, SULTH,
SHTUL, SHTLU, SHUTL, SHULT, SHLTU, SHLUT,
SLTHU, SLTUH, SLUHT, SLUTH, SLHUT, SLHTU,
TSLUH, TSLHU, TSULH, TSUHL, TSHLU, TSHUL,
TULHS, TULSH, TUSHL, TUSLH, TUHSL, TUHLS,
THLSU, THLUS, THSLU, THSUL, THULS, THUSL,
TLHUS, TLHSU, TLSUH, TLSHU, TLUSH, TLUHS,
USHLT, USHTL, USLHT, USLTH, USTHL, USTLH,
UTHSL, UTHLS, UTLSH, UTLHS, UTSLH, UTSHL,
UHTLS, UHTSL, UHLTS, UHLST, UHSTL, UHSLT,
ULTSH, ULTHS, ULHST, ULHTS, ULSHT, ULSTH,
HSTUL, HSTLU, HSUTL, HSULT, HSLTU, HSLUT,
HTSLU, HTSUL, HTULS, HTUSL, HTLUS, HTLSU,
HUSTL, HUSLT, HUTSL, HUTLS, HULST, HULTS,
HLSUT, HLSTU, HLTUS, HLTSU, HLUTS, HLUST,
LSHTU, LSHUT, LSTHU, LSTUH, LSUHT, LSUTH,
LTHUS, LTHSU, LTSUH, LTSHU, LTUSH, LTUHS,
LUHST, LUHTS, LUSHT, LUSTH, LUTHS, LUTSH,
LHUTS, LHUST, LHSTU, LHSUT, LHTSU, LHTUS
Das deutsche Wort Stuhl hat fünf Buchstaben. Es gibt 120
Möglichkeiten diese Buchstaben zu kombinieren, jedoch
nur einen korrekten Weg das Wort zu schreiben. Wie les-
bar Worte sind, hängt von der Kombination der Bauteile ab.
In manchen Fällen können wir noch erkennen was gemeint
ist, selbst wenn die Anordnung nicht 'normal' ist. Andere
Kombinationen sind so entstellt,
dass keine Assoziation mehr mög-
lich ist. Ebenso schwierig ist es,
einen Stuhl als Stuhl wahrzuneh-
men wenn seine Bauteile falsch platziert sind. Seine Be-
nutzung und äußere Erscheinung folgen klaren Regeln. Die
verschiedenen Bauteile haben eine festgelegte Anordnung
und genormte Maße, ähnlich wie die Buchstaben in der
Rechtschreibung. Die Arbeit „Permutations“ bewegt sich
zwischen richtig und falsch, zwischen benutzbar und nutz-
los. Das Prinzip der Rechtschreibung wird auf die Funktion
des Stuhles übertragen und im Experiment ausgereizt.
PERMUTATIONS
Ist Design Kunst,
oder soll es Fragen beantworten?
Für mich ist Design vor allem die Auseinandersetzung
mit Themen, die mich beschäftigen. Design ist für mich
also eine Art Selbsttherapie und ein nie aufhörender
Prozess der Weiterentwicklung meiner selbst. Dabei steht
nicht die Form der am Ende entstandenen Objekte im
Vordergrund, sondern die Geschichte die sie erzählen. Die
Objekte unterstreichen die aufgestellte These und ver-
suchen sie besser verständlich zu machen. Dingen einen
Sinn geben heißt also nicht nur Sinn im Sinne der Funktion
oder Form, sondern vor allem Fragen einen Sinn geben.
WERNER
GASSER
„Eines Tages nehme ich einen Fahrradsattel und eine
Lenkstange, setze sie aufeinander; ich mache einen
Stierkopf. Sehr gut. Was ich aber sofort danach hätte
tun sollen: den Stierkopf wegwerfen. Ihn auf die Straße,
in den Rinnstein, irgendwohin werfen, aber wegwerfen.
Dann käme ein Arbeiter vorbei, läse ihn auf und fände,
daß man aus diesem Stierkopf vielleicht einen
Fahrradsattel und eine Lenkstange machen könnte.
Und er tut es. . . Wundervoll wäre das.“
PICASSO UND
DER FAHRRADSATTEL
(Pablo Picasso)
DARWIN
Wie sehr darf, bzw. soll der Zufall die Gestaltung von
Zuständen beeinflussen? Entwickeln Zustände erst dann
ihre schöpferische Kraft, wenn sie irritieren, sich Routinen
entgegen stellen und sich einem nicht sofort erschliessen?
Der Ursprung des Zufalls liegt in der Entwicklung der Na-
tur, wo er Veränderung und dadurch Evolution provoziert.
Durch ständiges Experimentieren
entstehen neue Formen die ausge-
zeichnet funktionieren. Diese Methode
des Experimentierens wurde auf die
Gestaltung von Möbeln übertragen, um neue Ideen zu
generieren. Aus einer Liste von Möbeln wurden daraufhin
- wie bei der Ziehung der Lottozahlen - einzelne Möbelstü-
cke heraus genommen und zufällige Paare gebildet. Wie
in der Evolution setzten sich bei diesen Paarungen gewisse
Eigenschaften der „Elterngeneration“ durch und gaben
so den Objekten ihre Form. Es entstand die Möbelreihe
Darwin.
VIKTOR MATIC
Das Design im Wandel der Kontexte, in dem alles in Echtzeit
passiert. Das 21. Jahrhuntert als stetige Aneinanderreihung von Da-
ten und der Auseinandersetzung mit Privatsphäre und Vergänglich-
keit. Form follows 2.0 – publish yourself und Netzwerk. 24 Stunden
Erreichbarkeit contra Ressourcenknappheit. Der Mensch und seine
Umgebung als Device, das Leben als App, publiziert auf Facebook.
Zeit als Faktor für Auseinandersetzung mit Inhalten. Es geht um
das Ergötzen am Bild. Die stetige Digitalisierung des Bildes führt
zu Mangel an Einzigartigkeit oder Originalität. Wir leben in einer
Remix-Kultur. Wie DJ’s selektieren wir Artefakte (digitale & analo-
ge) des Alltages, liken und sharen sie bis sie uns auch schon nicht
mehr stimulieren. In ist was Neu ist. Out ist was besprochen wur-
de. Reiz an Unverfälschtem und Schockierendem. Das Internet als
Aggregator von Stilen. Demokratisierung des Geschmacks. Es gibt
keine Stilfragen mehr. In ist was gefällt. Zwang nach Indivisualisie-
rung oder Verortung durch Stilzugehörigkeit. Als Gestalter fähig sein
„Umgebungen“ (Environments) zu schaffen, in welchen sich der User
bewegen kann. Wo der Augenblick, der Zeitgeist eingefroren wird; wo
der Benutzer sich ausleben kann (unter einer Oberfläche). Durch die
Digitalisierung entstehen reale, halb-virtuelle Echtzeitwelten. Es ver-
ändert sich die Art und Weise unserer Sprache und Wahrnehmung.
Der Gestalter als Ordner der Unordnung.
VERäNDERUNG IST
DER IST - ZUSTAND
WWW
In unserer westlichen Gesellschaft findet heute ein
Großteil des Daseins in Form von digitaler Vernetzung und
Kommunikation statt. Das Web 2.0 ist zu unserem Alltag
geworden und die permanente ‘Echt-
Zeit’ - Verbindung verändert uns, unsere
Umwelt und die Wahrnehmung dieser. An
der Schwelle zur postdigitalen Gesellschaft
werden die Grenzen von Raum und Zeit aufgehoben. Die
Entmaterialisierung des Physischen ist eine reale Folge.
Das Bauhaus–Industrieobjekt ist dabei obsolet geworden.
Hybrid–Objekte werden zu Medien, Oberflächen werden zu
Räumen und Räume werden zu unscharfen Verläufen. In
einem beschleunigten Zeitalter voller Formfreiheiten und
der Veränderung als Ist–Zustand entwerfe ich ein Objekt,
welches selbst keinen Fixzustand hat und dabei stets in
Interaktion mit dem Benutzer und seiner Umwelt tritt.
„www“ ist eine Interpretation des Archetyps Regal.
Zwischen Form und Funktion, zwischen Raum und Dimen-
sion, zwischen einem noch-nicht und einem nicht-mehr
kreiert es reelle Möglichkeiten und spezifische Assoziati-
onen. Durch die Teile und Einheiten entsteht nicht nur ein
modulares System, sondern auch eine Art Installation im
veränderten Raum.
THOMAS
EGGER
Der Designprozess ist ein Dekodieren der Ge-
sellschaft. Gestaltete Objekte hingegen, bein-
halten den Code der Gesellschaft, die Flausen
der Zeit, Irrwege und Korrekturen.
Aktuell wird der Mensch immer mehr zum Bild.
Der Mensch ist erst er selbst, wenn er sich ab-
bildet – der Mensch wird erst Mensch, wenn er
sein Abbild mit anderen teilt. Das Objekt erlebt
somit eine Wandlung. Es muss zunehmend
mit Werten aufgeladen werden, da es Teil des
Kosmos ist, in welchem das menschliche Abbild
erzeugt wird. Objekte müssen mehr denn je
Werte intellektueller Natur transportieren.
Somit zählt nicht mehr nur das physische Objekt
allein, sondern auch dessen Abbild und die Aus-
sage des Abbildes. In diesem Zusammenhang
müssen wir „Objekteschaffer“ uns verstärkt mit
genau diesen Abbildern beschäftigen.
Willkommen im Graphizismus!
„DAS GROSSE bILD GIbT
SICH NICHT ALS bILD ZU
ERKENNEN: ES IST.
ODER GENAUER:
DU bEFINDEST DICH DARIN.“(ANTOINE DE SAINT-ExUPéRY)
SUPERFURNITURE
Bei dem Projekt „Superfurniture“ wird die Technik der Sanierung
in den Gestaltungsprozess von Design-Objekten verwoben. Anhand
eines Experiments haben 10 namhafte Gestalter 10 verschiedene De-
sign-Sanierungen an einem Stuhl vorgenommen. Durch die schritt-
weise Überarbeitung entstand das
„Übermöbel“. Dabei wurde stets das
Bestehende in den Gestaltungspro-
zessmit einbezogen und der Stuhl so
zu einem exzessiv bearbeiteten Darstellungsobjekt, welches Media-
tor, Multiplikator und Inspirationsquelle zugleich ist. Das Übermöbel
gleicht in gewisser Hinsicht einem Palimpsest bei dem verschiedene
Ideen – wenn auch nur bruchteilhaft – übereinander liegen. Die Basis
wird nicht zerstört, sondern restauriert und erweitert.
1 | Volker Albus
2 | Paolo Ulian
3 | Ingrid Hora
4 | Daniel Salomon
5 | Sven Anvar Bibi
6 | Miki Astori
7 | Alberto Meda
8 | James Irvine
9 | Duilio Forte
10 | Giulio Iacchetti
3
4
2
5
1
2
6
8
9
10
7
RUPERT
ADLMAIER
Für mich ist Design die Disziplin, ein möglichst breites Spektrum
dieser Welt in all ihren Facetten wahrzunehmen und zu analysieren.
Durch die individuellen, unterbewussten Filter, mit welchen jeder
Mensch durch die Welt geht, entsteht für jeden eine eigene, persönli-
che Realität. Diese Realitäten mögen sich vielleicht berühren, werden
aber nie deckungsgleich sein. In meinen Augen ist die Aufgabe eines
Designers diese unterschiedlich wahrgenommenen Realitäten zu
erkennen und für ein breites Publikum zugänglich zu machen.
„ICH TRAGE NIE EINE UHR.
UHREN SIND PEITSCHEN
FüR ALL JENE, DIE SICH
ALS RENNPFERDE
MISSbRAUCHEN LASSEN.“FRANçOIS MITTERAND (1916-1996)
Zeit entspringt nicht einfach der Uhr. Sie entsteht in unserem Be-
wusstsein und unserer Erinnerung: Die Art und Weise wie wir durch
unser Leben gehen, entscheidet darüber wie viel Zeit wir tatsächlich
Er-leben. Druchlebt ein Mensch einen Großteil seiner Lebenszeit
stets im selben Alltagstrott, so wird er nur wenige neue Erinnerun-
gen abspeichern. Unser Gehirn „gewöhnt“ sich
an wiederholt Erlebtes. Eine Reise zu neuen
Orten, sei sie auch nur 3 Tage lang, birgt oft
weit mehr Zeit als 3 Wochen Alltag. Meine
Installation illustriert interaktiv die Abhängigkeit der Erinnerung von
unserer Aufmerksamkeit: Intensivere Erfahrungen und Erlebnisse
dehnen die wahrgenommene Zeit, die wir jenen in unseren Erin-
nerungen zusprechen. Umso mehr Aufmerksamkeit meiner Arbeit
geschenkt wird, desto stärker wird die im Objekt dargestellte Zeit
gebremst. So werden Details sichtbar, die sich den Betrachtern an-
sonsten nicht offenbaren würden.
ZEITRAUM
DAVID
HANAUER
In welchem Verhältnis stehen wir heutzutage zu Objekten und
Strukturen, deren Umgang allseits bekannt ist? Was hat der Zustand
der Reizüberflutung in unserer heutigen Gesellschaft bewirkt?
Meine Arbeiten sollen als Antwort auf diese Fragen gelten
und ein Statement für die Jetztzeit abgeben - einerseits streng
zeitgenössisch, andererseits Lösungen für eine mögliche Zukunft
aufzeigen, eine Aussicht auf ein zukünftiges Leben. Dinge und
Gewohnheiten werden auf das Äußerste reduziert, wobei es darum
geht, ein bewussteres Leben und einen bewussteren Umgang mit
Objekten zu erzielen. Die Arbeiten brechen mit gewohnten Struktu-
ren. Die Herausforderung ist es, auf richtige Weise mit dieser Kon-
textstörung umzugehen, Grenzen aufzuzeigen und somit innovative
und aussagekräftige Resultate zu präsentieren. Dabei geht
es jedoch nicht darum, mit Absicht anders zu sein -
things that need to function need the function.
„TAKE bACK WHAT
YOU OWN ANYWAY“
Das Projekt „WorldWide Carpets“ nimmt Bezug zu fotografischen
Luftbildern, wie sie durch das Softwareprogramm Google Earth im
Internet präsentiert werden. Vorwiegend Ansichten amerikanischer
Städte wie Las Vegas oder Los Angeles, deren Strukturen bereits ei-
nem komponierten Schema folgen, werden dabei aus ihrem Kontext
heraus gegriffen. Abhängig von
dem Standpunkt des Betrachters
wird die anfangs herangezogene
Struktur bis hin zu einer Störung
ihres Kontextes aufgelöst und überführt die ursprüngliche Auf-
nahme in ein Muster. In Anlehnung an die Ornamentstruktur von
Perserteppichen zeigt sich die Symmetrie in der Spiegelung des
gewählten Bildausschnittes, ebenso wie in der auf Wiederholung und
Abweichung basierenden Konzeption der abgebildeten Städte selbst.
„WorldWide Carpets“ sind so nicht nur Gebrauchsobjekte: sie berich-
ten vom zeitgenössischen Menschen selbst, der sie benutzt.
WORLDWIDE CARPETS
IMPRESSUM
FORMING HISTORY | TINO SEUBERT
Betreuer: Steffen Kaz und Jörg Gleiter
www. tinoseubert.com | [email protected]
AUFGEMERKT! | JAKOB MAURER
Betreuer: Steffen Kaz und Anniina Koivu
www.jakobmaurer.de | [email protected]
Betreuer: Steffen Kaz und Armin Blasbichler
www.cindystrobach.com | [email protected]
APPLAUS | CINDY STROBACH
Berteuer: Steffen Kaz und Gerhard Glüher
www.paulvoggenreiter.eu | [email protected]
PERMUTATIONS | PAUL VOGGENREITER
Betreuer: Steffen Kaz und Armin Blasbichler
www. wernergasser.eu | [email protected]
DARWIN | WERNER GASSER
Betreuer: Steffen Kaz und Walter Nydermaier
www.viktormatic.com | [email protected]
WWW | VIKTOR MATIC
SUPERFURNITURE | THOMAS EGGER
Betreuer: Steffen Kaz und Antonino Benincasa
www.superfurniture.org | [email protected]
Betreuer: Burkard Vetter, Michael Jostmeier, Christoph Schaden
www.rupertadlmaier.com | [email protected]
Betreuer: BLESS und Armin Linke
www.davidhanauer.de | [email protected]
ZEITRAUM | RUPERT ADLMAIER
WORLDWIDE CARPETS | DAVID HANAUER
KONZEPTION:
PAUL VOGGENREITER
JAKOB MAURER
GESTALTUNG:
PAUL VOGGENREITER
JAKOB MAURER
RUPERT ADLMAIER
INTERNET-AUFTRITT:
RUPERT ADLMAIER
VORWORT :
JOHANNES NIEDERHAUSER
DANKE AN:
ANDRé MEIER
ELLA SINDS
LOCHT 43
UNI BZ
GERHARD GLÜHER
KUNO PREY
STEFFEN KAZ
WUPWUP