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Universität des SaarlandesFak. 4.7Seminar: Interaktionale Phonetik (Köser)
Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem
(GAT)Margret Selting et al. (1998)
vonChristina Blaß
und Juliane Schmidt
Überblick
● Einführung
● Allgemeiner Aufbau und Struktur des Transkriptsystems
● Basistranskript
● Feintranskript
EinführungWarum ein separates Transkriptionssystem?
● Natürliche Gespräche können nicht mit dem herkömmlichen Schriftsystem hinreichend dargstellt werden
● Verschiede Systeme bei verschiedenen Autoren/ Publikationen
hinreichendes, einheitliches Transkriptionssystem notwendig
GATTranskriptionsprinzipien und -kriterien
● Ausbaubarkeit und Verfeinerbarkeit● Lesbarkeit● Ökonomie und Eindeutigkeit● Robustheit● Ikonizität● Relevanz● Formbezogene Parametrisierung● Kompatibilität mit anderen Systemen
Aufbau des Transkripts
● aus zwei Teilen aufgebaut
● Transkriptionskopf
● Gesprächstranskript
Basistranskript
Feintranskript
Der TranskriptionskopfInhalt
● Herkunft, Zugehörigkeit und Kennung des Gesprächs
● Tag, Ort und Dauer der Aufnahme
● Namen der Aufnehmenden/ Transkribierenden
● Situationsbeschreibung z.B. Interview, Telefongespräch etc.
Der TranskriptionskopfInhalt 2
● Teilnehmerrollen z.B. zwei Bekannte, Lehrer und Schüler
● Teilnehmerbeschreibung: Kürzel, Geschlecht, Alter, Beruf sowie relevante Infos (z.B. Dialekt)
● Kurze Inhaltsangabe des Gesprächs ggf. mit Verweis auf Besonderheiten
... für Publikationen
● Namen der Aufnehmenden/ Transkribierenden● Dauer der Aufnahme● Situationsbeschreibung ● Teilnehmerbeschreibung:● Kurze Inhaltsangabe des Gesprächs
Das GesprächstranskriptAllgemeine Struktur
● Nacheinander auf dem Papier = Nacheinander in der Zeit● äquidistante Schrift (z.B. Courier)● generelle Kleinschreibung● Numerierung der Zeilen beginnend mit „01“● Nr. 3 Lst. Kürzel 3 Lst. Text
Das GesprächstranskriptAllgemeine Struktur 2
● Weitere Zeilen hinzufügen ohne Nummerierung z.B. um Prosodie und nonverbale Äußerungen zu beschreiben
● In einer Publikation zitierte Textstellen werden mit “” vor der Nummerierung gekennzeichnet
01 A: hier fängt der text an02 B: ja genau
-> 03 A: diese stelle habe ich zitiert
Das BasistranskriptInhalt
● Wiedergabe des Wortlautes● Minimale prosodische Transkription● Überlappungen und schnelle Anschlüsse● Pausen und Dehnungen● Abbrüche● Para- und nonverbale Aktivitäten● Interpretierende Kommentare
Wiedergabe des WortlautesSegmentale sprachliche Transkription
● Literarische Umschrift - Ohne phonetische Symbole
- Keine Trennung von Phonetik und Orthographie
- Verschriftlichung erfolgt normkonform, d.h. entsprechend der Standardsprache (oder des Dialektes)
Wiedergabe des WortlautesSegmentale sprachliche Transkription 2
z.B. das --> // --> „dat“nicht --> // --> „nich“eine --> // --> „ne“hast du --> // --> „hasse“
ABER:lustig --> // --> „lustig“ NICHT:“lustich”
AUSSER:der Sprecher wechselt zwischen zwei Variantenz.B. lustig vs. lustich (süddt.)
lustig vs. lustik (norddt.)
Das BasistranskriptTurns und Überlappungen
Neuer Turn
Ohne Simultansprechen
=> neue Transkriptzeile
01 A: erster Turn 02 B: ein neuer Turn
Mit Simultansprechen
=> neue Zeile, einrücken, Klammern setzen01 A: jetzt [wollte ich noch sa’02 B: [das tut nichts[zur sache03 A: [noch sagen04 dass mich das stört
Das BasistranskriptTurns und Überlappungen 2
●Ausnahme: bei nicht kompetitiven Rezipientensignalen --> keine neue Zeile
01 A: ich wollte gerade [noch] sagen02 B: [hm ]
● Generell gilt: was untereinander in Klammern steht ist zeitlich parallel● Bei mehreren Turnüberlappungen in aufeinanderfolgenden Zeilen Zuordnung durch engeren Zeilenabstand
Das BasistranskriptSchnelle Turnanschlüsse
● „ = “ markiert schnelle, unmittelbare Anschlüsse von Turns oder ip's
01 A: ich will auch= 02 B: =ich auch
● Kann außerdem innerhalb von ip's verwendet werden
01 A: ich wollte dir noch=äh etwas erzählen
Das BasistranskriptPausen
● Pausen stehen entweder in der Zeile oder am Beginn der folgenden
● Ist die Pause keinem Sprecher zuzuordnen Pause steht auf gesonderter Zeile
Das BasistranskriptPausennotation
● (.) Mikropause
(-), (--), (---) kurze, mittlere und längere Pausen (geschätzt)
●(2.0) Angabe der geschätzten Pausendauer in [s]
●(2.85) Angabe der präzisen Pausendauer in [s] (zwei Nachkommastellen)
Sonstige segmentale Transkriptionskonventionen
a) Dehnung
● Abhängig von Akzentuierung, Sprechgeschwindigkeit und Rhythmus
● : Silbe etwas länger als erwartet gedehnt● :: / ::: deutlich größere Längung auffällige Verzögerung, Hervorhebung● z.B. „so::“
b)Verzögerungssignale
● äh● öh● Ähm● m● usw.● „gefüllte Pausen“
● z.B. 14 S2: ähm (1.0) 15 DREIßIG jahre ver‘hEIratet, (--)
c) Glottalverschluss
● ‘ für Abbruch durch Glottalverschluss
● z.B. ich hab geda‘● ! Ein ohne Gv endendes Wortfragment, z.B.
bei einem reparierten Versprecher, sieht beispielsweise so aus: die ble bremse hat versagt Der normgerechte Einsatz des Verschlusses wird nicht notiert.
d) Lachen
● so(h)o Lachpartikeln beim Reden ● Hahaha, hehe, hihi kürzeres und
„silbisches“ Lachen● ((lacht)) Beschreibung des Lachens
e) Rezeptionssignale
● Einsilbige Signale: hm, ja, nein, nee● Zweisilbige: hm=hm, ja=a, nei=ein, nee=e
● Reduplizierendes Signal mit Glottalverschlüssen (verneinend): ‘hm‘hm
● ne = Frageanhängsel (tag-question) / Dialogsignal, mit dem der Sprecher von seinem Gegenüber ein Rezeptionssignal anfordert.
Prosodie
a) Phrasierungseinheiten
= kleinere Einheiten der Turns
● angegeben durch die Zeichen für Tonhöhenbewegungen am Einheitenende
● prosodische, syntaktische und semantische Grenze muss erkennbar sein
Beginn einer neuen Einheit: durch Zeilensprung gekennzeichnet
b) Akzentstellen und -stärken
● Pro Phrasierungseinheit mindestens ein Hauptakzent (Primärakzent)
● Akzentuierte Silbe: GROSSBUCHSTABEN● z.B. RENnen, hOlen, HACke, …● auffällig starker Akzent: ak!ZENT!
c) Tonhöhenbewegung(vor Einheitende)
● hoch steigend : ? ● mittelsteigend: , ● gleichbleibend: -● mittel fallend: ;● tief fallend: .
● ne? / nich wahr? : Notation der Tonhöhenbewegung am Ende der syntakt.Einheit + Notation der Tonhöhenbewegung am Ende des Anhängsels
z.B.: ja HIER fängt der transkripttext an;=ne?
Sonstige Konventionen
a) Nonverbale Handlungen● Charakterisierung parasprachlicher und
außersprachlicher Handlungen
● z.B. ((schnieft)), ((hustet))● innerhalb eines Turns oder anstelle / parallel
zu einer verbalen Einheit
● z.B. ich habe das gar nicht so ((schnieft)) geMEINt-
b) Interpretierende Kommentare
= alle Phänomene, die der Transkribierende nicht formbezogen beschreiben kann, die aber relevant sind
● mit Angabe der Reichweite
● z.B. innere Klammer grenzt Kommentar vom
Gesprächstext ab, die äußere gibt die Extension an
c) Verständlichkeit
● unverständliche Passage: ( )
● vermuteter Wortlaut: z.B. (solche)● nicht mit Sicherheit identifizierbare Laute
oder Silben: al(s)o● mögliche Alternativen, zwischen denen nicht
sicher entschieden werden kann: (welche/solche)
Das Feintranskript
Prosodische Verfeinerung:
● Kennzeichnung der Akzentstellen/-stärken● Notation des Tonhöhenverlaufs in/nach
Akzentsilben● Notation auffälliger Tonhöhensprünge● Notation von Veränderungen des
Tonhöhenregisters, der Lautstärke, der Sprechgeschwindigkeit
● Notation des Ein- und Ausatmens
a) Akzentstellen / -stärken
● zusätzlich: Differenzierung zwischen primären und sekundären (schwächeren) Akzenten
● Primärakzent: gesamte Akzentsilbe groß geschrieben, z.B. akZENT
● Sekundärakzent: akzenttragender Vokal groß geschrieben, z.B. akzEnt
b) auffällige Tonhöhensprünge
= plötzliche deutliche Veränderungen der Tonhöhe relativ zur Tonhöhe der vorherigen (un)akzentuierten Silben
● wenn notwendig: verschiedene Stufen der Tonhöhensprünge nach oben: ↑ nach unten: ↓
● auffälliger Tonhöhensprung: nach oben: ↑
nach unten: ↓
c) Akzenttonhöhenbewegung● in und nach der Akzentsilbe● fallend: `KERL● steigend: ´KERL● gleichbleibend: ־KERL● steigend-fallend: ^KERL● fallend-steigend: vKERL
d) Veränderung in Lautstärke und Sprechgeschwindigkeit
● > forte, laut● > fortissimo, sehr laut●
piano, leise● > pianissimo, sehr leise
● > allegro, schnell● > lento, langsam● > crescendo, lauter werdend● > diminuendo, leiser werdend● > accelerando, schneller werdend● > rallentando, langsamer werdend
Vor die Stelle, an der die zu notierende Veränderung auftritt; äußere Klammer geschlossen, wo Reichweite beendet ist.
z.B.: s=ist der `Umbruch >
e) Ein- und Ausatmen
● Einatmen (je nach Dauer): .h, .hh, .hhh
● Ausatmen (je nach Dauer): h, hh, hhh
● .h / h = sehr kurzes Atmen usw.● z.B.: 18 ´WEGgegangen, =´ne, .h 19 nach ber´LIN
DANKE
FÜR
DIE
AUFMERKSAMKEIT
!!!