Gestatten Elite

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Julia FriedrichsGestatten:EiteAuf den Spuren derMchtigen von morgenI Hoffmann und Campe IMeinen ElternIn einer Reihe von Fllen wurden Namen undcharakteristische Merkmale von Personen zumSchutz Von deren Persnlichkeitsrechten gendert.1. Auflage 2008Copyright 2008 byHoffmann und Campe Verlag. HamburgWWw.hoca.deSatz: Drlemann Satz, Lemfrdegesetzt aus der Minion Pro und der !Tc BookmanDruck: GGP Media GmbH, PneckPrinted in GermanyISBN 978-3-455-50051_6EinUntmlt!a1lletr. derGANSKEVERLAGSGRUPPEIch lerne die Elite kennenWollen wir wieder Elite?Die Top-Adresse fr dieFhrungselite von morgenIn der ParallelweltNur kein Niedrigleister sein!EDEKA - Ende der KarriereHeie LuftDas groe UmdenkenDie ElitisierungDie Besten oder die Reichsten?Der Chef der EliteGewinner und VerliererDer LebenslaufforscherDie Elite-AkademieINHALT914162126313335394654687178Der Stolz des Freistaats97Differenzierung105Der Kampf um die vorderen Pltze107Elite mit Migrationshintergrund116Schwarzekarte127Die Schulen der Elite136Mathe: ausreichend. Elite: sehr gut138Tradition zu verkaufen161Die Politiker von Salem165Karrierecoach fr Teenager174Der Maulwurf184Die alternative Elite195Looking for Harvard218Die Elite feiert229Unter Gewinnern234Abschied Von der Elite241Dank249Die Stationen der Reise im berblick251Literatur255You'll never live like common people.You'll never do whatever common people do.You'll never faillike common people.You'll never watch your life slide out of view.PULP, COMMON PEOPLEICHLERNEDIEELITEKENNENDie Elite trat ineinem griechischenLuxushotel inmeinLeben. SiehieMariound war knappdreiig, alsonurweniglter als ich. Auer demselbenGeburtsjahrzehnthattenwir nicht viel gemeinsam. MariokanntesolcheAbende. Er trank, redete, lachte - gleichzeitig. Ohne inne-zuhalten. Er war makellos, ohne Selbstzweifel, siegessicher.Ich sa in einem Karo-Rock, der stndig verrutschte,nebenihm. AndenFenStiefel, dieichmir geliehenhatte. Whrend unseres Gesprchs drehte ich eine Haar-strhne um den Zeigefinger. Wie immer, wenn ich nervsbin. Im Gegensatz zu ihm gehrte ich nicht hierher.Nicht indieseFnf-Sterne-Idylle. UnterhalbunseresTisches branntenFackeln, jungeMenschensaenamHotelpool, dahinter leuchtete der angestrahlte Poseidon-Tempel. Direktdarunter lagdasMeer. Dieser Ort wareiner derschnsten, dieich seitLangemgesehen hatte,und dennoch fhlte ich mich unwohl wie selten.Ich war in Griechenland, weil ich mich bei McKinsey,der weltgrten Unternehmensberatung, beworben hatte.McKinseygehrt zu den Mchtigen der neuen Wirtschafts-welt. Die Firma hatte im Dezember 2006 vierzehntausendMitarbeiter weltweit, machte 600 Millionen Euro Umsatz9allein in Deutschland. McKinsey baut Unternehmen um.Behrden. Staaten. Zehntausend junge Deutsche wollen je-des Jahr dazugehren und schicken ihreBewerbung. Einbis zwei Prozent davon bekommen einen Job. Das McKin-sey-Auswahlverfahren gilt als das hrteste der Welt.Und an diesem Auswahlverfahren nahmauchich teil.Nicht weil ich bei McKinsey anfangen wollte, sondern zurRecherche. Ich arbeitete als freie Journalistin und war kurzdavor, mein Studium zu beenden. Ich war fnfundzwan-zig, also genau in dem Alter, das fr McKinsey interessantist. Die Berater der Firma sind nicht nur mchtig, sondernauch diskret. Sie wickeln ihre Auftrge im Stillen ab, selbstwennesdarumgeht, Arbeitsmter, KrankenhuserundUniversitten umzubauen. Aufkritische Fragen antwortensie ungern. Deshalb wollte ich mir das Unternehmen voninnen ansehen. Ich wollte wissen, wer diese Menschen sind,wie sie ausgewhlt werden. Deshalb hatte ich mich bewor-ben. Ich hatte nie gedacht, dass ich genommen wrde.Und dann sa ich in diesem Hochglanzhotel am Meer.McKinsey hatte mich und hundertzwanzig andere Studen-ten aus Europa zu einer Segeltour eingeladen. Das Ganzewar einEdel-Assessment-Center. Unsere groe Chancezum in die Welt der Berater, sagten die meisten.McKinseyzeIgte uns in Griechenland das schne Leben. Je-der ineinemeigenenBungalowmit Blickaufssegelten zu siebt aufkleinen Jachten in der gais.WIr feIerten eine rauschende Party. MKin b h .D . c sey uc teemen. JAthenundBarmnner, diemit CocktailshakernVier Tage lang liefVor unseren Augen ein Wer-efilm fr das schne und coole Leben der Berater ab.Auerdem wurde u . d'D. ns m lesen vier Tagen in kleinenosen dIe McKin Phil .sey- OSOphle verabreicht. Uns wurde10gesagt, wirseienbrillant. Wir seiendieBesten. Die, diedas Potenzial htten, Europas neue Fhrungsgenera-tion zu werden. Wer es schaffe, zu ihnen zu gehren, sagteMcKinsey, sei ein Gewinner. Elite.Mario war einer von vierzig Beratern, die mit uns imHotel wohnten. Immer wieder setzten sie sich zu uns, umuns von der Welt der Mchtigen und Erfolgreichen zu be-richten, die auf uns wartete. Mario war kein Date. McKin-sey bezahlte ihn dafr, dass er mit mir Wein trank, dass ermir Heldengeschichten erzhlte, wie ich sie noch nie zuvorgehrt hatte. Er erklrte mir das Leben der Elite.Er habegeradeeinegroeeuropischeFlugliniesa-niert, sagte er. Kosten reduziert, Leute entlassen. Die httensichganz schn gesperrt. Aber er httealle Widerstndegebrochen. Jetzt sei der Laden wieder fit. Und wieder tranker, lachte und gestikulierte. Er war so beschftigt mit sichselbst, dassererst sehrspt merkte, dassichseineGe-schichte nicht mochte. Dann verstand er und schaute michan, als htte er erkannt, dass ihm kein High Potential ge-genbersa.Es gibt Menschen, sagte er, die sind oben - das sindGewinner. Und Menschen, die sind unten - die Verlierer.Pass auf, riet er mir, dass du im Leben zu den Gewin-nern gehrst.Ichhtteeinevonihnenwerdenknnen. ZurckausGriechenland, lud mich McKinsey zu einem AuswahltagamBerliner Kurfrstendammein. Ich rechnete michdurch Tests und lsteCase Studies, wiedie Berater ihreBeispie1fStudentenhelfenlIeh gl b : wer en Verantwortung bernehmen.au e, dass Jeder d h', er ler rausgeht, nicht nur ein-58fachheidarauf ist, Karrierezu machen, sondern auchbereit ist, Verantwortung zu bernehmen frandere, inseinem Job oder privat.(( Seine Studenten wrden schnellbegreifen, dass man die Zugehrigkeit zu einer Elite nichtgeschenkt bekomme, sonderndassdieseharterarbeitetwerden msse. Es gibt ja den Vorwurf, hier wrden sichdie Unternehmershnchen einen Abschluss erkaufen.Dasist bleNachrede, dasknnenSietotalvergessen.EBSler lernen ganz schnell: Das Studium bei uns ist tat-schlich harte Arbeit.(Ich erinnere mich an Bernds durchgetaktete Tage, anseine Leistungsbereitschaft und seinen Flei und be-zweifle nicht, dass er sich seinen Abschluss hier erarbeitethat. Ich denke aber auch andie Autos, die Anzge unddie Kngurulederschuhe der Studenten, die ich hierbishergetroffenhabe, andie10000EuroproJahr, diedas Studium kostet. Aus meiner Sicht knnen dies keineKriterien sein, die bei der Vergabe der Pltze unter einerLeistungselite, gareiner Vorbildelite, eineRollespielendrften. Essindaber elementareKriterienbei der Ent-scheidung, obauseinemAbiturienteneinStudent derEBS wird.Jahns bestreitet nicht, dass an seiner Hochschule mehrUnternehmerkinder sindals blich. Er beziffert ihrenAnteil auf rund 30 Prozent im Vergleich zu knapp 20 Pro-zent an einer staatlichen Universitt. Er bekme aber im-mermehrAnrufe, SchreibenundE-Mailsausder, wieer sagt, aufgewachten und enttuschten MittelschichkAuch Lehrerfamilien zum Beispiel wollten ihre Kinder in-zwischen zur EBS schicken.Mein Bruder hat gerade sein Referendariat begonnen.Er schtzt,dass einem jungen Lehrer mit Kindim Jahr59etwa 30000 Euro netto bleiben. Die EBS-Studienge-bhrenfrenalsoeinDritteldesFamiliengehalts auf.DassdasohnefinanzielleReservenoder reicheGro-elternfinanzierbar seinsoll, bezweifleich. Jahnsemp-fiehlt dennochauchdenKindernaus diesenFamilieneine Bewerbung und eine Teilnahme am Auswahlverfah-ren. Zuerst soll geklrt werden, wer fr die Uni geeignetist, danach erst will die Hochschulleitung wissen, ob derKandidat die Gebhren zahlen kann.EineanderedeutschePrivatuniversitt, dieInterna-tional University Bremen(!UB), leistetsichein Verfah-ren, in demBewerber nur nach Leistung und ohneKenntnis ihrer Finanzen ausgewhlt werden, bereits seitihrer Grndung. Als Resultat der sogenannten need blindadmissionzahlennur acht Prozent der Studentendie Gebhren. Die !UB verzichtet nach Angaben derSuddeutschenZeitungdamit aufetwadieHlfteihrerEinnahmen aus Studiengebhrenund stand Ende 2006vor der Pleite. Die 106 Millionen Euro, die das ohnehin Land Bremen in die private Uni steckte, reichtennicht aus. Die Rettung kam schlielich in Gestaltemer Kaffeersterei. Die Jacobs Foundation kndigte an,b'IS zum Jahr 2011insgesamt 200 Millionen Euro in dieBremer Privatuniversitt zu stecken. Die opferte als Dankdas.imNamenundheit jetzt JacobsUmverslty.URdektor Jahns kennt die Geschichte dieser Fast-Pleite.n so werden auch' Zuk ft .dmun dIe meisten seiner Stu-entenihreGeb"h ah1ledi . urenz enmssen. Jahnsversprichtghch, dass seine Hochschule mehr Stipendien einfh-ren und dafr sorg . d dAf:ahmen WIr, ass BankenJ' edemder dieune "fu 'pm ng bestanden hat, einen Kredit anbieten.60Er schtzt, dass manche Studenten dann beim Abschlussbis zu 50000 Euro Schulden haben. Trotzdem halte er dasRisikoeinerKreditaufuahmefrgering, sagt er, dadieAbsolventen ja in gute Positionen kmen.ImOktober 1999habeichanderUniversitt Dort-mundangefangen. WirwarenfnfzigErstsemesteramInstitut fr Journalistik. Fast alle hatten gerade ein sehrgutesAbiturgemacht. EinProfessor begrteunsundversprachunseinegoldeneZukunft. DasInstitut btenicht nur eine sehr gute Ausbildung, sondern htte in derBranche auch einen erstklassigen Namen. 96 Prozent derAbsolventen htten unmittelbar nach dem Studium eineAnstellung als Redakteur gefunden und somit einen gutbezahlten, sicheren Job.Wir hatten gerade die Mappen mit den erstenselbst moderiertenSendungenimUni-Radiounddenbungsmeldungen abgegeben, als die Medienkrise berunshereinbrach. ZeitungenundNachrichtenagenturenschmissenHundertegutausgebildeter Redakteure raus,auchRundfunksender undInternetanbieterentdecktenden Charme des freienMitarbeiters, denman tageweiseentlohntundnichtalsfestenPersonalkostenblockansich bindet. Wir lernten,dass auch Professoren unrechthabenunddasseinJob, sobaldervomArbeitgeberinPraktikum umbenannt wird, wenn es gut luft, 50 Europro Woche bringt. Auch lange nach demAbschlussmanvrieren viele zwischenZeitvertrag und Teilzeitjob.Wir wissen, welche Zeitungen Hungerlhne von 130 Eurofr komplette Artikel zahlen und von welchen Auftrgenman leben kann. Gut, dass der Professor uns damals nichtauch noch ermutigt hat, Kredite aufzunehmen - risiko-frei, wegen der nahenden Festanstellung.61--;-----------__iiiliiiiliiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiil -----...........---...Man msse sich daran gewhnen, dass Bildung etwaskostet, sagt Rektor Christopher Jahns. Wasumsonst sei,sei oft auch nichts wert.Nachdem etliche staatliche Universitten in Nordrhein-WestfaleneineimVergleich zurEBSgeradezulppischeStudiengebhrvon1000EuroproJahr eingefhrt hat-ten, sank die Zahl der Studienanfnger zu Beginn des Win-tersemesters 2006/2007 um zehnProzent. DasszwischenGebhrenundder ZahlderStudenteneinkausaler Zu-sammenhang besteht, bestreiten die Bildungspolitiker undverweisen darauf, dass die Zahl der Studenten nach einemerstenGebhrenschockmeist wieder ansteigt. Fakt ist:Seit 2004 schreiben sich in Deutschland jedes Jahr weni-ger Erstsemester ein. Dabei steht im Koalitionsvertrag derdassderAnteil der jungenMenschen,dIe studieren, auf 40 Prozent pro Geburtsjahrgang steigensoll. Im Wintersemester 2006/2007 fiel man auf 35,5 Pro-zent .. k E'zuruc. InDebakel. ImHerbst 2007gab es ftir sogaroffiZiell Ohrfeigen: DieOrganisationfiir wIrtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit(?ECD) rgte die Bundesregierung in ihrem Bildungsbe-ncht. Deutschland " Rnki 'sellm a ng der Industriestaaten bel Quote der Hochschulabsolventen innerhalb von drei-Ig Jahren von Platz h f PI ' .ze n au atz zweIUndzwanzIg abge-rutscht, so der Bericht I S h . ".. . m c mtt studIere In den anderenLndern ber die Hlfte jedes Jahrgangs.Noch. Denn in Eng! d "E h"h an zum BeIspIel brachen nach derr 0 ung der Gb" hal1euren auf ber 4500 Euro pro Jahr voremStudenten au d M' Id' s er Itte.. und Unterschicht ihr Stu-lUmab. Diejenige d' d .t. n, Ie urchhlelten, versuchendie Kos-en mIt Jobs zu decke b 'd . n. er 80 Prozent der englischen Stu-enten arbeIten nebnhe er, trotzdem haben viele am Ende62Schulden in Hhe vonber 30000 Euro. AuchdenUSAhat eine Studie des EducationTrust gerade attestiert, dassdie UniversittendesLandesstetig reicher und weierwrden, weil die Gebhren, die mittlerweile auch an staat-lichen Universitten im Schnitt auf 12000 Dollar pro Jahrgestiegen sind, rmere Studenten vom Studium abhielten,Vielleicht hilft auch in diesem Punkt der von der Wirt-schaft so oft geforderte Blick nach Asien, nach China zumBeispiel. Dort ist die Zeit nach den Aufnahmeprfungenfr die Universitten die Zeit des Sterbens. Xuefei cuimingheien sie - die Schulgebhr-Selbstmorde.Die Opfer,schreibt die Sddeutsche Zeitung, seien die Eltern erfolg-reicher Schler, die kein Geld fr die hohen Hochschul-gebhrenhaben. Mindestens8000Yuan, gut 800Euro,verlangen chinesische Universitten pro Jahr. Das ist dasJahreseinkommeneinesDurchschnittsverdienersinderStadt. Auf demLandhabendieMenschenimSchnittnicht mehr als 3000 Yuan.Li Haiming,ein Bauer, hat sich in einem Trrahmenerhngt, nachdem seine Tochter Lingling die Prfung aneinemKolleg bestanden hatte. Erseieinnutzloser Va-ter, weil er die Gebhren nicht zahlen knne, sagte er vorseinem Tod. Nachdem Chen Li seinen Vater aus der Stadtangerufen hatte, um ihm berglcklich zu erzhlen, dasserdieUni-Aufnahmeprfung geschafft hatte, trank derVater eine Flasche giftigen Chemiednger. Auch dieneunzehnjhrige Wang Jingna trank Dngemittel, um zusterben. Sie hatte die Aufnahmeprfung freine Hoch-schuleinderProvinzhauptstadt bestanden. Rund1300Euro htte sie an Gebhren zahlen mssen. Das MdchenhattedieDorfverwaltung umeinen Kredit gebeten, ihnaber nicht bekommen.63__,------------------------iiiiiiiii-------..........----------.......--------..IiiNatrlich habe ich diesen Exkurs in dem Gesprch mitRektor Christopher Jahns nicht unterbringenknnen.Die Uhr lag schlielichzwischenuns, die halbe Stundelief. Er htte die Geschichten aus China sicher zu Rechtfr etwas radikal gehalten. UndNordrhein-Westfalen,England und die USA?Christopher Jahns wei, dass die Gebhren seinerHochschuleStudentenaus rmerenFamilienabschre- Er will nochmehr Stipendienorganisierenundsich, dass das deutsche Frdersystem umgebautWIrd. BIslang knnen Studenten, deren Eltern wenig Geldhaben,BAfG beantragen. Da der Bund diese Hilfe seitJahren nicht erhht hat, liegt der Maximalsatz bei mage-ren 585 Euro. Davon kann kein Student leben. Im teurenOestrich-Winkel schon gar nicht. Deshalb will Jahns dasGeldb dI 0un e nunddIeZahl derEmpfngerreduzieren.kriegt ja eigentlich jeder. BAfG ist ja nun keinLeistungsfrderungssystem. Das wird Joe nach finanziellerBedorft ku Igeit bezahlt. berlegen Sie mal, wie viel Geld dapauschal ausgegeben wird. Es wre besser nach Leistung '1 .erenzierenundgestaffelt zufrdern. Soknnteman die Wirklich B t d 0ches en er BAfoG-Berechhgten raussu-en dObk ,le esten zehn Prozent etwa, und deren Studiumomplett frdern.die anderen dann gar nicht?DIe mssendalf0 annversuchen, ihr Studiumanders,so aueIgenes Ri ik .ruf ISO,zu finanZIeren, oder erst einen Be-er ernen.Mehr Wettbe b . 0von P c wer 1st seme Kernidee. Jahns hlt wenigrOlessoren die Vert - oObJahrehab ' rage u er zwanzig oder dreiigenwollen Se Wund chan'" th . me unsche: changethesystemoe e cultureAfD 0. u eutsch: eme komplette Ent-64brokratisierung der Hochschule. Leistungsgedanke stattBesitzstandswahrung, nennt Jahnsdas. Ichfindeessotraurig, dass Elite in Deutschland so lange ein Schimpf-wort waro Klar, wir haben unsere Vergangenheit. Ichwohne in der Schweizo Und obwohl die Schweizer eher re-serviert sind, ist bei denen ganz klar, dass sie stolz daraufsind, dass einige ihrer Hochschulen Elite ausbilden. Dassdie Wirtschaftselite, die Politikelite, die Literaturelite dortan diesen Universitten entsteht. Das ist hier so lange ver-pnt gewesen. Und das stimmt mich echt traurig. Wir ha-ben uns hier einfach nur am Mittelma ausgerichtet undhatten ein total falsches Verstndnis von Gerechtigkeit.Was war das fr ein Verstndnis?Unser Verstndnis ist, dass der Schwache - ich spre-che von weniger Begabten, nicht von weniger Betuchten -immer mitgenommen werden musso Dadurch richtet sichautomatischviel amMittelmaaus. Manhat hiervielmehr den Willen, dem Schwachen zum Mittelma zu hel-fen, als denGuten weiterzubringen.Und dasempfindetman auch als gerechter. Fr mich ist das ein falsches Ver-stndnis. Gerechtigkeit heit, jeden nach seinen Fhigkei-ten, also auch denGuten besonders zu frdern, wie denSchwachen auf ein Mittelma zu bringen. Wenn ein Sys-tem dem Schwachen die Chance gibt, zurechtzukommen,finde ich das sozial richtig. Die Frage ist, ob das so orga-nisiert werden muss, wie wir dasmachen - ohne Diffe-renzierungvonAngeboten. Damit habeicheinechtesProblem. Was passiert denn heute? Die richtiggutenLeute, die whlen vielleicht ein, zwei, vielleicht noch dreiHochschulen hier, die sich anders organisiert haben, unddie anderen, die gehen einfach ins Ausland.Das ist eineKatastrophe. Das ist eine Bankrotterklrung. Und deshalb65mssen wir einfach auch mit derFrderung derGutenrichtig Gas geben und denen sehr, sehr gute Bedingungenliefern.Aber was ist, frage ich ihn, wenn sich DeutscWanddann drastisch verndert, wenn es dannzwar mehr Ge-winner, aber auch mehr Verlierer gibt?Da kannich nurprovokantsagen: Pechgehabt! Esgibt eben Unterschiede. Wir mssen die Leistungstrgerheraussuchen, die es brigens in allen sozialen Schichtengibt. Um die mssen wir uns auch intensiv kmmern. Dassind die, die eine Gesellschaft voranbringen.Am Abend sitzen wir in der Krone, der guten Stube vonOestrich. ViervonJahnsStudentenundich. Siesehennicht so aus wie die Jungs, mit denen ich sonst abends weg-gehe. AmNebentisch empfngt einer ihrer Freunde geradesein Date und raucht Zigarre. Auch ansonsten ist hier allesetwas gediegener als in den Bars in meinem Viertel. Einerder Jungs trgt ZWar eine Sportjacke, aber die ist nicht vonH&M, sondern aus der Kollektion des amerikanischen De-signers Hilfiger. Trotzdem ist schon nach der ersten Rundezweierlei klar' DI'e' . d ih . rnli h. Vler sm trotz rer Klamotten Zie cnormaleJungs, undihreSicht auf dieWelt ist nichtsoschwarz-wei wie die ihres Rektors.E i ~ e r finanZiert sein Studium ber einen Kredit. ZweiPraktikabei Inve t bnks ment a enhat erbislanggemachtund dort gem kt d der , ass as Gerede von den 16-Stunden-Tagen Realitt ud' h. n mc t Aufschneiderei ist. Es sei nichtso, dass dle Arbe't . ...kl 1Immer nottg und sinnvoll gewesen sei,agt er. Es gehe oft sW' h dd' c IC t arum, bis nach Mitternachtazusltzen. Sechzeh St d1- ft h n un en pro Tag arbeiten, wenn esau , underttausend Jahpro r verdienen, und mit drei-66ig Jahren stirbt man an Herzinfarkt, fasst sein Freunddas Leben, das einen jungen Investmentbanker erwartenkann, zusammen. Aber wenn ich es nicht mache, wie sollichdanndenKredit zurckzahlen?, fragt der andere.Dann erzhlt er, dass er so ein Investmentbanker-Lebennicht will. Er will Familie, sagt er, und seine Kinder auchmal sehen. Der Student, der neben mir sitzt, im Rauten-pullunder und mit zurckgegelten Haaren, sagt, manmssedasganzeGerede vonwegenTopstudentenundElite mal ganz gelassen betrachten. Ich bin durchschnitt-lichintelligent undberdurchschnittlichehrgeizigundfleiig, sagter. Aber wennmeine Elternsich dashiernicht leisten knnten, wre ich nicht hier.KurznachdiesemklugenSatz springen wir beide insein schnelles Auto, das vor der Kneipe parkt. Er rast inden Nachbarort, damit ich meinen Zug noch bekomme.Er lsst mich raus.Ich renne die Treppen hoch, die Trfllt hinter mir zu, undsofort binichineiner anderenWelt. Dieses Gebude gehrt zur Bahnhofsunterschicht.Es ist kein Glas- und StaWtempel wie der Berliner Haupt-bahnhof, kein schmucker mit Metallgewlbe wie derFrankfurter. Es ist einstinkendes, einsamesBackstein-haus, an dessen Wnde Jugendliche mit Edding ihre Lie-besschwre geschmiert haben. Ich will zum Gleis, rttlean der Tr, doch die ist verschlossen. ffnung erst vorAnkunft der Zgelese ich. LautPlan fhrt der Zug indieser Minute ab. Ich renne ums Gebude, stehe vor einemZaun, laufe zurck, rttle wieder an der Tr. Sackgasse,schreit der Bahnhof. Ich werde nervs.Dann ertnt dieDurchsage, dass mein Zug sich verspten wird. Ich fgemich, akzeptiere dieverschlosseneTr undstarresiewhrend der nchsten Viertelstunde an.67, "----------__- .....-.......-IHW'i_----....__IIIIIIIIIIII....................Was ist, berlege ich, wenn sichso einganzes Lebenanfhlt? Wenn man irgendwie am falschen Ort landet, diefalsche Tr benutzt und pltzlichnicht mehr wei, wiemanwieder rauskommt?Knnendie, denenesbessergeht, daeinfachsagen: Verlierer - Pechgehabt, esgibteben Unterschiede? In diesem Moment surrt die Tr.Esgeht weiter. Ich darf aufs Gleis, in den Zug, der mich nachHause fhrt.GEWINNERUNDVERLIEREREs ist zwei Uhrnachmittags. IchsitzeinunseremWG-WohnzimmerandemlangenHolztisch, denTheovorJahrenauf einemFlohmarktgefundenhat. DiehintereHlfte i t ' , ,s WIe Immer mit Toms und meinen Zeitungen be-deckt. Statt aufzurumen, setze ich mich mit Rechner undKaffee lieber an das etwas wacklige vordere Ende. Abgese-hen von den knarzenden Holzdielen ist es ruhig.Hannalernt in der Bibliothkd' J " . ,, e, Ie ungs smd seIt gestern m IhrenZlffimern. Theo w d f' ,ar gera e au emer Konferenz m Bonnzum ThemaGr d' kun emommen. Seit einpaarMonaten

er sich in mehrerenGruppen, die eine solcheaSIsversorgung f 'd B""b 1 r Je en urger durchsetzen wollen. Januer egt, wo er ' F' hf. em ISC erboot mieten kann, das err eme Protestakt' b h. , Ion rauc t. Mit dem Boot wollen Ak-tiVIsten - alsG Wkl'd eorge . BushundAngelaMerkel ver-el et - durchd RSchI as ostockerHafenbeckenfahren. Imeppnetz soll ein E dk IF" , e r uge zappeln, Die Welt in denangen WellIger M" h'tMac tiger, so wird ihre Botschaft lau-en. anchmal fhl' , ,Eindri gl' e Ich mIch hIer wie ein neoliberalern mg. Ich arbe't1 e gerne. Wenn es sinnvoll ist, auch68nachtsoder amWochenende. Immer wieder kommtesvor, dass meine Arbeitstage hnlich viele Stunden habenwie die einesInvestmentbankers. Ich habenichtsgegenLeistung und auch nichts gegen ein System, das im Gro-enundGanzennachdenkapitalistischenRegelndesMarktes funktioniert.Kurz nach meinemfnfzehnten Geburtstag habe ich imKinounserer Stadt angeheuert. Dort konnten dieZu-schauer whrend der Vorstellung ber eine TelefontastaturPopcorn und Getrnke ordern. Wir mussten die Bestellungin einem Korb ins dunkle Kino tragen, gebckt von Reihezu Reihe laufen, ohne zu stren abrechnen und kassieren.Wir bekamen keinen festen Stundenlohn, sondern wurdennachLeistungbezahlt. ZehnProzent unseres Umsatzesdurftenwirbehalten. ImLauf desAbendshabeichdasGeldinmeinemPortemonnaieimmer wiederdurchge-zhlt undamEndemeineScheineentgegengenommen.Wenig spter strich ich in unserer Lokalzeitung meine Ar-tikel an und addierte hnlich zufrieden das Zeilengeld, dasich bekommen wrde. Als ich meinen ersten Fernsehbei-trag fertig hatte, verkndete ich meinen Eltern nicht nurden Sendetermin, sondern vermeldete auch stolz meinenKontostand, nachdem das Honorar eingegangen war.Trotzdem reagiere ich reflexartig abwehrend, wenn ichhre, dass wir mehr Wettbewerb brauchen, dass wir dieSpitze frdern und Verlierer in Kaufnehmen mssen. Au-tomatisch versuche ich, eine Art Grundrecht auf Gleich-heit, auf Selbstverwirklichungundsicherauchauf einbisschen Faulheit zu verteidigen. Bernd hatte gesagt, dasserunverkrampft indenWettbewerbumLeistungein-steige. Es ist eine Sache, die ist da, und die nehme ich an,meinte er. Und da gibt es Gewinner und Verlierer- mal69ist man Gewinner, mal ist man Verlierer. Wobei man na-trlich hufiger Gewinner sein will.Als ich meinen Freunden von den Menschen erzhle,die ich bislang getroffen habe, spotten die meisten. berdie Schnsel im Anzug, ber Marios platte Sprche, berBernds Ehrgeiz. Keiner glaubt, dass solche Hochleistungs-leben glcklich machen. Aber was ist, fragt mein Freund,wenndas irgendwanndieStandards sind?Wennwirdann gar keine Chance mehr haben?Tom hat so lange studiert, dasser frdie letzten Se-mester bezahlen musste.Mein Bruder auch. Ein Freundwei nicht, was nach seinem Praktikum kommt. Ein an-d ~ r e r erzieht seinKindundhat lange gebraucht, umeInenJobzu finden. Sind sie Verlierer?Fr mich nicht.Der Mann, mit dem ich lebe, mein cooler groer Bruder,derintelligente, nachdenklicheVater: WiesosolltensieVerlierer sein? Ausbildung beendet, Liebe gefunden, Kinderzogen: AlsmeineElternjung waren, reichtedas, umganz zufrieden irgendwo im Mittelfeld leben zu drfen.Heute haben viele meiner Freunde Angst, dassihre An-strengungen nicht mehr reichen, dass sie durchrutschenwerden, nach unten. Schuld, darin sind wir uns an unse-rem WG-Tisch stet " .. d. s eInIg, waren ann nicht wir, sonderndI: Umstnde, die Ungerechtigkeit, der neoliberale Zeit-geIst, den viele, die ich bisher getroffen habe so mhelosund berzeugend vek" S" ' .. r orpern. 0 uberzeugend allerdIngs,dass mIt ihnen auch d' Z '1: I. . Ie wellean solchen Rechtfertigun-gen fr dIe eigene B' afi' . .dIOgr e In meIn Leben getreten SInd,er unguteVerdacht d '.. ' ass WIr VIelleicht selber schuldSInd, wenn wir scheitern.Vielleicht m t .t. ss en WIr alle umdenken. Vielleicht soll-en Wir akzeptieren d ., ass eIn Wettbewerb begonnen hat,70in dem die Regeln nicht mehr ausdiskutiert, sondern vonanonymen Globalisierungskrften diktiert werden. Viel-leicht braucht ein Land wirklich eine Art Auswahl, eineElite also, die es in diesen Wettbewerb entsendet, um imKampf um Anteile an der Weltwirtschaft punkten zu kn-nen. Aber selbst wenn ich diesen Bedarf, eine Leistungs-elite zu formen und zu fordern, akzeptiere, bleibt die allesentscheidendeFrage: Wemsoll dieses Privilegzugute-kommen?Fr welche Leistung bekommt man im LebenPunkte gutgeschrieben? Und wer mat sich an, Schieds-richter zu sein? Wer rechnet am Ende ab und schickt viel-leichtBemdundMarioindieChampionsLeagueunduns in den UI-Cup?DERLEBENSLAUFFORSCHERIch bin spt dran. Als ich mein Fahrradanschliee,frchte ich, dass der Mann, der mir heute diese Fragen be-antworten knnte, schon gegangen ist. Denn jemanden,der nach Professor aussieht, finde ich weder vor noch indem als Treffpunkt vereinbarten Berliner Cafe.GlcklicherweiseistMichaelHartmannnochda. Ersteht nebeneinerkleinenabgewetztenLedertascheaufdemBrgersteig.Er ist sounmodisch gekleidet, dassesfast wie ein Statement aussieht. Sein blaues T-Shirt ist zer-knittert, sein Schnauzer ignoriert jeden Trend. HartmannistProfessor, Altachtundsechziger, bekennenderLinker.Ungewhnlichist, dasser inder Wissenschaftsweltfastunumstrittenist, dassseineForschungsergebnisseauchvonderWirtschaft akzeptiert sind. Hartmannhat sichanders verhalten als viele andere Linke. Er hat nicht, wie71diese, im sicheren Glauben, auf der richtigen, der gutenSeite zu stehen, jahrzehntelang seine Thesen wiederholt,sondern er hat die Zeit genutzt, um Beweise zu finden.Hartmann ist ein Sammler, ein ganz hartnckiger so-gar. Er hat Tausende Lebenslufe Hochqualifizierter aus-gewertet und gilt als der einzige Eliteforscher des Landes.Ein Titel, den er stolz trgt, obwohl er den Begriff Elite Ich will von dem Begriff weg. Ich kann mir dasreIneEinzelpersonalleswunderschnzurechtlegen,aber wenn ich von Elite rede, rede ich von einer sozialenGruppe. DannredeichvonHerrschaft undMachtver-hltnis.sen. Sonst macht das keinen Sinn.Der Begriff istvon s:Iner Herkunft und Verwendung her eindeutig.Esmuss Immer die anderen geben. Das ist das Konzept, das Deshalbsageichimmer, wenn versuchtwIrd,. diesen Begriff sozial passfrmiger zu machen, dassdas eInfach nicht geht. Mit dem Begriff >Elite< ist aus vie-len G.. drun en ein Konzept verbunden, das eine Spaltungder Gesellschaft . hEl. .vorSIe t. >lte< heIt >Masse< auf der an-derenAnders lsst sich das nicht denken.Wl . de Wir versucht, den Begriff sozial vertrglich zumachen?Indem man d fh1.. arau Inweist, dass das alles Leistungs-e lten SInd L . t d5t. k f eIS ung, as heit ja, mansteigt Stck fruc au Es b .1. h . gl t eIne groe Pyramide. Alle haben hn-lC e Startvoraus ttisch haf'" zungen, undjederkannestheore-sc len DIese P dgibt 1. P . . s yraml enbild istaber falsch. EsJ\.eIne yramlde E h .k1. . s 1St e er eIne Sanduhr mit einemganz eInen Kopf d.mande b . - un eInem ganz engen Hals, und obnuerwIndet d hnicht ausshl l. ,as at auchmit Leistung, aberc le Ich und . htun. nlCtmal vorrangig damitzu72Michael Hartmann ist berzeugt, dass die Leistungs-elite ein Mythos ist. Ein Mythos, der bewusst geschaffenwurde, weil LeistungdaseinzigeKriteriumist, dasdieMassefr dieAuswahl einer Eliteakzeptierenwrde.Heit esdoch, dassjeder, dertalentiert, strebsamundfleiig ist, dazugehren kann. Dieser Glaube,sagt Hart-mann, sei ein Trugschluss. Das Gerede vom Wettbewerbder Besten sei vorgeschoben. Er hat sich mit seinem Team6500 Lebenslufe von promovierten Ingenieuren, JuristenundWirtschaftswissenschaftlernangeschaut. DerDok-tortitel ist der hchste Bildungsabschluss, der in Deutsch-land zu erreichen ist. Daher sollten Kinder aus Arbeiter-und Angestelltenfamilien mit der Promotion dasselbe Maan Eignung und Mhe bewiesen haben wie ihre Mitstu-denten aus brgerlichen Familien, beschreibt Hartmannseine Versuchsanordnung.SeinErgebnisist eindeutig: Nicht dieQualifikation,sondern die soziale Herkunft entscheidet ber die Auf-stiegschancen. Mittelschichtkinder machen trotz des Dok-tortitels vor allem in der Wirtschaft wesentlichseltenerKarrierealsihreKonkurrentenausbesserenFamilien.Wirhabenfestgestellt, dassvondenVorstandsvorsit-zendender hundert grtendeutschenUnternehmen85Prozent aus demgehobenenBrgertumunddemGrobrgertum stammen, sagt Hartmann. Eine enormeQuote, vor allemweil geradeeinmal 3,5Prozent derDeutschendieserOberschichtangehren. Nur 15Pro-zent der Vorstnde seien in Mittelschicht- oder Arbeiter-familien geboren, Schichten, aus denen die brigen96,5 Prozent der Bevlkerung stammen. Die Oberschich-ten stellten zudemfast zwei Drittel der oberen Verwal-tungsbeamten, und auch in der Politik, frher die Elite73der Aufsteiger, liee sich ein Prozess der Verbrgerli-chung beobachten, meint Hartmann. Selbst durch denErwerb des hchsten Bildungstitels ist es also nicht mg-lich, das Handicap einer nichtbrgerlichen Herkunftauch nur annhernd auszugleichen. Das Elternhaus be-einflusstdenZugang zurdeutschenEliteganzdirekt.Imdirekten Vergleichganzer Promotionsjahrgnge hater festgestellt:Bei gleichem Abschluss ist die Chance ei-nes Kindes aus grobrgerlichem Elternhaus, einen Vor-standsposten in einem Grokonzern zu ergattern,zwei-einhalbMalsogro wiedieder MitstudentenausderArbeiterklasseoderderMittelschicht. Statt einerAus-wahl der Besten trfen die Entscheider eine Auswahl dersozial hnlichen. Hartmann erzhlt stolz von fhrendenVertretern der Wirtschaft, die ihm gestanden htten, wiesehr diese Ergebnisse sie schockiert htten. Die meisten,sagt er, seientatschlichvonihrenAuswahlverfahrenberzeugt gewesen.Der Aufstieg in die Elite funktioniert nicht nach for-malisierten und nachvollziehbaren Regeln. Es gibt keinePunktetabellen, keine Ranglisten, an denen man die eige-nen Chancen ablesen kann. Die Auswahl der Privilegier-ten erfolgt in G "h. esprac en. In Gesprchen,die meist dieamherende Elite 't 'h '" ..ml I ren moghchen Nachfolgern fuhrt.Dabei wird seh 'I ' .r Vle wemger nach rationalen Kritenenentschieden als . ., mangememhm vermutet, stelltHart-mann fest. Der D k ' .E ruc,unter dem Topmanager bel Ihrenntscheidungen steh d d' .... .Ir. en, un le haufig auerst unsicherenlOrmahonsbas' rIS, aUlgrund derer sie diese Entscheidun-gen treffen msse I .. n, assen SIe nach Mnnern suchen, de-nen SIe vertrauen d dgut. h" 0 er eren Persnlichkeit sie zumindestemsc atzen knnen.74Manche Manager begrnden ihreAuswahlmitdemSatz: Die Chemie hat gestimmt, andere erkennen sichselbst indemBewerber wiederundsagen: Mit demknnte ich ein Bier trinken gehen. Wissenschaftler spre-chenvon Habitus, die despektierliche Variante heitStallgeruch. Letzten Endes beschreibt ,alles dasselbePrinzip: Jehnlicher einBewerber dem, der entschei-det, ist, destobesser. Kinder aus gutemHausehabenin diesemSpiel einfachdie besserenKarten,sagt Hart-mann. Sieseienmit deninVorstandsetagengltigenDress-und Verhaltenscodes vertraut, httenmeist einebreite, bildungsbrgerlich ausgerichtete Allgemeinbil-dung, eine ausgeprgte unternehmerische, risikofreudigeEinstellung und seien in der Regel souverner und selbst-sicherer. Aufsteigernfehlt dieseSouvernitt. Sieha-ben Angst davor, wieder dorthin zu mssen, wo sie her-kommen.Und wie knnte man es hinbekommen, dass Leistungdoch mehr zhlt als die soziale Herkunft?Obwohl ich eigentlich fr individuelle Lsungen binund es mir vllig widerstrebt, verteidige ich alle Verfah-ren, die formalisiert sind. Wenn man zum Beispiel nachNotengeht, gibt esauchschoneinesozialeSchieflage,weil die Notengebung inder Schule sozial nicht gerechtist. Aber alles, was an Auswahlverfahren noch dazukommt,machtes nur noch schlimmer.Leadership,Persnlich-keit, Auftreten - das sind fr Michael Hartmann hchstungeeignete Auswahlkriterien, da sie formbar und schlechtberprfbar seien. Es sei wie ein Wettbewerb, sagt er, dernachRegelnfunktioniere, dienurEingeweihtekennenknnten. Ein unfaires Rennen, das die, die von oben kom-men' geWinnen mssten.75Deshalbsei dasmitderLeistungseliteebenUnsinn,sagt er, als er mit seiner Ledertasche zur U-Bahn luft. ZuHause lese ich seine Studie und bleibe lange vor seinemFazit sitzen. Er schreibt: WennManager undPoliti-ker ein Ende der Gleichmacherei fordernund ein MehranLeistungsgerechtigkeit, lsstsichausderStudie nureine Schlussfolgerung ziehen: Es geht gar nicht um Leis-tungsgerechtigkeit, sondern um die Bewahrung und denAusbauihrer privilegiertenPosition. Mit demstndi-genVerweisauf dasPrinzipderLeistungsgerechtigkeitwerdennicht nur dieentscheidendenKarrierevorteile,die B kiurger nder aufgrund ihrer Herkunft besitzen, voll-komm . .enIgnonert, sonderneswirdzugleichversucht,die daraus resultierenden, immer krasser werdenden Un-terschiede in Macht und Einkommen ffentlichkeitswirk-sam zu legitimieren.Das ~ i n g t nach Klassenkampf, ein bisschen sogar nachVerschworungstheorie. Aber was ist, wennes stimmt?4? Prozent der Deutschen, schreibt die Zeit imMrz 2007,smdberzeugt d d . I ., ass IeSOZIa e HIerarchieinDeutsch-land zementiert ist. In Hamburg begleitet einForscher-team seit ber zw . J hanzIg a ren das Leben von Menschen,die die Schulen d St d .er a t 1m Jahr1979 verlassen haben.Das Fazit der Forsh . . d .. . c er 1st emeuhg: Frher haben wirwIrklIchgegla bt du , ass mandurchBildungaufsteigenkann, schreiben si I . hI. e.nZWISC en wissen wir: In Deutsch-and1st daseine 111' NS h h USIon. achwievor ist diesozialec IC t, aus der J' e d kman ommt, entscheidend fr den ge-samtenLebenswe 101Fhg. nennHartmann, dieHamburgerorsc er und die 49 P. rozent recht haben, dann produzie-ren WIr unter dem D kmEI. ec antel der Leistungsauswahl bravneue Iten, die de al .n ten gleIchen. Dann nehmen wir in76einem vonBeginnanunfairenWettbewerbVerlierer inKauf, damit dieGewinner weiterungestrt Macht undPrivilegienunter sichaufteilenknnen. Dannwreeshchste Zeit, Grben zu ziehen und in Gefechtsstellung zugehen: Ihr da oben, wir hier unten.Aber wo wrde ich dann berhaupt hingehren?Nach unten, weil mein Vater eine Schlosserlehre gemachthat undmeinHabitus nicht immer astreinist? Odernach oben, weil mein Vater inzwischen studiert hat, ge-nau wie meine Mutter, meinBruder und ich, undweilichmich bislangauchinpersnlichenAuswahlgespr-chen oft gut verkaufen konnte? Sieht Hartmann die Weltvielleichthnlichschwarz-weiwieRektorJahns?Nureben andersherum? Trotzdem: Warum spielt in der Elite-Diskussiondie Frage, wer dazugehrensoll undwerdarber entscheidet, eine so untergeordnete Rolle? Hart-mann wrde wohl sagen: Weil die Menschen, die die Dis-kussionvorantreiben, diePrivilegierteninder Gesell-schaft, kein Interesse daran haben, dass ber die Regelnder Eliteauswahl debattiert wird. Denn dann knnteauffallen, dasssiedieseRegelninihremSinnegestal-tet haben. Das kannnichtsein,denke ich. Es klingt zusehr nachVerschwrungstheorie. Gleichballst dudieFaustundsingstdieInternationale, ermahne ichmichselbst. Auerdemist esfr solcheSchlussfolgerungennach Recherchen bei McKinsey und der EBS viel zu frh.Ich schaue auf meinen Reiseplan: Westerham. Elite-Aka-demie, steht da. Neun Stunden Zugfahrt sollten reichen,umdie Verschwrungstheorien wieder vergessen zuknnen.77DIEELITE-AKADEMIEBayern ist in puncto Elite das, was es im Fuball mal war:unangefochtene Spitze, das Ma aller Dinge. Gut sechs-hundert KilometerliegenzwischenBerlinundWester-ham, einemDorfin der Nhe von Mnchen. Und doch istes, als wrde ich in ein anderes Land reisen. berall seheich Dirndl und Lederhosen. Es ist das erste Oktoberfest-Wochenende. Bayern Mnchen hat gegen Arminia Biele-feld verloren. Drauen sind 25 Grad. Ich bin vergngt, alsich meinen Koffer zu Carls Auto ziehe.Willkommen imSchullandheim, sagtCarl, alswirwenig spter aus seinemalten grauen Golfsteigen. Wir sinddurch kleine Straendrfer gefahren,vorbeianZwiebel-trmen, bis zum Waldrand, wo nur noch ein paar Lichterleuchten.Meine Reise nach Bayern ist an diesem Punkt der logi-sche nchste Schritt auf der SuchenachderElite. Manknnte den Freistaat die Heimat der Eliten nennen. Bay-ern war schon im t I d .. mer s0 zarauf, eIn Schulsystem zu ha-ben, In dem Leist hI. ung z t. Auslese gilt als wichtig undsInnvoll und ist ZIel d Elt c d d .. es I elor erungsgesetzes, as InBayern Im Mai 2005 in Kraft getreten ist und fr das sichalle bayerischen Abt .I unenten bewerben knnendie min-destens die Note 1 3 hafft ', gesc haben. Das Land leistet sichzudem ein teures Eh NEI. I e- etzwerk, zu dem einundzwanzigItestudiengnge d hun ze nDoktorandenkollegsgeh-ren. Undschonv Jh o. . or arengrundetederFreistaat eIneeigene Elite-Akad . . .ku Hernie, Wie mir Akademie-Sprecher Mar-s uber amTelef, . b .hb . on In reitern Bayerisch erklrte. Wiraen provoziert da al .hat sich a k. m s mit dem Begriff, denn von EliteJ emer zu sprechen getraut.78Ich bin gespannt, habe vorher extra mein weiesCordjackett in die Reinigung gebracht. Musst dich schonein bisschen schick machen, wenn du die Elite besuchst,hatte mein Freund gesagt.Und nun bin ich overdressed.Denn Carl, der erste Vertreter der bayerischen Elite, denich kennenlerne, trgt ein Sweatshirt mit Aufdruck.Vielleicht liegt es an seinem Pulli, dass Carl, der geradesiebenundzwanzig Jahre alt geworden ist, viel jnger aus-sieht. Vielleicht sind es auch die blonden Haare, die imtypischen Kleinjungenschnitt in gerader Linie kurz berden Ohren enden. Vielleicht ist es die Harry-Potter-Narbezwischen den Augenbrauen. Oder es ist die Stimme, dienoch lngst nicht so erwachsen klingt wie Bernds.Carl ist einer der Auserwhlten, die die Elite-Akademiebesuchen. Der Jungemit demSweatshirt ist einer mitFhrungsanspruch, wennesstimmt, was Huber mirvorher ber die Studenten erzhlt hat. Parallel zum Stu-diumsoll ihnenhier beigebracht werden, wie sie einUnternehmen zu leiten haben. Fhren, Sich-Fhren undSich-fuhren-Lassen - Der Weg zur Leadership-Excel-lence oder Fhrung mit christlichen Tugenden heiendie Seminare, die Carl und die anderen besuchen. Sech-zehn Wochen, auf zwei Jahre verteilt, sind sie hier im klei-nen Westerham, vierzig Kilometer von Mnchen entfernt.2600 Euro bezahlen sie dafr. Gestern httest du da seinsollen,sagt Carl. Daistder siebteJahrgang miteinergroen Party verabschiedet worden. Ich rechne: dreiigStudenten pro Jahr, sieben Durchgnge bislang. Die baye-rische Elite hat also durch die Akademie zweihundertzehnneue Mitglieder empfangen knnen. Respekt.Nimm ihren Koffer, Carl, unterbricht Alexa meineGedanken. Sie zeigt mir mein Zimmer, erklrt mir, wann79und wo es Abendessen gibt, und ermahnt mich, blo mitallen Fragen zu ihr zu kommen. Carl und Alexa sind wiefast alle Studenten, die ich in den nchsten Stunden treffe,nicht nur nett, sie sind herzlich. Wenn das die christlichenTugenden sind und sie spter ihre Mitarbeiter hnlich be-handeln, untersttze ich ab sofort die Inhalte der Akade-mie, denke ich.Auch das Schullandheim gefeHlt mir sofort. Bayeri-sche Elite-Akademie - da hatte ich prunkvollen Barockerwartet. Dieses Haus aber ist schlicht und stilvoll. Durchriesige Glasfenster blickt man in Richtung Wald. In mei-nem Zimmer finde ich lasierte Holzmbel und Wsche,die weier und weicher ist, als es der WG-Waschmaschineje gelang. Ich fhle mich wie in einem Landhotel. Eigent-lich ist das hier viel schicker, als es fr uns ntig wre,sagt ein Student, als wir gemeinsam zum Restaurant ge-hen. Bescheidensindsiealsoauch, denkeichbeein-druckt.Carl, Jahrgangssprecher und charmanter Chauffeur. istschond H"fl' ha. 0 lC machter michmit denanderenbe-~ n t . Carl prescht nicht nach vorn wie Mario. Er ist zu-ruckhaltend und berlegt, trotzdem widerspricht er sichmanchmal in zwei Stzen drei Mal. Das gefllt mir. Beson-ders schwer tut er SI' h d . d' f" .c amlt, le r mIch entscheIdenden~ r a g e n zu beantworten: Was ist Elite? Und warum gehrtihr dazu?Elitesein das h't Vi' el, erantwortungzuberneh-men, sich fr and, ,fi dere zu engagIeren, sagt er, Aber Ichmees nicht gut d d', ass le Akademie sichselbst sonennt. Besser w.. d re es, wenn andere das ber uns sagenWUr en.VonwemCa I d' ,rIeseEmschtzung wohl akzeptieren80wrde? Denn die anderen, die gern ber Elite reden, dieBerater, die Absolventen der privaten Wirtschaftsunis, diemag er nicht sosehr. Ihmgraust vor Menschen, denenes nur um die eigene Karriere geht - Karriere ohne einegroe Idee dahinter, wie er sagt.Was ist deine Idee?, frage ich.Ich mchte christliche Ideale vertreten, mchte, dassNchstenliebeauch inder Wirtschaft undPolitik zhlt.WerGeld verdient, sollStiftungengrnden, Gutestun,dafr mchte ich kmpfen. Carl will als Trainee bei derDeutschenBank einsteigen, derAckermann-BankDahast du dann ja viel zu tun, lache ich.Ja, sagt Carl ernst. Aber soll man deshalb aufgeben?Wie billig von mir, seine Ziele sofort als vorgeschoben.als naiv abzuqualifizieren. So kontert man Idealisten dochimmer aus. Stiftungen also, der groe Trend aus den USA.Warum nicht? Carls Stiftungwre die Von-Tippelskirch-Foundation, denn so heit Carl, der Spross eines altenAdelsgeschlechts. Ihm ging es nie schlecht. Sein Jurastu-diumaneiner Privatuni kosteteber 30000Euro. Jetztpromoviert er in Mnchen. Ihm geht es darum, zu unter-suchen, ob man nicht Straf-und Zivilprozesse in vielenFllen zusammenziehen knnte. Das spare Zeit und Geld,sagt er und wre gut fr die Opfer. Die bekmen nicht nurzgig recht, sondern auch schnell Entschdigungen oderSchmerzensgeld.Carl ist einer, der Ungerechtigkeiten schlecht ertrgt,der sich fr andere einsetzt, sich um sie kmmert. Wh-rend seines Studiums hat er in St. Pauli bei einer kirch-lichen Rechtsberatung geholfen. Frher hat er PfadfinderdurchdieWldergefhrt, jetzt betreut erimSommerjunge Menschen mit geistigen und krperlichen Behinde-81rungen.Einer, ein geistig behinderter Junge, ist sein Pa-tenkind. Alle hier engagieren sich, sagt Carl. Das mussman, um aufgenommen zu werden.FIT FOR MORE? Qualify! Enter! Was klingt wie das IntrozumnchstenLevel einesVideospiels, ist derText desneonfarbenenFlyersderAkademie. Dasteht, dassder,der reinwill, neben gesellschaftlichem Engagement auchberdurchschnittlicheLeistungeninderSchuleundander Uni vorweisenmuss. Wasausklugen, motiviertenMenschen gleich eine Elite macht, steht hier nicht. Nichteinmal, wie die Leitung den Begriff definiert, ist erklrt.Ich frage also weiter. Alle, die ich anspreche, kichern.Gerade hat der Pressesprecher eines groen bayerischenUnternehmens, dessen Namen ich nicht nennen darf, denStudenten beigebracht, dass sie niemals allein mit Journa-listen reden und aufkeinen Fall ihre Visitenkarte abgebens ~ l l e n . Im besten Fall haben Sie spter im Unternehmeneme Kultur, die negativ sanktioniert, wenn jemand an dieMedien geht, sagte er. Als Merksatz schrfte er den Stu-denten ein: Journalisten sind brandgefhrlich. Endlicherfahre ichwi k ., e onsequent Pressesprecher Managern dIeLust an einem offenen Interview austreiben. Zum Glck~ ~ b e n earl und die anderen diese undemokratischen Lehr-satze noch nicht verinnerlicht. Das Mauern und Schwei-gihen, das viele Fhrungskrfte so unertrglich macht, istnen bislangfremd M' F . .. . eme rage Was heIt denn Ebte?darf Ich noch jedem von ihnen stellen.Anne, die gerade d . d . h .'DrelUn zwanzIgJa re alt 1st leutschland dd '- b un enUSA aber schonmehr Studien-gange elegteals' h . h .Ab hl .' lC mltsc reIben kann, und gerade ihrensc uss m Inter t' alna Ion em Kapitalrechtmacht, die82=sich gleichzeitig bei der Jungen Union engagiert und eineComputer-Community fr sozial benachteiligte Jugend-liche organisiert, die auerdem begeisterte Tangotnzerinund -lehrerin ist, meint, Elite unterscheide sich von ande-rendurcheinehhereLeistungsfhigkeit, einehhereLeistungsbereitschaft. Dasglaubeichihr auf der Stelle.An der Uni habe sieschon oft erlebt, dassmanche sichbei Gruppenprojekten mitziehen lassen, nichtstun, fauldabeisitzen, das gbeeshiernicht. IchkannauchinDebatteneinviel breiteres Wissenvoraussetzen, sagtsie. Wenn ich zum Beispiel >Five-Forces-Modell< in denRaum werfe, versteht es jeder. An der Uni nicht.Ich denke daran, dass ich schon Gruppenreferate gehal-ten habe, bei denen andere die Arbeit gemacht haben. Icherinnere mich, dass ich gerndieLetzte inder Reihe derVortragenden war, in der Hoffnung, die anderen wrdenso lange reden, dass ich nichtmehr drankme. Da isteswieder, das mulmige Gefiihl bei dem Gedanken an einenstndigen Wettbewerb. Lassdenanderendochdasbiss-chen Faulheit, will ich sagen. Aber Anne ist schon siebenThemen weiter. Sie erklrt mir gerade, dass die Studentenhier auch zu einer Elite der Menschlichkeit erzogen wr-den. Wir haben schon einen Grundkonsens an Werten.Hflichkeit, Respekt undBescheidenheit habe ichjaschongenieendrfen. Eher wirtschaftsnahundsehrbrav, wrden wohl Leute sagen, die es schlecht mit ihnenmeinen, erzhlt mir einStudent. Brav undbescheiden,fleiig und vernnftig. Die Elite des Freistaats scheint diepragmatischeGeneration, wiedieMacherder StudieJugend2006diebisFnfundzwanzigjhrigengetaufthat, gut zu reprsentieren. Seit 1968 habe die Jugend Wertewie Selbstverwirklichung und Engagement hoch-83...gehalten. Das sei jetzt vorbei, schreiben die Forscher.Stattdessen erlebten Werte wie Leistung, Sicherheit undMacht, Tugenden wie Flei und Ehrgeiz nun eine Renais-sance. Die Zeitschrift Karriere hat im Jahr 2006 ber sie-benhundert Oberstufenschler nach ihren Trumen undZielenbefragt. Revoluzzer, RambosundJammerlappensuchemanunterdenJugendlichenvergebens, lobt dieZeitschrift. Die Erwachsenen von morgen sind leis-tungsbereit, pragmatisch und optimistisch. Auch meinFast-Arbeitgeber, die Unternehmensberatung McKinsey, gemeinsam mit dem manager magazin die AnsichtenJunger Menschenuntersucht. McKinsey werdendie Er-gebnisse gefallen haben:73 Prozent sagen, ihr Traumjobsei ein sicherer Job. Im Schnitt erwartendie Studenten,achtundvierzig Stunden pro Woche arbeiten zu mssen,nur22Prozent glauben, schonmit fnfundsechzigin gehen zu knnen. Wer im Job so viel leistet, sehntsich privat offenbar nachein bisschenRuhe. Werte wieTreue oder Religion sind der pragmatischen Ge-neration so wichtig wie kaum einer vor ihr.An diesem Abend wird in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern gewhlt. Ich liebe Wahlen: den CountdownVor der ersten Pro dgnose, le Hochrechnungen mit im bes-tenFall f" dos an Ig wechselndenMehrheiten dasamtlicheEndergebnis und t O. 1 h ' na ur IC meine LieblingsgrafIk, die zurWhlerwanderungIch d ..d. wel, ass meme Freunde Jetzt 1llerWG vor dem B hKaeamer ocken. Vielleicht servieren sienapees und Sekt bdWie el er letztenBundestagswahl.AnderElite-Akad . k. h do emle annvonWahlbegeisterungDlCt le Rede sei U kJauht il. n. m urz nach sechs hatte einer ge-c z, We dieGo. ind L d runenmMecklenburgdenEinzugen an tagverp t hbass aen. Aber schonjetzt, um8418 Uhr 11 bei der ersten Hochrechnung, hocke ich alleinvormFernseher. Nur 39 Prozent der pragmatischenGeneration interessieren sich berhaupt fr Politik,schreiben die Jugendforscher. Auch in diesemPunktscheint die Elite nichts weiter zu sein als Reprsentant desDurchschnitts, nur eben mit besseren Leistungen. Ich ver-mute, es werden fleiige, moralisch integre und verant-wortungsbewusste zuknftigeFhrungskrftesein, diehier in einem Jahr ihr Abschlusszeugnis, ihr Elite-Zerti-fIkat, erhaltenwerden. Aber reicht das? IndemWortElite schwingt so viel mehr mit als in der funktionalenBeschreibung die besten zehn Prozent jedes Jahrgangs.Wer Elite sagt, meint doch auch Vorbild, OrientierungundAvantgarde, oder? Der NationalkonomWilhelmRpke hat gesagt:Eine wahre Elite wrde eine Stellungber denKlassen, Interessen,Leidenschaften, Bosheitenund Torheiten der Menschen einnehmen. Sie wrde sichauszeichnen durch ein exemplarisches und langsam rei-fendes Leben der entsagungsvollen Leistung fr dasGanze, der unantastbaren Integritt und (... ) durch uner-schtterlichen Mut imEintreten fr das Wahre undRechte. Sicher, das ist viel verlangt. Aber es wird ja auchniemand dazu gezwungen, sich Elite zu nennen.BeimAbendessenist dasgroeThemadieBayern-ReisevonPapst Benedikt. EinigeStudentenhabenihngetroffen. Mit dem Wolfgang, erzhlen sie mir, hat ersogar zwei Minuten geredet. Das Hemd, das der anhatte,hngt erjetzt hinter Glas.(( DieniedlichsteGeschichteber Werte erzhlt mir ein Student abends, als wir neben-einanderauf einemderCordsofas sitzen. Esgibthiergerade nur zwei Paare(, sagt er. Zwei Paare bei sechzigjungen Menschen. Das fInde ich schn. Ich schaue ber-85.rascht - und meine, dass das eine extrem schlechte Aus-beute sei. Er sagt, dass ich wissen mssedass seine Freun-din Sozialwissenschaften studiere und 'ihm erklrt habe,dass sich genauI'n dem Alt . d .. . .er, m emSIe Jetzt selen, mItAnfang zwanzig eben, die meisten Paare fanden. Trotz-dem sind hier all b. 'h Ie eIl ren a ten Partnern geblieben undhabensichkein . deneuenm erAkademiegesucht. Dasfinde ich sehr gut D' b . h " ,. Ie ayensc e ElIte 1St also eme treue,Ichwerdenl' ht Ka . .c rrlereumJedenPreismachen,sagt AnneSie . h ", seI e rgelzlg. Aber hundertzwanzig Stun-den~ ~ o Woche zu arbeiten wrde mich stren. Sie willFamilIe. Und das bed t kl" " ..,eu e, er aren mIr ihre mannlIchenKollegen dass d' F. ' Ie rau nun mal eine Zeit lang nicht ar-beIten knne D 't d'. asIS Ie Natur, sagen sie.Wie willstdu das denn sonst h? .mac en. - Knppenplatz die Gro-elternkmmern .h d ''. SIC, erMannbleibt zuHause, be-gInne Ich aufzuzhl S. en. Ie starren mich an, ich sie. WirSInd uns in diese M '.. t d moment zIemlIch fremd. VielleichtIS as Bayern hl", sc agt meinFreundamTelefonvor.Dann fragt erWo. ? . as erwartest du an solch einer Akade-mIe. Protestler und R I ' "evo uhonare? - Ware schn ge-wesen, sage ich Wo h .h" . arschemIich hat er recht. Die EliteIer WIrd von Gre' k" ..W h mlenge urt, mdenen Menschen ausIssensc aft undW' hnach Le Irtsc aft sitzen. Diewerdenkaumuten suchend' B"Macht d' ' Ie zum elsplel die Verteilung vonun EInflussg d" I'holt . h" run satz Ichinfragestellen. ManSIC Jamcht die .Dachte ichB' .h ,eIgenenGrabschauflerinsHaus.. IS IC mIt Pr fi Ftine H d 0 essor ranz Durst und Chris-agen, en akadem' h L'sammensitze. ISC en eltern der Akademie, zu-Ich htte gern ein bis hfessor Franz D sc en mehr Rebellen, sagt Pro-urst, ohne da .h ihnssIC auf meine Zweifel865angesprochen habe. Man versuche, die Juryzu ermuntern,auchanderen, vielleicht auch schwierigen Kandidateneine Chance zu geben. Aber das sei nicht so einfach. Ichhabe das Gefhl,sagt er, dass die deutsche Wirtschaftdie Smoothlinge mchte. Nicht die, die anecken. Ich kannmir vorstellen, dass das problematische Leute sind. Aberich bin der Auffassung, wennein Vorstandsvorsitzenderals seinen Assistenten den einstellen wrde, der ihn vomStuhlfegenkann, dannwrdediedeutscheWirtschaftfunktionieren. - Und mehr Frauen wren schn, fgtseine Kollegin Hagen hinzu. Wie an der European Busi-ness School liegt auch hier der Anteil der Studentinnenbei etwa einem Drittel.Die deutsche Nachwuchselite istnoch immer mnnlich dominiert. Man muss das konser-vative Familienbildverndern, sagt Christine Hagen,selbst Mutter zweier Kinder. Vor allem hier in Bayern.Ich blicke auf Franz Durst, den sechsundsechzigjhrigenProfessor im schwarzen Anzug, und auf Christine Hagen,die achtundvierzigjhrige Juristin imstrengen blauenRock. Ich ahne, dass ich meine Rebellen gefunden habe,Wenn man sich viele privatschulen oder teure Univer-sitten anschaue, sagtChristineHagen, msse mandenEindruck gewinnen, dass es nicht mehr darum gehe, diewirkliche Elite, die Potenziale hat, zu fordern, sonderneine Art neuen Adel zu begrnden. Dies widersprche derursprnglichen Bedeutung des Begriffs Elite, wie er zurZeit der FranzsischenRevolutiongeprgt wordensei.Elite, Menschen, die sich ihre gesellschaftliche Rolle durchBegabung und Leistung selbst verdienthtten, htteimGegensatz zu Adel und Klerus gestanden, die ihre sozialePosition nur geerbt htten. Auch heute werden Geld undEinfluss vererbt, sagt Christine Hagen. Eine Gesellschaft87raber, in der nur Erben und nicht Leistungstrger an derSpitze stehen, wre eine Katastrophe. Sie hoffe, dass ihreStudenten zu solch einer Gesellschaft Nein sagen.Ziel drfenicht alleinder persnlicheMachterhaltsein, sonderndie Verantwortung frdieGemeinschaft.DieElite-Akademiewill junge Menschenmit groemPot . Ir d .enZIa lOr ernundihr Wertebewusstsein schrfen.Wir suchen Menschen, die langfristigdenken, die nachhal-tig wirtschaften wollen, die nicht kurzfristig denShare-holder-Value steigern wollen, sondern an alle Beteiligtendenken. Immer wieder betont sie, dass es ihr Wunsch sei,denStudentenmitzugeben, dasses wichtigere Ziele im gibt als den schnellen Erfolg. Sie pldiert fr Mit-gefhlstattEllenbogen, frMenschlichkeitstatt profit.Man solle selbst viel leisten, fordert sie, aber den Blick frnicht verlieren. Wir wollen nicht die Leute,dIe sagen' Men h . L .. sc ,WIe Komme Ich in der Firma voran?Wie bin ich in der Ka' . ... rnere spItze?, fugt Professor Dursthmzu. - Sondern? f: .h., rageIC . DieStudentensolltenVorbild seinElit al Vi fl', e s erp Ichtung erleben Verantwor-tung bernehmen, antwortet Durst. 'Dennoch hat sich fast ein Drittel der Absolventen zu-letzt fr eine Ka' . .brnere III elller der groen Unternehmens-eratungen ent h d .h. sc Ie en.SIe haben bei McKinsey unter-sc neben oder bei B .vi I G ld oston Consultlllg. Sie verdienen jetztihee ,fahren ein schickes Auto und mssen sich berren Aufstieg in d W hh '. er lrtsc aftswelt kaum Sorgen ma-cen. Chnshne Ha b . .fi" I gen estreitet mcht, dass diese Firmenur Vle es stehenw . blPreis f' Effi" as SIe a ehnt: fr Profit um fast jeden, r !ZIenz dKdass ihre St d un ostenoptimierung. Siehofft,kann auch .uenten dennoch resistent bleiben. Manemen Beratun . b dgSJo an ers machen, als er nor-88*... -.malerweisedurchgefhrtwird. Mankannauchintegerund menschlich bleiben. - Wir sind verrgert ber denhohen Zulauf dort, sagt Franz Durst offen. Und Chris-tine Hagen meint, immer noch freundlich, aber fast fata-listisch: Wir knnen nur hoffen und sie begleiten.Am Abend treffe ich zwei Studenten, die vor drei undvor fnfJahren ihren Abschluss an der Akademie gemachthaben. Sie sind also ausgebildete Elite. Ich hatte gehofft,mit ihnendarber redenzuknnen, was siekonkretanders machenalsNicht-Elite-Studenten. Wie genauesihnen gelingt, beruflichen Erfolg und ethische Ansprchezuverbinden. AberOliverstudiert noch, undThomasarbeitet inzwischen bei Marios Firma, bei McKinsey also,und darf mit mir weder ber seine Auftrge nochberseine Arbeitsweise sprechen. Daher bleibt unser Gesprchabstrakt.Handelt ihr anders als die, die nicht an der Akademiewaren?(, frage ich.Das Dummeist, dass mandas nicht klar messenkann, sagt Thomas.Das ist keine physikalische Funk-tion, bei der man sagen kann: Da kommt so viel rein undsoviel wiederraus.((- Vielleichtkannmanerwarten,dasswir dierichtigenFragenstellen, nicht unbedingt,dass wir immer die richtigen Antworten haben((, findetOliver.Ich glaube, es wre auch vermessen zu denken,nur weil man zwei Jahre vermeintlich Elite studiert hat,kann man alles besser und alles ethisch super korrekt undwasserdicht und faiN, meint Thomas. Ich glaube, das istnichtleistbar. Ichhoffe, wirsindnachunsererAusbil-dung durch die Bayerische Elite-Akademie auf alle Fllesensibler alsandere, sagt er. Das klingt wesentlich be-scheidener als der Dreiklang Vorbild, Verpflichtung und89-- liiiiiiiii.-iililii ..- ..-alII------.. Verantwortung, den die Akademieleitung immer wiederbetont. Reicht das, um den Elitebegriff zu rechtfertigen?Mal einbisschensensibler sein?Einpaarmal hufigernachfragen? Wir knnen nur einen Kern legen und dannauf die Vorbildwirkung hoffen, hatteChristineHagengesagt. Ich glaube, Wenn jeder die Welt ein bisschen ver-ndert, verndert sie sich insgesamt schon.Es ist noch dunkel, als wir am Morgen in den Bus steigen.DieStudentenhabensichschickgemacht. DieHerrentragen Anzge, die Damen Kostme, nur drei von dreiigin Jeans. Wir fahren nach Mnchen zum Baye-fischen Rundfunk. Die Studentenabsolvierenheute einTalkshow-Training. WhrenddieersteninderMaskesitzen, seheichdieBilderderWahl-Nachberichterstat-tung. NPD-Funktionre greifen Kameraleute an, blondetragen schwarz-rot-goldene Kerzen. Was pas-SIert da drauen? Ich schaue aufdie Studenten, die neben-angepudert werden. Werden sie sich dementgegen-stellen?Jetzt muss dieEliteerst mal indieSendung. Steifstehen . . Halb . 0SIe Im kreIS hmter ihren Glaspulten. Zehn Stu-denten dieJ' etzt gl .h'T'lks' eiC .La how-Gstemimen werden.Idn herrscht Hektik. Der Grafiker, der den Titeler DISkUSSion auf d M 0 0ot 0 h en OnItor 1m Studio bringen sollte,IS nIc t da Zwar 0 d dO Wir le Sendung niemals ausgestraWtwerden, aber es sII t dUnd d halb ka 0 rotz emalles soaussehen, alsob.lrieass.est t O nn es ohne Grafik nicht losgehen. Eine Re-D' IS en In erbarmt . h hlo 0Wir EI ? SIC sc Iehcho Wofr brauchentippt sie e' 10 0 hfen ge d b m. gISCer Titel, wenn ein Hau-ra eeenErw hmal dikut' ac sener vor ihr steht. Knnte manSIeren. 'tschuld' ..19ung, tont es entnervt auS90dem Studio. Das Thema ist eigentlich: Wozu brauchenwir Eliten? Die Eltern fliegen also raus.Wenigspterertnt endlichderJingle, derdieSen-dung erffnet. Die Kamera schwenkt vom Moderator aufdie zehn Studenten. Und schon nach wenigen Minuten istklar, dass die ihre Talkshow-Vorbilder sehr gut kopieren.Die meisten reihen inhaltsleere Luftblasenstze und poli-tisch korrekte Floskeln aneinander. Es geht einem an derElite-Akademie nicht darum, Karriereoptimierungfrsichselbst vorzunehmen, sondernumeinVerantwor-tungsgefhl fr Gesellschaft und Wirtschaft. Oder: Frmich war es nicht relevant, besser zu sein als andere, frmich war es relevant, gut zu sein. Das klingt schon wieein Generalsekretrsstatement. Ein anderer sagt: Wichtigist, mir Mut zum Handeln durch eigenes Handeln zu ma-chen. Solche Menschen braucht das Land, damit es nichtstehen bleibt. Die Frage, die dieses Geschwurbel auslste,war eine simple. Es war die, die auch mich in den letztenTagen umgetrieben hat:Was, fragte der Moderator dieStudenten, macht aus Ihnen Elite? Warum haben Sie ge-sagt, Bayerische Elite-Akademie, da gehre ich hin?Die meisten weichen aus, erzhlen, dass sie den inter-disziplinren Ansatz an der Akademie schtzen, die gutenEthik-Kurse oder dass sie nette Leute aus den Vorgnger-jahrgngen kannten. Das ist ja schn, sagt der Modera-tor. Aber warum sind Sie Elite? Anne sagt zgernd: Ichhabe ein sehr, sehr gutes Vordiplom und engagiere michim parteipolitischen Bereich. Das macht mich zu einemguten Teil der Gruppe. Einer meint, hier zu sein, weil ermehr tue als das absolut Notwendige, den Pflichtteil. Carlsagt, genau dieses Engagement gefalle ihman derUnd einer meint: Es geht darum, eine gute Stimmung m91unserem Land zu verbreiten. Daraufbereitet uns die Aka-demievor.Will diese junge Elite den Deutschen etwa Party-htchenaufsetzenundaus demLandeine Feiermeilemachen?Oderwollensiesichmit Megafonenauf denStraen postieren und schreien: rmel hochkrempeln!Dann klappt es auch mit dem Aufschwung! Hoffentlichnicht. Kollektive gute Laune konnte ich noch nie leiden,und ich fand es schon immer vermessen, Arbeitslosigkeitals eine Folge mangelnden Willens zu bezeichnen.Vieleinder Rundesagen, siewolltenspter Verant-wortung bernehmen, Verpflichtungen eingehen undder Gesellschaft etwaszurckgeben. Undwie?, fragtder Moderator. Vielleicht ist es schon etwas, wenn manim Kleinen Vorbild ist, in der Familie, meint einer. Dieanderenflchten sichwieder inabstrakte Statements:Die Menschlichkeit ist der einzige Weg, um in der glo-balisierten Welt zurechtzukommen, meint eine Stu-dentin. Ihr Kollegeglaubt, durchdie Akademie frdieVersuchungderMacht ethischgerstet zusein. DerModerator scheint hnlich unzufrieden wie ich auf mei-nem Logenplatz in der Regie. Er will konkrete Beispiele.sind Manager bei der Deutschen Bank. Was wrden anders machenals dieaktuellenEliten?,lllSlshert er. Wrden Sie keine sechstausend Arbeitneh-mer entlassen?. Wenn das fr den Fortbestand der Bank ntig sei, sagtelll Student wd, r e er genauso handeln. Ich wrde auchsechstausendentl bassen, a erdabei deneinzelnenMen-schen im Blick hab S.E. en. elll Nebenmann assistiert:Dientscheldung w' d . hIlf lllCt anders ausfallen, aber wir habenge ernt, es besser z k ..u ommunlZleren. Mein Stift stockt.92Ich frchte, dass das absolut nicht ironisch gemeint war.Da zieht ja eine rosige Zukunft heran. Im Land der Gute-Laune-Eliten werden Massenendassungen den Menschenrichtig gut rbergebracht. Wieso zgere ich da berhauptnoch, dieElitenauf ihrenThronzuhebenundihnenzuzujubeln? Whrenddessenhat imStudiowieder dieGruppedieWortfhrerschaft bernommen, dieoffen-sichtlichdieMehrheit stellt. DasGesprchdriftet jetztwieder in die Wir-sind-gar-keine-Eliten-Richtung. DerBegriff Elite hat mich eher abgeschreckt, sagt einer. Ichwrde den Begriff meiden, sagt ein anderer. Mir ist beidem Wort Elite unwohl. Ich mchte mich nicht mit demStatusschmcken.UndeineStudentinmeint, dasssieihrenFreunden immer erst lange erzhlt, was sie in derAkademie Gutes und Schnes unternimmt. Erst am Endesage ich dann: Es heit brigens Elite-Akademie, aber wirmeinen's nicht so.Irritiert fahre ich danach mit der U-Bahn durch Mn-chen und wei partout nicht, was ich von dieser institu-tionalisierten Elite-Ausbildung halten soll. Die Akademieistlngst nicht indemMaesozialselektiv, wieichesinOestrich-Winkel erlebthabe. ManchekommenauswohlhabenderenFamilien, und die Eltern von manchensind Beamte. Wir sind bunt gemischt, hatte eine Studen-tin etwas ungeschickt formuliert. Aber im Grunde hat sierecht. Die Studenten werden vor allem nach Leistung aus-gewhlt.Die Akademie hat ein aufwendiges Punktesystem ent-wickelt, dashelfensoll, ausdenenmitdenbesten Vor-diplomnoten in ganz Bayern die dreiig Allerbestenherauszuflltern. Wenn der Naturwissenschaftler ProfessorFranz Durst das Verfahren erlutert, klingt es ein wenig93wie eine Elitebauanleitung. Um in der Kategorie Intelli-genz zu punkten, bruchte manguteNoteninFchernwie Mathematik, Physik oder Latein, hatte mir Durst er-klrt.Es gibt aber Leute, die sind blitzgescheit, knnenjedochmit ihrer Gescheitheit nichts anfangen. Denenfehlt es an ,Kreativitt. Deshalb gibt es auch Punkte frgute Noten in Kunst oder Deutsch. Aber wenn die Intel-ligenten und Kreativen stinkfaul sind, geht es auch nichtgut, erklrte mir Durst. Deswegen haben wir die Akti-ven gesucht. Die mehr machen, als sie von der Schule auf-er!egt bekommen. Das hat natrlichdazugefhrt, dassWIr dann eine gute Gruppe beisammenhatten..~ i e s . e Gruppe eint, dass die Studenten fleiig und ehr-geIzIg SInd, nicht, dass ihre Eltern viel Geld haben. Es gibtnatrlich viele Akademikerkinder, aber auch Shne vonLandwirten, Tchter von Angestellten. Einer der Studen-ten, Michael, ist Sohn einer alleinerziehenden Mutterdiebei der US-Armee arbeitet. Seine Groelternh a t t e ~ einkleines Textil h"ft Algesc a. s er studieren wollte konnte dieFamilie d "t' I' 'as no Ige Ge d mchtauftreiben. Er begann eineAusbildung bei ZII d d '. m 0 un ann, mIt dem Beamtengehalt1m R" k ducen, ochnocheinStudium. Erhat sichhoch-gearbeitet. SeineTagewarenvierzehn, fnfzehnStun-den langDie Akad . h d, ' emle at as honoriert und auch ihn,der keInen glatten St d'u lUm-Praktika-Auslandssemester-Lebenslauf hat ~, aUlgenommen. SeineGromutter warstolz zu lesen d ih Enkd. ' ass r el einer von dreiig Elitestu-enten In ganz Ba 'yern 1St. Auch Michael hat sich gefreut,es geschafft zu hab Ehb .. en. s ae ihn aber auch massiv ver-unsIchert, dass erd 'Umf, ld' er aus eInem vllig anderen sozialene stammt . .. ,Undh' WIe er sagt, plotzhchEliteseinsollte.auc nach b .er eInem Jahr an der Akademie hat er94mit dem Begriffnoch keinen Frieden geschlossen. Er wolleein Leistungstrger dieser Gesellschaft sein, sagt er lie-ber.Nach der Ausbildung will er in die Verwaltung undwieder demStaatdienen. Aber er will nochmehrma-chen. Er will etwas zurckgeben, sich fr Schwchere ein-setzen, fr die, die nicht so viel Glck hatten wie er.Zur Ausbildung an der Akademie gehrt auch ein So-zialtag. DieStudentenwareninKindergrten, bei derBahnhofsmission oder im Gefngnis. Es waren die Tage,in denen viel ber das Schmiergeldsystembei Siemens ge-schrieben wurde, und der Seelsorger in einer Justizvoll-zugsanstalt, in der auch Wirtschaftskriminelle einsitzen,hatte gescherzt, die zuknftige Elite wolle wohl sehen, wosie mal lande. Aber tatschlich ging es natrlich darum,zu erleben, wie es denen geht, die es nicht so gut haben.Michael war bei der Aids-Hilfe. Er hat sich zeigen lassen,wo die Fixer die Spritzen tauschen, er sa einem Mitar-beiter gegenber, der selbst seit ber zwanzig Jahren HIV-positiv war und der ungerhrt erzhlte, dass er lngst totwre, wenn nicht die Medikamente so viel besser gewor-den wren. Michael beschliet, hier ehrenamtlich zuarbeiten. TrotzseinerhohenArbeitsbelastung. DieAr-beit sei sinnvoll, sagt er. Er knne helfen. Sein wirtschaft-liches Wissenknne dort vielleicht wirklich ntzen. Sowie Michael denken viele an der Akademie.Die meisten der Studenten sagen, dass sie spter Ver-antwortung bernehmen und der Gesellschaft etwas zu-rckgeben wollen. Klar, es gibt auch die, die Michael hartund absolut zielorientiert nennt, Managertypen, wie ersagt, die Karriere machen wollen und sonst nichts. Aberdenmeistennehmeich. ab, dasssie mehr wollen. Mansprt, dass sie sich schon hufig gefragt haben, wie die95Welt besser werden knnte, und dass sie den Wunsch ha-ben,daranmitzuarbeiten. Dagegen habe ichberhauptnichts einzuwenden.AberdieFragenbleiben: WievielejungeMenschengibt es, die gleichermaen ehrgeizig und engagiert sind?Warum belastet man gerade diese dreiig mit dem BegriffElite? Sie struben sich doch, so genannt zu werden. Siezieren sich, klar zu sagen, was sie ber die Nicht-Elite er-hebt. Weil sie ahnen, dass jede Begrndung falsch klnge?Warum schreibt Bayern nicht einfach fest, dass gute Stu-denten gefrdert werden? Meinetwegendie besten zehnProzent eines jeden Jahrgangs. Warum Elite? Warum die-ses Wort, das spaltet, das von Privilegien und Macht er-zhlt, aber auch von Vorbildern, von Menschen, zu denenman aufschaut. Ich bezweifle, dass es sinnvoll ist, Anfang-Zwanzigjhrigen dieses Label per Akademie, per Zeugnisaufzukleben.Der Begriff soll ins positive Licht gerckt und wiedergemacht werden, hatte ein Student gesagt. UndIch glaube, dasses genau darumgeht. Es istpolitischesdes Freistaats, umdenBegriffzu pushen.Lelstungsel"t . S bI en wie le rauchen wir inBayern, hatteEdmundStoiber stolzverkndet, als er demsechstenJahrgangderAkademiedasZeugnis Gernkommen Land "esmmlster ZumKamingesprch in dieAkademie. Fast J' d S d .. eer tu ent ISt vonderLokalzeitungsemer Heimatstadt rt'"EUpo ratIert worden. Kemptnerininteakademie auf11h genommen, Zwei Oberpflzer aufuc fhlungm't dEI''. I er Heoder BayernsElite-Akade-mie weist Dessauer d Ur '.ihenneg. Sie smd Aushngeschilderrer RegionundWt bfi ".k F . er e gurenfremenleistungsstar-en relstaat, der si h .c gegen Jede Gleichmacherei strubt.96Auch wenn das pathetisch klingt, wnsche ich den Stu-denten, dasssie nichtunter der Last diesesBegriffszu-sammenbrechen. Sie sind zielstrebig, freundlich und allemehr oder weniger dem Gedanken verpflichtet, ein guterMensch werden zu wollen. Vielleicht gelingt ihnen das imLauf ihres Lebens. Ich werde sie fragen,ob wir uns wie-dertreffen wollen, wenn wir alt sind. Dann knnenwirdarber diskutieren, ob das mit der Elite geklappt hat.Die Elite-Akademie-Studenten sind Anfang zwanzig,wenn eine Kommission entscheidet, dass aus dreiig be-gabten, fleiigen Studenten ab sofort die zuknftige EliteBayerns werden soll. Als ich earl fragte, ob das nicht vielzu frh sei, zuckte er mit den Schultern und erklrte mir,dassmaninBayerndasElite-TicketnochJahrefrherlsenknne. AnderAkademiebraucht maneinVor-diplom, es gebe aber noch etwas fr Leute, die direkt vonder Schule kommen. Kennst du das Maximilianeum?,hatte er gefragt und mir dann von einer Art Luxuswohn-heimmit Vollpensionfrausgewhlte Abiturientener-zhlt. Deshalb sitze ich jetzt hier und warte auf Maria.DERSTOLZDESFREISTAATSAls sie um die Ecke biegt, denke ich, im Filmwre nun derMoment freine Slow Motion gekommen: Mit wiegen-demSchritt kommt siemirentgegen, setzt ihrehellenSchuhe voreinander. Ihr schwarzer Rock wippt, die klei-nen weien Punkte verschwimmen im Gegenlicht. AberscWielich, daswirdsiegewohnt sein, bleibt derBlickdoch an den Haaren hngen: Blond und glatt fallen sie biszur Hfte. Ichstarre, als Maria mir die Hand schttelt.97..... ,. III. I.: ...1-Maria ist soeine ausgewhlte Abiturientin,der Stolzdes Freistaats. Sie lebt ineinemGebude, das KnigMax II. einst als bayerische Akropolis errichten lie. Ichstelle mir vor, wie sie Freunden, die sie zumersten Malbesuchen,den Weg beschreibt: DuberquerstdieIsarauf der Maximiliansbrcke. Dann ragt direkt vor dir einriesiges ummauertes Gebude auf. Da sitzt auch derbayerischeLandtagdrin. Aber dukannst einfachzumPfrtner gehen und sagen, du willst zu mir, ins Maximi-lianeum.Eine lustige Vorstellung, ungefhr so, als wrde man inBerlin in der Reichstagskuppelleben. Leider finden solcheGesprchesehr seltenstatt, denn Maria ldt fast nieFreunde zu sich ein. Neid ist ein groes, fast das einzigeProbleminihremLeben. MariahatteimAbitureinenI,O-Schnitt und keinen Zweier auf dem Zeugnis, wie siebetont. Damit galt fr sie das bayerische Elitefrderungs-gesetz. Der Hauptpreis ist der Einzug ins Maximilianeum,das derK" . f'. OnIg rtalentvolle bayrischeJnglingeer-nchten lie.Carl hatterecht: FnfzigSchlerdrfenhier gratiswohnen und werd f' d' D ." en r Ie auer Ihres Studiums ver-wohnt. Morgens ist ein Frhstcksbfett aufgebaut mit-tags .wird ihnen um Schlag eins einservtert. SiehabeneineBibliothek fi" . . dPI"t e. .d h ' ur SIe sm a zm erPilharmo' db.. . nIeun elmOktoberfest reserviert.DIe Ztmmer putzt d PWo. as ersonal, das auch die schmutzigeaschemitnimmt F" dS d . or erungszielist einsorgenfreiestu tUrn, erklrt . M .. d' mIr ana. Dafr mssensieSzenenWIe Ie beim I t t .D" e z en Neu)ahrsempfang in Kauf nehmen.a sturmte der d al' . .Sto'b f am Ige MInIsterprsident EdmundIeraudieStud t .en en zu und he sich mit ihnen foto-98grafieren.Die Politiker zeigen sich gern mit uns. Dannheit es schon mal: Unsere Elite, unsere Hochbegabten.Und seid ihr Elite?Man scheut sich, sich selbst so zu benennen. Im Ma-ximilianeum gibt es welche, die sind offensichtlich hoch-begabt.So krasse Mathematiker zum Beispiel. Die lsenAufgaben, fr die andere eine Woche brauchen, sofort.Maria lacht und sagt, sie selbst sei normal, sie koche auchnur mit Wasser.Sie rhrt in ihrem Cappuccino und er-zhlt, wie sie whrend der Fuball-WM jubelnd ber dieLeopoldstrae gerannt sei.Ich bin versucht, ihr das mitdem Normalsein zu glauben. Ich bin Fuballfan, seit ichklein war,sagt sie. Auerdem schwimmt sie gerne. Imhauseigenen Schwimmbad. Wie normal kann so ein pri-vilegiertes Leben sein?MariaistineinemkleinenOrt beiAugsburg aufge-wachsen. Ihre Eltern sind Lehrer, ihr kleiner Bruder bautgern Roboter nach. Maria war immer die Musikerin. SiespielteKlavierundvorallemKontrabass, ininsgesamtvier Orchestern. Das sollte auch ihr Beruf werden. Bis sieirgendwann aufgeben musste, weil eine chronische Seh-nenscheidenentzndung das Spielen unmglich machte.Maria entschied sich dann wie so viele gute Schlerinnenfr Jura. Ihr Vater hatte gespart und htte seiner Tochterdie Studienjahre finanziert. Und hier endet die Ge-schichtevomnormalen, behteten, LebeneinesklugenMdchens, und es beginnt die Erzhlung von einer, die zuden Besten eines Landes gehrt, in dem Leistung schonimmer wichtig war.Denn ihre Schule, ein Franziskanerinnen-Gymnasium,schlug Maria fr die Begabtenfrderung vor, weil sie diestrengen Kriterien erfllte, die seit 1876 fast unverndert99-gltig sind und die heute ausgesprochen angestaubt klin-gen. KandidatenmssenvontadellosersittlicherFh-rung sein, sie mssen das christliche Glaubensbekenntnisabgelegt habenundimBesitzdesbayerischenIndige-nats sein. Das heit, man muss im Bayern Maximilians II.geboren worden sein. Auch Saarlnder oder Pfalzer sinddeshalb nach den Statuten echte Bayern. Maria hat zudemdavon profitiert, dass auch Bayern trotz dieses Traditions-bewusstseins langsam liberaler wird. Im Jahr 1980, kurzvorihrerGeburt, wurdenachlangemRingendieersteFrau aufgenommen. Mittlerweile sind knapp30 Prozentder talentvollen Jnglinge Mdchen.Maria fuhr also von dem kleinen Dorfbei Augsburg indie Landeshauptstadt.Hier, im Mnchner Zentrum, woalles alt undstolzaussieht, hattesieeinenTerminimKultusministerium. DreizehnBeamte prftensie infast~ b e n s o vielen Fchern. Mathe, Englisch, Latein, Physik-lIll Schnelldurchlaufging es durch das gesamte Schulwis-sen. Am Ende kommt immer noch eine Todesfrage, eine,die man gar nicht lsen kann, sagt Maria und erzhlt mirvon der Mutter aller Todesfragen, der Wiesenblumen-Bestimmung. Sie geben dir einen Strau und du sollstdie Namen der Blumen nennen. Am best;n auf Latein.Ich schlucke. Wer zum Teufel kann das? Und vor allem:Inwi:fern ist das eine sinnvolle Elite-Rekrutierung?Die Prfung zu schaffi . t f' .enIS r Junge Bayern eine ge-waltigeEhre Medill. a enausJugend-forscht- -musiziert-oder -treibt-Sport ur t b b' '. - vve t ewer en smd nichts dagegen.Vierhundert Sch"l I .'. u er ver assen Jeden Sommer die Gymna-sien lIll Bayern M . iliS hs b axun ans des 11. mit einem 1,0-Schnitt.ec IS acht von ihn d. en wer en angenommen. Maria hateme Woche gefeiert al di Z, s e usage kam. Jetzt ist sie Maxi-100milianeerin, was ihren ohnehin schon groen Ehrgeiz nochweiter anstachelt. Um sechs Uhr klingelt ihr Wecker, dannlernt sie den Stoff, den sie am Vortag noch nicht geschaffthat. Wenn sie nicht zur Universitt muss, setzt sie sich indieBibliothekundlernt weiter, mindestensbis 18Uhr.Sechs Tage pro Woche lebt sie nach diesem Rhythmus, amsiebten Tag ist frei, wenn nicht, wie im Moment, Prfungenanstehen. Seit knapp drei Monaten lerne ich durch, sagtMaria. Sie ist eben Maximilianeerin und damit Erbin einerlangen Tradition. Der Physiknobelpreistrger Werner Hei-senberg war ihr Vorgnger, der Schlagerschreiber MichaelKunze, dem vielleicht hinter den Mauern die Idee fr sei-nen Hit Ein Bett im Kornfeld kam, auch und natrlichFIS, der ewige Landesvater Strau.Wie viele hier hat auch Maria sich in einen Mit-Maxi-milianeer verliebt. Er, auch werdender Jurist, studiert ge-rade inOxford. DieFernbeziehung werdensieberste-hen, beide wollen sie Familie, auch wenn es Maria Sorgenmacht, wiesichdasmitderKarriere vereinbarenliee.Eine schne Geschichte, wenn nur der Neid nicht wre. Esfing schon in der Schule an. Die Eltern ihrer bestenFreundin warensauer, weil Maria vorgeschlagen wurde,nicht dieTochter, diefast genausogutwar. Sie hat einkleines Computerspiel programmiert, bei dem Teenagervirtuelle Pferde pflegenknnen. AuchdaimForumwerde ich oft als arrogant beschimpft, weil ich michandersausdrckealsdiemeisten.MancheMitschlerdagegen wolltenpltzlichunbedingtmit ihr befreundetsein, um sich in ihrem Glanz zu sonnen, wie sie vermutet.Deshalb ist sie vorsichtig geworden. An der Uni erzhlt siekaum jemandem, wo sie wohnt, und sagt lieber, sie habeeinZimmer ineinem Wohnheim am Max-Weber-Platz.101Glaubt man Maria, steht sie ber diesen Neidern. Witzigist, dass es einige gibt, die damit angeben, dass sie die Pr-fung auch geschafft haben, dass sie das Stipendium abernicht annehmen wollten. Das kann ja gar nicht stimmen.Diese Geschichtengehren zumStandardwitzrepertoireim Maximilianeum, erzhlt Maria.Ich erinnere mich daran, wie schlecht es mir ging, alsicheine Absage vonderStudienstiftung desDeutschenVolkesbekam. Sofort fingichan, mir einzureden, dieganze Auswahl quasi unterlaufen zu haben. Uns war diePartyamAuswahlwochenendewichtiger, erzhlteichcool, obwohl ich wusste, dass das nicht stimmte. Ich habeber die Spieer geschimpft,die angenommen wurden,undberdieSexisteninderAuswahlkommission. Niehabe ich gesagt, gedacht oder akzeptiert, dass es vielleichtan mir gelegen haben knnte. Wie unfair kann man sein,schme ich mich, als ich jetzt Maria gegenbersitze. Sindwir, die Ausgeschlossenen, schuld an dieser Trennung inwir und ihr? Bleibt einem, der besser ist, vielleicht garnichts anderes brig, als sich abzukapseln, um sich nichtstndig wehren zu mssen?Whrend ich denke, ist Maria schon weiter, beantwor-tet genau und geduldig meine Fragen. Was hlt sie von derWelt auerhalbderStiftung?Wieerlebtsiediegroendeutschen Debatten ber Arbeitslose, Sozialsysteme undmehr Wettbewerb?. Ich kenne niemanden in der Stiftung, der arbeitslos1st oder Angst dan ht . ..,.or a , sagt Mana. Und wemg spater-dashatinunseremG "h . h desprac mc tsmehrmiteinan erzu tun, in Wirklichkeit aber wahrscheinlichdoch _be-schwert sie sich d"b d. . aru er, assmancheanderUnioderelmge der Mdh .cen, ffilt denen sie im Forum ihres Pfer-102despielsrede, bequemseien, abertrotzdemAnsprchehtten. Die sagen: Ich bin toll, so wie ich bin, und mirsollallesindenMundfallen.Sieerinnertsichdaran,dassdasschoninderSchulesowar. Immer wenndieKlasse Arbeitsgruppen bilden sollte, seien die Faulen zuihrer Freundin und ihr gekommen, um von deren gutenLeistungen zu profitieren. Trittbrettfahrer nennt Mariasolche Menschen, und sie mag sie nicht sonderlich. Werviel leistet, soll eine Anerkennung bekommen, findet sie.Deshalb sei das Prinzip der Stiftung fair.Der Cappuccino ist fast ausgetrunken. Ich frage nachihren Plnen fr die Zukunft. Sie mchte ein gutesExamen machen und dann eine erfolgreiche Juristin wer-den, im Staatsdienst, in einer Kanzlei oder in der Wirt-schaft, wie ihre Cousine es gerade vorgelebt hat. Genaueswisse sie noch nicht, entschuldigt sie sich. Ich habe ver-gessen, dass sie gerade erst neunzehn ist. Und ihre Trume?Willstduetwas verndernimLand?, willich wissen.Mariaschaut, zgert, dannschttelt siedenKopf. Ichkonzentriere mich auf den Bereich, in dem ich mit mei-nen jetzigen Mitteln etwas verndern kann: Das bin ichselber. Mit mir bin ich ziemlich streng. .Kurz darauf verabschieden wir uns wieder. Mariakehrt in die bayerische Akropolis zurck, inilir kleinesApartment. Ihre Privilegien, das wei ich jetzt, hat sichdie bayerische Elite hart erarbeitet. Sie alle werden wohlhnlichfleiig, hnlichintelligentsein wieMaria. NurdasssichdieStipendiaten auch in einemdrittenPunktauffallend hnlich sind, lsst mich am Sinn der Frderungzweifeln: Wir sind viele Lehrer- und Professorenkinder,hatte Maria mir gesagt. Maximilianeer, deren Eltern ausder Unterschicht kmen, gebe es nicht.103Als ich durch Mnchen laufe, frage ich mich, ob dieserSatz fr die ganze Stadt gilt. Die gewohnten Spuren urba-ner Armut suche ich vergeblich. Stellt hier niemand leereBierflaschen auf dieMlleimer, umdenSammlerndasLebenzuerleichtern?WosindhierdiePenner, diezuHausealleinvordemSupermarkt inmeiner StraeinHandballmannschaftsstrke leben? Und warum will nie-mand mein U-Bahn-Ticket haben, umes fr die Hlfteweiterzuverkaufen? Wer ist Kunde all dieser Seifenlden,dieser Geschfte mit Heizstangen fr Handtcher, dieser mit Kinderkleidung, die versprechen, denJungsten in einen Dolce & Gabbana Junior zu verwan-deln? Ich tue, was mir in Mnchen natrlicherscheint,und setze mich in einen Biergarten, der aussieht wie inderWerbung, undbinberrascht, wiewohl ichmichfhle. Bierflaschenauf Mlleimernzuvermissenkannnur einSymptomidiotischer Sozialromantik sein. Ver-mutlich finden alle Menschen saubere Straen auf Dauer Wahrscheinlich lebt es sich wirklichganz gut inemer wohlhabenden Stadt. Ganz sicher ist die Arm-aber-sexy-Logik ein schwacher Trost. mirfindet geradeeingroes Boule-Turnierstatt. Hmter mir hat d S d f 0 dOIe ta t r emenBlOmarkt IeStraen gesperrt Kl 0 Moodh. . eme a cen im Kimono stolzierenan mIr vorbei. Vielleicht ist es selbstverstndlichdass dieMenschenhierdas M ' 0 von ana beschriebeneLeistungs-pnnzlpnoch im al J::.L b mer s lalr empfinden, weiles frihreen noch gilt Wi dod'dh. er Ie, Ie verloren haben, niesiehtun sc on gar ni ht k .dc ennt, dem fallt es leichter, die drn-gen en Fragen a halHuszusc ten. War der Onkel, der jetztartz IV bekommt . kli h ,WIr C fauler als der Vaterder Be-amter 1st? Scht d '. el ert er Cousin in der Schule, weil er dm-104mer ist? Warum werden die Shne von Trken, Arbeits-losen oder Bauarbeitern so selten Einser-Abiturienten undnie Maximilianeer?IchdenkeanMichael Hartmann, denEliteforscher,und seine Zweifel an der Leistungselite. Er meinte: AusSicht des Brgertums ist die derzeitige Struktur desBildungswesens ein entscheidendes Problem. Der Nach-wuchs der Reichen und Erfolgreichen werde dort schlie-lich mit den Mngeln des ffentlichen Systems konfron-tiert. Oftkommealseinziger AuswegeinSchulwechselins Ausland infrage. Bei einer verstrkten Binnendiffe-renzierungshedasaberandersaus. DannknntedasBrgertum die eigenen Kinder in Bildungseinrichtungenschicken, dieaufgrund einer wesentlich besserenfinan-ziellen Ausstattung und selektiver Aufnahmeregelung dasgewnschte Niveau aufweisen, und dem Rest der Bevl-kerung das zunehmend marode Restsystem berlassen.Verstrkte Binnendifferenzierung - das meint wohl, dasses nicht mehr den Kindergarten, die Schule, die Uni fralle gibt, sondern ein Parallelsystem. Der Vorsprung derBrgerkinder, densieaufgrundihrer familirenBedin-gungenschonmitbringen, sagtHartmannwrde da-durch ausgebaut und verfestigt.DIFFERENZIERUNGIch sitze wieder in meinem Zimmer. ber mir wird seitzwei WochenderDielenbodenherausgerissen. Eshrtsichan, als stndeeinZahnarztbohrerkurzvor demDurchbruch in meinen Gehrgang. Das Brgertum habeeinInteresseaneiner Differenzierung desBildungssys-105tems, hatteHartmanngesagt. NursoknneesseinenKindern die Nachteile des ffentlichen Systems ersparen,Nur soseigewhrleistet,dassdieKinder der Elitefrhselbst das Eliteticket lsen.JohannComenius, einerderbedeutendstenPdago-gen des 17. Jahrhunderts, empfahl, wer eine gute Bildungwolle, solle die Langsamen unter die Geschwinden, dieSchwerflligen unter die Wendigen, die Hartnckigen un-ter die Folgsamen mischen. Das wre das Gegenteil vonAusdifferenzierung. Das wren Finnland und Schweden,die Sieger aller Schulstudien. Was aber ist, wenn die Ge-schwinden, die Klugen und die Wohlhabenden entschei-den da . I' b ", ss SIe le er unter sIch sem wollen? Was ist, wennsie am liebsten vergessen wollen, dass es auch Langsame,Dumme und Arme gibt?Seit der Bohrer lrmt, habe ich mir selbstBeschfti-gungstherapien auferlegt und meinen Stapel zum ThemaElite in Akteno d" ,,,r ner gezwangt. Immer wIeder blattereich die Texte durh B' d'f:'I: .C . m n ~ n 1lerenzlerung - das Wortlegt'h'. .SIC m meinem Kopflangsam ber das Drhnen. AlsIch m Bayern h' ." war, ersc len es mIr noch absurd frh, Abi-tunentmnenw M .le ana oder Studentenwie Carl perKommission Zur El't k"1e zu uren. Je hufiger ichmeinenOrdner durchseh d k1e, esto arer wird ein Gedanke' Mariaund Carl sind S.. tb " '. pa erulene. In Deutschland, wo Genera-tionen von Drer"h' .k Ja ngen1mKindergartenallenfallsdenorrekten Einsatz P' ft. von nttstI und Prickelnadellernten1St urpltzlich ein Wi b " . 'bett ewerb zur Forderung einer ElIteent rannt der '"st k ' en Jungste Mitglieder noch in den Windelnecen. Die Binnend'f" .ku 1lerenZlerung beginnt mittlerweilerz nach der Geburt.106DERKAMPFUMDIEVORDERENPLTZEAls ich vier war, konnte ich lesen und schreiben. APAPOLLAH, habenmeineElternstolzaufbewahrt. HalloPapa. Ichhabefalschherumgeschrieben, weildasfrLinkshnder einfacher ist, aber immerhin. Mit viel gutemWillen htte man daraus eine besondere Begabung unddamit einen besonderen Frderbedarfkonstruieren kn-nen. Hat man aber nicht. Ich bin in den stdtischen Kin-dergarten gegangen, in die Grundschule unseres Viertels,aufs Gymnasium, dann zu einer Uni, die das angebotenhat, wasichstudierenwollte. Ganznormal - wiealleeben. Etwas anderesstand berhaupt nicht zur Diskus-sion. Ich habe den Eindruck, dass es dieses ganz normalseit einigen Jahren nicht mehr gibt. Der Druck, mglichstfrh mglichst viel zu leisten, wchst.In Hamburgbietet eine private Sprachschule Englisch-kurse fr Schler an, die nicht einmal sitzen, geschweigedenn sprechen knnen. Sie sind erst drei Monate alt. Sielauschen also den Englischstunden wie andere Suglingeihrer Spieluhr.In Mnchen knnen Eltern ihre Kinder-gartenkinder in den Chinesischkurs schicken, und in Pas-saubietet eineFirmaWord-, Excel- undPowerpoint-Kurse fr Kinder ab vier an.In Berlin hat Anfang 2007 eine Filiale der amerikani-schen Bildungskette FasTracKids erffnet. FasTracKids,dasheit frei bersetzt berholspurkinder. Ineinerschicken Altbauwohnungin Steglitz sitzen Zwei- bisSechsjhrigevor einer Tafel, aus der eine Computer-stimme drhnt. Stellt euch vor, sagt die Stimme, ihrwollt eure Freunde zum Insektensammeln einladen. Wasmsst ihr auf die Postkarte schreiben? Da sie noch nicht107schreiben knnen, tippen die Kinder Symbole auf der Ta-fel an. Richtig, freut sich die Tafel. Oder sie sagt, als einJunge auf das Bild eines Fisches zeigt:Meinst du wirk-lich, dass ein Fisch auf die Einladung muss? Die Kinderhaben heute das Fach Kommunikation, ein Wort, das dieder kleinenSchler nicht einmal aussprechenkonnen. Mathematik undBiologie standenindenWo-chen davor auf dem Stundenplan. Literatur, Astronomieund sogar ein Block zum Thema Lebensstrategien werdennoch folgen.,mssen Dreijhrige das knnen?, frage ich,DIe VerbIndungen imGehirn der Kinder seien jetzt be-sonders verknpfungsWillig, heit es bei FasTracKids.So schnell wie in diesem Alter, sagt die Leiterin, wrdendie Kind ' . der me WIe er lernen. Whrend Deutschland bei Frhfrderung hinterherhinke, sei das Programm in wie Russland, Mexiko oder Portugal lngst einnesiger Erfolg.ImWerbeprospekt derKleinkindschuleleseichdasProtokoll eines G -, h' . ,esprac s zweIer FasTracKids aus Mexiko:Wusstest du, dass LeonardodaVinci dieMonaLisagemalt hat?fragt de . "'h'. , r vierJa nge Diego. Ja, natrlich,antwortetseins h'h' ,ec sJ nger KlassenkameradFernando.Wusstest dud 11' ass er vor a em das Lcheln der Mona Lisamalen wollte? Und d' f' fiooh '. Ie n Ja nge Julia aus Denverdiegefragt wird waru . d' 'k" mSIe Ie Namen aller neun Planetenenne, wIrd mit dA' ,. . er ntwort ZItIert: Ich habe sie behal-ten, weil Ich ein FasTracKid bin.Diese Art de Wb'dKlr er ung wIrkt. In Berlin steigt die Zahler assen stetig Fil'al . 00II. I enIn Dusseldorf und Hamburgso en folgen Bildun f .Wehd g r KleInstkinder ist ein neuer eina sen er Markt D ' '. enn Bildung ist zum Statussymbol108geworden, Vor allem Eltern aus der Mittelschicht habenAngst, dass ihr Kind zum Verlierer werden knnte, wennesdenganznormalen Weg geht. Undsostatten sie ihrKind schonimWindelalter mit Zusatzqualifikationenaus. Hier werdendie Kinder auch rhetorischfit ge-macht, erzhlt mir eine Mutter, die ihre Shne zu Fa-strackidsschickt. Sie lernenPrsentationsformen, dieihnen spter ntzen werden.Hrt man sich um, hat man das Gefhl, dass sich vieleEltern in eine Art Wettrsten um den beeindruckendstenKleinkindlebenslauf gestrzt haben. Die Shne derFas-TracKids-Mutter gehen in einen englischsprachigen Kin-dergarten, Englisch, erklrt sie mir, sei in Zeiten der Glo-balisierung eben wie Zhneputzen. Wir haben gemerkt,dass die groe Schwester, die erst mit fnf angefangen hatmit Englisch, einfach zu spt dran war. Deshalb haben wirentschieden, dassdieJungsgleichmit zwei anfangen.ber 1000 Euro kostet die Frderung ihrer beiden Shnepro Monat. Geld, das gut investiert sein soll.Also wird der ltere der beiden Jungs im Herbst nichtauf eine normaleGrundschule wechseln. Er knne seinEnglisch wieder verlernen, frchtet die Mutter. Ihr Sohnsoll auf eine bilinguale Grundschule. Doch die sind be-gehrt, die Wartelisten lang. Die Familie nahm einen An-walt und war bereit, fr den Platz an der Schule zu klagen.Aber dann zog ein Zwillingspaar aus Berlin weg, der Sohnder FasTracKids-Mutter rckte nach. Die richtige Schulezu findendauert Monate, sagt sie. Aber es ist eine sowichtigeEntscheidung.Siehat ihrenSohnzuProbe-stunden geschickt. Er hat Einstufungstests absolviert. ZurSicherheit hat die Familie schon frheinen Vertrag miteiner Privatschule unterschrieben, falls es mit der begehr-109ten Europaschule doch nicht geklappt htte. Das ist si-cherlich ein Trend- dass die Leute, die es sich leisten kn-nen' sehr genau hingucken und sich fragen: Wo kann ichfr mein Kind das Optimum rausholen?, sagt sie.Als ich eingeschult werden sollte, sind wir vorher ein-mal denWegabgegangen. DurchunsereStrae, dannrechts, ber die Ampel, noch ein bissehen geradeaus, amFriedhof vorbei. Ich habe gelernt, dassich links, rechts,links gucken soll. Dann haben wir eine hellblaue Uhr undeinen roten Ranzen gekauft, und alle fanden, ich sei nunfit fr die Schule.Heute gilt schon die Wahl des Kindergartens als beruf-liche Weichenstellung. Jeder kennt Leute, die vor der Ein-schulungineinenschickerenStadtteil zogen. Einerer-zWt von Bekannten, deren Tochter schon in der erstenKlassemit Chinesischbeginnt. EineErzieherin, derenKindergartenineinembrgerlichen Berliner Stadtteilliegt und als pdagogischer Modellkindergarten gilt, be-richtet mir, dass die Eltern nervs werden, weil die Klei-nen basteln, Experimente machen und spielen - aber keinEnglisch lernen. Die Eltern, sagt sie, haben Angst, dassihre Kinder dadurch den Anschluss verlieren. Im Maga-zin der SddeutschenZeitung erzhlt KarinaLbke voneinemVolkshochschulkursfrAchtjhrige. Und?W