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growdigitalgroup.de Ausgabe #7 Familienwachstum Wie eine Adoption das Leben eines MSO-Digital- Kollegen verändert. Wachstum weltweit Ein Erfahrungsbericht über verschiedene Blick- winkel auf Wachstum. Grow wird größer Die Grow Digital Group wächst in Hamburg und mit einem Gebäude in Osnabrück. Gesund wachsen.

Gesund wachsen. - Grow Digital Group - Wir sind viele und dabei … · 2020. 11. 5. · DOWNSHIFTING Warum immer mehr Menschen einen bewussten Karriererück-schritt gehen. HAMSTERRAD

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growdigitalgroup.de

Aus

gabe

#7

Familienwachstum Wie eine Adoption das Leben eines MSO-Digital-Kollegen verändert.

Wachstum weltweitEin Erfahrungsbericht über verschiedene Blick-winkel auf Wachstum.

Grow wird größerDie Grow Digital Group wächst in Hamburg und mit einem Gebäude in Osnabrück.

Gesund wachsen.

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Editorial

growdigital.group/karriere

Wachse auch du mit uns!

Wir suchen in vielen Bereichen Verstärkung, damit Grow noch besser wachsen kann.

Liebe Leser*,

seit mehr als fünf Jahren bin ich mittlerweile schon bei netspirits. Angefangen als Junior SEO Manager verantworte ich seit zweieinhalb Jahren den Bereich SEO als Team Lead mit inzwischen sieben Mitarbei-tern*. Man kann also schon sagen: Meine berufliche Karriere ist stetig gewachsen. Wachstum, das ist auch das Thema dieser DIVE. Etwas, das von vielen Seiten betrachtet werden kann. Über berufliches Wachstum habe ich beispielsweise das erste Mal nachgedacht, als ich im Job neue Prozesse und Umgangsweisen kennengelernt habe. Ich habe gemerkt, dass ich mit eigenen Ansätzen schnell etwas zur Verbesserung beitragen kann. Und das zeigte Wirkung!

Aber ganz ehrlich: Wenn mir jemand nach dem Studium gesagt hätte,

dass ich einmal das SEO-Team von netspirits leiten würde, hätte ich das nicht für realistisch gehalten. Denn ich bin nach meinem eher allgemein gehaltenen Studium der Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Handel und Marketing (B2C) erst durch ein Praxissemester in diesen Bereich gerutscht – ein Glücksfall, muss ich heute rückblickend sagen.

Ich bin überzeugt davon, dass man für berufliches Wachstum nicht

zwangsläufig das Unternehmen wechseln muss – das zeigt meine eigene Entwicklung. Und ich bin in der Grow-Gruppe nur ein Beispiel von vielen. Zahlreiche Kollegen* haben hier die Chance bekommen, sich zu entwi-ckeln. Aber Möglichkeiten alleine reichen nicht: Das Team, der Umgang untereinander sowie die Ziele und Visionen der Unternehmen müssen passen. Zum Glück ist das bei netspirits und Grow der Fall.

Ich finde, Wachstum sollte man nicht nur auf die berufliche Ebene

beziehen, auch privat oder persönlich kann jeder wachsen. Manchmal bedingt das eine das andere. Und das zeigen die vielen verschiedenen Geschichten zum Thema Wachstum in dieser Ausgabe der DIVE. Die Grow Digital Group wird beispielsweise in den kommenden Jahren einen riesigen Campus in Osnabrück bauen. Zwar haben wir Kölner* von net- spirits von dem Gebäude selbst nicht so viel, aber für meine Kollegen* freue ich mich wirklich sehr. Und wir profitieren ja auch von den Syn-ergien, die dort entstehen. Doch das ist nur eins von vielen spannenden Themen in dieser Ausgabe. Jetzt blättert also schnell weiter!

Viel Spaß beim Lesen der neuen DIVE!

JUSTIN TIEGS, TEAM LEAD SEO BEI NETSPIRITS

ICH BIN EINBEISPIEL VON VIELEN BEI GROW. m/w/d

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Online Marketing Manager (Senior) SEA ManagerSEO Manager Solution ArchitectPeople ManagerCustomer Success ManagerSoftware Developer BackendSoftware Developer Frontend

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4 DIVE #7 5

Wachstum gibt es in vielen Berei-chen, doch der Ursprung liegt in der Entstehung neuen Lebens. Dieses Bild zeigt eindrucksvoll ein kürzlich im Australian Reptile Park zur Welt gekommenes Känguru-Baby im Beutel seiner Mutter. Das Jungtier wagt zum ersten Mal den Blick in die weite Welt. Bevor es den Beutel das erste Mal verlassen wird, werden noch ein paar Monate vergehen. Denn das Fell und die Gliedmaßen des kleinen Kängurus müssen noch etwas wachsen, damit es sich sicher in der Natur bewegen kann.

Wachstum vereint uns alle – Mensch, Tier, Pflanze; die gesamte Umwelt. Es richtet sich immer vorwärts in die Zukunft. Für diese Vorwärtsbewe-gung steht das Känguru ebenfalls symbolisch. Es kann sich nämlich nur vorwärts bewegen. Das eint diese Spezies mit wenigen anderen Tierarten.

Blättere du nun auch vorwärts und entdecke die verschiedenen Blickwin-kel auf das Thema Wachstum.

WACHSEN UND WERDEN

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DIVE #7 76

Inhalt

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Inhalt

GROW DIGITAL CAMPUS Bald ist es so weit: Der Baustart für den Grow Digital Campus steht an. Alle Infos gibt's hier.

FEINDBILDER Eine Grow-Umfrage, die zeigt, dass man auch an schlechten Vorbildern wachsen kann.

PLÖTZLICH ZU DRITT Der Weg einer Adoption bis zum entscheidenden Anruf: „Wir haben ein Kind für Sie.“

DIGITAL DETOXBock auf ein einfaches und leckeres Brotrezept? Dann schnell ab auf Seite 41!

KOLUMNE „Mama, du wächst nicht mehr, oder?“ Nicht nur wir, auch Kinder beschäftigen sich mit Wachstum.

SPRICHWÖRTER „Ich schreib mir das erst mal auf die Pfanne“– oder so. Sprichwörter-Fails at its best.

WACHSTUM WELTWEIT Andere Kultur, anderer Blick auf Wachstum. Ein Erlebnisbericht.

ZUSAMMEN WACHSEN Was es mit der Google Growth Partnerschaft auf sich hat und wie Unternehmen davon profitieren.

STUFENWACHSTUM Was die Ich-Entwicklung mit der Marken-Entwicklung gemeinsam hat. Ein Kommentar.

DOWNSHIFTING Warum immer mehr Menschen einen bewussten Karriererück-schritt gehen.

HAMSTERRADEin Fußballverein spielt freiwillig eine Liga tiefer. Um durch diesen Schritt zu wachsen.

PEOPLE TO WATCH Von wohltätigen Sportlern und meinungsstarken Frauen.

NEWS & EVENTS Neuigkeiten aus der Grow-Welt – leider noch ohne „Vor-Ort“-Events. #coronanervt

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Viele denken bei Wachstum nur daran, dass etwas größer wird. Wir zeigen in dieser Ausgabe zum einen, dass das im Grunde zwar stimmt, aber auf verschiedene Arten und Weisen ausgelegt werden kann. Zum anderen zeigen wir auch, dass es nicht immer größer werden muss, damit etwas gut ist. Aber lest selbst.

8BACK TO OFFICE Die Lösung für eine geregelte Rückkehr der Mitarbeiter aus dem Homeoffice.

YOUTUBE-WACHSTUM Wie Unternehmen ihre Reichweitein der zweitgrößten Suchmaschineder Welt vergrößern.

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DIVE #7 98

Der markante Neubau wird die neue Heimat der Grow Digital Group. Im WissenschaftsPark Osnabrück wer-den die Agenturen basecom, brand-ence und MSO Digital das modernste Agenturgebäude der Stadt beziehen. Baubeginn ist voraussichtlich im Som-mer 2021, die Fertigstellung für Mitte 2023 geplant. Der Grow Digital Campus soll dann auch zu einem Ort des Austausches mit der Wissen-schaft werden – mit Co-Working-Spaces, Raum für Veranstaltungen und vielem mehr. Oberbürgermeister Wolfgang Griesert: „Das flexible, zu-kunftsgewandte Gebäudekonzept wird zweifelsohne viel Leben in den WissenschaftsPark bringen.“ Auch Ralf Minning, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Osnabrück (WFO), ist begeistert: „Wir als WFO schätzen uns glücklich, dass wir für dieses Beispiel Osnabrücker Unter-nehmertums den Weg ebnen durften. Das Gebäude tritt an die Schwelle zu einem Leuchtturmprojekt mit Strahlkraft weit über die Stadt-grenzen hinaus.“

OSNABRÜCKS GRÖSSTER DIGITALSTANDORT.

WEITERBLÄTTERNFÜR NOCH MEHRWACHSTUM

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DIVE #7 1110

Für die Hamburger Leitagentur Spotleit steht eines im Vordergrund: den Kunden und das, was er erreichen will, zu ver-stehen. Immer wieder stellen sich die 20 Analyse- und Kreationsexperten* dabei die Frage nach dem Warum. Jede Kreation folgt bei Spotleit einer nachvollziehbaren Strategie, die die Marke der Kunden ins rechte Licht rückt.

2do heißt „2 machen“ – eine Synergie aus Kunde und Agentur, die kooperativ ein Ziel verfolgen. Ob Markenkampag-ne, Messeauftritt oder Print-Kommuni-kation: Die 30-köpfige Agentur ist seit mehr als 20 Jahren partnerschaftlicher Berater für die kreative Realisierung von Marketing-Strategien. 2do vereinigt alle Disziplinen der ganzheitlichen Kom-munikation, von der richtigen Zielgrup-penansprache bis hin zu den richtigen Werbemitteln und -kanälen.

2do digital ist am Start, wenn es um Bereiche wie Social Media, Film oder Website geht. Dabei sehen es die Experten* als ihre Aufgabe, komplexe Projekte so einfach wie möglich umzu-setzen: mit verständlicher Sprache, klaren Timings und gutem Projektma-nagement. Schließlich sollen die Kunden immer verstehen und nachvollziehen können, was gemacht wird.

Wir wachsen – in Kompetenzen, aber auch in Zahlen:

DAS SIND DIENEUEN GROW UNITS:

GROW INZAHLEN

270 MITARBEITER*

20 MILLIONENUMSATZ 8

STANDORTE

„WIR SIND INHALTLICH UND GEOGRAFISCH EINE SPANNENDE ERGÄNZUNG.“

Ihr seid ganz neu in der Grow Digital Group. Was waren für euch die ausschlaggebenden Punkte, euch der Grow-Fami-ly anzuschließen?

Um Kunden auch in (naher) Zukunft die richtigen Lö-sungen anzubieten, braucht man absolute Expertise in den jeweiligen Kommunikationsdisziplinen. Wir sind hier in Hamburg gut unterwegs, trotzdem wird es schwer, das in Zukunft alleine in der entsprechenden Qualität abzudecken. Wir sehen im Grow-Netzwerk sehr, sehr starke Partner, mit denen wir breiter und zu-kunftssicher aufgestellt sind. Außerdem gefiel uns von Anfang an die Story hinter NOZ MEDIEN/mh:n MEDIEN und Grow. Und letztlich waren unsere Besuche an den Standorten ausschlaggebend. Wir haben schnell ge-merkt: Das sind ebenfalls Profis mit dem Herz am rech-ten Fleck.

Mit den Agenturen Spotleit, 2do und 2do digital und eurem Partner Softwerft habt ihr schon selbst „unter einem Dach“ viel Netzwerkerfahrung gesammelt. Was sind für dich die Vor- und Nachteile?  

Wir können unseren Kunden immer die richtige, maß-geschneiderte Lösung in der passenden Größe anbie-ten. Von 20 bis 90 Köpfen. Das bedeutet: Der Kunde spricht zunächst mit einer der vier Agenturen. Bei Be-darf können wir aber zwei, drei oder alle vier „in Reihe“ schalten. Ob der Kunde dann weiter nur mit einer Agentur spricht oder lieber in jeder Firma einen An-sprechpartner* erhält, entscheidet der Kunde mit. Das musste sich anfangs ein wenig zurechtruckeln – klappt aber nun seit vielen Jahren perfekt. Die Herausforde-rung ist es immer, dass man den Netzwerk-Spirit in alle Bereiche der Agenturen bringt und dazu auch nachvollziehbare Spielregeln aufstellt.

Interview Karsten Ilm

Seit Herbst 2020 sind die Hamburger Agenturgruppe 2do und Spotleit Teil der Grow Digital Group. Wir haben mit Spotleit-Geschäftsführer Lutz Jurkat über die Partnerschaft und deren Vorteile gesprochen.

Mit euch wächst die Grow Digital Group erheblich in Köp-fen und Können. Welche Chancen bietet das für eure Kun-den und die Grow-Kunden?

Unseren Kunden werden wir nun starke Spezialisten* aus den Bereichen Performance Marketing, E-Com-merce und Content Marketing anbieten. Dazu können wir im Bereich Online Marketing, den wir vorher auch schon gut abgedeckt haben, deutlich mehr Kapazität anbieten. Das sehen wir als absoluten Mehrwert. Für die Kunden im Grow-Netzwerk sind wir inhaltlich und geografisch sicher auch eine spannende Ergänzung. Mit 2do Marketing Service kommt eine produktions- und abwicklungsstarke Full-Service-Agentur an Bord, 2do digital bietet die gesamte Digitalpalette an. Mit Spotleit hat man einen starken Partner im Bereich Analyse/Strategie und hochkarätiger Kreation.

Was motiviert dich persönlich, jetzt mit der Grow noch mal ein ganz neues Erfolgskapitel schreiben zu wollen?

Wir leben von langjährigen Kundenbeziehungen. Auch weil unsere Kunden uns vertrauen. Wir wollen unseren Unternehmern* oder Marketingleitern* auch noch in einigen Jahren in die Augen schauen und sagen: „Wir sind die perfekte Lösung.“ Dafür ist ein Leistungsport-folio, wie das der Grow, quasi alternativlos. Ich bin mir auch sicher, dass es da noch den einen oder ande-ren neuen Kunden gibt, der auch so denkt. Hier liegt meine Motivation, auch bei der Grow meinen Beitrag zu leisten.

Die Entwicklung der Grow Digital Group innerhalb der nächsten Jahre wird ...

... erfolgreich. Und zwar völlig zu Recht.

„Als Agenturgruppe konzentrieren wir uns bereits seit einigen Jahren darauf, die klassische Kommunika-tion und Werbung digitaler zu denken und zu machen“ erklärt 2do-Marketing-Services-Geschäfts-führer Peter Wölke. „Gleichzeitig bauen wir digitale Disziplinen weiter aus – zielgerichtet unter Kommuni-kations-, Zielgruppen- und klassi-schen Werbeaspekten. Da ist der Zusammenschluss mit der Grow-Gruppe nicht nur der nächste logische Schritt, sondern auch eine aufregende neue Entwicklungs-chance für alle Beteiligten. Und nicht zuletzt auch für die Kunden aller Agenturen, die genau davon profitie-ren werden.“

„Wir haben in kurzer Zeit viele neue Impulse mitnehmen können”, sagt 2do-digital-Geschäftsführer Dominic Scheppelmann. An der Zusammen-arbeit mit Grow reizt ihn besonders das Lernen – egal ob im Bereich Technologie oder bei internen Strukturen. „Ich verspreche mir, dass wir gemeinsam erfolgreicher agieren, als es als Einzelkämpfer möglich ist.” Gerade als Full-Service-Digitalagen-tur sei es genial, sich mit absoluten Experten* in den Bereichen E-Com-merce, Performance Marketing oder Brand-Building austauschen zu können.

DOMINIC SCHEPPELMANN,Geschäftsführer 2do digital

PETER WÖLKE, Geschäftsführer 2do Marketing Services

Interview

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DIVE #712 13

Die Karriereleiter immer weiter hochsteigen, ein fettes Gehalt verdienen und vor dem Haus einen dicken Firmen-wagen stehen haben. Klingt erstrebenswert – aber ist es das wirklich? Nicht für alle. Immer mehr Menschen gehen in ihrer Karriere bewusst einen Schritt zurück. In der Fachsprache wird das als „Downshifting” bezeich-net. Wir haben mit Arbeitssoziologin Dr. Julia Gruhlich und Downshifter Malte, der seine eigentliche Karriere auf Eis gelegt hat, darüber gesprochen.

Wellen brechen leicht am Bug des Schiffes, das gerade dem Sonnenuntergang entgegensegelt. Ein Bild, das Skip-per Malte in diesem Sommer fast jeden Tag gesehen hat. Er ist dafür verantwortlich, dass an Bord alles reibungslos ab-läuft und der einwöchige Aufenthalt seiner Gäste so ange-nehm wie möglich ist. 

Seit Sommer 2020 ist Malte als Skipper im Mittelmeer unterwegs. Jede Woche ein anderer Törn. Sechs Monate vorher sah sein Leben noch ganz anders aus. Er war Ab-teilungsleiter in einem international agierenden Unter-nehmen in Wuppertal, hatte im Bereich Industrial Engi-

neering 19 Leute unter sich und verdiente gutes Geld. Es hat ihm Spaß gemacht - wirklich zufrieden war er aller-dings nicht: „Ich habe schon vor ein paar Jahren gemerkt, dass ich zwar immer mehr Geld verdiene, mir das aber nicht viel bringt. Ich habe mir davon Konsumkram ge-kauft. Habe das Geld für Sachen ausgegeben, die mich nicht glücklicher gemacht haben“, sagt Malte rück- blickend. Ihm wurde bewusst: Aktivitäten wie Wandern mit Freunden oder Segeln bringen ihm mehr als wieder einen neuen Flat-Screen in der Wohnung zu haben.

Dr. Julia Gruhlich hat sich in einer Studie mit Down-shifting beschäftigt. Dessen Definition ist nicht ganz ein-fach, aber die Arbeitssoziologin würde es als „berufliche Entscheidung, die mit weniger Verdienst und/oder Status einhergeht” beschreiben. Vom Manager* zum Yogalehrer* beispielsweise. Wichtig: Der Karriererückschritt erfolgt freiwillig. Gruhlich hat drei Muster definiert, die Menschen dazu bringen, ihren Karriereweg zu beenden bzw. davon Abstand zu nehmen. „Die einen wollen mehr Zeit für Fami-lie und Kinder haben. Auch die, die noch keine Kinder ha-ben, sagen sich ,Mit diesem Job lässt sich ein Familienle-ben nicht vereinbaren’”, erklärt sie. Andere seien vom

Text Nina Brinkmann

HÖHER,SCHNELLER,

STOP!W

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DIVE #7 1514 11

klassischen Burn-out betroffen. Diese seien durch die Ar-beit so erschöpft und krank vom Stress, dass sie zunächst krankheitsbedingt ausfallen und anschließend nicht oder in reduzierter Form zurückkehren. Malte ist der dritten Mustergruppe zuzuordnen. „Das sind dann die, die sinn-entleert sind und sich sagen: ,So habe ich mir das alles nicht vorgestellt’”, sagt Gruhlich.

Vor etwa einem Jahr wurde Maltes Wunsch, sich von dem stetigen Karriereaufstieg zurückzuziehen, erstmalig konkret. Ihm wurde ein Job als Skipper angeboten. „Wa-rum nicht”, dachte sich der heute 33-Jährige. Er investier-te seinen Urlaub und Überstunden und probierte es ein-fach mal aus. Es gefiel ihm so gut, dass ihm die Entscheidung, seinen Job zu kündigen, recht leicht von der Hand ging. „Mein Standort wurde im vergangenen Jahr umstrukturiert. Vielen Kollegen wurden Auflösungsver-träge angeboten, mich wollten sie halten. Die haben mir ein echt gutes Angebot gemacht. Produktionsleiter mit bis zu 300 Leuten unter mir – aber ich wollte es nicht”, sagt er. Stattdessen erfüllte er sich seinen Traum vom Segeln.

Die Frage nach dem Warum

In der Gesellschaft wird der Diskurs ums Downshifting immer aktueller: „Heutzutage spricht man offener darü-ber”, sagt Gruhlich. „Das hängt auch damit zusammen, dass es mehr akzeptiert wird. Trotzdem brauchen Down-shifter* fast immer eine Begründung, warum sie diesen Schritt gehen – einfach hingenommen wird es in den sel-tensten Fällen.” Malte selbst hat die Frage nach dem Wa-rum auch häufig beantworten müssen. Rückblickend hät-ten die meisten seiner Gesprächspartner* aber nicht negativ, sondern eher beeindruckt bis neidisch auf seine

denken stattfinde. „Als kleines Indiz dafür kann man bei-spielsweise nennen, dass mittlerweile mehr als 40 Prozent der Männer eine Zeit lang in Elternzeit gehen – das entwickelt sich zu einer neuen Norm, die es vor weni-gen Jahren so noch nicht gab”, sagt die Forscherin. 

Malte will zunächst für mindestens zwei Sommer als Skipper arbeiten. Törns rund um Mallorca oder die griechi-schen Inseln stehen da auf der Tagesordnung. In der Win-terzeit wollte er eigentlich in Übersee segeln. Doch die Co-rona-Pandemie kam dazwischen. „Parallel zum Segeln schaue ich deswegen nach Möglichkeiten, freiberuflich in meinem alten Bereich zu arbeiten. Aber nur, um meine Grundausgaben decken zu können. Beispielsweise die Kosten für mein WG-Zimmer in Wuppertal. Das habe ich immer noch und will es auch nicht aufgeben”, sagt er. 

Vom IT-Manager zum Imker

Downshifter* haben laut Gruhlich gute Chancen, wie-der in den früheren Arbeitsmarkt integriert zu werden:

„Sie sind bestens ausgebildet und haben meist viel Erfah-rung. Für Arbeitgeber sind sie oft Gold wert.” Sie zeichne aus, dass sie meist hochleistungsorientierte Menschen seien. Auch in ihrem neuen Bereich zeige sich das oft. „Ich habe beispielsweise mit einem ehemaligen IT-Manager gesprochen, der ausgestiegen ist. Der ist jetzt Imker, hat das aber gleich professionalisiert und setzt sich jetzt ge-gen das Bienensterben ein”, erzählt die Arbeitssoziologin.

Wie es nach den zwei Sommern auf See für Malte wei-tergehen soll, weiß er noch nicht. „Vielleicht gehe ich komplett in meinen alten Bereich zurück. Eine Karriere ist dann nicht das Ziel, ich schließe sie aber auch nicht aus”, sagt Malte. Doch er hätte eine Bedingung, die die Urlaubs-regelung betrifft: „Wichtig wäre mir, mehr als sechs Wo-chen Zeit für beispielsweise Segeln zu haben. Das wäre Stand heute eine Bedingung, um in den alten Job zu gehen und dort Vollgas zu geben.” An die alte Zeit denkt er heute manchmal schon noch zurück. „Ich bin von Haus aus Pro-zessoptimierer”, sagt der 33-Jährige. Gestalten und kreativ arbeiten, um Prozesse und Mitarbeiter* voranzubringen, war genau sein Ding. Und ganz weg ist dieses Gefühl, Men-schen besser zu machen oder sie von etwas zu begeistern, nicht. „Wenn ich nach einer Woche das Segelboot verlasse und von den acht Leuten vielleicht drei eine Leidenschaft fürs Segeln entdeckt und etwas gelernt haben, dann macht mir das genauso viel Spaß, als wenn ich junge Mitarbeiter* weiterentwickle.” Und dazu hat er in seiner neuen Tätig-keit jeden Tag den perfekten Sonnenuntergang – wenn das Wetter denn mitspielt. Was will man me(e)hr? 

Entscheidung reagiert. „Wenn ich davon erzählt habe, ha-ben viele im Nachhinein ,Das müsste ich eigentlich auch machen’ gesagt. Es ist halt auch echt cool”, sagt der 33-Jäh-rige aus voller Überzeugung. Dass Downshifting immer präsenter wird, zeigt auch eine Studie aus Österreich, in der Personalverantwortliche zum Thema befragt wurden. Mehr als 75 Prozent der Personaler* haben in ihrem Unter-nehmen einen Trend zum Downshifting erkannt. Die Sehnsucht nach einem sinnerfüllten Arbeitsleben über-trifft den Wunsch nach einer steilen Karriere.

Doch wer sind Downshifter*? Gruhlich hat in ihrer qualitativen Forschung mit 23 Downshiftern* gespro-chen. Dabei waren es 16 Frauen und nur sieben Männer, das liege aber wahrscheinlich daran, dass Frauen eher bereit seien darüber zu sprechen als Männer. Es gibt laut Gruhlich keine geschlechtsspezifischen Gründe für das Downshifting. „Downshifter* sind sowohl Männer als auch Frauen. Es ist eine privilegierte soziale Gruppe, die diesen Schritt gehen kann”, sagt sie. Das Bildungsniveau sei bei allen Probanden* hoch und eine finanzielle Absi-cherung ganz klar da gewesen. Aber für Frauen sei es einfacher darüber zu reden als für Männer. Weil es gesell-schaftlich mehr akzeptiert sei. Wobei auch hier ein Um-

„FÜR FRAUEN IST ES EINFACHER DARÜBER ZU REDEN ALS FÜR MÄNNER. WEIL ES GESELLSCHAFTLICH MEHR AKZEPTIERT IST.“

AUTORINNina Brinkmann ist Redakteurin bei bran-dence und bringt den Kollegen* jeden Tag einen Ohrwurm mit ins Büro. Die Ex-Sport-journalistin liebt es, Fußball zu schauen, auch wenn sie es mit ihrem Lieblingsverein Werder Bremen nicht immer leicht hat.

MALTE hat sich für einen bewussten Karriererückschritt entschieden. Als Projektleiter mit Aussicht auf Aufstieg zum Produktionsleiter hat er sich vor einigen Monaten entschieden, seine Karriere vorerst gegen das Segeln einzutauschen.

DR. JULIA GRUHLICH ist Vertretungsprofessorin für allgemeine Soziologie an der Universität Paderborn. Sie beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit dem Thema Downshifting.

StoryStory

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DIVE #7 1716

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LDie Corona-Pandemie hat Auswir-kungen auf alle Teile der Gesellschaft. Auch an Fußballprofi Leon Goretzka ist sie nicht ohne Spuren vorbeige-gangen. Und damit ist nicht gemeint, dass er sich körperlich zu einem Muskelprotz gewandelt hat. Goretzka positionierte sich schon in der Vergangenheit klar gegen Rassismus und setzt sich für mehr Blutspenden ein. Und so blieb der 25-Jährige auch in der Corona-Krise nicht untätig: Gemeinsam mit FC-Bayern-Kollege Joshua Kimmich startete Goretzka die Initiative „We kick Corona”. Dabei werden soziale und karitative Projekte, Vereine und Einrichtungen mit Spendengeldern unterstützt. Auf der Website des Projektes heißt es: „Als Profifußballer führen wir ein gesundes und privi-legiertes Leben. Daher sehen wir uns in dieser schwierigen Zeit verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen.“ Die beiden Nationalspieler ließen ihren Worten Taten folgen und spendeten zusammen eine Million Euro. Laut offiziellen Angaben wurden durch 3.500 Spender* bereits mehr als 5 Millionen Euro eingenommen und fast 500 Projekte unterstützt.

www.wekickcorona.comInstagram: @leon_goretzka

Seit vielen Jahren ist Maja Göpel ein gern gesehener Gast in Talkshows. Klar, schließlich ist die 44-Jährige eine der einflussreichsten Politöko-nominnen und Nachhaltigkeitswis-senschaftlerinnen des Landes. Die Sendezeit nutzt sie allerdings nicht zur Selbstdarstellung. Sie vertritt ihre Meinung und gibt Denkanstöße. So auch dann, wenn es um die Zukunft der Wirtschaft geht. Göpel plädiert in diesem Zusammenhang für ein neues Denken. Beschrieben hat sie das unter anderem in ihrem Buch „Unsere Welt neu denken”. Darin erklärt sie ver-ständlich, wie die Wirtschaft derzeit läuft und was nötig ist, um Verände-rungen langfristig durchzusetzen. Sie ist der Ansicht, dass die Klimapolitik zeitgemäßer werden muss: Man müsse sich um eine nachhaltigere Digitalisierung kümmern sowie einen Weg weg vom reinen Wachstumsge-danken finden. Um das alles umset-zen zu können, ist eines laut Göpel unabdingbar: ein Umdenken in der Gesellschaft.

www.maja-goepel.deTwitter: @beyond_ideology

News & Events

PUBCONNECT20 Bei der dritten Auflage des PubCon-nects von MSO Digital am 18. November 2020 dreht sich alles um die Themen Consent, Cookies und Corona. Wie kann ich meine Zustim-mungsraten erhöhen, welche alternativen Targetingmöglichkeiten gibt es und wie hat sich die Corona-Pandemie auf den Werbemarkt ausgewirkt? Experten* von Google, Sourcepoint und der MSO Digital geben dazu wichtige Insights und einen Ausblick auf 2021.

WEITERBILDUNG In den vergangenen Jahren hat sich Suchmaschinenmarketing als wertvoller Schlüssel zum Erfolg im Online-Marketing entwickelt. Die Experten* von MSO Digital und netspirits zeigen in den IHK-Zertifi-katslehrgängen zum SEO und SEA Manager, wie aus der Kombination von Suchmaschinenoptimierung und Suchmaschinenwerbung in kurzer Zeit schnelle Erfolge erzielt werden können. Chris Tembrink von netspi-rits vermittelt im Kurs zum Content Manager außerdem das nötige Wissen, um digitale Inhalte best-möglich zu planen und auf relevan-ten Kanälen zu platzieren, damit aus Interessenten* begeisterte Kunden* werden.

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Wirtschaftsnachrichten ausIhrer Region und der Welt

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Die Schleswig-Holsteinerin Aminata Touré steht wie keine andere für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Dabeiwäre es zu wenig, die Grünen-Poli-tikerin lediglich auf ihre Stellung als eine der Meinungsführerinnen in der Rassismus-Debatte zu reduzieren. Zwar stellt sie kluge Fragen wie „Wiesosind wir eigentlich immer noch an dem Punkt, zu diskutieren, ob es Rassismus gibt und nicht an dem Punkt, wie wir ihn bekämpfen können?“ in einem NOIZZ-Interview. Aber sie setzt sich ebenso stark für Frauen, Kinder sowie die Queerpolitik ein. In einem Interview mit der Vogue sagte sie: „Es gibt eine krasse Politi-sierung der jüngeren Generation. Mit ihr setzt man an einem anderen Punktan.” Ihr Werdegang ist das beste Beispiel für diese Politisierung: Von der Sprecherin der Grünen Jugend Kiel arbeitete sich Touré kontinuierlich hoch. Seit August 2019 ist die heute 27-Jährige Vizepräsidentin des schles-wig-holsteinischen Landtags – und damit die erste afrodeutsche sowie jüngste Frau, die diesen Posten in einem deutschen Landtag je innehatte.

www.aminata-toure.deInstagram: @aminajmina

10. November 2020 Symfony User Group in Osnabrück

12. November 2020 World Usability Day in Osnabrück

18. November 2020 PubConnect20 – Consent, Cookies und Corona: Bei dem Online-Event dreht sich alles um digitale Werbe-erlöse und die zukünftigen Herausforderungen für Publisher.

17. Januar 2021 Zertifikatslehrgang mit Chris Tembrink von netspirits zum Content Manager im Bildungszentrum der IHK Köln

22. Januar 2021 Zertifikatslehrgang zum SEO/SEA Manager mit netspirits-Experten* im Bildungszentrum der IHK Köln

PEOPLE TO WATCH

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18 19DIVE #7 1918

InterviewInterview

RAUSAUS DEM HAMSTER-RAD

Raphael, trotz des erfolgreichen Klassenerhalts in der Regionalliga West startet der TuS Haltern am See in der aktuellen Saison in der Oberliga Westfalen. Warum geht ihr bewusst in einer niedrigeren Liga an den Start?

Wir haben damals durch den Regionalliga-Aufstieg den maximal möglichen Erfolg errungen, den wir aus eigenen Kräften als TuS Haltern am See leisten können. Gleichzeitig ist die Infrastruktur der städtischen Anlagen eher auf Kreisklassen-Niveau. Dieses Gap wollen wir schließen. Daher haben wir gesagt, dass wir endlich die Voraussetzungen für langfristig ambitionierten Amateur-fußball rund um unser Stadion, der Stausee-Kampfbahn, schaffen möchten.

Dann hat der Verzicht auf die höhere Liga ausschließlich infrastrukturelle Gründe?Sagen wir mal, sie waren mit ausschlaggebend. Gute infrastrukturelle Be-dingungen sind essenziell für nachhaltig erfolgreichen Regionalfußball. Und die waren in unserem Regionalliga-Jahr einfach nicht gegeben. Eher im Gegenteil. Wir mussten auch aufgrund der DFB-Lizenzauflagen jedes zweite Heimspiel in der Wattenscheider Lohrheide oder in Herne austragen. Das möchten wir einfach nicht mehr. Daher dieser Schritt zurück.

Bedeutet der Rückzug aus der Regionalliga für euch keinen Rückschritt? Schließlich hatte sich die Mannschaft sportlich ja qualifiziert.

Es ist ein absolut nötiger Schritt, um langfristige Strukturen zu schaffen. Gleichzeitig geht es uns aber auch um das Prinzip dieses ständigen Wett-rüstens im Amateurfußball. Schneller, höher, weiter. Aus diesem Hamster-rad möchten wir aussteigen. Sportlich ist der Verein in den letzten Jahren so schnell gewachsen, dass die Infrastruktur nicht hinterherkam. Wir brau-chen dieses Wachstum nicht um jeden Preis und werden uns zukünftig auf soziale und regionale Themen fokussieren.

Ihr zielt auf das sogenannte „Bilbao-Konzept“ ab, das für seine regionale Kader-suche bekannt wurde. Worauf genau möchtet ihr euch dabei fokussieren?

Richtig. Nachdem der TuS Haltern in den letzten Jahren sehr erfolgreich war, ist so ein freiwilliger Verzicht auf ein sportlich erreichtes Ziel natürlich ein Schnitt. Aber nach langem Überlegen haben wir uns zum Rückzug aus der Regionalliga entschlossen. Ergänzend dazu haben wir uns zu einer ganz knallharten Fokussierung auf die Jugend und auf Talente aus der heimi-schen Region entschieden. Und dieses Prinzip ist als „Bilbao-Konzept” be-titelt worden.

Der baskische Fußballclub Athletic Bilbao spielt mit seiner Fokussierung auf regionale Talente erfolgreich in der ersten spanischen Liga und würde eher ab-steigen, als einen nicht baskischen Spieler zu verpflichten. Inwiefern steht bei euch denn der regionale Gedanke vor dem Erfolg?

Für uns wird die Regionalität auch in Zukunft der erste Fokus sein. Unser Ziel ist nicht, in der dritten oder zweiten Liga zu spielen. Unser derzeit ma-ximales sportliches Ziel ist es, in der höchsten deutschen Amateurliga zu spielen. Das ist zwar laut Statuten die Regionalliga, aber aufgrund der Profi-vereine und der Zweitvertretungen der Proficlubs in der Regionalliga ist die Oberliga faktisch die höchste reine Amateurliga. Da sind wir jetzt und wol-len dort eine gute Rolle spielen. Und das ist dann auch zumindest für die nächsten Jahre das Maximum.

Der Fußballverein TuS Haltern am See spielte 2015 noch in der Landesliga Westfalen, der siebt-höchsten deutschen Liga. Nach drei Aufstiegen innerhalb von vier Jahren qualifizierte sich der Club 2019 für die Regionalliga West, der vierthöchsten Spiel-klasse. Mehr sportliches Wachs-tum geht kaum. Dank des Klassen-erhalts hätte der TuS Haltern in der kommenden Saison eigent-lich wieder in der Regionalliga starten können. Doch der Verein entschied sich anders. Das Team spielt in der neuen Saison in der Oberliga Westfalen, eine Liga tiefer ein. Warum der Verein für nachhaltigen Erfolg einen Schritt zurückgeht und auf Wachstum um jeden Preis verzichtet, erklärt uns Halterns Marketingchef Raphael Brinkert.

Interview Milan Gulyás

RAPHAEL BRINKERT Ist einer der meist ausgezeichne-ten deutschen Sport-Mar-keter. Der 43-Jährige spielte in seiner Jugend im Fußball-team des TuS Haltern am See. Als Gründer von Jung von Matt/sports wurde Brinkert jüngster Partner der Hamburger Werbeagentur. 2018 gründete er seine eigene Agentur Raphael Brinkert Social Campaigning & Sports, die sich auf Sportmarketing und nachhaltige Projekte konzentriert. Nebenbei unter-stützt er soziale Kampagnen, wie zum Beispiel We kick Corona” von Leon Goretzka, beim Thema Marketing und Kommunikation. Ehrenamt-lich betreut er das Marketing seines Jugendclubs TuS Haltern.

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Interview

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Ist der Profifußball in der langfristigen Planung also gar kein mögliches Ziel?Wir sind nicht so blauäugig, dass wir sagen, wir wollen irgendwann Profi-fußball in Haltern am See anbieten. Dafür ist die Stadt nicht reif und setzt eher auf Breite als auf Spitze. Dementsprechend hat die Stadt andere Schwerpunkte. Deswegen haben wir uns ganz klar gesagt, wir sind und blei-ben Amateure. Und dafür möchten wir ein nachhaltiges Umfeld schaffen.

Nehmen wir mal an, dass die Mannschaft in der kommenden Saison sportlich aufsteigt. Dann würdet ihr erneut auf die Regionalliga verzichten?

Ehrlicherweise glaub ich nicht, dass wir das Zeug dazu haben, aufzusteigen. Es geht darum, die Klasse zu halten und uns zu sammeln unter diesen neu-en Vorzeichen. Wenn es diesen „positiven Betriebsunfall“ noch einmal ge-ben sollte, dann würden wir auf einen Aufstieg in den nächsten Jahren si-cherlich verzichten. Und zwar so lange, bis die infrastrukturellen Voraussetzungen so sind, dass Regionalliga-Fußball in Haltern am See mög-lich ist.

Gab es eigentlich auch kritische Stimmen dazu, dass der Verein freiwillig eine Liga tiefer spielt?

Wir haben ja einen echt harten Schnitt gewagt. Und wie so oft haben Ver-änderungen auch eine Konsequenz mit bestimmten Personen zur Folge. Wir haben uns in dem Zuge zum Beispiel von Teilen der Regionalliga-Mann-schaft und vom Trainer getrennt. Natürlich gibt es dann auch kritische Stimmen. Aber ehrlicherweise ist es uns dennoch sehr leicht gefallen, die-sen strategischen Shift zu machen, weil wir zunächst einmal unseren Mit-gliedern und der Stadt Haltern am See verpflichtet sind. Und von der Seite haben wir ein extrem positives Feedback bekommen.

Du selbst bist einer der führenden Sport-Marketer in Deutschland und das Thema Wachstum ist bei dir im Berufsalltag sicher omnipräsent. Was reizt dich per-sönlich daran, so ein regionales und nachhaltiges Projekt zu begleiten?

Ich hab selbst zehn Jahre in der Jugend im Club gespielt und war jahrelang Mannschaftskapitän im Jugendbereich. Das ist einfach meine Heimat und mein Zuhause. Ein Großteil meiner Familie lebt hier noch. Von daher sehe ich das als ehrenamtlichen Job, den ich gerne ausführe. Ich wollte den Ver-ein einfach auch für unsere Kinder und Enkelkinder zukunftsgerecht wei-terentwickeln, sowohl wirtschaftlich als auch sportlich und infrastruktu-rell. In dem Sinne ist es dann doch diese viel zitierte Herzensangelegenheit. Als Marketer aber natürlich auch immer mit dem Spaß verbunden, ab und zu ein paar kommunikative Highlights setzen zu können.

„WIR WOLLEN UNS NACH-HALTIG WEITERENTWICKELN: ZUKUNFTSGERECHT, WIRTSCHAFTLICH, INFRASTRUKTURELL UND SPORTLICH.“

Interview

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DIVE #724

Story

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HERR KNOBBE,WIR HABEN EIN

KIND FÜR SIE!

Porträt MSO-Digital-Mitarbeiter Matthias Knobbe

Matthias Knobbe und seine Frau sind seit mehreren Monaten Eltern. Doch es war nicht die klassische Art des Familienwachstums. Sie haben ein Kind adoptiert. Hinter diesem einen Satz steckt mehr als die Tatsache, dass sie ein Kind aufgenommen haben: mehr als drei-einhalb Jahre Warten, unzählige Gespräche und die Beantwortung von vielen schwierigen Fragen. Im Gespräch erzählt Matthias vom Weg zur Elternschaft.

Es ist spät am Abend, als Matthias Knobbe und seine Frau in den Kreißsaal des Krankenhauses kommen. Ein Kind liegt dort eingewickelt in Decken – es ist ihr Kind. Das Ehepaar ist nun auch ein Elternpaar. Erst wenige Tage zuvor hatte MSO-Digital-Kollege Matthias den Anruf der Adoptionsstelle bekommen. „Herr Knobbe, wir haben ein Kind für Sie”, sagte ihm eine Mitarbeiterin. So ganz glau-ben konnte er es nicht und auch seine Frau war vollkom-men perplex, als er sie direkt danach kontaktierte. „Wir haben etwa dreieinhalb Jahre auf diesen Anruf gewartet”, erzählt Matthias. „Aber als er dann kam, war ich im ersten Moment trotzdem ungläubig, dass es jetzt so weit ist.”

2012 haben Matthias und seine Frau geheiratet. Für

beide gehörte der Kinderwunsch wie selbstverständlich dazu. Doch die Diagnose, dass sie auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, war für beide „ein Schlag vor den Kopf”, sagt Matthias. „Damit rechnet man erst mal nicht.” Sie beschäftigten sich mit verschiedenen Möglich-keiten, wie sie doch Eltern werden könnten: Themen wie Pflegschaft, künstliche Befruchtung und eben Adoption

standen im Raum. Adoption sprach sie am meisten an. Sie bewarben sich bei mehreren Adoptionsstellen, da die Kin-desannahme in Deutschland nicht zentral geregelt ist.

„Wir haben uns erst mal nur im Kreis, anschließend aber auch in mehreren deutschen Großstädten beworben. Da-mit die Chancen größer werden”, erklärt der Content Ma-nager von MSO Digital. In den Bewerbungen stecken zahl-reiche Stunden Arbeit. Es müssen für jede Adoptionsstelle unzählige Dokumente ausgefüllt, Lebensberichte ge-schrieben und Fragebogen angekreuzt werden. Auf Grund-lage dieser Daten bekommen Bewerber* ein Profil. Dieses muss mit einem zu adoptierenden Kind matchen. So kann es auch sein, dass man zwar auf der Warteliste weiter hin-ten steht, aber trotzdem früher ein Kind bekommt als Paa-re, die schon länger draufstehen. Eben weil man besser zu einem Kind passt.

„Die Fragebogen dienen dazu, dass die Sozialpädagogen einen ersten Eindruck bekommen. Sie schauen sich aber auch den Stammbaum der Familie an. Nicht

nur wir, auch unsere Verwandten wurden einem Check unterzogen. Gibt es Vorerkrankungen, Vorstrafen wie Wettschulden oder Drogenmissbrauch, wie steht es um die Finanzen? Wir mussten so gut wie alles offenlegen”, sagt Matthias. Dazu mussten er und seine Frau sich auch die Frage stellen, was für ein Kind sie aufnehmen möchten: Wie alt darf es sein? Kann es Migrationshintergrund ha-ben? Würden sie ein Kind mit Behinderung aufnehmen? Oder eines, dessen Mutter Prostituierte oder drogenabhän-gig ist? In einem Rutsch haben sie diese Fragen nicht aus-gefüllt. Mehrere Abende hat das Ehepaar am Tisch geses-sen und sich Gedanken darüber gemacht, wo genau es die

ENICHT ZUOFT NEIN

SAGEN

StoryStory

Text Nina Brinkmann

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DIVE #7 2726

StoryStory

Kreuze setzt. „Diese Fragen stellt dir niemand, wenn du auf natürliche Weise ein Kind bekommst. Aber du darfst auch nicht zu oft Nein sagen, sonst bekommst du kein Kind. Es ist eben kein Wunschkonzert”, sagt Matthias. Trotzdem ist er überzeugt, dass dieser Fragebogen fair und wichtig ist. Schließlich soll es den adoptierten Kindern besser gehen, wenn sie in eine neue Familie kommen. Und da muss eben alles genauestens geprüft werden. „Anstrengend ist es trotzdem”, gibt er zu. Mit seinem Kind haben er und seine Frau aber, wie er sagt, den „Sechser im Lotto” gezogen.

Für ihn und seine Frau war aber insbesondere die Zeit nach dem ganzen Papierkram kräftezehrend. „Dreieinhalb Jahre warten ist lang – auch wenn wir wissen, dass viele andere Paare noch viel länger warten müssen. Bei einer normalen Schwangerschaft weiß man, dass nach neun Monaten das Warten ein Ende hat. Man kann sich dement-sprechend vorbereiten. Bei einer Adoption kann es vom einen auf den anderen Tag losgehen. So war es ja auch bei uns”, sagt der 39-Jährige.

Trotz schwieriger Phasen, in denen sich beide auch mal zurückgezogen haben, konnte sich das Paar auf eines immer ver-

lassen: Freunde, Verwandte und auch Arbeitskollegen*. „Unser Umfeld hat uns im Adoptionsprozess mehr als unter-stützt. Dafür sind wir sehr dankbar”, sagt Matthias.

Im Zuge der Adoptionsvorbereitung mussten neben den ganzen Fragebogen auch mehrere Interviews mit So-zialpädagogen* geführt werden. „Die haben einen ganz schön auseinandergenommen. Wir wurden gefragt, wa-rum wir das machen wollen, mussten über unsere Gefühle sprechen und so weiter. Das war echt heavy”, erklärt Mat-thias. Außerdem gab es Vorbereitungskurse, in denen El-tern, die bereits adoptiert haben, ihre Erfahrungen teilten und zukünftige Adoptiveltern alles erfuhren, was sie für die Adoption wissen mussten. Doch als der Moment kam, in dem sie ihr Kind das erste Mal im Arm hielten, waren die Anstrengungen vergessen. „Ich bin von jetzt auf gleich Vater geworden”, sagt Matthias. Das, was andere Familien in Geburtsvorbereitungskursen lernen, haben er und seine Frau in wenigen Tagen im Krankenhaus von Hebammen und Krankenpflegern* im Schnellverfahren beigebracht bekommen. „Learning by doing“ beschreibt diese Zeit.

Mit ihrem Kind wollen die Eltern frühzei-tig über das Thema Adoption sprechen. Beispielsweise Geschichten über Adoption

vorlesen und dem Kind sagen, dass es „Bauch-Eltern“ gibt. „Für Kinder ist es kein Problem, das zu akzeptieren. Aber die Wurzeln sind für die Entwicklung einfach wichtig. Deswe-gen soll auch unser Kind wissen, wie es zu uns gekommen ist“, erklärt Matthias. Mit 16 Jahren hat das Kind Zugriff auf eine Akte mit Daten, die die Mutter im Bundeszentralregis-ter angegeben hat. Hier kann es nachschauen, welche An-gaben die Mutter dort hinterlassen hat.

LEARNINGBY DOING

BAUCH-ELTERN

WENN DU DAS KIND, DEIN KIND, ZUM ERSTEN MAL SIEHST, IST ES ÜBERWÄLTIGEND.

Alles Wichtige im Überblick:

DIE ZAHLEN

Schaut man sich die Bedeutung des Wortes Adoption an, bedeutet es „Annahme als Kind“. In Deutschland ist die Zahl dieser Annahmen in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. Insgesamt gab es in Deutschland im Jahr 2018 laut dem Statisti-schen Bundesamt 3.733 Adoptionen. Die Zahl ist differenziert zu betrachten. Hier werden auch Adoptionen von Verwandten oder Stiefeltern dazu- gezählt. Lediglich 1.330 waren nichtverwandte Adoptionen, also solche wie bei Matthias. Im Jahr 2000 waren es insgesamt noch 6373 Adoptionen, davon knapp ein Drittel nichtverwandte.

DAS VERFAHREN NACH DER ADOPTION

Im ersten Jahr nach der Adoption ist das Kind bei den Adoptierenden in der sogenannten Adoptions-pflege. In dieser Zeit hat das Jugendamt die Vor-mundschaft. Zwischen den Eltern und dem Kind soll zunächst eine Beziehung aufgebaut werden. Nach einem Jahr bestätigt das Familiengericht in der Regel den Adoptionsbeschluss.

DIE VORAUSSETZUNGEN

Wer in Deutschland ein Kind adoptieren will, muss mindestens 25 Jahre alt sein. Bei Ehepartnern darf ein Teil dieses Alter unterschreiten, muss in diesem Fall aber mindestens 21 Jahre alt sein. Eine Höchst-grenze gibt es in diesem Zusammenhang nicht, aller-dings sollte das Alter an das des zu adoptierenden Kindes angepasst sein. Adoptionen sind in Deutsch-land generell kostenfrei. Allerdings müssen Beglaubi-gungen, Führungszeugnisse, ärztliche Atteste sowie Notargebühren und Ähnliches bezahlt werden. Wer ein Kind aus dem Ausland aufnehmen möchte, muss mit wesentlich höheren Kosten rechnen. Besonders Anwalts- und Reisekosten können hier sehr hoch sein.

Für Matthias und seine Frau hat sich das Leben durch den Familienzuwachs grundsätz-lich geändert: „Es ist wie bei anderen Familien auch. Mit einem Baby setzt man seine Prioritäten anders.” Adoptiveltern haben dazu genau die gleichen Rechte wie „normale“ Eltern und das in allen Belangen – von Elterngeld bis hin zur Elternzeit. Die hat sich auch Matthias genom-men. Um als Familie zu wachsen, sind Matthias und seine Frau im Adoptionsprozess über sich hinausgewachsen – und würden es immer wieder genauso machen. „Trotz der Ängste, Ungewissheit und Emotionen, würde ich es eins zu eins wieder so machen. Wenn du das Kind, dein Kind, zum ersten Mal siehst, ist es überwältigend. Ich liebe den Gedan-ken, einem Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen.”

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DIVE #728 29

BACK TO OFFICE

Interview

ABER MIT 1.50MABSTAND

Mit Beginn der Corona-Pandemie wurden zahlreiche Mitarbeiter* ins Homeoffice geschickt. Die basecom-Ent-wickler* fragten sich: Wie kann die Rückkehr der Mitarbei-ter* ins Büro am besten organisiert werden? Die Antwort: das kostenlose Desksharing-Tool 1.50 Office. Felix Mohr und Philipp Jarvers haben die Entwicklung der Software bei basecom begleitet und verantworten Vertrieb und Weiterentwicklung. Wir haben mit ihnen über die Entste-hung des Tools und die Zukunftspläne gesprochen.

Felix und Philipp, ihr seid als Product Manager bzw. Pro-ject Manager bei basecom für die Desksharing-Software 1.50 Office zuständig. Worum handelt es sich dabei?

Philipp: 1.50 Office ist ein Webportal, das Unternehmen ermöglicht, Arbeitsflächen und Arbeitsplätze in Zeiten von Corona – aber auch darüber hinaus – flexibel zu verwalten und dabei die geltenden Abstandsregeln ein-zuhalten. Durch das Tool können alle Mitarbeiter* ei-nes Unternehmens einen beliebigen freien Arbeits-platz für eine bestimmte Zeit selbstständig online buchen. Die Bürofläche kann so unter der Bedingung eines eingeschränkten Platzangebots effektiv genutzt werden.Felix: In Bezug auf Corona geht es dabei insbesondere um die Einhaltung des Mindestabstands von 1,50 Meter nzwischen den Arbeitsplätzen. Daher der Name 1.50 Office. Grundsätzlich handelt es sich aber um eine schlanke Buchungssoftware zur Verwaltung von Ar-beitsplätzen in einem flexiblen Desksharing-Modell.

Das Desksharing-Tool wurde in sehr kurzer Zeit entwickelt. Was hat den Anstoß dazu gegeben und wie wurde das Projekt umgesetzt?

Felix: basecom wächst seit einigen Jahren ziemlich stark und in unseren aktuellen Räumlichkeiten wird es lang-sam eng. Deshalb wurde bei uns auch vor Corona schon darüber nachgedacht, in einem flexiblen Arbeitsmodell mehr Homeoffice zu ermöglichen und die bestehenden Büroarbeitsplätze in einem Desksharing-Modell zu nut-zen. Die zusätzlichen Einschränkungen durch die Coro-na-Abstandsregeln und das Bedürfnis vieler Kollegen*, nach Wochen im Homeoffice zumindest teilweise wieder im Büro zu arbeiten, hat dann letztlich den Ausschlag ge-geben, das Projekt anzugehen.Philipp: Das Tool wurde zunächst als MVP entwickelt. Auf der Basis des PHP-Frameworks Symfony konnte ein kleines Team so in nur drei Tagen eine erste funktionie-rende Version fertigstellen, die dann unmittelbar bei basecom und unseren Grow-Partnern brandence und MSO Digital eingesetzt wurde.

1.50 Office ist nicht das einzige und auch nicht das erste Desk-sharing-Tool auf dem Markt. Was ist das Besondere daran? Wie grenzt sich die Software von anderen Lösungen ab?

Philipp: Der wichtigste Punkt ist wahrscheinlich, dass unser System sehr schlank ist. Die Einrichtung ist für die Nutzer* sehr unkompliziert und dauert nur etwa eine Stunde. Die Basis für die optische Oberfläche ist ein ein-facher Flächenplan.

Felix: Das kann zum Beispiel eine Skizze der Bürofläche sein. Einige Nutzer* haben die in Paint erstellt oder auf ein Blatt Papier gemalt und abfotografiert. 1.50 Office kon-zentriert sich ganz klar auf seine Kernfunktion: Die Bu-chung und Verwaltung von Büroarbeitsplätzen. Hinzu kommt natürlich, dass 1.50 Office mit allen aktuellen Ba-sisfeatures kostenlos genutzt werden kann.

Mitte August habt ihr 1.50 Office schließlich veröffentlicht. Wie war die Resonanz und wer nutzt das Tool?

Felix: Die Resonanz war überwältigend und hat uns selbst etwas überrascht.Philipp: Die Wirtschaftsförderung Osnabrück hatte un-ser Tool vorgestellt und es gab einen Bericht im Online-Magazin t3n. In den folgenden Tagen gab es unzählige Anfragen. Inzwischen nutzen mehr als 200 Unterneh-men unser Desksharing-Tool. Wir haben Nutzer aus ver-schiedenen Branchen aus ganz Deutschland. Kleine Unternehmen oder einzelne Abteilungen mit 10 oder 20 Mitarbeitern* sind ebenso dabei wie Mittelständler mit bis zu 2.000 Nutzern* und DAX-Unternehmen. Wir erhal-ten viel positives Feedback und Anregungen für Verbes-serungen und Ergänzungen.

Bei basecom wird im Moment evaluiert, wie ein Desk- sharing-Modell dauerhaft im Rahmen einer flexiblen Arbeitsorganisation eingeführt werden kann. Felix, du bist in dem Zusammenhang an einem Projekt beteiligt, das die Voraussetzungen dafür erarbeiten soll.

Felix: Richtig. Ein Onlineportal für die Buchung von Ar-beitsplätzen ist ja nur ein Werkzeug, um ein Desksha-ring-Modell zu unterstützen. Wir führen gerade ein Pro-jekt nach dem DACI-Modell durch, um abzuklären, was noch nötig ist, um Desksharing bei basecom dauerhaft zu etablieren. Eine Clean Desk Policy zum Beispiel oder Transparenz und Mitarbeiterbeteiligung sind dabei wichtige Aspekte, um einen Weg zu finden, der von allen auch akzeptiert wird. Wir verstehen uns als agiles Unter-nehmen und legen großen Wert darauf, Veränderungen gut zu kommunizieren und Feedback ernst zu nehmen. Technische Lösungen können eine gute Unternehmens-kultur nicht ersetzen.

PHILIPP JARVERS Philipp Jarvers ist Project Manager bei basecom. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie oder mit einem Pro-jekt im eigenen Garten. Außerdem spielt Philipp gerne Golf, hat eine Vorliebe für Apple-Geräte und eine Leidenschaft für Lego.

FELIX MOHR Als Product Manager bei basecom bringt Felix Mohr digitale Produkte wie 1.50 Office oder den Oktopus Software-Connec-tor voran. Auch sonst ist ihm Bewegung wichtig: Im Lockdown hat er mit einem Online-Fitnessevent dafür gesorgt, dass die Kollegen* auch körperlich agil bleiben.

Interview Jan Gebhardt

https://1-50-office.de

Interview

HIER GEHT'S ZUM TOOL:

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Interview

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Story

30 DIVE #7

Story

Seit Mitte April 2020 arbeite ich als Redakteur bei brandence. Vorher war ich bei einem Berliner Online-Tou-ristik-Unternehmen angestellt. Als Reiseverrückter war das für mich optimal. Schon jobbedingt hatte ich dadurch das Privileg, in den letzten Jahren viele verschiedene Ecken der Welt entdecken zu können.

Die typischen Touri-Orte haben mich allerdings weni-ger interessiert. Ich finde die abgelegenen Gegenden, in denen ich die Länder authentisch kennenlerne, spannen-der. Schon während meines Studiums habe ich untersucht, wie die grundlegenden Entwicklungsmöglichkeiten von Schwellenländern aussehen. Dass es in dieser Hinsicht weltweit erhebliche Unterschiede gibt, steht außer Frage. Interessant ist jedoch, dass sich mit den unterschiedli-chen Entwicklungsvoraussetzungen auch die Sichtweise auf Wachstum verändert. Diese Tatsache ist mir auch während meiner Reisen auf verschiedenste Art immer wieder aufs Neue begegnet. Vier von diesen Erlebnissen stelle ich euch in diesem Text vor.

1971 veröffentlichte das Massachusetts Institute of Technology eine Studie, die unter dem Titel „Die Grenzen des Wachstums“ (The Limits to Growth) be-

kannt wurde. Zentrale Feststellung war, dass bei der da-mals gegenwärtigen Zunahme von Weltbevölkerung, In-dustrialisierung, Umweltverschmutzung und Ausbeutung der Rohstoffe die Wachstumsgrenzen Mitte des 21. Jahr-hunderts erreicht sein werden. Für die Industriestaaten ist die Studie bis heute Grundlage von Vorkehrungen, um die Erde vor der menschlichen Ausbeutung zu schützen. Dass es derlei Maßnahmen in anderen Teilen der Welt schon viel länger gibt, zeigte sich mir in Südamerika.

DAS WISSEN ÜBER DIE

„PACHAMAMA”

WIE ICHBEIM REISEN

GEWACHSENBIN

AUTORMilan Gulyás ist Redakteur bei brandence und hat bereits mehr als 80 Länder bereist. Sein Lieblingsfußballverein ist (natürlich) der AC Milan aus der italienischen Serie A. Osnabrück bezeichnet er, nach 5 Jahren in Berlin, als „die schönste Stadt Deutschlands”.

ECUADOR MALAWI

BAKU

LAOS

ECUADOR

Als ich vor drei Jahren mit ein paar Freunden durch Ecuador reiste, wohnten wir für ein paar Tage bei einem Quechua-Stamm im Dschungel. Die Que-chua sind eines der ältesten Völker Südamerikas. Im Mittelpunkt des Glaubens der Einwohner* steht die „Pachamama“, die heilige Mutter Erde. Die Men-schen haben eine goldene Regel: Die Natur darf so weit genutzt werden, dass sie nicht darunter leidet. Für jedes genutzte Stück Natur muss wieder etwas Neues entstehen. Wachstum bedeutet für die Que-chua, Wissen aufzubauen, wie ein Mensch im Ein-klang mit der Natur leben kann. Jedes Kind be-kommt schon früh die jahrhundertealten Regeln übermittelt und lernt diese sein ganzes Leben wei-ter kennen. Wir waren so beeindruckt davon, dass wir unsere Inlandsflüge stornierten und das Land komplett mit dem Bus bereisten, um zumindest ein Minimum der Quechua-Regeln zu übernehmen –sofern das als Reisender überhaupt geht.

Für die Quechua ist die natürliche Umwelt, die „Pachamama“, das Heiligste

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33

InterviewStory

DIVE #732 33

Story

32 DIVE #7

In kaum einem anderen Land wird so locker und easy in den Tag hineingelebt wie in Laos. Ein Highlight war die Frage nach dem Transport in den Süden des

Landes: „Wann kommt der Bus?“ Ticket-Verkäufer: „Viel-leicht morgen.“ Traumhaft, um sich einfach treiben zu lassen.

Dass es nicht überall im Land so cool ist, liegt am Viet-namkrieg. Um die Pfade der vietnamesischen Wider-standskämpfer zu unterbrechen, bombardierten die Ame-rikaner auch laotische Gebiete. Laos ist das meist bombardierte Land der Welt. Unfassbar, aber wahr: Über eine Viertelmilliarde Streubomben wurden zu Kriegszei-ten auf den Südosten des Landes abgeworfen. Ein Drittel davon explodierte nicht sofort und liegt seitdem als ti-ckende Zeitbomben im Dschungel verteilt. Bis heute sind mehr als 20.000 Menschen nach dem Krieg durch Blind-gänger umgekommen.

Die Erweiterung sicherer Lebensflächen ohne Minen ist daher das oberste Ziel der Menschen dort. Ein Großteil der Bevölkerung arbeitet als Minenräumer. Das ist zwar gefährlich, aber dank geräumter Korridore können sich die Menschen immer sicherer bewegen. Es wächst also etwas, weil etwas anderes entfernt wird. Minen werden entfernt und neuer Lebensraum wird gewonnen. Mit jeder entschärften Mine wird ein Stückchen Land wieder begehbar. Ich war nach jedem einzelnen Schritt froh, dass unter mir nichts explodierte.

Aserbaidschan ist dank hoher Öl- und Gasvorkommen im Kaspischen Meer einer der reichsten Staaten der Region. Hier gibt es einen Formel-1-Kurs, den größten Fahnenmast der Welt und eine

frisch restaurierte Altstadt. Durch den autoritären Füh-rungsstil des Präsidenten Aliyev werden die meisten Staatseinnahmen auf einen winzigen Führungszirkel rund um dessen Familie aufgeteilt.

Als ich vor drei Jahren durch den Kaukasus gereist bin, machte ich einen Stopp in Baku. Ich wohnte in einem ein-fachen Hostel, deren Besitzer einer kleinen Gruppe ange-hörten, die versuchte, ein freies und weltoffenes Kultur-zentrum in Baku zu errichten. Diese Menschen lechzten nicht nach mehr Geld, schicken Autos oder einer besseren medizinischen Versorgung, sondern nach mehr kulturel-ler Freiheit. Sie nannten sich „Kulturrebellen” und ihre Hauptstadt ironischerweise „Fake City“. Denn so schön die Altstadt und die Gebäude auch aussehen, vieles ist mehr Schein als Sein. Die riesigen Flame Towers, die über der Stadt thronen, stehen fast leer und dienen einzig der Ver-schönerung des Stadtbildes. Die Freiheit der Bewohner* ist sehr stark eingeschränkt. Aufführungen von Theater-

WENIGER MINEN, MEHR

SICHERHEIT

KULTUR-REBELLEN

IN DER „FAKE CITY”

LAOS

BAKU

stücken oder Konzerten werden oftmals vom Staat verhin-dert oder sogar ganz verboten. Zu groß ist die Gefahr, dass die kulturelle Szene wächst und dem Präsidenten gefähr-lich wird. Für die Kulturrebellen ist daher jedes freie Kon-zert und jeder selbst produzierte Kinofilm ein essenzielles Mosaikstück, um die eigene Freiheit zu vergrößern. Das kul-turelle Wachstum ist der Hauptantrieb der Gruppe.

Vor ein paar Wochen hatte ich mit einem der Hostel- Besitzer noch einmal Kontakt: Das Hostel wurde vor einem Jahr abgerissen, dafür steht dort ein frisch verputztes 4-Sterne-Hotel. Er plant nun die Eröffnung eines kleinen Theaters am Stadtrand von Baku. Seinen Traum vom kultu-rellen Wachstum konnte er bislang noch nicht verwirkli-chen.

Während einer Zugreise von Tansania nach Südafrika hatte ich die Möglich-keit, für ein paar Tage über die Grenze nach Malawi zu reisen, eines der

ärmsten Länder der Welt. Im Global Competitiveness Index, der die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes misst, liegt das Land auf Platz 132 von 137. Korruption und sozia-le Ungleichheiten sind die größten Probleme. Über 75 Prozent der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft.

Damit sich die einfachen Bauern im Norden ausrei-chend ernähren können, arbeiten alle von früh morgens bis kurz vor Sonnenuntergang auf dem Feld, auch die Kinder. Fast alle Gespräche mit den Menschen vor Ort drehten sich nur um zwei Themen: Nachwuchs und Arbeit – wobei familiäres Wachstum an erster Stelle steht. Denn: Je mehr Kinder geboren werden, desto mehr Arbeiter stehen der Familie auf dem Feld zur Verfügung, um bei der Ernte zu helfen. Aufgrund der körperlichen Kraft sind vor allem Jungen als Nachwuchs essenziell. Dass auch sie wiederum ernährt werden müssen, wird dabei erst einmal übersehen. Die Arbeitskraft an sich ist wichtiger.

Malawi hat heute knapp 18 Millionen Einwohner*. Eine Frau bringt hier durchschnittlich fünf Kinder zur Welt. Fast 90 Prozent der Menschen fehlt es an Bildungs-zugängen und bis 2050 rechnet die UN mit einer Ver-dopplung der aktuellen Bevölkerung. Es ist daher unver-kennbar, dass sich die Situation im Land nicht verbessern wird, sofern keine Änderung eintritt.

JE MEHR SÖHNE, DESTO

BESSER

MALAWI

MEIN PERSÖNLICHES WACHSTUMS-FAZIT

Anders als bei uns in Deutschland spielt das wirtschaftliche Wachstum in großen Teilen der Erde eine viel kleinere Rolle. Denn die grundsätz-lichen Voraussetzungen für ökonomisches Wachstum sind in diesen Gegenden viel schlech-ter. Im Vordergrund stehen andere Dinge, wie das Wachstum an Wissen, Kultur, Sicherheit oder an besseren Überlebenschancen. Dinge, die für uns so selbstverständlich sind, dass wir uns kaum Gedanken darüber machen.

Für mich persönlich bedeutet Wachstum vor allem, den eigenen Horizont zu erweitern und Vorurteile abzulegen. Speziell beim Eintauchen in fremde Kulturen. Durch das Corona-Virus ist mein Lieblingshobby Reisen kaum möglich. Die Reisepause tut mir aber ganz gut. Denn ich merke, dass ich einige Erlebnisse jetzt erst so richtig verarbeite. Insofern bin ich sowohl am Reisen gewachsen als auch an der Situation, nicht verreisen zu können.

Achtung, Minen! Der Südosten von Laos ist ein Flicken-teppich von Blindgängern aus dem Vietnamkrieg

Ernährung und Familienwachstum stehen in den einfachen Dörfern Malawis an erster Stelle

Mit dem Rucksack durch die Welt: Auf seinen Reisen begegnete Milan das Thema Wachstum

auf unterschiedlichste Art und Weise

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DIVE #7 353434 DIVE #7

ORGANISCHES WACHSTUM

Das solltenUnternehmenbeachten

AUF YOUTUBE!

Social-Media-Marketing spielt eine zunehmend zen-tralere Rolle in der Kommunikationspolitik von Unterneh-men. Dabei wird immer häufiger das Medium Video ge-nutzt, um die Zielgruppe auf dem digitalen Markt abzuholen und Produkte, Dienstleistungen oder die Mar-kenmission etc. veranschaulicht an Nutzer* heranzutra-gen. Dass Videos Botschaften, Informationen und Inhalte auf eine angenehme Art und Weise vermitteln, wissen wir alle. Was magst du lieber: Buch oder Film? YouTube, zweit-größte Suchmaschine der Welt und unangefochtener Marktführer der Online-Video-Plattformen, rückt dabei verstärkt in den Fokus von KMUs und Konzernen. Doch wie kann ein Unternehmen auf YouTube wachsen?

Gibt es Budget und lautet das Ziel, eine sehr hohe, breit gestreute und vor allem schnelle Reichweite für einen Kanal oder ein Video zu erzielen, kann Werbung auf

YouTube geschaltet werden, um schnelles Wachstum zu generieren. Deutlich rentabler und nachhaltiger wächst

Sein Kanal jedoch mithilfe von organischen SEO- und CRO-Maßnahmen. CRO steht für Conversion-Rate-Optimierung.

Grundvoraussetzung für den stetigen Ausbau der You-Tube-Reichweite ist die Entwicklung einer für YouTube angepassten Bewegtbildstrategie, die sicherstellt, dass der richtige Content für die Zielgruppe erstellt wird. Das Ziel hinter der angestrebten Strategie sollte insbesondere auf die Interessen der Zielgruppe, die Themenwahl der Videos sowie die organische Auffindbarkeit einzelner Videos ge-münzt werden.

SEO-Maßnahmen zielen darauf ab, Kanal und Videos im Netz besser auffindbar zu machen. Durch die Optimie-rung von Kanälen, Videos und Playlists auf Basis von be-stimmten Suchbegriffen und Keywords, auch Metadaten genannt, erscheinen die Videos in den YouTube-Sucher-gebnisseiten (SERPs). Eine gute SEO-Optimierung trägt dazu bei, eine stärkere Präsenz auf YouTube und – als Bo-nus eben auch auf – Google zu erzielen und somit mehr Views und Abonnenten* zu generieren. Im besten Fall be-ginnt YouTube-SEO bereits vor der Produktion eines Vi-deos, wenn relevante Themen, Suchanfragen und Key-words identifiziert werden, die in die Produktion der Videos einfließen und somit – zu einem gewissen Grad – die Content-Produktion leiten. Die produzierten Videos sollen Antworten auf die Suchanfragen der Nutzer* geben, deswegen sollte sich jede Produktion an diesen Fragen orientieren. Relevanz, Ausrichtung an der Suchintention der Nutzer* und Video-SEO machen es also möglich, dass der Nutzer* das Video findet und es sich hoffentlich bis zum Ende anschaut, weil es (s)ein Bedürfnis befriedigt.

Die Logik dahinter ist: Erreichen Videos durch SEO-Maßnahmen also

vermehrt User*, die eine gezielte Such-anfrage haben, ist die Wahrscheinlich-keit deutlich höher, dass der User* das ganze Video anschaut und somit die Wiedergabezeit (nach der Rechnung: Aufrufe x durchschnittliche Wiederga-bedauer) steigt. Die Wiedergabezeit ist nämlich einer der wichtigsten Ranking-Faktoren auf YouTube.

Sie gibt an, wie viele Stunden die Besucher* auf dem Kanal insgesamt und durchschnittlich bei den einzelnen Videos verbracht haben. Der zweite Faktor, die Verweil-dauer einzelner Nutzer* auf einem Video (also die Zeit, die sich ein Nutzer* ein Video ansieht), ist für den YouTube-Algorithmus dabei wichtiger als die Verweildauer auf dem Kanal. Somit gilt: Je länger einzelne User* ein Video schauen, desto relevanter ist der Content für die Zielgrup-pe und wird dementsprechend besser platziert!

Maßnahmen der Conversion-Rate-Optimierung (CRO) ermöglichen ein Kanalwachstum über den Einsatz von klickbaren Elementen im Video, die das Ziel haben, die Nutzerführung zu vereinfachen und User* länger im eige-nen YouTube-Kanal zu halten. Unter CRO-Elemente fallen Endscreens, benutzerdefinierte Thumbnails und Infokar-ten. Der Endscreen erscheint zum Ende eines Videos und wird für maximal 20 Sekunden angezeigt. Er kann inter-aktive Schaltflächen enthalten, wie den Abonnement-But-ton des Kanals, einen Link zu einem anderen Video, eine

Playlist oder einen Link zu einer Website. Letzteres ist je-doch an Bedingungen von YouTube gekoppelt, sodass nicht jeder Kanal zu Beginn eine Website verlinken kann.

Ein Thumbnail ist das Startbild des Videos in den Goo-gle- und YouTube-SERPs. Das Startbild sollte ein aussage-kräftiges Bild über den Inhalt und den Titel des Videos ent-halten und bestenfalls das Interesse der Nutzer wecken.

Infokarten, ein weiteres CRO-Element, sind kleine Ein-blendungen oben rechts im Videofenster. Wenn eine Info-karte eingebaut wurde, erscheint diese im Video oben rechts als kleiner Kreis mit einem „i“. Auch bei einer Info-karte sind die Elemente zur Verlinkung eines Videos, einer Playlist oder eines Links verfügbar.

Alle CRO-Maßnahmen sind darauf aus-gerichtet, den User* länger im „eige-nen Kanal-Universum“ zu behalten, da ihm während oder zum Ende der Wie-dergabe eines Videos Vorschläge zum

Weiterschauen gemacht werden, die sich wiederum posi-tiv auf die Wiedergabezeiten auswirken können.

Neben der Symbiose der optimierten Metadaten und CRO-Maßnahmen hat eine dritte Säule des YouTube-Algo-rithmus hohe Relevanz: die sogenannte Nutzerinteraktion. Denn: Eine hohe Nutzerinteraktion (Likes bzw. Dislikes, Kommentare und Shares bei den einzelnen Videos) zeigt YouTube, dass der Content den Usern* gefällt. User* mit einem großen Interesse am Content oder als Teil einer auf-gebauten Community äußern ihr Gefallen häufiger und mehr als User*, die sich einfach nur ein („Werbe“-)Video angeguckt haben, das zu Zwecken der Reichweitensteige-rung hochgeladen wurde. Je höher die Interaktion ist, des-to besser bewertet der YouTube-Algorithmus das Ranking des Videos oder Kanals. Abgesehen davon, dass die Nutzerinteraktion den Kanalbetreibern* auch zeigt, wel-che Formate gut bei der Community ankommen, kann man durch die Kommentare Inspiration für neue Videos erhalten.

Verschiedene Arten von Wachstum auf YouTube sind möglich: langsames Wachstum ohne jegliche Optimierun-gen, schnelles Wachstum durch den Einsatz von YouTube-Advertising oder nachhaltiges Wachstum, welches auch mit Werbung kombiniert werden kann. Nachhaltiges Wachstum hängt von einer starken Community ab. Der Aufbau einer interaktiven Community hängt wiederum von dem Content und der Auffindbarkeit des Kanals sowie der Videos selbst ab. Ziel von YouTube-SEO und -CRO ist es, eine Community aufzubauen, die immer wieder zum Kanal zurückkehrt und Vertrauen zur Marke oder zum Unternehmen entwickelt und eventuell dadurch Nutzer* zu Kunden* des Unternehmens macht.

AUTORINMaren Pietryga (23) ist Social-Media-Mana-gerin bei netspirits und kennt sich bestens im Backend von YouTube aus, wo sie ständig Videos für netspirits-Kunden wie Warner Bros., UBS und Continental optimiert. Ihre Freizeit verbringt sie lieber auf dem Pferderücken oder einer Festivalwiese.

BUDGET IST DA – UND

JETZT?

LANGE WIEDER-GABEZEIT, BESSERE

PLATZIERUNG

USER* IM „KANAL-

UNIVERSUM” BEHALTEN

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#6 3736 DIVE #7

ZUSAMMEN

WACHSEN

Wie finde ich eigentlich heraus, ob sich die Investition in einen internationalen Markt für mich lohnt? Dank der Google Growth Partnerschaft verfügt die MSO Digital seit Juni 2020 über ein Programm, das dabei hilft, genau diese Frage zu beantworten. Katharina Wester-meyer von der MSO Digital erklärt, wie es zu dieser Partnerschaft kam, wie sie funktioniert und wieso daraus eine Win-win-Situation für die MSO Digital und ihre Kunden* entsteht.

Text Milan Gulyás

„Conversion-Rate-Optimierung und die Begleitung von Kampagnen gehören schon lange zu unseren Produkten, aber nun können wir das auf Länderebene noch weiter in-tensivieren. Und zwar kostenlos. Das bietet unseren Kun-den* einen großen Mehrwert und wir professionalisieren damit unser Angebot”, sagt Katharina. Möglich macht das die Google Growth Partnerschaft. Der Anstoß zu der Ko-operation kam von Google. „Wir waren schon Google-Pre-mium-Partner und haben die inhaltlichen Kriterien erfüllt, um uns für die Growth-Partnerschaft zu bewerben. Unser PPC-Team hat nach der Bewerbung an einem kurzen Test teilgenommen und bestanden”, erklärt sie. Durch die ver-tiefende Zusammenarbeit mit Google erhalten die MSO Di-gital und ihre Kunden* nun Inhalte und Ressourcen, die sonst nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Bevor es zu einer Zusammenarbeit kommt, gibt es unterschiedliche Ausgangssituationen. Sobald die MSO Digital bei einem ihrer Kun-den* Wachstumspotenzial sieht, kann sie Google einerseits diesen Kunden* für die Growth-Partner-

schaft vorschlagen. Andererseits kann ein Kunde* von sich aus bereits kurz davor stehen, in einen internationalen Markt zu investieren. Eventuell hat er sogar schon in einen weiteren Markt investiert. Es können also sowohl mögliche Wachstumsräume in fremden Märkten als auch Optimie-rungspotenzial in bereits bestehenden Märkten analysiert werden.

“ES GIBT VIELE DINGE, DIE MAN ÜBER KONSUMENTEN* WISSEN MUSS.“POTENZIAL MIT

DEM MARKETEXPLORER

ERKENNEN

Eine wichtige Rolle spielt dabei der Google Market Ex-plorer. „Das ist schon ein cooles Programm”, schwärmt Ka-tharina. Das Tool bewertet anhand diverser Score-Werte unterschiedlicher Länder, an welcher Stelle das größte Wachstumspotenzial besteht. Zu diesen Score-Werten ge-hören zum Beispiel das Bruttoinlandsprodukt, das Interesse der Zielgruppe im Suchfeld oder der durchschnittliche CPC für die Branche. Katharina meint: „Für den Kunden* ist das als erste Orientierung ganz spannend, um herauszufinden, in welchem Bereich das voraussichtlich größte Potenzial steckt – basierend auf den Google-Daten.”

Einige größere internationale Kunden wurden bereits in die Beratung der MSO Digital aufgenommen. Teilweise waren die Unternehmen schon internationalisiert, wie zum Beispiel der Lampenhersteller Paulmann Licht, der bereits in mehreren Ländern aktiv ist. In diesem Fall half Google zusätzlich mit einem Berater, dem sogenannten Google GO-Consult. In einem gemeinsamen Projekt wur-den die Länder mit den größten Prioritäten betrachtet. So erhielt der Kunde sowohl auf ihn abgestimmte Handlungs-empfehlungen und gleichzeitig länderspezifi-sche Markt-Insights. Dazu gehören auch detail-lierte Informationen zu Unterschieden zwischen den Ländern, wie die individuelle Be-wertung von USPs durch den Konsumenten. Da-runter fallen zum Beispiel die Lieferbedingun-gen, die Zahlungsmöglichkeiten des Nutzers* oder ein optimaler Aufbau des Check-out-Pro-zesses. Katharina meint: „Es gibt viele Dinge,

die man über Konsumenten* wissen muss, um erfolgreich zu sein. Und dazu kann Google ganz viele Insights geben. Sowohl über die Google Tools, wie zum Beispiel dem Mar-ket Explorer, Consumer Insights oder dem Market Finder, als auch über die direkte Beratung.”

Übrigens ist nicht jeder MSO Di-gital-Kunde automatisch be-rechtigt, das Google Growth Pro-gramm zu nutzen. Denn für Google ist die Partnerschaft durch die Abstellung von Spezi-

alisten* kein unerheblicher Invest. Bevor es zu einer Zu-sammenarbeit kommt, schlägt die MSO Digital daher zu-nächst einen Kunden vor und bespricht anschließend mit Google, ob eine Kooperation sinnvoll ist.

„Die Partnerschaft bietet einen totalen Mehrwert für unsere Kunden, zumal es für sie kostenlos ist.“K A T H A R I N A W E S T E R M E Y E R , M S O D I G I T A L

Auch die MSO Digital profitiert im Sinne ihrer Kun-den*von den neuen Tools. „Je besser eine Kunden-Web-site der Erwartungshaltung des Kunden gerecht wird, desto höher ist die Abschlusswahrscheinlichkeit und desto besser performen dann auch unsere Online-Marke-ting-Kampagnen”, erklärt Katharina. Der nächste Kunde, der die Tools und Check-ups der Google Growth Partner-schaft in Anspruch nimmt ist, Fun Factory – weitere Un-ternehmen stehen schon in den Startlöchern.

WER KANN GOOGLE GROWTH PARTNER

WERDEN?

EXPERTINKatharina Westermeyer arbeitet seit vier Jahren im Online Marke-ting Projektmanagement bei MSO Digital und unterstützt ihre Kunden dabei, weiter zu wachsen. Privat dreht sich derzeit alles um ihren einjährigen Sohn. In ihrer Freizeit geht sie gerne laufen oder trifft sich mit Freunden*.

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38 39

In den 1960er-Jahren konstruierte die Entwicklungspsychologin Jane Loevinger die sogenannte Ich-Entwicklung. Ein Stufen- modell, das die Persönlichkeitsentwicklung beschreibt. Das Modell ist besonders im Coaching-Bereich sehr beliebt; hier heißt es zwar immer noch „nach Loevinger“, es ist allerdings vermischt mit transpersonalen Ansätzen und hat eine andere Zielrichtung.

Was ich jetzt damit machen möchte, das ist noch mal anders. Ich gehe einen Schritt weiter: (Ich-)Entwicklung trifft (Marken-)Wachstum.

Die Theorie einmal vorweg: In der Ich-Entwicklung unterscheidet Loevinger neun Stufen. Die Ich-Struk-tur Erwachsener entspricht laut Loevinger überwie-gend den Stufen E4 (gemeinschaftsbestimmt) bis E7 (relativierend). Die Wissenschaftlerin geht jedoch davon aus, dass nicht jeder Mensch alle Stufen erreicht. Insbesondere nicht die letzte Stufe E9, die Stufe der „Integration“, die durch die volle Entfaltung der Persönlichkeit charakterisiert ist und selten zu beobachten sei.

Kommen wir nun zu meiner These: Die meisten Marken befinden sich erst auf der Stufe E3. Was heißt das genau? Auf Stufe E3 ist sich das Kind, in unserem Fall also die Marke, eigenen Impulsen und denen von außen durchaus bewusst. Genug, um eine gewisse Kontrolle über diese Impulse auszuüben, um sich zu schützen und sich zumindest einen unmittel-baren Vorteil zu sichern. Dies ist die Phase des Selbstschutzes. Bei kleinen Kindern (also vielen Marken, die noch nicht so lange bestehen) gibt es eine natürliche Abhängigkeit, Egozentrik und die Berechnung des Vorteils für sich selbst. Die Liebe des Kleinkindes (und der meisten Marken) zu bestimm-ten Ritualen (der Jour fixe lässt grüßen) ist wahr-scheinlich Teil der frühen Bemühungen um Selbstkon-trolle. Normalerweise ist diese Phase mit Kindheit und Jugend zu Ende.

Normalerweise. Denn normalerweise verläuft die Entwicklung eher stufenförmig und es müssten die einzelnen Stufen Schritt für Schritt durchlaufen werden, doch was wir stattdessen probieren: Wir versuchen, den Kindern (bei uns: den Marken), die es gerade so erst schaffen, ihren eigenen Vorteil zu berechnen, plötzlich „Purpose“ beizubringen. Wir wollen sie schnellstmöglich auf die theoretisch

Meinung

höchste Stufe E9, die Stufe der Integration, beför-dern. Dort, wo die Fähigkeit liegt, die lebenswichti-gen Anliegen des eigenen Lebens in die der Gesell-schaft zu integrieren.

Jetzt zu meinem Punkt: Wachstum ist geil, versteht mich nicht falsch. Und so sehr wie ich als Mensch auf E9 will, so sehr wollen das natürlich auch Marken. Aber: Erst letztes Wochenende habe ich mich dabei ertappt, wie ich mit ‘ner Packung Chips auf E2 zurückfiel, und sie in einem Zug aufaß. Oder ein jüngstes Beispiel von Sportartikelhersteller Adidas: Die Marke ist gesund und groß gewachsen. Aber zu Beginn der Corona-Pandemie wollte das Weltunter-nehmen auf einmal keine Miete mehr für seine zahlreichen Läden zahlen – großartiges Beispiel für eine Impulshandlung. In diesem Stadium hat das Kleinkind zwar schon ein Bewusstsein von sich selbst als eigenständige Person erreicht und Impulse sind eine Art Bestätigung dieser Eigenständigkeit. Das Problem: Das Kind hat zunächst keine Kontrolle über sie. Da kann ich noch so sehr Erleuchtung, Integra-tion und Selbstverwirklichung anstreben, das wird auf dieser Stufe definitiv nix. Dafür muss man wachsen. Und das gilt auch fürs (Marken-) Wachs-tum. Deshalb sage ich: Langsam, Freunde, langsam! Stufe für Stufe geht‘s rauf, nicht in großen Sprüngen. Denn ein gesundes Wachstum, das schaffen die wenigsten Kinder und Marken alleine. Mit etwas Hilfe ist aber viel möglich. Vielleicht bekommen wir es zusammen hin. Lasst es uns versuchen!

AUTORMatthias Reyl ist Head of Strategy bei brandence und weiß, worauf es ankommt, damit Marken gesund wachsen. Der ehemalige Zauberer ist großer Fan der Apple-Sprach-erkennung und mag Tiere – allerdings nicht essen. #govegan.

ICH-ENTWICKLUNG TRIFFT

MARKEN-WACHSTUM

I STUFE FÜR STUFE GEHT'S RAUF, NICHT IN GROSSEN SPRÜNGEN

Meinung

EIN KOMMENTAR VONUNSEREM STRATEGIE- EXPERTEN

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40 DIVE #7

Digital Detox

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1. Neue Kontakte lassen neue Ideen wachsen.

2. Zeitdruck ist gar nicht so schlecht, wie man immer denkt.

3. Wir wachsen alle. Außer Benjamin Button, der wächst rückwärts.

IMPRESSUM

DIVE ist das Magazin der Grow Digital Group, der Dachmarke von basecom, brandence, MSO Digital und netspirits. Es wird kostenlos an Kunden*, Geschäftspartner* und Freunde* der Gruppe versendet. Die einzelnen Ausgaben können zudem online bestellt werden (kein Abo).

HERAUSGEBER brandence GmbH & Co. KG, Erich-Maria-Remarque-Ring 14, 49074 Osnabrück, 0541 310 722, [email protected], www.brandence.de VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT Karsten Ilm REDAKTIONELLE ANFRAGEN [email protected] AUTOREN Nina Brinkmann, Milan Gulyás, Karsten Ilm, Malina Kruse-Wiegand, Maren Pietryga, Matthias Reyl REDAK-TION Nina Brinkmann, Milan Gulyás GESTALTUNG Sarah Niedergerke, Carolin Schomaeker BILDQUELLEN 2do digital; 2do Marketing; Adobe Stock; Bock, Neuhaus & Partner; basecom; Jakob Geissele; Milan Gulyás; Julia Gruhlich, Nicole Idec; imago images; Christian Moritz; Jennifer Moritz; MSO Digital; netspirits; Rawpixel; Alina Schessler; Nicky Seidenglanz; Spotleit; Stocksy; Aminata Touré; unsplash; David Wolfring DRUCK Meinders & Elstermann GmbH & Co. KG, Weberstraße 7, 49191 Belm PAPIER IGEPA Maxioffset TYPOGRAFIE Mark Pro, Roboto Slab

3 Dinge, die wir in dieser Ausgabe gelernt haben

AN DIE MIXER – FERTIG – LOS!Der Geruch von frisch gebackenem Brot in der Wohnung ist einfach nur großartig. Wir haben hier ein easy Rezept, mit dem du dir den Duft in deine eigenen vier Wände holen kannst. Was das mit Wachstum zu tun hat? In den Teig gehört Hefe – und die braucht bekanntlich auch etwas Zeit, um den Teig zum wachsen zu bringen.

SO GEHT'S:

• Backofen vorheizen (Ober-/ Unterhitze, 180 Grad)

• Hefe in 500 ml lauwarmem Wasser auflösen

• alle übrigen Zutaten dazugeben und mixen

• Teig an einem warmen Ort zuge-deckt eine Stunde gehen lassen

• kneten und nochmals eine Stunde gehen lassen

• in eine eingefettete oder mit Backpapier ausgelegte Brotform füllen

• 65 Minuten backen• fertig – jetzt nur noch aus der Form

nehmen und abkühlen lassen

VON KORN, KARTOFFELN UND ZITRONENEigentlich wollten wir an dieser Stelle den Ursprung von Sprichwörtern erklären, die etwas mit dem Thema Wachstum bzw. wachsen zu tun haben. Beispielsweise „Gras über etwas wachsen lassen“ (kommt aus der Landwirtschaft und der Totenruhe) oder „Dagegen ist kein Kraut gewachsen“ (geht auf das Heilkraut zurück). Bei der Recherche sind uns allerdings so viele amüsante, verdrehte Sprichwörter ins Auge gefallen (by the way: ebenfalls ein Sprichwort), die wir euch hier nicht vorent-halten wollen. Viel Spaß beim Durchlesen! Und denkt immer daran: Ein blindes Huhn trinkt auch mal einen Korn.

DAS SCHREIB ICH MIR AUF DIE

PFANNE

Wir müssen die Zitronen aus dem Feuer holen. S

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DER LEBT VON DEM MUND IN DIE HAND.

Das ist ein zweigleisiges

Schwert.

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Man hat sie aus der Konserve

gelockt.

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DIVE #7

Kolumne

42

„Mama, du wächst nicht mehr, oder?” Mein fünfjähriger Sohn Jakob schaut mich von oben bis unten kritisch an. Ich sehe ihm an, dass er überlegt, wie groß ich noch werden dürfte, bis ich nicht mehr durch die Kinderzimmertür passe. Und ich denke: Verrückt, Wachstum, das Thema beschäftigt mich auch gerade, aber beruflich.

Vor mehr als 30 Jahren veröffentlichte die UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung eine umfassende Nachhaltigkeitsdefinition – und wurde zum Beginn eines weltweiten Diskurses. Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet seit-dem, verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert zu handeln. Ein Unter-nehmen so zu führen, dass es auch in 10, 20, 30 Jahren noch da ist. Dass es Menschen Arbeit gibt, Innovationen schafft, wichtige Produkte bereitstellt.

Das Problem: Wenn das einzige Ziel eines Unternehmens Wachstum im Sin-ne von „mehr Rendite” in kurzfristigen Intervallen ist, fehlt nicht nur Mitarbei-tern* die Orientierung, auch führt das häufig zu krassen Fehlentscheidungen und Falschbewertungen. Deswegen ist die Überzeugung vieler Ökonomen* im Wandel: Wachstum müsse so definiert werden, dass es Ausdruck davon sei, wie zukunftsfähig wir sein können.

Dieses nachhaltige Wachstum ist auch bei uns, der Grow Digital Group, ein großes Thema. Zum Beispiel in der Weiterbildung. Mehr als 20 junge Kollegen* werden derzeit in den Academys von basecom und MSO Digital ausgebildet. Beispiele von Eigengewächsen, die sich kon-tinuierlich hochgearbeitet haben und stetig an ihren Aufgaben gewach-sen sind, gibt es einige. Mich freut es jedes Mal, wenn ich mit Team Leads zu-sammenarbeite, die vor ein paar Jahren noch Berufseinsteiger bei uns waren. Mit der Mischung aus erfahrenen und jungen Führungskräften sind wir erfolg-reich. Es braucht keinen Chef*, der seine Mitarbeiter* bis zur Erschöpfung ar-beiten lässt, um erfolgreich zu sein. Eine gute Ausbildung und ein tolles Be-triebsklima sind viel mehr die Werte, auf die wir setzen.

Was uns auch wichtig ist? Klar, die Klimabilanz. Klimaneutralität wird ver-stärkt eingefordert. In Projekten wie unserem geplanten Grow Digital Campus ist daher das Thema Reduktion und Kompensation von CO� zentral – von der Dachbegrünung über die eingesetzte Wärmetechnik

bis hin zum Flächenmanagement. Ich bin mir sicher: Wenn wir die Zu-kunftsfähigkeit mit den „alten“ Kennzahlen in Einklang bringen, sind wir auf dem richtigen Wachstumspfad.Was ist nun die Antwort für Jakob? Ich hab einen Moment gebraucht. Aber

dann fiel mir etwas ein: „Ich wachse schon noch. Lerne ja weiter Dinge dazu, verändere mich, hab neue gute Ideen. Dabei gehe ich so mit mir um, dass ich in 35 Jahren eine glückliche Frau – vielleicht sogar weise Oma bin. Nur größer werde ich nicht mehr.”

LASST UNS WACHSTUM

NEU DENKEN!MALINA KRUSE-WIEGAND,TEAM LEAD STRATEGIC MARKETING VON MSO DIGITAL

Als strategische Kreativagentur mit dem Schwerpunkt Content Marketing dreht sich bei uns

alles um … Kreation? Nein, Wirkung!

Lass uns gemeinsam Volltreffer landen! Mehr unter brandence.de/erst-zielen

Erst zielen, dann schießen.

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Wachse mit uns, wie es für dich richtig ist.