60
Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke zur Implementierung funktioneller Eigenschaften Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde (Dr. rer. nat.) Eingereicht im Fachbereich 2 (Biologie/Chemie) der Universität Bremen von André Arnebold Bremen 2016

Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch ... · Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke zur Implementierung funktioneller Eigenschaften

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Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke zur Implementierung

funktioneller Eigenschaften

Dissertation

zur Erlangung der Doktorwürde

(Dr. rer. nat.)

Eingereicht im Fachbereich 2 (Biologie/Chemie) der Universität Bremen

von

André Arnebold

Bremen 2016

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II

Gutachter der Dissertation

1. Gutachter: Prof. Dr. Andreas Hartwig, Universität Bremen, Bremen.

2. Gutachter: Prof. Dr. Anne Staubitz, Universität Bremen, Bremen.

3. Gutachter: Prof. Dr. Rainer Haag, Freie Universität Berlin, Berlin.

Tag der Disputation: 4. November 2016

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III

Eidesstattliche Erklärung1

Ich, André Arnebold, versichere an Eides statt durch meine Unterschrift, dass ich die folgende Arbeit

selbstständig und ohne fremde Hilfe angefertigt und alle Stellen, die wörtlich oder dem Sinne nach aus

Veröffentlichungen entnommen habe, als solche kenntlich gemacht habe, mich auch keiner anderen

als der angegebenen Literatur oder sonstigen Hilfsmittel bedient habe.

Ich versichere an Eides statt, dass ich die folgende Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen gemacht

habe und dass die Angaben der Wahrheit entsprechen und ich nichts verschwiegen habe.

Die Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist mir bekannt, namentlich die

Strafandrohung gemäß § 156 StGB bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bei vorsätzlicher

Begehung der Tat beziehungsweise gemäß § 161 Abs. 1 StGB bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder

Geldstrafe bei fahrlässiger Begehung.

________________________________

(André Arnebold)

1 Promotionsordnung (Dr. rer. nat.) der Universität Bremen für den Fachbereich 2 (Biologie/Chemie) vom 08.07.2015.

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IV

Danksagung

Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Andreas Hartwig für die hervorragende Betreuung,

die unzähligen Diskussionen, die außergewöhnliche Unterstützung, Sein Vertrauen in meine Arbeit

sowie die Auswahl dieses interdisziplinären Themas.

Des Weiteren danke ich Frau Prof. Dr. Anne Staubitz und Herrn Prof. Dr. Rainer Haag für die

Anfertigung der Zweit- und Drittgutachten.

Für die freundlichen Diskussionen, die nette Zusammenarbeit und die finanzielle Unterstützung

während meiner Arbeit möchte ich Frau Dr. Stefanie Wellmann an dieser Stelle recht herzlich danken.

Dr. Oliver Schorsch danke ich für die freundschaftliche Unterstützung und Diskussionsbereitschaft.

Für die Vielzahl verschiedener Messungen und Hilfestellungen bedanke ich mich bei

Dr. Karsten Thiel, Dr. Emmanuel Kentzinger, Dr. Malte Kleemeier, Dr. Klaus Rischka,

Christin Windler, Iris Gottschalk, Katja Marnitz, Maurice Redetzky, Annette Schwingen,

Imke Mönkeberg, Jutta Tschierschke und Ron Hoffmann.

Für die nette Zusammenarbeit und Diskussionen danke ich meinem Kollegen Andreas Niepel und

meiner Kollegin Dr. Katharina Koschek.

Ein herzliches Dankeschön soll an dieser Stelle auch meinen Praktikanten und Masterstudenten

Hannes Schäfer und Florian Plander zukommen.

Weiter möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen der OEs „Klebstoffe und Polymerchemie“ und

„Chemie der Faserverbundkunststoffe“ des Fraunhofer IFAM für die freundliche Zusammenarbeit und

die schöne Zeit danken.

Der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) danke ich für das Ermöglichen der Teilnahme am

15. NESACS YCC/GDCh JCF Studentenaustauschprogramm inklusive des ACS National Meetings in

Boston (2015) und dem Wissenschaftsforum in Dresden (2015), wo ich jeweils Teile meiner

Ergebnisse einem großen Publikum präsentieren konnte. Des Weiteren danke ich dem Sprecherteam

des JungChemikerForum Bremens für die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) danke ich für die finanzielle Unterstützung meiner

Arbeit (Fördernummer: HA 2420/14-1).

Zum Schluss möchte ich ganz besonders meiner Familie und meinen Freunden für Ihre mentale

Unterstützung und Ihr Interesse danken. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle Morten Wetjen,

Michael Franke und Peter Ullmann.

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V

Publikationen im Rahmen der kumulativen Dissertation

Im Rahmen der vorliegenden Dissertation sind die unten aufgeführten wissenschaftlichen

Veröffentlichungen angefertigt worden, deren inhaltliche Zusammenhänge in den folgenden Kapiteln

dieses Manuskripts aufgeführt und erläutert werden. Die Reihenfolge der dargelegten

Veröffentlichungen erfolgt nach thematischen Gesichtspunkten, wenngleich diese von den

Veröffentlichungszeitpunkten abweichen.

1) A. Arnebold, K. Thiel, E. Kentzinger, A. Hartwig, Morphological adjustment determines the

properties of cationically polymerized epoxy resins, RSC Adv. 5 (2015) 42482-42491.

2) A. Arnebold, S. Wellmann, A. Hartwig, Partially crystalline epoxy networks with superior

mechanical and adhesion properties, J. Adhes. Sci. Technol. 30 (2016) 960-971.

3) A. Arnebold, F. Plander, K. Thiel, S. Wellmann, A. Hartwig, Control of reaction mechanisms

in cationically polymerized epoxy resins facilitates the adjustment of morphology and

mechanical properties, J. Polym. Sci. Part B: Polym. Phys. 54 (2016) 2188-2199.

4) A. Arnebold, S. Wellmann, A. Hartwig, Network dynamics in cationically polymerized,

crosslinked epoxy resins and its influence on crystallinity and toughness, Polymer 91 (2016)

14-23.

5) A. Arnebold, A. Hartwig, Fast switchable, epoxy based shape-memory polymers with high

strength and toughness, Polymer 83 (2016) 40-49.

6) A. Arnebold, S. Wellmann, A. Hartwig, Covalent integration of differently structured

polyester polyols improves the toughness and strength of cationically polymerized, amorphous

epoxy networks, J. Appl. Polym. Sci. 38 (2016) 43986.

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VI

Kennzeichnung der eigenen Leistungen an den zu Grunde liegenden

wissenschaftlichen Arbeiten

Alle der Dissertation zu Grunde liegenden wissenschaftlichen Arbeiten sind in Eigenverantwortung

angefertigt worden. Unterstützung ist hierzu insbesondere von Prof. Dr. Andreas Hartwig (Universität

Bremen und Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM),

Bremen) und Dr. Stefanie Wellmann (Wellmann Technologies GmbH, Friedelsheim) sowie den

Mitarbeitern des Fraunhofer IFAM geleistet worden.

Die Durchführung von STEM-Messungen in den Arbeiten 1 und 3 sowie Hilfestellungen zu deren

Ergebnisinterpretationen sind von Dr. Karsten Thiel (Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und

Angewandte Materialforschung (IFAM), Bremen) geleistet worden. Des Weiteren ist die Aufnahme

und Datenverarbeitung von SAXS-Messungen als Teilaspekt von Arbeit 1 durch

Dr. Emmanuel Kentzinger (JCNS, PGI, Forschungszentrum Jülich GmbH, Jülich) erfolgt.

Florian Plander hat im Rahmen eines Forschungspraktikums der Universität Bremen die sternförmigen

Polyester und deren epoxidbasierten Komposite, welche die Grundlage für die Arbeit 3 bilden, nach

Vorgabe dargestellt. Des Weiteren sind diverse instrumentelle Messungen von Laboranten und

Technikern des IFAM nach Vorgabe durchgeführt und anschließend von mir ausgewertet worden.

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VII

Übersicht über die in der Dissertation verfolgten Teilthemen und deren

Zusammenhang

Die Nummerierungen in der Übersichtsabbildung entsprechen denjenigen der Arbeiten auf Seite VI.

O

O

O O

Po

lyes

terk

on

zentr

atio

n

PCL-diesterPCL-diol

H+

0 10 20 30 40 5040

80

120

160

200

PCL-diolPCL-diester

Tg [

°C]

PCL-Gehalt [wt%]

0 10 20 30 40 502

4

6

8

10

12

PCL-diolPCL-diester

Zugsc

her

fest

igkei

t [M

Pa]

PCL-Gehalt [wt%]

1)

2)

3)

4)

5) 6)

Konzept zur Strukturierung undKristallbildung in duromeren

Epoxidnetzwerken

Konzeptübertragung aufsternförmiges PCL

Mechanik teilkristallinerEpoxidnetzwerke

Transesterifizierung &Spannungsrelaxation

Teilkristalline „shape-memory“Polymere

Reaktion zu amorphen Copolymerenüber den AM Mechanismus

Verifikation mit alternativenPolyesterpolyolen

Abgrenzung zu amorphenSystemen

Essigsäure-anhydrid 0 10 20 30 40 50 60

0.00

0.02

0.04

0.06

0.08

0.10

0.12

Span

nung [

MP

a]

Zeit [min]

70 °C150 °C

OH

R1

O

R2

OO

R1

O

OH R2

H+

D

10050 55 60 65 70 75 80 85 90 95

Temperatur [°C]

1.0

-1.5

-1.0

-0.5

0.0

0.5

Exo Up

84 °C

71 °C

Wär

mefl

uss

(norm

iert

) [W

/g]

Rückverformung

Fixierung

Schmelzen

Kristallisation

50 70 90 110 130 150 170 190 210 230

Temperatur [°C]

3

-1

0

1

2

Wär

mefl

uss

(n

orm

iert

) [W

/g]

Exo Up

ACE

AM

+Epoxid + Polyesterpolyol + H

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VIII

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IX

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG 1

1.1 Zielsetzung 2

2 THEORETISCHER HINTERGRUND 3

2.1 Epoxidharze 3

2.2 Kationische Polymerisation von Epoxiden 5

2.3 Methoden zur Einstellung der Morphologie in Epoxidnetzwerken 6

2.3.1 Mechanismen der Phasenbildung in Polymernetzwerken 6

2.3.2 Kristallinität in hochvernetzten Polymeren 9

2.4 Polyesterpolyole als teilkristalline Komponenten zur Strukturierung und Zähelastifizierung

von Epoxidnetzwerken 10

2.5 Dynamiken in Epoxidnetzwerken zur Steuerung der funktionellen Eigenschaften 11

2.5.1 Form-Gedächtnisverhalten 12

2.5.2 Spannungsrelaxationsverhalten 13

3 ERGEBNISDISKUSSION DER TEILARBEITEN UND DEREN ZUSAMMENHANG 15

3.1 Nano- und Mikrostrukturierung kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke mittels

Polyesterpolyole 15

3.1.1 Einflussnahme auf die Reaktionsmechanismen als ein Schlüssel zur Morphologieeinstellung

von Epoxidnetzwerken 15

3.1.2 Morphologiewechsel durch Transesterifizierung während und nach dem

Polymerisationsprozess 19

3.1.3 Einfluss verschiedener Polyesterpolyole auf die Bildung amorpher, epoxidbasierter

Copolymere 21

3.2 Netzwerkdynamiken und daraus resultierende Materialfunktionen 22

3.2.1 Spannungsrelaxation durch Netzwerkumlagerungen 22

3.2.2 Schnell schaltbare, teilkristalline Epoxidnetzwerke 23

4 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 25

4.1 Zusammenfassung 25

4.2 Ausblick 29

5 LITERATURVERZEICHNIS 31

6 ZU GRUNDE LIEGENDE WISSENSCHAFTLICHE ARBEITEN 36

7 ANHANG 49

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1 Einleitung

1

1 Einleitung

Vernetzte Epoxidharze gehören zu der Polymerklasse der Duromere. Sie zeichnen sich im Vergleich

zu anderen Polymeren durch besonders hohe Steifigkeit, Festigkeit und Härte sowie durch thermische

und chemische Stabilität aus.1,2,3,4 Aufgrund ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften werden

netzwerkbildende, aromatische und aliphatische Epoxidharze vielfältig als Strukturklebstoffe,

elektrische Isolatoren, Beschichtungen, Druckfarben und Matrices für Komposite industriell

verwendet. Andererseits erweist sich die hohe Sprödigkeit vieler Epoxidharze, insbesondere

cycloaliphatischer Epoxidharze, als nachteilig, so dass eine Zähelastifizierung für die meisten

Anwendungen notwendig ist. Mit eben diesen cycloaliphatischen Epoxidharzen lassen sich unter

anderem sehr hohe Moduln und Glasübergangstemperaturen erzielen, weshalb sie zu verstärkter

Sprödigkeit neigen und neben weiteren Gründen bis heute nur in geringem Maße industrielle

Anwendung im Vergleich zu ihren aromatischen Analoga finden. Typische Anwendungen

cycloaliphatischer Epoxide sind zum Beispiel das Kleben elektronischer Bauteile und Schaltungen.

Eine Minimierung des „Trade-offs“, einer umgekehrten Proportionalität, zwischen Steifigkeit,

Festigkeit und thermischer Stabilität einerseits und Zähigkeit andererseits ist somit erstrebenswert. Mit

Blick auf die in der Natur vorkommenden hochstrukturierten Materialien wie Knochen,5,6

Spinnenseide,7 Zahnschmelz8 oder Perlmutt,9,10 die jeweils außergewöhnliche Festigkeiten und

gleichzeitig Zähigkeit aufweisen, kann eine Strategie abgeleitet werden, um eben diesem „Trade-off“

synthetischer Epoxidharze entgegenzuwirken. Jedes dieser natürlichen Materialien besitzt einen

hierarchischen Aufbau bis hinunter auf die Nanometerebene. Des Weiteren sind sie zum einen aus

organischen Komponenten und zum anderen aus Kristallen oder Mineralien spezifisch

zusammengesetzt. Es zeigt sich, dass Kristallinität ein wichtiger Aspekt bei der

Materialeigenschaftsverbesserung in natürlichen Polymersystemen ist. Auch in Thermoplasten11 und

Elastomeren12 ist der positive Einfluss auf Festigkeit und Zähigkeit durch kristalline Domänen

hinreichend bekannt. Neben der Kristallinität erweist sich eine nanoskalige Strukturierung als

Erfolgsmodell für das Erreichen von Zähigkeit unter Beibehaltung hoher Festigkeit.

Neben zunehmender thermischer und mechanischer Beanspruchbarkeit von Duromeren steigt das

Interesse an vielseitigen, funktionellen Materialien, sogenannter „smart materials“, die über besondere

Funktionen wie Form-Gedächtnisverhalten („shape-memory behavior“), Selbstheilbarkeit („self-

healing ability“), internen Spannungsabbau („stress relaxation behavior“) oder Recyclebarkeit

verfügen. Ein „cleveres“ Duromer mit ausgeprägter Beanspruchbarkeit bietet Potential für die

Erschließung neuer Anwendungsfelder. Hierbei können die gezielte Strukturierung und der Einbau

von Kristallinität in die Netzwerkstruktur erfolgsversprechend sein.

Page 11: Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch ... · Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke zur Implementierung funktioneller Eigenschaften

1 Einleitung

2

1.1 Zielsetzung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein Verständnis zu entwickeln, unter welchen Umständen

definierte Nanostrukturen und Kristalle in einem kationisch polymerisierbaren, cycloaliphatischen

Epoxidharz gebildet werden können. Des Weiteren werden die resultierenden Materialeigenschaften

untersucht und somit die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen abgeleitet. Zuletzt werden Dynamiken

innerhalb der epoxidbasierten, vernetzten Polymere im Hinblick auf Form-Gedächtnisverhalten sowie

Spannungsabbau untersucht, wodurch eine Implementierung von Funktionen ermöglicht werden soll.

Am Modellsystem des cycloaliphatischen Diepoxids 3,4-Epoxycyclohexylmethyl-3‘,4‘-

epoxycyclohexancarboxylat und verschiedener, teilkristalliner Polyesterpolyole soll die beschriebene

Zielsetzung bearbeitet werden.

Zunächst soll ein Verständnis über systemspezifische Reaktions- und Segregationsmechanismen

gewonnen werden, um anschließend eine gezielte Phasenseparation herbeizuführen. Auf Basis der

gewonnenen Erkenntnisse soll die Morphologie des Epoxidnetzwerks eingestellt werden. Hierzu

bieten sich die Beeinflussung der Reaktionsbedingungen an, die Wahl der teilkristallinen

Polyesterpolyole, aber auch die Deaktivierung reaktiver Gruppen der verwendeten Polyester, um einen

kovalenten Einbau in das Netzwerk zu verhindern.

Page 12: Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch ... · Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke zur Implementierung funktioneller Eigenschaften

2 Theoretischer Hintergrund

3

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Epoxidharze

Zu den gängigsten kommerziellen Epoxidmonomeren gehören der aromatische Bisphenol-A-

diglycidylether (DGEBA), das Epoxyphenol-Novolak (EPN) und das cycloaliphatische 3,4-

Epoxycyclohexylmethyl-3’,4’-epoxycyclohexancarboxylat (ECC) (Abbildung 1).4

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Strukturelemente unterscheiden sich die genannten Epoxide in ihrer

Reaktivität und in den mechanischen Eigenschaften ihrer entsprechenden Polymernetzwerke. Während

die Duromere des DGEBA und der EPNs zu zum Teil niedrigen Glasübergangstemperaturen (Tg)

neigen, weist das cycloaliphatische ECC einen sehr hohen Tg auf. Diese Werte sind stark abhängig von

den Polymerisationsbedingungen wie Polymerisationstemperatur und Art des Vernetzers und bilden

daher einen großen Temperaturbereich ab. EPNs und das DGEBA können bereits bei milden

Temperaturen mit Nukleophilen (zum Beispiel Amine oder Anhydride) umgesetzt werden, was dazu

führt, dass aufgrund der einsetzenden Verglasung entsprechend niedrige Tgs erreicht werden. Das

cycloaliphatische ECC ist hinsichtlich seines geringer polarisierten Epoxidrings wenig reaktiv

gegenüber Nukleophilen und wird somit bei milden Temperaturen nur sehr langsam umgesetzt. Aus

diesem Grund wird das ECC mit Elektrophilen wie zum Beispiel Kationen thermisch oder

photochemisch homopolymerisiert. Die kationische Homopolymerisation von ECC führt zu einer sehr

ausgeprägten Vernetzungsdichte, so dass im Vergleich zu den aromatischen Epoxiden höhere Tgs

Abbildung 1. Strukturformeln des Bisphenol-A-diglycidylethers (DGEBA) (1), des Epoxyphenol-Novolaks (EPN) (2) und

des 3,4-Epoxycyclohexylmethyl-3’,4’-epoxycyclohexancarboxylat (ECC) (3).

CH3

CH3

O O

OOH

CH3

CH3

O O

O

O

O

O

O

O

O

n

(1)

(3)

(2)

n

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2 Theoretischer Hintergrund

4

möglich werden. Zusätzlich resultiert durch die hohe Vernetzungsdichte eine erhebliche Sprödigkeit.

Des Weiteren weisen die genannten Epoxidmonomere sehr unterschiedliche Viskositäten auf. Das

cycloaliphatische ECC besitzt aufgrund seines aliphatischen Rückgrats eine für Epoxide sehr geringe

Viskosität von 400 mPa·s, wohingegen das DGEBA je nach Oligomerisierungsgrad niedrige bis sehr

hohe Viskositäten aufzeigt und EPNs für hohe Viskositäten bekannt sind.

Das in dieser Arbeit untersuchte cycloaliphatische Epoxid ECC kann durch eine katalytische Reaktion

von zwei Einheiten 4-Formylcyclohexen mittels Aluminiumalkoholat zu 3-Cyclohexenylmethyl-3‘-

cyclohexencarboxylat umgewandelt werden (Abbildung 2).13 Anschließend werden die Olefingruppen

durch Peroxycarbonsäure zu Oxiranen oxidiert. Im Vergleich zu aromatischen Epoxiden, die durch

entsprechende Reaktion mit Epichlorhydrin gebildet werden, entstehen bei der Synthese von ECC und

weiteren cycloaliphatischen Epoxiden keine Chloridionen, so dass sie sich ohne weitere

Aufreinigungsprozesse für die Isolierung elektronischer Bauteile eignen.4 Infolge seiner Transparenz

und seiner geringen Neigung zur Vergilbung wird das ECC außerdem im Bereich der Optoelektronik

und als UV-polymerisierbare Beschichtung eingesetzt. Neben der enormen Sprödigkeit von

cycloaliphatischen Homopolymeren ist insbesondere der hohe Monomerpreis ein weiteres Hindernis

für breitere kommerzielle Anwendungen.

Abbildung 2. Reaktionsschema zur Bildung von 3,4-Epoxycyclohexylmethyl-3’,4’-epoxycyclohexancarboxylat (ECC).13

O

H

O

H+

Al(OR)3

O

O

RC(=O)OOH

O

O

O O

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2 Theoretischer Hintergrund

5

2.2 Kationische Polymerisation von Epoxiden

Neben der kommerziell vielfältig angewandten Polyaddition des aromatischen Epoxidmonomers

DGEBA mit Hilfe von Aminen ist die kationische Polymerisation aliphatischer und insbesondere

cycloaliphatischer Epoxidmonomere von industrieller Bedeutung. Bei der kationischen Polymerisation

handelt es sich um eine sogenannte „lebende“ Polymerisation, da es zu keiner systeminternen

Abbruchreaktion der propagierenden Kette kommt. Lediglich Verunreinigungen oder Additive sind in

der Lage, das aktive Kettenende zu deaktivieren und damit einen Kettenabbruch einzuleiten. Im

Wesentlichen gibt es zwei Mechanismen der kationischen Epoxidpolymerisation: Der „activated chain

end“ (ACE)-Mechanismus und der „activated monomer“ (AM)-Mechanismus (Abbildung 3 und 4).14-

19 In beiden Fällen findet der initiale Schritt durch eine Protonierung des Oxiran-Sauerstoffs unter

Bildung eines sekundären Oxoniumions statt (Initiation). Der ACE-Mechanismus verläuft daraufhin

über die Epoxid-Epoxid-Propagation unter Beibehaltung eines aktiven Kettenendes (tertiäres

Oxoniumion). Im Fall des AM-Mechanismus wird das benachbarte Kohlenstoffatom des Oxoniumion

von zum Beispiel einem Alkohol oder Wassermolekül nukleophil angegriffen, was zur Bildung eines

weiteren sekundären Oxoniumions führt. Unter Abspaltung eines Protons und nachfolgender

Protonierung eines anderen Epoxidmonomers finden eine Kettentermination sowie die Initiation eines

weiteren Kettenwachstums statt.

Dillman et al. haben die Einflüsse von Struktur und Funktionalität verschiedener Alkohole auf den

AM-Mechanismus untersucht.13 Es konnte gezeigt werden, dass sterisch anspruchsvolle Alkohole und

saure Alkohole zu geringeren Anteilen über den AM-Mechanismus reagieren und somit nur in

geringem Maße in die Netzwerkstruktur eingebaut werden.

Abbildung 3. Kationische Epoxidpolymerisation über den „activated chain end“ (ACE)-Mechanismus.14

Abbildung 4. Kationische Epoxidpolymerisation über den „activated monomer“ (AM)-Mechanismus. Hierzu ist die

Anwesenheit eines Nukleophils wie zum Beispiel Wasser oder ein Alkohol notwendig.14

H+

H

O+

R

O

R

O

R

OH

R

O+

R

O

R

n OH

R

O

O+

R

R

n

H+

H

O+

R

O

ROH

R

O+

R'

H

O

R

OH R'

OH

R

O

R'

+

H

O+

R

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2 Theoretischer Hintergrund

6

Üblicherweise wird die kationische Polymerisation von cycloaliphatischen Epoxiden, wie das ECC,

photochemisch oder thermisch initiiert.14,20-25 Hierzu werden latente Initiatoren wie Iodonium-,

Sulfonium- oder Phosphoniumsalze verwendet. Allen Systemen ist gemein, dass sie durch den

Aktivierungsprozess eine Supersäure bilden, welche wiederum für die Initiation der Polymerisation

verantwortlich ist.14,20

2.3 Methoden zur Einstellung der Morphologie in Epoxidnetzwerken

Die Morphologie beschreibt im Wesentlichen die Form und Struktur von Materialien. Hierzu zählen

Partikelgröße und -form, Textur, Phasen(-verteilung) sowie die innere Ordnung (kristallin oder

amorph). In den letzten Jahrzehnten zeigte sich, dass die Morphologie maßgeblich für die Zähigkeit

(„toughness“) von Materialien wie Epoxidnetzwerken ist.1 Ihre gezielte Einstellung ist ein Konzept zur

Erhöhung der Zähigkeit unter weitestgehendem Erhalt der Festigkeit.26

Eine Vielzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen veranschaulicht die Möglichkeiten, um

Epoxidnetzwerke zu strukturieren und somit ihre Eigenschaften zu verändern. Hierzu zählen unter

anderem der Einbau von Kautschuk,27 die Anwesenheit von anorganischen Nanopartikeln,28-31 die

Plastifizierung durch Polyester,32 Polysulfone,33 Polyether und Polyetherimide,34 der Einsatz von

Ionomeren,35,36 die Verwendung unterschiedlich mischbarer Segmente in Block-Copolymeren,37-46 die

Reaktion mit Zwillingsmonomeren zu Zwillingscopolymeren,47 der Einsatz von Carbon-Nanotubes

(CNTs),48 die Integration hochverzweigter Polymere49-52 und zuletzt die Einstellung kristalliner

Domänen durch teilkristalline Thermoplaste.53-59

2.3.1 Mechanismen der Phasenbildung in Polymernetzwerken

Die Phasenbildung in hochvernetzten Polymeren kann über zwei grundlegende Mechanismen

erfolgen. Zum einen über „self-assembly“ und zum anderen durch reaktions- beziehungsweise

polymerisationsinduzierte Phasenseparation (RIPS beziehungsweise PIPS), wie in Abbildung 5

schematisch dargestellt. Sie unterscheiden sich in ihrer Mischbarkeit vor und nach der Polymerisation,

jedoch ist beiden Konzepten gemein, dass eine Komponente segregiert, das heißt sich in eine separate

Phase entmischt.

Bei der „self-assembly“ findet eine Entmischung vor der Polymerisation statt, so dass die darauf

folgende Polymerisation zu einer Fixierung der gebildeten Phasenstruktur führt.38,39,45,56,60,61 Dies kann

in Epoxidnetzwerken durch die Verwendung von amphiphilen Block-Copolymeren erreicht werden.

Hierbei ist ein Segment im Epoxidmonomer löslich, während ein weiteres Segment unlöslich ist und

segregiert. Des Weiteren können teilkristalline Polyester nach der Homogenisierung mit einem

Epoxidmonomer in der Mischung auskristallisieren. Anschließend kann die gebildete Phasenstruktur

durch UV-Bestrahlung fixiert werden.53

Page 16: Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch ... · Gezielte Einstellung der Morphologie kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke zur Implementierung funktioneller Eigenschaften

2 Theoretischer Hintergrund

7

Abbildung 5. Schematische Darstellung der Phasenbildung in Polymerblends über (A) „self-assembly“ und (B)

reaktionsinduzierte Phasenseparation (RIPS).

RIPS beziehungsweise PIPS beschreiben die Phasenbildung einer zunächst homogenen Mischung mit

zunehmendem Polymerisationsfortschritt. Hierbei laufen zwei konkurrierende Prozesse mit

unterschiedlicher Kinetik ab, nämlich die Phasenseparation der Lösung und die Polymerisation ihrer

Komponenten. Im Fall der Polymerisation einer Lösung aus zwei miteinander reagierenden

Komponenten ist es denkbar, dass eine polymerisationsinduzierte Phasenseparation durch den

Reaktionsprozess beider Komponenten miteinander verringert oder gar gänzlich verhindert wird. Eine

Erweiterung der Flory-Huggins-Theorie niedermolekularer Lösungen auf polymerisierende Lösungen,

wobei nur eine Komponente zur Bildung des Polymers beiträgt, kann als Näherung für die Erklärung

des Segregationsverhaltens während der Polymerisation herangezogen werden. Durch die

Polymerisation steigt die Molmasse des sich bildenden Polymers, was zu einer Abnahme der

Mischungsentropie ∆mS und ferner zu einem Anstieg der Freien Mischungsenthalpie ∆mG führt.62-66

Wird die Freie Mischungsenthalpie positiv (∆mG>0), so findet Entmischung statt. Die Art der

entstehenden Morphologie ergibt sich aus dem entsprechenden Phasendiagramm (Abbildung 6). Es

bildet die Mischbarkeit eines binären Systems in Abhängigkeit von der Temperatur und der

Zusammensetzung der gegebenen Komponenten ab. Typischerweise resultiert für Polymerisationen

mehrkomponentiger Systeme eine Mischungslücke mit einem Maximum, welches durch eine obere

kritische Mischungstemperatur („upper critical solution temperature“) (UCST) definiert ist. Oberhalb

der UCST liegt bei jeder Zusammensetzung eine homogene Mischung vor. Des Weiteren befindet sich

Polymerisation

A B

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2 Theoretischer Hintergrund

8

zwischen den Regionen der homogenen Mischung und des 2-Phasensystems (Mischungslücke) ein

metastabiler Bereich, der zur Mischungslücke durch die Spinodale und zum Bereich homogener

Mischung durch die Binodale getrennt wird. Am Punkt der UCST sind Binodale und Spinodale gleich,

woraus sich ein direkter Übergang zwischen Einphasensystem und Mischungslücke ohne das

Vorhandensein eines metastabilen Bereichs ergibt. Im metastabilen Bereich liegt eine homogene

Mischung vor, die durch Übersättigung, Unterkühlung oder Überhitzung kurzzeitig bestehen kann und

sich bei geringen Konzentrationsänderungen entmischt.65 Durch die Polymerisation verändert sich die

Zusammensetzung der zu Beginn homogenen Mischung und die Molmasse des gebildeten Polymers

nimmt zu. Somit nimmt die Mischungsentropie ∆mS ab und es kommt zu einer Verschiebung des

Phasendiagramms zu höheren Temperaturen, wie schematisch in Abbildung 6 aufgezeigt.66 Bei

gleichbleibender Polymerisationstemperatur Tp kann es zur Überschreitung der Binodalen und der

Spinodalen kommen. Sodann erfolgt eine Entmischung mit einer Morphologie, die von der Art und

Konzentration der Komponenten sowie von der Temperatur und Zeit der Härtung abhängt.67 Hieraus

ergeben sich mit dem Keimbildungs- und Wachstumsmechanismus („nucleation and growth“) (NG)

und der spinodalen Entmischung („spinodal decomposition“) (SD) zwei mögliche

Entmischungsmechanismen. Der NG-Mechanismus läuft bei langsamer Polymerisation im

entsprechenden metastabilen Zustand ab. Dabei werden durch Keimbildung sphärische Partikel

gebildet.68 Die SD führt hingegen zur Bildung von thermodynamisch ungünstigen, co-continuierlichen

Phasen, die bei schnellem Überschreiten des metastabilen Bereichs in die Mischungslücke oder bei

Abbildung 6. Phasendiagramm einer polymerisierenden, binären Mischung.64,65,69,70 Die obere kritische

Mischungstemperatur („upper critical solution temperature“) (UCST) kennzeichnet den Punkt im Phasendiagramm, über

welchem eine homogene Mischung bei jeder Zusammensetzung der Komponenten vorliegt. Die äußere Kurve stellt die

Binodale dar, während die innere Kurve der Spinodalen entspricht. Bei Unterschreitung der Spinodalen tritt die spinodale

Entmischung (SD) auf, wodurch ein 2-Phasensystem entsteht (graue Fläche). Zwischen der Binodale und der Spinodale

befindet sich ein metastabiler Bereich, in welchem der Keimbildungs- und Wachstumsmechanismus (NG) abläuft. Durch den

Polymerisationsfortschritt kommt es zu einer Verschiebung des Phasendiagramms (rote Kurve), so dass mit dem Erreichen

der Zusammensetzung X0 und der Polymerisationstemperatur Tp eine zuvor homogene Mischung zur Phasenseparation neigt.

T

0 1XA

UCST

2-Phasen(SD)

HomogeneMischung

NG NG

TpX0

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2 Theoretischer Hintergrund

9

direkter Unterschreitung der UCST gebildet werden. Diese instabilen Phasen können durch schnelle

Verglasung des Polymers fixiert werden. Üblicherweise werden Polymerphasen mit Hilfe von Block-

Copolymeren gezielt erzeugt, die UCST-Verhalten aufweisen.43,44,71-73 Darüber hinaus sind

kompliziertere Morphologien möglich, die durch gleichzeitiges Ablaufen beider reaktionsinduzierten

Entmischungsmechanismen zustande kommen.69

2.3.2 Kristallinität in hochvernetzten Polymeren

Kristallinität in Polymeren bedeutet eine teilweise Anordnung von Makromolekülen über

physikalische Wechselwirkungen zu Kristalliten und deren Überstrukturen. Ein Ausschnitt eines

Polymerkristallits ist in Abbildung 7 dargestellt.74 Hierbei lagern sich die Makromoleküle oder deren

Segmente über Kettenfaltung zu Zickzack- oder Helixkonformationen zusammen. Zunächst bildet sich

ein lamellarer Kristallit, der durch Wachstum ausfranst und durch Bündelung letztendlich einen

Sphärolitkeim entstehen lässt. Ein Sphärolit besitzt radiale Fibrillen, die wiederum aus kristallinen

Lamellen bestehen, in deren Zwischenräumen amorphe (ungeordnete) Segmente vorliegen. Neben

Sphäroliten können zudem auch weitere Überstrukturen wie Fasern und Scheiben gebildet werden.66

Für Thermoplaste und Elastomere ist die Präsenz von kristallinen Domänen in der Literatur

hinreichend bekannt.11,12 Im Fall von Duromeren handelt es sich bei dem Auftreten von Kristallinität

um ein bisher seltenes Phänomen. Hierzu werden an dieser Stelle nur Systeme berücksichtigt, deren

Glasübergangstemperaturen oberhalb von etwa 20 °C liegen, so dass eine Abgrenzung zu

elastomerartigen Netzwerken gegeben ist. Ungesättigte Polyester,75 Novolake58,76,77 sowie

Epoxidnetzwerke53,56,57,59 sind bekannte duromere Systeme mit kristallinen Phasen.

In kationisch polymerisierbaren Epoxiden können beispielsweise über „self-assembly“ kristalline

Domänen gebildet werden, die durch photochemische Polymerisation in duromere Netzwerke

überführt werden.53,56 Dies gelingt unter anderem über Block-Copolymere mit einem teilkristallinen

Segment, das im Epoxid unlöslich ist, und einem im Epoxid löslichen Segment.56 Andererseits kann

Abbildung 7. Schematische Darstellung eines Polymerkristallitausschnitts (links) und eines amorphen Polymerknäuels

(rechts).

Polymerkristallit amorphes Polymer

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2 Theoretischer Hintergrund

10

ein teilkristallines Polyesterpolyol wie Poly(ε-caprolacton) (PCL) mit dem Epoxidmonomer unter

Wärme homogenisiert werden, um anschließend durch Abkühlen unterhalb der Schmelztemperatur

des PCL die Kristallisation zu initiieren. Durch Photopolymerisation werden die Kristallite sodann

fixiert.53 Eine weitere Möglichkeit besteht in der kationisch initiierten, thermischen Polymerisation

eines Epoxidmonomers mit PCL und Cellulosefasern. Letztere bewirken nach abgeschlossener

Polymerisation und Abkühlung eine Nukleierung des PCL, so dass das PCL an der Faser

auskristallisiert.57 Die Ausbildung kristalliner Domänen in duromeren Polymersystemen stellt

aufgrund der hohen Glasübergangstemperaturen der Netzwerke eine große Herausforderung dar und

ist aus diesem Grund bisher wenig bekannt. Die Beweglichkeit von Makromolekülen beziehungsweise

deren Segmenten unterhalb der Glasübergangstemperatur ist stark eingeschränkt, so dass die

Herstellung einer geordneten Struktur nicht möglich erscheint. Ein denkbarer Weg, um das

Verglasungsproblem zu umgehen, wäre eine reaktionsinduzierte Phasenseparation zu erzwingen, bei

der Domänen gebildet werden, die innerhalb einer hochvernetzten Polymermatrix vorliegen. Diese

Domänen weisen eine eigene Glasübergangstemperatur auf, die deutlich unterhalb der

Kristallisationstemperatur der sie bildenden teilkristallinen Komponente liegt. Somit können sich die

Makromoleküle innerhalb der Phase bewegen und definierte Morphologien bilden.

2.4 Polyesterpolyole als teilkristalline Komponenten zur

Strukturierung und Zähelastifizierung von Epoxidnetzwerken

Polyesterpolyole wie das Poly(ε-caprolacton) (PCL) eignen sich für die Strukturierung und

Veränderung von Epoxidnetzwerken.32,44,53-57,68,72,78-83 Insbesondere die Bildung kristalliner Phasen

kann zu erhöhter Steifigkeit, Festigkeit und Zähigkeit sowohl in elastomeren als auch in duromeren

Epoxidnetzwerken führen.53-57,59 Ein kovalenter Einbau der Polyester in das Epoxidnetzwerk wird über

den „activated monomer“ (AM)-Mechanismus erreicht, bei dem die Hydroxylgruppen mit dem

Epoxidmonomer oder dem aktiven Kettenende reagieren. Eine erhöhte Zähigkeit resultiert dabei aus

der Netzwerkaufweitung beziehungsweise Herabsetzung der Vernetzungsdichte des spröden

Epoxidnetzwerks.

Die Darstellung von Polyesterpolyolen erfolgt üblicherweise über metallkatalysierte

Ringöffnungspolymerisation (ROP) oder durch Polykondensation. Exemplarisch für die vorliegende

Arbeit sind, wie in Abbildung 8 aufgezeigt, die ROP von ε-Caprolacton zu Poly(ε-caprolacton) und

die Polykondensation von Adipinsäure mit 1,6-Hexandiol zu Poly(1,6-hexandioladipat). Der

konventionellste Weg zur Herstellung von Polyesterpolyolen mit geringer Polydispersität und gezielter

Molmasseneinstellung erfolgt über die metallkatalysierte ROP.84,85 Hierzu wird in einem ersten Schritt

der Katalysator mit dem Initiator (Alkohol) aktiviert, wobei ein Metallalkoxid gebildet wird. Dieses

Metallalkoxid reagiert über den Koordinations-Insertionsmechanismus mit dem entsprechenden

Monomer. Das ringgeöffnete Monomer beziehungsweise das wachsende Oligomer reagieren

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2 Theoretischer Hintergrund

11

Abbildung 8. Darstellung von Poly(ε-caprolacton) durch Ringöffnungspolymerisation (1) und von Poly(1,6-hexandioladipat)

über Polykondensation (2).

entsprechend über den genannten Mechanismus mit weiteren Monomereinheiten. Es resultiert ein

Polyester mit Hydroxylendgruppen, dessen Molmasse über das Verhältnis von Monomer zu Initiator

eingestellt wird. Des Weiteren kann durch die Wahl des Initiators (Startalkohol) der

Verzweigungsgrad des Polyesters vorgegeben werden.52,86 Ein- und zweiwertige Alkohole bilden

lineare Ketten und höherwertige entsprechend verzweigte oder dendritische Polymerstrukturen. Ein

Vergleich zwischen linearen und verzweigten Polyestern gleicher Molmasse und gleichen Typs zeigt

deutliche Unterschiede ihrer Materialeigenschaften auf. Aufgrund ihrer Struktur weisen verzweigte

Polyester je nach Grad der Verzweigung eine geringere oder höhere Viskosität auf, besitzen eine

höhere Anzahl funktioneller Endgruppen, zeigen eine bessere Löslichkeit in den meisten Lösemitteln

und weisen eine geringere Kristallinität auf.87 Der Grad der Kristallinität in verzweigten Polyestern

hängt stark von der Armanzahl und entsprechend auch von ihrer Armlänge ab.88 Eine hohe Anzahl von

Polyesterarmen senkt den Kristallinitätsgrad, während längere Arme (mit entsprechend höherer

Molmasse) zu gesteigerter Kristallinität führen. Des Weiteren verringern längere Polyesterarme den

Einfluss von nicht kristallisierenden Armsegmenten nahe dem Initiatorkern auf den

Kristallisationsgrad.89 Somit erscheinen Polyesterpolyole unterschiedlicher Struktur als geeignete

Komponenten, um die Morphologie von kationisch polymerisierbaren Epoxiden gezielt einzustellen

und kristalline Domänen auszubilden.

2.5 Dynamiken in Epoxidnetzwerken zur Steuerung der funktionellen

Eigenschaften

Spröde Epoxidnetzwerke mit hohen Glasübergangstemperaturen zeigen in der Regel keine

nennenswerte Netzwerkdynamik. Modifizierungen der Netzwerkmorphologie durch

Kristallinität,54,55,59 netzwerkumlagernde Katalysatoren,90-94 netzwerkerweiternde Additive,54,95,96

selbstheilende Mikrokapseln97 oder supramolekulare Bindungen98 führen in Epoxidnetzwerken zu

unterschiedlichen Arten von Dynamiken der Netzwerkstruktur oder aber auch zu einer Beweglichkeit

O

O

+ Sn(Oct)2

+ 1,4-ButandiolO

O

O

O

O

OH

H(n+m)

O

O

OH

OHn

+

(n+1) OH

OH

O

O

O

O

O H

OH

1)

2) - 2n H2O

n m

n

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2 Theoretischer Hintergrund

12

von Additiven innerhalb des Netzwerks. Hieraus resultieren eine Reihe neuer Funktionen für

Epoxidnetzwerke, das heißt zweckgebundene, materialspezifische Eigenschaften wie Selbstheilung

(„self-healing“),97 Form-Gedächtnisverhalten („shape-memory behavior“),55,59, 95,96,99,100 Recyclebarkeit

und Spannungsabbau („stress relaxation behavior“).90-94 Im Folgenden soll der Fokus auf die

sogenannten Form-Gedächtnispolymere und auf die spannungsabbauenden und fließfähigen

Polymernetzwerke (Vitrimere®)90 gelegt werden.

2.5.1 Form-Gedächtnisverhalten

Das Form-Gedächtnisverhalten („shape-memory behavior“) von Polymernetzwerken beschreibt die

Eigenschaft eines Netzwerks, nach der Verformung und Fixierung („programming“) in einem neuen

gespannten Zustand zu verbleiben bis ein Stimulus das Netzwerk wieder in den Ausgangszustand

zurückversetzt („recovery“) (Abbildung 9).101,102 Form-Gedächtnispolymere können über

verschiedene Stimuli wie Licht,103 Feuchtigkeit,104 Magnetfelder,105 elektrischen Strom106 und durch

die Temperatur55,59,95,96,99,100 prozessiert werden. Letztere zählt zu den konventionellsten Stimuli, da

durch entsprechende Temperaturen sowohl Glas- als auch Schmelzübergänge zur Fixierung genutzt

werden können. Zahlreiche epoxidbasierte Form-Gedächtnispolymere sind bereits bekannt. Hierbei

handelt es sich fast ausschließlich um aminisch umgesetzte Epoxide. 55,59,95,96,99,100 Kürzlich ist das erste

kationisch polymerisierte Form-Gedächtnispolymer auf Basis eines cycloaliphatischen Epoxids

Abbildung 9. Form-Gedächtnisverhalten („shape-memory behavior“): A) Schematische Darstellung in Anlehnung an die

Literatur102 und B) teilkristallines Epoxidnetzwerk bestehend aus einer cycloaliphatischen Epoxidmatrix und Poly(ω-

pentadecalactone) (Arbeit 5: A. Arnebold, A. Hartwig, Polymer 83 (2016) 40-49). Das sogenannte „programming“ beschreibt

die Verformung mit anschließender Fixierung in einem neuen, spannungshaltigen Zustand. Der „recovery“-Schritt beschreibt

hingegen das Zurückversetzen in den Ausgangszustand nach entsprechendem Stimulus.

„programming“

„recovery“

A)

B)

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2 Theoretischer Hintergrund

13

dargestellt worden.55 Dabei bildet das Epoxidnetzwerk die permanente Phase, während das

teilkristalline Poly(ε-caprolacton) (PCL) der schaltbaren Phase entspricht. Das teilkristalline

Epoxidnetzwerk wird in einem ersten Schritt über den Schmelzpunkt der schaltbaren Phase hinweg

erhitzt und verformt. Daraufhin wird das verformte Netzwerk in einem neuen gespannten Zustand

gehalten. Nach einer gewissen Zeit kristallisiert das PCL aus und führt zu einer physikalischen

Fixierung des gespannten Zustands. Diese Fixierung lässt sich bei erneutem Überschreiten des

Schmelzpunktes wieder aufheben und das Netzwerk in seinen Ausgangszustand zurückgehen. Anhand

dieses Beispiels zeigt sich, dass Kristallinität in Polymernetzwerken und insbesondere in

epoxidbasierten Netzwerken eine vitale Rolle einnimmt, um neue Funktionen wie das Form-

Gedächtnisverhalten weiterzuentwickeln. Bisherige Systeme sind allerdings nur schwach bis

mittelstark vernetzt, so dass die Kristallbildung besonders in hochvernetzten Systemen eine

wissenschaftliche Herausforderung sowohl in dieser als auch in zukünftige Arbeiten darstellt und

neuer Konzepte bedarf.

2.5.2 Spannungsrelaxationsverhalten

Neben Thermoplasten, die fließfähig und löslich sind, gibt es mit Elastomeren und Duromeren

vernetzte Polymere, welche sich dadurch auszeichnen, dass sie unlöslich und nicht fließfähig sind. Die

Kombination der Eigenschaften von Thermoplasten fließfähig zu sein und von vernetzten Systemen

unlöslich zu sein, gelang kürzlich in der Entwicklung einer neuartigen Polymerklasse, den

sogenannten Vitrimeren®.90-92 Die besonderen Eigenschaften der Vitrimere® beruhen auf

Netzwerkreaktionen, die zu keiner Zeit eine Veränderung der Bindungsanzahl innerhalb des

Netzwerks bewirken. Somit unterscheiden sie sich von funktionellen Netzwerken, die zum Beispiel

über Diels-Alder/Retro-Diels-Alder-Reaktion in der Lage sind, sich zu verformen.107 Während

Netzwerke mit Retro-Diels-Alder-Reaktionen zu geöffneten Bindung führen und somit Netzwerke

löslich werden lassen, kann eine Transesterifizierung, wie sie aus kürzlich entwickelten Vitrimeren®

bekannt ist, zu Umlagerungen innerhalb des Netzwerks führen, aber hierbei die Anzahl von

Bindungen innerhalb des Netzwerks zu jeder Zeit konstant halten.

Vitrimere® sind in der Lage, interne Spannungen durch thermische Behandlung abzubauen.90 In

epoxidbasierten Vitrimeren® geschieht dies über eine Netzwerkumlagerung mittels katalysierter

Transesterifizierung. Durch Verformung des Polymers entsteht innerhalb des Netzwerks eine

Spannung, die in gewöhnlichen Duromeren oder Elastomeren dazu führt, dass das Polymer nach

Entfernen der aufgebrachten Spannung (Verformung) in seine ursprüngliche Form zurückkehrt. In

Vitrimeren® wird hingegen bei Überschreiten der sogenannten Vitrimerübergangstemperatur, welche

vergleichbar mit einer zweiten Glasübergangstemperatur ist, eine Netzwerkumlagerung initiiert.

Derartige Umlagerungen führen zu einem Spannungsabbau im Netzwerk, so dass das Polymer nach

Entfernen der aufgebrachten Spannung im verformten Zustand verbleibt. Dieses einzigartige

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2 Theoretischer Hintergrund

14

Verhalten vernetzter Polymere könnte neben Aspekten des Recyclings und der Selbstheilung auch zur

Reparatur geklebter Bauteile oder aber auch zur Überwindung des Polymerisationsschrumpfs genutzt

werden.

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

15

3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren

Zusammenhang

3.1 Nano- und Mikrostrukturierung kationisch polymerisierter

Epoxidnetzwerke mittels Polyesterpolyole

Die enorme Sprödigkeit kationisch polymerisierter, cycloaliphatischer Epoxidharze ist von

besonderem Nachteil für kommerzielle Anwendungen, da bereits eine geringe Beanspruchung zu

einem Sprödbruch bei geringer Bruchdehnung führt. Eine gezielte Strukturierung und Phasenbildung

durch Verwendung von Polyesterpolyolen soll Abhilfe für eine hinreichende Zähelastifizierung

schaffen und dies unter weitestgehender Beibehaltung der anderen Epoxidnetzwerkeigenschaften.

Diesem Ziel kommt die vorliegende Arbeit nach, indem sie zeigt, wie die Polymerisationsbedingungen

und die Wahl der Polyesterpolyolspezies Einfluss auf ablaufende Reaktions- und

Segregationsmechanismen nehmen, um zu einer definierten Phasenbildung zu gelangen. Die Bildung

und die Größe kristalliner Domänen ist ein entscheidender Faktor in der Überwindung des „Trade-

offs“, das heißt Minimierung der Einbußen einer gewissen Eigenschaft für die Verbesserung einer

anderen, zwischen Steifigkeit, Festigkeit und Glasübergangstemperatur auf der einen Seite und

Zähigkeit sowie Bruchdehnung andererseits. Die Morphologieeinstellung kationisch

polymerisierender Epoxidharze durch Einflussnahme auf die Mechanismen ablaufender Reaktionen ist

in der Literatur bisher nicht bekannt und bildet einen elementaren Bestandteil der vorliegenden

Dissertation.

3.1.1 Einflussnahme auf die Reaktionsmechanismen als ein Schlüssel zur

Morphologieeinstellung von Epoxidnetzwerken

Im Rahmen der Arbeit 1 ist das cycloaliphatische Epoxid ECC mit einem reaktiven und einem nicht

reaktiven Poly(ε-caprolacton) (PCL) in Anwesenheit von Benzyltetrahydrothiophenium-

hexafluoroantimonat über thermische Initiation kationisch polymerisiert worden. Das reaktive PCL-

diol besitzt zwei Hydroxylendgruppen, wodurch es einer Reaktion mit einem Epoxidmonomer über

den „activated monomer“ (AM)-Mechanismus zugänglich ist. Im Vergleich dazu trägt der nicht

reaktive PCL-diester Esterendgruppen, weshalb er nicht in das Netzwerk eingebaut wird. Folglich

bilden sich aus den beiden Systemen einerseits ein Copolymer, bei dem das PCL-diol zu großen Teilen

in das Epoxidnetzwerk kovalent integriert wird, und andererseits eine Polymerlegierung, bei welcher

der PCL-diester keinen integrativen Bestandteil des Netzwerks ausmacht. Das Ablaufen des AM-

Mechanismus und des damit einhergehenden kovalenten Einbaus des PCL-diols in die

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

16

Netzwerkstruktur ist hierbei mittels verschiedener Techniken wie der Gelgehaltsbestimmung, der

dynamischen Differenzkalorimetrie und der dynamisch-mechanischen Analyse sichergestellt worden.

Weiter noch ist gezeigt worden, dass der AM-Mechanismus bei milderen Bedingungen abläuft als der

„activated chain end“ (ACE)-Mechanismus, wodurch sich die Möglichkeit ergibt, den Einbau von

PCL zu steuern. Wie ebenfalls in Arbeit 1 dargestellt, findet die Entmischung zwischen PCL und

Epoxid durch reaktionsinduzierte Phasenseparation (RIPS) statt. Auffällig ist hierbei die verstärkte

Neigung des nicht reaktiven PCL-diesters zur Phasenbildung, was durch die Inhibierung des AM-

Mechanismus erklärt werden kann. Dadurch wird wiederum ein kovalenter Einbau in das

Epoxidnetzwerk und somit eine erhöhte Durchmischung verhindert. Bereits geringe Anteile des PCL-

diesters von 10 wt% führen zur Bildung von sphärenartigen Nanodomänen (Abbildung 10). Die

Domänengröße wächst mit zunehmendem Anteil des nicht reaktiven PCL, so dass bereits bei 30 wt%

Anteil kristalline Domänen mit einem Durchmesser von etwa einem Mikrometer beobachtet worden

sind. Das PCL-diol segregiert hingegen erst bei deutlich höheren Konzentrationen im Epoxidharz, was

daraufhin deutet, dass insbesondere ungebundene Makromoleküle für die Phasenbildung

verantwortlich sind. Des Weiteren bildet das PCL-diol bis zu einer Konzentration von 50 wt% keine

Kristallinität aus, jedoch wurmartige Nanodomänen (Abbildung 10). Diese Domänenstruktur deutet

auf einen im Vergleich zum PCL-diester anderen Segregationsmechanismus hin. Es ist anzunehmen,

dass der PCL-diester in dem ausgewählten Konzentrationsbereich maßgeblich über den Keimbildungs-

und Wachstumsmechanismus (NG) phasensepariert, wohingegen das PCL-diol, sofern es segregiert,

überwiegend über die spinodale Entmischung (SD) ein Zweiphasensystem ausbildet. Die

sphärenartigen Strukturen der Epoxid/PCL-diester-Polymerlegierungen geben deutliche Hinweise auf

das Ablaufen des NG-Mechanismus während der reaktionsinduzierten Phasenseparation (RIPS), da

ein metastabiler Zustand einer zweikomponentigen Mischung zur Keimbildung führt (Abbildung 6).

Durch das Entstehen eines Keims können während des Phasenwachstums sphärische Strukturen

gebildet werden. Eine spinodale Entmischung in epoxidbasierten Copolymeren entsprechender

Zusammensetzung wird durch die wurmartigen Strukturen, auch co-kontinuierliche Phasen genannt,

eindeutig identifiziert, da es sich hierbei um thermodynamisch instabile, jedoch kinetisch fixierte

Phasenstrukturen handelt.

Aufbauend auf den zuvor diskutierten Ergebnissen beschreibt Arbeit 2 die mechanischen

Eigenschaften der Epoxid/PCL-basierten Copolymere und Polymerlegierungen. Ferner sind die

Struktur-Eigenschaftsbeziehungen hergeleitet worden. Es wird gezeigt, dass die Segregation und die

damit verbundene Bildung von Nanodomänen, insbesondere für geringe Konzentrationen des PCL-

diesters im Bereich von bis zu 20 bis 30 wt%, zu einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften

gegenüber den entsprechenden Copolymeren führt. Nanostrukturierte, epoxidbasierte

Polymerlegierungen weisen höhere Steifigkeiten, höhere Glasübergangstemperaturen und zum Teil

bessere Klebeigenschaften bei gleichbleibender Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Zähigkeit auf. Mit

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

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der Ausbildung kleiner, fein verteilter Kristalle (<1 µm) kann somit eine

Materialeigenschaftsverbesserung erreicht werden. Beim Anwachsen der Kristalle zu großen

Sphäroliten (100 µm) kommt es jedoch zu einer starken Versprödung, was dazu führt, dass sich die

Abbildung 10. Darstellung der Phasenstrukturen von epoxidbasierten Copolymeren (PCL-diol) und Polymerlegierungen

(PCL-diester) mit zunehmender Polyesterkonzentration. Die Rastertransmissionselektronenmikroskopaufnahmen (STEM)

sind schwarz-weiß dargestellt mit einer Skalierung von 200 nm. Für eine hinreichende Unterscheidung der Epoxid- und

Polyesterphasen ist mit Phosphorwolframsäure kontrastiert worden („staining“). Bei den hellen Bereichen handelt es sich um

die Epoxidmatrix, an die sich das Färbemittel bevorzugt anlagert („negative stain“). Die STEM-Bilder zeigen die

unterschiedlichen Nanostrukturierungen der Polymersysteme auf. Polarisationsmikroskopaufnahmen sind farbig dargestellt

und weisen im Fall des PCL-diester-basierten Polymersystems kristalline Mikrostrukturierungen (Skalierung: 20 µm) auf.

Entsprechende Doppelbrechungen sind Indizien für das Vorhandensein von Kristallen. Die Graphik ist in Anlehnung an

Arbeit 1 (A. Arnebold, K. Thiel, E. Kentzinger, A. Hartwig, RSC Adv. 5 (2015) 42482-42491) erstellt worden.

O

O

O O

Poly

este

rkonze

ntr

atio

n

PCL-diesterPCL-diol

H+

10 w

t%50 w

t%

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

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Zähigkeit, die Bruchdehnung und die Klebeigenschaften deutlich verschlechtern. Andererseits sind

aufgrund der anwesenden Kristallite die Steifigkeit, die Glasübergangstemperatur und die Härte der

Polymerlegierungen größer als die ihrer entsprechenden Copolymerpendants. Es konnte gezeigt

werden, dass sich eine nanoskopische Phasenbildung in Kombination mit fein verteilten Kristalliten

positiv auf die Materialeigenschaften hochvernetzter Epoxidharze auswirkt. Nichtsdestotrotz sorgen

beide Systeme für eine zunehmende Zähigkeit gegenüber dem reinen Epoxidnetzwerk.

Eine Erweiterung des zuvor beschriebenen Segregationskonzeptes auf Systeme, bestehend aus dem

Epoxid ECC und sternförmigem Poly(ε-caprolacton) (SPCL), wird in Arbeit 3 präsentiert. Das SPCL

ist gegenüber seinem linearen Pendant (PCL), welches in den Arbeiten 1 und 2 verwendet worden ist,

mit vier statt zwei reaktiven Endgruppen ausgestattet, weshalb es eine deutlich höhere Aktivität

gegenüber dem Epoxid aufweist. Das SPCL ist sukzessive endgruppenverestert worden, so dass neben

dem reaktiven SPCL-tetraol (vier Hydroxylendgruppen) auch das nicht reaktive SPCL-tetraester (vier

Esterendgruppen) sowie dessen Zwischenstufen mit durchschnittlich ein, zwei beziehungsweise drei

Hydroxylendgruppen vorliegen. Die SPCLs mit drei bis vier Hydroxylendgruppen führen,

insbesondere auch für hohe SPCL-Konzentrationen, zu Netzwerken mit besonders hohen Gelgehalten.

Diese Beobachtung beruht auf der höheren Anzahl sowie guter Zugänglichkeit der funktionellen

Endgruppen im Vergleich zu ihren linearen Pendants. Des Weiteren zeigt sich, dass die nicht

segregierten Anteile des SPCL besser im Netzwerk löslich erscheinen als die des PCL. Dieser

Annahme liegen höhere Glasübergangstemperaturen sowohl der phasenseparierten,

endgruppenveresterten PCL-basierten Netzwerke als auch der nicht segregierten,

hydroxylgruppenhaltigen PCL-basierten Polymersysteme zu Grunde. Diese

Glasübergangstemperaturen liegen signifikant über denjenigen der vergleichbaren SPCL-haltigen

Netzwerke, so dass auf eine bessere Mischbarkeit der SPCL-Spezies geschlossen werden kann. Eine

verstärkte Segregation der PCLs äußert sich zudem in dem erhöhten Kristallinitätsgrad für

entsprechend vergleichbare Polyesterkonzentrationen sowie die Ausbildung von Kristalliten für

geringere Polyesteranteile im Netzwerk. Somit resultieren, aufgrund der besseren Löslichkeit der

SPCL-Spezies im Epoxidnetzwerk und erhöhter Reaktivität sowie Zugänglichkeit dieser Telechele,

andere Struktur-Eigenschaftsbeziehungen gegenüber ihren linearen Polyesterpendants. Des Weiteren

ist die Phasenseparation für hohe Anteile reaktiven SPCL-tetraols vergleichsweise gering ausgeprägt.

Segregiertes SPCL bildet nadelförmige Nanodomänen statt sphären- oder wurmartige Strukturen.

Arbeit 3 hat gezeigt, dass das Konzept der Deaktivierung des AM-Mechanismus zur Strukturierung

von Epoxidnetzwerken mit sternförmigen Polyesterpolyolen geeignet ist und zu einer Erweiterung des

Eigenschaftsprofils von kationisch polymerisierten Epoxidnetzwerken beiträgt.

Neben dem in Arbeit 1 vorgestellten Konzept der direkten Deaktivierung des AM-Mechanismus über

die Endgruppenblockierung der Polyesterpolyolspezies beschreibt Arbeit 5 unter anderem zwei

weitere Herangehensweisen zur Morphologieeinstellung in Epoxidnetzwerken. Das Fundament dieser

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

19

Arbeit ist bereits mit Arbeit 1 gelegt worden, welche gezeigt hat, dass der AM-Mechanismus bereits

bei niedrigeren Temperaturen abläuft als die Epoxidpolymerisation über den ACE-Mechanismus. Aus

diesem Grund zeigt Arbeit 5 die Polymerisation des Epoxids ECC in Anwesenheit von

Polyesterpolyolen mit einem hochtemperaturaktivierenden Initiator (Triphenylbenzylphosphonium-

hexafluoroantimonat). Hierzu ist Poly(ω-pentadecalacton) (PPDL) als teilkristallines Polyesterpolyol

gewählt worden, welches im Vergleich zum PCL gleicher Molmasse eine höhere Schmelztemperatur

von etwa 90 °C besitzt und aufgrund seiner geringeren Estergruppendichte und langen

Kohlenwasserstoffkette schlechter in ECC sowie in dessen Polymernetzwerk löslich ist.

Epoxid/PPDL-Polymerlegierungen weisen einen geringen Gelgehalt und hohe Kristallinitätsgrade auf

und dies bereits bei geringen PPDL-Konzentrationen von 10 wt%. Die Kristallite sind für PPDL-

Konzentrationen von 10 und 20 wt% kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts, weshalb die

Materialien im Vergleich zu höher konzentrierten Polymerlegierungen transparent erscheinen. Die

PPDL-basierten Polymerlegierungen besitzen höhere Glasübergangstemperaturen, Zugfestigkeiten,

Steifigkeiten (unterhalb der Schmelztemperatur) sowie Shore-D-Härten im Vergleich zu Epoxid/PCL-

Systemen, die unter gleichen Umständen polymerisiert worden sind. Andererseits weisen die PCL-

basierten Systeme, verursacht durch verstärkte kovalente Integration in das Epoxidnetzwerk, höhere

Bruchdehnungen und Zähigkeiten auf. Darüber hinaus zeigt das hier aufgeführte Konzept der

Morphologieeinstellung, dass auch das PCL mit Hydroxylendgruppen in ECC unter drastischeren

Polymerisationsbedingungen als in Arbeit 1, das heißt mit einer höheren initialen

Polymerisationstemperatur, zu verstärkter Segregation neigt und im Fall von 50 wt% PCL-Anteil

sogar Kristallinität ausbildet. Zusammengefasst führt Arbeit 5, aufbauend auf Arbeit 1, zwei weitere

Konzepte zur Ausbildung heterogener Morphologien sowie der Kristallformierung an, die auf

segregationsinduzierenden Phänomenen wie der Löslichkeit teilkristalliner Komponenten und einer

erhöhten, ACE-fördernden Temperatur beruhen.

3.1.2 Morphologiewechsel durch Transesterifizierung während und nach dem

Polymerisationsprozess

Neben den zwei bekannten Mechanismen der kationischen Epoxidpolymerisation legt Arbeit 4 einen

weiteren Mechanismus offen, der auch nach Ablauf der herkömmlichen Polymerisation noch

stattfindet. Diese (Neben-)Reaktion ist bei anderen Polymersystemen als Transesterifizierung oder

Umesterung bekannt.90-91 Die Voraussetzungen für diese Art von Reaktion sind anwesende

Hydroxylgruppen, Estergruppen sowie eine geeignete katalytische Spezies. Dies wird durch das in

Arbeit 4 behandelte System, bestehend aus 70 wt% PCL und 30 wt% ECC/Initiator-Mischung, erfüllt.

Durch verschiedene Polymerisationsbedingungen von Proben gleicher Zusammensetzung konnten

unterschiedliche Kristallisationsgrade und Gelgehalte der resultierenden Polymere erreicht werden.

Wie in Arbeit 1 bereits gezeigt worden ist, sorgen milde Polymerisationsbedingungen für das

bevorzugte Ablaufen des AM- gegenüber dem ACE-Mechanismus. Hierbei findet eine Umwandlung

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

20

primärer Hydroxylgruppen des PCL zu sekundären Hydroxylgruppen im Epoxidnetzwerk statt. Diese

gebildeten sekundären Hydroxylgruppen können wiederum mit den Estergruppen des PCL und

möglicherweise auch mit denen des ECC in Anwesenheit von Säure (gebildet durch den Initiator),

entsprechend Abbildung 11, reagieren. Da Veränderungen innerhalb von Netzwerken, insbesondere

ohne Veränderung der Bruttozusammensetzung, schwierig zu beobachten sind, ist mittels

Modellversuch gezeigt worden, dass eine Transesterifizierung im System tatsächlich stattfindet: Die

Molmasse des PCL sinkt in Anwesenheit von Anisalkohol und einer Säure unter thermischer

Behandlung bei 150 °C, während bei Abwesenheit der Säure keine signifikante Änderung der

Molmasse zu beobachten ist. Des Weiteren findet keine Molmassen- und Polydispersitätsveränderung

statt, wenn das PCL nur zusammen mit der Säure temperiert wird, was zu der Annahme führt, dass die

PCL-Makromoleküle auch im Epoxidnetzwerk nicht untereinander reagieren. Somit kann die

Transesterifizierung nicht auf Basis der Nukleophilieunterschiede zwischen den sekundären und den

primären Hydroxylgruppen interpretiert werden, da Anisalkohol ebenfalls ein primärer Alkohol ist und

dennoch eine säurekatalysierte Reaktion mit PCL eingeht. Eine Verringerung der mittleren Molmasse

bedeutet eine Spaltung des PCL. Bei dem säureinduzierten Abbauprozess des PCL durch

Hydroxylgruppen des Polymergerüsts werden somit Bruchteile dieses Polyesters in das

Polymernetzwerk kovalent integriert. Des Weiteren sorgt die Molmassenverringerung des PCL auch

für eine Abnahme der Kristallinität des Epoxid/PCL-Polymers, da Ordnungsprozesse längerer Ketten

somit nicht mehr oder schlechter möglich sind. Eine Abnahme des Kristallinitätgrades bei

gleichzeitiger Zunahme des Gelgehalts entspricht einer Veränderung der Morphologie des

epoxidbasierten Polymers durch Transesterifizierung.

Der herbeigeführte Morphologiewechsel durch Transesterifizierung von Proben gleicher

Zusammensetzung sowie unterschiedlicher Polymerisationsbedingungen führt zudem zu einer

Veränderung der mechanischen Eigenschaften. Die Anwesenheit von Kristallinität sorgt in

Abbildung 11. Veränderung des Epoxid/PCL-Polymers durch säureinduzierte Transesterifizierung von PCL mit

Hydroxylgruppen der Netzwerkstruktur. Der Grad der Kristallinität nimmt ab, während der Gelgehalt des Netzwerks

zunimmt.

OH

R1

O

R2

OO

R1

O

O R2

H

H+

D

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

21

Epoxidharzen geringer Vernetzungsdichte für höhere Steifigkeit, Zugfestigkeit und Zähigkeit

(„toughness“) bei gleichbleibender Bruchdehnung (Arbeit 4). Somit sollte die Transesterifizierung

unter dem Gesichtspunkt der mechanischen Eigenschaften vermieden werden.

3.1.3 Einfluss verschiedener Polyesterpolyole auf die Bildung amorpher,

epoxidbasierter Copolymere

Die Arbeiten 1 bis 5 haben gezeigt, wie heterogene und teilkristalline Epoxidnetzwerke mittels

Polyesterpolyole und entsprechender Polymerisationsbedingungen erzeugt werden können. Arbeit 6

behandelt hingegen den Einfluss verschiedener Polyesterpolyole gleicher Molmasse auf die Bildung

amorpher, epoxidbasierter Copolymere sowie deren mechanische Eigenschaften. Hierzu ist das

cycloaliphatische Diepoxid ECC mit den teilkristallinen Polyesterpolyolen Poly(ε-caprolacton) (PCL),

Poly(δ-valerolacton) (PVL) und Poly(1,6-hexandioladipat) (AAHD) sowie dem amorphen Poly(3-

methyl-1,5-pentandioladipat) (AAMPD) umgesetzt worden. Wie in Arbeit 1 ist der thermolatente

Initiator Benzyltetrahydrothiopheniumhexafluoroantimonat genutzt worden, um eine Polymerisation

unter milden Bedingungen zu gewährleisten. Die gewählten Reaktionsbedingungen verhindern, wie in

Arbeit 1 bereits gezeigt, eine verstärkte Segregation der Polyesterpolyole durch kovalenten Einbau in

das Epoxidnetzwerk. Des Weiteren sind kristallisationsfördernde Stimuli wie hohe

Polyesterkonzentrationen, drastische Reaktionsbedingungen oder Endgruppendeaktivierung in diesen

Systemen nicht gegeben. Die Verwendung der vier genannten Polyesterpolyole führt, unabhängig

davon ob der Polyester amorph ist, wie im Fall des AAMPD, oder teilkristallin, wie das PCL, PVL

und AAHD, zu amorphen Copolymeren hoher Gelgehalte. Ferner zeigen die entstandenen

Copolymere bis zu einem Polyestergehalt von 50 wt% am Netzwerk geringere Steifigkeiten,

Gelgehalte, Härten und niedrigere Glasübergangstemperaturen im Vergleich zum reinen

Epoxidnetzwerk. Die Bruchdehnung der Copolymere steigt hingegen mit Zunahme des

Polyestergehalts sehr stark an, insbesondere für hohe Polyesterkonzentration von 40-50 wt%. Bei

Variation der Epoxid/Polyester-Zusammensetzung weist die Zugfestigkeit ein Maximum auf, was ein

Resultat gegenläufiger Effekte ist. Zum einen setzen die Polyesterpolyole bei steigendem Anteil die

Vernetzungsdichte der Copolymere herab und führen zur Plastifizierung durch nicht segregierte, mit

dem Netzwerk mischbare Bestandteile, was zu einem Abfall der Zugfestigkeit führt. Andererseits

vergrößern sich mit steigendem Polyesteranteil auch die physikalischen Wechselwirkungen, die

zwischen Estergruppen des Polyesterrückgrats und den Hydroxyl- sowie Estergruppen des

Copolymernetzwerks auftreten, was wiederum zu einem Anstieg der Zugfestigkeit führen kann. Somit

ergibt sich für die Zähigkeit der Copolymere, die überwiegend größer oder zumindest so groß ist wie

die des reinen Epoxidnetzwerks, ebenfalls ein Maximum. Die Polyesterpolyole gleicher Molmasse, ob

teilkristallin oder amorph, führen mit Ausnahme des PVL nicht zu signifikanten Unterschieden der

Copolymereigenschaften. PVL besitzt im Vergleich zu den anderen verwendeten Polyestern eine

höhere Estergruppendichte im Polymerrückgrat, so dass von einer besseren Mischbarkeit während und

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

22

nach der Polymerisation auszugehen ist. Des Weiteren erscheinen die Hydroxylendgruppen besser

zugänglich für den AM-Mechanismus, was die höheren Gelgehalte und geringeren

Glasübergangstemperaturen erklärt. Die Maxima der Zugfestigkeit und der Zähigkeit des PVL-

basierten Copolymers sind signifikant größer als diejenigen der anderen polyesterbasierten

Copolymere, da aufgrund der höheren Estergruppendichte von stärkeren physikalischen

Wechselwirkungen auszugehen ist und da durch die höheren Gelgehalte geringere Defektanteile

beziehungsweise das Netzwerk störende, lösliche Polyesterbestandteile vorhanden sind. Ist die

Konzentration des PVL jedoch zu groß, überwiegen die Nachteile der guten Löslichkeit ungebundener

Anteile gegenüber den anderen Polyestern und die Zugfestigkeit und Zähigkeit verkleinern sich.

Arbeit 6 hat gezeigt, dass verschieden strukturierte Polyesterpolyole zur Zähelastifizierung von

amorphen Epoxidnetzwerken in der Lage sind, unabhängig davon, ob die Polyester amorph oder

teilkristallin sind. Darüber hinaus wirkt sich die Estergruppendichte der Polyesterpolyole auf die

Materialeigenschaften der gebildeten Copolymere aus.

3.2 Netzwerkdynamiken und daraus resultierende

Materialfunktionen

Die Darstellung neuartiger, teilkristalliner und amorpher Epoxidnetzwerke ist in Kapitel 3 beschrieben

worden. Hierzu sind die Wahl und die Konzentration der Polyesterpolyolspezies, die

Polymerisationsbedingungen und die Endgruppenfunktionalität für das Auftreten von segregierten

Phasen sowie Kristallinität von Bedeutung. Neben den positiven Einflüssen von separierten Phasen

und der Kristallbildung auf die mechanischen Eigenschaften der Polymernetzwerke sowie der

Zusammensetzung des gesamten Systems, sind vor allem die damit verbundenen Funktionen von

Interesse. Diese werden in diesem Kapitel genauer betrachtet.

3.2.1 Spannungsrelaxation durch Netzwerkumlagerungen

Durch die besondere Zusammensetzung der in Arbeit 4 vorgestellten teilkristallinen Epoxidnetzwerke

ergibt sich die Möglichkeit zu Netzwerkumlagerungen und somit ferner zum internen

Spannungsabbau. Die Polymerisation einer Mischung aus 70 wt% PCL mit Hydroxylendgruppen und

30 wt% des Epoxids ECC unter milden Bedingungen sorgt für einen hohen Reaktionsgrad über den

AM-Mechanismus und damit einhergehend für die Bildung von sekundären Hydroxylgruppen

innerhalb des Netzwerks. Diese in hoher Zahl gebildeten sekundären Hydroxylgruppen sind in der

Lage, säurekatalytisch mit den Estergruppen des PCL-Rückgrats unter thermischem Einfluss zu

reagieren, genauer zu transesterifizieren, was für die primären Endgruppen des PCL nicht beobachtet

worden ist. Durch das Nutzen der Transesterifizierung in dem Polymernetzwerk können die Systeme

nach aufgegebener Verformung entstandene Spannungen abbauen. Abbildung 12 zeigt

Spannungsrelaxationsexperimente bei verschiedenen Temperaturen. Geringfügig oberhalb der

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

23

Abbildung 12. Spannungsrelaxationsexperimente (DMA) von PCL-basierten Epoxidnetzwerken bei 70 und 150 °C.

Zunächst sind die Proben mit 5 °C/min bis zur Messtemperatur aufgeheizt worden. Anschließend sind die Proben vor der

Dehnung thermisch bei ihrer Messtemperatur equilibriert worden (70 °C für 5 min beziehungsweise 150 °C für 1 min).

Daraufhin ist (bei 0 min) eine Dehnung von 5% aufgebracht und der Spannungsabfall mit der Zeit gemessen worden. Des

Weiteren sind die Probenverdrillungen eines Spannungsrelaxationsprozesses als Inlay dargestellt. Die Graphik ist in

Anlehnung an Arbeit 4 (A. Arnebold, S. Wellmann, A. Hartwig, Polymer 91 (2016) 14-23) erstellt worden.

Schmelztemperatur (70 °C) des teilkristallinen Epoxidnetzwerks verändert sich die Spannung nahezu

nicht, wie es typischerweise für Elastomere bekannt ist. Bei einer Temperatur von 150 °C hingegen

verläuft die Transesterifizierung hinreichend schnell, wodurch die Probe zwei Drittel ihrer

anfänglichen Spannungen abbaut und somit in ihrer neuen Form verbleiben kann. Die neu gebildete

Form bleibt unabhängig von der Temperatur erhalten. Es handelt sich somit um eine chemische

Formfixierung, was einen wesentlichen Unterschied zu „shape-memory“ Polymeren darstellt. Des

Weiteren haben Quellversuche in 1,2,4-Trichlorbenzol gezeigt, dass sich die Proben unter diesen

Bedingungen nicht auflösen, was dafür spricht, dass die Vernetzungsdichte während des

Umlagerungsprozesses durch Transesterifizierung permanent konstant bleibt. Kationisch

polymerisierte Epoxid/PCL-Netzwerke sind bei entsprechender Temperatur zu

Netzwerkumlagerungen, zum Spannungsabbau und zu reversibler Verformung der Netzwerkstruktur

fähig.

3.2.2 Schnell schaltbare, teilkristalline Epoxidnetzwerke

Teilkristalline Epoxidnetzwerke auf Basis von Poly(ω-pentadecalacton) (PPDL), die unter drastischen

Bedingungen polymerisiert worden sind, weisen einen hohen Grad an Kristallinität auf (Arbeit 5).

0 10 20 30 40 50 60

0.00

0.02

0.04

0.06

0.08

0.10

0.12

Span

nung [

MP

a]

Zeit [min]

70 °C

150 °C

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3 Ergebnisdiskussion der Teilarbeiten und deren Zusammenhang

24

Dies gelingt durch eine kinetische Kontrolle der Reaktion, bei der die Polymerisation über den ACE

gegenüber dem AM-Mechanismus deutlich überwiegt. Hierdurch wird eine Segregation ungebundener

Polyester erzwungen. Zudem weisen die auf diesem Wege gebildeten kristallinen Domänen innerhalb

des Epoxidnetzwerks, je nach Zusammensetzung des Systems, Schmelztemperaturen von 78-84 °C

auf. Diese Eigenschaften machen das steife Netzwerk (Tg≥60 °C) mit kristallinen Domänen zu einem

schnell schaltbaren Form-Gedächtnispolymer („shape-memory polymer“). Im Fall von 50 wt% PPDL-

Anteil im Netzwerk benötigt das System zur Fixierung („fixation“) einer neuen Form lediglich

30 Sekunden und für den Rückformungsprozess („recovery“) etwa 90 Sekunden bei 120 °C. Dieser

Prozess ist in Abbildung 13 in einem DSC-Thermogramm mit Inlay einer Polymerprobe dargestellt.

Durch das Aufschmelzen der steifen PPDL-basierten Kristallite wird das gesamte System formbar.

Durch Verformung und Halten einer Spannung in einer neuen Form ermöglicht die Kristallisation des

PPDL eine physikalische Formfixierung in einem gespannten Zustand. Diese interne Spannung enthält

die Information des ursprünglichen Netzwerks. Durch erneutes Aufschmelzen der Kristalle wird das

Netzwerk wieder formbar und beweglich, so dass es durch die Triebkraft des Erreichens eines

spannungsärmeren Zustands in seine ursprüngliche Form zurückkehrt. Ein Vergleich zu dem

teilkristallinen Epoxidnetzwerk, basierend auf 50 wt% PCL, verdeutlicht die schnelle

Kristallisationsgeschwindigkeit des PPDL-basierten Pendants und die damit verbundene

Formfixierung. Das Form-Gedächtnisverhalten des Epoxid/PPDL-Systems basiert auf Kristallisation,

während die Formfixierung des Epoxid/PCL-Systems auf Verglasung beruht, da die Kristallisation zu

langsam verläuft. Es handelt sich bei diesem System um ein schnell schaltbares, zyklenstabiles und

duromeres Form-Gedächtnispolymer hoher Festigkeit und Steifigkeit.

Abbildung 13. DSC-Thermogramm eines teilkristallinen Epoxidnetzwerks auf Basis von 50 wt% Poly(ω-pentadecalacton)

(PPDL). Als Inlay ist die Formveränderung durch Form-Gedächtnisverhalten („shape-memory behavior“) gezeigt. Die

Graphik ist in Anlehnung an Arbeit 5 (A. Arnebold, A. Hartwig, Polymer 83 (2016) 40-49) erstellt worden.

10050 55 60 65 70 75 80 85 90 95

Temperatur [°C]

1.0

-1.5

-1.0

-0.5

0.0

0.5

Exo Up

84 °C

71 °C

Wär

mefl

uss

(n

orm

iert

) (W

/g)

recovery

fixation

Schmelzen

Kristallisation

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4 Zusammenfassung und Ausblick

25

4 Zusammenfassung und Ausblick

4.1 Zusammenfassung

Im Rahmen der vorliegenden Dissertation sind Konzepte zur Nanostrukturierung und Kristallbildung

in kationisch polymerisierten Epoxidnetzwerken entwickelt und die damit verbundenen funktionellen

Materialeigenschaften sowie Struktur-Eigenschaftsbeziehungen untersucht worden. Als wesentliche

Faktoren zur Morphologieeinstellung haben sich die Einflussnahme auf Reaktionsmechanismen und

Netzwerkdynamiken erwiesen. Dies entspricht einer kinetisch kontrollierten Phasenbildung und

ermöglicht darüber hinaus thermodynamisch ungünstige Entmischungerscheinungen. Die aus der

Morphologie und der Zusammensetzung des Systems resultierenden, materialspezifischen Funktionen,

wie das Form-Gedächtnisverhalten und die Möglichkeit zum internen Spannungsabbau, sind

umfassend untersucht worden. Das zu Grunde liegende System der Arbeiten 1 bis 6 besteht aus dem

cycloaliphatischen Diepoxid 3,4-Epoxycyclohexylmethyl-3’,4’-epoxycyclohexancarboxylat (ECC),

einem thermolatenten, säurebildenden Initiator und teilkristallinen Polyesterpolyolen in verschiedener

Zusammensetzung.

Ein neuartiges Konzept der Morphologieeinstellung von thermisch polymerisierten, epoxidbasierten

Netzwerken mittels Polyesterpolyole beruht auf der Inhibierung des „activated monomer“ (AM)-

Mechanismus. Dies ist durch Veresterung der Hydroxylendgruppen eines Poly(ε-caprolacton)s (PCL-

diol) zu einem PCL-diester ermöglicht worden. DSC-Messungen offenbaren die Abwesenheit des AM

Mechanismus bei der Verwendung des nicht reaktiven PCL-diesters, was erwartungsgemäß zu

geringen Gelgehalten des Netzwerks geführt hat. Des Weiteren hat der Vergleich einer Reaktion des

Epoxids mit PCL-diol zu der einfachen Epoxidpolymerisation gezeigt, dass der Epoxidverbrauch

durch den AM-Mechanismus bereits bei geringeren Polymerisationstemperaturen startet als bei dem

„activated chain end“ (ACE)-Mechanismus. Somit wird bei milderen Polymerisationstemperaturen

verstärkt reaktives PCL-diol kovalent in das Netzwerk integriert. Da die Phasenausbildung in

derartigen Systemen durch reaktions- beziehungsweise polymerisationsinduzierte Phasenseparation

(RIPS beziehungsweise PIPS) resultiert, ist es für eine Strukturierung des zu bildenden Netzwerks von

besonderer Bedeutung, den Anteil des AM-Mechanismus zu verringern oder gar gänzlich zu

unterbinden. Es ist gezeigt worden, dass insbesondere PCL-diester zu einer ausgeprägten Segregation

und Nanostrukturbildung führt, weshalb davon auszugehen ist, dass hauptsächlich ungebundene

Makromoleküle für die separierten Phasen verantwortlich sind. Bei entsprechenden Konzentrationen

des PCL-diesters im vernetzten (duromeren) Polymer ist zudem die Ausbildung von Mikrokristalliten

beobachtet worden. Das vorgestellte System zeigt auf, dass ein „Ausschalten“ des AM-Mechanismus

für eine Begünstigung der Phasenseparation von Polyestern innerhalb des Epoxidnetzwerks

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4 Zusammenfassung und Ausblick

26

maßgeblich ist und damit einer Entmischungsblockade entgegenwirkt. Die so entstandene

Phasenstruktur (Nanodomänen und Mikrokristallite) offenbart eine Materialeigenschaftsverbesserung,

insbesondere der Zähelastifizierung unter weitestgehendem Erhalt der Epoxidmatrixeigenschaften. An

dieser Stelle sind besonders diejenigen Netzwerkpolymere hervorzuheben, deren kristalline Domänen

kleiner als ein Mikrometer groß sind (Arbeit 1 und 2).

Eine Übertragung des zuvor beschriebenen Konzepts der Deaktivierung des AM-Mechanismus auf

sternförmiges Poly(ε-caprolacton) (SPCL) zur Strukturierung von Epoxidnetzwerken hat sich als

erfolgreich herausgestellt. Durch die einzigartigen Eigenschaften verzweigter Polyester sind

nadelförmige Strukturen sowie kristalline Domänen erzeugt und das Eigenschaftsprofil von kationisch

polymerisierten Epoxid/Polyester-Netzwerken erweitert worden (Arbeit 3).

Zwei weitere Herangehensweisen zur Entwicklung teilkristalliner, duromerer Epoxidnetzwerke sind

zum einen die Wahl der Polymerisationstemperatur und zum anderen die Morphologie der

Polyesterkomponente. Poly(ω-pentadecalacton) (PPDL) als ein Polyesterpolyol mit großem

Kohlenwasserstoffrückgrat zwischen seinen Esterfunktionen und seiner geringen Anzahl polarer

Estergruppen sorgt für eine ausgeprägte Entmischung während der Polymerisation. Zudem bewirken

hohe Polymerisationstemperaturen eine Bevorzugung des ACE-Mechanismus gegenüber dem AM-

Mechanismus und somit die Ausbildung geringerer Gelgehalte. Durch die damit verbundene, starke

Segregation entstehen bereits kristalline Domänen bei einer PPDL-Konzentration von 10 wt%. Auch

anhand dieses Systems zeigt sich, dass hinreichend kleine Kristallite zu einer Zähelastifizierung von

duromeren Netzwerken beitragen (Arbeit 5).

Neben den zuvor genannten Möglichkeiten der Morphologieeinstellung von Epoxidnetzwerken

können ausreichend hohe Polyesterkonzentrationen (70 wt%) zu einer Herausbildung von Kristallinität

führen. Die gebildeten Netzwerke sind allerdings im Vergleich zu vorherigen, duromeren Systemen

entsprechend schwach vernetzt, also elastomerartig. Die Grundlagen hierfür bilden milde

Polymerisationsbedingungen für eine hinreichende Flexibilisierung des Epoxidnetzwerks durch einen

kovalenten Einbau von PCL in das Netzwerk über dessen Hydroxylendgruppen. Dadurch werden eine

entsprechende Netzwerkaufweitung und die damit verbundene, niedrige Glasübergangstemperatur

erreicht. Sodann kann das in hoher Konzentration verwendete, aber nicht vollständig gebundene,

segregierte PCL Kristalle bilden. Kristalle führen in flexibilisierten Epoxidnetzwerken zu einer

erhöhten Zähigkeit sowie zu einer Verbesserung weiterer mechanischer Eigenschaften gegenüber

ihren amorphen Pendants (Arbeit 4).

Um den Einfluss verschiedener Polyesterpolyole und deren Morphologie auf die Eigenschaften der

entsprechenden Epoxidsysteme zu untersuchen, sind gezielt amorphe Netzwerke erzeugt worden. Die

definierte Bildung amorpher, epoxidbasierter Netzwerke wird durch die Polymerisation bei milden

Bedingungen mit Polyesterpolyolen erhöhter Estergruppendichte erreicht. Dies geschieht durch

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4 Zusammenfassung und Ausblick

27

kinetische Kontrolle der Reaktionsmechanismen, um gerade einen bevorzugten Ablauf des AM-

Mechanismus zu ermöglichen. Das Poly(δ-valerolacton) (PVL) erscheint im Epoxidmonomer besser

löslich als Polyesterpolyole mit geringerer Estergruppendichte, wie das PCL, und damit für eine

Reaktion über den AM-Mechanismus entsprechend zugänglicher. Daraus ergeben sich hohe

Gelgehalte, wodurch wiederum Plastifizierungseffekte gering gehalten werden. Die resultierenden

Netzwerke weisen zudem eine hohe Zähigkeit auf (Arbeit 6).

Die (Nano-)Strukturierung und Kristallbildung in Epoxidnetzwerken können durch die Wahl der

Morphologie eines Polyesters (linear, verzweigt, amorph, teilkristallin, Estergruppendichte), über die

Polymerisationstemperatur sowie durch die Konzentration und die Art funktioneller Endgruppen

gesteuert werden. Ein Überblick zu erzielten Glasübergangstemperaturen, Zugfestigkeiten und

Bruchdehnungen kationisch polymerisierter Epoxid/Polyester-Netzwerke der vorliegenden Arbeit und

der Literatur ist in Abbildung 14 gegeben. Darüber hinaus sind die Eigenschaften zweier

kommerzieller Epoxidharzklebstoffe als Referenzen dargestellt. Ziel war es, alle drei genannten

Eigenschaften, die üblicherweise antikorreliert sind, zu maximieren. Dabei ergeben sich je nach

Anwendung entsprechende Kompromisse. So können flexible Epoxidnetzwerke mit etwa 30%

Bruchdehnung, Netzwerke mit hoher Glasübergangstemperatur von über 150 °C oder Systeme mit

Zugfestigkeiten von 40-60 MPa genutzt werden. Alle aufgeführten Systeme zeigen eine

unterschiedlich ausgeprägte Zähelastifizierung gegenüber dem reinen Epoxidnetzwerk.

Aufgrund der Zusammensetzung und Morphologie vorgestellter Epoxid/Polyester-Netzwerke ergeben

sich polymerspezifische Funktionen. Zu diesen zählt, wie in Arbeit 4 gezeigt worden ist, der thermisch

stimulierte, interne Spannungsabbau als Resultat einer Transesterifizierung. Diese Reaktion verläuft

zwischen den Estergruppen des Polyesters und denjenigen Hydroxylgruppen, die durch die

Polymerisation über den AM-Mechanismus im Netzwerk entstehen. Dabei übernimmt die Supersäure,

welche durch einen thermolatenten Polymerisationsinitiator gebildet wird, die Funktion des

Katalysators. Die durch Verformung auf das System aufgebrachte Spannung kann durch stimulierte

Netzwerkumlagerungen zu einer Relaxation des Systems führen, indem die Spannung zu großen

Teilen abgebaut und dadurch die neue Form des vernetzten Systems beibehalten wird. Dieser Prozess

kann durch ein Fließen des Netzwerks beschrieben werden. Allerdings läuft diese Reaktion nur dann

ab, wenn die Reaktionsbedingungen mild und die Konzentration der Polyesterpolyole, genauer der

Hydroxylgruppen der verwendeten Polyesterpolyole, entsprechend hoch sind, so dass im Netzwerk

ebenfalls genügend sekundäre Hydroxylgruppen durch den AM-Mechanismus entstehen können. Dies

ist der Fall für das vorgestellte System aus Arbeit 4 und im Vergleich dazu eben nicht für dasjenige

aus Arbeit 5. Aufgrund des unterdrückten AM-Mechanismus werden trotz drastischer

Polymerisationsbedingungen nahezu keine sekundären Alkoholfunktionen in dem Netzwerkgerüst

gebildet, wodurch sie für eine mögliche Transesterifizierung nicht zur Verfügung stehen. Letzteres

System (Arbeit 5) ist hingegen das erste duromere, kationisch polymerisierte Form-

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4 Zusammenfassung und Ausblick

28

Abbildung 14. Übersicht von Zugfestigkeiten, Bruchdehnungen und Glasübergangstemperaturen Tg vernetzter

Epoxid/Polyester-Komposite auf Basis des cycloaliphatischen Epoxids ECC und verschiedener Polyesterpolyole. Die Zahl

im Namen der Polyester entspricht der jeweiligen Molmasse des Polyesters. Die Datenzusammenstellung erfolgte durch die

Ergebnisse der vorliegenden Arbeiten 1 bis 6 sowie der Literatur.32,52,54 Zum weiteren Vergleich sind die Eigenschaften

zweier kommerzieller Produkte dargestellt: Das Araldite AV118108 (1K-Epoxidharz von Huntsman) sowie ein 2K-

Epoxidklebstoff1 (88,97 wt% DGEBA, 4,68 wt% Flexibilizer DY 965 (phenolterminiertes Polyurethanaddukt), 5,4 wt%

Dicyandiamid und 0,95 wt% 1-Methylimidazol von Huntsman). Die Polyesterpolyole unterscheiden sich in ihrer Struktur,

der Zahl ihrer reaktiven Hydroxylendgruppen, im Grad der Kristallinität und in ihrer Konzentration im Epoxidnetzwerk.

Proben, die durch einen Stern gekennzeichnet sind, zeichnen sich durch hohe Bruchdehnungen (>10%) aus. Diejenigen, die

als Tetraeder dargestellt sind, weisen besonders hohe Zugfestigkeiten (>40 MPa) auf und Proben mit Würfelkennzeichnung

zeigen erhöhte Glasübergangstemperaturen (>150 °C). Die Proben ohne außergewöhnliche Kennwerte sind durch Sphären

symbolisiert. Die Verankerung der 3D-Datenpunkte dient der Übersicht.

Gedächtnispolymer (Tg>25 °C). In diesem stark segregierten, PPDL-basierten Netzwerk werden die

gebildeten kristallinen Domänen für die temporäre physikalische Formfixierung des gespannten

Systems genutzt. Das schnell schaltbare und zyklenstabile System zeigt eine Formfixierung von etwa

30 Sekunden und eine Rückverformung bei 120 °C von 90 Sekunden.

Zusammenfassend ist gezeigt worden, dass sich Polyesterpolyole für die gezielte Strukturierung und

Zähelastifizierung von kationisch polymerisierten Epoxidnetzwerken eignen, unter bestimmten

Bedingungen zur Kristallbildung neigen und resultierende Polymersysteme als „smart materials“

fungieren können.

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4 Zusammenfassung und Ausblick

29

4.2 Ausblick

Die vorliegende Arbeit hat die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen teilkristalliner Epoxidnetzwerke und

deren funktionelle Materialeigenschaften beschrieben. Es ist gezeigt worden, dass die Morphologie,

welche Nanostrukturierungen und Kristallite aufweist, zu einer Verbesserung des

Materialeigenschaftsprofils beiträgt. Insbesondere die Zunahme der Zähigkeit ist hierbei

hervorzuheben. Weiterführende Arbeiten könnten sich nun mit der Untersuchung der

Bruchmechanismen beziehungsweise der Mechanismen zur Änderung der Zähigkeit („toughening

mechanism“) beschäftigen, um die Einflüsse kristalliner Domänen auf die Zähigkeitszunahme

aufzuklären. Hierzu eignen sich in-situ Weit- und Kleinwinkelröntgenbeugungsexperimente am

Synchrotron (WAXS = „wide-angle X-ray scattering“; SAXS = „small-angle X-ray scattering“)

während eines Zugversuchs bis zum Bruch, ähnlich der Methodik von Chen et al. für Thermoplaste.109

Die zu klärenden Fragen sind auf der einen Seite diejenige nach der Veränderung der Kristalle bei

Auftragung einer Zugbeanspruchung und andererseits diejenige nach der Rissbildung und -ausbreitung

im System. Werden die Kristalle kleiner, lösen sie sich gänzlich auf, bleiben sie unberührt oder

nehmen sie eine neue Kristallstruktur an? Alle diese denkbaren Prozesse eignen sich, um Energie zu

dissipieren, wodurch das Material höheren Deformationsenergien standhalten kann ehe es bricht.

Verläuft der Riss durch die weichere Matrix um den Kristall herum oder durch den harten Kristall

hindurch? Wie und wo entstehen erste Mikrorisse? Wachsen mögliche Mikrorisse zusammen?

Verhalten sich Rissbildung und -ausbreitung für verschieden große Kristallite unterschiedlich, wie es

bereits Unterschiede in den mechanischen Eigenschaften andeuten? Die Klärung dieser Fragen

eröffnet neue Herangehensweisen zur noch gezielteren Strukturbildung innerhalb der

Epoxidnetzwerke, um den „Trade-off“ verschiedener mechanischer Eigenschaften, das heißt

antikorrelierendes Verhalten, zu minimieren.

Des Weiteren ist anzunehmen, dass die Form-Gedächtniseigenschaften eines teilkristallinen

Epoxidnetzwerks mit einem Telechel hoher Schmelztemperatur, wie das Polylactid (>100 °C), zu

noch schnellerer Formfixierung führt (<30 Sekunden). Hierbei ist die Wahl eines geeigneten latenten

Hochtemperaturinitiators elementar, um im Homogenisierungsprozess eine Initiation der

Polymerisation zu verhindern. Wie bereits gezeigt, verläuft die Polymerisation unter drastischen

Bedingungen, wie sie für das Beispiel Polylactid notwendig wäre, nahezu ausschließlich über den

ACE-Mechanismus, sodass keinerlei oder nur im geringen Maße sekundäre Hydroxylgruppen im

Netzwerkgerüst für polyesterspaltende, kristallinitätabbauende Transesterifizierungen zur Verfügung

stünden. Eine solche Reaktion ist hingegen für die primären Hydroxylendgruppen des PCL nicht

beobachtet worden.

Die Eigenschaft flexibilisierter Epoxid/PCL-Netzwerke zum thermisch stimulierten, internen

Spannungsabbau, wie sie in Arbeit 4 vorgestellt worden ist, könnte durch die Verwendung von

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4 Zusammenfassung und Ausblick

30

70 wt% PCL-diol mit kleinerer Molmasse von 400 g/mol statt der zuvor verwendeten 4000 g/mol zu

schneller relaxierenden Systemen führen. Die Basis bildet hierbei die höhere Anzahl von

Hydroxylfunktionen im Polyesterpolyol bei gleicher Einwaage. Somit liefe die Polymerisation zu

größeren Teilen über den AM-Mechanismus ab als bei dem PCL mit der Molmasse 4000 g/mol. Dies

führe zudem zu höheren Gelgehalten und zu einer größeren Hydroxylgruppendichte im

Netzwerkgerüst. Eine erhöhte Zahl netzwerkinterner, sekundärer Hydroxylfunktionen und eine hohe

Anzahl von Estergruppen ermöglichen eine schnellere Spannungsrelaxation des Netzwerks. Das

klebtechnische Potential einer Ausbalancierung des Härtungsschrumpfs durch verlängerte thermische

Behandlung nach dem herkömmlichen Polymerisationsprozess geklebter Systeme wäre zu testen. Des

Weiteren könnte das Verhalten der Spannungsrelaxation geklebter und zugleich verformter Bauteile

untersucht werden, um neue Anwendungsfelder für die Luft- und Raumfahrt sowie der

Automobilbranche zu erschließen.

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5 Literaturverzeichnis

31

5 Literaturverzeichnis

[1] J.-P. Pascault, R.J.J. Williams, Epoxy Polymers: New Materials and Innovations, Wiley-VCH,

Weinheim, 2010.

[2] W. Gruber, Hightech-Industrieklebstoffe: Grundlagen und industrielle Anwendungen, Verl.

Moderne Industrie, Landsberg, 2000.

[3] J.C. Bolger, Structural Adhesives: Today’s State of the Art. In: Adhesives in Manufactoring,

G.L. Schneberger (Ed.), Marcel Dekker, New York, 1983, Kapitel 7, 133-194.

[4] H.Q. Pham, M.J. Marks, Epoxy Resins. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry,

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

In diesem Abschnitt werden die sechs der Dissertation zu Grunde liegenden Arbeiten, die zum Teil

bereits veröffentlicht oder zumindest bei einem Journal eingereicht sind, vorgestellt. Neben den auf

Englisch verfassten Arbeiten sind zusätzlich deren Zusammenfassungen auf Deutsch gegeben.

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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Publikation 1

„Morphological adjustment determines the properties of cationically

polymerized epoxy resins”

Co-Autoren: Karsten Thiel, Emmanuel Kentzinger, Andreas Hartwig

Journal: RSC Advances

Status: akzeptiert am 05.04.2015

DOI: 10.1039/c5ra03042k

Zusammenfassung

Die Einstellung der Morphologie kationisch polymerisierter, cycloaliphatischer Epoxidharze wird

präsentiert. Hierzu wird das Epoxidharz sowohl mit einem reaktiven Poly(ε-caprolacton) (PCL-diol)

als auch mit einem nicht reaktiven PCL-diester polymerisiert, was zur Bildung von Copolymeren

sowie Polymerlegierungen unterschiedlicher Morphologie führt. Kleinwinkelröntgenbeugung (SAXS)

zeigt, dass die Bildung von Nanostrukturen das Ergebnis von reaktionsinduzierter

Mikrophasenseparation (RIMS) ist. Des Weiteren wird gezeigt, dass der „activated monomer“ (AM)-

Mechanismus unter milderen Bedingungen als der „activated chain end“ (ACE)-Mechanismus abläuft,

was zu einem bevorzugten Einbau von PCL-diol in das Epoxidnetzwerk führt, mit der Folge einer

partiellen Inhibierung der Segregation. Dies gilt insbesondere für geringe Polyesterkonzentrationen.

Endgruppenverestertes PCL-diester reagiert hingegen nicht mit dem Epoxidharz, so dass es zu

sphärolitartigen Domänen segregiert. Dies wird durch Rastertransmissionselektronenmikroskopie

(STEM), die Bildung von Kristallinität und durch erhöhte Glasübergangstemperaturen im Vergleich

zu entsprechenden Copolymeren gezeigt.

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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Publikation 2

„Partially crystalline epoxy networks with superior mechanical and

adhesion properties”

Co-Autoren: Stefanie Wellmann, Andreas Hartwig

Journal: Journal of Adhesion Science and Technology

Status: akzeptiert am 11.12.2015

DOI: 10.1080/01694243.2015.1132577

Zusammenfassung

Die mechanischen und adhäsiven Eigenschaften von teilkristallinen Epoxidnetzwerken werden

präsentiert. Als teilkristalline Komponenten zur Bildung epoxidbasierter Copolymere und

Polymerlegierungen werden ein reaktives und ein nicht-reaktives Poly(ε-caprolacton) (PCL) genutzt.

Der „Trade-off“ zwischen Zähigkeit einerseits und Glasübergangstemperatur sowie mechanischer

Festigkeit andererseits kann durch gezielte Nanostrukturierung in Kombination mit der Bildung

kristalliner Domänen (<1 µm), wie im Fall von Epoxid/PCL-basierten Polymerlegierungen, verringert

werden. Diese Struktur-Eigenschaftsbeziehung zeigt, dass ein gewisser Grad an Kristallinität zu

erhöhter Zähigkeit in kationisch polymerisierten Epoxidnetzwerken führt.

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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Publikation 3

„Control of reaction mechanisms in cationically polymerized epoxy

resins facilitates the adjustment of morphology and mechanical

properties”

Co-Autoren: Florian Plander, Karsten Thiel, Stefanie Wellmann, Andreas Hartwig

Journal: Journal of Polymer Science Part B: Polymer Physics

Status: akzeptiert am 29.06.2016

DOI: 10.1002/polb.24128

Zusammenfassung

Die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen kationisch polymerisierter Epoxidnetzwerke unterschiedlicher

Morphologie werden untersucht. Die Morphologieeinstellung sowohl amorpher epoxidbasierter

Copolymere als auch teilkristalliner Polymerlegierungen wird über die Verwendung von

sternförmigem Poly(ε-caprolacton) (SPCL) mit unterschiedlicher Anzahl von Hydroxylendgruppen

erreicht. Hydroxylgruppen sind bekannt für ihre Reaktionsteilnahme an der kationischen

Epoxidpolymerisation über den „activated monomer“ (AM)-Mechanismus. Aus diesem Grund sind

vierarmige SPCL mit vier Hydroxylendgruppen (SPCL-tetraol) und SPCLs mit sukzessiver

Endgruppenveresterung bis hin zu vier deaktivierten Endgruppen (SPCL-tetraester) dargestellt

worden. SPCLs mit wenigen oder keinen Hydroxylendgruppen segregieren innerhalb des

Epoxidnetzwerks in nadelförmige Nanodomänen und falls die SPCL-Konzentration hoch genug ist,

sogar in kristalline Domänen. Die Phasenseparation resultiert durch die Deaktivierung des AM-

Mechanismus. Die unterschiedlichen Morphologien der Polymersysteme führen zu erhöhten

Speichermoduln und Glasübergangstemperaturen im Fall von phasenseparierten Polymerlegierungen

und zu steigender Bruchdehnung im Fall amorpher Copolymere. Nichtsdestotrotz zeigen sowohl

Copolymere als auch Polymerlegierungen eine erhöhte Zähigkeit gegenüber dem reinen

Epoxidnetzwerk.

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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Publikation 4

„Network dynamics in cationically polymerized, crosslinked epoxy

resins and its influence on crystallinity and toughness”

Co-Autoren: Stefanie Wellmann, Andreas Hartwig

Journal: Polymer

Status: akzeptiert am 17.03.2016

DOI: 10.1016/j.polymer.2016.03.052

Zusammenfassung

Kristallinität in vernetzten Epoxidharzen ist ein bisher seltenes Phänomen. Sofern Kristallinität in

kationisch polymerisierten Epoxidnetzwerken gezielt eingestellt wird, kann sie zu erhöhter Zähigkeit

beitragen. Diese Arbeit demonstriert die kontrollierte Kristallisation von teilkristallinem Poly(ε-

caprolacton) (PCL) in einer Modellmatrix bestehend aus einem cycloaliphatischen Epoxidharz. Proben

gleicher Zusammensetzung werden unter verschiedenen Bedingungen polymerisiert, was zur Bildung

verschiedener Kristallinitätgrade und weiter zu unterschiedlichen Morphologien sowie mechanischen

Eigenschaften führt. Es wird gezeigt, dass milde Polymerisationsbedingungen zu einer erhöhten

Flexibiliserung des Epoxidnetzwerks führen und der Epoxidumsatz größtenteils durch den „activated

monomer“ (AM)-Mechanismus verursacht wird. Andererseits sorgen drastischere

Polymerisationsbedingungen für ein verstärktes Ablaufen von Transesterifizierungsreaktionen, was

sich durch eine Abnahme der Kristallinität bei gleichzeitiger Zunahme des Gelgehalts zeigt, obwohl

anwesende Epoxidgruppen bereits vollständig umgesetzt worden sind. Folglich werden die PCL-

Ketten durch Transesterifizierung verkürzt und zum Teil in das Netzwerk integriert. Zusätzlich weisen

Spannungsrelaxationsmessungen sowie Verformungs-Fixierungs-Relaxationsmessungen fließfähiges

Verhalten und Spannungsabbau der vernetzten Polymere auf, was auf Umlagerungsprozesse innerhalb

des Netzwerks zurückzuführen ist. SEM-Aufnahmen zeigen eine mit dem Kristallinitätsgrad steigende

Bruchflächenrauigkeit. Untersuchungen mechanischer Eigenschaften ergeben, dass ein erhöhter

Kristallinitätsgrad zu einem Zuwachs in Steifigkeit, mechanischer Festigkeit und Zähigkeit führt,

obwohl sich die Vernetzungsdichte der entsprechenden Proben nicht signifikant verändert hat. Diese

Arbeit zeigt, wie die Morphologie und Eigenschaften von Epoxidnetzwerken durch geringe

Veränderungen der Polymerisationsbedingungen eingestellt werden können.

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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Publikation 5

„Fast switchable, epoxy based shape-memory polymers with high

strength and toughness”

Co-Autor: Andreas Hartwig

Journal: Polymer

Status: akzeptiert am 06.12.2015

DOI: 10.1016/j.polymer.2015.12.007

Zusammenfassung

Die Darstellung eines schnell schaltbaren, epoxidbasierten Form-Gedächtnispolymers wird präsentiert.

Hierzu ist ein Epoxidharz durch kationische Polymerisation in Anwesenheit eines hochschmelzenden

Polyesterpolyols, namentlich Poly(ω-pentadecalacton) (PPDL), umgesetzt worden. Unter drastischen

Polymerisationsbedingungen bildet das System einen hohen Grad an Kristallinität im Vergleich zum

Poly(ε-caprolacton) (PCL)-basierten Pendant aus. Epoxid/PPDL-Komposite weisen ein sehr schnelles

Formfixierungsverhalten sowie eine gute Form-Gedächtniszyklenstabilität auf. Des Weiteren führt die

Bildung einer heterogenen Morphologie durch Segregation und Kristallisation zu erhöhter

mechanischer Festigkeit und Steifigkeit im Vergleich zum PCL-Pendant sowie einer Zunahme der

Zähigkeit gegenüber dem reinen Epoxidnetzwerk.

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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6 Zu Grunde liegende wissenschaftliche Arbeiten

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Publikation 6

„Covalent integration of differently structured polyester polyols

improves the toughness and strength of cationically polymerized,

amorphous epoxy networks”

Co-Autoren: Stefanie Wellmann, Andreas Hartwig

Journal: Journal of Applied Polymer Science

Status: akzeptiert am 30.05.2016

DOI: 10.1002/app.43986

Zusammenfassung

Die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen von Polyesterpolyolen in kationisch polymerisierten, amorphen

epoxidbasierten Copolymeren werden untersucht. Hierzu wird ein Epoxidharz in Anwesenheit

verschiedener Polyesterpolyole polymerisiert. Die gebildeten Copolymere zeigen verbesserte

Zugfestigkeiten und Zähigkeiten. Das optimale Verhältnis von Epoxid zu Polyester ist abhängig von

der Polyesterstruktur. Poly(δ-valerolacton) (PVL) weist die größte Estergruppendichte der

untersuchten Polyester auf, was zu erhöhten physikalischen Wechselwirkungen mit dem Epoxid

sowohl während der Polymerisation als auch im gebildeten Netzwerk führt. Des Weiteren resultieren

für PVL-basierte Copolymere außergewöhnliche Zugfestigkeiten, Bruchdehnungen und Zähigkeiten.

Unter allen untersuchten Polyesterpolyolen ergibt sich für PVL der höchste Gelgehalt, was einem

hohen Anteil an kovalenter Netzwerkintegration entspricht. Diese Arbeit zeigt, dass Polyesterpolyole,

welche sich im Reaktivsystem befinden, so vollständig wie möglich kovalent in das Netzwerk

eingebaut werden sollten, um gute mechanische Eigenschaften amorpher Copolymere zu generieren.

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Vorträge im Rahmen der Dissertation

1) A. Arnebold, Highly crosslinked polymers: An overview of twin-copolymerization,

polybenzoxazines, and partially crystalline epoxy resins, GDCh Kolloquium, 15. Dezember

2014, Bremen, Deutschland.

2) A. Arnebold, K. Thiel, S. Wellmann, A. Hartwig, Morphological and mechanical

investigation on epoxide/poly(ε-caprolactone) copolymers and alloys, European Adhesion

Conference (EURADH), 22.-25. April 2014, Alicante, Spanien.

Posterpräsentationen im Rahmen der Dissertation

1) A. Arnebold, S. Wellmann, A. Hartwig, Partially Crystalline, Crosslinked Epoxy Resins –

Moldability, Shape-Memory Behavior, as well as Superior Mechanical and Adhesion

Properties, GDCh-Wissenschaftsforum Chemie, 30. August bis 2. September 2015, Dresden,

Deutschland.

2) A. Arnebold, S. Wellmann, A. Hartwig, Partially Crystalline Epoxy Resins: Investigation on

Dynamics, Morphology, and Mechanical Behavior, ACS National Meeting & Exposition, 16.-

19. August 2015, Boston, USA.

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Weitere Publikationen, Vorträge und Posterpräsentationen, die nicht in dieser

Dissertation enthalten sind

1) H. Schäfer, A. Arnebold, J. Stelten, J. Marquet, R.M. Sebastian, A. Hartwig, K. Koschek,

Bifunctional Benzoxazines: Synthesis and Polymerization of Resorcinol Based Single Isomers,

J. Polym. Sci. Part A: Polym. Chem. 54 (2016) 1243-1251.

2) A. Arnebold, O. Schorsch, J. Stelten, A. Hartwig, Resorcinol-Based Benzoxazine with Low

Polymerization Temperature, J. Polym. Sci. Part A: Polym. Chem. 52 (2014) 1693-1694.

3) A. Arnebold, O. Schorsch, J. Beckmann, A. Hartwig, Concomitant cationic polymerization of

a hybrid monomer and an epoxy resin, React. Funct. Polym. 73 (2013) 1625-1631.

4) A. Arnebold, O. Schorsch, J. Beckmann, A. Hartwig, Copolymerization of a cycloaliphatic

epoxy resin with a silicone and novolak releasing twin monomer, Posterpräsentation,

European Adhesion Conference (EURADH), 22.-25. April 2014, Alicante, Spanien.

5) A. Arnebold, Simultaneous polymerization of epoxy resins and benzoxazines, Vortrag, BOB-

Meeting, 24. April 2013, Bremen, Deutschland.

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