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Fachbeitrag M. Müller et al., GIS-Einsatz zur Web-basierten Darstellung von Hochwassergefahrenkarten … 333 134. Jg. 6/2009 zfv Zusammenfassung Hochwassergefahrenkarten sind ein wesentliches Instrument für eine entsprechende Risiko- und Gefahrenabschätzung. Ihre Veröffentlichung ist zudem Gegenstand der Umweltge- setzgebung auf nationaler wie europäischer Ebene. In Baden- Württemberg liegt die GIS-technische Datenintegration und kartographische Aufbereitung der landesweiten Risikokarten bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Natur- schutz Baden-Württemberg (LUBW). Der vorliegende Artikel beschreibt die Schritte zur Erstellung standardisierter, leicht interpretierbarer Karten auf Basis von Vermessungsdaten und hydraulischen Modellen sowie ihre Bereitstellung für unter- schiedliche Nutzergruppen und Anwendungen mithilfe spezi- fischer Webdienste. Summary Flood hazard maps represent a crucial medium in risk prevent- ing and protection. Furthermore, their publication fulfils obli- gations in national and European environmental information acts. In Baden-Württemberg the State Institute for Environ- ment, Measurements and Nature Conservation Baden-Würt- temberg (LUBW) is operating the GIS-based data integration and cartographic preparation of the state-wide hazard maps. This paper describes the workflow in building standardized, self-explanatory maps based on surveying data and hydraulic models. The resulting maps are published via internet using so- phisticated web services for different user groups and tasks. 1 Einführung Die Bedeutung einer wirksamen Hochwasservorsorge ist durch wiederkehrende Hochwasserereignisse, die auch in Mitteleuropa teils gravierende Schäden verursachen, offenkundig. Nicht zuletzt unter dem Aspekt des globa- len Klimawandels erfährt sie auch seitens der Politik in den letzten Jahren vermehrte Aufmerksamkeit. Neben Vorgaben des Bundes und der Länder – z. B. dem Was- sergesetz Baden-Württemberg (WG) – strebt auch die EU mittlerweileeineeinheitlicheHochwasserrisikomanagement- politik an. Die EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtli- nie (HWRM-RL) von 2007 rückt besonders die Information über die Gefahren und die bestehenden Risiken ins Blick- feld. Diese Informationen sind sowohl der Verwaltung wie der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein ers- tes Kernstück bei der HWRM-RL-Umsetzung ist die Erstel- lung detaillierter Hochwassergefahrenkarten (HWGK) und Hochwasserrisikokarten, die bis 2013 vorliegen müssen. HWGK liefern Informationen über die natürliche Hochwassergefahr für unterschiedliche Szenarien von ei- nem relativ häufigen Ereignis bis zu einem Extremereig- nis. Diese Informationen spielen bei der Vorbereitung auf Hochwasser eine zentrale Rolle, da sie die Gefahren auch für Nicht-Experten in verständlicher Form abbilden. Mit weiteren Informationen zur Nutzung können die Risiken dann ebenfalls leicht verständlich dargestellt werden. Die Einsatzbereiche der HWGK sind vielfältig und reichen von der Unterstützung der unmittelbaren Gefahrenab- wehr über die Erstellung von Hochwasserschutzkonzep- ten bis hin zu Raumordnung und Regionalplanung. Für Wirtschaft und Bürger sind sie ein wichtiges Hilfsmittel zur Gefahren- und Risikoabschätzung. Veröffentlichte Karten, die im WG verankert sind, haben zudem weitrei- chende rechtliche Auswirkungen. Im Land erstellt die öffentliche Verwaltung im Vorhaben »Hochwassergefahrenkarten in Baden-Württemberg« bis 2011 für insgesamt 12.500 Gewässerkilometer Hochwas- sergefahrenkarten. Fachlich und inhaltlich wird das Vor- haben vom Regierungspräsidium Stuttgart, Referat 53.2, koordiniert. Die Betreuung vor Ort erfolgt durch die vier Regierungspräsidien. Die GIS-technische Integration des umfangreichen Datenmaterials sowie die kartographische Aufbereitung der Ergebnisse liegt federführend bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW). Zur Durchführung des Pro- jekts wurde ein interdisziplinäres Team zusammengestellt. Im Rahmen einer Public Private Partnership sind neben den vier Regierungspräsidien insgesamt rund 40 Firmen in unterschiedlicher Intensität eingebunden: Die AHK Ge- sellschaft für Angewandte Hydrologie und Kartographie mbH Freiburg ist v. a. für fachliche Fragen sowie die Ent- wicklung der Modellierungssoftware verantwortlich, eine Reihe von Ingenieurbüros liefert Vermessungsdaten. Die hochkomplexen Überflutungsmodelle werden bundesweit von wenigen spezialisierten Hydraulikbüros in aufwändi- gen Rechenprozessen ermittelt. Für die Auswertung und Präsentation der HWGK-Ergebnisse werden u. a. Soft- ware-Komponenten der Firma disy Informationssysteme Karlsruhe eingesetzt. Alle Projektpartner arbeiten bereits längerfristig auch in anderen GIS-Projekten mit dem fe- derführenden Sachgebiet »Raumbezogene Informations- systeme, Geodatenmanagement« der LUBW zusammen. GIS-Einsatz zur Web-basierten Darstellung von Hochwassergefahrenkarten in Baden-Württemberg* Manfred Müller, Marc Panczak-Geörg, Erich Mattes, Bastian Ellmenreich, Wolfgang Schillinger, Markus Moser, Thilo Seitz und Günter Barnikel * Der Beitrag beschreibt das Projekt der Landesanstalt für Um- welt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, das im Rahmen der INTERGEO® 2009 in Karlsruhe mit dem GIS Best Practice Award 2009 des DVW ausgezeichnet wurde.

GIS-Einsatz zur Web-basierten Darstellung von ...€¦ · system (RIPS)« (LUBW 2009a), das übergreifend alle Geodaten zur Verfügung stellt, u. a. auch das DGM der Vermessungsverwaltung

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FachbeitragM. Müller et al., GIS-Einsatz zur Web-basierten Darstellung von Hochwassergefahrenkarten …

333134. Jg. 6/2009 zfv

ZusammenfassungHochwassergefahrenkarten sind ein wesentliches Instrument für eine entsprechende Risiko- und Gefahrenabschätzung. Ihre Veröffentlichung ist zudem Gegenstand der Umweltge-setzgebung auf nationaler wie europäischer Ebene. In Baden-Württemberg liegt die GIS-technische Datenintegration und kartographische Aufbereitung der landesweiten Risikokarten bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Natur-schutz Baden-Württemberg (LUBW). Der vorliegende Artikel beschreibt die Schritte zur Erstellung standardisierter, leicht interpretierbarer Karten auf Basis von Vermessungsdaten und hydraulischen Modellen sowie ihre Bereitstellung für unter-schiedliche Nutzergruppen und Anwendungen mithilfe spezi-fischer Webdienste.

SummaryFlood hazard maps represent a crucial medium in risk prevent-ing and protection. Furthermore, their publication fulfils obli-gations in national and European environmental information acts. In Baden-Württemberg the State Institute for Environ-ment, Measurements and Nature Conservation Baden-Würt-temberg (LUBW) is operating the GIS-based data integration and cartographic preparation of the state-wide hazard maps. This paper describes the workflow in building standardized, self-explanatory maps based on surveying data and hydraulic models. The resulting maps are published via internet using so-phisticated web services for different user groups and tasks.

1 Einführung

Die Bedeutung einer wirksamen Hochwasservorsorge ist durch wiederkehrende Hochwasserereignisse, die auch in Mitteleuropa teils gravierende Schäden verursachen, offenkundig. Nicht zuletzt unter dem Aspekt des globa-len Klimawandels erfährt sie auch seitens der Politik in den letzten Jahren vermehrte Aufmerksamkeit. Neben Vorgaben des Bundes und der Länder – z. B. dem Was-sergesetz Baden-Württemberg (WG) – strebt auch die EU mittlerweile eine einheitliche Hochwasserrisikomanagement- politik an. Die EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtli-nie (HWRM-RL) von 2007 rückt besonders die Information über die Gefahren und die bestehenden Risiken ins Blick-feld. Diese Informationen sind sowohl der Verwaltung wie der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein ers-tes Kernstück bei der HWRM-RL-Umsetzung ist die Erstel-lung detaillierter Hochwassergefahrenkarten (HWGK) und Hochwasserrisikokarten, die bis 2013 vorliegen müssen.

HWGK liefern Informationen über die natürliche Hochwassergefahr für unterschiedliche Szenarien von ei-nem relativ häufigen Ereignis bis zu einem Extrem ereig-nis. Diese Informationen spielen bei der Vorbereitung auf Hochwasser eine zentrale Rolle, da sie die Gefahren auch für Nicht-Experten in verständlicher Form abbilden. Mit weiteren Informationen zur Nutzung können die Risiken dann ebenfalls leicht verständlich dargestellt werden. Die Einsatzbereiche der HWGK sind vielfältig und reichen von der Unterstützung der unmittelbaren Gefahrenab-wehr über die Erstellung von Hochwasserschutzkonzep-ten bis hin zu Raumordnung und Regionalplanung. Für Wirtschaft und Bürger sind sie ein wichtiges Hilfsmittel zur Gefahren- und Risikoabschätzung. Veröffentlichte Karten, die im WG verankert sind, haben zudem weitrei-chende rechtliche Auswirkungen.

Im Land erstellt die öffentliche Verwaltung im Vorhaben »Hochwassergefahrenkarten in Baden-Württemberg« bis 2011 für insgesamt 12.500 Gewässerkilometer Hochwas-sergefahrenkarten. Fachlich und inhaltlich wird das Vor-haben vom Regierungspräsidium Stuttgart, Referat 53.2, koordiniert. Die Betreuung vor Ort erfolgt durch die vier Regierungspräsidien. Die GIS-technische Integration des umfangreichen Datenmaterials sowie die kartographische Aufbereitung der Ergebnisse liegt federführend bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW). Zur Durchführung des Pro-jekts wurde ein interdisziplinäres Team zusammengestellt. Im Rahmen einer Public Private Partnership sind neben den vier Regierungspräsidien insgesamt rund 40 Firmen in unterschiedlicher Intensität eingebunden: Die AHK Ge-sellschaft für Angewandte Hydrologie und Kartographie mbH Freiburg ist v. a. für fachliche Fragen sowie die Ent-wicklung der Modellierungssoftware verantwortlich, eine Reihe von Ingenieurbüros liefert Vermessungsdaten. Die hochkomplexen Überflutungsmodelle werden bundesweit von wenigen spezialisierten Hydraulikbüros in aufwändi-gen Rechenprozessen ermittelt. Für die Auswertung und Präsentation der HWGK-Ergebnisse werden u. a. Soft-ware-Komponenten der Firma disy Informationssysteme Karlsruhe eingesetzt. Alle Projektpartner arbeiten bereits längerfristig auch in anderen GIS-Projekten mit dem fe-derführenden Sachgebiet »Raumbezogene Informations-systeme, Geodatenmanagement« der LUBW zusammen.

GIS-Einsatz zur Web-basierten Darstellung von Hochwassergefahrenkarten in Baden-Württemberg*

Manfred Müller, Marc Panczak-Geörg, Erich Mattes, Bastian Ellmenreich, Wolfgang Schillinger, Markus Moser, Thilo Seitz und Günter Barnikel

* Der Beitrag beschreibt das Projekt der Landesanstalt für Um-welt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, das im Rahmen der INTERGEO® 2009 in Karlsruhe mit dem GIS Best Practice Award 2009 des DVW ausgezeichnet wurde.

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2 Phasen der HWGK-Erstellung

Grundlegend für die nachfolgend dargestellte Vorgehens-weise waren die 2003 bis 2008 im EU-geförderten Projekt SAFER (Strategies and Actions for Flood Emergency Risk Management) gesammelten Erfahrungen für das Neckar-Einzugsgebiet. Lead Partner war der Landesbetrieb Ge-wässer beim Regierungspräsidium Stuttgart. In einem

transnationalen Verbund konnten Methoden entwickelt werden, um aussagekräftige HWGK unter Berücksich-tigung verschiedenster Randbedingungen zu erstellen (Heppeler et al. 2008).

Die regionalen Arbeiten zur HWGK-Erstellung koor-dinieren die Regierungspräsidien (RP) für die jeweiligen Gewässereinzugsgebiete. HWGK werden grundsätzlich an allen Gewässerstrecken in Baden-Württemberg mit einem Einzugsgebiet >10 km² erstellt. Aber auch gefähr-dete Ortslagen an Gewässern mit einem Einzugsgebiet <10 km² können in Abstimmung mit dem RP einbezogen werden. Das Vorhaben gliedert sich in vier Phasen (vgl. auch Abb. 1):n Bedarfsanalyse und Bestandsaufnahme: Zusammen-

stellung aller relevanten Gewässerstrecken, an denen ein signifikantes Hochwasserrisiko besteht. Das hierbei entstandene »Gewässernetz Hochwassergefahrenkar-ten« wurde durch die Kommunen anhand ihrer Vorort-Erfahrungen ergänzt.

n Terrestrische Vermessung: Vermessung von Querpro-filen an den Gewässern und den hydraulisch relevan-ten Bauwerken (z. B. Brücken, Wehre und Dämme). Die so erhaltenen insgesamt 180.000 Gewässerquerpro-file mit ca. 20.000 Bauwerksaufnahmen entlang der 12.500 Flusskilometer werden in ein »Digitales Gelän-demodell Wasserwirtschaft« eingearbeitet. Das DGM der Vermessungsverwaltung auf Basis von Laserscan-

Befliegungen liegt seit Januar 2009 landesweit flä-chendeckend im 1 × 1 Meter-Raster vor (Höhengenau-igkeit ± 20 bis 30 cm).

n Hydraulische Berechnungen: Die zugrunde gelegten hydraulischen Modelle (je nach Gewässerverhältnissen auf 1-D- oder 2-D-Basis) liefern für unterschiedliche Szenarien Wasserspiegellagen, die in einem weiteren Schritt mit dem oben genannten wasserwirtschaftli-chem DGM verschnitten werden.

n Kartenerstellung: Aus den zusammengeführten Daten werden rechtswirksame HWGK entwickelt, die dann der Verwaltung und Öffentlichkeit über entsprechende Internetangebote zur Verfügung gestellt werden. Auf die dazu notwendigen Schritte wird nachfolgend näher eingegangen.

Geodaten Haltung, Präsentation,Bereitstellung für dieUmweltverwaltung inBaden-Württemberg

Präsentations-Angebotund Zielgruppen derHWGK

Verwaltung / Ö�entlichkeit Webanwendung:

• Karten- und Geodienste (WMS und WPS)• Download von Geodaten• Download vorgefertigter Karten• Print on Demand (PDF, DINA1 300DPI)

ArcSDE ArcIMS ArcGISServer

ArcInfoDesktop

GeoDataService >TB

Vermessung Hydraulische Modellberechnung

Abb. 1: Datenerhe-bung und Analyse nach landeseinheit-lichen Vor-gaben

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3 Effiziente Erstellung einheitlicher Karten

Zur Entwicklung und Bereitstellung rechtswirksamer HWGK wurden seitens der LUBW entsprechende Vorga-ben definiert (z. B. hinsichtlich Datenformaten), Infra-strukturen geschaffen sowie Prozeduren entwickelt (Mat-tes 2008; Schillinger und Panczak 2008). Dies betrifft insbesondere:

n Einheitliche Datenbestände: Um diese zu gewährleis-ten, wurden den mit hydraulischen Berechnungen be-auftragten Fachbüros standardisierte Formatvorlagen und Geodaten aus dem zentralen Datenpool der LUBW zur Verfügung gestellt (bei dem insbesondere Produkte der ArcGIS-Familie, Fa. ESRI, zum Einsatz kommen, s. Abb. 1).

n Die Datengrundlagen stammen weitgehend aus zwei zentralen Komponenten des Umweltinformationssys-tems Baden-Württemberg: Dem »Informationssystem Wasser, Immissionsschutz, Boden, Abfall, Arbeits-schutz (WIBAS)«, welches relevante fachtechnische Informationen der Wasserwirtschaftsverwaltung bietet

und dem »Räumlichen Informations- und Planungs-system (RIPS)« (LUBW 2009a), das übergreifend alle Geodaten zur Verfügung stellt, u. a. auch das DGM der Vermessungsverwaltung und ein topologisch struktu-riertes Fließgewässernetz (zur Einordnung in das Um-weltinformationssystem Baden-Württemberg (LUBW 2009b) vgl. Abb. 2).

n Technische Qualitätssicherung mit Verwaltung gro-

ßer Datenmengen und komplexen Modellen: Das endgültige Datenvolumen umfasst ca. 5 TB (darunter 240.000 Bilddokumente, hydraulische Modellierung an 12.500 Gewässerkilometer, 180.000 Gewässerquer-profile, 20.000 Bauwerksprofile). Die Zusammenfüh-rung und Haltung der für die HWGK benötigten Da-ten erfolgt nach technischer Qualitätssicherung in der zentralen Datenbank des Umweltinformationssystems (UIS-DB) Baden-Württemberg bei der LUBW. Sie die-nen zur Beweissicherung und als Berechnungsgrund-lage für die anstehende Überarbeitung der HWGK im 6-Jahres-Turnus.

n Inhaltliche Qualitätssicherung: Die unverzichtbare enge Kooperation mit den Kommunen führte zum

Kreise, Gemeinden

Firmen,Institute

Bund,Länder

Dienststellendes Landes

Landtag

Berichtssysteme

Kernaufgaben

Metadaten

ZentraleDatenverteilungssysteme

Infrastruktursysteme,Externe Fachanwendungen

und Datenbanken

Umwelt-Datenbankenund -Karten Online

Fachinformations-systeme

ZusammenfassendeBerichterstellung

Geodaten

DokumenteInfodiensteUmwelt

Geobasis-Informations-

systeme

ÜbergreifendeKomponenten

Projekte

Radioaktivitäts-messnetz Luft-

messnetz

Biotop-Erhebung

GDI-BW

Basiskomponenten

Sachdaten

GewässerkundlichesMessnetz

Ö�entlichkeit

Sonstige Umweltdaten

UDK

UDO

RIPSMEROS

FADO

UISBerichtssystem Web-Dienste

WRRL HWGK WIBAS

Labordaten

Statistische DatenGeodaten

EU

Abb. 2: Das Umweltinformationssystem Baden-Württemberg im Überblick

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Abb. 3: Verwaltungsinterner Bereich zur HWGK-Plausibilisierung und Visualisierung

Abb. 4: Die beiden Kartentypen der HWGK: Tiefendarstellung und Flächenausbreitung

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Aufbau einer webbasierten Kommunikationsplattform für Beteiligungsverfahren und Qualitätssicherung auf AJAX-Technologie. Vor der HWGK-Offenlegung wer-den zunächst Arbeitskarten gefertigt und über eine passwortgeschützte Internetseite verfügbar gemacht, um eine Plausibilisierung durch betroffene Landrats-ämter und Kommunen zu ermöglichen (wichtige Vo-raussetzung für die Akzeptanz des »Endprodukts« vor Ort). Unter anderem wird geprüft, ob alle vorhandenen Schutzeinrichtungen berücksichtigt sind, aktuelle Bau-vorhaben fehlen oder Differenzen zu früheren Hoch-wasserereignissen bekannt sind. Dafür wurde ein dif-ferenziertes web-basiertes Meldeformular entwickelt, das neben Texteingaben die direkte Digitalisierung punkt-, linien- oder flächenhafter Objekte mit Koor-dinateneingabe erlaubt, und damit die früher üblichen Wege über Papiervorlagen oder Exceltabellen effizient ersetzt (Abb. 3).

n Standardisierte, nutzerfreundliche Präsentation der HWGK: Zur verständlichen Darstellung werden die überfluteten Flächen in ihrer Ausbreitung und Tiefe für verschiedene Hochwasserereignisse dargestellt (vgl. Abb. 4).

n Webdienste: HWGK werden hauptsächlich web-basiert den unterschiedlichen Nutzern zur Verfügung gestellt. Dies erlaubt gegenüber Papierkarten auch interaktive

Abfragemöglichkeiten. Die Öffentlichkeit kann sich über einen browserbasierten »HWGK-Viewer« infor-mieren, der über www.hochwasser.baden-wuerttem-berg.de im Internet zugänglich ist und eine einfache Druckfunktionalität sowie Zoom-Möglichkeit bis 1: 5.000 bietet.

n Für die Verwaltungen der 1102 Städte und Gemein-den in Baden-Württemberg steht ein Viewer mit er-weiterter Funktionalität zur Verfügung (Maßstab bis auf Flurstücksebene zoombar, punktuelle Abfrage von Wasserspiegel- und Geländehöhen, Suchfunktionen, s. Abb. 3). Da die bekannten WebGIS-Techniken der dynamischen Erzeugung großformatiger, hochaufge-löster Karten Grenzen setzen, entwickelte die LUBW einen Web-Druckdienst nach dem Prinzip »Print on Demand« (Abb. 5). Nach Angabe von Format, Druck-qualität und Maßstab wird serverseitig ein PDF-Do-kument erzeugt und dem Nutzer zum Download zur Verfügung gestellt. Dieser erhält so eine auf seine indi-viduellen Bedürfnisse zugeschnittene, qualitativ hoch-wertige, blattschnittfreie und aktuelle Karte.

Gebiets- und Themenauswahl im Kartenviewer

Festlegung der Druckoptionen

Erstellung der Karteüber LUBW-Server

Benachrichtigungper E-Mail

Bereitstellung der Karte im PDF-Format

Nutzer

Abb. 5: Funktionsweise von »Print on Demand«

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4 Synergieeffekte für das begleitende Projekt »Deichsanierung«

Die Landesbetriebe Gewässer bei den Regierungspräsidien sind für eine Vielzahl von Flussdeichen für den Hoch-wasserschutz zuständig. Zur effizienten Unterstützung bei den Unterhaltungsarbeiten, Sanierungsplanungen und der Deichverteidigung wird derzeit im Rahmen der

RIPS-Arbeiten auch eine GIS-Komponente für das »Fach-informationssystem Deiche« (FIS Deiche) entwickelt.

Eine Schwerpunktaufgabe von FIS Deiche ist die Be-reitstellung und Sammlung von Informationen im Zuge des derzeit anlaufenden Sanierungsprogramms Fluss-deiche. Auf Basis des DGM 1 × 1 m und geeigneter Prä-sentationsfunktionen mit Schummerung, Kantenfilter etc. kann z. B. ein für die Erhebung von Deichschäden tätiger Sachbearbeiter sehr schnell eine landesweite Schwachstellenanalyse durchführen. Über die Web-fähige AJAX-Anwendung können unter Zuhilfenahme eines 3D-Dienstes Schwachstellen an Flußdeichen auch ohne zeitaufwändige Vor-Ort-Begehung und ggf. Ver-messung sicher erkannt und daraus genaue Vorgaben für notwendige Baumaßnahmen abgeleitet werden. Abb. 6 zeigt beispielhaft einen Kartenausschnitt mit – am Bild-schirm – untersuchten und bewerteten Deichen und ei-nen als generischen Dienst entwickelten »Höhenservice« zur Ermittlung und Darstellung des Höhenprofils an der Deichkrone. Technisch wurde der Dienst mit einer WSDL-Schnittstelle versehen und soll zukünftig als Web Proces-sing Service (WPS) einer noch breiteren Nutzerschicht zur Verfügung gestellt werden.

5 Projektstand und Perspektiven

2005 hat die LUBW begonnen, erste plausibilisierte HWGK auch für die Öffentlichkeit bereitzustellen. Derzeit sind Karten für den unteren Neckar abrufbar. Bis 2011 sollen die übrigen Landesteile in plausibilisierter Form der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Neben der be-reits möglichen DGM-Abfrage punktueller Geländehö-

hen werden die auf dem DGM basierenden 3D-Dienste auf nutzerdefinierte Linien und Flächen erweitert. Damit können künftig interaktiv auch Höhenprofile abgeleitet und Volumenberechnungen durchgeführt werden.

Mit HWGK liegen die Grundlagen für den nächsten Schritt, die in der HWRM-RL geforderten Hochwasser-risikokarten, vor. In diesen erfolgt eine Risikobewertung u. a. nach Anzahl betroffener Einwohner, vorhandener Nutzung, Standorten umweltgefährdender Betriebe sowie potenziell betroffenen Schutzgebieten und Kulturgütern. Künftig sind inhaltliche Erweiterungen denkbar, die ne-ben ökonomischen auch soziale und ökologische Risiken einbeziehen.

6 Zusammenfassung, Fazit

Das Projekt »Hochwassergefahrenkarten in Baden-Würt-temberg« dient der Entwicklung und Bereitstellung von Hochwassergefahrenkarten. Sie zeigen in leicht interpre-tierbarer Form, welche Gebiete gefährdet sind. Hinsicht-lich Prävention und Schadensminderung sind diese zur anstehenden Erstellung der Hochwasserrisikokarten und

Hochwert: 5366358.8

M-Wert AbfrageM-Wert 2047.1 m

Anlagenname: Kinzigdeich Elgersweiler /Berghaupten, links

Rechtswert: 3423948.9

Waabis ID: 510000000099

Landeseigene FlussdeicheVorläufige Sanierungsbedürftigkeit Sanierungsbedürftigkeit nicht bekannt nicht sanierungsbedürftig saniert sanierungsbedürftig

Abb. 6: Verwendung der DGM1-Daten als Service im Projekt »Deichsanierung«

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Hochwassermanagementpläne eine wichtige Grundlage. Einige der dargestellten Aspekte auf dem komplexen Weg zur rechtswirksamen HWGK werden nachfolgend noch-mals herausgehoben:

Technische Innovation

Zur Umsetzung der HWGK wurde eine neue Genera-tion internetbasierter Software-Anwendungen (nach »Web 2.0«-Aspekten) etabliert, deren Ziel es ist, aus Be-nutzersicht auf benötigte Datenbestände wie das Digitale Geländemodell oder Gewässergeometrien über umfang-reiche Interaktions- und Vernetzungsmöglichkeiten aber dennoch einfach bedienbar zuzugreifen. Dazu wurde u. a. ein auf AJAX und Web-Services basierendes Meldever-fahren für Kommunen im Rahmen der HWGK-Plausibili-sierung erstellt, das nicht nur die Rückmeldung textueller Informationen, sondern auch selbst erfasster Geo objek te erlaubt. In Kombination mit einer weitgehend standar-disierten Dienstearchitektur ist eine Mehrfachnutzung gegeben, die auch komplexe Funktionalitäten einfach in diese Benutzeroberflächen integrierbar macht.

Wirtschaftlichkeit

Das »Print on Demand«-Verfahren stellt ein für alle Betei-ligten schnelles, effizientes und kostengünstig einsetzba-res Verfahren zur individuellen und hochaktuellen Kar-tengenerierung dar. Im Rahmen dieser Eigenentwicklung gesammelte Erfahrungen werden auch anderen Ländern zur Verfügung gestellt. Mit der GIS-Anwendung FIS Dei-che kann die praktische Arbeit an den Deichen wesent-lich vereinfacht werden. Bestehende Schwachstellen in der Deichgeometrie können einfach erkannt und erfasst werden. Durch exakte Angaben zur Örtlichkeit (Anfahrt, Wegeinformation etc.) und zur Massenermittlung beim Deichkörper können anschließende Baumaßnahmen ef-fizient mit Planungsdaten versorgt und dadurch wirt-schaftlich umgesetzt werden.

Gesellschaftliche Bedeutung

Hochwassergefahrenkarten liefern wertvolle Informatio-nen für unterschiedliche Nutzergruppen wie Kommunen, Wirtschaft, Bürger und auch die angewandte Forschung. Die aus den Modellen ermittelten und geometrisch sehr genau dargestellten Ergebnisse leisten einen guten Schutz von Leib und Leben sowie vor schweren ökonomischen wie immateriellen Verlusten durch Hochwasser. Sie sind ein wichtiger Schritt zur Erfüllung von EU-Vorgaben und stellen eine weitreichende Bürgerinformation auch im Sinne des baden-württembergischen Landesumwelt-informationsgesetzes dar. Dadurch erfolgt eine Sensibi-

lisierung breiter Bevölkerungsschichten für umweltbe-zogene Ereignisse und damit letztlich eine verbesserte Akzeptanz zur Lösung der leider weiter zunehmenden Umweltprobleme.

LiteraturHeppeler, J.; Heiland, P.; Dapp, K.: Europäische Kooperation zum Hoch-

wasserschutz. Wasserwirtschaft 98 (4), S. 12–14, 2008.Mattes, E.: GIS-Bearbeitung und Datenmanagement. Wasserwirtschaft

98 (4), S. 34–36, 2008.Schillinger, W.; Panczak, M.: Kartenerstellung und Veröffentlichung

der Hochwassergefahrenkarten. Wasserwirtschaft 98 (4), S. 37–39, 2008.

LUBW: Das Räumliche Informations- und Planungssystem (RIPS), siehe www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16154/, 2009a.

LUBW: Das Umweltinformationssystem Baden-Württemberg, siehe www.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/55662/, 2009b.

Anschriften der AutorenDipl. Agrarbiologe Manfred MüllerDipl.-Ing. (FH) MSc (GIS) Bastian EllmenreichLandesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-WürttembergBannwaldallee 24, 76185 [email protected]@lubw.bwl.de

Dipl.-Ing. (FH) Marc Panczak-GeörgDipl.-Geogr. Erich MattesGesellschaft für Angewandte Hydrologie und Kartographie (AHK) mbH Rehlingstraße 9, 79100 Freiburg i. [email protected]@ahk-freiburg.de

MSc Umweltmonitoring, Dipl.-Ing (FH) Wolfgang SchillingerUmweltministerium Baden-WürttembergKernerplatz 9, 70182 [email protected]

Dipl.-Ing. Markus MoserRegierungspräsidium StuttgartRuppmannstraße 21, 70565 Stuttgart [email protected]

Dipl.-Ing. (FH) Thilo SeitzISTW Planungsgesellschaft mbH Franckstraße 4, 71636 [email protected]

Dr. Günter BarnikelMPS GmbH UlmEinsteinstraße 59, 89077 [email protected]