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GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

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Page 1: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

GIZ Wirkungsdaten 2016

Qualitative ergänzende Auswertung

Page 2: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

Impressum

Als Bundesunternehmen unterstützt die GIZ die deutsche Bundesregierung bei der Erreichung ihrer

Ziele in der Internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung.

Als Stabsstelle Evaluierung der GIZ untersteht sie organisatorisch direkt dem Vorstand und ist vom

operativen Geschäft getrennt. Diese Organisationsstruktur stärkt ihre Unabhängigkeit. Die Stabs-

stelle Evaluierung ist mandatiert, zur Entscheidungsfindung evidenzbasierte Ergebnisse und Emp-

fehlungen zu generieren, einen glaubwürdigen Wirkungsnachweis zu erbringen und die Transpa-

renz zu den Ergebnissen zu erhöhen.

Autor:

Oliver Karkoschka

Konzeption, Koordination und Management

Claudia Kornahrens, Gruppenleiterin Stabsstelle

Evaluierung

Dr. Judith Müller-Gerold, GIZ Stabsstelle Evaluierung

Verantwortlich:

Dr. Ricardo Gomez, GIZ, Leiter Stabsstelle Evaluie-

rung

Herausgeberin:

Deutsche Gesellschaft für

Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Sitz der Gesellschaft

Bonn und Eschborn

Friedrich-Ebert-Allee 36 + 40

53113 Bonn, Deutschland

T +49 228 4460-0

F +49 228 4460 - 1766

E [email protected]

I www.giz.de/evaluierung

www.youtube.com/user/GIZonlineTV

www.facebook.com/gizprofile

https://twitter.com/giz_gmbh

Design/Layout etc.:

DITHO Design GmbH, Köln

Druck und Vertrieb:

GIZ, Bonn

Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier, nach FSC-

Standards zertifiziert.

Erscheinungsort und -Jahr:

Bonn, September 2017

Das vorliegende Dokument ist auf der GIZ-Website

als pdf-Download verfügbar unter www.giz.de/evalu-

ierung. Anfragen nach einer gedruckten Ausgabe

richten Sie bitte an [email protected]

Page 3: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

Inhalt

1 Hintergrund, Ziel und Einordnung ..................................................................................... 6

2 Vorgehen und Methodik ..................................................................................................... 7

3 Wirkungen im Bereich Beschäftigung ............................................................................... 9

3.1 Breitenwirksame Wachstums- und Beschäftigungsförderung in Nigeria .................. 10

3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda ......................................... 15

3.3 Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien in

Moscheen. Teil der Sonderinitiative Nordafrika, Nahost .......................................... 20

3.4 Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in Afrika (E4D) ..................................... 24

4 Wirkungen im Bereich Berufliche Bildung ...................................................................... 28

4.1 Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Ghana, Durchführungsbereich Berufliche

Bildung .................................................................................................................... 28

4.2 Unterstützung der Berufsbildungsreform in Pakistan ............................................... 34

4.3 Berufliche Bildung im Norden und Osten Sri Lankas ............................................... 39

5 Gute Regierungsführung: Demokratieförderung, Dezentralisierung und

Kommunalentwicklung ........................................................................................................ 44

5.1 Unterstützung der Dezentralisierung und Kommunalentwicklung in Benin .............. 45

5.2 Politische Teilhabe an Governance Reformprozessen und Armutsminderung in

Sambia .................................................................................................................... 51

5.3 Reformprogramm zur Kommunalentwicklung in Palästina ...................................... 54

5.4 Bürgerbüros im Vorhaben „Kommunalentwicklung im Südkaukasus“ ...................... 58

Page 4: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

4

Abkürzungen AV Auftragsverantwortliche/r bzw. Auftragsverantwortung BDC Business Development Committee BMZ Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung CBN Central Bank of Nigeria CBT Competency Based Training CIM Centrum für Internationale Migration COVTET Council for Technical and Vocational Education and Training CV Curriculum Vitae CVT Cooperative Vocational Training DFID Department for International Development DW Deutsche Welle E4D Employment for Development ECOWAS Economic Community of West African States EH Entwicklungshelfer/in EU Europäische Union FMB Fach- und Methodenbereich FZ Finanzielle Zusammenarbeit GIS Geographisches Informationssystem GIZ Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit IF Integrierte Fachkraft KESC Kigali Employment Service Centre KKMU Kleinst-, Kleine und Mittlere Unternehmen KMU Kleinst- und Kleinunternehmen KOICA Korea International Cooperation Agency MA Mitarbeiter/in MFB Mikrofinanzbank NFK Nationale Fachkräfte NORAD Norwegian Agency for Development Cooperation NPC Non-Profit Company NRO Nichtregierungsorganisation PEV Projektevaluierung PV Programmvorschlag

Page 5: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

5

SDG Sustainable Development Goal SIE Société d'Investissements Energétiques (Marokko) SLGTI Sri Lanka-German Training Institute SOGA Employment and Skills for Eastern Africa TRIMS Trade Route Incident Mapping System TZ Technische Zusammenarbeit UNDP United Nations Development Programme ZGO Zivilgesellschaftliche Organisation

Page 6: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

6

1 Hintergrund, Ziel und Einordnung

GIZ Wirkungsdaten 2016

Wirkungsorientierung ist ein wichtiges Qualitätsmerk-

mal der Arbeit der GIZ. Die Steuerung der Vorhaben

sowie Monitoring und Evaluierungen in der GIZ sind

daher stark darauf ausgerichtet, das Erreichen von

Wirkungen zu fördern und Wirkungen nachzuweisen.

Anhand einzelner Projekte und Beispiele ist das gut

machbar. Aber lassen sich diese Wirkungen auch ag-

gregiert, also über Projekt- und Ländergrenzen hin-

weg, regional oder weltweit gebündelt darstellen?

Wie können einzelne Wirkungen von Projekten mit

unterschiedlichen Rahmenbedingungen und aus un-

terschiedlichen Kontexten zusammengefasst wer-

den? Wie sich solche projekt- und länderübergrei-

fende Wirkungen erfassen lassen, damit hat sich die

GIZ in der Theorie und Praxis intensiv beschäftigt.

Das Ergebnis: Seit 2014 erfasst die GIZ diese Wir-

kungen mit Hilfe sogenannter Aggregationsindikato-

ren. Dabei ist zu beachten, dass Projekte, die von

der GIZ im Auftrag umgesetzt werden, immer ge-

meinsam mit Partnerorganisationen und Menschen

vor Ort und gegebenenfalls auch gemeinsam mit wei-

teren Gebern agieren. Folglich leistet die GIZ einen

von vielen Beiträgen, die zur Erreichung von Wirkun-

gen führen. Somit berichtet die GIZ über ihren Bei-

trag (‚contribution‘) zu einer bestimmten Wirkung,

schreibt sich das Erzielen dieser Wirkungen jedoch

nicht alleine zu (Zuordnung: ‚attribution‘).

Die Erhebung der Aggregationsindikatoren der GIZ

Wirkungsdaten 2016 war eine unternehmensweite

Initiative, die von den Stabsstellen Evaluierung und

Unternehmenskommunikation koordiniert wurde.

Ausgehend von den Erfahrungen aus der ersten Er-

hebung und den neuen Prioritäten der Bundesregie-

rung hat der Vorstand für die Erhebung Anfang 2016

22 Themen ausgewählt, die in 11 Sektoren mit Hilfe

von 34 Indikatoren im Sommer 2016 erhoben wur-

den. Die Ergebnisse wurden dann bis Mitte Novem-

ber 2016 in Kooperation zwischen der Stabstelle

Evaluierung, den jeweiligen Fachplaner/innen des

FMB und der Stabstelle Unternehmenskommunika-

tion plausibilisiert und veröffentlicht

(https://www.giz.de/de/downloads/giz2015-de-evalu-

ierungsbericht_2012-2014.pdf)1. Die GIZ ist dadurch

besser in der Lage, zu strategisch wichtigen und für

die Öffentlichkeit interessanten Aspekten ihrer Arbeit

in den verschiedenen Sektoren weltweit oder

1 Die Möglichkeiten und Grenzen der aggregierten Wirkungsberichterstattung sowie

die Erfahrungen und Ergebnisse der Datenerhebung 2016 werden in einer Broschüre

zusammengefasst, die im Herbst 2017 veröffentlicht wird.

regional zu berichten. Die Ergebnisse der Datenerhe-

bung können von allen Kolleginnen und Kollegen der

GIZ genutzt werden, beispielsweise für die öffentlich-

keitswirksame Kommunikation, in den parlamentari-

schen Raum, als Referenz im Dialog mit Auftragge-

bern sowie für die Akquisition neuer Aufträge.

Zielsetzung der Studie – Zoomen in beispielhafte

Wirkungen

Die sich aus der Erhebung der Wirkungsdaten erge-

benden quantitativen Ergebnisse sollen durch den

vorliegenden Bericht qualitativ ergänzt werden. Die

Wirkungsdaten 2016 sollen beispielhaft durch das

„Zoomen“ in einzelne Vorhaben und deren Wirkun-

gen auf Zielgruppeneben beschrieben werden. Dar-

über hinaus soll die Wirkungslogik einzelner Vorha-

ben von der Beratungsleistung bis zur Erreichung der

Zielgruppe exemplarisch beleuchtet werden. Die er-

reichten Wirkungen sollen auch in den Kontext der

Agenda 2030 und der Ziele für nachhaltige Entwick-

lung gestellt werden. Es ist darüber hinaus vorgese-

hen, die im Bericht dargestellten Ergebnisse auch in

eine Publikation der Stabstelle zu den Wirkungsdaten

2016 einfließen zu lassen.

Die Komplexität der Ansätze und Wirkungszusam-

menhänge der einzelnen Vorhaben wird dabei nur

beispielhaft beleuchtet, jedoch in keinem Fall umfas-

send abgebildet2. Auch werden die Vielfalt und Stra-

tegien der Ansätze in den Sektoren nicht vollständig

wiedergegeben. Der Anspruch dieser Studie ist ledig-

lich die Kontextualisierung einzelner Wirkungen, um

die Zahlen der Wirkungsdaten 2016 dadurch zu ver-

anschaulichen.

Struktur des Berichtes

Die drei Sektoren Beschäftigung, berufliche Bildung

und Good Governance bilden mit ihren Kapiteln die

Grundstruktur des Berichtes. Zu Beginn jeden Kapi-

tels erfolgt eine kurze Zusammenfassung der Wir-

kungen, Ansätze und Kontexte der einzelnen Vorha-

ben des jeweiligen Sektors. Auch wird auf

Gemeinsamkeiten und Unterschiede bzw. Besonder-

heiten zwischen den Vorhaben hingewiesen. Die

Darstellung der einzelnen Vorhaben beginnt jeweils

2 Die umfassende Darstellung der Wirkungszusammenhänge und die Bewertung des

Erfolges der Vorhaben einschließlich deren Wirkungen erfolgt im Rahmen des Evalu-

ierungssystems der GIZ unter anderem durch die Projektevaluierung.

Page 7: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

7

mit einer kurzen Einführung zum Kontext und nennt

die jeweilige Zielsetzung und Ansatzpunkte des Vor-

habens. Im Folgenden werden dann beispielhaft aus-

gesuchte Wirkungen der Vorhaben sowie die Wir-

kungszusammenhänge der Leistungen illustriert.

Zum Abschluss jedes Vorhabens werden deren Wir-

kungen auch im Kontext der Agenda 2030 eingeord-

net und die Ziele für nachhaltige Entwicklung aufge-

zählt, zu denen das Vorhaben einen Beitrag leistet.

2 Vorgehen und Methodik

Die qualitative ergänzende Auswertung der Wir-

kungsdaten 2016 sollte beispielhaft zu einigen Indi-

katoren und anhand ausgewählter Vorhaben erfol-

gen. Die dafür erforderliche Fokussierung erfolgte in

mehreren Schritten:

1. Zunächst wurden durch die Stabsstelle Eva-

luierung im Dezember 2016 drei Sektoren

für die qualitativ ergänzende Auswertung

ausgewählt: Berufliche Bildung, Beschäfti-

gung und Good Governance. Dadurch erga-

ben sich fünf Indikatoren (siehe Kasten).

2. Für jeden der drei Sektoren wurde anschlie-

ßend eine Liste von ca. 20 Vorhaben als

Grundlage für die weitere Auswahl erstellt.

Dies erfolgte durch zwei sich ergänzende

Vorgehensweisen:

2.1 Aufnahme von Vorschlägen des Fach- und

Methodenbereichs (FMB) anschaulicher „ty-

pischer“ Vorhaben, welche sich für die Aus-

wertung eignen. Die Auswahl erfolgte auf

Basis der Erfahrungen der (Senior)/Fachpla-

ner/innen.

Wie arbeitet die GIZ?

Die GIZ arbeitet für nachhaltige Entwicklung durch einen ganzheitlichen Ansatz und die partnerschaftli-

che Verantwortung für die Zielerreichung in verschiedenen Rollen z.B. beratend, vermittelnd, mediato-

risch und mitgestaltend. Die GIZ unterstützt Menschen dabei, Fachwissen sowie Handlungs- und Steu-

erungskompetenz zu erwerben. Organisationen, Behörden und Unternehmen erhalten Beratung, um ihre

Organisations-, Management- und Produktionsstrukturen leistungsfähiger zu machen. Und sie berät Re-

gierungen darin, Ziele und Veränderungsprozesse in Gesetzen und Strategien zu verankern und landes-

weit umzusetzen. Wirkungsvolle und nachhaltige Reformen sind die politischen und gesellschaftlichen

Rahmenbedingungen. Ohne sie bleiben Veränderungen auf lokaler Ebene oft punktuell und mittelfristig

wirkungslos. Die Arbeit auf nationaler Ebene verbessert darüber hinaus die Breitenwirksamkeit von Lö-

sungen und Wirkungen auf lokaler Ebene. Daher arbeitet die GIZ auf mehreren Ebenen: lokal, subnati-

onal, national und in einigen Vorhaben auch regional bzw. kontinental. Die angestrebten langfristigen

Wirkungen werden darüber hinaus mit den Interessengruppen aus Staat, Privatwirtschaft und Zivilge-

sellschaft erarbeitet und abgestimmt.

Von rund 18.000 Beschäftigten der GIZ in mehr als 120 Ländern sind rund 70 Prozent als nationales

Personal vor Ort tätig. Außerdem entsendet die GIZ derzeit etwa 640 Entwicklungshelferinnen und Ent-

wicklungshelfer. Darüber hinaus vermittelt CIM, eine Arbeitsgemeinschaft aus GIZ und der Bundesagen-

tur für Arbeit, jährlich fast 1.000 Integrierte und Rückkehrende Fachkräfte an lokale Arbeitgeber in den

Einsatzländern und unterstützt diese finanziell und durch Beratungs- und Serviceleistungen.

Page 8: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

8

2.2 Identifikation der Vorhaben, welche bei den

Wirkungsdaten 2016 hohe Beiträge zu den

ausgewählten Indikatoren leisten.

3. Durch Sichtung der verfügbaren Dokumente

wie Programmvorschläge und PEV-Berichte

zu den insgesamt ca. 60 Vorhaben wurden

im Dezember 2016 und Januar 2017 unter-

schiedliche Wirkungsbereiche, Ansätze und

Kontexte identifiziert. Es sollte sichergestellt

werden, dass Beispiele in die Auswertung

einfließen, die unterschiedliche Haupt- und

Subthemen beinhalten. So wurde die Anzahl

der Vorhaben pro Sektor auf ca. 8 – 10 redu-

ziert.

4. Eine Auswahl von ca. 6 – 8 Vorhaben er-

folgte dann wiederum in einem Gespräch

zwischen Stabsstelle Evaluierung, FMB und

Gutachter. Dabei ging es darum, bei den

ausgewählten Beispielen die Verschieden-

heit der Kontexte und der behandelten The-

men zu gewährleisten. Darüber hinaus spiel-

ten praktisch Gründe wie parallele andere

Belastungen bei Vorhaben oder die Präsenz

aussagefähiger Ansprechpartner/innen zu

den Vorhaben eine Rolle bei der Auswahl.

5. Eine weitere Reduzierung auf 4 Vorhaben

pro Sektor erfolgte dann durch praktische

Gründe wie die Verfügbarkeit von Ansprech-

partner/innen im Zeitraum der Interviews

März 2017.

Für die Darstellung der einzelnen Beispiele der quali-

tativen Ergänzungen der Wirkungsdaten 2016 wur-

den Dokumente und weitere Materialien der Vorha-

ben genutzt, insbesondere der Programmvorschlag,

Projektevaluierungsberichte, Projektfortschrittsbe-

richte sowie weitere durch die Vorhaben erstelltes

Material wie beispielsweise Filme oder Erfolgstories.

Zusätzlich wurden Interviews mit den Auftragsverant-

wortlichen der Vorhaben durchgeführt. Teilweise zo-

gen die Auftragsverantwortlichen weiteres Projekt-

personal zu den Gesprächen hinzu oder delegierten

diese Aufgaben. Die Originalzitate wurden durch die

Vorhaben eingeholt, teilweise konnte bereits vorlie-

gendes Interviewmaterial genutzt werden, teilweise

wurden die Gespräche im Kontext dieses Berichtes

durchgeführt.

Sektor Indikator Wirkungsaussage

Beschäftigung Anzahl der Menschen, die durch

den Beitrag von GIZ-Maßnahmen

bzw. -Vorhaben in Beschäftigung

gekommen sind.

Durch den Beitrag der GIZ und ih-

rer Partner sind zwischen 2010-

2015 weltweit 869.919 Menschen

in Beschäftigung gekommen. Der

Anteil der durch den Beitrag der

GIZ beschäftigten Frauen betrug

rund 50%.

Anzahl der Menschen, die durch

den Beitrag von GIZ-Maßnahmen

bzw. –Vorhaben von besseren Ar-

beitsbedingungen profitiert haben.

Anzahl der Menschen, die durch

den Beitrag von GIZ-Maßnahmen

bzw. –Vorhaben über ein höheres

Einkommen verfügen.

Durch den Beitrag der GIZ und ih-

rer Partner profitierten zwischen

2010-2015 weltweit mehr als 2

Millionen Menschen von besse-

ren Arbeitsbedingungen.

Durch den Beitrag der GIZ und ih-

rer Partner profitierten zwischen

2010-2015 weltweit mehr als 3

Millionen Menschen von einem

erhöhten Einkommen.

Berufliche Bildung Anzahl der Aus- und Fortzubilden-

den, die durch die Maßnahmen

bzw. Vorhaben der GIZ erreicht

wurden.

Durch den Beitrag der GIZ und ih-

rer Partner wurden zwischen 2010-

2015 weltweit über 1,3 Millionen

Aus- und Fortzubildende erreicht.

Übersicht über die für den Bericht ausgewählten Sektoren und Indikatoren

Page 9: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

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3 Wirkungen im Bereich Beschäftigung

Die beiden Indikatoren der Wirkungsdaten 2016 des

Themas Beschäftigungseffekte beziehen sich auf die

Anzahl der in Beschäftigung gekommen Menschen

sowie die Anzahl der Menschen, die von verbesser-

ten Arbeitsbedingungen profitierten, was auch erhöh-

tes Einkommen umfasst. Die Menschen in den unten

dargestellten Beispielen, die durch die Arbeit der GIZ

in Beschäftigung gekommen sind, sind vor allem Ab-

solvent/innen verschiedenster Qualifizierungsmaß-

nahmen in den unterschiedlichsten Sektoren.

Der Arbeitskontext der Menschen, welche durch die

Arbeit der GIZ von besseren Arbeitsbedingungen

profitieren oder (auch) ein höheres Einkommen erzie-

len, sind alleine in den wenigen Beispielen sehr un-

terschiedlich. Sehr häufig sind es die sowohl Lei-

ter/innen als auch Mitarbeiter/innen Kleinster, Kleiner

und Mittlerer Unternehmen in den verschiedensten

Sektoren. Auch im informellen Sektor tätige Perso-

nen wie z. B. lokale Verkäuferinnen von Früchten

konnten von verbesserten Arbeitsbedingungen und

gleichzeitig auch von einem höheren Einkommen

profitieren. Alle dargestellten Vorhaben erzielen Wir-

kungen zu den beiden Indikatoren „Anzahl der in

Beschäftigung gekommen Menschen“ sowie „Anzahl

der Menschen, die von verbesserten Arbeitsbedin-

gungen profitiert haben“. So führen eine höhere Pro-

duktivität oder bessere Vermarktungsbedingun-

gen für kleinste Unternehmen zu einem höheren

Betriebseinkommen und erlauben Investitionen in

mehr Arbeitsplätze und bessere Arbeitsbedingungen.

Da die in dieser Studie aufgeführten Projektbeispiele

auch Elemente der Qualifikation umsetzen und Aus-

und Fortzubildende erreichen, tragen sie darüber hin-

aus auch zum entsprechenden Indikator des Themas

Berufliche Bildung bei. Die Ansätze der Projektbei-

spiele basieren alle auf einer Analyse der Gründe für

Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung oder schlechten

Arbeitsbedingungen. Die konkreten Maßnahmen sind

oft unterschiedlich und auch innerhalb der Länder auf

den jeweiligen spezifischen Kontext ausgerichtet. Sie

setzen an zwei Punkten an:

Ein Hebel ist die Schaffung von Arbeitsplätzen und

die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbeson-

dere durch Privatwirtschaftsförderung beispielsweise

durch Verbesserungen des Geschäftsumfeldes, die

im Rahmen von Privaten-öffentlichen Dialogen identi-

fiziert wurden. Auch führte der Zugang zu Business

Development Services oder zu Finanzdienstleistun-

gen durch Entwicklung des Finanzsystems zu den

beabsichtigten Wirkungen. Oft gehen dabei techni-

sche Aspekte wie Produktinnovationen und Entwick-

lung neuer Businessmodelle Hand in Hand mit der

Förderung von Dialog und Zusammenarbeit wie bei-

spielsweise der Förderung eines strukturierten Dia-

logs zwischen Staat und Privatwirtschaft zur Verbes-

serung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und

des Geschäfts- und Investitionsklimas. Ansätze zur

Förderung von Zusammenschlüssen von Vertretern

der lokalen Wirtschaft tragen ebenfalls dazu bei,

dass Menschen von verbesserten Arbeitsbedingun-

gen profitieren. In einem Beispiel sind auch Ertrags-

steigerungen in landwirtschaftlichen Wertschöpfungs-

ketten der Anlass für höheres Einkommen, in einem

anderen Beispiel ermöglichte die verminderte

Gute Regierungsführung Anzahl der Menschen, die mit Un-

terstützung von Maßnahmen bzw.

Vorhaben der GIZ von mehr politi-

scher Mitbestimmung profitiert ha-

ben

Durch den Beitrag der GIZ und ih-

rer Partner profitierten zwischen

2010-2015 weltweit mehr als 34

Millionen Menschen von mehr po-

litischer Mitbestimmung.

Anzahl der Menschen, die mit Un-

terstützung von Maßnahmen bzw.

Vorhaben der GIZ Zugang zu

staatlichen Dienstleistungen erhal-

ten haben.

Durch den Beitrag der GIZ und ih-

rer Partner haben über 91 Millio-

nen Menschen Zugang zu staatli-

chen Dienstleistungen erhalten.

Dies umfasst auch den verbesser-

ten Zugang zu kommunalen

Dienstleistungen.

Page 10: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

10

Korruption höhere Betriebseinkünfte und Einkom-

men. Weiterer zentraler Ansatzpunkt ist die Verbes-

serung der Beschäftigungsfähigkeit durch (berufliche)

Bildung und Qualifizierung. In den Beispielen spielen

dabei marktorientierte und qualitativ hochwertige

Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu fachlich

technischen Inhalten wie auch zu weiteren Themen

wie Entrepreneurship teilweise spezifisch für Ge-

schäftsfrauen eine wichtige Rolle. Dies führt einer-

seits dazu, dass die besser qualifizierten Menschen

überhaupt in Beschäftigung kommen, andererseits

ermöglicht es kleinsten Unternehmen oft die Verbes-

serung ihres Einkommens. Das Beispiel aus Ruanda

setzt darüber hinaus noch an der Verbesserung der

Abstimmungsmechanismen auf dem Arbeitsmarkt

an, um Menschen zu einer Beschäftigung zu verhel-

fen. Drei der vier Vorhaben setzen auch auf nationa-

ler Ebene an. Lokale Aktivitäten werden verknüpft mit

Maßnahmen auf nationaler Ebene, um Reformen zu

unterstützen, Rahmenbedingungen zu verbessern

sowie Nachhaltigkeit und Breitenwirksamkeit zu för-

dern. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit spielen in den

Beispielen auch Mechanismen für den verbesserten

Austausch und Zusammenarbeit zwischen staatli-

chen und privatwirtschaftlichen Akteuren eine wich-

tige Rolle.

Liste der Beispiele im Bereich Beschäftigung

3.1 Breitenwirksame Wachstums- und Beschäftigungsförderung in Nigeria

3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda

3.3 Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien in Moscheen. Teil

der Sonderinitiative Nordafrika, Nahost

3.4 Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in Afrika (E4D)

3.1 Breitenwirksame Wachstums- und Beschäftigungsförderung in Nigeria

Geringe Beschäftigungsmöglichkeiten durch un-

günstige Rahmenbedingungen für kleinere Unter-

nehmen

Trotz hoher Wachstumsraten ist die wirtschaftliche

und soziale Situation in Nigeria weiterhin von hoher

Armut und Unterbeschäftigung geprägt. Zwei Drittel

der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.

Die Schaffung neuer Arbeitsplätze hält mit dem Be-

völkerungswachstum nicht Schritt. So sind über 40%

der Menschen im erwerbsfähigen Alter entweder ar-

beitslos, unterbeschäftigt oder haben sich aufgrund

mangelnder Beschäftigungsmöglichkeiten vom Ar-

beitsmarkt zurückgezogen. Gleichzeitig besteht ins-

besondere für Kleinst-, Kleine und Mittlere Unterneh-

men (KKMU) ein Entwicklungspotenzial, das sich aus

dem mit knapp 180 Millionen Einwohnern sehr gro-

ßen inländischen Markt ergibt. Auch bieten sich Ex-

portchancen insbesondere im Raum der Westafrika-

nischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS).

Beschränkend sind jedoch unzureichende wirt-

schaftspolitische Rahmenbedingungen und der stark

eingeschränkte Zugang der Kleinst-, Kleinen und

Mittleren Unternehmen zu Investitionskapital und Fi-

nanzdienstleistungen. Mikrofinanzierung ist noch

nicht weit verbreitet in Nigeria. Die Anzahl der vom

formalen Finanzsektor ausgeschlossenen Menschen,

die keinen Zugang zu Krediten haben, ist mit fast 37

Millionen sehr hoch.

Umfassende Lösungsansätze des Vorhabens für

breitenwirksames Wachstum

Das Vorhaben „Breitenwirksame Wachstums- und

Beschäftigungsförderung in Nigeria“, finanziert durch

das BMZ und die Europäische Union, setzt an meh-

reren Hebeln an: es fördert das wirtschaftliche

Wachstum, die Schaffung von produktiven und men-

schenwürdigen Arbeitsplätzen sowie die Erhöhung

der Einkommen vor allem armer Haushalte. Um die-

sem Anspruch gerecht zu werden arbeitet das Vorha-

ben auf nationaler Ebene, in drei Bundesstaaten so-

wie in ausgewählten Kommunen. Inhaltlich arbeitet

das Vorhaben in vier Handlungsfeldern, die sich ge-

genseitig ergänzen: Im Bereich Finanzsystement-

wicklung, mit dem Schwerpunkt Zugang von KKMU

zu effizienten und kundenorientierten Finanzdiens-

leistungen, Verbesserung des Geschäfts- und

Investitionsklimas durch Reformmaßnahmen, Han-

delspolitik zur Stärkung der nigerianischen Exporte

sowie die Förderung der Wertschöpfungsketten Kar-

toffel, Maniok und Reis, sowie der nicht-landwirt-

schaftlichen Wertschöpfungskette Hausbau (af-

fordable housing).

Page 11: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

11

Verbesserung des Geschäfts- und Investitionskli-

mas durch Zusammenschlüsse und „One-Stop-

Shops“

Das Vorhaben berät staatliche Akteure bei der Ent-

wicklung und Umsetzung von Politiken und Reformen

zur Verbesserung des Geschäfts- und Investiti-

onsklimas. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei die

Stärkung der Zusammenarbeit von staatlichen Stel-

len mit Unternehmensverbänden sowie privaten

Kompetenzzentren. Das Vorhaben unterstützt dazu

auch die Bildung von freiwilligen Zusammenschlüs-

sen von Vertretern der lokalen Wirtschaft (Business

Development Committees, BDCs). In diesem Rah-

men wird die Planung und Umsetzung konkreter Initi-

ativen der lokalen Wirtschaftsentwicklung verbessert.

Beispielsweise wurden für Unternehmerinnen spezifi-

sche Trainingsmodule entwickelt. In 96 Schulen wur-

den die Themen Entrepreneurship und Karrierepla-

nung nachhaltig in den Lehrplänen verankert. Dafür

wurden durch das Vorhaben Unternehmer/innen- und

deren Zusammenschlüsse durch Fortbildungen,

Mentoring, Durchführung evidenzbasierter Studien

sowie durch die Bereitstellung externer Expertise un-

terstützt.

Durch die erzielte stärkere Einbindung von Kammern

und Verbänden der Privatwirtschaft in die Entwick-

lung und Umsetzung von Reformen sowie die öffent-

lichen Foren über Gesetzesinitiativen konnte die

Transparenz von Reformprozessen für alle erhöht

werden.

Ein wichtiges Element der Maßnahmen in den insge-

samt 32 Kommunen in drei Bundesstaaten ist die Or-

ganisation von öffentlich-privaten Dialogforen zu

verschiedenen Themen. Daraus ergab sich auch die

Einrichtung zentraler Anlaufstellen für Privatunter-

nehmen, wozu das Vorhaben die zuständigen öffent-

lichen Institutionen berät. Durch die sogenannten

„One-Stop-Shops“ werden die staatlichen Dienstleis-

tungen für Unternehmen unter einem Dach gebün-

delt. Die One-Stop-Shops werden zusätzlich von Mi-

nisterien und Behörden durch die Abordnung von

Mitarbeiter/innen unterstützt. So konnten beispiels-

weise alleine im Bundesstaat Niger seit 2014 Investi-

tionen von über 75 Mio. US$ erreicht werden.

Finanzdienstleistungen zur Entwicklung von klei-

nen Unternehmen Im Handlungsfeld Finanzsystementwicklung setzt das Projekt an ganz unterschiedlichen Stellen an:

1. Die GIZ berät ausgewählte politische Ent-

scheidungsträger und bildet das Personal

von Ministerien und Behörden auf bundes-

staatlicher Ebene sowie bei Lokalregier-

ungen weiter. Ziel ist die Umsetzung von Re-

formen und die Entwicklung neuer Politiken,

Strategien, und Gesetze auf Basis einer ver-

besserten Datengrundlage. Dabei soll die

Relevanz der erweiterten Angebote für är-

mere Bevölkerungsschichten sowie die Aus-

richtung an den Bedürfnissen von Frauen si-

chergestellt werden. Auch wird dazu

beigetragen, dass die Gestaltung von Mikro-

finanzprodukten fair und kundenfreundlich

erfolgt. Dazu werden Aufsichtsinstanzen

durch Fortbildungen und Beratung von Ar-

beitsgruppen unterstützt. Eines der Beispiele

erfolgreicher Unterstützung ist die verab-

schiedete Mikroversicherungsrichtlinie.

Das Vorhaben spielte auch eine maßgebli-

che Rolle im nationalen Steuerungskomitee

zu Mikroversicherungen. Dieses hatte einen

Arbeitsplan entwickelt und eines der ersten

und wichtigsten Ergebnisse ist die Entwick-

lung und Verabschiedung eines Ausbil-

dungsplans zu Mikroversicherungen beim

Ausbildungsinstitut für Versicherungen und

Finanzmanagement. Dies sichert die Na-

chhaltigkeit der Wirkungen.

2. Ein Hauptaugenmerk liegt auch in der Unter-

stützung der Zentralbank (Central Bank of

Nigeria, CBN) bei der Wahrnehmung ihrer

Überwachungsfunktion im Bereich Mikrofi-

nanz sowie bei der Umsetzung der sich aus

den Unternehmensleitbildern ergebenden

sozialen Zielen der Mikrofinanzbanken. Dar-

über hinaus wird angestrebt, dass die Mikro-

finanzbanken eine angemessene Kosten-

kalkulation und Preisgestaltung entwickeln

und somit langfristig und nachhaltig die Kre-

ditzinsen im Bereich Mikrofinanz in Nigeria

gesenkt werden. Damit die CBN ihre Über-

wachungsfunktion effizienter ausüben kann

und die Mikrofinanzbanken selbst einschät-

zen können, ob sie die Vorgaben der CBN

erfüllen, wird zurzeit ein vom Vorhaben ent-

wickeltes Instrument zur Eigenbewertung

von Mikrofinanzinstituten mit dem Prü-

fungsansatz der Zentralbank harmoni-

siert.

3. Parallel dazu unterstützt das Vorhaben auch

den Zugang zu Finanzdienstleistungen von

Geschäftsbanken. Für einige spezifisch aus-

gewählte Wertschöpfungsketten wie Kartof-

fel oder Maniok hat das Vorhaben ein Instru-

ment zur wirtschaftlichen Gesamtbetrach-

tung und Beurteilung von Wertschöpfungs-

ketten, welche integrale Bestandteile der

Page 12: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

12

Kreditfähigkeit sind, erarbeitet. Geschäfts-

banken können dadurch die Kreditfähig-

keit eines (potentiellen) Kreditnehmers

besser beurteilen.

4. Ergänzend stärkt das Vorhaben auch die

Kompetenzen und Bankfähigkeit der

KKMU selbst. Dies erfolgt über die Verbes-

serung von Beratungsdienstleistungen priva-

ter Anbieter sowie über gesteigerte Kompe-

tenzen zur Unterstützung von für KKMU

relevanten Wirtschaftsverbänden, und -kam-

mern. Darüber hinaus werden ausgewählte

Teilnehmer/innen direkt durch das Vorhaben

betriebswirtschaftlich ausgebildet, um diese

zu Unternehmensgründungen zu ermutigen

bzw. für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren.

Eine sehr breite bessere finanzielle Grund-

bildung wird auch im Rahmen von „Road-

shows“ und der Verbreitung von Aufklä-

rungsmaterialien z.B. am Weltspartag

gefördert. Jugendlichen und Arbeitssuchen-

den wird so eine Perspektive aufgezeigt,

sich als Kleinstunternehmer/innen eine Exis-

tenz im eigenen Land aufzubauen.

5. Um die Ressourcen des Vorhabens zielge-

richtet einsetzen zu können, wurden in der 2.

Phase die Partner Mikrofinanzbanken des

Vorhabens in 3 Kategorien klassifiziert, um

die weitere leitungs- und potenzialge-

rechte Unterstützung der Banken durch

das Vorhaben zu ermöglichen. Als Ergebnis

dieser Maßnahmen entwickelten die Finan-

zinstitutionen, adäquate und kundenorien-

tiere Finanzdienstleistungen für KKMU und

ökonomisch aktive Haushalte. Über die Un-

terstützung des Projektes wurde so das Kre-

ditvolumen der Mikrofinanzbanken seit 2014

um 22% gesteigert. Die Anzahl der gegen-

wärtig 214.000 Kreditnehmer/innen pro Mik-

rofinanzbank erhöhte sich durch die Unter-

stützung um durchschnittlich 55%. Diese

können ihr wirtschaftliches Potenzial besser

nutzen. Die GIZ trägt so dazu bei, dass Men-

schen unternehmerische Ideen umsetzen

und aus eigener Kraft ein Einkommen erzie-

len können.

Ein Beispiel für entwicklungswirksame Mikrofinanzie-

rung ist Herr Abiodun aus Ota, einer Stadt im Bun-

desstaat Ogun. Gleich nachdem die Mikrofinanzbank

„Landgold MFB Ltd.“ in seinen Ort kam, hat er ein

Bankkonto eröffnet. Bald bekam er auch seinen ers-

ten Kleinstkredit über umgerechnet 200 Euro. Das

war vor vielen Jahren, als seine kleine Backstube

dringend eine Finanzspritze brauchte. Mit kleinen

Schritten und fristgerechter Zurückzahlung weiterer

Kredite hat er heute die in seinem Stadtteil größte

Bäckerei mit über 10 Angestellten. Und nicht nur das,

er konnte sich auch ein zweites Standbein aufbauen.

Sein letzter Kredit von Landgold MFB über immerhin

6.750 Euro ermöglichte ihm, einen leistungsstarken

Stromgenerator für seinen professionellen Event-

Mietservice zu erwerben.

Zur Erhöhung der Breitenwirksamkeit werden die Er-

fahrungen aus der Unterstützung der Mikrofinanz-

banken in den drei Bundesländern so aufbereitet,

dass Partnerinstitutionen diese auch in Regionen ein-

setzen können, in denen das Vorhaben keine direkte

Unterstützung leistet.

Entwicklung von verbesserten Technologien und

Geschäftsbeziehungen für Kleinbäuerinnen und

Kleinbauern

Im Handlungsfeld Wertschöpfungskettenförderung

werden die Geschäftsbeziehungen zwischen den

Kartoffel- oder Maniokproduzierenden KKMU und

den in der Weiterverarbeitung tätigen Unternehmen

ausgebaut. Dazu werden durch das Vorhaben u.a.

Geschäftskontakte vermittelt, der Einsatz neuer und

verbesserter Technologien gefördert sowie Finanzie-

rungsfragen geklärt. Dazu analysierte das Vorhaben

zunächst die besondere Relevanz der Wertschöp-

fungsketten für ärmere Bevölkerungsschichten, so-

wie die spezifischen Bedarfe weiblicher Arbeitskräfte

und der von Frauen geführten KKMU. Entsprechend

der Ergebnisse wurden dann die Fördermaßnahmen

gestaltet. Für jede einzelne Wertschöpfungskette

wurden Unterstützungsnetzwerke aus öffentlichen

und privaten Organisationen geschaffen und spezifi-

sche Fortbildungsmaßnahmen organisiert und durch-

geführt.

Eine besondere Erfolgsgeschichte ist die Förderung

der Kartoffel-Wertschöpfungskette. Der Konsum von

Kartoffeln hat sich in Nigeria im letzten Jahrzehnt

verdoppelt. Kartoffeln sind jedoch oft von schlechter

Qualität und teuer. Wichtige Anbauprinzipien werden

nicht befolgt. Mangelnde Lagermöglichkeiten führen

zu hohen Ernteverlusten.

Das Vorhaben entwickelte dafür einen umfassenden

Ansatz:

1. Vor Beginn des Projektes waren in Nigeria

nur vier Kartoffelsorten registriert, in Südaf-

rika beispielsweise sind es dagegen über

200. In Kooperation mit der German Food

Partnership wurden 12 neue Sorten einge-

führt.

Page 13: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

13

2. Schulungen zu verbesserten landwirtschaft-

lichen Praktiken von mehr als 1.000 Bauern

und Bäuerinnen sowie Trainings für die wei-

tere Verarbeitung und Vermarktung von Kar-

toffeln wurden durchgeführt, um die Wert-

schöpfung zu erhöhen.

3. Zur Stärkung des unternehmerischen

Handelns kam das „Farmer Business

School“ Konzept zum Einsatz.

4. Als Produktinnovation wurde der bis dahin

in Nigeria unbekannte Kartoffelpuffer einge-

führt. Das Rezept wurde an den lokalen

Gaumen angepasst und etwa 1.000 Betrei-

berinnen von Garküchen wurden trainiert.

Dies förderte den Kartoffelkonsum und stei-

gerte besonders das Einkommen von

Frauen.

5. Durch den Bau von 12 Kartoffel-Lagerhäu-

sern konnten die Einnahmen von Kartoffel-

bauern um etwa 30 % erhöht werden.

6. Der Kartoffelverband wurde darin gestärkt,

die Interessen der Kartoffelbauern besser

zu vertreten. Dies betrifft z.B. die Gesetzge-

bung, Verfahren für Saatgutimporte, sowie

Zugang zu Dünger.

Dieser Ansatz zeigte seine Wirkungen: die Erträge

von Kartoffelbauern konnten von 3-6 t/ha auf über 12

t/ha gesteigert werden. Durch die größeren Mengen,

die Qualitätssteigerung und den Zusammenschluss

der zahlreichen Einzelgruppen zu einem Dachver-

band der Kartoffel-Produzenten im Bundesstaat Pla-

teau konnten Kleinbauern die Anforderungen von

landesweit agierenden Supermarktketten erfüllen und

fest in deren Zulieferketten eingebunden werden. Der

neue Kleinbauernverband übernimmt die Abwicklung

des Geschäftes, einschließlich Bedarfsvorschau, La-

gerung und Transport sowie die weitere Fortbildung

der Mitglieder. Diese erzielen pro Jahr rund 230.000

Euro Mehreinnahmen durch das beschriebene Mo-

dell. Diese Erfolge haben für die betroffenen Men-

schen eine besondere Bedeutung, da der Bundestaat

Plateau aufgrund der sozioethnischen Spannungen

insgesamt ein eher schwieriges Investitionsumfeld

bietet. Ähnlich erwartet das Vorhaben auch bei der Wert-

schöpfungskette Maniok eine Umsatzsteigerung der

Maniokbauern um ca. € 200.000 / Jahr über direkte

Lieferbeziehungen mit 26 Verarbeitungsbetrieben.

Erleichterungen für den Handel und den Export

Im vierten Handlungsfeld werden wiederum vor allem

auf nationaler Ebene Handelserleichterungen durch

den Abbau administrativer Hürden in Kooperation mit

dem Handelsministerium und der Zollverwaltung an-

gestrebt. Dazu erstellt das Vorhaben Studien zu den

Wirkungen von Handelsmaßnahmen und unterstützt

die zuständigen öffentlichen Stellen bei der Umset-

zung von ECOWAS-Maßnahmen im Handelsbereich.

Insgesamt wurden so rund 700 Beamte des Zolls und

anderer Institutionen im Bereich Handelsförderung

geschult. Unternehmensverbände und bisher ca.

1.000 KKMU werden durch das Vorhaben direkt zu

Handelsfragen informiert, sensibilisiert und fortgebil-

det. Dabei werden gezielt auch Unternehmerinnen

gestärkt. Sie können so die Vorteile von bestehenden

Handelsabkommen, wie z.B. die zollfreie Einfuhr von

Waren besser nutzen.

Weiterhin werden die Auswirkungen von Straßenkon-

trollen auf den Gütertransport und den Handel syste-

matisch beobachtet und ausgewertet. Das Vorhaben

geht dabei gemeinsam mit dem Bundestaat Ogun

und der Handelskammer einen völlig neuen Weg.

Eine spezifisch entwickelte Smartphone-App ver-

sucht, die Eindämmung der Korruption mit der

Verbesserung wirtschaftlicher Entwicklung zu

verbinden.

„Die Korruption in Nigeria

ist möglicherweise eines

der größten Hindernisse

für Demokratie, wirtschaft-

liche Entwicklung und die

Sicherheit der Menschen“,

urteilt der nigerianische

Rechtssoziologe Etannibi

Eo Alemika. So berichtete

Human Rights Watch in ih-

rem Report 2010, dass die

weit verbreitete Korruption

im Polizeiapparat zum Missbrauch am Bürger führe

und die Rechtsstaatlichkeit untergrabe.

Die im Rahmen des Vorhabens entwickelte Smart-

phone-App Trade Route Incident Mapping System

(TRIMS) erlaubt die anonyme Meldung von illegalen

Checkpoints an Handelsrouten und Grenzübergän-

gen. Mit TRIMS wird der Whistle-Blowing-Ansatz

erstmals im Zoll-und Warenverkehrswesen einge-

setzt und dem nigerianischen Länderkontext ange-

passt. Wichtiges Merkmal von TRIMS ist der Einsatz

moderner und zugleich allgemein verfügbarer Infor-

mations- und Kommunikationstechnologien. So kann

zukünftig jede Person, die von Korruption oder Ge-

walt betroffen ist, eine anonymisierte Nachricht an

Page 14: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

14

eine netzbasierte

Crowdsourcing-

Plattform senden.

Gemeldet wird, wo

der Vorfall statt-

fand, welche Be-

hörde involviert

war, ob Gewalt an-

gewendet, wie lange man aufgehalten wurde und

welcher Betrag als Schmiergeld gezahlt werden

musste. Da keine Namen genannt werden, wird die

Möglichkeit ausgeschlossen, das System zur Denun-

ziation zu missbrauchen. Mit Unterstützung des Vor-

habens wurde das Instrument durch Radiopro-

gramme, Reklametafeln und

Informationsveranstaltungen auf den 35 Haupt-

distriktmärkten bekannt gemacht und die App ist in-

zwischen in ganz Nigeria nutzbar.

Einer der Nutzer ist Herr Sunday, ein 74-jähriger

Holzkohle-Händler. Für ihn hat TRIMS sehr wichtige

Veränderungen mit sich gebracht. Er zahlte vorher

regelmäßig mehr als das doppelte an Bestechungs-

geldern zusätzlich zu den regulären Straßengebüh-

ren auf seinen mit dem Kleinlaster zurückgelegten

Strecken. „Inzwischen haben wir nur noch selten

Probleme mit den Beamten. Wenn wir sagen, dass

wir nicht zahlen, ist es für sie meist in Ordnung“. Bislang sind 2.200 Meldungen eingegangen.

Die Auswertung zeigt ein klares Muster der Be-

schwerden, ca. 70% beziehen sich auf die Polizei.

Um daraus auch Verbesserungen zu entwickeln, un-

terstützte das Vorhaben in einem Bundesland die

anonymisierte Verbreitung der gesammelten Daten in

einem Newsletter und die Diskussion auf einer Ver-

anstaltung mit Vertretern aller Sicherheitsbehörden.

Ein entsprechender Verhaltenskodex von den Si-

cherheitsbehörden und seitens der verfassten Wirt-

schaft wurde im Zuge dessen erarbeitet und unter-

schrieben. Weitere Dialogveranstaltungen wurden

durch die National Association of Nigerian Traders

organisiert, um einen gemeinsamen Aktionsplan

aufzusetzen.

Ansatz zur Sicherung der Nachhaltigkeit und der

Breitenwirksamkeit

Durch die parallelen und komplementären Unterstüt-

zungsmaßnahmen auf nationaler, bundesstaatlicher

sowie lokaler Ebene und die systematische Aufberei-

tung von Lernerfahrungen und deren Einspeisung in

den Politikdialog auf der nationalen Ebene wird die

weitere Nutzung und dadurch die Breitenwirksamkeit

des Vorhabens gefördert. Durch die gleichzeitige Un-

terstützung von privaten und öffentlichen Akteuren

sowie die Förderung des Dialogs zwischen ihnen

konnten strukturelle Hindernisse für die Finanz- und

Privatsektorentwicklung überwunden werden. Wich-

tige Synergien ergeben sich auch durch die Verzah-

nung mit der deutschen Finanziellen Entwicklungszu-

sammenarbeit durch den komplementären Einsatz

von Investitionen und Beratung durch die GIZ bei der

Förderung und Beratung von Mikrofinanzbanken o-

der KKMU.

Herr Sunday

Page 15: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

15

3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda

Hohes Wirtschaftswachstum mit nur geringer Be-

schäftigungswirkung

Seit Mitte der 90er Jahre hat sich Ruanda wirtschaft-

lich und politisch schnell entwickelt und die Wirtschaft

verzeichnete in den vergangenen Jahren mit fast 8%

ein hohes Wachstum.Trotz dieses hohen Wirtschafts-

wachstums gehören Arbeitslosigkeit und Unterbe-

schäftigung weiterhin zu den größten Herausforde-

rungen Ruandas. Die Mehrheit der Bevölkerung

arbeitet im landwirtschaftlichen Sektor oder nur mit

geringem Einkommen.

Wirkungsbereiche des Vorhabens

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den drei Aggregationsindikatoren der Wirkungs-

daten 2016

Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw.

-Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.

Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-

nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-

schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-

fügen.

Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen

bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden.

Die erfolgreiche Unterstützung von KKMU und Mikrofinanzbanken fördert das wirtschaftliche Wachstum, die

Schaffung von produktiven und menschenwürdigen Arbeitsplätzen, die Erhöhung der Einkommen ärmerer

Haushalte und die Verringerung der Armut. Das Vorhaben hat somit positive Auswirkungen auf

• das SDG 8: Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäfti-

gung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern,

insbesondere auch die Unterziele:

o 8.3: Entwicklungsorientierte Politiken fördern, die produktive Tätigkeiten, die Schaffung menschen-

würdiger Arbeitsplätze, Unternehmertum, Kreativität und Innovation unterstützen, und die Forma-

lisierung und das Wachstum von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen unter anderem durch den

Zugang zu Finanzdienstleistungen begünstigen,

o 8.10: Die Kapazitäten der nationalen Finanzinstitutionen stärken, um den Zugang zu Bank-, Versi-

cherungs- und Finanzdienstleistungen für alle zu begünstigen und zu erweitern.

• das SDG 1: Armut in allen ihren Formen und überall beenden

• das SDG 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung

befähigen.

Page 16: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

16

Insbesondere Frauen arbeiten meist im informellen

Sektor in wenig produktiven Beschäftigungen. Die

Produktivität der ca. 90 % Kleinst- und Kleinunter-

nehmen (KMU) mit ein bis drei Arbeitskräften ist ge-

ring. Dafür sind auch das geringe Niveau der berufli-

chen Qualifizierung sowie geringe Kapazitäten

staatlicher und privater Wirtschaftsförderinstitutionen

verantwortlich. Die relevanten öffentlichen und priva-

ten Akteure sind noch nicht ausreichend leistungsfä-

hig, um einzeln oder gemeinsam zur Entwicklung

nachhaltiger Beschäftigung beizutragen.

Die Förderung von Beschäftigung steht weit oben auf

der nationalen Entwicklungsagenda. Die größten

Herausforderungen sind mehr Beschäftigungsmög-

lichkeiten insbesondere für Frauen und Jugendliche

und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Ru-

anda möchte die berufliche Qualifizierung verbes-

sern, die Privatwirtschaft fördern und in den Arbeits-

markt intervenieren. Ruanda plant jährlich 200.000

neue Arbeitsplätze zu schaffen und bis 2020 ein

Land mittleren Einkommens zu werden.

Privatwirtschaftsförderung und berufliche Qualifi-

zierung für mehr und produktivere Beschäftigung

Das Ziel des durch das BMZ finanzierten Vorhabens

Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ru-

anda ist es, die individuelle und gemeinschaftliche

Leistungsfähigkeit von öffentlichen und privaten Insti-

tutionen zur Entwicklung nachhaltiger Beschäftigung

zu verbessern. Dafür kombinierte das Vorhaben drei

Arbeitsgebiete3:

1. Privatwirtschaftsentwicklung: Das Vorha-

ben verbesserte die Wettbewerbsfähigkeit

von kleinen und mittleren Unternehmen. Die

Unterstützung durch die GIZ ist auf die Ver-

besserung des Geschäfts- und Investitions-

klimas auf nationaler und lokaler Ebene kon-

zentriert. In allen ausgewählten Sektoren

haben Umweltaspekte und Ansätze zur För-

derung von Frauen hohe Priorität.

2. Berufliche Bildung und Qualifizierung:

Schwerpunkt ist die Gestaltung eines nach-

frageorientierten, nachhaltigen und qualitativ

hochwertigen Angebots beruflicher Qualifi-

zierung für die wachsende Zahl von Leh-

rer/innen, Schüler/innen und Mitarbeiter/in-

nen in Unternehmen.

3 Das Vorhaben entwickelte 2016 seine Strategie weiter. Die Beispiele und Aussagen

hier beziehen sich auf den Zeitraum der Wirkungsdaten 2010 – 2015, auch wenn Teile

auch heute noch fortgeführt werden.

3. Das Handlungsfeld Arbeitsmarktinterven-

tionen ist das Bindeglied zwischen den bei-

den genannten Bereichen. Die Unterstüt-

zung fördert die Integration der Zielgruppen

in den Arbeitsmarkt. Dafür werden kohärente

nationale Strategien für Beschäftigung entwi-

ckelt und die Koordination und Umsetzung

von Interventionen für Beschäftigung wie

beispielsweise Arbeitsvermittlungszentren

und -dienstleistungen gestärkt.

Neben der gemeinsamen Steuerung des Vorhabens

mit den Partnern leistet die GIZ gegenüber den Part-

nern vor allem technische Beratung und Organisati-

onberatung und qualifiziert Fach- und Führungskräfte

der Partnerorganisationen. Außerdem spielt die GIZ

eine zentrale Rolle als Moderator und Facilitator für

die Gestaltung des Austausches und der Zusammen-

arbeit zwischen staatlichen Akteuren und dem Privat-

sektor, sowie bei der Entwicklung und Gestaltung der

Mechanismen der Zusammenarbeit. Im Folgenden

werden einzelne Wirkungen dieses Ansatzes exemp-

larisch dargestellt:

Strukturierter Dialog zwischen Staat und Privat-

wirtschaft zur Verbesserung der wirtschaftlichen

Rahmenbedingungen

Austauschmög-

lichkeiten zwi-

schen Vertretern

von staatlichen

Behörden und

der Privatwirt-

schaft - meistens

in Form von Dia-

logveranstaltun-

gen - wurden auf

Distriktebene geschaffen, um wichtige Fragestellun-

gen und Probleme der lokalen Wirtschaft zu themati-

sieren und Verbesserungen zu entwickeln. Diese

Treffen, die sogenannten Rwanda Public Private Dia-

logues, wurden durch das Projekt und das zustän-

dige nationale Sekretariat unterstützt.

Für diese Dialogforen organisierte das Vorhaben dar-

über hinaus vorbereitende Workshops für Geschäfts-

frauen, damit sie ihre Anliegen besser einbringen und

vom Dialog profitieren können. Geschäftsfrauen ar-

beiten meist unter anderen Bedingungen als Männer

und sind daher oft spezifischen Problemen ausge-

setzt. „Durch das Rollenspiel im Rahmen der Vorbe-

reitung habe ich verstanden, wie wichtig es ist, dass

Marie-Bonne Consilie Musumayiri

Page 17: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

17

wir mit Selbstbewusstsein auftreten, nicht nur als Ge-

schäftsfrau, sondern auch gegenüber unseren Ehe-

männern. Wir spielen eine wichtige Rolle, nicht nur

bei der Entwicklung unserer Familie, sondern auch

zur Entwicklung der Gesellschaft und des Landes“,

meint Marie-Bonne Consilie Musumayiri, Geschäfts-

frau aus Muhanga.

Rose Kanyange vom RPPD Sekretariat erklärt: „Die

Dialogveranstaltung hilft Frauen ihre Probleme zu

analysieren, mit denen sie bei ihren wirtschaftlichen

Aktivitäten konfrontiert sind. Die strukturierten Dia-

loge sollen einen Weg finden, diese zu lösen.

In jedem Distrikt führen wir daher vorher sogenannte

Roadshows durch, um über den Ablauf und die Mög-

lichkeiten der Dialoge zu sensibilisieren“.

Durch die Vor-

bereitung er-

halten die

Frauen die

Möglichkeit,

mit Unterstüt-

zung einer

Moderation

ihre Probleme

zu analysieren, ihre Prioritäten zu klären und bei der

Veranstaltung mit einer Stimme zu sprechen. Dabei

werden auch realistische Lösungsvorschläge entwi-

ckelt. „Wir haben uns entschlossen, eine Kooperative

zu gründen. Gemeinsam mit der Distriktregierung ha-

ben wir dann einen geeigneten Ort auf dem kommu-

nalen Markt gefunden, wo wir zukünftig unsere Wa-

ren verkaufen können“, sagt Triphonie

Nyiramagambo aus Rubavu.

Auch Claudine Nyirakanyana aus Musanze kann von

einer sehr positiven Entwicklung dank der Dialogver-

anstaltung berichten. Um Steuern zu sparen, mietete

sie keinen Verkaufsstand auf dem Markt, sondern

verkaufte ihre Früchte aus dem Korb. Allerdings

musste sie immer auch ein Auge auf sich eventuell

nähernde Polizisten haben. Diese hatten ihr immer

wieder die gesamte Ware abgenommen, da der Ver-

kauf auf offener Straße illegal ist. Dies hatte für die

34 Jahre alte Mutter von 4 Kindern harte Konsequen-

zen, da ihr Mann arbeitslos ist und die Familie voll-

ständig von ihrem Einkommen abhängt. Allerdings

verband Claudine keine großen Hoffnungen mit dem

Gespräch und der Lösungsfindung mit den staatli-

chen Behörden. Später war sie dann überrascht,

dass sie und ihre Verkaufs-Kolleginnen in der Lage

waren, ihre Situation, die Probleme und die damit

verbundenen Risiken zu schildern. Die Sache wurde

tatsächlich ernst genommen und das Anliegen dem

Bürgermeister vorgebbracht. „Wir glaubten, dass un-

ser Anliegen zu wenig Bedeutung für die Behörden

hat, von daher haben wir nie den Kontakt mit den

Behörden gesucht. Aber der Dialog half uns, unser

Anliegen vorzubringen“. Als Ergebnis wurde dann

durch die lokale Regierung entschieden, dass

Frauen, die von informellen bzw. illegalen Verkaufs-

aktivitäten zu den offiziellen Marktständen wechseln,

zunächst für sechs Monate steuerbefreit sind. „Das

ist für den Distrikt gut, aber auch für uns vorteilhaft

und beendet viele Probleme mit denen wir bisher

konfrontiert waren. Der Dialog hat auch uns gestärkt.

Wenn man bedenkt, wie wir vorher von offizieller

Seite aus behandelt wurden, sind wir jetzt sehr zu-

frieden. Auf unseren Verkaufsständen wird nichts

mehr durch die Polizei konfisziert. Das hat nun ein

Ende und wir sind sehr glücklich“, meint Claudine

Nyirakanyana aus Musanze.

Insgesamt wurden bisher in 145 Dialogveranstal-

tungen auf Distriktebene 388 Beschlüsse gefasst,

die eine direkte Auswirkung auf die Unternehmenser-

gebnisse von Kleinen und Mittleren Unternehmen ha-

ben.

Neben diesen direkten Verbesserungen durch den

Dialog konnte auch eine bessere Zusammenarbeit

zwischen Lokalregierung und Privatsektor nachhaltig

verankert werden. In 30 Distrikten wurden Vertre-

ter/innen der Privatwirtschaft als Teilzeit-Mitglieder

der Distriktregierung ernannt. So kann die Privatwirt-

schaft ihre Anliegen in die Diskussion und zur Ent-

scheidungsfindung der Distriktregierung kontinuier-

lich einbringen.

Privatwirtschaftsentwicklung durch Business De-

velopment Services

Ein weiterer Ansatz zur Entwicklung der Privatwirt-

schaft waren Beratungsdienstleistungen für Unter-

nehmen, sogenannte Business Development Ser-

vices zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Dies ist vor allem für Kleine und Mittlere Unterneh-

men von großer Bedeutung, da sie meist nur gerin-

gen Zugang zu beruflichen Aus- und Weiterbildungs-

maßnahmen und Beratungsleistungen haben. Das

Vorhaben arbeitete bei der Umsetzung des Ansatzes

der Business Development Services mit den Unter-

nehmensverbänden und Kammern zusammen. Je-

weils 10 – 15 Unternehmen eines Sektors schlossen

sich dabei zu einem „Nukleus“ zusammen. Dieser

schaffte den Unternehmer/innen einen Raum, in dem

sie mithilfe eines Moderators ihre Probleme fundiert

analysieren und sich und ihre Situation mit den ande-

ren Betrieben vergleichen konnten (Benchmarking).

So konnten sie voneinander lernen und auch ge-

meinsam und selbstbestimmt unterstützende Dienst-

leistungen nachfragen. Der Vorteil ist einerseits der

Austausch und voneinander zu lernen, gleichzeitig

auch die Möglichkeit, Kosten bei der gemeinsamen

Triphonie Nyiramagambo

Page 18: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

18

Umsetzung der Lösungen zu sparen. Dieser Prozess

führt nicht nur zu Verbesserungen der Betriebe, son-

dern schafft auch Selbstbewusstsein der Betriebslei-

ter/innen. Insgesamt organisierten sich mehr als 350

Unternehmen in 27 aktiven Nukleus-Gruppen. Da-

bei war die Nachfrage nach Angeboten der berufli-

chen Aus- und Weiterbildung besonders groß. So

auch in einem Fall von Kfz-Werkstätten in der Haupt-

stadt Kigali, die sich zu einem Nukleus zusammenge-

schlossen haben. Viele Werkstätten in Ruanda ha-

ben das Problem der nicht ausreichend qualifizierten

Mitarbeiter/innen. Dies reduziert die Qualität der Leis-

tungen sowie die Produktivität. Darüber hinaus wird

der Aufsichts- und Kontrollbedarf durch den Werk-

stattleiter bzw. den Besitzer sehr groß.

„Durch den Zusammenschluss profitiert die Hälfte

meiner Mitarbeiter. Ich habe die zu trainierenden Mo-

dule / Themen mit ausgewählt. Dadurch erwarte ich

mir nicht nur eine höhere Arbeitsproduktivität in mei-

ner Werkstatt, sondern auch mehr Kunden“, meint

Leandre Munyororo, der Besitzer der ATECAR Werk-

statt in Kigali. Die Werkstätten des Nukleus hatten

sich gemeinsam maßgeschneiderte Fortbildungen

bei einer Berufsschule eingekauft. Dadurch profitie-

ren nicht nur die Werkstätten von ausgezeichneten

Weiterbildungsmaßnahmen entsprechend ihres Be-

darfs. Auch die Ausbildungszentren der Berufsschule

können durch die dabei gesammelten Erfahrungen

der Praxis der Werkstätten nicht nur ihre normalen

Trainings und Ausbildungen dem Bedarf des Marktes

anpassen, sondern auch noch zusätzliche Einnah-

men generieren. Andere gemeinsam entwickelte und

organisierte Unterstützungsleistungen der Nukleus-

Gruppen sind beispielsweise Trainings zu Fragestel-

lungen wie Buchhaltung oder auch gemeinsame Prä-

sentationen auf Messen.

Darüber hinaus wurden mittlerweile auch für 12 Sek-

toren sogenannte „Sector Skills Councils" mit Beteili-

gung privater und öffentlicher Stakeholder gebildet,

die sich regelmäßig treffen, um den Qualifikationsbe-

darf in einem Sektor zu diskutieren und festzulegen.

Um auch deren Nachhaltigkeit zu sichern und sie in

die Politik von Ruanda zu integrieren, hat das Vorha-

ben auf nationaler Ebene die relevanten Behörden

wie das Industrie- und Handelsministerium und die

nationale Wirtschaftsförderorganisation involviert und

beraten. Dadurch konnte schließlich ein nationaler

Rahmen durch das Kabinett verabschiedet werden,

der die Existenz der Plattformen absichert und ihnen

Orientierung gibt.

Ebenfalls auf nationaler Ebene beriet das Vorhaben

Verbände und Wirtschaftskammern fachlich und me-

thodisch. Letztere unterstützte das Projekt dabei,

Dienstleistungen für ihre Mitglieder zu erbringen und

die Interessen der kleinen und mittleren Unterneh-

men zu vertreten.

Verbesserungen bei System und Umsetzung der

Berufsbildung - Theoretisches Wissen und Praxis

entsprechend des Bedarfs

Mit Verantwortlichen aus Berufsschulen, privaten Bil-

dungsinstituten und dem Bildungsministerium erar-

beitete das Projektteam ein arbeitsmarktorientiertes

Angebot zur beruflichen Qualifizierung. Die Partner

führten in den vier vom Vorhaben geförderten Bran-

chen die kooperative, duale Berufsausbildung ein.

Mit dem Bildungsministerium, der Berufsbildungsbe-

hörde und Vertretern der Privatwirtschaft entwickelte

das Vorhaben das nachfrageorientierte Berufsbil-

dungssystem weiter. Wichtiges Element dabei war

die Weiterentwicklung eines Systems der Aus- und

Fortbildung von Berufschullehrer/innen und die Quali-

fizierung betrieblicher Ausbilder. Die Training of Trai-

ners Initiative verbesserte dabei die praktischen und

technischen Fähigkeiten der Lehrer/innen der berufli-

chen Aus- und Weiterbildung. Insgesamt wurden

1.832 Berufsschullehrer/innen, davon 206 Lehrerin-

nen sowie 475 betriebliche Ausbilder/innen qualifi-

ziert.

Die Bedarfsorientierung der Ausbildung bestätigt

der 24-jähirge Dieudoné Niyonsega. Er hat eine Bau-

gewerbe-Ausbildung abgeschlossen und konnte di-

rekt im Anschluss eine Arbeit aufnehmen. „Die Unter-

richtsmethodik ist gut, ich habe das erforderliche

theoretische Wissen und alle praktischen Fähigkeiten

erlernt, die ich jetzt für meine Arbeit brauche. Schon

vom ersten Spatenstich dieses Gebäudes bin ich hier

als Vorarbeiter dabei“ sagt er nicht ohne etwas Stolz,

was auch das aufgebaute Selbstvertrauen in seine

Fähigkeiten ausdrückt. „Ich hatte seit meinem Ar-

beitsbeginn noch nie Schwierigkeiten, auch dank

meiner praktischen Vorerfahrungen bei anderen Bau-

stellen im Rahmen der dualen Ausbildung“.

Dieudoné Niyonsega

Darüber hinaus wurden 364 Berufsschuldirektoren zu

Managementfragen qualifiziert. 42 Direktoren betei-

ligten sich auch in Nukleus-Gruppen, die sie dabei

unterstützten und begleiteten, ihre Schulen noch

mehr in einer unternehmerischen Art und Weise zu

Page 19: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

19

führen. Auch in diesem

Handlungsfeld spielten

die Beratungsleistun-

gen des Vorhabens

auf nationaler Ebene

eine wichtige Rolle.

Die guten Erfahrungen

der konkreten Umset-

zung auf lokaler Ebene

konnten für die

Entwicklung von Politi-

ken und Strategien im

Sektor genutzt werden. Die durch das Kabinett im

September 2015 verabschiedete Politik der berufli-

chen Aus- und Weiterbildung kann dafür als Beispiel

dienen. Ein anderes Beispiel ist der entwickelte und

genehmigte Rahmen für die Implementierung der

Training of Trainers Initiative durch die Berufsbil-

dungsbehörde. Diese ermöglicht nicht nur die Brei-

tenwirksamkeit, sondern sichert auch die Nachhaltig-

keit der lokal erzielten Erfolge ab.

Insgesamt wurde so das System der Beruflichen

Aus- und Weiterbildung in Ruanda effizienter und

effektiver, indem es mehr dem Bedarf der wach-

senden und sich verändernden Wirtschaft in Ru-

anda gerecht wird.

Verbesserungen im Arbeitsmarkt als wichtiges

Bindeglied zwischen Berufsausbildung und Pri-

vatwirtschaftsförderung

In der Hauptstadt Kigali eröffnete mit Unterstützung

des Vorhabens das erste Arbeitsvermittlungszentrum

(Kigali Employment Service Centre, KESC) im Mai

2013. Es bietet sowohl Arbeitssuchenden seine

Dienstleistungen an und hilft Unternehmen, ihre offe-

nen Stellen zu besetzten. Mehr als 1.500 Arbeitssu-

chende haben sich bereits registriert. Mittlerweile ha-

ben 1.000 Arbeitssuchende ein Unterstützanagebot

bekommen, insbesondere Berufsberatungen oder

auch Trainings zum Verfassen des CV oder zur Vor-

bereitung auf Bewerbungsgespräche. 80 Personen

wurde erfolgreich ein Praktikum vermittelt, 361 Ar-

beitssuchende wurden in Beschäftigung gebracht. Ei-

ner davon ist Marius Rwangasore: „Ich habe an der

Universität Informationstechnologie studiert. Nach

meinem Abschluss habe ich nicht gleich einen Job

gefunden, das war nicht einfach. Ich lernte das KESC

über Freunde kennen, so habe ich zunächst Fortbil-

dungen bekommen, vor allem im unternehmerischen

Handeln und zum Web Design. Außerdem wurde ich

in die Datenbank für Arbeitssuchende aufgenommen.

So habe ich es dann geschafft, bei „Property Mode“

zu arbeiten. Ich kann nur allen Arbeitssuchenden

empfehlen, das KESC zu nutzen, sich online zu re-

gistrieren und selbst auch in der Datenbank immer

wieder die offenen Stellen anzuschauen.“

Das KESC bietet auch in Zusammenarbeit mit der

Ruandischen Kammer für Unternehmerinnen mit der

technischen Unterstützung des Vorhabens ein Men-

toring-Programm zur Unternehmens- und Mitarbeiter-

führung spezifisch für Frauen an. Umuhire Espe-

rance ist eine der weiblichen Führungskräfte, die

dieses Programm absolviert haben. Das dreiwöchige

Training kam für sie zur rechten Zeit als sie arbeitslos

war. Es half ihr, wieder aus der zum Teil selbst be-

wirkten Isolierung herauszutreten und neue Möglich-

keiten zu sehen und zu erschließen. „Ich fühlte mich

als Arbeitslose alleine. Dank des Programms habe

ich wieder viele Leute kennengelernt, mit denen ich

seit dem Kurs im Oktober 2014 immer noch in Kon-

takt bin.“ Nach dem Training bewarb sie sich für

mehrere Positionen. „Bei den Bewerbungsgesprä-

chen war ich positiv überrascht, dass ich durch

meine Mentorin bestens vorbereitet war. So konnte

ich sehr selbstbewusst auftreten und meinen jetzigen

Job bekommen“.

Eine Umfrage bestätigte die Zufriedenheit der

Kund/innen mit den Leistungen des KESC. 89% der

Arbeitssuchenden und 95% der Unternehmen sind

mit den Dienstleistungen zufrieden.

Marius Rwangasore

Page 20: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

20

3.3 Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz und erneuerbare Ener-

gien in Moscheen. Teil der Sonderinitiative Nordafrika, Nahost

Energiewende auch zur Sicherung des sozialen

Friedens in Marokko

Marokko ist neben Algerien das einzige nordafrikani-

sche Land, das bisher von gravierenden politischen

und wirtschaftlichen Krisen im Zuge des arabischen

Frühlings verschont geblieben ist. Die marokkanische

„Ausnahme“ ist jedoch gefährdet. Hohe Arbeitslosig-

keit und Entwicklungsdefizite insbesondere in ländli-

chen Gebieten gefährden den sozialen Frieden. Zu-

dem belasten kontinuierlich steigende Energiepreise

die Wirtschaftsentwicklung. Marokko verfügt mit Aus-

nahme von Phosphat über keine nennenswerten Bo-

denschätze. Energieträger wie Öl und Gas werden

zu 95 Prozent importiert. Energieimporte sowie -sub-

ventionen belasten zunehmend den Staatshaushalt.

Unter steigenden Energiepreisen leiden insbeson-

dere ärmere Haushalte, wodurch soziale Unter-

schiede verschärft werden.

Der Ausbau erneuerbarer Energien und die Verbrei-

tung energieeffizienter Technologien gehören daher

zu den obersten Prioritäten der marokkanischen

Wirkungsbereiche des Vorhabens

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den drei Aggregationsindikatoren der Wirkungs-

daten 2016

Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen

bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden

Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw.

-Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.

Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-

nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-

schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-

fügen.

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den

SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebens-

langen Lernens für alle fördern

SDG 8: Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbe-

schäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern,

o 8.3: Entwicklungsorientierte Politiken fördern, die produktive Tätigkeiten, die Schaffung menschen-

würdiger Arbeitsplätze, Unternehmertum, Kreativität und Innovation unterstützen, und die Forma-

lisierung und das Wachstum von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen unter anderem durch den

Zugang zu Finanzdienstleistungen begünstigen,

o 8.6 Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder

Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.

Page 21: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

21

Politik. Marokko nimmt eine Vorreiterrolle bei der

Energiewende in der arabischen Welt ein. Bis 2030

sollen 52 Prozent des Stroms in Marokko aus erneu-

erbaren Energien gewonnen werden. Programme zur

Förderung des Einsatzes regenerativen Energien so-

wohl in Moscheen und anderen öffentlichen Gebäu-

den als auch in privaten Haushalten und Betrieben

sollen entwickelt werden. Bislang sind die positiven

Wirkungen des verstärkten Einsatzes dieser Zu-

kunftstechnologien auf Wirtschaft und Beschäftigung

jedoch noch gering. Entscheidungsträger und Bevöl-

kerung sind bislang eher skeptisch. Durch das lan-

desweite Programm „Grüne Moscheen“ will die ma-

rokkanische Regierung die energetische

Modernisierung von Moscheen und die Verbreitung

erneuerbarer Energien und energieeffizienter Tech-

nologien ankurbeln.

Sonderinitiative des BMZ in Nordafrika und Nah-

ost für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung

Die BMZ-Sonderinitiative Stabilisierung und Entwick-

lung in Nordafrika und Nahost zielt u.a. auf eine

nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und die Schaf-

fung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen ab. Beide

Ziele werden im durch das BMZ finanzierten Vorha-

ben „Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz

und erneuerbare Energien in Moscheen“ verbunden.

Es strebt an, Geschäfts- und Beschäftigungsmöglich-

keiten in den Bereichen Energieeffizienz (EE) und er-

neuerbare Energien (RE) zu schaffen. Dafür entwi-

ckelt das Vorhaben einen Ansatz mit mehreren

Hebeln.

Stärkung der Nachfrage nach Dienstleistungen in

den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare

Energien

Damit Unternehmen aus dem Bereich Energieeffizi-

enz und erneuerbare Energien Arbeitsplätze

schaffen können, benötigen sie Aufträge. Viele Ent-

scheidungsträger und potentielle Klienten sind sich

jedoch noch nicht der Vorteile erneuerbarer Energien

und der bestehenden Einsparpotentiale bewusst. Ein

zentraler Ansatz des Vorhabens besteht daher darin,

potentiellen Kunden die Vorteile deutlich zu machen,

um die Nachfrage nach Dienstleistungen in diesen

Bereichen zu stärken. Die Moscheen sind dafür ein

sehr günstiger Ausgangspunkt. Einerseits wird die

Stromrechnung von rund 15.000 Moscheen im Land

zentral vom Ministerium für religiöse Angelegenhei-

ten bezahlt. Für das Ministerium ergibt sich demnach

ein signifikantes Potential für Energieeffizienz und

Kostensenkung. Gleichzeitig sind Moscheen ein

zentraler Punkt im Leben vieler Marokkaner, können

daher die Menschen für das Thema sensibilisieren

und somit auch das Bewusstsein der Öffentlichkeit

stärken. Dies ist eine Voraussetzung, damit auch Mo-

dernisierungsmaßnahmen in anderen öffentlichen

und privaten Bereichen zur Energieeffizienz durchge-

führt werden und Arbeitsplätze schaffen und einen

Beitrag zu wirtschaftlicher Stabilisierung leisten. „Es

geht auch darum, erneuerbare Energien zu entmysti-

fizieren. Immer noch sind viele Menschen skeptisch

und haben Angst, dass die LED-Leuchten die religi-

öse Atmosphäre zerstören und die Gebetsräume wie

Operationssäle aussehen lassen könnten. Die Men-

schen sehen den Nutzen noch nicht, weil Energie in

Marokko noch relativ günstig ist“, sagt Ahmed Bou-

zid, Projektleiter der staatlichen Energieinvestitions-

gesellschaft SIE. Als nachgeordnete Institutionen des

zuständigen Energieministeriums ist die SIE ein

wichtiger Partner des Vorhabens. Neues Businesssmodell durch Energieeinspa-rung mit vielen Gewinnern

Zentrales Element der Unterstützung im Rahmen des

Vorhabens ist die Beratung der Partnerinstitutio-

nen bei der Entwicklung eines Finanzierungs-

und Vertragsmodells für die zu sanierenden Mo-

scheen, das rentabel und dadurch mittelfristig selbst-

tragend ist. Zunächst werden staatliche Moscheen in

den Ballungsräumen Rabat, Casablanca, Fès und

Marrakesch umgebaut. Begonnen hat das Vorhaben

mit der energetischen Modernisierung der ersten 100

Moscheen. Da-

bei wurden auch

die beiden größ-

ten Moscheen in

Marrakesch und

eine Moschee im

ländlichen Tad-

mamt als Pilot-

projekte mit LED-

Beleuchtung, Photovoltaik und Solarthermie ausge-

stattet. Die Solarzellen sollen für Strom und warmes

Wasser sorgen, LED-Leuchten den Stromverbrauch

senken. Mindestens 40 Prozent des Energiebedarfs

sollen so eingespart werden. Beim Pilotprojekt, der

As-Sunna Moschee in Rabat, sind dadurch die Ener-

giekosten von umgerechnet monatlich 600 Euro

auf rund 100 Euro gesunken.

Arbeitsplätze und Dienstleistungsqualität durch

Qualifikation

Allerdings sind Fachkräfte für Dienstleistungen der

Installation und Wartung von Erneuerbare-Energien-

Anlagen vielfach noch nicht ausreichend ausgebildet.

Daher ist das Schaffen der erforderlichen Qualifi-

kationen ein weiterer Hebel des Vorhabens, um Be-

schäftigungsmöglichkeiten in den Bereichen

Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu

Page 22: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

22

schaffen. Eine besondere Herausforderung bestand

für das Vorhaben darin, die in den einzelnen maro-

kkanischen Regionen sehr unterschiedlichen wirt-

schaftlichen Strukturen bei der Konzeption der Fort-

bildungsangebote zu berücksichtigen. Dabei mode-

rierte das Vorhaben Konsultationsprozesse, an

denen neben Vertretern verschiedener staatlicher

Behörden auch Mitarbeiter/innen von Banken und

zahlreichen Unternehmen und Fachkräfte aus ande-

ren Sektoren beteiligt wurden. Es wurde unter ande-

rem deutlich, dass eine starke Nachfrage nach Mo-

dernisierungsmaßnahmen zur Steigerung der

Energieeffizienz unter Nutzung regenerativer Ener-

gien existiert, jedoch die bisher bestehenden Ange-

bote der Firmen noch nicht ausreichend bekannt

sind.

Im Vorhaben wurden dann gemeinsam zwischen GIZ

und den marokkanischen Partnern auf die lokalen

Bedürfnisse zugeschnittene Fortbildungsangebote

entwickelt. Inhalte der ca. 3-wöchigen Fortbildungen

sind Themen wie Unternehmensführung oder die

Entwicklung von Businessplänen sowie Marketing.

Dabei war die Durchführung so praxisorientiert, dass

Teilnehmer/innen bereits als Teil der Fortbildung

erste potentielle Klienten (z.B. Hotels) kontaktierten

und sich in der Formulierung ihres Angebots üben,

um sie für ihre zukünftigen Dienstleistungen zu ge-

winnen. So werden Neugründungen von Firmen ge-

fördert und Handwerker/innen und Techniker/innen

bei ihrer Ausbildung und Professionalisierung unter-

stützt. Die Firmen werden dabei beraten, ihre Wett-

bewerbsfähigkeit zu verbessern und neue Markt-

segmente zu erschließen. Gleichzeitig werden

Arbeitssuchende gezielt qualifiziert und weitergebil-

det, um sie in Beschäftigung zu bringen und vor-

handene sowie neu entstehende Stellen erfolgreich

besetzen zu können.

Yassine Alj hat

sich vor etwas

mehr als zwei

Jahren in

Agadir selbst-

ständig ge-

macht und hat

an mehreren

Fortbildungen

des Projekts teilgenommen. Er gründete die Firma

Ecotaqa, ein auf Energiedienstleistungen speziali-

siertes Unternehmen. Mittlerweile hat er drei Perso-

nen eingestellt und damit neue Arbeitsplätze ge-

schaffen. Yassine Alj ist Energie- und

Umweltingenieur. „Die Anfänge waren schwer, aber

mittlerweile kommt Schwung in unser Geschäft.

Durch die Erfahrungen mit dem Projekt „Energieeffi-

zienz in Moscheen“ konnten wir unsere Arbeit im Be-

reich Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden ver-

bessern, und somit auch international konkurrenzfä-

higer werden. Ich habe unter anderem einen auf

Energieeffizienz spezialisierten Ingenieur und zwei

Techniker einstellen können. Mein Ziel ist es, diese

geschaffenen Arbeitsplätze durch die Akquisition wei-

terer Projekte dauerhaft zu sichern.“

Bislang haben durch das Vorhaben 117 Personen

einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Eine davon ist

auch Jihade Kamouss, Mitarbeiterin einer LED-Firma

in Salé, der Nachbarstadt von Rabat. Jihade Kamo-

uss studierte Energieeffizienz an der Hochschule für

Angewandte Wissenschaften in Tanger. Im Rahmen

des Projekts „Energieeffizienz in Moscheen“ führte

sie eine nationale Marktstudie zu LED-Lampen

durch, um das Potential der LED-Technologie im Hin-

blick auf Beschäftigungsförderung in Marokko zu

analysieren. Darüber hinaus unterstützte sie den

Energieaudit in einer Pilotmoschee in Marrakech.

„Die Mehrheit meiner Kommilitonen finden nach dem

Studium keine Arbeit. Über den von mir durchgeführ-

ten Energieaudit und die Marktstudie zu LED-Tech-

nologien gewann ich wichtige technische Einblicke

und hatte die Gelegenheit, mich mit Branchenexper-

ten zu LED auszutauschen. Nun konnte ich einen

Job als Außendienstmitarbeiterin im Bereich der So-

lar-LED-Straßenbeleuchtung bei einer Firma in Salé,

der Nachbarstadt von Rabat finden.“

Auch Mohamed Belhaj profitierte von seiner Teil-

nahme an einer Fortbildung des Projektes „Durch

diese Fortbildung konnte ich neue Kompetenzen in

der Vermarktung von Dienstleistungen, in der Ge-

sprächsführung mit Kunden und in der Marktbearbei-

tung im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare

Energien gewinnen. Mein Profil wurde durch diese

neuen Skills attraktiver und ich konnte einen Job bei

einer Firma im Bereich Straßenbeleuchtung und in-

dustrielle Beleuchtung im Anschluss an die Fortbil-

dung finden.“

Nachhaltige Marktentwicklung zur Sicherung der

Beschäftigungswirkung

Für den vom Vorhaben entwickelten Ansatz zur Ein-

sparung von Energie und zur Senkung von Energie-

kosten besteht alleine bei Moscheen ein großes Po-

tenzial. Bisher wurden hundert Moscheen

energetisch modernisiert. Um eine nachhaltige Mark-

tentwicklung und Beschäftigungswirkung zu errei-

chen, wird das vom Vorhaben für die Moscheen ent-

wickelte Modell auch auf weitere öffentliche und

private Gebäude übertragen. Mittlerweile wird der

Ansatz z. B. im marokkanischen Parlament und in ei-

Yassine Alj

Page 23: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

23

ner großen Universität angewandt. Bislang ist die öf-

fentliche und private Nachfrage nach Dienstleistun-

gen in den Bereichen Energieeffizienz und regenera-

tive Energien noch gering, da sich viele

Entscheidungsträger und potentielle Klienten noch

nicht der Vorteile erneuerbarer Energien und der be-

stehenden Einsparpotentiale bewusst sind. Von da-

her sind Sensibilisierungsmaßnahmen ein wesent-

licher komplementärer Aspekt des Vorhabens.

Berichte in den Medien, zum Beispiel, über die Vor-

teile der zum Einsatz kommenden Technologien die-

nen der Bewusstseinsbildung der Bevölkerung.

Das Vorhaben arbeitet dazu auch direkt mit Multipli-

katoren in den Moscheen, wie Imamen und Mourch-

idas (Lehrkräften in Koranschulen), zusammen. Fast

400 Imame, Mourchidas und Funktionäre des Religi-

onsministeriums (davon 94 Frauen) nahmen bislang

an den Sensibilisierungs-Workshops des Vorhabens

teil und gaben die erworbenen Kenntnisse anschlie-

ßend in ihrem Umfeld weiter. Die Teilnehmer lernten

bereits während der Workshops voreinander, Predig-

ten und Präsentationen zu den Themen Energieeffizi-

enz und erneuerbare Energien zu halten und dabei

gezielt Botschaften aus dem Koran einfließen zu las-

sen. In ihrer täglichen Arbeit kommen sie mit Gläubi-

gen ins Gespräch und erklären, wie auch zu Hause

Strom gespart werden kann. Aus diesem Prozess

entstand ein Leitfaden mit religiös abgeleiteten Ar-

gumenten für Energieeffizienz und die verstärkte

Nutzung erneuerbarer Energien.

Wirkungsbereiche des Vorhabens

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren der

Wirkungsdaten 2016

Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw.

-Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.

Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-

nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-

schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-

fügen.

Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen

bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden

Durch die geschaffenen Arbeitsplätze und die Unterstützung der Umsetzung der marokkanischen Politik zum

Ausbau erneuerbarer Energien und zur Verbreitung energieeffizienter Technologien trägt das Vorhaben zu fol-

genden Zielen für nachhaltige Entwicklung bei:

• SDG 7: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern.

• SDG 8: Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung

und menschenwürdige Arbeit für alle fördern, insbesondere auch zu den Unterzielen:

Page 24: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

24

3.4 Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in Afrika (E4D)

Wirtschaftswachstum und Investitionen als

Motor für Beschäftigung – nur unter bestimm-

ten Voraussetzungen

Das Wirtschaftswachstum, der Reichtum an natür-

lichen Ressourcen sowie die junge, wachsende

Bevölkerung bieten große Potentiale für eine

nachhaltige Entwicklung in Afrika. Voraussetzung

ist jedoch, dass dieses Wachstum der jungen Ge-

neration Einkommen und Beschäftigung bringt. In

vielen Ländern spiegelt sich bislang ein hohes

Wirtschaftswachstum jedoch noch nicht in einem

adäquaten Anstieg der Beschäftigung wider. Un-

terbeschäftigung und prekäre Arbeitsbedingungen

prägen die Situation auf den Arbeitsmärkten vieler

Länder Afrikas. Unterbeschäftigte wie Taglöhner

ohne festes Beschäftigungsverhältnis oder auch

schlecht entlohnte Arbeitskräfte gehen zwar einer

bezahlten Tätigkeit nach, leiden jedoch trotz Ar-

beit an Armut. Um die Armut zu reduzieren, sozi-

ale Sicherheit und Kohäsion zu erreichen und

Konflikten vorzubeugen, sind mehr und qualitativ

bessere Beschäftigungsangebote in den Ländern

notwendig.

Die Privatwirtschaft treibt die wirtschaftliche Ent-

wicklung in Afrika an und ist somit zentraler Akteur

für die Generierung von Arbeitsplätzen und Ein-

kommen. Doch bislang führen private Investitio-

nen oft nicht zu substantieller Beschäftigung. Nur

wenn private Geschäftsmodelle neue Kunden-

gruppen erreichen sowie lokale Arbeitskräfte und

Zulieferer integrieren und dadurch inklusiv gestal-

tet sind, entstehen Arbeitsplätze und steigen Ein-

kommen.

Viele afrikanische Regierungen erkennen den Pri-

vatsektor zunehmend als wichtigen Partner bei

der Gestaltung und Umsetzung ihrer

Entwicklungsagenden an. Sie erwarten immer öf-

ter von multinationalen und nationalen Unterneh-

men, v. a. auch in Rohstoffsektoren, dass sie ver-

stärkt lokale Dienstleister nutzen, natürliche

Ressourcen effizienter bewirtschaften und einen

Beitrag zu lokaler Beschäftigung und Qualifizie-

rung leisten. Die Unternehmen sind sich ihrerseits

bewusst, dass sie nur dann langfristig Gewinne

erzielen können, wenn sie in die Verbesserung ih-

rer unmittelbaren sozialen, wirtschaftlichen und

ökologischen Rahmenbedingungen investieren.

In Ländern wie Ghana, Kenia und Südafrika ist die

Generierung von Einkommen und Beschäftigung

eine Priorität der nationalen Regierungen. In fast

allen Ländern ist die Verbesserung der Beschäfti-

gungssituation in den Zielen der Armutsbekämp-

fungsstrategien verankert.

Flexibles Anreizinstrument zur Beteiligung der

Privatwirtschaft an lokaler Beschäftigungsför-

derung

Das Vorhaben setzt an diesem Potenzial an und

bietet ein flexibles Anreizinstrument für die in Af-

rika ansässige Privatwirtschaft, sich stärker an

Entwicklungsprozessen zu beteiligen. Ziel ist es,

in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft Beschäfti-

gung für 38.570 Menschen zu erreichen, die Ein-

kommen von 100.000 Menschen zu steigern und

die Arbeitsbedingungen für 32.000 Menschen zu

verbessern. Das Vorhaben arbeitet in 7 Ländern:

Ghana, Kamerun, Kenia, Mosambik, Südafrika,

Tansania und Uganda. Neben der Finanzierung

durch das BMZ werden Teile des Vorhabens auch

durch DFID, NORAD, dem EU Emergency Trust

Fund for Africa, der koreanische Entwicklungs-

agentur KOICA sowie von Unternehmen

finanziert.

o 8.3: Entwicklungsorientierte Politiken fördern, die produktive Tätigkeiten, die Schaffung menschen-

würdiger Arbeitsplätze, Unternehmertum, Kreativität und Innovation unterstützen, und die Forma-

lisierung und das Wachstum von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen unter anderem durch den

Zugang zu Finanzdienstleistungen begünstigen,

o 8.4: Bis 2030 die weltweite Ressourceneffizienz in Konsum und Produktion Schritt für Schritt ver-

bessern und die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltzerstörung anstreben, im Ein-

klang mit dem Zehnjahres-Programmrahmen für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster, wo-

bei die entwickelten Länder die Führung übernehmen.

Page 25: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

25

Das Vorhaben entwickelt, verhandelt und im-

plementiert öffentlich-private Partnerschaften,

die mehr produktive und menschenwürdige Be-

schäftigung in den Zielländern fördern. Einerseits

werden durch Beschäftigungsinitiativen mit Unter-

nehmen, Aus- und Weiterbildungsangebote

aufgebaut und stärker an der Marktnachfrage aus-

gerichtet, so dass die Produktivität und Beschäfti-

gungsfähigkeit von Menschen im formellen und in-

formellen Sektor steigt. Andererseits werden

lokale Kleinst-, Klein- und Mittelständische Un-

ternehmen (KKMU) gefördert, wettbewerbsfä-

hig zu werden und sich in internationale Wert-

schöpfungsketten zu integrieren. Employment for

Development (E4D) kooperiert mit Unternehmen,

so dass diese lokale Beschäftigung fördern, in in-

klusive Geschäftsmodelle investieren, Arbeitsbe-

dingungen verbessern und vermehrt lokale Res-

sourcen im formellen und informellen Sektor

nutzen können. Viele Projekte stärken besonders

die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen und Ju-

gendlichen.

Als formeller Kooperationsrahmen dienen häufig

Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft.

Dies sind Projekte, die von Unternehmen, der GIZ

und anderen Partnern gemeinsam geplant, finan-

ziert und realisiert werden. Die wirtschaftlichen In-

teressen der privaten Partner werden dabei mit

Entwicklungszielen zum Nutzen aller beteiligten

Akteure verknüpft.

Das Vorhaben arbeitet außerdem in vielen ande-

ren Kooperationsmodellen mit der Wirtschaft zu-

sammen wie über runde Tische der Industrie, stra-

tegische Partnerschaften oder Kofinanzierungen.

Maximierung der Beschäftigungseffekte von

Investitionen in natürliche Ressourcen – Regi-

onale Beschäftigungsinitiative in Ostafrika

Die Initiative E4D/SOGA – Employment and Skills

for Eastern Africa ist eine von DFID, NORAD,

Shell und EU Trust Fund kofinanzierte Beschäfti-

gungsinitiative in Kenia, Mosambik, Tansania und

Uganda. Ziel ist es, die Entwicklungsimpulse zu

nutzen, die von großen, geplanten Investitionsvor-

haben im Umfeld von natürlichen Ressourcen

ausgehen, um lokale Beschäftigung zu fördern.

Dabei geht es nicht um Jobs in den Rohstoffunter-

nehmen selbst, sondern in deren vor- und nach-

gelagerten Wertschöpfungsketten in Sektoren wie

Bau, Infrastruktur, Dienstleistungen und Catering.

Die Initiative arbeitet hierzu mit allen in den Inves-

titionsketten involvierten Unternehmen zusam-

men: den Rohstoffunternehmen selbst, potentiel-

len „Engineering-procurment-construction

companies“, sowie Bauunternehmen und lokalen

Zulieferern. Insgesamt sollen 32.000 Menschen

durch die Initiative in Beschäftigung gebracht wer-

den.

Ein Beispiel einer mit Unterstützung der GIZ ent-

wickelten Partnerschaft: In Kenia setzt E4D/SOGA

mit dem Minenunternehmen Base Titanium eine

Partnerschaft um, die potentielle lokale Zulieferer

im Umfeld der Mine identifiziert und qualifiziert.

Das Unternehmen setzt sich zum Ziel, die Ein-

kaufquote von lokalen Waren und Dienstleistun-

gen auf 80% zu erhöhen. Insgesamt sollen durch

die Maßnahme 400 Menschen in Beschäftigung

kommen und sich das Einkommen von 1.000

Menschen erhöhen.

Lokale Partnerschaften mit vielen Gewinnern –

Ein Beispiel in Ghana

Mit momentan 7 laufenden Projekten und 12 Pro-

jektkonzepten in der Pipeline setzt das Vorhaben

in Ghana eines der größten Landesportfolios um.

Wie in jedem der sieben Länder wurden auch in

Ghana durch die GIZ zunächst Arbeitsmarktanaly-

sen durchgeführt. Dadurch wurden Sektoren und

Handlungsfelder ausgewählt, die ein hohes Poten-

zial besitzen, Menschen in Beschäftigung zu brin-

gen und Einkommen zu steigern. Ein Fokus liegt

entsprechend auf Beruflicher Grundbildung, u.a.

für den informellen Sektor, in von der Wirtschaft

nachgefragten Berufen. Bergbau- und

Minenunternehmen sind in Ghana wichtige Ko-

operationspartner. Sie erhalten Abbaulizenzen,

setzen große Investitionsprojekte um und fahren

hohe Gewinne ein. Im Gegenzug erwarten die Re-

gierung und die Bevölkerung, dass sie zur Ver-

besserung der lokalen Beschäftigungssituation

beitragen.

Gemeinsam mit dem

Vorhaben E4D, hat

die Goldminengesell-

schaft Asanko Gold

seit 2013 zwei Be-

rufsschulen im Um-

feld der Minen auf-

gebaut, die

Qualifizierungsange-

bote für Maurer,

Dachdecker und Ca-

tering anbieten. Da-

von profitierte Gladys Agyemang in Esaase. „Als

Asanko begann, ihre größte Mine in der Nähe

meines Wohnortes zu bauen, hatte man 1.500

neue Arbeitsplätze in Aussicht gestellt,“ erinnert

sie sich. Allerdings waren Gladys und ihre

Gladys Agyemang

Page 26: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

26

Freunde bald enttäuscht als sie feststellten, dass

sie nicht die erforderlichen Qualifikationen und Ab-

schlüsse für eine Einstellung mitbrachten. Durch

die Partnerschaft mit der GIZ wurde Gladys und

etwa 180 anderen jungen Erwachsenen die

Möglichkeit gegeben, einen Beruf zu erlernen,

der eine Beschäftigung sichert. „Für mich als al-

leinerziehende Mutter war es eine echte Heraus-

forderung: die Ausbildung zu besuchen und ne-

benbei zu lernen, mich um die Ernährung und

Erziehung meines kleinen Kindes zu kümmern,

immer wieder meine ältere Mutter zu unterstützen

und dann auch noch auf meiner kleinen Ka-

kaofarm zu arbeiten. Heute hoffe ich, dass ich ein

gutes Beispiel für andere weibliche Auszubildende

gebe,“ meint Gladys Agyemang nach ihrer Ausbil-

dung als Elektroinstallateurin. Wenn sie später ge-

nügend Geld angespart hat, möchte sie ein Elekt-

rogeschäft eröffnen, verknüpft mit dem Angebot

professioneller Installations-Dienstleistungen. Da-

mit nicht ein lokales Überangebot an Arbeitskräf-

ten entsteht, wurden die von der Initiative profitie-

renden jungen Erwachsenen auch in zahlreichen

anderen Berufen wie Elektroinstallation, Maurer

oder Schweißer ausgebildet oder erlernten Cate-

ring. „Wir müssen berücksichtigen, dass bereits

ungefähr 180 junge Leute schon unser Programm

durchlaufen haben“, erklärt Solomon Ahenguah

Anokye, die die beiden vom Projekt unterstützten

Trainingszentren leitet. In Zukunft sollen jährlich

240 junge Personen ihren Abschluss dort machen

und Beschäftigung finden.

Allerdings reichen für alle Auszubildenden gute

handwerkliche Fähigkeiten und Kenntnisse alleine

nicht aus, um erfolgreich zu sein. Daher werden

allen Teilnehmenden auch Fertigkeiten im finanzi-

ellen Management vermittelt. Darüber hinaus hat

die GIZ inzwischen auch die Abgänger/innen un-

terstützt, Kooperativen zu gründen, um so ge-

meinsam weiter ihre Fähigkeiten zu entwickeln.

Auch Asanko Gold profitiert von der Partnerschaft.

Dem Unternehmen ist das gute Verhältnis zur lo-

kalen Bevölkerung wichtig. So wollen sie vermei-

den, dass aus Unzufriedenheit und Frustration bei

der lokalen Bevölkerung negative Auswirkungen

wie Blockaden oder andere Unruhen entstehen.

„Im Jahr 2015 investierten wir 470.000 USD in lo-

kale Gemeinden“, erklärt Dr. Ben Adoo, Asanko’s

Vorsitzender in Ghana. Das Unternehmen führt

mehrere Unterstützungsprogramme durch, „die

spezifisch für die lokale Situation entwickelt wer-

den, um auf die jeweiligen Erwartungen und Hoff-

nungen zu reagieren und Antworten zu finden“.

Aufbau dezentraler Gesundheitsdienste – ein

Beispiel aus Südafrika

Südafrika ist ein an-

deres der sieben

Länder, in denen

das Vorhaben arbei-

tet. Dort steht das

nationale Gesund-

heitssystem vor zahlreichen Herausforderungen.

84% der Bevölkerung ist von dem überlasteten

nationalen Gesundheitssystem abhängig. Dabei

hat die Mehrheit der Bevölkerung aufgrund von

Kosten, Zeit oder Transportproblemen nur be-

schränkten Zugang zu dessen Leistungen. Be-

handlungen werden meist in Kliniken durchge-

führt, während lokale Dienste und

Gesundheitsvorsorge vernachlässigt werden.

In diesem Kontext haben Imperial Health Sci-

ences, Afrikas führendes Unternehmen für Lo-

gistikleistungen im Gesundheitssektor und Unjani

Clinics NPC, eine Non-Profit Organisation, ein

Modell zur medizinischen Grundversorgung entwi-

ckelt, das auf den Prinzipien von sozialer Konzes-

sionierung beruht. Es liefert qualitative hohe, lo-

kale Gesundheitsleistungen zu erschwinglichen

Preisen und schafft gleichzeitig Beschäftigung.

Durch die Initiative werden professionelle Kran-

kenschwestern dazu befähigt, eine „Container-Ge-

sundheitsstation“ in einer Gemeinde ihrer Wahl zu

eröffnen. Die Patienten erhalten eine lokale Ver-

sorgung zu erschwinglichen Behandlungskos-

ten. Gleichzeitig wird der Druck auf die öffentli-

chen Kliniken in den Städten reduziert. Bislang hat

Unjani Clinics NPC 25 Container-Gesundheitssta-

tionen gegründet, durch die über 100.000 Patien-

ten bedient werden. Die Mehrzahl der Krankensta-

tionen schreibt bereits schwarze Zahlen.

E4D unterstützt Unjani Clinics NPC dabei, das

Geschäftsmodell auszuweiten und Kleine- und

mittelständische Unternehmen als Kunden zu ge-

winnen. Einerseits soll so u.a. die Anzahl der Klini-

ken von 25 auf 50 erhöht werden, damit sich das

Geschäftsmodell langfristig selbst trägt und mehr

Beschäftigung entsteht. Andererseits, erhalten die

Unternehmen eine medizinische Grundversorgung

für ihre Mitarbeiter/innen und können ihre Arbeits-

bedingungen verbessern. Zusätzlich leistet das

Projekt auch die Entwicklung eines IT-basierten

Managementsystems einschließlich Patienten-ma-

nagement und -Monitoring, Beschaffung und

Buchhaltung, das den selbstständigen Kranken-

schwestern das Management erleichtert.

Das Vorhaben hat mehrere Gewinner/innen: Die

Page 27: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

27

fortgebildeten Krankenschwestern haben eine si-

chere Einkommensquelle und es sind mindestens

75 Menschen in Beschäftigung gebracht wor-

den. Über 180.000 Patient/innen der Gesund-

heits-Stationen erhalten eine verbesserte Versor-

gung durch kürzere Wege und den einfachen

Zugang zu Vorsorgeleistungen. Ca. 250 Unter-

nehmen, die ein Abkommen mit einer oder mehre-

ren Gesundheitsstationen abschließen, profitieren

indem sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhö-

hen und ihre Arbeitsproduktivität sichern bzw.

erhöhen können. Die Arbeitsbedingungen von

mindestens 2.500 Mitarbeiter/innen werden

verbessert. Imperial Health Sciences profitiert da-

von, mehr und gesicherte Abnehmer für seine

Dienstleistungen zu besitzen.

Wirkungsbereiche des Vorhabens

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den Aggregationsindikatoren der Wirkungs-

daten 2016

Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnah-

men bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.

Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von

GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie An-

zahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein hö-

heres Einkommen verfügen.

Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maß-

nahmen bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden

Die erfolgreiche Implementierung der Partnerschaften fördert das wirtschaftliche Wachstum, die Schaf-

fung von produktiven und menschenwürdigen Arbeitsplätzen, die Erhöhung der Einkommen ärmerer

Haushalte und die Verringerung der Armut. Das Vorhaben hat somit positive Auswirkungen auf folgende

Ziele für nachhaltige Entwicklung:

das SDG 8: Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbe-

schäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern, insbesondere auch die Unterziele:

o 8.5: Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen

und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie

gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen.

o 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine

Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.

Page 28: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

28

4 Wirkungen im Bereich Berufliche Bildung

Im Sektor Berufliche Bildung bezieht sich der Indika-

tor der Wirkungsdaten 2016 auf die Anzahl der Aus-

und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen

bzw.- Vorhaben der GIZ erreicht wurden.

In den ausgewählten Beispielen handelt es sich bei

den aus- und fortzubildenden Menschen um Leiter/in-

nen von Betrieben des formellen und informellen

Sektors, deren Mitarbeiter/innen, Meister/innen sowie

Auszubildende. Die Berufsfelder sind dabei sehr um-

fangreich und werden durch die jeweilige Bedeutung

für die wirtschaftliche Entwicklung im Land bzw. der

spezifischen Region bestimmt.

Die Beispiele leisten darüber hinaus auch Beiträge

zum Indikator „Anzahl der in Beschäftigung gekom-

men Menschen“ des Themas "Beschäftigung", da die

Menschen durch die erworbenen Qualifikationen in

Beschäftigung gekommen sind.

Mit den Ansätzen der dargestellten Vorhaben werden

die stärkere Ausrichtung der Beruflichen Qualifizie-

rung am Bedarf der Wirtschaft und die Verbesserung

der Qualität der Ausbildungen angestrebt. Zentrale

Hebel sind hier eine stärkere Praxisorientierung und

die Entwicklung der Fähigkeiten des Lehrpersonals in

technischer als auch pädagogischer Hinsicht. Bei al-

len dargestellten Vorhaben spielen die Stärkung der

Beteiligung der Wirtschaft an der Gestaltung und

Umsetzung der beruflichen Bildung sowie die direkte

Unterstützung ausgewählter öffentlicher bzw. privater

Trainingsinstitute bei der Entwicklung ihrer Berufsbil-

dungsprogramme und der Umsetzung der neuen

Aus- und Weiterbildungskurse eine zentrale Rolle.

Außerdem werden durch Unterstützungsmaßnahmen

auf nationaler Ebene Reformen unterstützt und die

Breitenwirksamkeit sowie Nachhaltigkeit gefördert.

Die Vorhaben „Förderung von Wirtschaft und Be-

schäftigung in Ruanda“ (siehe 3.2) sowie „Nachhal-

tige Wirtschaftsentwicklung in Ghana“ verbinden die

berufliche Bildung mit der Wirtschaftsförderung. Eine

Besonderheit des Vorhabens in Ghana ist die Aus-

richtung der Förderung auf den informellen Sektor

und die Verbesserung der traditionellen Berufsbil-

dung. Eine Besonderheit des Vorhabens Berufliche

Bildung im Norden und Osten Sri Lankas ist die Ziel-

setzung durch verbesserte Beschäftigungsmöglich-

keiten und andere Maßnahmen einen direkten Bei-

trag zu Friedensförderung und Konflikttransformation

im Land zu leisten.

Liste der Beispiele im Bereich Berufliche Bildung

4.1 Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Ghana, Durchführungsbereich Berufliche Bildung

4.2 Unterstützung der Berufsbildungsreform in Pakistan

4.3 Berufliche Bildung im Norden und Osten Sri Lankas

3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda (siehe oben)

4.1 Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Ghana, Durchführungsbereich

Berufliche Bildung

Begrenzte Wettbewerbsfähigkeit durch Schwä-

chen der Ausbildung im informellen Sektor

Trotz nennenswerter Fortschritte in der Armutsredu-

zierung in den vergangenen Jahren, stellen man-

gelnde soziale Sicherung, die ungleiche Verteilung

wirtschaftlicher Chancen, des Einkommens und Ver-

mögens eine Herausforderung für die sozio-ökonomi-

sche Entwicklung des westafrikanischen Landes

Ghana dar. Mehr als 80 Prozent der über 11 Millio-

nen umfassenden Erwerbsbevölkerung ist in Ghana

informell beschäftigt. Auch die Mehrzahl der Jugend-

lichen in Ghana absolviert ihre Ausbildung außerhalb

des formalen Bildungssystems in Form der traditio-

nellen Lehrlingsausbildung. Diese dauert im Durch-

schnitt drei Jahre und findet bisher ausschließlich im

Betrieb und "on-the-job" statt. Neuere technologische

Entwicklungen werden selten berücksichtigt, da diese

Page 29: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

29

in der informellen Wirtschaft kaum verbreitet sind.

Die Ausbildung folgt weder einem Lehrplan, noch gibt

es offiziell anerkannte Abschlussprüfungen, die The-

orie kommt viel zu kurz. Es gibt weder Eingangsvo-

raussetzungen wie beispielsweise allgemeine Schul-

bildung noch offizielle Standards. Die traditionelle

Ausbildung ermöglicht in den meisten Fällen daher

keinen Zugang zu einer sicheren Beschäftigung, we-

der im informellen Sektor, noch in der modernen for-

malen Wirtschaft.

Die Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung

insgesamt werden in einer verminderten Wettbe-

werbsfähigkeit vieler kleiner und mittleren Unterneh-

men sichtbar, da ihr Bedarf an qualifizierten Arbeits-

kräften nicht gedeckt wird. Auch quantitativ wird der

insbesondere in den für Beschäftigung relevantesten

Sektoren stark wachsende Bedarf an Aus- und Wei-

terbildungsmöglichkeiten sowohl die Nachfrage nicht

gedeckt.

Ein wichtiges Potenzial ist die bereits durch die gha-

naische Regierung angestoßene Reform in der Be-

rufsbildung, die einen Paradigmenwechsel von einem

überwiegend angebotsgetriebenen zu einem kompe-

tenz-basierten, an der Nachfrage ausgerichteten

Aus- und Weiterbildungsansatz darstellt.

Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit durch

kompetenz-basiertes Training

Genau an diesen Bemühungen der Regierung setzt

das durch das BMZ finanzierte Vorhaben „Nachhal-

tige Wirtschaftsentwicklung in Ghana“ an. Es zielt da-

rauf ab, die Beschäftigungsfähigkeit der

Auszubildenden und Beschäftigten zu fördern. Eine

besondere Rolle kommt dabei der traditionellen Lehr-

lingsausbildung im informellen Sektor zu, die 80-90%

der gesamten beruflichen Aus- und Weiterbildung in

Ghana ausmacht. Im Bereich Berufliche Bildung

strebt das Vorhaben an, dass jugendliche Arbeitssu-

chende, Auszubildende, Arbeitskräfte und Inhaber/in-

nen von KKMU in ausgewählten Sektoren zuneh-

mend bedarfsgerecht aus- und weitergebildet

werden.

Um dies zu erreichen setzt das Vorhaben an drei He-

beln an:

Stärkung der Beteiligung der Wirtschaft an

der Gestaltung und Umsetzung der berufli-

chen Bildung.

Direkte Unterstützung ausgewählter öffentli-

cher und privater Trainingsinstitute bei der

Entwicklung ihrer Berufsbildungsprogramme

und der Umsetzung der neuen kompetenz-

basierten Aus- und Weiterbildungskurse.

Aufbau eines nationalen Systems zur Quali-

tätssicherung für die modernisierten Aus-

und Weiterbildungsangebote.

Im Mittelpunkt der Leistungen der GIZ steht die fach-

liche Beratung der nationalen Berufsbildungsagentur

COTVET, der Wirtschaftsverbände und der Tra-

ningsanbieter bei der Ausgestaltung und Weiterent-

wicklung der Rahmenbedingungen für kompetenz-

basierte Aus- und Weiterbildung. Trainingsinstitutio-

nen und Wirtschaftsakteure werden auch durch Ka-

pazitätsentwicklungsmaßnahmen unterstützt. Ergän-

zend wird Organisationsentwicklung geleistet. Die

Zusammenarbeit zwischen Akteuren wird auch bei

der Unterstützung der Koordination in den Regionen

durch Trainingsinstitute und Wirtschaftsakteure ge-

fördert.

Beteiligung der Wirtschaft an der Gestaltung und

Umsetzung der beruflichen Bildung

Ein zentraler Ansatzpunkt des Vorhabens ist die

Stärkung der Beteiligung der Wirtschaft an der Ge-

staltung und Umsetzung der beruflichen Bildung.

Vom Vorhaben werden dafür Betriebe, Verbände und

Kooperativen unterstützt, im Rahmen des öffentlich-

privaten Dialogs ihre Bedarfe in die Gestaltung der

Fort- und Ausbildungsangebote einfließen zu lassen.

Dazu werden einerseits die Interessensvertretungen

der Wirtschaft in ihrer Organisationsstruktur gestärkt,

wie beispielsweise der Dachverband der Wirtschafts-

verbände. Der Dialog und die Zusammenarbeit zwi-

schen den staatlichen Instituten der Berufsbildung

und der Privatwirtschaft wird durch das Vorhaben ge-

fördert, um die Berufsbildungsinhalte und Angebote

zu entwickeln. Experten aus den Handwerksverbän-

den, wie z.B. in Elektronik, arbeiten an der Entwick-

lung der Curricula und den einzelnen Kursen mit und

bringen auf diese Weise ihre praktische Expertise ein

bei der Formulierung der Ausbildungsinhalte. So si-

chern die staatlichen und privatwirtschaftlichen Betei-

ligten die Orientierung der traditionellen Ausbildung

am Bedarf der Wirtschaft.

Wie in den meisten Reforminitiativen spielen dabei

die Stakeholder eine entscheidende Rolle. Daher ist

es neben der fachlichen und Management bezoge-

nen Weiterqualifikation der Schlüsselpersonen der

beteiligten Institutionen durch die GIZ ganz beson-

ders wichtig, Identifikation und die Übernahme von

Eigenverantwortung der Partner zu fördern. Damit

die Ergebnisse des Vorhabens nachhaltig sind, müs-

sen Verbände und Berufsbildungsanbieter selbst in

der Lage sein, für die Modernisierung des Ausbil-

dungssystems auf politischer Ebene ihre Interessen

Page 30: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

30

zu vertreten. Der Dachverband der Handwerksver-

bände und seine Mitglieder werden mittlerweile von

der nationalen Berufsbildungsagentur in den entspre-

chenden Fachausschüssen eingebunden, kompe-

tenz-basierte Trainingsmaterialen zu bewerten.

Bisher konnten Kooperationen zwischen 16 staat-

lichen und privaten Trainingsanbietern mit 9 Wirt-

schaftsverbänden und ihren Mitgliedsunterneh-

men etabliert werden. Über diese Partnerschaften

wird die Zusammenarbeit der Berufsschulen mit dem

informellen Sektor formalisiert und organisiert. Damit

steht eine Plattform zur Verfügung, auf der sich

Wirtschaft und Berufsschulen selbstständig und

bedarfsorientiert organisieren. Die Bereitstellung

von Trainingsstätten wird geregelt und die Ausgestal-

tung der Lehrpläne festgehalten, z.B. wann die Kurse

für die Auszubildenden aus dem informellen Sektor

stattfinden – stundenweise oder auch als Block, z.B.

in den Schulferien. Auf diese Weise werden die Ka-

pazitäten der Schule sowie die Arbeitsspitzen der

Auszubildenden in den Betrieben berücksichtigt.

Nutzen des Potenzials von Entwicklungspartner-

schaften für die Umsetzung der kompetenz-ba-

sierten Ausbildung

Aufbauend auf den guten Erfahrungen des Vorha-

bens auch im Berufsfeld Elektrotechnik wurde sei-

tens des durch die GIZ umgesetzten Regionalvorha-

bens “Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in

Afrika (E4D)” (siehe 3.4) eine sog. Entwicklungs-

partnerschaft mit der Wirtschaft entwickelt, die aus-

schließlich Mädchen eine Ausbildung zu Elektronike-

rinnen ermöglicht. Dafür konnten der Technikkonzern

Samsung und die südkoreanische Agentur für Ent-

wicklungszusammenarbeit KOICA als Partner ge-

wonnen werden.

Mädchen und Frauen sind, sowohl was den Zugang

zur beruflichen Aus- und Weiterbildung als auch zu

sicheren Beschäftigungsverhältnissen betrifft, beson-

ders benachteiligt. Da viele Berufe männerdominiert

sind, ist es für sie schwer in diesen Sparten Fuß zu

fassen. Meist ist ihnen der Weg in höhere Positionen

verschlossen und sie sind zeitweise Anfeindungen

ausgesetzt. Es fehlt in einigen Bereichen ein grundle-

gendes Verständnis für die Gleichberechtigung von

Frauen im Berufsleben. Da Frauen in Ghana oft aber

einen wesentlichen Beitrag zum Familieneinkommen

leisten müssen, stellt dies eine besondere Herausfor-

derung dar.

Auch der im Dezember 2016 neu gewählte ghanai-

sche Präsident Akufo-Addo betont immer wieder die

Bedeutung von Bildung und Ausbildung, insbeson-

dere auch von Frauen und Mädchen, für die Entwick-

lung des Landes: “…more and more of our girls can

have access to affordable and quality education,

which will, in turn, speed up the development of our

country.”

Durch die Unterstützung der GIZ wird dieser An-

spruch bereits umgesetzt. An vier Berufsschulen wer-

den nun deutlich mehr Mädchen ausgebildet. Ziel ist

es, den Anteil von weiblichen Elektronik-Absolventen

von rund zwei Prozent im Jahr 2012 auf 30 Prozent

im Jahr 2017 zu steigern. „Es lohnt sich, in Mädchen

zu invetieren. Denn die meisten unserer Schülerin-

nen werden eines Tages selbst Mütter sein. Sie wer-

den dann dafür sorgen, dass auch ihre eigenen Kin-

der eine gute Ausbildung erhalten“, sagt Edna Boafo,

die das Accra Girls‘ Vocational Institute in der ghana-

ischen Hauptstadt Accra leitet. „Unser Bildungs- und

Ausbildungssystem soll so gut werden, dass Gha-

naer sich nicht mehr gezwungen sehen, ihr Land zu

verlassen, wenn sie einen anspruchsvollen Beruf er-

lernen wollen“. Zudem will sie mit ihrer Schule dafür

sorgen, dass schlecht ausgebildete Mädchen nicht in

die Prostitution abrutschen, früh verheiratet werden

und schon als Teenager Kinder bekommen.

Jaqueline Asiedu und ihre Klassenkameradin Hilda

Sam sind zwei von mehr als 100 jungen Frauen die

Accra Girls‘ Vocational Institute eine Ausbildung zur

Elektronikerin machen und so von der GIZ Unterstüt-

zung profitieren.

Sie haben sich schon viele abwertende Sprüche von

Jungen und Männern anhören müssen. Verunsichern

lassen sich die selbstbewussten Mädchen von dem

Gerede mittlerweile nicht mehr. „Die Jungs sind ein-

fach neidisch, dass wir später Berufe ergreifen kön-

nen, die sie gerne hätten“, sagt Hilda. Elektrikerin bei

einer internationalen Firma, Verkäuferin in einem

Technikmarkt, Inhaberin eines eigenen Elektroshops,

gute Jobs bei Polizei und Militär – wenn die beiden

jungen Frauen ihre Ausbildung in etwas mehr als

zwei Jahren abgeschlossen haben, wird der ghanai-

sche Arbeitsmarkt ihnen viele Chancen bieten.

Direkte Unterstützung von Trainingsinstituten bei

der kompetenz-basierten Aus- und Weiterbildung

Das Vorhaben berät ausgewählte öffentliche und pri-

vate Trainingsinstitute zur Entwicklung bzw. Anpas-

sung ihrer Berufsbildungsprogramme für die Umset-

zung der neuen kompetenz-basierten Aus- und

Weiterbildungskurse. Diese Institute werden bei der

Gestaltung und Durchführung von Aus- und Fortbil-

dungskursen für Eigentümer/innen und Mitarbeiter/in-

nen von Kleinunternehmen sowie deren Auszubilden-

den unterstützt.

Die Ausbildung gliedert sich dabei den Prinzipen des

kompetenz-basierten Trainings folgend in verschie-

dene Module, in denen die einzelnen Kompetenzen

Page 31: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

31

vermittelt werden wie beispielsweise Rohrschweißen

oder das Anfertigen von Toren oder die Fertigung

von Containern im Bereich Schweißen. Auch generi-

sche Fächer wie Englisch, Mathematik oder Entre-

preneurship werden in Kursen angeboten. Die Kurs-

dauer beträgt dabei pro Modul ca. 2 Wochen und

ergänzt die Ausbildung im Betrieb. Dafür werden

durch das Vorhaben einerseits die Kapazitäten von

Schlüsselpersonen wie das Lehrpersonal und die

Managementebene gestärkt. Sie benötigen die erfor-

derlichen fachlichen und berufspädagogischen

Kenntnisse und Fertigkeiten, um moderne kompe-

tenz-basierte Ausbildungsinhalte vermitteln zu kön-

nen. Andererseits werden auch in den Instituten er-

forderliche strukturelle Veränderungen oder neue

Verfahren und Prozesse eingeführt, um die neuen

Ansätze umzusetzen.

Um die Anschlussfähigkeit der traditionellen Ausbil-

dung an die formelle Wirtschaft und das

formelle (Berufs-)Bildungssystem sicherzustellen,

war es hilfreich, das Berufsbildungssystem von

Ghana insgesamt modular und kompetenz-basiert zu

gestalten. Die Modularität erlaubt das Angebot von

Kursen, die die traditionelle Ausbildung im Rahmen

bereits bestehender Standards ergänzen und vervoll-

ständigen. Die kompetenz-basierte Umsetzung er-

leichtert die Anerkennung der Kompetenzen, die

durch traditionelle Ausbildung erworben wurden.

Die modernisierte traditionelle Ausbildung wurde

bisher an 16 Berufsschulen in fünf Berufsfeldern

(Elektronik, Schweißen, Kfz, Bekleidung und

Kosmetik/Friseur) in drei der zehn Regionen Gha-

nas pilothaft durchgeführt. Dabei wurden je 232 Aus-

zubildende und Meister/innen aus- bzw. weiterge-

bildet. 38% der Teilnehmenden waren Meisterinnen

und 42% der Auszubildenden waren dabei Frauen.

188 Auszubildende (81%) schlossen die Ausbildung

mit dem staatlich anerkannten Zertifikat für das Ni-

veau Proficiency Level 1 ab.

Die unterstützten Berufsbildungsträger können ihr In-

teresse als Wissensvermittler ausbauen und werden

durch das einkommensgenerierende zusätzliche

Kursangebot gestärkt. Ihr Knowhow ist im Hinblick

auf Schulmanagement und Lehrerfortbildung verbes-

sert worden, so dass ein effektives Training für die je-

weiligen Zielgruppen aus der informellen Wirtschaft

angeboten werden kann. Dies bestätigt auch die Lei-

terin des Accra Girls' Vocational Institute, Edna

Boafo: “Diese Initiative hat wirklich geholfen, unsere

Schule mit Betrieben, auch denen im informellen

Sektor, in Verbindung zu bringen, wovon beide Sei-

ten, aber in erster Linie die Auszubildenden profitie-

ren.” Die Ergebnisse werden auch von den Lehrer/in-

nen geschätzt, bestätigt der Berufsschullehrer Osei

Fokuo am Accra Girls' Vocational Institute. “Durch die

Einführung des kompetenz-basierten Ausbildungsan-

satzes habe ich damit aufgehört, Schüler miteinander

zu vergleichen; ich konzentriere mich jetzt darauf,

dass jeder und jede in der Klasse die erforderlichen

Kompetenzen erwirbt, um das nächste Qualifikations-

niveau zu erreichen“. “Die Schülerinnen sind jetzt viel

mehr auf die Praxis ausgerichtet. Das motiviert sie

noch mehr zum Lernen und macht sie auch selbstbe-

wusster” ergänzt Isaac Dzimabi, Ausbildungsleiter für

Elektrotechnik am Accra Girls' Vocational Institute.

Betriebe erhalten nun förderliche Dienstleistungen

und Schüler/innen bzw. Weiterbildungsteilnehmer/in-

nen einen aktivierenden Unterricht, da sich Lehrme-

thoden und Schulorganisation verbessert haben.

Durch die Einbeziehung lokaler Dienstleister und In-

stitutionen (z.B. University of Education) wurden dar-

über hinaus Kapazitäten für zukünftige Entwicklungs-

maßnahmen aufgebaut. Dies bestätigen auch die

Teilnehmenden wie der Meister Isaac Oware aus Ac-

cra: “Das Vorhaben hat mir andere Bereiche meines

Berufs nähergebracht, die ich zuvor nicht als wichtig

angesehen hatte. Dadurch konnte ich zum einen

mehr Kunden gewinnen und meinen Umsatz stei-

gern, zum anderen interessieren sich jetzt auch mehr

Jugendliche für eine Ausbildung bei mir.” Die Auszu-

bildende Confidence Dogbe aus Accra hebt hervor,

“die kombinierte Ausbildung in Betrieb und Schule

hat bei mir bewirkt, dass ich die Kundenorientierung

in den Mittelpunkt meines Schaffens stelle.”

95% der Auszubildenden haben bestätigt, dass sich

die Qualität der Ausbildung verbessert hat.

77% der Meister/innen bestätigen, dass sich die Be-

schäftigungsfähigkeit der Auszubildenden signi-

fikant verbessert hat. Es besteht daher eine sehr

große Nachfrage nach weiteren Kursen und Ausbil-

dungszyklen.

Aufbauend auf den daraus gewonnenen Erfahrungen

und durch eine Kofinanzierung aus Mitteln der Euro-

päischen Union wird der Ansatz nun in insgesamt

sechs der zehn Regionen Ghanas und in acht Be-

rufsfeldern einschließlich Landwirtschaft verbreitet.

Durch ein im Rahmen der Finanziellen Zusammenar-

beit aufgesetztes Gutscheinprogramm werden in

Kürze sowohl die Ausbildungskurse derjenigen Aus-

zubildenden als auch die Fortbildung der entspre-

chenden Meister/Meisterinnen finanziert werden, die

Teil der von der GIZ unterstützten Ghana Skills De-

velopment Initiative sind. Dieses enge Zusammen-

spiel von TZ und FZ wird eine Ausweitung des Ansat-

zes auf bis zu 15.000 Begünstigte erreicht.

Unterstützung der Qualitätssicherung und der

Breitenwirksamkeit auf nationaler Ebene

Page 32: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

32

Die Arbeit des Vorhabens auf der nationalen Ebene

ergänzt die beiden dargestellten Ansatzpunkte und

spielt eine wichtige Rolle für Breitenwirksamkeit und

Nachhaltigkeit. Dabei unterstützt die GIZ die Entwick-

lung und Implementierung von Akkreditierungs-, Prü-

fungs- und Zertifizierungsverfahren, um ein System

zur Qualitätssicherung für die modernisierten Aus-

und Weiterbildungsangebote aufzubauen. Auch Lern-

mechanismen sollen entwickelt werden. Es wird zu-

dem die Weiterentwicklung der Technical Examina-

tion Unit unter dem Bildungsministerium zu einer

Prüfungseinrichtung für kompetenz-basiertes Trai-

ning gefördert. Dabei werden strategische Kompe-

tenzentwicklung und Organisationsentwicklung ein-

gesetzt. Dadurch wird angestrebt, die

Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung und

Durchführung bedarfsgerechter kompetenz-basierter

Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu verbessern,

um die Nachhaltigkeit sicherzustellen. Die Reformini-

tiativen sollen dabei auch in die entsprechenden nati-

onalen Strategiepapiere einfließen. Auf diese Weise

sollen entsprechende Mechanismen zur Förderung

dieser Ausbildungsform, und insbesondere zu ihrer

Anschlussfähigkeit an das formale (Berufs-) Bil-

dungssystem entwickelt und nachhaltig etabliert wer-

den.

Durch die weitreichende Unterstützung der nationa-

len Berufsbildungsagentur COTVET (Council for

Technical and Vocational Education and Training)

zur Koordinierung und Steuerung der Berufsbildungs-

reform konnten Rahmenbedingungen für einheitli-

che, national anerkannte Berufsbildungsstan-

dards sowie für einen nationalen Ansatz zur

Prüfung und Zertifizierung einer bedarfsgerech-

ten modernisierten traditionellen Ausbildung er-

arbeitet und teilweise implementiert werden.

Page 33: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

33

Wirkungsbereiche des Vorhabens

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den Aggregationsindikatoren der Wir-

kungsdaten 2016

Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maß-

nahmen bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden

Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnah-

men bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen außerdem einen Beitrag zu den Zielen für nachhaltige Entwick-

lung

SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten le-

benslangen Lernens für alle fördern.

Relevant sind insbesondere die Unterziele:

o 4.3: Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwingli-

chen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitä-

rer Bildung gewährleisten,

o 4.4: Bis 2030 die Zahl der Jugendlichen und Erwachsenen wesentlich erhöhen, die über die

entsprechenden Qualifikationen einschließlich fachlicher und beruflicher Qualifikationen für

eine Beschäftigung, eine menschenwürdige Arbeit und Unternehmertum verfügen,

o 4.5: Bis 2030 geschlechtsspezifische Disparitäten in der Bildung beseitigen und den gleich-

berechtigen Zugang der Schwachen in der Gesellschaft, namentlich von Menschen mit Be-

hinderungen, Angehörigen indigener Völker und Kindern in prekären Situationen, zu allen Bil-

dungs- und Ausbildungsebenen gewährleisten.

o SDG 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestim-

mung befähigen.

o SDG 8, insbesondere 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind

und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.

o SDG 17, insbesondere 17.17: Die Bildung wirksamer öffentlicher, öffentlich-privater und zivil-

gesellschaftlicher Partnerschaften aufbauend auf den Erfahrungen und Mittelbeschaffungs-

strategien bestehender Partnerschaften unterstützen und fördern.

Page 34: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

34

4.2 Unterstützung der Berufsbildungsreform in Pakistan

Der Kontext der Herausforderungen im Bereich

berufliche Bildung

Pakistan steht vor enormen wirtschaftlichen und sozi-

alen Herausforderungen wozu die globale Wirt-

schafts- und Finanzkrise und die sehr große Zahl in-

terner Flüchtlinge beitragen. Millionen junge

Menschen strömen jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt,

ihnen fehlt jedoch oft die nötige Qualifikation, um ei-

nen Job zu finden. Das formale Berufsbildungsange-

bot kann nur einem sehr kleinen Teil der Nachfrage

nachkommen. Auch leben 70% der Bevölkerung auf

dem Land, die meisten Berufsbildungseinrichtungen

befinden sich jedoch in den Städten.

Insbesondere für Frauen ist der Zugang zur berufli-

chen Bildung und der Einstieg in den formalen Ar-

beitsmarkt schwierig. Landesweit haben Mädchen

zwar einen Anteil von 37% an den Auszubildenden,

aber sie erlernen nur wenige, vorwiegend traditio-

nelle Berufe. Diese münden kaum in formelle Be-

schäftigung und werden den kulturellen Tabus fol-

gend häufig zuhause ausgeübt.

Über die Hälfte der einstellenden Unternehmen füh-

ren aufgrund der unzureichenden Qualität der Ausbil-

dung 3- bis 6-monatige "on-the-job" Trainings für die

Absolventen/innen durch. Pakistan ist es daher noch

nicht gelungen, eine nachhaltige wirtschaftliche und

soziale Entwicklung auf Basis der vorhandenen Ener-

gieressourcen, der guten landwirtschaftlichen Gege-

benheiten und der geopolitischen Funktion als Han-

delskorridor für angrenzende Staaten zu initiieren.

Reform der Berufsbildung für mehr Qualität und

Chancengerechtigkeit

Die GIZ unterstützt daher im Auftrag des BMZ die

Pakistanische Regierung bei der Reform der Berufs-

bildung, um den Zugang junger Arbeitskräfte zur Be-

rufsbildung sowie Relevanz, Qualität und Chancen-

gerechtigkeit der Berufsbildung zu verbessern. Das

Vorhaben begann im Jahr 2011 und wurde auch von

der Europäischen Union, den Niederlande und Nor-

wegen finanziell unterstützt. Ab Januar 2017 läuft

eine neue Programmphase mit Unterstützung der

Europäischen Union und angepassten Interventions-

schwerpunkten. Die GIZ setzt mit ihren Leistungen

an mehreren Hebeln an, die in den folgenden Ab-

schnitten genauer beleuchtet werden.

Neben der technischen Beratung spielt die GIZ eine

zentrale Rolle als Moderator und Facilitator für die

Gestaltung von effektiven und nachhaltigen horizon-

talen und vertikalen Kooperationsstrukturen. Dabei

hat sich auch die Klärung von Rollen und Mandaten

der unterschiedlichen Kooperationspartner ange-

sichts der immer wieder konkurrierenden Mandate

zwischen Sektorministerien sowie zwischen nationa-

ler und Provinzebene als ein wichtiger Erfolgsfaktor

herausgestellt.

Berufsbildungspolitik für Qualität, geteilte Verant-

wortung und "on-the-job" training

Auf nationaler Ebene steht die Beratung bei der Ent-

wicklung und Umsetzung einer Berufsbildungspolitik

mit dem Kernstück eines kompetenz-basierten Aus-

bildungssystems im Mittelpunkt. Mit Unterstützung

des Vorhabens wurde zum ersten Mal eine nationale

Berufsbildungspolitik Pakistans entwickelt und im

März 2015 verabschiedet. Die wichtigsten Beiträge

der GIZ lagen in der Beratung zu inhaltlichen Aspek-

ten, bei der Umsetzung der Reform spielt nun auch

Organisationsberatung eine zentrale Rolle. Zudem

geht es fortlaufend darum, die konstruktive Zusam-

menarbeit der zahlreichen an der Reform und deren

Umsetzung beteiligten Akteure wie die Vertreter/in-

nen anderer Sektorministerien, der Provinzen, der

Ausbildungsinstitute sowie des Privatsektors zu mo-

derieren und die Nationale Berufsbildungs-kommis-

sion als wichtigsten Partner des Vorhabens in ihrer

koordinierenden Rolle zu unterstützen. Die Reform

stellt einen Paradigmenwechsel in der Entwicklung

der Kompetenzen von Millionen junger Männer und

Frauen dar. Sie gilt auch als wichtiger Baustein, um

die politisch gesetzten wirtschaftlichen und Entwick-

lungsziele Pakistans zu erreichen. Schulische und

betriebliche Ausbildung werden dadurch eng ver-

knüpft. Wo Berufsschulen in Pakistan früher nur vor-

wiegend Theorie vermittelten, lernen die Auszubil-

denden nun von Anfang an den realen Berufsalltag

kennen und erlernen so wichtige Fähigkeiten. Die

neue Politik setzt die Rahmenbedingungen für die

berufliche Bildung und spielt eine wichtige Rolle bei

der Qualitätssicherung, der Ausrichtung an den Erfor-

dernissen des Arbeitsmarktes und der Industrie so-

wie bei der Standardisierung von Abschlüssen. Aus-

bildungsgänge werden nun verstärkt durch die in-

und ausländischen Unternehmen anerkannt und

nachgefragt. Dabei ist insbesondere für viele bisher

im informellen Sektor tätigen Personen von Bedeu-

tung, dass auch ihre berufliche Vorerfahrung mit

berücksichtigt werden. Dies ist in Pakistan aufgrund

der großen Bedeutung des informellen Sektors be-

Page 35: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

35

sonders wichtig. Auch die Qualifikation und Personal-

entwicklung für Berufsschullehrer sowie die Pilotie-

rung umfassender Monitoring- und Evaluierungs-Sys-

teme im Berufsbildungsbereich sind Teil der neuen

Politik und werden vom Vorhaben durch landesweite

Maßnahmen unterstützt.

Ein zentrales Ergebnis der

Beratung des Vorhabens

ist ferner die mittlerweile

im Rahmen der Politik

festgelegte und institutio-

nalisierte geteilte Ver-

antwortung zwischen öf-

fentlichen Partnern und

der Industrie bei der Ge-

staltung und Umsetzung

der Berufsbildung als auch

bei der Bewertung des Er-

folges. Ein Schwerpunkt

war hier die Einführung von kompetenz-basiertem

Training, das den Bedürfnissen der Industrie ent-

spricht. Nach den ersten erfolgreichen Absolventen

des neuen Trainingssystems arbeiten inzwischen

landesweit 175 Institute nach den neuen Prinzi-

pien. 72 verschiedene Qualifikationen stehen zur

Anwendung bereit. Mittlerweile haben mehr als

17.000 Berufsschüler/innen in ganz Pakistan

solch ein kompetenz-basiertes Training aufge-

nommen.

Im Zusammenhang der geteilten Verantwortung

wurde auch das Konzept einer partnerschaftlichen

Berufsausbildung (Cooperative Vocational Training,

CVT) entwickelt und umgesetzt. Dabei wird die Aus-

bildung in Instituten mit Training in den Unter-

nehmen verbunden. Die Abgänger erlernen so die

erforderlichen Fähigkeiten, die sie später in ihrem

Berufsleben benötigen. Daran beteiligen sich zurzeit

145 Unternehmen und mehr als 1.000 Auszubil-

dende haben bereits ihre Ausbildung abge-

schlossen.

Konkrete Verbesserungen für Unternehmen und

Abgänger/innen durch Praxisorientierung und

Mentoringsystem

Dass die im Zuge

der neuen Berufsbil-

dungspolitik Pakis-

tans neu konzipier-

ten Ausbildungen

und Trainings der

richtige Ansatz ist

meint auch Khurram

Azeem Khan aus Sialkot. Er ist Eigentümer der Firma

Acorp Safety Products mit etwa 250 Mitarbeiter/in-

nen. Er setzt auf die Qualität der Produkte seiner re-

lativ jungen Firma und benötigt dafür nicht nur sehr

engagierte, sondern auch bestens ausgebildete

Facharbeiter/innen. „Qualität ist das Markenzeichen

meiner Produkte. Ich bin sehr zufrieden mit den von

mir eingestellten Mitarbeiter/innen, welche die neu

konzipierte Ausbildung absolviert hatten. Sie können

gut die neuesten Maschinen mit den aktuellen digita-

len Anwendungen bedienen. Gleichzeitig können sie

durch ihre Kundenorientierung und ihr Kommunikati-

onsverhalten die Kunden so professionell bedienen,

wie ich es mir vorstelle.“

In Lahore war Misbah

Naz eine der ersten

Absolventinnen des

kooperativen Ausbil-

dungsprogramms,

das die GIZ in Zu-

sammenarbeit mit na-

tionalen und internati-

onalen Unternehmen

und öffentlichen wie privaten Trainingsinstituten ent-

wickelt hat. Frau Naz hatte nach ihrem vierjährigen

Wirtschaftsstudium kaum praktische Erfahrung. Wie

die meisten ihrer Freunde fand sie als Absolventin ei-

ner Universität keinen Job. Daher bewarb sie sich für

die einjährige Ausbildung zur Kundenberaterin. Nach

sechs Monaten in der Berufsschule trat sie bei dem

Unternehmen CEI Supply Chain eine Traineestelle

im Bereich Logistik an. Naz theoretische Ausbildung

bestand aus den Fächern Kundenservice, Soziale

Kompetenzen, Informatik und Englisch. Zu Beginn ih-

rer Praxisphase lernte sie mit vorher nie gehörten

Begriffen umzugehen und bekam Einblick in die ver-

schiedenen Abteilungen. „Ich beherrsche jetzt jede

Aufgabe hier. Wenn irgendwo jemand ausfällt, kann

ich seine Arbeit erledigen.“ Das ist auch das Ver-

dienst einer Trainingskoordinatorin, die die Auszubil-

denden bei CEI Supply Chain während der Praxis-

phase betreut. Die Mentoren werden in von der GIZ

organisierten Pädagogikseminaren geschult. Ihrem

Chef Amir Munir fiel die Wahl nicht schwer. Gleich im

ersten Vorstellungsgespräch habe er gespürt, dass

Naz seine Firma bereichern wird. „Sie ist sehr ehrgei-

zig und weiß, wie man sich im Geschäftsleben ver-

halten muss“, lobt der Manager. Er stellt auch mehr

Selbstbewusstsein bei den Auszubildenden nach

Einführung des kooperativen Systems fest. Seine

Firma gehört zu den ersten 145 Unternehmen in

Lahore und Karatschi, die nach dem neuen Verfah-

ren ausbilden. „Was die Berufsschüler im Unterricht

in der Schule lernen, passt nun mit dem zusammen,

was sie im Unternehmen erfahren.“ Den Lehrplan für

die Logistik-Ausbildung hat Munir gemeinsam mit der

GIZ entwickelt.

Khurram Azeem Khan

Amir Munir

Shumaila Naz

Page 36: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

36

Verbesserung der pädagogischen Konzepte in

der Berufsbildung

Ein wichtiger Ansatzpunkt des Vorhabens ist auch

die Verbesserung der Qualität der Berufsausbil-

dung in den Instituten. Shabir Hussain aus der Pro-

vinz Khyber Pakhtunkhwa ist Ausbilder für Berufs-

schullehrer/innen im Fach Pädagogik. Er ist einer von

etwa 100 Ausbildern, die vom Vorhaben in neuen

und innovativen Unterrichtsformen und Methoden

fortgebildet wurden. Insgesamt wurden so 8.500 Be-

rufschullehrer/innen in ganz Pakistan erreicht, um

ihre pädagogischen Fähigkeiten weiter zu entwickeln.

Eines der innovativen Elemente dabei ist ein „Blen-

ded Learning“ Konzept, das die Vorteile von Prä-

senzveranstaltungen und E-Learning kombiniert.

„Der Blended Learning Kurs und das ergänzende

Material waren sehr umfassend. Ich konnte durch die

vom Vorhaben unterstützten Fortbildungen meine

Fähigkeiten entwickeln und meine Kurse für Berufs-

chullehrer anpassen, neue und moderne Lehrmetho-

den verwenden und die Lernziele besser erreichen.

Dadurch helfe ich den Lehrer/innen, ihre Ausbildung

besser und wirksamer zu gestalten“.

Den großen Erfolg dieser Maßnahme bestätigt auch

Shumaila Naz. Sie ist Berufsschullehrerin am Vocati-

onal Training Institute für Frauen in Affandi Town,

Hyderabad, Sindh. Sie ist eine der 8.500 Berufs-

schullehrer/innen, welche das berufsbegleitende pä-

dagogische Training erhalten haben. „Ich bin sehr

glücklich über das Training, das für mich ein Kataly-

sator für meine Wirksamkeit in meinem Beruf war. Es

hat mich in die Lage versetzt, meine Fähigkeiten als

Lehrerin besser in Wert zu setzen.“ Aus ihrer Sicht ist

das durchgeführte Training und die Investition in die

Lehrer/innen ein wichtiger Erfolgsfaktor des Vorha-

bens in Pakistan, da es nicht nur in deren Fähigkei-

ten investiert, sondern auch deren Motivation erhöht

und die Persönlichkeit entwickelt. „Das Training hat

meine Haltung und Einstellung verändert, wie ich

meinen Unterricht gestalte und die Schülerinnen be-

werte. Letztlich stelle ich dadurch auch bei meinen

Schülerinnen einen Wandel fest“.

All diese für ganz Pakistan geltenden Errungenschaf-

ten sind das Ergebnis mehrerer auch vom Vorha-

ben unterstützten Konsultationsrunden von zahl-

reichen staatlichen Stellen mit wichtigen

Akteuren des Berufsschulwesens sowie nationa-

len und internationalen Vertretern des Privatsektors.

Die Standardisierung von Lehrplänen an den rund

3.500 pakistanischen Berufsschulen bleibt eine nicht

einfach zu bewältigende Herausforderung in einem

Land, in dem die Zentral- und Provinzverwaltungen

noch unzureichend miteinander kooperieren.

Innovative und flexible Ausbildungselemente zur

Beschäftigung für Frauen, Flüchtlinge und Ju-

gendliche

Neben den Verbesserungen der formalen Berufsaus-

bildungsgänge initiierte das Vorhaben für Pakistan

kürzere innovative Trainings. Mit dem von 2011 bis

2016 durchgeführten Ansatz der „Lernenden Re-

gion“ brachte das Vorhaben wichtige Partner zusam-

men. Bildungsbehörden, Berufsschulen sowie Ver-

bände und Unternehmen der Privatwirtschaft

entwickelten insbesondere in Grenzprovinzen und für

ausgewählte Sektoren effektive Berufsbildungsmaß-

nahmen, um vor allem Frauen, Flüchtlingen und Ju-

gendlichen aus armen Haushalten den Zugang zum

Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Zusätzlich wurden über

einen Nationalen Berufsbildungsfonds innovative

Ausbildungsprojekte mit Pilotcharakter für die Be-

rufsbildungsreform auf Initiative der einreichenden

Organisationen gefördert. Durch die neuen Modelle

der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsunterneh-

men und Trainingszentren wurden erforderliche Qua-

lifizierungsbedarfe gedeckt und Beschäftigungspo-

tenziale erschlossen. Neue Curricula für neue

Teilnehmerprofile wurden so gemeinsam mit der Un-

terstützung des Vorhabens entwickelt.

Die Abgänger sind dadurch wesentlich besser für

die Erfordernisse des Arbeitsmarktes ausgebil-

det. Eine unabhängige Erhebung hat gezeigt, dass

mehr als 90% der Abgänger/innen sowie der Unter-

nehmer/innen mit den Ergebnissen zufrieden sind.

Bisher konnten so mehr als 125.000 Menschen in

36 Berufsausbildungskursen teilnehmen. Für den

pakistanischen Kontext ist dabei besonders hervor-

zuheben, dass unter den Teilnehmenden mehr als

37.000 Frauen und 90.000 Personen aus armen

Haushalten stammen. Darüber hinaus wurden in

zwei Grenzregionen 1.800 Personen in zu landwirt-

schaftlichen Techniken und Fischproduktion ge-

schult.

Naila Parveen aus Gilgit ist eine der 125.000 Teilneh-

menden an den Kursen. Sie wohnt in Gilgit, eine ent-

legenen Region Pakistans in den Bergen des Hi-

malayas. Aufgrund der Abgeschiedenheit ist diese

Gegend für viele konventionelle Geschäftsmodelle

weniger geeignet. Naila Parveen besuchte einen der

dreimonatigen Trainingskurse zu E-Marketing und

konnte auch direkt im Anschluss ihre neu erworbe-

nen Fähigkeiten profitabel einsetzen. „Ich habe kürz-

lich aufgrund meiner neuen Qualifikation einen Auf-

trag für eine Malaysische Firma zu einem

Datenerhebungsprojekt durchgeführt. Mit Aufträgen

dieser Art bin ich nun in der Lage, meine Ausbil-

dungsgebühren selbst zu verdienen und dabei auch

noch meine Familie zu unterstützen“.

Page 37: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

37

Dieser Ansatz ist seit Januar 2017nicht mehr Teil des

Programms. Das Vorhaben dokumentierte diese gu-

ten Erfahrungen aus Berufsbildungs- und Beschäfti-

gungsförderungsprogrammen für spezielle Zielgrup-

pen sowie aus „Lernenden Regionen“ für die

landesweite Verbreitung, um die Breitenwirksamkeit

zu steigern.

Naila Parveen

Informations- und Evaluierungssystem als Vo-

raussetzung zur Steuerung der Berufsbildung

Verlässliche Informationen zum Arbeitsmarkt spielen

auch eine wichtige Rolle bei Entscheidungen zur Be-

rufsbildungspolitik. Erhebungen zum Arbeitskräftebe-

darf gab es jedoch bis zum Beginn des Vorhabens

nicht. In diesem Zusammenhang wurde ein nationa-

les Informationssystem in der nationalen Berufs-

bildungskommission eingeführt. Die Information

stehen darüber hinaus auch den mit der Planung be-

trauten Partnern, Ausbildungsinstituten, der Industrie

und auch Arbeitssuchenden und Student/innen zur

Verfügung. Gegenwärtig sind die Informationen von

mehr als 70.000 Unternehmen und 700.000 ausgebil-

deten Arbeitnehmer/innen auf der Webseite verfüg-

bar (www.skillingpakistan.org). Täglich laden mehr

als 400 Arbeitssuchende ihre Profile auf der Web-

seite hoch. Informationen von über 3.500 privaten

und öffentlichen Berufsbildungsinstitutionen sind ver-

fügbar und zeigen die angebotenen Kurse und wei-

tere Informationen. Diese Plattform ist ein Schritt in

Richtung einer nachhaltigen Verbindung zwischen öf-

fentlichen und privaten Akteuren der Berufsbildung.

Ferner ist eine evidenzbasierte Steuerung in der Be-

rufsbildung ohne eine zuverlässige Datenlage nicht

möglich. Die in der neuen Politik vorgesehenen Mo-

nitoring und Evaluierungssysteme werden daher

vom Vorhaben entwickelt und pilotiert, um evidenz-

basierte politische Entscheidungen zur Steuerung zu

ermöglichen. Abdul Sami Khan arbeitet in der staatli-

chen Aufsichtsbehörde für das Berufsschulwesen in

der Provinz Azad Jammu und Kashmir (Azad Jammu

and Kashmir Technical Education and Vocational

Training Authority, AJK-TEVTA). Seiner Behörde un-

terstehen derzeit 67 Berufsschulen und 82 Trainings-

zentren. Jährlich werden in diesen öffentlichen und

privaten Instituten 15.000 Teilnehmende aus- bzw.-

fortgebildet. Die Entwicklung des neuen Monitoring

und Evaluierungssystems wurde durch das Vorhaben

pilothaft unterstützt. Nach der erfolgreichen Pilotie-

rung bis Januar 2015 wird das System gegenwärtig

im ganzen Land verbreitet. „Es ist für mich wie ein

Traum, der Wirklichkeit wird, nun alle Daten über den

Berufsschulsektor in einer transparenten Art und

Weise und ohne Dopplungen zusammengestellt zu

haben“, sagt Abdul Sami Khan, Vorsitzender der Be-

hörde.

Nachhaltigkeit durch Qualitätssicherung und ge-

meinsame Verantwortung

Die Nationale Berufsbildungskommission steht mit

der Umsetzung der Neuerungen vor der Herausfor-

derung, Rollen und Verantwortlichkeiten aller an

der Berufsbildung beteiligten Organe wirksam zu

steuern, die Politik- und Strategieentwicklung vo-

ranzubringen und ein Qualitätssicherungssystem

zu initiieren und zu leiten. Koordinierung und Ver-

netzung mit anderen Ministerien, der Plankommis-

sion und den Wirtschaftsorganen spielen dabei eine

große Rolle. Die GIZ unterstützt dabei durch Organi-

sationsentwicklung und Beratung in Schlüsselprozes-

sen. Auf Provinzebene sind die zuständigen Berufs-

bildungsbehörden die zentralen Akteure, um den

Erfolg zu messen und die Qualität der Berufsausbil-

dung zu sichern. Sie spielen eine entscheidende

Rolle in der Umsetzung der nationalen Politik und der

Einführung der Neuerungen auf Provinzebene und in

den Instituten. Die Anforderungen an das Manage-

ment und die Steuerung sind dadurch erheblich ge-

wachsen. Das Vorhaben griff diesen wichtigen As-

pekt auf und bildete 880 leitende und höhere

Angestellte in einem Training zu Managementfra-

gen aus, um die gestiegenen Anforderungen im

Management, Verwaltung und strategischer Ent-

wicklung zu erfüllen.

Page 38: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

38

Wirkungsbereiche des Vorhabens

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren

der Wirkungsdaten 2016

Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnah-

men bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden

Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen

bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen indirekten Beitrag zum Aggregationsindikator der

Wirkungsdaten 2016

Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-

nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-

schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-

fügen. Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den folgenden Zielen für

nachhaltige Entwicklung

SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten le-

benslangen Lernens für alle fördern. Relevant sind insbesondre die Unterziele

o 4.3: Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwingli-

chen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitä-

rer Bildung gewährleisten,

o 4.4: Bis 2030 die Zahl der Jugendlichen und Erwachsenen wesentlich erhöhen, die über die

entsprechenden Qualifikationen einschließlich fachlicher und beruflicher Qualifikationen für

eine Beschäftigung, eine menschenwürdige Arbeit und Unternehmertum verfügen,

o 4.5: Bis 2030 geschlechtsspezifische Disparitäten in der Bildung beseitigen und den gleichbe-

rechtigen Zugang der Schwachen in der Gesellschaft, namentlich von Menschen mit Behinde-

rungen, Angehörigen indigener Völker und Kindern in prekären Situationen, zu allen Bildungs-

und Ausbildungsebenen gewährleisten.

SDG 8, insbesondere 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und

keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.

Page 39: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

39

4.3 Berufliche Bildung im Norden und Osten Sri Lankas

Der Kontext der Herausforderungen im Bereich

berufliche Bildung

Im Jahr 2009 ist in Sri Lanka der bewaffnete Konflikt

zwischen der sri-lankischen Regierung und den um

einen unabhängigen tamilischen Staat kämpfenden

Liberation Tigers of Tamil Eelam nach über 25 Jah-

ren zu Ende gegangen. Die Kriegsjahre waren durch-

militärische Kampfhandlungen, Vertreibung,

Menschenrechtsverletzungen und Zerstörungen vor

allem in der überwiegend von Tamilen bewohnten

Nordprovinz sowie im Osten des Landes geprägt.

Auch heute sind die Auswirkungen des Krieges in der

Region noch spürbar. Die Gesellschaft ist geprägt

von Armut und den psychischen und physischen Fol-

gen des Krieges. Landesweit leben 6,7 % der Bevöl-

kerung unterhalb der Armutsgrenze, ein hoher Anteil

der Bevölkerung leidet an Unterbeschäftigung bzw.

prekären Beschäftigungsverhältnissen. In den frühe-

ren Konfliktgebieten und den angrenzenden Regio-

nen ist die Arbeitsmarktsituation noch angespannter.

Einerseits fehlt es an Berufsbildungsangeboten, die

sich an den Bedarfen der Wirtschaft, aber auch an

den Bedürfnissen der Gesellschaft orientieren.

Eine besondere Herausforderung ist es, jungen

Frauen und Menschen mit Behinderung sowie weite-

ren marginalisierten Personengruppen vor allem im

ländlichen Raum einen Zugang zu einer formalen Be-

rufsausbildung zu verschaffen. Die Entfernungen, tra-

dierte Rollenbilder sowie familiäre und wirtschaftliche

Verpflichtungen am Wohnort schränken die Möglich-

keiten stark ein. Andererseits gibt es einen deutlichen

Mangel an qualifizierten Fachkräften. Dies beein-

trächtigt die Wirtschaftsentwicklung. In den Berufsbil-

dungszentren fehlt es häufig noch an adäquat qualifi-

ziertem Lehrpersonal, um den Absolventen/innen die

von der Wirtschaft geforderten Kenntnisse und Fer-

tigkeiten zu vermitteln. Konfliktmindernde Aspekte,

die durch den jahrzehntelangen Krieg entstandene

Feindseligkeiten gegenüber anderen Bevölkerungs-

gruppen abbauen und ein friedliches Miteinander för-

dern sollen, werden in den staatlichen Ausbildungsin-

stitutionen bisher kaum berücksichtigt.

Bedarfsorientierte Qualifizierung von Fachkräften

kann die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in der

Region fördern. Darüber hinaus können neue Er-

werbsmöglichkeiten entstehen, wie etwa durch die

Ansiedlung neuer Unternehmen, die insbesondere

der jungen Generation neue Einkommensmöglichkei-

ten bieten kann.

Ansatz des Vorhabens: verbesserte Beschäfti-

gungsmöglichkeiten für Jugendliche auch als

Beitrag zur Friedenssicherung

Ziel des Vorhabens Berufliche Bildung im Norden

und Osten Sri Lankas ist es, dass Jugendliche ein

verbessertes und bedarfsorientiertes Ausbildungsan-

gebot in der Nord- und Ostprovinz Sri Lankas nutzen.

Durch die dadurch verbesserten Beschäftigungsmög-

lichkeiten soll unmittelbar auch ein Beitrag zu Frie-

densförderung und Konflikttransformation im Land

geleistet werden.

Das Vorhaben unterstützt derzeit 15 Berufsbildungs-

einrichtungen im Norden und Osten Sri Lankas da-

bei, ihr Ausbildungsangebot qualitativ und quantitativ

zu verbessern. Die Unterstützung der Berufsschulen

umfasst insbesondere Beratungsleistungen zur Qua-

litätssteigerung der Ausbildungsangebote, die Qualifi-

zierung von Lehr- und Managementpersonal, klei-

nere Ausstattungsleistungen, die Betreuung von

Betriebspraktika ("on-the-job" Training), die Unter-

stützung von Prüfungen und Akkreditierungen, die

Einführung von Englischkursen sowie die bedarfsori-

entierte Anpassung von Curricula. Neben dieser

technischen Beratung spielt das Personal der GIZ

eine zentrale Rolle als Moderator für die Gestaltung

der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden

und der Privatwirtschaft, sowohl auf lokaler Ebene

als auch im nationalen Kontext. Durch eine direkte

Einbindung der Wirtschaft in Prozesse der berufli-

chen Ausbildung und der Förderung von Kooperati-

onsmechanismen zwischen staatlichen Berufsbil-

dungsakteuren und der Wirtschaft wird die

Bedarfsorientierung und Nachhaltigkeit der Ausbil-

dungsangebote sichergestellt. In dem vom BMZ fi-

nanzierten Vorhaben wird die Unterstützung der Be-

rufsbildungsangebote in der Ostprovinz durch eine

Kofinanzierung des Schweizer Staatsekretariats für

Migration ermöglicht.

Entwicklung neuer und praxisrelevanter Ausbil-

dungsgänge gemeinsam mit der Privatwirtschaft

Das Vorhaben hat bislang insgesamt 104 Aus- und

Weiterbildungsgänge in den Fachbereichen Auto-

mobiltechnik, Bauwesen, Nahrungsmittelverarbei-

tung, Mechanik, Elektrik und Elektronik, Informations-

und Kommunikationstechnologie, Hotel- und Gast-

wirtschaft sowie Handwerksberufe wie Schneiderei,

Kosmetik und Frisörhandwerk neu eingeführt oder

qualitativ aufgewertet. Auch wurden Lehrpläne neu

entwickelt, um eine enge Orientierung der Ausbil-

dung an den Bedarfen des Arbeitsmarktes sicher zu

Page 40: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

40

stellen. Damit die Absolventen/innen auch tatsächlich

verbesserte Möglichkeiten der Beschäftigung erhal-

ten, arbeitet das Projekt intensiv mit der Privatwirt-

schaft bei der Gestaltung der Ausbildungen zusam-

men.

Die Partnerorganisationen werden bei der Vermitt-

lung von betrieblichen Ausbildungsphasen ("on-

the-job" Training“) unterstützt. Durch das sechs- bis

zwölfmonatige „on-the-job" Training wird sicherge-

stellt, dass alle Auszubildenden aus den von der GIZ

unterstützten Ausbildungseinrichtungen einen be-

trieblichen Ausbildungsteil durchlaufen. Darüber hin-

aus werden Unternehmensvertreter in die Ausbil-

dungseinrichtungen eingeladen, um den Dialog

zwischen Unternehmen und zukünftigen Fachkräften

zu fördern.

Der Austausch zwischen Regierungsorganisatio-

nen und Privatsektor wird durch die Organisation

von Unternehmensforen zu ausgewählten Themen

unterstützt. Eine Veranstaltung stand beispielsweise

unter dem Thema erneuerbare Energien. Es wurde

unter anderem diskutiert, wie die Curricula ange-

sichts der neuen Technologien angepasst werden

müssen und wie Lehrpersonal und Auszubildende

mehr für „grüne“ Themen wie Abfallentsorgung, Was-

sernutzung, Energieeffizienz sowie die Nutzung von

erneuerbaren Energien sensibilisiert werden können.

Essentieller Baustein ist die Qualifizierung des

Lehr- und Managementpersonals der Berufsschu-

len auf der Grundlage zuvor identifizierter Fortbil-

dungsbedarfe. Neben den Inhalten zur Sicherung der

technischen Qualität der Kurse und der pädagogi-

schen Fähigkeiten spielen in allen Schulen auch die

Kompetenzen zur Gleichberechtigung der Ge-

schlechter, zur Friedenssicherung und Konflikttrans-

formation sowie zur Förderung sozialer Kompeten-

zen und Schlüsselqualifikationen eine zentrale Rolle.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auch auf der Ver-

besserung der Englischsprachkompetenz der Auszu-

bildenden. Englisch ist eine wichtige Brückensprache

zwischen den singalesisch und tamilisch sprechen-

den Volksgruppen und trägt somit zur Mobilität auf

dem Arbeitsmarkt und zur Verständigung bei.

Studienreisen zu anderen Berufsschulen in Süd-

ostasien ergänzen das Qualifizierungsangebot für

ausgewählte Teilnehmer/innen. Kontinuierliche, in-

tensive Beratung und Unterstützung findet dabei

auch auf höchster Managementebene statt.

In einer Erhebung bestätigten etwa drei Viertel der

am "on-the-job" Training beteiligten Betriebe, dass

die Kompetenzen der Absolvent/innen zu ihrer

Zufriedenheit sind. Optimierungsbedarfe wurden

seitens der Betriebe hinsichtlich der Sprach-

kompetenzen sowie bei Soft Skills wie Kommunika-

tion, Pünktlichkeit oder Arbeitsmoral gesehen.

Strukturelle Verbesserungen zur Zusammenar-

beit zwischen staatlichen Strukturen und der Pri-

vatwirtschaft auf der nationalen Ebene

Neben der Arbeit in der Nordprovinz sowie im Osten

des Landes stellte das Vorhaben auf nationaler

Ebene sicher, dass die entwickelten Berufsbildungs-

angebote den staatlichen Rahmenbedingungen ent-

sprechen. Auf dieser Grundlage hat das Vorhaben

die zuständige Berufsbildungsuniversität und die Be-

rufsbildungskommission beraten. Oben dargestellte

Neuerungen konnten so nachhaltig im Berufsbil-

dungssystem verankert werden.

Darüber hinaus fördert das Vorhaben Dialogprozesse

zwischen staatlichen Akteuren und der Privatwirt-

schaft auf nationaler Ebene und begleitet Pilotpro-

zesse. Das Veranstaltungsformat „Private Sector Fo-

rum“ hat sich als Plattform zur Förderung des

Austauschs zwischen der Privatwirtschaft und den

staatlichen Akteuren etabliert. So konnte das Vorha-

ben Impulse setzen, die Privatwirtschaft zukünftig

stärker in die Curriculumsentwicklung sowie in

Ausbildungsprozesse und -strukturen einzubin-

den.

Perspektiven für zahlreiche Jugendliche und

junge Erwachsene

2012 eröffnete das erste im Rahmen des Vorhabens

geförderte Ausbildungszentrum. Die Eröffnung des

als Exzellenzzentrum für berufliche Bildung konzi-

pierte Sri Lanka-German Training Institute (SLGTI)

am 18. Juli 2016 war ein bedeutender Meilenstein

des Projekts. Die Eröffnung fand in Anwesenheit des

sri-lankischen Präsidenten, des sri-lankischen Be-

rufsbildungsministers sowie des deutschen Botschaf-

ters statt. Im Vorfeld der Eröffnung wurde eine Wer-

bekampagne für das SLGTI durchgeführt,

insbesondere auch um Jugendliche aus dem Osten

und Süden des Landes zu einer Bewerbung an den

angebotenen Ausbildungsgängen zu motivieren.

Mehr als 1000 junge Männer und Frauen bewarben

sich schließlich auf die 233 angebotenen Ausbil-

dungsplätze. Von den angenommen Auszubildenden

sind 63,5 % Tamilen, 21 % Muslime und 15,5 % Sin-

ghalesen. Somit wurde das Ziel erreicht, einen Ort zu

schaffen, an dem Auszubildende verschiedener Eth-

nien und Religionen gemeinsam ausgebildet werden.

Die Zahl der Auszubildenden an den bereits geför-

derten Einrichtungen ist aufgrund der Rekrutierung

und des Angebots zusätzlicher Ausbildungsgänge

kontinuierlich gestiegen. 1.075 Auszubildende haben

Page 41: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

41

mittlerweile ihre Ausbildung bereits abgeschlossen.

An den 15 geförderten Einrichtungen absolvieren

derzeit 2.075 Auszubildende ihre Ausbildung. 40,8 %

der Auszubildenden und Absolventen sind weiblich,

was eine deutliche Steigerung zu den 30 % Frauen-

anteil zu Beginn des Projekts ist. Diese Entwicklung

geht u.a. auf die Bemühungen des Vorhabens zur

Sensibilisierung im Bereich der Berufsorientierung

zurück, in die Eltern und Ehemänner einbezogen

werden. Darüber hinaus werden regelmäßig Gender-

trainings mit Partnern, Lehr- und Managementperso-

nal sowie den Auszubildenden durchgeführt. Bei der

Durchführung aller Maßnahmen wird auf eine mög-

lichst ausgewogene Geschlechterverteilung geachtet.

Die Kooperation mit Jetwing ist ein gutes Beispiel für

die Kooperation mit Unternehmen im Bereich der be-

ruflichen Ausbildung und den erfolgreichen Über-

gang von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt. Im

Rahmen einer Kooperationsvereinbarung zwischen

der GIZ, der nationalen Berufsbildungsbehörde und

Jetwing Hotels Ltd erhielten 58 Auszubildende des

Ausbildungszentrums Karainagar die Möglichkeit, ei-

nen berufspraktischen Ausbildungsteil in einem der

zahlreichen Jetwing-Hotels in Sri Lanka zu absolvie-

ren. Anschließend wurden 42 Absolvent/innen im neu

eröffneten Jetwing-Hotel Jaffna eingestellt.

Susikaran Vinotha

aus Skandapuram ist

20 Jahre alt und hat

die Ausbildung zur

Elektronikerin abge-

schlossen. „Ich habe

zahlreiche Unter-

schiede zwischen

der Ausbildung in der

Schule und der Be-

rufsausbildung festgestellt. Zum Beispiel habe ich in

der Schulzeit nie mit den Jungs gesprochen. Aber in

der Berufsschule haben wir alle zusammen gelernt,

gearbeitet und auch unser Wissen ausgetauscht. Als

ich das erste Mal einen Fernseher in allen Einzeltei-

len sah, war das sehr seltsam und fast erschreckend.

Auch habe ich vorher nicht gewusst, was Mobiltele-

fone wirklich sind und wie sie funktionieren. Heute,

nach dem "on-the-job" training ist es für mich normal,

sie zu reparieren. Dabei habe ich auch gelernt, dass

nicht nur Jungen, sondern auch Mädchen vieles kön-

nen. Auch habe ich viele andere Menschen und Teile

des Landes während der Ausbildung kennen gelernt.

Allerdings musste dann dort immer wieder übersetzt

werden, da ich Tamil spreche und meine geringen

Englischkenntnisse nicht ausreichten. Inzwischen

war ich auch dank der Ausbildung drei Mal in Co-

lombo. Meinen Eltern musste ich nicht nur alles zu

Elektronik erklären, sondern auch verteidigen, warum

diese Ausbildung für Mädchen gut ist. Sie verstanden

es nach meinem praktischen Aufenthalt bei Sri Lanka

Telecom. Anschließend erlaubten sie meiner

Schwester, dass sie eine Ausbildung als Elektrikerin

macht. Mit dem Abschlusszertifikat kann man leicht

eine Anstellung finden oder sogar sein eigenes Un-

ternehmen gründen.“

Beitrag zu Frieden und Konflikttransformation

Vor dem Hintergrund des erst vor acht Jahren been-

deten jahrzehntelangen Konfliktes wurde besonders

angestrebt, durch die berufliche Bildung auch einen

Betrag zur Versöhnung und Konflikttransformation zu

leisten. Das Vorhaben unterstützt die Berufsschulen

dabei, Konzepte und innovative Aktivitäten der

Friedensförderung und Konflikttransformation in

die Ausbildungen zu integrieren. In enger Zusam-

menarbeit mit nationalen und internationalen Exper-

ten hat das Vorhaben ein Handbuch für Friedenser-

ziehung und Konfliktprävention für Lehrer/innen

und Managementpersonal der Berufsbildungsinstituti-

onen entwickelt. Das Handbuch "Manual to

strengthen social competencies of vocational trai-

nees" enthält neben einem einführenden Teil in die

Thematik detaillierte Lehr- und Lernmodule. Darin

werden Themen behandelt, die die Rolle als verant-

wortungsbewusste/r Bürger/in und Kommunikation

behandeln. Die sozialen Kompetenzen betreffen wei-

terhin die persönliche Entwicklung, körperliches und

geistiges Wohlergehen sowie Lernstrategien.

Für Jeyakulanathan Jenoji brachte die Ausbildung

eine wichtige persönliche Entwicklung mit sich: „Ich

habe eine Freundin, die eine Ausbildung als Elektro-

nikerin machte. Nach einiger Zeit reifte bei mir der

Gedanke, dass ich auch eine Berufsausbildung ma-

chen will. Als ich darüber mit meiner Mutter sprach,

war sie zunächst von der Idee jedoch nicht begeis-

tert, ich habe dann doch begonnen. Später, das erste

Mal in meinem

praktischen "on-

the-job" training,

war ich am An-

fang sehr nervös.

Ich lernte aber

dann mit mehr

Mut zu arbeiten.

Inzwischen habe

ich so viel Selbst-

vertrauen, dass ich bei Beschwerden alleine mit den

Kunden bespreche, um diese zu lösen. Dafür waren

die Kurse für soziale Kompetenzen in der Berufs-

schule sehr wichtig. Ich will gerne noch mehr lernen

und Ingenieurin werden“.

Susikaran Vinotha

Jeyakulanathan Jenoji

Page 42: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

42

An bisher 21 Trainingsmaßnahmen durch Förde-

rung der sozialen Kompetenzen nahmen mehr als

1.000 Schüler/innen und Lehrer/innen der vom

Vorhaben unterstützten Berufsbildungseinrichtungen

teil. Die durchgeführten Trainingsmaßnahmen bein-

halteten unter anderem ein interkulturelles Training.

Mitglieder aller ethnischen Gruppen – Singhalesen,

Tamilen und Muslime – teilten Besonderheiten ihrer

Kultur, Religion und Essen miteinander. Dadurch

konnten die Jugendlichen Dinge voneinander erfah-

ren, die sie vorher noch nicht wussten. Darüber hin-

aus wurden berufliche Situationen simuliert, wie etwa

ein Jobinterview, das Gespräch mit einem Vorgesetz-

ten oder die Lösung von Konflikten am Arbeitsplatz.

Durch die regelmäßig durchgeführten Trainingsmaß-

nahmen werden gezielt Vorurteile gegenüber an-

deren Bevölkerungsgruppen abgebaut und ein

friedliches Miteinander gefördert.

Die Themen Friedenserziehung und Konfliktpräven-

tion werden zudem durch zielgruppenspezifische

Veranstaltungen adressiert: Das Event „North

meets the South“ ist eine Studienreise von Berufs-

schüler/innen aus dem Norden des Landes nach Co-

lombo. Neben dem Kennenlernen von neuesten

Technologien und Arbeitsprozessen und dem direk-

ten Austausch mit Unternehmensvertretern, fördert

diese Veranstaltung auch den Austausch zwischen

Jugendlichen aus Nord und Süd. Das Event fand

bislang viermal (2012 bis 2015) statt, mit einer Teil-

nehmerzahl von insgesamt 562 Auszubildenden,

davon 185 Teilnehmer/ innen aus Colombo.

Die Veranstaltung „Young and Diverse“ ist ein Sport

und Kulturevent zur gezielten Förderung der sozialen

und kulturellen Integration. Die kulturelle, religiöse

und soziale Vielfalt steht bei dieser Veranstaltung im

Mittelpunkt. Auch hier kommen junge Leute verschie-

dener Ethnien, Religionen und sozialer Hintergründe

zusammen und es entstand ein gegenseitiges Ver-

ständnis und Vertrauen. Der Austausch fand bislang

dreimal statt, mit einer Teilnehmerzahl von insgesamt

etwa 1.600 Auszubildenden.

Verbessertes Image beruflicher Bildung für Ju-

gendliche aus ländlichen Gegenden

Das Projekt hat einen positiven Einfluss auf das An-

sehen der Berufsbildung im Norden und Osten Sri

Lankas genommen. Unter den Jugendlichen gilt es

als attraktive Option, an den modernen Maschinen in

den Ausbildungszentren ausgebildet zu werden und

nach der schulischen Ausbildung für das "on-the-job"

Training in einen anderen Landesteil zu gehen und

dort in einem bekannten Unternehmen zu arbeiten.

Auch das Angebot Englisch zu lernen, wird sehr posi-

tiv gesehen, da es neue Möglichkeiten eröffnet.

Um Jugendliche

insbesondere in

ländlichen Ge-

genden über das

Angebot und die

Potenziale einer

bedarfsorientier-

ten Berufsausbil-

dung zu informie-

ren und deren Teilnahme zu befördern, legt das

Vorhaben einen starken Schwerpunkt auf die Bil-

dungs- und Berufsberatung. Diese wurde zu Beginn

des Projekts mit einem Trainingsbus durchgeführt,

aus dem mithilfe von Broschüren, Flyern, Filmen,

Straßentheater und Diskussionsveranstaltungen in

den Gemeinden für die Berufsausbildungsangebote

geworben wurde. Später wurden Mitarbeiter/innen

der Ausbildungszentren in Bildungs- und Berufsbera-

tung qualifiziert. Diese besuchen die weiterführenden

Schulen in der Region, um Schüler und Eltern über

die Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren. Drei

fest installierte Bildungs- und Berufsberatungs-Büros

in Kilinochchi, Jaffna und Trincomalee stehen dar-

über hinaus als Anlaufstellen zur Verfügung.

Jeyakumar Inthuyan, Auszubildender am Kilonochchi

Central College: „Wir wurden über die Perspektiven

auch in wirtschaftlicher Hinsicht der unterschiedli-

chen Berufsausbildungsgänge informiert. Diese Ori-

entierungen waren für uns wichtig, um die richtige

Entscheidung für unsere Zukunft treffen zu können“.

Ein besonderer Fokus wird hierbei auf die Aufklärung

und Sensibilisierung junger Frauen und deren Eltern

und/oder Ehemänner gelegt, mit dem Ziel, kulturelle

Barrieren abzubauen und jungen Frauen eine Berufs-

ausbildung und -ausübung zu ermöglichen. Die Maß-

nahmen haben zu einem besseren Ansehen von Be-

rufsbildung in der Gesellschaft und damit zu einer

Zunahme der Nachfrage nach Berufsausbildung an

den geförderten Schulen geführt.

Jeyakumar Inthuyan

Page 43: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

43

Wirkungsbereiche des Vorhabens

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren der Wir-

kungsdaten 2016

Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnah-

men bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden

Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen

bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den folgenden Zielen für nachhaltige Entwick-

lung:

SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten le-

benslangen Lernens für alle fördern. Relevant sind insbesondre die Unterziele

o 4.3: Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwingli-

chen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitä-

rer Bildung gewährleisten,

o 4.4: Bis 2030 die Zahl der Jugendlichen und Erwachsenen wesentlich erhöhen, die über die

entsprechenden Qualifikationen einschließlich fachlicher und beruflicher Qualifikationen für

eine Beschäftigung, eine menschenwürdige Arbeit und Unternehmertum verfügen,

o 4.5: Bis 2030 geschlechtsspezifische Disparitäten in der Bildung beseitigen und den gleichbe-

rechtigen Zugang der Schwachen in der Gesellschaft, namentlich von Menschen mit Behinde-

rungen, Angehörigen indigener Völker und Kindern in prekären Situationen, zu allen Bildungs-

und Ausbildungsebenen gewährleisten.

SDG 8: insbesondere 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und

keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.

SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen

Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklu-

sive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.

Page 44: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

44

5 Gute Regierungsführung: Demokratieförderung, Dezentralisierung und Kommunalentwicklung

Die beiden Indikatoren der Wirkungsdaten 2016 be-

treffen die Anzahl der Menschen, die durch die GIZ

von mehr politischer Teilhabe profitieren sowie die

Anzahl der Menschen, die durch die GIZ Zugang zu

staatlichen und kommunalen Dienstleistungen erhal-

ten haben.

Die Wirkungen der dargestellten Beispiele tragen alle

zu beiden Indikatoren bei. Bei den Vorhaben in Be-

nin, Sambia und Palästina wird auch deutlich, dass

der Zugang zu einigen kommunalen Dienstleistungen

erst durch die verbesserte politische Teilhabe der

Menschen und ihrer zivilgesellschaftlichen Organisa-

tionen ermöglicht wurde. Das Beispiel aus Georgien

zeigt die Verbesserungen durch die Einrichtung von

Bürgerbüros. Im Vorhaben in Palästina werden Me-

dien und innovativen Formen der Informations- und

Kommunikationstechnologie genutzt, um politische

Teilhabe und Zugang zu Basisdienstleistungen zu

verbessern.

Die im Rahmen der beiden Indikatoren profitierenden

Menschen sind in aller Regel Bürger/innen in Kom-

munen. Häufig sind die Ansätze der Vorhaben so

ausgerichtet, dass besonders Frauen oder auch

Menschen aus ärmeren Haushalten von Verbesse-

rungen profitiren. Die Basisleistungen umfassen Bil-

dung, Gesundheit, Zugang zu Wasser und im Falle

des Beispiels in Benin auch Basisleistungen wie Not-

hilfe und den Schutz vor Risiken.

Die Ansätze der dargestellten Vorhaben setzen an

folgenden zentralen Hebeln an: die direkte Stärkung

von Kommunen zur Verbesserung ihrer Leistungser-

bringung, die Unterstützung von Reformen auf natio-

naler Ebene um die Rahmenbedingungen für die

Kommunen zu verbessern, beispielsweise was ihre

Kompetenzen oder ihre Finanzen betrifft. In allen Fäl-

len ist die Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure

Teil der Unterstützung durch die GIZ, um die Voraus-

setzung für politische Teilhabe zu verbessern sowie

verbesserte Dienstleistungen einfordern zu können.

Gemeinsames Element der Beispiele ist die große

Bedeutung der Förderung der Zusammenarbeit zwi-

schen Akteuren, um die Wirkungen zu erreichen.

Dies betrifft die Zusammenarbeit zwischen staatli-

chen Stellen wie z. B. zwischen Ministerien sowie

auch zwischen der nationalen Ebene und den dekon-

zentrierten Diensten sowie den dezentralisierten Ver-

waltungen. Zentral ist auch die Stärkung des Dialo-

ges zwischen staatlichen und zivil-gesellschaftlichen

Akteuren. Dabei steht die Einrichtung und die Effizi-

enz von dauerhaften Mechanismen und Formen wie

Public Hearings, moderierte, öffentliche Anhörungen,

etc. im Mittelpunkt.

Liste der Beispiele im Bereich Good Governance

5.1 Unterstützung der Dezentralisierung und Kommunalentwicklung in Benin

5.2 Politische Teilhabe an Governance Reformprozessen und Armutsminderung in Sambia

5.3 Reformprogramm zur Kommunalentwicklung in Palästina

5.4 Bürgerbüros im Vorhaben „Kommunalentwicklung im Südkaukasus“

Page 45: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

45

5.1 Unterstützung der Dezentralisierung und Kommunalentwicklung in Benin

Der Kontext der Grundversorgung der Bevölke-

rung mit öffentlichen Dienstleistungen

Benin ist eines der ärmsten Länder der Welt. Etwas

mehr als ein Drittel der ca. zehn Millionen Beniner/in-

nen lebt unterhalb der Armutsgrenze. Insbesondere

in ländlichen Bereichen ist die Armut mit rund 50 Pro-

zent der Bevölkerung besonders stark. Laut UNDP

Weltentwicklungsbericht 2016 beträgt die Alphabeti-

sierungsrate 38 Prozent bei den über 15-Jährigen

und 42 Prozent bei den unter 15-jährigen Beniner/in-

nen. Im Jahr 2015 belegte Benin den Platz 167 von

188 Ländern im Human Development Index.

Ein wichtiges Ziel der nationalen Entwicklungsstrate-

gie ist daher, die Lebensbedingungen der Bevölke-

rung in Benin nachhaltig zu verbessern. Ein zentraler

Baustein darin ist die Verbesserung der Grundversor-

gung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistun-

gen. Die territoriale Verwaltungsreform legte dafür

bereits eine wichtige Grundlage. In ihr ist festgelegt,

dass Kompetenzen und Ressourcen von der Zentral-

regierung in Benin an die Gebietskörperschaften

übertragen werden. Dabei steuert das Dezentralisie-

rungsministerium den Reformprozess. Auch wurde

ein Mechanismus zum Finanzausgleich zwischen

Staat und Gemeinden entwickelt. Trotz dieser förder-

lichen Rahmenbedingungen steht die erfolgreiche

Umsetzung der Dezentralisierungsreform noch vor

vielfältigen Herausforderungen.

Wichtige Zuständigkeiten der Grundversorgung der

Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen sind

zwar an die Kommunen übertragen worden. Die

meisten Fachministerien üben jedoch weiterhin kom-

munale Kompetenzen aus und übertragen durch-

schnittlich nur ca. 2% ihres Budgets an ihre dekon-

zentrierten Dienste auf Ebene der Départements und

der Kommunen. Die Investitionsausgaben der Kom-

munen sind zwischen 2008 und 2015 durchschnittlich

um 212%4 gestiegen, allerdings bleibt der Anteil der

kommunalen Ausgaben an den Gesamtausgaben

des Staates mit ca. 7%5 (2014) relativ gering. Zudem

werden in den kommunalen Entwicklungsplanungen

und lokalen politischen Prozessen die spezifischen

Bedürfnisse von benachteiligten Gruppen wie

Frauen, Kinder, Jugendlichen oder Menschen mit Be-

hinderung nicht ausreichend berücksichtigt. Die lo-

kale Zivilgesellschaft ist schwach und noch nicht in

der Lage, die Interessen der verschiedenen Gruppen

von Bürgerinnen und Bürgern zu vertreten und effek-

tiv in die Gestaltung der lokalen Entwicklung einzu-

bringen. Dies gilt besonders für die benachteiligten

Gruppen.

Die Managementkapazitäten der Kommunen haben

sich seit den ersten Kommunalwahlen 2002 zwar er-

heblich verbessert, allerdings bestehen in vielen Be-

reichen weiterhin große Defizite. Die Kommunen ver-

fügen noch nicht über die nötigen Kapazitäten und

Ressourcen zur Selbstverwaltung. Prinzipien guter

Regierungsführung werden auf kommunaler Ebene

noch nicht konsequent beachtet. Zahlreiche kommu-

nale Amts- und Mandatsträger haben das beste-

hende Recht der Bürgerinnen und Bürger auf politi-

sche Teilhabe noch nicht umfassend akzeptiert, auch

sind Bedarfsorientierung, Rechenschaftslegung oder

Kundenfeedback bei der Bereitstellung öffentlicher

Dienstleistungen noch nicht in die lokale politische

Kultur eingegangen. Dies hat zur Folge, dass der Zu-

gang der Bevölkerung zu quantitativ und qualitativ

hinreichenden Dienstleistungen zur Grundversorgung

noch nicht gewährleistet wird.

Ansatzpunkte des Vorhabens auf lokaler und na-

tionaler Ebene

Das Vorhaben Unterstützung der Dezentralisierung

und Kommunalentwicklung im Auftrag des BMZ hat

zum Ziel: „Die beratenen Kommunen nutzen ihre ver-

besserten Kapazitäten zur Selbstverwaltung für die

Bereitstellung qualitativ hochwertiger Basisdienstleis-

tungen für die Bürgerinnen und Bürger unter Beach-

tung der Prinzipien guter Regierungsführung.“ Das

Vorhaben konzentriert seine Interventionen auf loka-

ler Ebene auf 25 von 77 Kommunen in 9 der 12 Dé-

partements Benins. Ausgewählt wurden sie nach Kri-

terien, bei denen der Beratungsbedarf, das

Entwicklungspotenzial und die Komplementarität zu

den Interventionen weiterer Entwicklungspartner im

Mittepunkt stehen. Darüber hinaus verbessert das

Vorhaben die Rahmenbedingungen für lokale Ent-

wicklung und Demokratie durch seine Interventionen

auf nationaler und präfektoraler Ebene und wirkt

dadurch auch auf das gesamte Land. Im Folgenden

wird dies an konkreten Beispielen erläutert.

4 Von 15.525.975 € in 2008 auf 48.430.503 € in 2015 5 Quelle: Aide-mémoire revue sectorielle 2015 « Décentralisation, Déconcentration et

Aménagement du Territoire », exercice budgétaire 2014

Page 46: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

46

Aufbau einer leistungsfähigen und bürgerorien-

tierten kommunalen Verwaltung

In 25 Gemeinden werden Managementkompetenzen

und -ressourcen zum Aufbau einer leistungsfähigen

und bürgerorientierten kommunalen Verwaltung

durch bedarfsorientiertes Coaching gestärkt. Die

Kommunen werden auch direkt bei der Erstellung

von kommunalen Entwicklungsplänen unterstützt und

die Zusammenarbeit von Gemeinden in Zweckver-

bänden wird gefördert. Zudem wird durch die fachli-

che Begleitung und Moderation von Dialogprozessen

die Kooperation zwischen Kommunalverwaltungen

und Fachdiensten der Sektorministerien z. B. für

Grundbildung oder Trinkwasserversorgung verbes-

sert. Die Kommunen werden ferner durch beratende

Begleitung sowie durch gezielte Trainings weiter qua-

lifiziert, um eine kundenorientierte Verwaltung von

Basisdienstleistungen einzuführen.

Auch in Anbetracht

der Konzentration

zahlreicher Ressour-

cen in der Hauptstadt,

spielt dabei die Ver-

besserung des Perso-

nalmanagements und

der Personalentwick-

lung in den Kommu-

nen eine wichtige

Rolle. In Zusammen-

arbeit mit dem De-

zentralisierungsministerium, Kommunen und den

Akteuren haben vor allem Fachkräfte des GIZ-Teams

ein Instrument entwickelt, das die Kommunen bei der

Einführung und Umsetzung eines ergebnisorien-

tierten Managementsystems unterstützt. Dabei

werden auch die Arbeitsleistungen des Kommunal-

personals bewertet und entsprechende Prämien ver-

geben. Nach einer Pilotphase in drei Kommunen

wurde das Managementsystem 2013 in den 25 Part-

nerkommunen des Vorhabens eingeführt.

Beispiel Zogbodomey: Erhöhung der Pachtein-

nahmen aus der Wasserversorgung

Eine dieser Kommunen ist Zogbodomey mit mehr als

90.000 Einwohnern in 80 Dörfern, etwa 150 km nörd-

lich der Hauptstadt Cotonou. Die Einführung des In-

strumentes hatte einen positiven Effekt auf die Leis-

tungsfähigkeit der Kommunalverwaltung und somit

auch auf die Qualität der kommunalen Dienstleistun-

gen. So achten die Verantwortlichen der Kommunen

im Bereich Gebühren- und Steuererhebung nun mehr

darauf, ihre Jahresziele zu erreichen. Das stark moti-

vierte Personal konnte die Einnahmen aus dem Be-

reich der ländlichen Wasserversorgung innerhalb

von zwei Jahren (2014 auf 2016) um mehr als das

Doppelte steigern. Damit stehen mehr Gelder für

andere kommunale Leistungen zur Verfügung.

Ein Großteil der kommunalen Infrastruktur zur Was-

serversorgung der Bevölkerung in Zogbodomey ist

verpachtet. Betreibern, die ihre Leistungen wie die

Sicherstellung des Betriebs oder zeitnahe Reparatu-

ren nicht erbracht haben wurde gekündigt. Das war

ein starkes Zeichen - seither sind die vertraglich ver-

einbarten Leistungen besser und die Einnahmen der

Kommune gestiegen. Die Fachkräfte der GIZ unter-

stützen die Kommune bei der Einführung des ergeb-

nisorientierten Managements. Ein Element dabei war

die Durchführung eines Workshops, bei dem alle Ab-

teilungsleiter/innen und die Verantwortlichen anderer

Dienste teilnahmen. Die dabei entwickelten Vor-

schläge und Richtlinien wurden vom Gemeinderat

bestätigt.

Die Umsetzung der Maßnahmen führte dann zur Ver-

doppelung der Einnahmen in zwei Jahren. Dies zeigt

das große Potenzial, da diese bisherigen Wirkungen

zunächst nur auf den Aktivitäten in vier der insge-

samt elf Landkreise basieren.

Auch die Beauftragte für die Wasserinfrastruktur im

Dorf Houanzounmè, Véronique Assofounle ist mit der

Entwicklung zufrieden: „Wir verpflichteten uns mit un-

serer Unterschrift unter den Vertrag mit der Kom-

mune bestimmte Regeln einzuhalten. Dazu gehört

nicht nur das regelmäßige Durchführen von Maßnah-

men zur Sicherung der Hygiene, wie die tägliche

Säuberung der Wasserstelle, sondern auch einen

Teil der Wassergebühren mindestens einmal im Jahr

an die Kommune zu entrichten. Diesen Verpflichtun-

gen kommen wir nun konsequent nach. Da auch die

Kommune ihre Verpflichtung übernimmt und bei-

spielsweise im Falle eines Problems allfällige Repa-

raturen übernimmt, haben wir hier nun immer saube-

res Wasser.“

Page 47: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

47

Midomahoulomè Ad-

jassoho ist General-

sekretärin der Kom-

munalverwaltung in

Zogbodomey und äu-

ßert sich auch sehr

zufrieden über die

Entwicklung in der

Kommunalverwal-

tung: „Das Instrument

ist ein umfassendes

System zur Evaluie-

rung der Leistung

unserer Kommune und der Mitarbeiter/innen. Unsere

Kommune Zogbodomey hat begonnen, systematisch

damit zu arbeiten. Es wäre falsch zu behaupten,

dass dadurch bereits alle Probleme gelöst wären.

So sind unsere Mitarbeiter/innen oft noch nicht aus-

reichend ausgebildet und wir haben noch einige

wichtige Positionen nicht besetzt. Unsere Mitarbei-

ter/innen werden sich jedoch mehr und mehr darüber

bewusst, dass es auf die Ergebnisse ankommt und

handeln entsprechend.

Dafür war auch das Ansetzen von Prämien zuträg-

lich, die transparent bergründet und vergeben wer-

den und die im Budget der Kommune verankert sind.

Allerdings benötigen wir noch mehr Zeit und Unter-

stützung, um diese Haltung im Alltag auch gegen-

über den Bürger/innen und bei allen Mitarbeiter/innen

erfolgreich zu verinnerlichen. Essentiell ist auch,

dass Bürgermeister und Generalsekretär an einem

Strick ziehen, denn der Bürgermeister muss mich un-

terstützen.“

Stärkung der politischen Teilhabe von Bürgerin-

nen und Bürgern zur Verbesserung der Grund-

versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen

Dienstleistungen

Ein weiterer Schwerpunkt der Unterstützung des Vor-

habens auf lokaler Ebene sind Beratungsmaßnah-

men und Unterstützung von 25 Gemeinden bei ihrer

öffentlichen Rechenschaftslegung und der Bürgerteil-

habe. Dazu wird die Kommune unterstützt, Dialogfo-

ren und andere Verfahren der Bürgerbeteiligung ein-

zurichten. Parallel werden Bürger und

zivilgesellschaftliche Akteure durch Fortbildungen

und Sensibilisierungsmaßnahmen gestärkt, sich in

die kommunalen Entscheidungsprozesse einzubrin-

gen. Auch die verbesserte Organisation der zivilge-

sellschaftlichen Akteure spielt eine wichtige Rolle.

Ein wichtiger Hebel ist die Beteiligung und das Ein-

bringen der Interessen bei der Erstellung der kommu-

nalen Entwicklungspläne. In Benin sind alle Kommu-

nen verpflichtet, alle fünf Jahre einen kommunalen

Entwicklungsplan zu erarbeiten. Die Umsetzung der

Maßnahmen erfolgt über jährliche Investitionspläne.

Oft sind jedoch zivilgesellschaftliche Gruppen weder

bei der Erstellung der Pläne, noch beim Monitoring

der Umsetzung im Rahmen der jährlichen Investiti-

onspläne wesentlich beteiligt. Dies hat unter ande-

rem zur Folge, dass die in den Plänen enthaltenen

Projekte nicht immer die Prioritäten der Bevölkerung

widerspiegeln und die Umsetzung durch Mängel ge-

kennzeichnet ist. Dies ist eine zentrale Ursache für

den mangelnden Zugang der Bevölkerung zu Basis-

dienstleistungen. Genau da setzt das Vorhaben an

und unterstützt über eine Entwicklungshelferin und

eine nationale Fachkraft Nichtregierungsorganisatio-

nen (NRO) wie beispielsweise RODEL in der Kom-

mune Natitingou.

Die Nichtregie-

rungsorganisa-

tion RODEL

begann im

Jahre 2014 in

Zusammenar-

beit mit 7 Kom-

munen einen Mechanismus der Bürgerbeteiligung

zu entwickeln und umzusetzen. Bei der parallelen

Unterstützung von Bürgerbewegungen und Basis-

gruppen durch RODEL in der Kommune Natitingou

wurde beispielsweise deutlich, dass der Bau einer

Grundschule in Yokossi zwar 2009 begonnen wurde,

die Bauarbeiten jedoch vor Fertigstellung abgebro-

chen wurden. Dies hatte zur Folge, dass der Unter-

richt von zwei Klassen zwischen 2010 und 2014 in ei-

nem Raum stattfinden musste, was die

Unterrichtsbedingungen deutlich einschränkt. Auch

das Gesundheitszentrum in Kotopounga in der glei-

chen Kommune wurde nicht fertig gestellt (siehe Bil-

der). RODEL unterstützte die lokalen zivilgesell-

schaftlichen Gruppen, ihre Anliegen im Rahmen

des vorgesehenen Mechanismus des Bürgerdia-

logs einzubringen. Dabei mussten die Bürgerorga-

nisationen zunächst überhaupt Zugang zu den Infor-

mationen - beispielsweise zum öffentlichen Auftrag

für die Bauunternehmer oder zum Stand der Ausga-

ben der Baumaßnahmen - erhalten. Die Gruppen er-

reichten schließlich, dass die Kommunalvertreter

eine Besichtigung der Baustellen durchführten und

sich dabei auch über den aktuellen Stand mit den

Unternehmern und den sich daraus ergebenden

Schwierigkeiten für Lehrer/innen, Schüler/innen und

andere betroffene Bürger/innen informierten. Die Bür-

gerorganisationen ihrerseits erstellten einen Bericht

zum Sachstand und formulierten konkrete Vor-

schläge, die im Rahmen einer Bürgeranhörung vor-

gestellt und diskutiert wurden. Dies war der Grund-

stein zur Fertigstellung der Baumaßnahmen und

verbesserte nicht nur die konkrete Situation und die

Midomahoulomè- Adjassoho

Page 48: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

48

Grundversorgung der Bevölkerung mit den öffentli-

chen Dienstleistungen, sondern machte auch ande-

ren Organisationen Mut. Es zeigte, dass durch Bür-

gerengagement und zivilgesellschaftliches Lobbying

etwas erreicht werden kann. „Wir sind dem Vorhaben

und RODEL sehr dankbar, denn seit 2010 hatte sich

bei den Baumaßnahmen nichts mehr getan, obwohl

wir gegenüber der Kommune vorstellig wurden.

Durch die systematische Organisation des Dialogs

mit allen relevanten Beteiligten der Kommune und

der staatlichen Dienste haben wir es erreicht, dass

wir nun zwei Klassenräume haben und nicht mehr

beide Klassen in nur einem Raum, der durch eine im-

provisierte Wand getrennt ist, unterrichten müssen“,

bestätigt Laurent Atcha, der Direktor der Grund-

schule in Sotchirantchikou.

Zustand der Grundschule nach Unterbrechung

der Bauarbeiten von 2010 - 2014

Zustand der Grundschule nach dem erfolgrei-

chen Dialog der Bürger mit der Kommune 2015

Page 49: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

49

Verbesserung der Rahmenbedingungen und der

Breitenwirksamkeit auf nationaler Ebene

Ein weiterer Ansatzpunkt des Vorhabens ist die Stär-

kung des Dezentralisierungsministeriums in seiner

strategischen Handlungskompetenz zur Umsetzung

der Dezentralisierungspolitik. Die Unterstützung ist

vor allem auf zwei Kernbereiche für den Erfolg des

Dezentralisierungsprozesses ausgerichtet: die Erhö-

hung der Finanztransfers an die Kommunen sowie

die Integration der Fachministerien in den Prozess

der Dezentralisierung. Ohne diese beiden Kernberei-

che ist eine sichtbare Verbesserung der Grundver-

sorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleis-

tungen, wie sie in den Beispielen oben dargestellt

sind, nicht zu erreichen. Bei beiden Themen spielt

die Koordination durch das Dezentralisierungsminis-

terium eine zentrale Rolle. Die GIZ unterstützt über

Fortbildungen, Coaching und Organisationsberatung

das Ministerium, sein Management und den bedarfs-

orientierten Einsatz seiner Personalressourcen zu

optimieren. Dabei wird das Dezentralisierungsminis-

terium auch in seiner Rolle als federführendes Mi-

nisterium und als Koordinator des Dezentralisie-

rungsprozesses gestärkt. Das interministerielle

Komitee zur Koordination der Umsetzung der

Dezentralisierungspolitik sowie die ihm zuarbeiten-

den Strukturen sowie das Gremium zur Koordinie-

rung der Beiträge der verschiedenen internationalen

Entwicklungspartner stehen dabei im Mittelpunkt.

Zum anderen gilt es, die Kommunalaufsicht und die

Koordinierung der Fachdienste auf Departements-

Ebene zu optimieren. Die sechs Präfekturen auf regi-

onaler Ebene werden dafür bei der Wahrnehmung

ihrer Aufsichts- und Beratungsfunktion gegen-

über den Kommunen begleitet, damit die Kommu-

nen ihre zugedachte Rolle einnehmen können und

wie in den oben dargestellten Beispielen gezeigt die

Grundversorgung der Bevölkerung mit öffentlichen

Dienstleistungen verbessern und sicherstellen kön-

nen.

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Verbesserung der fi-

nanziellen Situation der Kommunen ist die Beratung

des Finanzministeriums mit seinen dekonzentrier-

ten Diensten. Einerseits werden dadurch die Bedin-

gungen für erhöhte Eigeneinnahmen der Kommu-

nen verbessert, indem die Kommunen und lokale

Steuerbehörden innovative Instrumente und Verfah-

ren zur Erhebung lokaler Steuern und Abgaben ein-

führen. Andererseits werden die Finanztransfers

Risikomanagement und Nothilfe durch die Kommune Das Beispiel aus der Kommune Zagnanado zeigt die Bedeutung der kommunalen Entwicklungspläne

auch für den Zugang der Bevölkerung zu Basisleistungen wie Nothilfe und den Schutz vor Risiken.

Seit 2011 begleitet das Vorhaben die Kommune Zagnanado unter anderem bei der Erstellung von

Kommunalen Plänen zum Risikomanagement was auch Überschwemmungen einschließt. Mittler-

weile ist dadurch die Bevölkerung besser auf derartige immer wiederkehrende Risiken vorbe-

reitet und hat Zugang zu einem Frühwarnsystem. Auch wurde von der Kommune eine Landfläche

mit Häusern und Zugang zu Wasser für frühere Opfer von Überschwemmungen bereitgestellt.

Die Maßnahmen wurden zum Teil mit Eigenmitteln der Kommune errichtet, und auch von internatio-

nalen Entwicklungsorganisationen unterstützt. Davon profitieren zurzeit ungefähr 15.000 Personen.

Einer davon ist Herr Pierre Tchedo aus Kpoto in der Kommune Zagnanado. „Vor der großen Über-

schwemmung im Jahr 2010 wohnte ich in Kpoto. Dadurch haben wir praktisch alles verloren, unser

Haus, all unser Vieh. zum Glück haben wir alle überlebt. Wegen der Überschwemmung bin ich nun

nach Zagnanado gekommen. Zunächst haben sich alle Einwohner der beiden betroffenen Dörfer

Kpoto et Hozouminin der Schule in Agondji gerettet. Nach und nach haben wir dann in anderen Dör-

fern Zuflucht gefunden, da sich die Kommune unser Leiden zu Herzen genommen und dieses Grund-

stück besorgt hat. Als wir hier ankamen gab es nichts, kein Licht, kein Wasser. Wir mussten zunächst

Wasser aus dem Fluss trinken, der sehr weit entfernt ist. Inzwischen haben wir durch die Kommune

nicht nur Unterkunft, sondern auch eine Wasserstelle im Dorf erhalten“.

Page 50: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

50

von Fachministerien an die Kommunen über den

nationalen Finanztransfermechanismus namens

FADeC gesteigert. Dafür bietet die GIZ neben der

Fachberatung auch Trainings zur Organisation und

Leitung von Koordinationsgremien und bietet weitere

Fortbildungen an. So konnte bereits eine erhebliche

Steigerung der ungebundenen Transfers an die Kom-

munen von umgerechnet ca. 38.000 € im Jahr 2012

auf über 60.000 € im Jahr 2015 erreicht werden. Zu-

sätzlich dazu konnten die vom Vorhaben beratenen

25 Kommunen ihre Eigeneinnahmen steigern. Außer-

dem wird der Finanztransfermechanismus von mehr

und mehr Entwicklungspartnern für den Transfer von

Investitionsmitteln an die Kommunen genutzt.

Die Unterstützung auf nationaler Ebene ist auch ein

Hebel zur Stärkung der Breitenwirksamkeit, in dem

die im Rahmen der lokalen Unterstützung erarbeite-

ten positiven Beispiele durch die Beninischen Verant-

wortlichen in weitere Kommunen landesweit verbrei-

tet werden.

Wirkungsbereiche des Vorhabens Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren der

Wirkungsdaten 2016

Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-

men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies

umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.

Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.

Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.

Außerdem leistet das Vorhaben durch den verbesserten Zugang der Bevölkerung zu (verbesserten)

Basisdienstleistungen und die weiteren Wirkungen Beiträge zu folgenden Zielen für nachhaltige Ent-

wicklung:

SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkei-

ten lebenslangen Lernens für alle fördern.

SDG 6: Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung

für alle gewährleisten.

SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung

fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflich-

tige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen. Insbesondere:

o 16.6: Leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen

Ebenen aufbauen.

o 16.7: Dafür sorgen, dass die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen bedarfsorientiert,

inklusiv, partizipatorisch und repräsentativ ist.

Page 51: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

51

5.2 Politische Teilhabe an Governance Reformprozessen und Armutsminde-

rung in Sambia

Armut trotz Wirtschaftswachstum und be-

schränkte Möglichkeiten der politischen Teilhabe

der Zivilgesellschaft

Sambia ist ein politisch relativ stabiles Land. Seit der

Einführung des Mehrparteiensystems 1991 verliefen

Wahlen und Regierungswechsel stets friedlich. Dies

bot gute Bedingungen für ein nun mehr als 15 Jahre

anhaltendes beständiges Wirtschaftswachstum. In

den letzten 10 Jahren betrug das Wirtschaftswachs-

tum durchschnittlich sieben Prozent, hat sich jedoch

2014 nach Schätzungen des Internationalen Wäh-

rungsfonds (IWF) auf 5,6 Prozent und 2015 auf rund

3 Prozent reduziert. Ein wichtiger Grund für die der-

zeitige Wirtschaftskrise und die schlechte Haushalts-

situation ist ein drastischer Einbruch der Erlöse für

Kupfer auf dem Weltmarkt, das zu mehr als 70 Pro-

zent der sambischen Exporterlöse beiträgt.

Das durchschnittliche Einkommen hat sich in Sambia

in den letzten 15 Jahren dennoch vervierfacht und

betrug laut Weltbank im Jahr 2015 1.490 US$. Damit

liegt Sambia heute im unteren Bereich der Länder mit

mittlerem Einkommen. Das wirtschaftliche Wachstum

und die damit gestiegenen Einkommen sind jedoch

extrem ungleich verteilt und öffentliche Investitionen

tragen nur wenig zur Armutsbekämpfung bei. Vor al-

lem in ländlichen Gebieten leben über 60 Prozent der

Bevölkerung der etwa 15 Mio. Einwohner/innen Sam-

bias auch heute noch von weniger als einem Dollar

pro Tag. Unterernährung bei Kindern und stillenden

Müttern ist weit verbreitet. Sambia befindet sich mit

Platz 139 von 187 des Human Development Index

der Vereinten Nationen daher noch immer im unteren

Viertel.

Sambia zeichnet sich durch eine lebendige Zivilge-

sellschaft aus, die sich an Reformen für eine bessere

Regierungsführung beteiligt und sich dafür einsetzt,

dass das Wachstum auch den ärmeren Bevölke-

rungsteilen zugute kommt. Allerdings sind die Mög-

lichkeiten der Zivilgesellschaft, an Prozessen der Wil-

lensbildung zu gesellschaftlichen und politischen

Fragen teilzuhaben und Transparenz und Rechen-

schaft des Regierungs- und Verwaltungshandels ef-

fektiv einzufordern, nach wie vor begrenzt. Das Ver-

hältnis zwischen staatlichen Institutionen und

zivilgesellschaftlichen Interessenvertretungen ist an-

gespannt und von Misstrauen geprägt. Der Zugang

zu Recht ist für weite Teile der Bevölkerung stark ein-

geschränkt.

Verbesserung der Voraussetzung für politische

Teilhabe

Das bis März 2015 durchgeführte Vorhaben mit dem

Namen „Zivilgesellschaftliche Teilhabe an Gover-

nance Reformprozessen und Armutsminderung in

Sambia“ hatte die Verbesserung der Zusammenar-

beit zwischen Staat und Zivilgesellschaft zum Ziel.

Das Vorhaben arbeitete entlang von vier Handlungs-

bereichen: 1. Zivilgesellschaftliche Teilhabe an politi-

schen Entscheidungsprozessen, 2. Mitwirkung der

Zivilgesellschaft an der Umsetzung von Reformpoliti-

ken, 3. Monitoring von Politiken durch die Zivilgesell-

schaft und 4. Unterstützung des Justizreformpro-

gramms Access to Justice. Das seit 2015

durchgeführte und auch vom BMZ finanzierte Vorha-

ben Politische Teilhabe von Zivilgesellschaft an

Governance-Reformen und Armutsminderung baut

auf den Ergebnissen und Erfahrungen des vorange-

gangenen Projektes auf und hat zum Ziel, die Vo-

raussetzungen für politische Teilhabe und den Zu-

gang zu Recht zu verbessern. Das aktuelle Vorhaben

setzt an zwei Hebeln an: zum einen berät es staatli-

che Institutionen zu Reformen, um rechtliche und in-

stitutionelle Rahmenbedingungen für politische Teil-

habe und die Inanspruchnahme von Recht zu

verbessern. Dazu unterstützt es auch ausgewählte

zivilgesellschaftliche Partnerorganisationen dabei,

sich konstruktiv und wirksam in Governance-Reform-

prozessen einzubringen. Zweitens unterstützt das

Vorhaben zivilgesellschaftliche Organisationen bei

der Steigerung ihrer Kompetenzen und Leistungsfä-

higkeit und fördert ihren Zugang zu finanziellen Res-

sourcen. Dafür konzentriert sich das Vorhaben insbe-

sondere darauf, die Zambian Governance

Foundation als nationale Förderinstitution für die Zi-

vilgesellschaft weiter zu stärken und ihre Nachhaltig-

keit zu sichern. Im Folgenden werden ausschnitts-

weise die Wirkungen der Vorhaben seit 2005

beleuchtet.

Teilhabe von Zivilgesellschaft bei politischen Ent-

scheidungsprozessen

Eine der Zielsetzungen des Vorhabens bis 2015 war

das Einbringen zivilgesellschaftlicher Positionen zur

Armutsminderungspolitik oder Governance-Reform-

prozessen in politische Entscheidungsprozesse.

Dazu förderte das Vorhaben ausgewählte zivilgesell-

schaftliche Organisationen und Netzwerke, die sich

im Bereich Governance-Reformen engagierten.

Page 52: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

52

Basierend auf einer Analyse ihrer Organisation und

Fähigkeiten wurden passgenaue Strategien zur Ent-

wicklung ihrer Leistungsfähigkeit entwickelt und um-

gesetzt. Dies umfasste Fortbildungen, Verbesserun-

gen von internen Prozessen durch Organisations-

beratung und auch die Stärkung der Netzwerksarbeit,

um bestehende Kapazitäten zu bündeln. Insgesamt

konnten sich dadurch die zivil-gesellschaftlichen Or-

ganisationen besser in politische Entscheidungspro-

zesse einbringen und die Umsetzung von Reformpo-

litiken verantwortungsvoll begleiten. Auch wurde ihre

Fähigkeit gestärkt, die Transparenz und Rechen-

schaft des Staates einzufordern. Ein wichtiges Er-

gebnis der Unterstützung durch das Vorhaben war in

diesem Zusammenhang auch, die interne Transpa-

renz, Legitimität und Rechenschaftslegung der zivil-

gesellschaftlichen Organisationen und Netzwerke zu

stärken.

Parallel setzte das Vorhaben daran an, den Dialog

und die Zusammenarbeit zwischen Staat und Zivilge-

sellschaft zu stärken. Dabei ging es insbesondere um

Reformen zur Ausgestaltung der Prozesse von Poli-

tikformulierung und -umsetzung sowie um Normen,

Institutionen und Verfahren, die das Handeln staatli-

cher und nichtstaatlicher Akteure regeln. Ein wichti-

ger Prozess war die Entwicklung bzw. Anpassung

des Gesetzes zur Arbeit von Nichtregierungsorgani-

sationen (NRO), das grundlegende Voraussetzungen

und Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches

Engagement festschreibt. Weitere Reformbereiche

waren der Zugang zu Recht und Armutsbekämpfung.

Als Ergebnis dieser Unterstützung durch das Vorha-

ben brachten verschiedene zivilgesellschaftliche

Gruppierungen ihre abgestimmten Positionen in drei

Papieren in die politische Debatte ein. Zwar hatte die

sambische Regierung damals anerkannt, dass NRO

eine wichtige Rolle für die Entwicklung Sambias spie-

len, allerdings schränkte das Gesetz zur Regulierung

von NRO die zivilgesellschaftlichen Organisationen in

ihrer Unabhängigkeit ein. Kritisiert wurde vor allem

der Einfluss der Regierung bei der Registrierung.

Zahlreiche zivilgesellschaftlichen Organisationen

(ZGO) sahen sich selbst und ihre Möglichkeiten der

politischen Teilhabe bedroht, wie auch Goodwell

Lungu von Transparency International Zambia dar-

legt: „Damals war durch die Umsetzung des NGO

Acts unsere Existenz gefährdet“. Mit Unterstützung

der GIZ wurde daraufhin ein Gutachten durchgeführt,

das die kritischen Punkte herausarbeitete und Emp-

fehlungen für den weiteren Reformprozess gab. Auf

dieser Basis vereinbarten Regierung und Vertreter

der Zivilgesellschaft gemeinsam einen Zeitplan und

notwendige nächste Schritte zur Überarbeitung des

geltenden Gesetzes. Die Zusammenarbeit wurde

durch eine technische Arbeitsgruppe formalisiert, in

der Regierung und ZGO vertreten waren. Dadurch

entwickelte sich über die letzten Jahre eine Atmo-

sphäre der konstruktiven Zusammenarbeit und des

gegenseitigen Verständnisses, die die Rahmenbedin-

gungen für die politische Teilhabe der ZGO in Sam-

bia deutlich verbesserte: „Wir haben gemeinsam ge-

kämpft und schließlich erreicht, dass die Regierung

die Umsetzung des drakonischen Rechts beendet“.

Zivilgesellschaftliche Organisationen brachten auch

abgestimmte Positionspapiere zu zahlreichen ande-

ren relevanten Reformen und Prozessen ein, wie bei-

spielsweise zu den Inhalten der Verfassungsreform

und dem Ablauf des Verfassungsreformprozesses,

zur Verbesserung der Menschenrechtssituation (drei

thematische Vorschläge), Entwurf der Entwicklungs-

und Haushaltsplanungspolitik zur Verbesserung der

Wirksamkeit der Unterstützung von Entwicklungs-

hilfe, zum Format und Inhalt einer bürgernahen Ver-

sion des Staatshaushalts sowie zur Einnahmen- und

Ausgabenpolitik für die Haushaltsplanungen 2013,

2014 und 2015. Durch diese politische Mitwirkung

konnten zahlreiche Verbesserungen bewirkt werden,

die auch für die Zielgruppen relevant sind, wie die fol-

genden Beispiele zeigen:

• Die Regierung erhöhte – u.a. aufgrund der Emp-

fehlungen des vom Jesuit Centre for Theological

Reflections erstellten Basic Needs Basket –

deutlich die Mindestlöhne.

• Die Empfehlungen, z.B. zur Erhöhung des Bil-

dungsetats und zur Besteuerung des Bergbau-

sektors, die das Civil Society for Poverty Reduc-

tion als Netzwerk gemeinsam mit mehreren

ZGO eingereichten, wurden in den Haushalts-

plänen 2013, 2014 und 2015 berücksichtigt.

• Einige ZGO setzten sich für eine Entwicklungs-

und Haushaltsplanungspolitik ein und kommen-

tierten den Politikentwurf des Finanzministeri-

ums. Die zentrale Empfehlung, den Planungs-

prozess des Budgets partizipativer zu gestalten,

wurde übernommen.

• Zahlreiche Vorschläge, die ZGO in der Verfas-

sungsreformdebatte eingebracht hatten, sind in

der 2016 verabschiedeten Verfassung wieder-

zufinden.

• Mehrere Vorschläge, die verschiedene Frauen-

und Gender-Organisationen unter der Führung

des NGO Coordinating Council entwickelt hat-

ten, wurden in die Nationale Gender-Politik

2014 aufgenommen, die das Ministry of Gender

and Child Development Anfang 2015 der Öffent-

lichkeit vorstellte.

Page 53: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

53

Mitwirkung von Zivilgesellschaft an der Umset-

zung von Politiken

Parallel zu der oben dargelegten Unterstützung auf

nationaler Ebene unterstützte das Vorhaben auch

Prozesse zur verbesserten politische Teilhabe auf

subnationaler Ebene in ausgewählten Provinzen und

Distrikten. Dies umfasst auch die strukturbildende

Unterstützung in zweifacher Hinsicht. Auf subnatio-

naler Ebene werden Plattformen und Mechanismen

für Dialog und Zusammenarbeit zwischen zivilgesell-

schaftlichen und staatlichen bzw. kommunalen Akt-

euren unterstützt. Darüber hinaus werden Strukturen

und Prozesse innerhalb der Zivilgesellschaft zur Ver-

bindung der nationalen mit der subnationalen Ebene

gestärkt.

Ein Beispiel für diese Maßnahmen ist die Unterstüt-

zung des Abfallmanagements im Distrikt Mazabuka.

Durch die wirtschaftliche Entwicklung und das Bevöl-

kerungswachstum sowie durch die Zunahme der ille-

galen Abfallbeseitigung ist der Problemdruck in den

letzten Jahren gewachsen. Die lokalen Behörden al-

leine waren mit der Lösung des Abfallproblems über-

fordert. Mit Unterstützung des Vorhabens wurde die

Initiative “Keep Mazabuka Clean” gegründet, um das

Problem anzugehen und die Umsetzung zu evaluie-

ren. Zusätzlich zu den kommunalen Stellen wurden

Akteure des Privatsektors und der Zivilgesellschaft

einbezogen. Das Vorhaben unterstützte die Initiative

und stärkte die Zusammenarbeit, insbesondere auch

die zivilgesellschaftliche Beteiligung durch das Pe-

ople’s Action Forum.

Als wichtige Formalisierung und Plattform für Zusam-

menarbeit wurde das Thema auch im Rahmen der

Komitees zur Entwicklung der Stadtviertel behandelt.

Darüber hinaus unterstützte das Vorhaben die Initia-

tive durch Fortbildungen, um sowohl Bürgerinnen

und Bürger als auch Mitarbeiter/innen der öffentli-

chen Verwaltung und Vertreter/innen der Privatwirt-

schaft in ihrer Rolle zur Mobilisierung des Engage-

ments und zur Sensibilisierung wichtiger

Interessensgruppen zu stärken. Dabei wurden bei-

spielsweise Theatergruppen eingesetzt, um die Prob-

lematik mit der Bevölkerung umfassend zu beleuch-

ten und zu diskutieren, also nicht nur Anweisungen

zum Umgang mit Abfall mit „erhobenem Zeigefinger“

zu geben. Außerdem wurden so auch erfolgreiche

Beispiele gesammelt, weiterentwickelt und deren

Verbreitung gefördert. Janet Myoni vom People’s Ac-

tion Forum sieht einen wichtigen Erfolgsfaktor der Ini-

tiative in der stärkeren Einbindung der Bevölkerung

und anderer Akteure: „Früher wurde Abfallmanage-

ment als reine Aufgabe der Kommune gesehen. Nun

sieht vor allem die Bevölkerung auch ihre eigene

Rolle darin. Durch die Initiative konnte die Zusam-

menarbeit zwischen den lokalen Behörden, der Pri-

vatwirtschaft und der Bevölkerung zur Lösung des

Problems verbessert werden. Zahlreiche weitere po-

sitive Initiativen sind in diesem Zusammenhang ent-

wickelt worden. Auch hat sich das Verantwortungs-

bewusstsein der Bevölkerung deutlich verbessert,

illegale Abfallbeseitigung ist deutlich reduziert“. Dies

bestätigt auch Jim Fikoloma, Lehrer und Journalist in

Mazabuka: “Man sieht jetzt wesentlich weniger Abfall

in der Stadt. Wir haben auch dazu beigetragen, in-

dem wir Wettbewerbe in Schulen veranstaltet haben,

welche Schule die geringsten Mengen an Abfall ver-

ursacht“. Für Frau Karen, die zuständige Person für

das Abfallmanagement der lokalen Behörden in Ma-

zabuka ist die Veränderung des Verhaltens der Be-

völkerung ein Schlüsselergebnis: „Durch die Initiative

hat sich die Mentalität der Bevölkerung verändert.

Auch hat sich das Verhältnis zwischen Verwaltung

und Bevölkerung deutlich verbessert“.

Auch in 14 weiteren Distrikten haben lokale NRO mit

Unterstützung des Vorhabens insgesamt 24 Vor-

schläge zur Qualitätsverbesserung kommunaler

Dienstleistungen eingereicht, beispielsweise in den

Bereichen städtische und ländliche Trinkwasserver-

sorgung, den Bau und die Instandhaltung von Bus-

stationen oder bei den öffentlichen Märkten.

Andere institutionalisierte Kooperationen zwischen

staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen

Organisationen gibt es auch im Bereich der Prozess-

und Rechtsberatungshilfe in allen 10 Provinzhaupt-

städten sowie in vier weiteren Gemeinden. Diese ha-

ben spürbar zur Verbesserung der Beziehungen zwi-

schen ZGO und den Strafrechtsinstitutionen

beigetragen. So werden zum Beispiel regelmäßige

gemeinsame Inspektionen von Gefängnissen und

Polizeistationen durchgeführt, um die Wahrung der

Menschenrechte der Insassen zu gewährleisten. In

Ndola und Livingstone konnten Bearbeitungssysteme

für Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt eingeführt

werden.

Page 54: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

54

5.3 Reformprogramm zur Kommunalentwicklung in Palästina

Kommunen und Versorgung der Bevölkerung mit

Basisdienstleistungen geprägt von wirtschaftli-

cher und politischer Krise

Die Situation in den Palästinensischen Gebieten ist

wesentlich durch die seit 1967 dauernde israelische

Besatzung, die eingeschränkte Souveränität der Pa-

lästinensischen Behörde im Westjordanland und die

Abriegelung Gazas geprägt. Hinzu kommt die seit

2007 andauernde innerpalästinensische Spaltung

zwischen Westjordanland und Gaza.

Die konfliktbedingte wirtschaftliche Stagnation hat

den Lebensstandard der Bevölkerung und die Ein-

nahmen-situation der Gemeinden dauerhaft ver-

schlechtert. Gleichzeitig führt das anhaltend hohe

Bevölkerungswachstum zu einem steigenden Bedarf

an sozialen und wirtschaftlichen Dienstleistungen,

den die Gemeinden nur unzureichend decken kön-

nen. Die Kapazitäten des zuständigen Kommunalmi-

nisteriums sowie der Kommunen sind sehr schwach.

Das Verhältnis zwischen Ministerien und Gemeinden

ist bislang mehr von zentraler Kontrolle als von

Wirkungsbereiche des Vorhabens Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindi-

katoren der Wirkungsdaten 2016

Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.

Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.

Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-

men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies

umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.

Das Vorhaben leistet auch Beiträge zu den folgenden Zielen für nachhaltige Entwicklung:

SDG 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbe-

stimmung befähigen

SDG 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern

SDG 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten,

insb. Unterziel 11.6: Bis 2030 die von den Städten ausgehende Umweltbelastung pro Kopf

senken, unter anderem mit besonderer Aufmerksamkeit auf der Luftqualität und der kommu-

nalen und sonstigen Abfallbehandlung

SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern,

allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige

und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.

o 16.3 Die Rechtsstaatlichkeit auf nationaler und internationaler Ebene fördern und den

gleichberechtigten Zugang aller zur Justiz gewährleisten.

o 16.7 Dafür sorgen, dass die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen bedarfsorientiert,

inklusiv, partizipatorisch und repräsentativ ist.

Page 55: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

55

entwicklungsorientierter, beratender Kommunalauf-

sicht geprägt. Als Rückgrat der öffentlichen Verwal-

tung tragen die Kommunen in den Palästinensischen

Gebieten besondere Verantwortung für die Versor-

gung der Bevölkerung mit Basisdienstleistungen.

Städte und Gemeinden sind allerdings erheblich von

den Auswirkungen der Besatzung und damit einher-

gehend von einer wirtschaftlichen und politischen

Krise betroffen. Trotz der deutlichen Erhöhung parti-

zipativer Planungselemente ist die überwiegende

Zahl der lokalen Gebietskörperschaften noch nicht in

der Lage, kommunale Dienstleistungen effektiv zu er-

bringen. Eine systematische und strukturelle Partizi-

pation der Bevölkerung an politischen Entscheidun-

gen, insbesondere von Frauen, Jugendlichen und

Menschen mit Behinderung, institutionalisiert sich nur

langsam. Mechanismen zur Rechenschaftslegung

und Transparenz werden bisher nur punktuell einge-

setzt. Der palästinensischen Bevölkerung fehlt es an

Möglichkeiten, die Rechenschaft der öffentlichen

Hand einzufordern. Fehlende Möglichkeiten der poli-

tischen Teilhabe tragen zu einer weiteren Schwä-

chung der Legitimation der Palästinensischen Be-

hörde bei.

Umfassender Ansatz des Vorhabens für verbes-

serte öffentliche Dienstleistungen als Beitrag zur

sozialen Kohäsion in der palästinensischen Ge-

sellschaft

Ziel des durch das BMZ finanzierten Vorhabens „Re-

formprogramm zur Kommunalentwicklung“ ist: Ent-

wicklungs- und Raumplanung sowie Finanzen und

Rechenschaftslegung der palästinensischen Kommu-

nen sind verbessert. Leistungsfähigere und transpa-

rentere Kommunen sollen einen effektiveren und in-

klusiven Zugang aller Bevölkerungsgruppen zu ver-

besserten öffentlichen Dienstleistungen ermöglichen

und somit zur Sicherung und Verbesserung der Le-

bensgrundlagen der Bevölkerung beitragen. Die sozi-

ale Kohäsion in der palästinensischen Gesellschaft

soll gestärkt und regionale Disparitäten sowie territo-

riale Desintegration sollen nicht weiter verschärft

werden. Dies soll dazu beitragen, die Realisierbarkeit

einer friedlichen und inklusiven Lösung des Konflikts

mit Israel aufrechtzuerhalten.

Das Vorhaben wird seit 2015 durchgeführt und baut

auf den erfolgreichen Maßnahmen seines Vorgän-

gerprogramms „Förderung der Zivilgesellschaft auf

kommunaler Ebene auf“. Ein zentraler Ansatzpunkt

des neuen Vorhabens ist die Verbesserung der Be-

ziehungen zwischen Staat und Bürger. In einem wei-

teren Handlungsfeld werden die kommunalen Kapa-

zitäten zur Generierung von Einnahmen, einschließ-

lich des Zugangs zu Entwicklungsfonds, gestärkt.

Auf nationaler Ebene werden darüber hinaus die Vo-

raussetzungen für die kommunale Entwicklungs- und

Raumplanung verbessert und in einem vierten Hand-

lungsfeld wird das Ministerium für Kommunalangele-

genheiten dabei unterstützt, eine klare Rollen- und

Aufgabenteilung zwischen der nationalen Ebene und

den Kommunalverwaltungseinheiten herbeizuführen.

Dies wirkt komplementär in alle anderen Handlungs-

felder.

Die GIZ setzt das Vorhaben in Kooperation mit meh-

reren palästinensischen Partnerorganisationen um,

darunter mit dem Ministerium für Kommunalangele-

genheiten, dem Palästinensischen Kommunalent-

wicklungsfonds sowie ausgewählten Gemeinden und

zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Verbesserung der Staat-Bürger-Beziehungen

durch mehr Transparenz und Rechenschaft

Um die Beziehungen zwischen Staat und Bürgern zu

verbessern und um Transparenz und Rechenschafts-

legung als wichtige Prinzipien für staatliches Handeln

auf breiter Ebene zu befördern, setzt das Vorhaben

in diesem Handlungsfeld an mehreren Hebeln an:

1. Auf lokaler Ebene werden Kommunen darin

unterstützt, ihre Transparenz- und Rechen-

schaftspflichten wahrzunehmen. Sie werden

deswegen unterstützt, Dialog-veranstaltun-

gen mit der Bevölkerung zu kommunalen

Themen und Prioritäten durchzuführen, über

den Haushalt und andere kommunale Ent-

scheidungen transparent zu informieren und

andere, IT-basierte Mechanismen zur trans-

parenten Entscheidungsfindung und Re-

chenschaftslegung einzuführen.

2. Die Bevölkerung, zivilgesellschaftliche Orga-

nisationen und Medienvertreter werden für

die Aufgaben und Mandate sowie die Re-

chenschaftspflichten kommunaler Akteure

sensibilisiert.

3. Auf nationaler Ebene wird die Nationale Ar-

beitsgruppe zu Sozialer Rechenschaftsle-

gung beraten, Mechanismen zur Rechen-

schaftslegung in die Arbeit des Ministeriums

für Kommunalangelegenheiten und lokalen

Gebietskörperschaften zu institutionalisieren

und weiterzuentwickeln. In der Arbeits-

gruppe sind Vertreter/innen aus Ministerien,

der Kommunalverwaltungseinheiten sowie

der Zivilgesellschaft beteiligt.

Die Aktivitäten auf lokaler Ebene umfassen einerseits

eher klassische Maßnahmen wie beispielsweise die

Durchführung eines umfassenden Ansatzes zur

Stärkung der Beteiligten und der Gesellschaft: die

Page 56: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

56

Beratung zur Gestaltung der Rahmenbedingungen

sowie der Zusammenarbeit und Vernetzung wird

kombiniert mit der Stärkung wichtiger Organisationen

wie z. B. die Kommunalverwaltungen durch Organi-

sationsentwicklung. Dabei werden beispielsweise Ab-

läufe, Prozesse und Strukturen entwickelt, damit

Kommunen Dialogplattformen und Kommunikations-

formate aufbauen, die zivilgesellschaftlichen Grup-

pen, Medien und der Bevölkerung ermöglichen, sich

einzubringen. Ein Instrument ist dabei Public Hea-

rings, moderierte, öffentliche Anhörungen, bei denen

Bürger dringende Themen vorbringen und mit Vertre-

tern ihrer Kommunalverwaltungen diskutieren kön-

nen. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Me-

dien werden darin gestärkt, sich und die Belange

benachteiligter Bevölkerungsgruppen einzubringen.

Dies stärkt die Fähigkeiten der Kommune insgesamt

zur Gestaltung ihrer Entwicklung. Ergänzend dazu

werden die Kompetenzen ausgewählter Personen-

gruppen aufgabenbezogen entwickelt. Insbesondere

die Fach- und Führungskräfte der Kommunalverwal-

tung und die kommunalen Mandatsträger werden in

ihren Managementkompetenzen durch Beratung,

Aus- und Fortbildung sowie Fachstudienreisen ge-

stärkt.

Zusätzlich geht das Vorhaben auch neue Wege mit

der Nutzung von innovativen Formen der Infor-

mations- und Kommunikationstechnologie zur

Entwicklung lokaler Plattformen für Bürgerjourna-

lismus und im Rahmen der Stärkung der Bürgerbetei-

ligung. Das multimediale Nachrichtenportal "Dooz"6

ist Ergebnis einer Kooperation des Vorhabens mit

der Deutsche Welle (DW) Akademie sowie der An-

Najah Universität Nablus. Das Team von Dooz hat es

sich zur Aufgabe gemacht, die Bürger mit ihrer Kom-

munalverwaltung ins Gespräch zu bringen. Dooz ist

multimediales Nachrichtenportal mit eigener Face-

bookseite und als wordpress-basierte Webseite und

Austauschplattform in einem. Der Themenfokus ist

ausschließlich lokal. "Wir greifen auf, was die Men-

schen unmittelbar betrifft, was vor ihrer Haustür pas-

siert", erzählt Dooz-Redakteurin Majdoleen

Hassouna. "Wir lassen die Bürger zu Wort kommen

und tragen die Belange weiter." Hassouna ist eine

der drei hauptverantwortlichen Redakteure im Kern-

team der jungen Redaktion. Das Dooz-Team hat kre-

ative journalistische Formate entwickelt, um einer

jungen Zielgruppe ansprechende und verlässliche In-

formationen über aktuelle Ereignisse aus der Region

zu bieten. Personalisierte Geschichten oder Stra-

ßenumfragen wie die Rubrik "Wenn ich Bürgermeis-

ter wäre…" lassen Bürger zu Wort kommen;

Siehe auch http://www.dw.com/de/pal%C3%A4stina-neue-plattform-f%C3%BCr-

b%C3%BCrger-in-nablus/a-17495044, sowie http://www.dw.com/de/shaden-ghan-

nam-aus-pal%C3%A4stina/a-17575895 6

Dossiers, Serviceangebote oder Terminübersichten

informieren tagesaktuell. Im Format "Ein Verantwortli-

cher spricht" stehen Politiker zu einem bestimmten

Thema Rede und Antwort. "Ziel ist, die Bürger umfas-

send auf die Public Hearings vorzubereiten, sie mit

Hintergrundinformationen zu versorgen und für The-

men zu sensibilisieren, damit gut argumentiert wer-

den kann", erklärt Abed Othman, DW Akademie-Trai-

ner und Projektmanager.

Die 25-Jährige Shaden Ghannam gehört zu den

Hauptverantwortlichen des jungen Redaktionsteams.

Dooz ist für sie ein Herzensprojekt - als Journalistin

wie auch als Bürgerin. Für sie schlägt es eine Brücke

zwischen Bevölkerung und Kommunalpolitik.

„Die größte Her-

ausforderung für

uns war der

multimediale

Ansatz von

"Dooz". Bislang

gibt es in Paläs-

tina kaum On-

line-Portale, die multimedial berichten. Unser enga-

giertes Team hat jedoch die Hürden gemeistert.

Außerdem waren wir besorgt, ob wir für unsere Be-

richterstattung die nötigen Informationen von den lo-

kalen Behörden bekommen würden. Aber auch diese

Schwierigkeiten konnten wir überwinden. Die Kom-

munalverwaltung, der Gouverneur aber auch die

Menschen in Nablus kennen uns mittlerweile. Wenn

wir in den Straßen drehen, sprechen sie uns an und

sagen: "Ah, ihr seid von 'Dooz'. Wir haben bereits

von euch gehört! Dieses Projekt bedeutet mir sehr

viel, da ich hier meine journalistischen Fähigkeiten

weiterentwickeln kann. Ich vernetze mich und lerne

lokale Behörden von innen kennen. Das Projekt liegt

mir aber auch deswegen am Herzen, weil es die An-

liegen der Lokalbevölkerung in den Mittelpunkt stellt.

Wir bringen die Kommunalverwaltung mit der Bevöl-

kerung zusammen - das ist für mich auch als Bürge-

rin von Nablus wichtig. Das Angebot von "Dooz" ist

einzigartig - vor allem in der Region Nablus. Medien,

die sich mit lokalen Themen beschäftigen und sich

detailliert mit der palästinensischen Gesellschaft aus-

einandersetzen, gibt es hier bislang nicht. Besonders

mag ich auch unsere Rubrik "Dooz fragt", weil sie

den Bürgern eine Stimme gibt. So zum Beispiel uns

ere vergangene Umfrage zu dem Thema: ‚Was wün-

schen Sie sich von der Kommunalverwaltung?‘“

Shaden Ghannam (Quelle: DW/Wendisch)

Page 57: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

57

Das Redaktionsteam sucht immer auch den Dialog

mit den Regierungsverantwortlichen. Über kleine

Umfragen zum Beispiel können die Nutzer von Dooz

ihre Wünsche und Fragen an die Politik richten. Zu-

dem gab es bereits Interviews mit dem Bürgermeister

und dem Gouverneur sowie öffentliche Anhörungen,

bei denen die Bürger mit den Politikern diskutieren

konnten. Die Gespräche sind für alle einsehbar und

auf der Webseite dokumentiert.

Es ist vor allem Dooz‘s alltägliche Rolle als „Watch-

dog“ bzw. zivile Kontrollinstanz, zu beobachten, wel-

che konkreten Verbesserungen der Basisdienstleis-

tungen für die lokale Bevölkerung wirkt. Wenn Dooz

die öffentliche Aufmerksamkeit auf Missstände in den

öffentlichen Dienstleistungen lenkt (z.B. Infrastruktur

oder Gesundheit) reagieren die Behörden für ge-

wöhnlich schnell und beseitigen die Missstände, um

keinen Imageverlust zu erleiden. Ein Beispiel dafür

ist die Sanierung eines öffentlichen Parks/Spielplat-

zes. Ein Kleinkind hatte sich beim Spielen auf einem

Kinderspielplatz an einem Metallgerüst Finger abge-

schnitten. Die Großmutter kontaktierte daraufhin

Dooz via Facebook und schilderte den Vorfall. Noch

am selben Tag besichtigten Dooz Redakteure den

7 Die Geschichte kann auf Arabisch auf der Dooz Website aufgerufen werden

http://dooz.ps/p/41027 :

Spielplatz und

dokumentierten

die für Kinder

höchst gefährli-

chen Zustände

in dem Park. Au-

ßerdem verfilm-

ten sie die Ge-

schichte des

Kindes und be-

richteten über den Vorfall. Sie gaben auch der Stadt-

verwaltung die Möglichkeit einer Stellungnahme. Der

Fall sorgte für großes öffentliches Interesse und am

Ende entschied der Bürgermeister den Park/Spiel-

platz sanieren zu lassen7.

Wie beliebt das Projekt ist, zeigen auch die mehr als

300.000 Abonnenten der Facebook-Seite und etwa

eine Million Aufrufe der Facebook Seite pro Woche.

Ab Juni 2017 wird Dooz damit beginnen, Ableger in

Tulkarem und Jenin aufzubauen und dort Redakteure

auszubilden. Die Möglichkeit eines Ablegers im Ga-

zastreifen wird derzeit geprüft.

Wirkungsbereiche des Vorhabens Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindi-

katoren der Wirkungsdaten 2016

Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.

Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.

Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-

men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies

umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.

Eine rationale Verwendung öffentlicher Mittel und eine erhöhte Effizienz der Kommunen sind zudem

wichtige Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Entwicklung und tragen durch verbesserte Dienst-

leistungserbringung mittelbar zur Armutsreduzierung und dem Ziel 1 für nachhaltige Entwicklung bei:

SDG1: Armut in allen ihren Formen und überall beenden.

SDG 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern, insbesondere mit dem Unterziel:

Dooz Reporterin während eines Public Hearings in der Kommunalverwaltung von Nablus Quelle: DW/Wendisch

Page 58: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

58

5.4 Bürgerbüros im Vorhaben „Kommunalentwicklung im Südkaukasus“

Kommunale Dienstleistungen sind nur wenig effi-

zient und entwicklungsorientiert

Der Fall der Sowjetunion hatte erhebliche wirtschaftli-

che und gesellschaftspolitische Auswirkungen auf die

drei Länder des Südkaukasus: Armenien, Aserbaid-

schan und Georgien. Die Hälfte der Bevölkerung lebt

noch heute unterhalb der Armutsgrenze. Bürger-

kriegserfahrungen innerhalb der Länder (Abchasien),

aber auch Kriegs- und bewaffnete Konfliktsituationen

(Berg-Karabach, Süd-Ossetien) zeichnen immer

noch das Bild der Region. Die Kommunen tragen bis-

her kaum zur Verbesserung der Lebenssituation der

Bevölkerung bei. Im Bereich der Kommunalentwick-

lung stehen die Länder vor vergleichbaren Herausfor-

derungen. Wesentliche Schwächen in allen drei Län-

dern sind die unzureichenden technischen und

personellen Kapazitäten, um kommunale Dienstleis-

tungen effektiv und entwicklungsorientiert zu erbrin-

gen.

Die Abstimmung zwischen den Verwaltungsebenen

ist in der Regel noch unzureichend und die Kompe-

tenzen sind oft nicht ausreichend geklärt. In den drei

Ländern ist bisher der normative Rechtsrahmen für

die kommunale Selbstverwaltung nur ansatzweise

umgesetzt. Der Einfluss und die Fähigkeiten der

Kommunalverbände sind schwach. Ein zentrales

Problem ist auch das geringe Vertrauen der Bürge-

rinnen und Bürger in die lokalen Verwaltungsstruktu-

8Das Vorhaben wurde 2016 beendet, der Titel des Folgevorhabens ab Januar 2017

lautet aktuell „Gute lokale Regierungsführung im Südkaukasus“

ren. Erfahrungen mit ausufernder Bürokratie, lang-

wierigen Behördengängen und nicht selten der Ver-

dacht amtlicher Willkür erklären die traditionell ge-

ringe Wertschätzung der Bevölkerung für die

kommunalen Verwaltungen.

Die südkaukasischen Länder Armenien, Aserbaid-

schan und Georgien haben sich mit der Ratifizierung

der Europäischen Charta der Kommunalen Selbst-

verwaltung dazu verpflichtet, lokale Selbstverwaltung

und Demokratie zu stärken und die erforderlichen

rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen

zu schaffen. Die Umsetzung der notwendigen Refor-

men ist unterschiedlich weit in den Ländern fortge-

schritten. Vorreiter ist bislang Georgien, während Ar-

menien und Aserbaidschan noch am Anfang ihres

Reformprozesses stehen.

Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung

Das Vorhaben Kommunalentwicklung im Südkauka-

sus8 arbeitete mit dem Ziel, die kommunale Selbst-

verwaltung und gute lokale Regierungsführung im

Südkaukasus zu verbessern. Zentral ist die Stärkung

der Zusammenarbeit der dafür relevanten Akteure.

Die drei Handlungsfelder machen die unterschiedli-

chen Ansatzpunkte des Vorhabens deutlich:

o 10.2 Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse,

Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbe-

stimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern.

SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern,

allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige

und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen, insbesondere mit den Unterzielen

o 16.6 Leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen

Ebenen aufbauen.

o 16.7 Dafür sorgen, dass die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen bedarfsorientiert,

inklusiv, partizipatorisch und repräsentativ ist.

Page 59: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

59

1. Gute lokale Regierungsführung: Die Leis-

tungsfähigkeit der Kommunen für gute lokale

Regierungsführung wird verbessert. Unterstüt-

zung erfolgt durch das Entwickeln und Verbrei-

ten von guten Beispielen für transparentes,

bürgerorientiertes und effizientes kommunales

Finanzmanagement und für bessere kommu-

nale Dienstleistungen. Hier arbeitet das Vorha-

ben mit kommunalen und zivilgesellschaftli-

chen Akteuren in Pilotregionen und

Pilotkommunen und stärkt deren Handlungsfä-

higkeit.

2. Verbesserung der nationalen Rahmenbedin-

gungen für kommunale Entwicklung: Poli-

tisch-administrative Rahmenbedingungen wer-

den durch die Beratung von nationalen

Standards für Kommunalentwicklung oder bei

der beteiligungsorientierten Umsetzung von

Gebiets- und Verwaltungsreformen verbessert.

Dabei werden die Erfahrungen aus der lokalen

Zusammenarbeit mit Kommunen zur Beratung

auf nationaler Ebene genutzt und mit Trai-

ningsmaßnahmen ergänzt, um durch verbes-

serte Politiken oder deren Umsetzung landes-

weite Wirkungen zu erreichen. Bei der

Politikberatung wird auch darauf geachtet, die

Rolle der Kommunalverbände in allen drei

Partnerländern zu stärken.

3. Governance auf subnationaler Ebene: Die

Kooperation und Koordination zwischen Kom-

munen und regionaler sowie nationaler Verwal-

tungsebene werden verbessert, beispielsweise

durch die Beratung bei der Erarbeitung und

Umsetzung regionaler Entwicklungsstrategien.

Ein kleiner Ausschnitt aus dem Vorhaben - Bür-

gerbüros in Georgien

In Georgien lag ein Fokus der Beratung durch das

Vorhaben auf der Entwicklung und Umsetzung der

regionalen Entwicklungsstrategien. Die georgische

Regierung hat mit Unterstützung der GIZ ihre natio-

nale Strategie für Regionalentwicklung erarbeitet.

Das Vorhaben hatte drei Regionen bei ihrer Strate-

gieentwicklung beraten. Dabei waren Kommunen

und nationale Ebene, Zivilgesellschaft und Privatwirt-

schaft einbezogen. Die Strategien wurden vom Kabi-

nett verabschiedet und werden zurzeit umgesetzt.

Die durch das Programm der GIZ unterstützten Re-

formen entsprachen dem strukturpolitischen Ansatz

der EU und leisteten einen Beitrag zur EU-Annähe-

rung.Schwerpunkt der Beratung auf lokaler Ebene in

Georgien war die Verbesserung der Leistungsfähig-

keit der Kommunen für „Gute Regierungsführung“.

Das umfasst einerseits die verbesserte Einbeziehung

der Bevölkerung in lokale Entscheidungsprozesse,

andererseits auch die verbesserte Erbringung von

kommunalen Dienst-

leistungen. Dabei bilde-

ten modernisierte Ver-

waltungsstrukturen und

ein geschultes Perso-

nal die Grundlage da-

für, dass Kommunen

ihre Dienstleistungen

effizient, transparent

und auf die Bedürf-

nisse der Bürger ausge-

richtet erbringen. Seit 2007 unterstützt die GIZ in die-

sem Kontext auch den Aufbau von Bürgerbüros als

zentrale öffentliche Anlaufstellen, an die sich Bür-

ger mit all ihren Fragen und Anliegen wenden kön-

nen. Auch bekannt als „One-Stop-Shop“ oder „Sin-

gle-Window“ sollen sie kommunale Dienst-

leistungen effizienter, transparenter und kunden-

orientierter gestalten. In Bürgerbüros werden u.a.

folgende kommunale Dienstleistungen erbracht: ver-

schiedene Dienstleistungen im sozialen Bereich, An-

erkennung von Grundstücken, Baugenehmigungen,

Informationen über kommunale Dienstbetriebe und

lokale Ausschreibungen, Dienstleistungen für die

Umsetzung des Berggesetzes,

Anträge über Bürgerinitiativen, Anträge über Na-

mensgebung von Straßen etc.

Die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für kom-

munale Dienstleistungen erfordert in aller Regel tief-

greifende Umstrukturierungen und Veränderun-

gen in der kommunalen Verwaltung:

standardisierte Bearbeitungsprozesse und klare Vor-

gaben sind notwendig, um Anträge entgegenzuneh-

men, weiterzuleiten und auch innerhalb einer festge-

legten Frist zu beantworten. Bearbeitungsprozesse

müssen daher definiert werden und es muss klar

sein, welche Verwaltungsstellen in welcher Reihen-

folge einzubeziehen sind. Auch eine verbesserte

Kundenorientierung der Verwaltung ist häufig mit

zahlreichen Neuerungen verbunden. Gebühren und

Fristen müssen nicht nur transparent und einheitlich

gestaltet, sondern auch kommuniziert und eingehal-

ten werden. Eine oft noch bedeutendere Verände-

rung für erfolgreiche Bürgerbüros kann sich nur in

den Köpfen der Verwaltungsangestellten selbst voll-

ziehen: sie müssen sich als Dienstleister/in verste-

hen, nicht mehr als „Verwalter“. Aus den Antragstel-

lern werden Kund/innen und Bürger/innen.

Irma Nosadze

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Diese neuen Haltun-

gen zu entwickeln ist

nicht immer eine

leicht zu erreichende

Veränderung, vor al-

lem für Angestellte,

die teilweise bereits

jahrzehntelang eine

andere Einstellung

zu ihrer Arbeit besaßen. So sind auch Ängste und

Befürchtungen gegenüber den neuen Herausforde-

rungen nicht selten. „Wir sind ein bisschen besorgt

über all diese neuen Dinge. Wir hoffen, wir lernen da-

mit umzugehen. Die Bürger sollen mit unseren

Dienstleistungen zufrieden sein“, meint Nino Chan-

duneli aus dem Front Office des Bürgerbüros in Su-

rami. Von daher bezog sich die Unterstützung der

GIZ nicht nur auf die rein technische Beratung zur

Organisation der Bürgerbüros und für die Analyse

und Restrukturierung der Arbeitsprozesse und -Ver-

fahren, sondern beinhaltete auch die Unterstützung

der Veränderungen und Entwicklung von Einstellun-

gen und Haltungen im Rahmen von Trainings oder

durch Backstopping und einen Erfahrungsaustausch

unter Kolleg/innen.

In Georgien verfügen mittlerweile bereits mehr als

die Hälfte der 76 Kommunen über Bürgerbüros.

Dadurch sind heute der Zugang zum Rathaus sowie

die reibungslose, transparente Abwicklung von Anfra-

gen und Anträgen der Bürger in vielen Kommunen

möglich. Für zahlreiche administrative Verfahren

reicht ein einziger Behördengang aus. Die wichtig-

sten dadurch erzielten Verbesserungen sind:

Schnellere Bearbeitungszeiten. Die durch-

schnittliche Bearbeitungszeit von Anträgen

sank um mehr als 50 Prozent.

Bessere Rechenschaftslegung und mehr

Transparenz durch die direkte Interaktion

zwischen Bürger/innen und Verwaltung und

die Online-Verfügbarkeit zahlreicher Infor-

mationen, Möglichkeit des Verfolgens von

Maßnahmen, Statistiken oder auch des Bud-

gets der Kommune (Monitoring) durch zivil-

gesellschaftliche Gruppen.

Höhere Effizienz als Ergebnis von fokussier-

ten und vereinfachten und automatisierten

Verwaltungsabläufen, Vermeidung von Pa-

rallelprozessen.

Zusätzliche Außenstellen ermöglichen die

Erreichbarkeit auch in abgelegenen Sied-

lungen der Gemeinden.

Tatia Brodlidze, Koordinatorin des Front Offices in

Khasuri ergänzt, dass die Neuerungen durch das

Bürgerbüro nicht nur Vorteile für die Bürger/innen,

sondern auch für die Verwaltung bringt: „Seit der Ein-

führung des Bürgerbüros wurden alle Prozesse und

Verfahren einfacher. Anders als vorher mussten die

Bürger nicht mehr so vielen Hürden in der Verwal-

tung überwinden. Und letztlich wurde die Arbeit auch

für uns angenehmer. Wir leisten unsere Dienste

schnell und transparent. Die Bürger wurden unsere

Kunden.“

Vorteile sieht auch Irma Nosadze vom Back Office in

Khasuri: „…so werden zum Beispiel alle Bauanträge

durch das Front Office entgegengenommen und auf

Vollständigkeit geprüft. Wir im Back Office bekom-

men jetzt nur noch die vollständigen Dokumente“.

Und ihre Kollegin Lia Meskhidze ergänzt: „Wir haben

wir mehr Zeit, uns den inhaltlichen Punkten des An-

trages zu widmen. Dadurch sind wir in der Lage effi-

zienter zu arbeiten.“ David Chkheidze aus Gori

meint, dass „so auch unser Bürgermeister entlastet

wird, der sich auf die wichtigen Projekte für unsere

Stadt konzentrieren kann“.

In Umfragen bewerten 80 % der Bürger/innen die

Dienstleistungen als gut oder sehr gut, 75% fühlen

sich kompetent beraten, 85% der Befragten bestäti-

gen, dass Bearbeitungsfristen eingehalten. 90% sind

insgesamt zufrieden mit ihrem Bürgerbüro wie zwei

Zitate von einer

Bürgerin und ei-

nem Bürger zei-

gen: „Es war vor-

her nicht wirklich

schlecht, aber wir

mussten länger

warten und waren

mehr mit Gleich-

gültigkeit oder so-

gar Ablehnung

konfrontiert“. „Der

Unterschied ist enorm. Vorher mussten wir in langen

Schlangen warten, jetzt werden wir aufgerufen, alles

läuft sehr pünktlich ab.“

Moderation des konstanten Verbesserungspro-

zesses

Die Erhebungen der Bürger/innen Zufriedenheit die-

nen dazu, die Dienstleistungen der Bürgerbüros

fortwährend zu verbessern. Die GIZ organisiert

dazu jährliche

Workshops mit

Vertreter/innen

der Verwaltungen

mehrerer Kom-

munen. Dabei

werden die Zu-

friedenheitswerte Tatia Brodlidze

David Chkheidze

Nino Chanduneli

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zu den einzelnen Kriterien zwischen den Kommunen

verglichen. Jede Kommune kann so einerseits ihre

Stärken im Vergleich zu anderen erkennen und erhält

Wertschätzung für ihre Anstrengungen und Be-

mühungen. Gleichzeitig werden in dem Vergleich

eventuelle Schwachstellen deutlich. Der moderierte

Austausch hilft Verbesserungen auf Basis von ande-

ren guten Erfahrungen zu entwickeln. Weitere Ergeb-

nisse dieses Prozesses sind die Entwicklung und Ab-

stimmung passender Software, ein von den

Gemeinden gemeinsam getragener Monitoring-Stan-

dard sowie Qualitätssicherungsmaßnahmen.

Einbinden zahlreicher Partner für gemeinsames

Lernen

Neben den öffentlichen Verwaltungen und Akteuren

aus der Zivilgesellschaft waren auch Bildungseinrich-

tungen und die Privatwirtschaft in die Umsetzung des

Vorhabens einbezogen. So konnte ein breites Spekt-

rum an Erfahrungen und fachlichen Kompetenzen

auch für die Entwicklung und Verbesserung der Bür-

gerbüros genutzt werden.In diesem Kontext unter-

stützte die GIZ auch den internationalen Erfahrungs-

austausch im Rahmen des „Städtenetz

Südkaukasus“. Darin wird die Zusammenarbeit von

südkaukasischen und deutschen Kommunen ermög-

licht. Themen wie Verbesserung kommunaler Dienst-

leistungen, lokale Wirtschaftsförderung oder Abfall-

und Altlastenmanagement werden regional gemein-

sam bearbeitet.

In der aserbaidschanischen Stadt Sumgait zum Bei-

spiel wurde mit Unterstützung des Städtenetzes ein

digitales Altlastenkataster eingerichtet, um in der

stark belasteten Stadt Grundlagen für nachhaltige

Stadtentwicklung zu schaffen. Die Stadtverwaltung in

Saarbrücken war bei der Einrichtung des ersten ge-

orgischen Bürgerbüros in Tiflis, der Hauptstadt Geor-

giens beteiligt. Dass nicht nur die Partner aus dem

Südkaukasus profitieren bestätigt Heike Bornholdt-

Fried, die im Büro für wirtschaftliche Entwicklung in

Saarbrücken arbeitet: „Viele Themen sind auch für

uns aktuell. Zum Beispiel die Frage der Wettbe-

werbsfähigkeit der Städte, wie gewinnt man und wie

hält man Talente, das sind auch Herausforderungen

für uns in Saarbrücken. Da können wir von den Er-

fahrungen der anderen Partner profitieren. Wir tau-

schen uns mit den Partnern auf Augenhöhe aus.

Dadurch reflektiert man seine eigene Situation ge-

nauer und kann die eigene Betriebsblindheit überwin-

den. Manches wird einem dann klarer und es erge-

ben sich Vorteile für die eigene Stadt“.

Verbesserung der Breitenwirkung

Die positiven Erfahrungen mit den Bürgerbüros führ-

ten dazu, dass das Vorhaben in Georgien einen lan-

desweiten Veränderungsprozess auf Basis der loka-

len Erfahrungen unterstützen konnte. Das Konzept

der Bürgerbüros wurde mittlerweile zum Selbstläufer.

Benachbarte Gemeinden fragen bei ihren Kolle-

gen/innen oder bei der GIZ Erfahrungen und Unter-

stützung an. Inzwischen wurde das entwickelte Kon-

zept zur Einführung von Bürgerbüros vom

zuständigen Ministerium zum nationalen Standard er-

klärt. Diese Erfolge wurden durch folgende Elemente

der Strategie des Vorhabens bzw. Faktoren begüns-

tigt. Essentiell war der Ansatz des Vorhabens, mit

den verantwortlichen Akteuren der Kommunen auf

der lokalen Ebene zu arbeiten, aber auch zahlreiche

andere Akteure funktional zu beteiligen. So wurden

wichtige Partner im zuständigen Ministerium auf

nationaler Ebene nicht nur informiert, sondern

durch ihre Beteiligung konnten sie Interesse ent-

wickeln und machten sich schließlich den Ansatz

auch zu Eigen. In diesem Rahmen unterstützte das

2009 gegründete Ministerium für Regionalentwick-

lung und Infrastruktur in Kooperation mit GIZ die wei-

tere Verbreitung zum einen durch die Erstellung ei-

nes Methodenhandbuchs und zum anderen durch die

Empfehlung an alle Gemeinden, Bürgerbüros zu

etablieren. Klare politische Signale und persönliches

Engagement von nationalen Akteuren bereiteten so

den Boden für die weite Verbreitung der Idee des

Bürgerbüros. Auch die Thematisierung der Bürgerbü-

ros im Rahmen der Städtepartnerschaft machten das

Konzept weiter bekannt. Ferner waren auch die di-

rekte Kommunikation durch das GIZ Team, Medien-

arbeit, politische Signale der nationalen Ebene und

die Einbeziehung von Verbänden nützlich.

Angeregt durch den regionalen Austausch schreitet

auch in Armenien die Verbreitung der Bürgerbüros

voran.

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Wirkungsbereiche der Bürgerbüros Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen durch die Bürgerbüros einen direkten Beitrag zu den

beiden Aggregationsindikatoren der Wirkungsdaten 2016

Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-

men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies

umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.

Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.

Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.

Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den folgenden Zielen für nachhaltige

Entwicklung:

SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern,

allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige

und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen, insbesondere mit dem Unterziel

o 16.6 Leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen

Ebenen aufbauen

Page 63: GIZ Wirkungsdaten 2016 Qualitative ergänzende Auswertung

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Fotonachweise und Quellen

Fotonachweise/Quellen:

© GIZ / Nashwan Al-Sumari, Sebastian Koch, Ranak Martin, Ursula Meissner, GIZ, DW/Wendisch

URL-Verweise:

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