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Gliederung der Vorlesungen zum römischen Privatrecht Sommersemester Historischer Überblick: Deliktsrecht Stellvertretung Vertrags- und Obligationensystem Leistungsstörungen Kaufvertrag: Struktur und Sachmängelhaftung Eigentumserwerb Eheschließung und Ehegüterrecht Wintersemester Historischer Überblick: Eigentumserwerb Verdingung (Miet-, Pacht-, Werk- und Dienstvertrag) Darlehen Bereicherungsrecht Eigentums- und Besitzschutz Pfandrecht und Sicherungsübereignung Testamentserrichtung und -auslegung

Gliederung der Vorlesungen zum römischen Privatrecht · Gliederung der Vorlesungen zum römischen Privatrecht Sommersemester • Historischer Überblick: Deliktsrecht • Stellvertretung

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Gliederung der Vorlesungen zum römischen Privatrecht

Sommersemester• Historischer Überblick:

Deliktsrecht• Stellvertretung• Vertrags- und

Obligationensystem• Leistungsstörungen• Kaufvertrag: Struktur und

Sachmängelhaftung• Eigentumserwerb• Eheschließung und

Ehegüterrecht

Wintersemester• Historischer Überblick:

Eigentumserwerb• Verdingung (Miet-, Pacht-,

Werk- und Dienstvertrag)• Darlehen• Bereicherungsrecht• Eigentums- und

Besitzschutz• Pfandrecht und

Sicherungsübereignung• Testamentserrichtung

und -auslegung

Das Abstraktionsprinzip im BGB

§ 929 S. 1Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.

§ 873 Abs. 1Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück … ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich ….

Das Abstraktionsprinzip im BGB

§ 929 S. 1Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist <nur> erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.

§ 873 Abs. 1Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück … ist <nur> die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich ….

Das Abstraktionsprinzip im BGB …

… setzt das Trennungsprinzip voraus: Es gibt zwei verschiedene Verträge, ein Verpflichtungs- oder Grundgeschäft, das zur Eigentumsübertragung verpflichtet oder den Rechtsgrund hierfür liefert, und ein Verfügungsgeschäft, das erst den Übergang des Eigentums bewirkt.

… bedeutet, dass das Verfügungsgeschäft unabhängig vom Verpflichtungsgeschäft wirksam ist.

… soll dem Verkehrsschutz dienen: Dritte dürfen sich auf das Eigentum des Erwerbers verlassen, brauchen nicht den Rechtsgrund zu prüfen.

… führt dazu, dass der Bereicherungsausgleich nach § 812 Abs. 1 große Bedeutung hat.

Zwölftafel-gesetz

450 v. Chr.

Untergang Westroms476 n. Chr.

Wiederentdeckungder Digesten

533/534Corpus Iuris civilis

oström. Kaiser Justinian

1050 1250 1500 1900BGB

OR+ZGB

klass. röm.Jurisprudenz

Glossatoren Kommentatoren

rep.Jurispr.

0

Humanisten Vernunftrechtler

1800Naturrechts-gesetzbücherALR, CC, ABGB

Pandektisten

ius commune =gemeineuropäisches römisches Recht

1650

Wiederentdeckungder Digesten

1050

Das Zwölftafelgesetz (lex duodecim tabularum)

… wird 451/450 v.Chr. von einem Zehnmännerkollegium mit Regierungsgewalt erarbeitet.

… ist für fast 1000 Jahre die einzige Kodifikation des römischen Rechts, das später vor allem Juristenrecht ist.

… enthält Neuerungen vor allem im Recht der Zwangsvollstreckung, die im Interesse des beim Adel, den Patriziern, verschuldeten gemeinen Volkes, den Plebejern, gemildert wird.

… führt auch schon etablierte Rechtsinstitute wie etwa die mancipatio auf.

Die Übereignung durch mancipatio

Gai 1.119Est autem mancipatio, ut supra quoque diximus, imaginaria quaedamvenditio: quod et ipsum ius proprium civium Romanorum est; eaque res itaagitur: adhibitis non minus quam quinque testibus civibus Romanis puberibus et praeterea alio eiusdem condicionis, qui libram aeneamteneat, qui appellatur libripens, is, qui mancipio accipit, rem tenens itadicit: HUNC EGO HOMINEM EX IURE QUIRITIUM MEUM ESSE AIO ISQUE MIHI EMPTUS ESTO HOC AERE AENEAQUE LIBRA; deindeaere percutit libram idque aes dat ei, a quo mancipio accipit, quasi pretiiloco.

Die mancipatio ist aber, wie wir schon oben gesagt haben, eine Art imaginären Kaufs; auch sie ist eine Einrichtung des den römischen Bürgern eigentümlichen Rechts. Das Geschäft wird folgendermaßen vollzogen: Unter Beiziehung von nicht weniger als fünf erwachsenen römischen Bürgern als Zeugen und einer weiteren Person desselben Status, die eine eherne Waage hält und Waagenhalter genannt wird, spricht derjenige, der durch die mancipatio erwirbt, indem er die Sache ergreift: „Ich sage und behaupte, dass dieser Sklave nach Zivilrecht mir gehört, und er sei von mir gekauft mit diesem Erz und dieser Waage“. Darauf schlägt er mit dem Erz gegen die Waage und gibt dieses Erz, gleichsam anstelle des Kaufpreises, dem, von dem er durch die mancipatio erwirbt.

Die mancipatio …… war ursprünglich ein Kaufvertrag in Gestalt eines Barkaufs,

bei dem Kaufsache und Kaufpreis unmittelbar ausgetauscht wurden.

… wurde, als das Verkehrsbedürfnis nach Distanzgeschäften entstand, zu einem Erfüllungsgeschäft für einen schon früher geschlossenen Vertrag über den Leistungsaustausch.

… blieb, da es der Form nach weiterhin ein Kauf war, für sich genommen, als ohne Rücksicht auf den vorangehenden Vertrag wirksam, war also abstrakt.

… war nur bei res mancipi möglich: Sklaven, Herdentiere, Grundstücke in Italien und Felddienstbarkeiten.

Die Jurisprudenz in der römischen Republik …

… lag ursprünglich in Händen der Priester.

… wandelt sich durch öffentliche Gutachten und öffentlichen Rechtsunterricht ab der Mitte des 3. Jh. v.Chr.

… bringt als erstes bekanntes Werk einen Kommentar zum Zwölftafelgesetz hervor, den Sextus Aelius 198 v.Chr. verfasst.

… wird zur regelrechten Rechtswissenschaft im Gelehrtenkreis um Mucius Scaevola (Konsul 133 v.Chr.).

… bringt eine erste systematische Darstellung des ius civile durch Quintus Mucius hervor (Konsul 95, ermordet 82 v.Chr.).

… findet ihren bedeutendsten Vertreter in Servius Sulpicius Rufus(Konsul 51, gestorben 43 v.Chr.).

Das Honorarrecht …

… ist das Gegenstück zum ius civile, dessen Rechtsinstitute wie etwa die mancipatio nur den römischen Bürger zugänglich sind.

… leitet seinen Namen vom Amt des Prätors ab, der als zweithöchster Magistrat für die Gerichtverfahren zuständig war.

… erhält einen Schub 242 v.Chr. durch die Einrichtung des Amtes eines Fremdenprätors, der für Prozesse mit Ausländerbeteiligung zuständig ist und Institute des sogenannten Völkergemeinrechts(ius gentium) rezipiert, die auch Ausländern zugänglich sind.

… findet seine Quelle im prätorischen Edikt, einer Rechtsschutzverheißung, … die der Prätor am Anfang seiner einjährigen Amtszeit verkündet, … an die er seit einer lex Cornelia von 67 v.Chr. gebunden ist und… die später zu einem festen Text, dem ewigen Edikt (edictum perpetuum) wird.

Die Übereignung ohne mancipatio …

… vollzieht sich nach Völkergemeinrecht durch formlosen Abschluss eines Rechtsgrundgeschäfts(causa), etwa eines Kaufvertrags, und Übergabe(traditio) der Sache.

… ist nicht abstrakt, sondern kausal, weil die Übergabe nur bei Gültigkeit des Rechtsgrundgeschäfts wirken kann.

… findet bei allen res nec mancipi statt, die nicht res mancipi sind, also etwa auch bei Grundstücken außerhalb Italiens, die formal in Staatseigentum stehen und dem Privateigentum damit eigentlich unzugänglich sind.

Die Übereignung ohne mancipatio …

… wird auch bei res mancipi immer üblicher, weil die mancipatio nur römischen Bürgern zugänglich ist und wegen der Pflicht zur Beteiligung von sechs weiteren Personen mit römischem Bürgerrecht sehr aufwendig ist.

… führt in diesem Fall nicht sofort zum Erwerb des Eigentums nach ius civile, aber liefert die Grundlage für eine Ersitzung (usucapio) der res mancipi, die schon nach 1 Jahr bei beweglichen Sachen und nach 2 Jahren bei Immobilien vollendet ist und den regelrechten Eigentumserwerb bewirkt.

… wird vom Prätor durch das Honorarrecht sanktioniert, indem …

… er dem Käufer einer Sache gegen den Verkäufer die „Einrede wegen Kauf und Übergabe einer Sache“ (exceptio rei venditae et traditae), eine besondere Erscheinung der Einrede der unzulässigen Rechtsausübung(exceptio doli), gewährt.

… er dem Erwerber die actio Publiciana gewährt, eine Klage, die der Eigentumsherausgabeklage nachgebildet ist und bei der der Ablauf der Ersitzungszeit fingiert wird.

Die actio Publiciana

Gai 4.36Item usucapio fingitur in ea actione quae Publiciana vocatur. Datur autemhaec actio ei, qui ex iusta causa traditam sibi rem nondum usu cepiteamque amissa possessione petit: nam quia non potest eam rem ex iure Quiritium suam esse intendere, fingitur rem usu cepisse, et ita quasi ex iure Quiritium dominus factus esset, intendit velut hoc modo: IUDEX ESTO. SI QUEM HOMINEM AULUS AGERIUS EMIT ET IS EI TRADITUS EST, ANNO POSSEDISSET, TUM SI EUM HOMINEM, DE QUO AGITUR, EIUS EX IURE QUIRITIUM ESSE OPORTERET et reliqua.

Die Ersitzung wird bei der sogenannten actio Publiciana fingiert. Diese Klage wird demjenigen gegeben, der eine Sache, die ihm aus einemRechtsgrund übergeben worden ist, noch nicht ersessen hat und sie nach dem Verlust des Besitzes herausverlangt. Denn da er nicht vorbringen kann, daß die Sache nach ius civile ihm gehört, wird unterstellt, er habe sie schon ersessen, und er verlangt sie so, als ob er schon nach ius civileihr Eigentümer geworden wäre, wie zum Beispiel auf diese Weise: „X soll Richter sein. Wenn der Kläger diesen Sklaven gekauft hat, er ihm übergeben worden ist und wenn ihm der Sklave, um den gestritten wird, nachdem er ihn ein Jahr besessen hätte, nach Zivilrecht gehörte … und so weiter“.

Zwölftafelgesetz450 v. Chr.

Fremdenprätur241 v. Chr.

Quintus MuciusKonsul 95 v. Chr.

veteres

ServiusKonsul 51 v. Chr.

27 v. Chr.Prinzipat

Labeo† 10/11 n. Chr.

Sabinus† 60 n. Chr.

veteres Frühklassiker

Die klassische Jurisprudenz …

… gewinnt ihre Bedeutung für die Rechtsentwicklung nicht zuletzt durch das vom Kaiser verliehene Respondierrecht(ius respondendi): Sein Träger kann ein Gutachten mit kaiserlicher Autorität erstatten, das die Richter praktisch und bei zwei übereinstimmenden Gutachten sogar von Rechts wegen bindet.

… teilt sich in zwei Juristenschulen auf, …

… die Prokulianer mit ihrem Vorläufer Labeo († 5/22 n.Chr.), der noch kein Respondierrecht hatte und mit Kaiser Augustus im Streit lag, und …

… die Sabinianer mit ihrem Gründer Sabinus († 60 n.Chr., der das Respondierrecht von Kaiser Tiberius erhält und Autor der später vielfach kommentierten „Drei Bücher vom Zivilrecht“ (iuris civilis libri tres) ist.

Julian† ca. 165

PomponiusGaius Papinian

† 212

Spätklassiker

Paulus† ca. 230

Diokletian284-305

Hermogenian

Nachklassik

Celsus† ca. 130

Hockklassiker

Ulpian† 223

284 Dominat

476UntergangWestroms

Codex Theodosianus

438

Die hochklassischen römischen Juristen

• Celsus (129 Konsul zum zweiten Mal): Erfinder vieler Neuerungen, Oberhaupt der prokulianischen Rechtsschule, Autor einer „Gesamtausgabe“ (libri digestorum)

• Julian (148 Konsul): bedeutendster römischer Jurist, Oberhaupt der sabinianischen Rechtsschule, Redaktor des „ewigen Edikts“ (edictum perpetuum), ebenfalls Autor von libri digestorum

• Pomponius: Autor einer römischen Rechtsgeschichte (als Teil eines kurzen Handbuchs, des enchiridium) und eines Kommentars ad Sabinum

• Gaius (etwa zeitgleich mit Pomponius): Autor der institutiones, der einzigen Originalquelle des klassischen römischen Rechts (entdeckt 1816 in Verona auf einer Handschrift aus dem 5. Jh.)

Die Zweiteilung des EigentumsGai 2.41Nam si tibi rem mancipi neque mancipauero … , sed tantum tradidero, in bonis quidem tuis ea res efficitur, ex iure Quiritium uero meapermanebit, donec tu eam possidendo usucapias: semel enim impletausucapione proinde pleno iure incipit, id est et in bonis et ex iure Quiritium tua res esse, ac si ea mancipata … esset.

Wenn ich dir eine res mancipi nicht durch mancipatio … übereigne, sondern nur übergebe, so gelangt diese Sache zwar in dein Vermögen, nach Zivilrecht bleibt sie aber solange die meine, bis du sie durch Ersitzung erwirbst. Mit vollendeter Ersitzung beginnt die Sache, dir nach vollem Recht zu gehören, sie ist also sowohl in deinem Vermögen als auch nach Zivilrecht deine, so als ob sie durch mancipatio … übereignet worden wäre.

=> den hochklassischen Juristen gilt die honorarrechtliche geschützte Rechtsstellung des Erwerbers einer res mancipi ohne mancipatio als eine zweite Form der Sachinhaberschaft, die später bonitarisches Eigentum (von bona = Vermögen) genannt wird

Die spätklassischen römischen Juristen

• Papinian (212 von Kaiser Caracalla hingerichtet, weil er dessen Brudermord an Geta nicht rechtfertigen wollte): Leiter der kaiserlichen Kanzlei a libellis, Prätorianerpräfekt (Stellvertreter des Kaisers) „dunkler“ Schriftsteller, gilt in der Spätantike als bedeutendster römischer Jurist, Autor der „Gutachten“ (responsa) und „Rechtsfragen“ (quaestiones)

• Ulpian (223 bei einem Aufstand der Prätorianergarde ermordet): Schüler Papinians, Leiter der kaiserlichen Kanzlei und Prätorianerpräfekt, Autor von umfangreichen Kommentaren zum prätorischen Edikt und zum Zivilrechtslehrbuch des Sabinus

• Paulus: Autor von umfangreichen Kommentaren zum prätorischen Edikt und zum Zivilrechtslehrbuch des Sabinus sowie von responsa und quaestiones

Julian† ca. 165

PomponiusGaius Papinian

† 212

Spätklassiker

Paulus† ca. 230

Diokletian284-305

Hermogenian

Nachklassik

Celsus† ca. 130

Hockklassiker

Ulpian† 223

284 Dominat

476UntergangWestroms

Codex Theodosianus

438

Die Nachklassik …

… ist durch einen Verlust der Juristenindividualität gekennzeichnet: Statt als Gutachter sind die Juristen jetzt als Mitarbeiter der kaiserlichen Kanzlei tätig.

… prägt eine Verlagerung des Gewichts von der Rechtswissenschaft auf die kaiserliche Rechtsprechung und Gesetzgebung.

… bringt einen ersten Ansatz zur Kodifikation in dem 438 im Ostreich und 439 im Westreich erlassenen Codex Theodosianus hervor, in dem kaiserliche Entscheidungen gesammelt werden.

Die justinianische Kodifikation

• Kaiser Justinian (527-565) beauftragt Tribonian, den Vorsteher der kaiserlichen Kanzlei, der als Mitarbeiter vor allem Rechtslehrer aus den Rechtsschulen von Berytos (Beirut) und Konstantinopel (Istanbul) auswählt.

• 528 Einsetzung einer Kommission zur Sammlung der Kaiserkonstitutionen

• 529 Veröffentlichung des ersten Codex Iustinianus

• 530 Auftrag zur Sammlung des Juristenrechts:aus 2000 Büchern der klassischen römischen Juristen mit 3 Millionen Zeilen werden 150.000 Zeilen (1/20) übernommen: vor allem aus Ulpian (1/3) und Paulus (1/6)

• 533 Veröffentlichung der Sammlung als Digesten („Gesamtausgabe“) und kurz davor der Institutionen, einer modernisierten Fassung von Gaius‘ Institutionen

• 534 Veröffentlichung der zweiten, an die Digesten angepassten Fassung des Codex Iustinianus

Die Abschaffung der mancipatioIJ 2.1.40Per traditionem quoque iure naturali res nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati, quam voluntatem domini, volentis rem suam in alium transferre, ratam haberi. et ideo cuiuscumque generis sit corporalis res, tradi potest et a domino tradita alienatur.

Auch durch Übergabe erwerben wir nach natürlichem Recht Eigentum. Der natürlichen Gerechtigkeit entspricht es nämlich überaus, wenn dem Willen des Eigentümers, freiwillig seine Sache auf einen anderen zu übertragen, Geltung verschafft wird. Und daher kann eine Sache jeder Art übergeben und so vom Eigentümer veräußert werden.

Justinian …

… ordnet die Gleichbehandlung von res mancipi und res nec mancipi und von honorarrechtlichem und zivilrechtlichem Eigentum an.

… schafft die abstrakt wirkende mancipatio endgültig ab.

Zwölftafel-gesetz

450 v. Chr.

Untergang Westroms476 n. Chr.

Wiederentdeckungder Digesten

533/534Corpus Iuris civilis

oström. Kaiser Justinian

1050 1250 1500 1900BGB

OR+ZGB

klass. röm.Jurisprudenz

Glossatoren Kommentatoren

rep.Jurispr.

0

Humanisten Vernunftrechtler

1800Naturrechts-gesetzbücherALR, CC, ABGB

Pandektisten

ius commune =gemeineuropäisches römisches Recht

1650

Wiederentdeckungder Digesten

1050

Das Gemeine Recht (ius commune) und das Naturrecht

• um 1050 Wiederentdeckung des CIC auf einer Handschrift, die später in Florenz aufbewahrt wird und deshalb Florentina heißt

• um 1100 Gründung der Universität Bologna und der Glossatorenschule durch Irnerius

• um 1250 Accursius verfasst die Glossa ordinaria

• 1314-1357 Bartolus de Saxoferrato, bedeutendster Jurist unter den Kommentatoren, der einen umfangreichen Kommentar zum CIC schreibt

• 1527-1591 Hugo Doneau (Donellus), bedeutendster Vertreter der eleganten (humanistischen) Jurisprudenz

• 1583-1645 Hugo Grotius, Begründer der profanen Naturrechtslehre, der an die Tradition der kirchlichen Naturrechtslehre und deren Kritik am römischen Recht anknüpft

• Naturrechtsgesetzbücher: 1794 preußisches Allgemeines Landrecht (ALR), 1804 französischer Code civil (CC), 1811 österreichisches Allgemeines BGB (ABGB)

Das Konsensprinzip

Grotius, De jure belli ac pacis 2.12.15De venditione et emptione notandum etiam sine traditione, ipso contractus momento, transferri dominumposse, atque id esse simplicissimum. … Quod si actum sit ne statim dominium transeat, obligabitur venditor ad dandum dominium, atque interim res erit commodo et periculo venditoris: quare … quod res periculo estemtoris et ut fructus ad eum pertineant, antequamdominium transeat, commenta sunt juris civilis, quod necubique observatur: …

Zu den Kaufverträgen ist festzuhalten, dass das Eigentum auch ohne Übergabe im dem Moment des Vertragsschlusses übertragen werden kann, und dies sehr einfach. … Ist aber vereinbart, dass das Eigentum nicht sofort übergehen soll, wird der Verkäufer dazu verpflichtet, das Eigentum zu übertragen, und in der Zwischenzeit sind Gefahr und Nutzen dem Verkäufer zugewiesen. Daher ist es eine bloße Erfindung des römischen Rechts, dass Gefahr und Nutzen der Sache dem Käufer noch vor dem Eigentum zugewiesen sein sollen; und es wird auch keineswegs überall beachtet …

Art. 1138 CC: L‘obligation de livrer la chose est parfaitepar le seul consentement des parties contractantes. –Elle rend le créancier propriétaire et met la chose à sesrisques dès l‘instant où elle a dû être livrée, encore quela tradition n‘en ait point été faite …

Art. 1583 CC: Elle est parfaite entre les parties, et la propriété est acquise de droit à l'acheteur à l'égard du vendeur, dès qu'on est convenu de la chose et du prix, quoique la chose n'ait pas encore été livrée ni le prix payé.

Das Traditionsprinzip

§ 1 I 10 ALR IDie mittelbare Erwerbung des Eigenthums einer Sache erfordert, außer den dazu nötigen Titel, auch die wirkliche Übergabe derselben.

§ 424 ABGB: Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage …

§ 425 ABGB: Der bloße Titel gibt noch kein Eigentum. Das Eigentum und alle dingliche Rechte überhaupt können, außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche Übergabe und Übernahme erworben werden.

Deutsche Juristen des 19. Jahrhunderts

• Friedrich Carl von Savigny (1779-1861), bedeutendster Vertreter der Historischen Rechtsschule, die statt an die naturrechtliche Vorstellung richtigen Rechts wieder an die Rechtstradition als Bestandteil der überlieferten Kultur anknüpfen will, diese aber mit naturrechtlicher Systematik anreichert

• Bernhard Windscheid (1817-1892) entwickelt 1856 den materiellrechtlichen Anspruchsbegriff,verfasst ab 1862 das maßgebliche Pandektenlehrbuch

• Rudolf von Jhering (1818-1892) entwickelt 1861 die Lehre von der culpa in contrahendo als Grundlage vertraglicher Haftung trotz Vertragsunwirksamkeit

Die Wiederentdeckung der Abstraktion

Savigny, System des heutigen römischen Rechts Bd. 3, S. 312: „So ist die Tradition ein wahrer Vertrag, da alle Merkmale des Vertragsbegriffs darin wahrgenommen werden: denn sie enthält von beiden Seiten die auf gegenwärtige Übertragung des Besitzes und des Eigenthums gerichtete Willenserklärung, und es werden die Rechtsverhältnisse der Handelnden dadurch neu bestimmt; daß diese Willenserklärung für sich allein nicht hinreicht zur vollständigen Tradition, sondern die wirkliche Erwerbung des Besitzes, als äußere Handlung hinzukommen muß, hebt das Wesen des zum Grund liegenden Vertrags nicht auf.“

Zwölftafel-gesetz

450 v. Chr.

Untergang Westroms476 n. Chr.

Wiederentdeckungder Digesten

533/534Corpus Iuris civilis

oström. Kaiser Justinian

1050 1250 1500 1900BGB

OR+ZGB

klass. röm.Jurisprudenz

Glossatoren Kommentatoren

rep.Jurispr.

0

Humanisten Vernunftrechtler

1800Naturrechts-gesetzbücherALR, CC, ABGB

Pandektisten

ius commune =gemeineuropäisches römisches Recht

1650

Wiederentdeckungder Digesten

1050

Das Sachmängelrecht bei Miete und Pacht

§ 535 Abs. 1 S. 1, 2 BGBDurch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.

§ 536 Abs. 1 S. 1, 2 BGBHat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten.

§ 581 BGB(1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten.(2) Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden.

§ 586 Abs. 1 BGBDer Verpächter hat die Pachtsache dem Pächter in einem zu der vertragsmäßigen Nutzung geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Pachtzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Pächter hat jedoch die gewöhnlichen Ausbesserungen der Pachtsache, insbesondere die der Wohn- und Wirtschaftsgebäude, der Wege, Gräben, Dränungen und Einfriedigungen, auf seine Kosten durchzuführen. Er ist zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet.

§ 593 Abs. 1 S. 1 BGBHaben sich nach Abschluss des Pachtvertrags die Verhältnisse, die für die Festsetzung der Vertragsleistungen maßgebend waren, nachhaltig so geändert, dass die gegenseitigen Verpflichtungen in ein grobes Missverhältnis zueinander geraten sind, so kann jeder Vertragsteil eine Änderung des Vertrags mit Ausnahme der Pachtdauer verlangen.

Das Sachmängelrecht bei der Landpacht

D 19.2.19.1 Ulp 32 ed Si quis dolia vitiosa ignarus locaverit, deinde vinum effluxerit, tenebitur in id quod interest nec ignorantia eius erit excusata: et itaCassius scripsit. aliter atque si saltum pascuum locasti, in quo herba mala nascebatur: hic enim si pecora vel demortua sunt veletiam deteriora facta, quod interest praestabitur, si scisti, si ignorasti, pensionem non petes, et ita Servio Labeoni Sabinoplacuit.

Hat jemand, ohne es zu wissen, schadhafte Fässer überlassen und ist daraufhin der Wein ausgelaufen, haftet er auf das Interesse und kann sich durch seine Unkenntnis nicht entschuldigen. Und so hat Cassius entschieden. Anders dagegen, wenn du eine Weide überlassen hast, auf der giftige Kräuter wachsen. Ist nämlich in diesem Fall das Vieh eingegangen oder bloß geschädigt worden, musst du das Interesse nur dann leisten, wenn du es gewusst hast; hast du es nicht gewusst, kannst du keinen Zins verlangen; und dies ist die Auffassung von Servius, Labeo und Sabinus.

Die locatio conductio rei

Die Überlassung einer Sache zum Gebrauch …

… macht den locator nur dann haftbar, wenn er die Eignung der zu einem bestimmten Gebrauch zugesichert oder wenn er sie wissentlich mangelhaft überlassen hat.

… führt bei einer fehlenden Eignung der Sache zu dem vereinbarten Gebrauch aber zu einem Wegfall der Zinsverpflichtung des conductor. Sie ist Ausdruck der allgemeinen Gefahrtragungsregel, dass den Anspruch auf eine Leistung nur hat, wer auch die Gegenleistung erbringen kann und erbringt.

… belässt das Nutzungsrisiko beim conductor; der locatorhat nicht für einen Nutzungserfolg einzustehen.

D 19.2.15pr.-2, 4 Ulp 32 edEx conducto actio conductori datur. (1) Competit autem ex his causis fere: ut puta si re quam conduxit frui ei non liceat (forte quia possessio ei aut totius agri aut partis non praestatur, aut villa non reficitur vel stabulum vel ubi greges eius stare oporteat) vel si quidin lege conductionis convenit, si hoc non praestatur, ex conducto agetur. (2) Si vistempestatis calamitosae contigerit, an locator conductori aliquid praestare debeat, videamus. Servius omnem vim, cui resisti non potest, dominum colono praestare debereait, ut puta fluminum graculorum sturnorum et si quid simile acciderit, aut si incursushostium fiat: si qua tamen vitia ex ipsa re oriantur, haec damno coloni esse, veluti si vinumcoacuerit, si raucis aut herbis segetes corruptae sint. … (4) Papinianus libro quartoresponsorum ait, si uno anno remissionem quis colono dederit ob sterilitatem, deindesequentibus annis contigit uberitas, nihil obesse domino remissionem, sed integrampensionem etiam eius anni quo remisit exigendam. …

Die Klage ex conducto wird dem conductor gewährt. (1) Sie steht ihm gewöhnlich in folgenden Fällen zu: Ist ihm zum Beispiel verwehrt, die überlassen Sache zu nutzen (weil ihm vielleicht der Besitz des Landes oder eines Teils nicht eingeräumt wird oder weil das Landhaus oder auch die Stallungen oder die Pferche nicht hergerichtet sind, wo seine Herden stehen sollen), oder ist sonst etwas in dem Vertrag vereinbart worden, was ihm nicht gewährt wird, kann die Klage ex conducto erhoben werden. (2) Sehen wir zu, ob der locator dem conductor für die Gewalt eines zerstörerischen Unwetters einzustehen hat. Servius sagt, der Eigentümer müsse dem conductor für jede Gewalt einstehen, der man nicht widerstehen könne, wie zum Beispiel für die Gewalt, die von Flüssen, Krähen oder Staren ausgeht, oder wenn sich ähnliches ereignet oder Feinde ins Land einfallen. Ergeben sich dagegen Mängel aus der Sache selbst, falle dies zum Nachteil des conductoraus, zum Beispiel wenn der Wein zu Essig geworden oder wenn die Saat durch Würmer oder durch Unkraut verdorben worden ist. … (4) Papinian schreibt im 4. Buch seiner Rechtsgutachten, ein dem conductor gewährter Nachlaß schade dem Eigentümer nicht, wenn er den Zins wegen Mißernte für ein Jahr erlassen, sich aber in den folgenden Jahren reiche Ernte ergeben hat; statt dessen könne er den gesamten Zins auch für das Jahr fordern, für das er den Nachlaß gewährt habe. …

Die Überlassung eines Grundstücks zum Landbau …

… führt bei einfachen Mängeln der Sache nicht zu einem vollständigen oder anteiligen Wegfall der Zinspflicht.

… ist dagegen mit einem Zinsnachlass (remissio mercedis) verbunden, wenn ungewöhnliche Ereignisse eintreten, und zwar auch dann, wenn sie nicht die überlassene Sache, sondern nur ihre Nutzung betreffen.

… verpflichtet den locator also weniger zur Überlassung einer mangelfreien als vielmehr zur Gewährleistung eines bestimmten Nutzungserfolgs: Der conductor darf eine übliche Ernte erwarten und wird ansonsten teilweise von seiner Zinspflicht befreit, der locator am Nutzungsrisiko beteiligt.

Die Nutzungspflicht des Landpächters

D 19.2.25.3, 6 Gai 10 ed provConductor omnia secundum legem conductionis facere debet. Et ante omnia colonuscurare debet, ut opera rustica suo quoque tempore faciat, ne intempestiva culturadeteriorem fundum faceret. Praeterea villarum curam agere debet, ut eas incorruptashabeat. ... (6) Vis maior, quam Graeci qeou bian appellant, non debet conductoridamnosa esse, si plus, quam tolerabile est, laesi fuerint fructus: alioquin modicumdamnum aequo animo ferre debet colonus, cui immodicum lucrum non aufertur. Apparetautem de eo nos colono dicere, qui ad pecuniam numeratam conduxit: alioquinpartiarius colonus quasi societatis iure et damnum et lucrum cum domino fundi partitur.

Der conductor muss sich in allem an die Vorschriften des Überlassungsvertrags halten. Und vor allem muss der conductor dafür sorgen, dass die Bewirtschaftung des Landes zur rechten Zeit erfolgt, damit nicht das Grundstück durch eine Bewirtschaftung zur Unzeit verschlechtert wird. Überdies muss er für die Gebäude Sorge tragen, damit diese instand gehalten bleiben. … (6) Die höhere Gewalt, die die Griechen göttliche Gewalt nennen, darf dem conductor nicht zum Schaden gereichen, wenn er mehr, als hinnehmbar ist, gelitten hat. Einen mäßigen Schaden muss er dagegen mit Gleichmut hinnehmen, da ihm auch ein übermäßiger Gewinn nicht abgenommen wird. Dabei sprechen wir offensichtlich von dem conductor, der das Grundstück zu einem festen Zinssatz übernommen hat; der Teilpächter [der das Grundstück gegen einen Anteil der Ernte übernommen hat] teilt sich Schaden und Gewinn mit dem Grundstückseigentümer ohnehin wie unter Gesellschaftern.

… zeigt, dass die Nutzung nicht nur im Interesse des conductor, sondern auch im Interesse des locator liegt.

… ist mindestens ebenso wichtig wie seine Pflicht zur Zinszahlung.

… ist der Grund für die Beteiligung des locator am Nutzungserfolg: Da er in den Genuss dieser Leistung auch bei einer Missernte kommt, muss er an dem Nutzungsrisiko des conductor beteiligt werden.

… macht die eigentlich als Austauschvertrag konzipierte locatio conductio der Gesellschaft ähnlich.

… macht den heutigen Vertragstyp des Landpachtvertrags auch für andere Pacht- oder pachtähnliche Verträge mit Nutzungspflicht (va das Franchising) zum Vorbild.

Die Nutzungspflicht des Landpächters …

Die Verdingung (locatio conductio) im Überblick

locatorconductorWerkvertrag (l.c. operis)

conductorlocatorDienstvertrag(l.c. operarum)

conductorlocator+ conductor

Pachtvertrag(l.c. rei)

conductorlocatorMietvertrag(l.c. rei)

GeldleistungSachleistung

Der Werkvertrag (locatio conductio operis)

D 19.2.22.2 Paul 34 edCum insulam aedificandam loco, ut sua impensa conductor omnia faciat, proprietatem quidem eorum ad me transfert et tamen locatio est: locat enim artifex operam suam, id est faciendi necessitatem.

Vergebe ich den Bau eines Mietsblocks mit der Maßgabe, dass der conductor die Aufwendungen trägt, überträgt er mir zwar das Eigentum; aber es ist dennoch eine Verdingung; denn der Unternehmer stellt mir seine Dienste zur Verfügung und macht sich verbindlich, etwas zu tun.

=> obwohl die Verteilung der Rollen von locator und conductor der naturalistischen Unterscheidung nach „hingeben“ und „mitführen“ folgt, erkennen die römischen Juristen doch, dass der Werkunternehmer ebenso wie ein Dienstverpflichteter seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, also eigentlich nicht der conductor, sondern der locator ist

Die Verdingung von Arbeitskraft …

… in der Form des Werkvertrags (locatio conductio operis) bildet den rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit der Handwerker und Transportunternehmer.

… in der Form des Dienstvertrags (locatio conductio operarum) spielt im römischen Recht keine besondere Rolle:

- Einfache Arbeiter können sich keine Prozessführung leisten.

- Die Verwaltung von Vermögen und Wirtschaftsbetrieben liegt in den Händen hierfür ausgebildeter Sklaven.

- Die höheren Dienste der der Architekten, Ärzte und Anwälte werden als „freie Künste“ (artes liberales) ausgeübt und zunächst nur freiwillig vergütet, später zwar mit einer Entgeltpflicht versehen, aber nicht in die locatio conductioeinbezogen.

Die Gefahrtragung bei Dienst- und Werkvertrag nach BGB

§ 615Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

§ 616Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

§ 644 Abs. 1Der Unternehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes. Kommt der Besteller in Verzug der Annahme, so geht die Gefahr auf ihn über. Für den zufälligen Untergang und eine zufällige Verschlechterung des von dem Besteller gelieferten Stoffes ist der Unternehmer nicht verantwortlich.

Die Gefahrtragung beim Dienstvertrag (locatio conductio operarum)

D 19.2.19.9 Ulp 32 ed Cum quidam exceptor operas suas locasset, deinde is qui eas conduxeratdecessisset, imperator Antoninus cum divo Severo rescripsit ad libellum exceptorisin haec verba: ‚Cum per te non stetisse proponas, quo minus locatas operasAntonio Aquilae solveres, si eodem anno mercedes ab alio non accepisti, fidemcontractus impleri aequum est.’

Als jemand sich als Schreiber verdungen hatte und sein Auftraggeber gestorben war, gab der Kaiser Antoninus Caracalla zusammen mit dem göttlichen Kaiser Septimius Severus auf die Eingabe des Schreibers folgenden Bescheid: „Hat es, wie du vorträgst, nicht an dir gelegen, daß du deine Dienste dem Antonius Aquilanicht geleistet hast, und hast du in diesem Jahr auch von keinem anderen Lohn erhalten, ist es gerecht, wenn der Vertrag eingehalten wird.“

� da der Dienstverpflichtete nicht selbst über den Einsatz seiner Arbeitskraft entscheidet, sondern den Weisungen des Dienstherrn unterliegt, trägt dieser auch das Risiko, dass sie ungenutzt bleiben

� die Gefahr, dass die Dienstleistung wegen eines in der Person des Dienstverpflichteten liegenden Umstands (Krankheit) ausfällt, trägt wahrscheinlich dieser selbst

Die Gefahrtragung beim Werkvertrag (locatio conductio operis)

D 14.2.10pr. Lab 1 pith a Paul epitSi vehenda mancipia conduxisti, pro eo mancipio, quod in navemortuum est, vectura tibi non debetur. PAULUS: immo quaeritur, quid actum est, utrum ut pro his qui impositi an pro his quideportati essent, merces daretur: quod si hoc apparere non poterit, satis erit pro nauta, si probaverit impositum esse mancipium.

Hast du einen Sklaventransport übernommen, wird dir für den Sklaven, der auf dem Schiff gestorben ist, kein Lohn geschuldet.PAULUS: Vielmehr ist danach zu fragen, was vereinbart worden ist, ob nämlich der Lohn für die Sklaven zu entrichten ist, die auf dem Schiff aufgenommen worden sind, oder für die, die zum Zielhaften gebracht worden sind: Sollte sich dies nicht ergeben,genügt es für den Reeder, wenn er beweist, daß der Sklave auf dem Schiff aufgenommen worden ist.

Die Gefahrtragung beim Werkvertrag (locatio conductio operis)

D 19.2.36 Flor 7 instOpus quod aversione locatum est donec adprobetur, conductoris periculum est: quod vero itaconductum sit, ut in pedes mensurasve praestetur, eatenus conductoris periculo est, quatenusadmensum non sit: et in utraque causa nociturum locatori, si per eum steterit, quo minus opusadprobetur vel admetiatur. si tamen vi maiore opus prius interciderit quam adprobaretur, locatorispericulo est, nisi si aliud actum sit: non enim amplius praestari locatori oporteat, quam quod suacura atque opera consecutus esset.

Ein Werk, das als Ganzes in Auftrag gegeben ist, geht bis zur Abnahme auf die Gefahr des Unternehmers. Ist es aber so übernommen worden, dass nach Fuß oder Maß geleistet werden soll, trägt der Unternehmer die Gefahr, soweit noch nicht gemessen worden ist. Und in beiden Fällen gereicht es dem Besteller zum Nachteil, wenn er es zu vertreten hat, dass das Werk noch nicht abgenommen oder vermessen worden ist. Geht es dagegen aus höherer Gewalt unter, bevor es abgenommen wird, trägt der Besteller die Gefahr, falls nicht etwas anderes vereinbart ist. Denn dem Besteller muss nicht mehr geleistet werden, als was durch eigene Mühe und Arbeit zu erlangen ist.

D 19.2.37 Iav 8 CassSi, priusquam locatori opus probaretur, vi aliqua consumptum est, detrimentum ad locatorem itapertinet, si tale opus fuit, ut probari deberet.

Ist das Werk gewaltsam zugrunde gegangen, bevor es abgenommen wurde, trifft der Schaden den Unternehmer, wenn das Werk so beschaffen war, dass es hätte abgenommen werden müssen.

Der Gefahrübergang beim Werkvertrag (locatio conductio operis) …

… richtet sich nach der Abnahme (adprobatio), die auch eine Mängelrüge ausschließt, sofern der Unternehmer den Fehler nicht arglistig verschwiegen hat.

… wird auch durch den Verzug des Bestellers mit der Abnahme ausgelöst, damit dieser aus der Verzögerung der Abnahme keine Vorteile zieht.

… tritt zumindest nach Ansicht von Javolen und Florentin noch früher, nämlich mit der mangelfreien Herstellung des Werks ein.

… unterscheidet sich vom Gefahrtragungsregime beim Dienstvertrag, weil der Unternehmer über den Einsatz seiner Arbeitskraft selbst entscheidet und deren Erfolg schuldet.

Nach der Rezeption des römischen Rechts …

… kehrt sich das Regime Gefahrtragung zulasten des Dienstverpflichteten und zugunsten des Werkunternehmers um:

- Auf den Dienstvertrag wird das Regime der Miete übertragen, so dass der Dienstverpflichtete keinen Lohn erhält, wenn nur der Dienstherr den mangelnden Arbeitseinsatz nicht zu vertreten hat.

- Beim Werkvertrag nimmt man im Anschluss an eine Entscheidung Sabinus‘ zum Gefahrübergang bei teilweiser Fertigstellung (D 19.2.59 Iav 5 Lab post) an, der Besteller habe die Gefahr von vornherein zutragen.

… kehrt das römische Muster der Gefahrverteilung bei Dienst- und Werkvertrag erst in den Naturrechtskodifikationen wieder.

… verschiebt es sich weiter zugunsten des Dienstverpflichteten durch die Einführung der Lohnfortzahlung bei vorübergehender Verhinderung, vor allem im Krankheitsfall ( 616 BGB).

Das Darlehen im geltenden Recht

§ 488 Abs. 1:Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten.

�das Darlehen ist sowohl verzinslich als auch zinslosdenkbar; in diesem Fall ist es ein gewöhnlicher, im anderen ein gegenseitiger Vertrag, bei dem die Überlassung der Darlehensvaluta und die Zinsleistung im Verhältnis der Gegenseitigkeit stehen

�das Darlehen kommt durch bloße Einigung der Parteien, nicht erst durch die Auszahlung der Darlehensvaluta zustande, zu der der Darlehensgeber verpflichtet ist

Der Darlehensvertrag im römischen Recht …

… hat zwei Erscheinungsformen:

- Das verzinsliche Darlehen wird in Form eines abstrakten Schuldversprechens, der Stipulation, begründet, mit der der Darlehensgeber die Zahlung eines Betrags verspricht, der die ausgereichten Darlehensvaluta und die Zinsen umfasst.

Um eine Bereicherung des Gläubigers zu verhindern, gewährt man dem Schuldner die Einrede der unterlassenen Auszahlung (exceptio non numeratae pecuniae), die dafür sorgt, dass der Gläubiger die Ausreichung der Darlehensvaluta zu beweisen hat.

- Das zinslose Darlehen ist ein eigener Vertragstyp, das mutuum, das kein formelles Versprechen voraussetzt, als Realvertrag aber nur durch Auszahlung der Darlehensvaluta begründet werden kann und allein auf Rückgewähr des ausgereichten Betrags gerichtet ist.

Das mutuum als Ausnahmeerscheinung

D 17.1.34pr. Afr 8 quaestQui negotia Lucii Titii procurabat, is, cum a debitoribus eius pecuniam exegisset, epistulam ad eum emisit, qua significaret certam summam ex administratione apud se esse eamque creditamsibi se debiturum cum usuris semissibus: quaesitum est, an ex ea causa credita pecunia petipossit et an usurae peti possint. respondit non esse creditam: alioquin dicendum ex omnicontractu nuda pactione pecuniam creditam fieri posse. nec huic simile esse, quod, si pecuniamapud te depositam convenerit ut creditam habeas, credita fiat, quia tunc nummi, qui mei erant, tui fiunt: item quod, si a debitore meo iussero te accipere pecuniam, credita fiat, id enim benignereceptum est. ... et in proposito igitur dicendum actione mandati obligatum fore procuratorem, ut, quamvis ipsius periculo nummi fierent tamen usuras, de quibus convenerit, praestaredebeat.

Derjenige, der die Geschäfte des Lucius Titius führte, stellte diesem, als er von dessen Schuldnern Geld eingezogen hatte, ein Schriftstück aus, in dem er zum Ausdruck brachte, dass eine bestimmte Summe Geldes in seiner Hand sei und dass er dieses Geld als Darlehen mit einem halben Prozent Zins [=6% pro Jahr] schulden wollte. Es ist gefragt worden, ob wegen dieser Sache das Geld als Darlehen und auch die Zinsen verlangt werden können. Er [Julian] hat geantwortet, dass kein Darlehen vorliege. Sonst müsse man sagen, dass aus jedem Vertrag durch bloßes pactum ein Darlehen entstehe. Und es bestehe keine Ähnlichkeit mit der Entscheidung, dass ein Darlehen zustande komme, wenn vereinbart wird, dass du in Verwahrung gegebenes Geld als Darlehen haben sollst; in diesem Fall erwirbst du nämlich Eigentum an Geld, das mir gehörte. Ebenso wenig sei die Entscheidung vergleichbar, dass ein Darlehen entsteht, wenn ich dich angewiesen habe, Geld von meinem Schuldner zu nehmen: Diese Lösung ist nämlich aus Gründen der Zweckmäßigkeit anerkannt worden. … Und im vorliegenden Fall sei demnach zu entscheiden, dass der Geschäftsführer aus Auftrag verpflichtet sei und dass er, obwohl er die Gefahr trage, dennoch die vereinbarten Zinsen zahlen müsse.

Das mutuum als Ausnahmeerscheinung

D 12.1.15 Ulp 31 ad edSingularia quaedam recepta sunt circa pecuniam creditam. Nam si tibidebitorem meum iussero dare pecuniam, obligaris mihi, quamvis meosnummos non acceperis. Quod igitur in duabus personis recipitur, hoc et in eadem persona recipiendum est, ut, cum ex causa mandati pecuniam mihi debeas et convenerit, ut crediti nomine eam retineas, videatur mihi data pecunia et a me ad te profecta.

Beim Darlehen sind gewisse Ausnahmen zugelassen worden. Habe ichnämlich meinen Schuldner angewiesen, dir Geld auszuzahlen, so wirst du mir verpflichtet, obwohl du nicht mir gehöriges Geld erhalten hast. Was bei Mitwirkung von zwei Personen zugelassen wird, muss auch bei ein und derselben Person zugelassen werden; schuldest du mir aus Auftrag Geld und sind wir übereinkommen, dass du dieses Geld als Darlehen behältst, dann wird es so angesehen, als sei der Geldbetrag mir ausgezahlt worden und dann von mir an dich gelangt.

Strenge Klage und bonae fidei iudicium

Die formula der actio certae creditaepecuniae (condictio)

intentio: SI PARET Nm Nm Ao AoSESTERTIUM DECEM MILIA DARE OPORTERE

condemnatio: TANTAM PECUNIAM IUDEX Nm Nm Ao AoCONDEMNATO.

absolutio:SI NON PARET ABSOLVITO.

Stellt sich heraus, dass Ns Nsverpflichtet ist, dem As As 10.000 Sesterzen zu zahlen,

so verurteile du, Richter, den Ns Nsdem As As zu eben diesem Betrag.

Stellt es sich nicht heraus, sprich ihn frei.

Die formula der actio mandati

demonstratio: QUOD As As No NoMANDAVIT UT NEGOTIA EIUS PROCURARET

intentio: QUIDQUID OB EAM REM Ns NsAo Ao DARE FACERE OPORTET EX FIDE BONA

condemnatio: EIUS IUDEX Nm Nm AoAo CONDEMNATO.

absolutio: SI NON PARET ABSOLVITO.

Was das anbelangt, dass As As den Ns Nsbeauftragt hat, seine Geschäfte zuführen,

zu was auch immer Ns Ns nach guterTreue verpflichtet ist, dem As As zuleisten oder zu tun,

hierin verurteile du, Richter, den Ns Nsdem As As.

Stellt es sich nicht heraus, spricht ihn frei.

Julian …

… lässt anders als Ulpian kein Vereinbarungsdarlehen zu und bleibt so dem Realvertragscharakter treu.

… folgt der Regel, dass Ausnahmeentscheidungen wie die Zulassung des Anweisungsdarlehens keiner Analogie zugänglich sind.

… misst so dem mutuum selbst Ausnahmecharakter zu.

… verhilft der Parteiabsicht zur Geltung, indem er auf den Auftrag (mandatum) ausweicht und in diesem Rahmen eine Zinspflicht annimmt, die beim mutuum gerade nicht bestünde.

Nach der Rezeption des römischen Rechts…

… wird das mutuum wegen des christlichen Zinsverbots zum Prototyp des Darlehens.

… wird das verzinsliche Darlehen erst wieder von der Naturrechtslehreanerkannt, die den Vergleich zum nach wie vor erlaubten Mietvertrag anstellt.

… werden im deutschsprachigen Raum zunächst Höchstsätze für die Zinspflichtfestgesetzt, an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aber zugunsten des allgemeinen Wucherverbots (§ 138 BGB) beseitigt.

… fällt das Formgebot für das Versprechen der Rückzahlung, so dass das Darlehen zum Konsensualvertrag wird. Im BGB von 1900 erscheint es allerdings noch als Realvertrag neben dem Darlehensversprechen als eine Art Vorvertrag hierzu:

§ 607 Abs. 1 BGB aF: „Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten.“

§ 610 BGB aF: „Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel das Versprechen widerrufen, wenn in den Verhältnissen des anderen Teils eines wesentliche Verschlechterung eintritt …“

Das Bereicherungsrecht des BGB …… geht von einer Generalklausel aus, die Leistungs- und

Nichtleistungskondiktion einschließt:

§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB:„Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.“

… hat die Eingriffskondiktion als Fall der Nichtleistungskondiktionzu einem besonderen Tatbestand mit der Funktion der Gewinnabschöpfung verselbständigt:

§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB:„Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet.“

Diebstahlskondiktion als Ausnahme?

Gai 4.4Sic itaque discretis actionibus certum est non posse nos rem nostram ab alioita petere: SI PARET EUM DARE OPORTERE; nec enim quod nostrum est, nobis dari potest, cum scilicet id dari nobis intellegatur, quod ita datur, utnostrum fiat; nec res, quae nostra iam est, nostra amplius fieri potest. plane odio furum, quo magis pluribus actionibus teneantur, receptum est, ut extra poenam dupli aut quadrupli rei recipiendae nomine fures ex hac actioneteneantur: SI PARET EOS DARE OPORTERE, quamvis sit etiam adversuseos haec actio, qua rem nostram esse petimus.

So steht für bestimmte Klagen fest, dass wir eine uns schon gehörende Sache nicht mit der Formel herausverlangen können: „Wenn sich herausstellt, dass er zu geben verpflichtet ist …“; denn was uns gehört, kann uns nicht gegeben werden in dem Sinne, dass uns zu geben bedeutet, dass sogegeben wird, dass wir Eigentum erwerben; und eine Sache, die schon uns gehört, kann nicht noch mehr die unsere werden. Freilich ist aus Abscheu vor den Dieben, damit sie gleich mit mehreren Klagen haften, anerkannt, dass sie neben der Strafe, die auf das Doppelte oder Vierfache gerichtet ist, zur Verfolgung der Sache auch aus der Klage: „Wenn sich herausstellt, dass er zu geben verpflichtet ist“, haften, obwohl die Klage gegen sie so angestellt wird, dass wir mit ihr eine eigene Sache fordern.

Für Gaius …… ist die Kondiktion grundsätzlich auf die Übereignung einer Sache gerichtet, kann

also in aller Regel nicht von dem Eigentümer angestellt werden, sondern nur nach einer Übereignung als Leistungskondiktion.

… ist die Diebstahlskondiktion (condictio furtiva) eine Ausnahme, zur Benachteiligung der Diebe, die auch mit der Eigentumsherausgabeklage und mit einer Strafklage, der actio furti, auf das Zwei- oder Vierfache des Sachwertes haften.

… wäre die Diebstahlskondiktion dann nur dazu geschaffen, dem Eigentümer, der nicht notwenig zur Erhebung der actio furti berechtigt ist, eine sachverfolgendeKlage zu geben, die wegen des Satzes: fur semper in mora („der Dieb ist immer in Verzug“), über den Untergang der Sache hinaus zuständig ist:

D 13.1.20 Tryph 15 dispLicet fur paratus fuerit excipere condictionem et per me steterit, dum in rebus humanis res fuerat, condicere eam, postea autem perempta est, tamen durarecondictionem veteres voluerunt, quia videtur, qui primo invito domino rem contrectaverit, semper in restituenda ea, quam nec debuit auferre, moram facere.

Sogar in dem Fall, dass der Dieb bereit war, sich auf die Kondiktion einzulassen und es an mir lag, sie, während sie noch existierte, zu kondizieren, und sie danach untergegangen ist, wollten die Juristen der Republik, dass die Kondiktion erhalten bleibt, weil derjenige, der einmal eine Sache ohne den Willen des Eigentümers entwendet hat, so angesehen wird, als sei er für immer mit der Rückgewähr dessen, was er nicht hätte wegnehmen dürfen, in Verzug.

Gegen eine allgemeine Nichtleistungskondiktion …

… spricht auch Julians Entscheidung zur Bauführung auf fremdem Grund:

D 12.6.33 Iul 39 digSi in area tua aedificassem et tu aedes possideres, condictio locum non habebit, quia nullum negotium inter nos contraheretur: nam is, qui non debitampecuniam solverit, hoc ipso aliquid negotii gerit: cum autem aedificium in area sua ab alio positum dominus occupat, nullum negotium contrahit.

Habe ich auf deinem Gelände gebaut und besitzt du das Gebäude, greift die Kondiktion nicht Platz, weil kein Geschäft zwischen uns abgeschlossen wurde. Denn wer einen nicht geschuldeten Betrag zahlt, schließt auf diese Weise ein Geschäft ab. Wenn aber der Eigentümer das von einem anderen errichtete Gebäude in Besitz nimmt, schließt er kein Geschäft ab.

� das Eigentum an dem Gebäude geht automatisch, nämlich nach der Regel: superficies solo cedit („der Überbau folgt in seinem rechtlichen Schicksal dem Boden“), auf den Grundeigentümer über

� Julian erwägt eine Kondiktion nur auf der Basis eines Rechtsgeschäfts, also als Leistungskondiktion

Doch ein allgemeines Bereicherungsverbot?

D 12.5.6 Ulp 18 Sab Perpetuo Sabinus probavit veterum opinionem existimantium id, quod ex iniusta causa apud aliquem sit, posse condici: in qua sententia etiamCelsus est.

Stets hat Sabinus die Meinung der Juristen der Republik geteilt, die glaubten, dass kondiziert werden könne, was aus einen ungerechten Grund bei jemandem sei. Dieser Ansicht ist auch Celsus.

� die Kondiktion scheint nicht nur aufgrund einer Leistung, sondern schon bei jedem unberechtigten Innehaben einer Sache begründet zu sein

� so entsteht ein kaum denkbarer Widerspruch zu Gaius und Julian, der sich nur dann vermeiden lässt, wenn man der Formulierung: ex iniustacausa apud aliquem esse, eine konkretere Bedeutung abgewinnt

Leistung und Eingriff als alternative TatbeständeD 24.1.5.18 Ulp 32 SabIn donationibus autem iure civili impeditis hactenus revocatur donum ab eo ab eavecui donatum est, ut, si quidem exstet res, vindicetur, si consumpta sit, condicaturhactenus, quatenus locupletior quis eorum factus est: D 24.1.6 Gai 11 prov Quia quod ex non concessa donatione retinetur, id aut sine causa aut ex iniustacausa retineri intellegitur: ex quibus causis condictio nasci solet.

Bei den nach Zivilrecht verbotenen Schenkungen wird das Geschenk von dem Beschenkten derart zurückverlangt, dass es, wenn die Sache noch existiert, vindiziert und, wenn sie verbraucht worden ist, kondiziert wird, soweit der Empfänger noch bereichert ist.Denn was aus einer unerlaubten Schenkung zurückbehalten wird, gilt entweder als ohne Grund oder aus unrechtem Grund zurückbehalten, aus welchen Gründen gewöhnlich die Kondiktion entsteht.

� das Verbot der Schenkung unter Ehegatten hindert den Eigentumserwerb

� solange die Sache noch existiert, kann sie mit der Eigentumsherausgabeklagezurückgefordert werden

� nach ihrem Verbrauch kann man entweder von einer Leistung ohne Rechtsgrund(sine causa) oder von einem rechtswidrigen Eingriff (iniusta causa) als alternativen Anknüpfungspunkten für die Kondiktion ausgehen

Die Kondiktion des klassischen Rechts …

… ist an zwei mögliche „Hinwege“ gebunden: die freiwillige Zuwendung durch Leistung oder den rechtswidrigen Eingriff in fremdes Eigentum.

… kommt in dieser zweiten Variante fast immer als Diebstahlskondiktion vor, die wegen des weiten Begriffs des furtum einen großen Anwendungsbereich hat, ansonsten in ähnlichen Konstellationen vor.

… versagt, wenn es wie bei der Bauführung auf fremdem Grund weder zu einer Leistung noch zu einem Eingriffgekommen ist.

… verliert ihre Gestalt in der justinianischen Kodifikation, in der die Quellen zur Eingriffskondiktion mit denen zur Leistungskondiktion vermengt werden

Nach der Rezeption des römischen Rechts …

… wird der Tatbestand des unberechtigten Innehabens (ex inusta causa apud aliquem esse) als genereller Bereicherungstatbestandverstanden, der neben den speziellen Tatbeständen der Leistungskondiktion zuständig ist.

… beschränken sich die Naturrechtsgesetzbücher auf die Leistungskondiktion. ALR und ABGB übernehmen jedoch den aus dem römischen Sklavenrecht stammenden Versionsanspruch, der ebenfalls immer dann zuständig ist, wenn etwas in das Vermögen eines anderen ohne Rechtsgrund gelangt ist.

… kehrt die Eingriffskondiktion in OR und BGB im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Generalklausel zurück, die aber so verstanden wird, dass sie nur unmittelbare Bereicherungen erfasst.

… wird die Eingriffskondiktion heute nicht mehr als reines Rückgewährschuldverhältnis, sondern auch im Anschluss an eine doppeldeutige Aussage Julians (D 12.1.23) als Mittel zur Gewinnabschöpfung eingesetzt.

AnweisenderAnweisungs-empfänger

Angewiesener

Zuwendung

§ 812

§ 812

Der Bereicherungsausgleich im Dreiecksverhältnis nach geltendem Recht

Der Bereicherungsausgleich in den Seitenverhältnissen erfolgt, um …

… die Parteien so zu stellen, als wäre die Zuwendung vom Angewiesenen an den Anweisenden und von diesem an den Anweisungsempfänger erfolgt, weil die Anweisung nur der Abkürzung des Leistungswegs dient.

… jedem Beteiligten nur das Insolvenzrisiko seines (wirklichen oder vermeintlichen) Vertragspartners aufzubürden.

… jeden Beteiligten vor Einwendungen aus einem fremden Rechtsverhältnis zu schützen und jedem Beteiligte die eigenen Einwendungen zu erhalten. Beides lässt sich nicht gleichzeitig erreichen, wenn man eine Rückabwicklung im Zuwendungsverhältnis vornimmt.

Die Rückabwicklung in den Seitenverhältnissen …

… wird heute durch den Leistungsbegriff erreicht: Die zweckgerichtete Vermögensmehrung findet nicht im Zuwendungs-, sondern in den Seitenverhältnissen zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisenden sowie zwischen diesem und dem Anweisungsempfänger statt.

… ergab sich in Rom aus zwei Sätzen: - Wer anweist, steht so, als habe er selbst geleistet.- Wer anweist, steht so, als sei ihm selbst geleistet worden.

Statt über die Definition der Leistung erreichten die römischen Juristen ihr Ziel also durch Fallvergleichung.

… galt nicht nur für die Leistung, sondern auch für die anweisungsgemäße Verpflichtung.

Der dingliche Mangel im Valuta-verhältnis bei Celsus

D 24.1.3.12 Ulp 32 Sab Sed si debitorem suum ei solvere iusserit, hic quaeritur, an nummi fiant eiusdebitorque liberetur. et Celsus libro quinto decimo digestorum scribit videndumesse, ne dici possit et debitorem liberatum et nummos factos mariti, non uxoris: nam et si donatio iure civili non impediretur, eum rei gestae ordinem futurum, utpecunia ad te a debitore tuo, deinde a te ad mulierem perveniret: nam celeritateconiungendarum inter se actionum unam actionem occultari, ceterum debitoremcreditori dare, creditorem uxori. nec novum aut mirum esse, quod per aliumaccipias, te accipere: ...

Aber wenn er [der Ehemann] seinen Schuldner zu zahlen anweist, stellt sich die Frage, ob dieser die Münzen zum Eigentum des Ehemannes macht und befreit wird. Celsus schreibt im 15. Buch seiner Digesten, man müsse zusehen, ob nicht der Schuldner befreit werde und die Münzen zum Eigentum des Ehemannes werden, nicht der Ehefrau. Denn auch wenn die Schenkung nicht durch Zivilrecht gehindert wäre, wäre es die Ordnung des Geschäfts, dass das Geld von deinem Schuldner an dich, danach von dir an deine Frau fließt. Durch die Geschwindigkeit, mit der die Rechtsakte untereinander verbunden werden, bleibe ein Akt verborgen; sonst übereigne der Schuldner dem Gläubiger, der Gläubiger der Ehefrau. Und es sei auch nicht neu oder verwunderlich, dass man erwerbe, was man durch einen anderen erwerbe. …

maritus(delegans)

mulier(delegatarius)

debitor(delegatus)

Zuwendung

rei vindicatio

debitum

donatio inter virumet uxorem

solutum

Der ‚Durchgangserwerb‘ bei Celsus

dominus

D 24.1.39 Iul 5 Min Vir uxori pecuniam cum donare vellet, permisit ei, ut a debitore suo stipuletur: illacum id fecisset, priusquam pecuniam auferret, divortium fecit: quaero, utrum vir eamsummam petere debeat an ea promissione propter donationis causam actio nulla esset. respondi inanem fuisse eam stipulationem. sed si promissor mulieri ignoranssolvisset, si quidem pecunia exstat, vindicare eam debitor potest: sed si actiones suas marito praestare paratus est, doli mali exceptione se tuebitur ideoque maritushanc pecuniam debitoris nomine vindicando consequetur. sed si pecunia non exstatet mulier locupletior facta est, maritus eam petet: intellegitur enim ex re maritilocupletior facta esse mulier, quoniam debitor doli mali exceptione se tueri potest.

Ein Mann, der seiner Frau schenken wollte, duldete, daß sie sich von seinem Schuldner versprechen ließ. Nachdem sie dies gemacht hatte und noch bevor das Geld angeboten wurde, ließ sie sich scheiden. Ich frage, ob der Ehemann die Summe fordern muß oder ob wegen dieses schenkweisen Versprechens keine Klage mehr vorhanden ist. Ich habe geantwortet, daß das Versprechen unwirksam sei. Aber wenn der Schuldner der Frau in Unkenntnis geleistet hat und das Geld noch existiert, kann der Schuldner es vindizieren. Ist er jedoch bereit, dem Ehemann seine Klagen abzutreten, wird er mit der Einrede des Rechtsmißbrauchs geschützt; und der Ehemann wird im Namen des Schuldners das Geld vindizieren. Aber wenn das Geld nicht mehr existiert und die Frau bereichert ist, fordert der Ehemann es ein. Die Frau ist nämlich als aus dem Vermögen des Mannes bereichert anzusehen, weil sich der Schuldner mit der Einrede des Rechtsmißbrauchs verteidigen kann.

Die Lösung Julians

maritus(delegans)

mulier(delegatarius)

debitor(delegatus)

Zuwendung

rei vindicatio

debitum

donatio inter virumet uxorem

Die ‚konservative‘ Lösung Julians

rei vindicatio

dominus

exceptiodoli

Celsus und Julian …… kommen beide im Fall eines dinglich wirkenden Mangels im

Valutaverhältnis zum gleichen Ergebnis, indem sie jeweils …

… den angewiesenen Schuldner von seiner Verpflichtung befreien,

… die Rückabwicklung in das mangelhafte Valutaverhältnis verweisen und dem anweisenden Ehemann überlassen.

… sind unterschiedlich kühn in ihren Lösungen:

- Julian schöpft das vorhandene Instrumentarium aus, indem er auf exceptio doli und die Abtretung durch Prozeßvollmacht zurückgreift.

- Celsus durchbricht kurzerhand die sachenrechtliche Regel, daß man durch andere Freie nichts erwerben kann, um dem ordo der Leistung auf Anweisung Geltung zu verschaffen.

Die Eigentumsherausgabeklage des geltenden Rechts …

… ist ein dinglicher Anspruch, der an das Eigentum als eine gegenüber allen wirksame Rechtsposition geknüpft ist.

… bildet mit ihrem Tatbestand zugleich den Ausgangspunkt für Ansprüche auf Nutzungsherausgabe, Schadens- und Verwendungsersatz (§§ 987 ff.), die …

… als Sonderregime den allgemeinen Regeln des Delikts- und Bereicherungsrecht vorgehen.

… von den allgemeinen Bestimmungen eigentlich ersetzt werden könnten:

- die Schadensersatzpflicht nach §§ 989, 990 BGB durch die Deliktshaftung nach §§ 823 ff. BGB.

- die Herausgabe von Früchten gemäß §§ 987 ff. und der Verwendungsersatz nach §§ 994 ff. BGB durch die Eingriffs- oder Verwendungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB.

Gai 4.16Si in rem agebatur, mobilia quidem et moventia, quae modo in ius adferri adducivepossent, in iure vindicabantur ad hunc modum: qui vindicabat, festucam tenebat; deinde ipsam rem adprehendebat, velut hominem, et ita dicebat: HUNC EGO HOMINEM EX IURE QUIRITIUM MEUM ESSE AIO SECUNDUM SUAM CAUSAM, SICUT DIXI, ECCE TIBI, VINDICTAM IMPOSUI, et simul hominifestucam inponebat. adversarius eadem similiter dicebat et faciebat. cum uterquevindicasset, praetor dicebat: MITTITE AMBO HOMINEM. illi mittebant. qui priorvindicaverat, sic dicebat: POSTULO, ANNE DICAS, QUA EX CAUSA VINDICAVERIS? ille respondebat: IUS FECI, SICUT VINDICTAM INPOSUI. deinde qui prior vindicaverat, dicebat: QUANDO TU INIURIA VINDICAVISTI, D AERIS SACRAMENTO TE PROVOCO; adversarius quoque dicebat similiter: ET EGO TE; aut si res infra mille asses erat, scilicet l asses sacramentumnominabant. …Wurde dinglich geklagt über bewegliche Sachen oder Lebewesen, die vor den Gerichtsmagistrat gebracht oder geführt werden konnten, wurden sie vor dem Gerichtsmagistrat wie folgt gefordert: Wer sie verlangte, hielt einen Stab; danach berührte er die Sache, beispielsweise einen Sklaven, und sagte: „Ich behaupte, dass dieser Sklave mir nach ius civile und aus dem Grund, den ich genannt habe, gehört; und ich habe ihn, wie du sieht, mit dem Stab berührt“; und gleichzeitig berührte er den Sklaven mit dem Stab. Der Gegner sagte und tat dasselbe. Nachdem beide den Sklaven gefordert hatten, sagte der Prätor: „Lasst beide den Sklaven los!“ Und sie ließen ihn beide los. Wer zuerst gefordert hatte, sagte: „Ich fordere dich auf zu sagen, aus welchem Grund du ihn forderst!“ Der andere antwortete: „Ich habe mit Recht gehandelt, wie ich ihn mit dem Stab berührt habe.“Daraufhin sagte derjenige, der zuerst gefordert hatte: „Ich wette mit dir um die Summe von 500 As, dass du den Sklaven zu Unrecht gefordert hast.“ Der Gegner sagte entsprechend: „Und ich mit dir“; war die Sache weniger als 1000 As wert, nannten sie als Wettsumme ein As. …

Die actio in rem des Legisaktionenverfahrens …

… ist noch nicht auf die Herausgabe der Sache, sondern auf die inzidenteFeststellung des Eigentums als Vorfrage für die Entscheidung über eine Wette der Parteien gerichtet.

… reflektiert einen Rechtszustand, wie er wahrscheinlich schon bei Erlass des Zwölftafelgesetzes überholt war:

… war nämlich ein Prätendentenstreit, durch dessen Entscheidung eine der beiden Parteien zum Eigentümer erklärt wurde.

… ließ keinen Raum für die Feststellung, dass das Eigentum weder Kläger noch Beklagten, sondern einem Dritten zustand.

… zeigt, dass Eigentum ursprünglich keine absolute Rechtsposition, sondern nur Ausdruck der besseren Berechtigung im Verhältnis zum Kontrahenten war.

… wirkt noch in der später vertretenen Ansicht, die Eigentumsherausgabeklage könne nur gegen einen Eigenbesitzer angestellt werden.

Die formula petitoria der rei vindicatio

GAIUS IUDEX ESTO.intentio: SI PARET FUNDUM QUO DE AGITUR EX IURE

QUIRITIUM Aulo Agerio ESSEclausula arbitraria: NEQUE EA RES ARBITRIO TUO Aulo Agerio

RESTITUETURcondemnatio: QUANTI EA RES ERIT, TANTAM PECUNIAM IUDEX

Numerium Negidium Aulo Agerio CONDEMNATO.absolutio: SI NON PARET ABSOLVITO.

Gaius soll Richter sein.

Klageziel: Ergibt sich, dass das Grundstück, um das gestritten wird, nach Zivilrecht dem Kläger gehört,

Zwischenbescheid: und diese Sache auf deine Anordnung dem Kläger nicht zurückgegeben wird,

Verurteilung: so verurteile du, Richter, den Beklagten, dem Kläger soviel Geld zu zahlen, wie die Sache wert sein wird.

Klageabweisung: Ergibt es sich nicht, sprich ihn los.

Die Eigentumsherausgabeklage des klassischen Rechts …

… knüpft an das Eigentum als eine gegenüber allen wirksame Rechtsposition an: Kann der Kläger seine Berechtigung nicht nachweisen, führt dies zur einfachen Klageabweisung und nicht automatisch zur Feststellung der Berechtigung des Beklagten.

… ist nicht mehr auf die Feststellung des Eigentums als Vorfrage für die Entscheidung über eine Wette der Parteien, sondern auf die Herausgabe der Sache an den Kläger gerichtet.

… übernimmt die Funktion einer Schadensersatz- und Bereicherungsklage, indem …

… in Anlehnung an ein SC zur Erbschaftsklage auch derjenige verurteilt wird, der sich vor Prozessbeginn des Besitzes arglistig begeben hat.

… der nach Prozessbeginn eingetretene Untergang oder die hiernach erfolgte Verschlechterung der Sache unberücksichtigt bleibt. Während manche Juristen dies nur bei einem Verschulden des Beklagten annehmen, wollen andere ihn auch für den Zufall haften lassen, sofern er die Sache bei rechtzeitiger Herausgabe nicht getroffen hätte.

… der Beklagte auch die Früchte zu erstatten hat, die er nach Prozessbeginn gezogen hat.

Verwendungsersatz durch exceptio doliD 6.1.38 Cels 3 dig In fundo alieno, quem imprudens emeras, aedificasti aut conseruisti, deinde evincitur: bonus iudex varie ex personis causisque constituet. finge et dominum eademfacturum fuisse: reddat impensam, ut fundum recipiat, usque eo dumtaxat, quo pretiosior factus est, et si plus pretio fundi accessit, solum quod impensum est. finge pauperem, qui, si reddere id cogatur, laribus sepulchris avitis carendum habeat: sufficit tibi permitti tollere ex his rebus quae possis, dum ita ne deterior sit fundus, quam si initio non foret aedificatum. ... neque malitiis indulgendum est, si tectoriumputa, quod induxeris, picturasque corradere velis, nihil laturus nisi ut officias. ...

Du hast auf einem fremden Grundstück, das du in gutem Glauben gekauft hast, gebaut oder gesät; dann wird es herausverlangt. Ein guter Richter wird in diesem Fall nach den beteiligten Personen und der Sachlage differenzieren: Nimm an, der Eigentümer hätte die Absicht gehabt, dasselbe zu tun; dann muss er, damit er das Grundstück zurückerhält, die Aufwendungen erstatten, allerdings nur bis zu dem Betrag, um den es wertvoller geworden ist, und wenn der Wertzuwachs des Grundstücks höher ist, nur den Betrag, der aufgewendet worden ist. Nimm an, der Eigentümer sei arm und müsse den Kult der Hausgötter und die Gräber seiner Vorfahren aufgeben, wenn er zum Aufwendungsersatz gezwungen wird; dann genügt es, dir zu gestatten, von deinen Sachen mitzunehmen was du kannst, solange das Grundstück nicht weniger wert ist, als wenn es von vornherein nicht bebaut worden wäre. … Bosheit ist aber nicht zu dulden, zum Beispiel wenn du eine Wandverkleidung oder ein Gemälde entfernen willst, um dadurch nichts außer einem Nachteil für den Eigentümer zu erreichen. …

Nach der Rezeption des römischen Rechts …

… überträgt die Gemeinrechtslehre die Unterscheidung zwischen notwendigen, nützlichen und überflüssigen Verwendungen vom Recht der Mitgift auf das Vindikationsrecht.

… entwickelt die Naturrechtslehre einen einfacher strukturierten Gegenentwurf, indem sie auf das Schadensersatz- und Bereicherungsrecht zurückgreift.

… kehrt in den deutschsprachigen Naturrechtskodifikationen doch wieder das römische Vindikationsregime zurück, bei dem man nun allerdings zwischen dem dinglichen Herausgabeanspruch und den schuldrechtlichen Folgeansprüchen trennt.

D 8.5.8.5 Ulp 17 edAristo Cerellio Vitali respondit non putare se ex taberna casiaria fumum in superioraaedificia iure immitti posse, nisi ei rei servitutem talem admittit. idemque ait: et ex superiore in inferiora non aquam, non quid aliud immitti licet: in suo enim aliihactenus facere licet, quatenus nihil in alienum immittat, fumi autem sicut aquaeesse immissionem: posse igitur superiorem cum inferiore agere ius illi non esse id ita facere. Alfenum denique scribere ait posse ita agi ius illi non esse in suo lapidemcaedere, ut in meum fundum fragmenta cadant. dicit igitur Aristo eum, qui tabernamcasiariam a Minturnensibus conduxit, a superiore prohiberi posse fumum immittere, sed Minturnenses ei ex conducto teneri: ...

Aristo gab dem Cerellius Vitalis zur Antwort, er glaube nicht, dass man rechtmäßig Rauch aus einer Käserei auf höher gelegene Grundstücke blasen dürfe, wenn nicht eine entsprechende Dienstbarkeit dies gestatte. Und derselbe sagt noch, dass man aus einem höher gelegenen Grundstück auf ein tiefer gelegenes weder Wasser noch etwas andere leiten dürfe. Auf dem eigenen Grund dürfe man nur insoweit tätig werden, als man nicht auf ein fremdes Grundstück einwirke; die Zuführung von Rauch unterscheide sich nicht von der Einleitung von Wasser; daher könne der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks gegen den des tiefer gelegenen Klage erheben, um feststellen zu lassen, dass dieser kein Recht habe so zu handeln. Aristo fügt hinzu, Alfenus schreibe, man könne Klage auf Feststellung erheben, dass der Nachbar kein Recht habe, auf seinem Grund einen Steinbruch so zu betreiben, dass Splitter auf mein Grundstück fallen. Aristo sagt daher, der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks könne demjenigen, der eine Käserei von der Gemeinde Miturnae gepachtet hat, die Rauchzuführung verbieten, während die Gemeinde Miturnae ihm aus dem Pachtvertrag hafte. …

Die actio negatoria des römischen Rechts …

… ist nicht auf Abwehr einer Störung, sondern auf die Feststellung gerichtet, dass dem Störer nicht das Recht zu der Einwirkung auf die Sache des Klägers zusteht.

… ist das Gegenstück zu der actio confessoria, mit der eine Grunddienstbarkeit, also geltend gemacht wird, man habe das Recht dazu in bestimmter Weise auf ein Grundstück einzuwirken. Durch beide Institute wurde das Nachbarrecht bewältigt.

… erscheint in ihrer ursprünglichen Form noch in § 523 des österreichischen ABGB:

„In Ansehung der Servituten findet ein doppeltes Klagerecht statt. Man kann gegen den Eigentümer das Recht der Servitut behaupten; oder der Eigentümer kann sich über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muss der Kläger die Erwerbung der Servitut oder wenigstens den Besitz derselben als eines dinglichen Rechts, im zweiten Falle muss er die Anmaßung der Servitut in seiner Sache beweisen.“

… ist anschließend von den Dienstbarkeiten gelöst und in § 1004 BGB zu einem Anspruch gemacht worden, der sich auch gegen faktische Beeinträchtigungen richtet, die nicht mit der Behauptung eines entsprechenden Rechts des Störers einhergehen.

Besitzschutz nach BGB• Der Besitzbegriff

§ 854 Abs. 1: Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.

• Der Anspruch wegen Besitzentziehung§ 861 Abs. 1: Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.

§ 858 Abs. 2 S. 1: Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft.

§ 858 Abs. 1: Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).

§ 863: Gegenüber den in den §§ 861 … bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz … nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, daßdie Entziehung … des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei.

• Die Einrede des fehlerhaften Besitzes§ 861 Abs. 2: Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.

Der Besitzschutz nach BGB …

… steht jedem Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft zu, unabhängig davon, ob er die Sache als eigene oder fremdebesitzt.

… ist viel effektiver als der Eigentumsschutz, weil er eine Auseinandersetzung nur über die Frage zulässt, ob der Besitz fehlerhaft ist oder nicht.

… dient der Sicherung des Rechtsfriedens, indem niemand Selbsthilfe üben und darauf vertrauen soll, durch Besitzentziehung vollendete Tatsachen zu schaffen.

… ist insofern eingeschränkt, als die Selbsthilfe gegen eine verbotene Besitzentziehung nicht sanktioniert wird.

Die possessio des römischen Rechts …

… ist ebenfalls eine tatsächliche, keine rechtliche Beziehung.

… haben aber grundsätzlich nur diejenigen inne, die eine Sache als eigene besitzen.

… verhindert also nicht die Selbsthilfe schlechthin, sondern nur die Selbsthilfe im Streit über die Eigentumsposition.

… ist also auf den Schutz des Eigentums gerichtet.

… hat seine wichtigste Funktion bei der Vorbereitung des Vindikationsprozesses.

IJ 4.15.4Retinendae possessionis causa comparata sunt interdicta UTI POSSIDETIS et UTRUBI, cum ab utraque parte de proprietate alicuius rei controversia sit et ante quaeritur, uter ex litigatoribus possidere et uter petere debeat. namque nisiante exploratum fuerit, utrius eorum possessio sit, non potest petitoria actio institui, quia et civilis et naturalis ratio facit ut alius possideat, alius a possidentepetat. et quia longe commodius est possidere potius quam petere, ideoplerumque et fere semper ingens existit contentio de ipsapossessione. commodum autem possidendi in eo est, quod, etiamsi eius res non sit qui possidet, si modo actor non potuerit suam esse probare, remanetsuo loco possessio: propter quam causam, cum obscura sint utriusque iura, contra petitorem iudicari solet. …

Zur Bewahrung des Besitzes sind die Interdikte „wie ihr besitzt“ und „bei wem“für den Fall eingeführt worden, dass sich zwei Parteien um das Eigentum an einer Sache streiten und vorab festgestellt werden muss, wer von den streitenden Parteien besitzt und wer die Klage erheben muss. Denn wird nicht zuvor geklärt, wer von den beiden Besitzer ist, kann die Herausgabeklage nicht erhoben worden, weil nach Rechtslogik und natürlicher Vernunft der eine besitzen muß, während der andere den Besitzer verklagt. Und da es bei weitem angenehmer ist zu besitzen als zu klagen, gibt es häufig oder beinahe stets auch Streit um den Besitz. Der Vorteil des Besitzers liegt darin, dass der Besitz, selbst wenn ihm die Sache, die er besitzt, nicht gehört, gleichwohl bestehen bleibt, wenn der Kläger nicht beweisen kann, dass sie ihm gehört; daher wird gewöhnlich gegen den Kläger entschieden, wenn die Rechte beider Parteien unklar sind. …

Prohibitorische und restitutorische InterdikteD 43.17.1pr. Ulp 69 edAit praetor: ‚Uti eas aedes, quibus de agitur, nec vi nec clam nec precario alter ab altero possidetis, quo minus ita possideatis, vim fieri veto.’ …

Der Prätor verkündet: „Ich verbiete euch Gewalt anzuwenden zu dem Zweck, dass ihr nicht mehr so besitzt, wie ihr das Grundstück, um das gestritten wird, nun besitzt, ohne dass der eine es von dem anderen durch Gewalt heimlich oder im Wege der Bittleihe erlangt hat.“ …

Gai 4.154Reciperandae possessionis causa solet interdictum dari, si quis ex possessione videiectus sit: nam ei proponitur interdictum, cuius principium est unde tu illum videiecisti, per quod is qui deiecit cogitur ei restituere rei possessionem, si modo is, quideiectus est, nec vi nec clam nec precario possidet: namque eum, qui a me vi autclam aut precario possidet, inpune deicio.

Zur Wiedererlangung des Besitzes gewährt man gewöhnlich ein Interdikt, wenn jemandem mit Gewalt der Besitz entzogen worden ist; denn für ihn ist das Interdikt vorgesehen, dessen Beginn lautet: „von wo du mit Gewalt jenen vertrieben hast“, und mit dem derjenige, der den Besitz der Sache entzogen hat, gezwungen wird, ihn zurückzugewähren, falls derjenige, der vertrieben worden ist, weder aufgrund von Gewalt noch heimlich oder im Rahmen einer Bittleihe besessen hat; denn den, der mir gegenüber aufgrund von Gewalt, heimlich oder im Rahmen einer Bittleihe besitzt, darf ich ungestraft vertreiben.

Die Besitzinterdikte …

… richten sich gegen denjenigen, der eine Sache wegnehmen möchte oder gewaltsam, heimlich oder im Wege einer Bittleihe (precarium) erlangt hat.

- Die gewaltsame oder heimliche Entziehung geschieht ohne den Willen des Besitzers.

- Die Überlassung an einen Prekaristen geschieht freiwillig, aber auf jederzeitigen Widerruf. (Wegen seiner Schutzlosigkeit gegenüber dem Verleiher ist der Prekarist dessen verlängerter Arm und als solcher selbst gegenüber Dritten in seinem Besitz geschützt.)

… versagen, wenn der Kläger den Besitz selbst vorher gewaltsam, heimlich oder im Wege einer Bittleihe erlangt hat.

… lassen also die Selbsthilfe gegen eine unerlaubte Besitzentziehung sanktionslos.

Ein neues Besitzschutzrecht in der NachklassikCJ 8.4.7 (a. 389)Valentinianus Theodosius et Arcadius ad Messianum comitem rerum privatarum. Si quis in tantam furoris pervenit audaciam, ut possessionem rerum apud fiscum velapud homines quoslibet constitutarum ante eventum iudicialis arbitrii violenterinvaserit, dominus quidem constitutus possessionem quam abstulit restituatpossessori et dominium eiusdem rei amittat: sin vero alienarum rerum possessionem invasit, non solum eam possidentibus reddat, verum etiamaestimationem earundem rerum restituere compellatur.

Valentinian, Theodosius und Arcadius an Messian, Minister des kaiserlichen Privatvermögens. Ist jemand in wahnsinniger Frechheit so weit gegangen, denBesitz von Sachen, die der Fiskus oder irgendein Privater innehaben, vor einer gerichtlichen Entscheidung gewaltsam zu ergreifen, soll er, wenn er sich als ihr Eigentümer erweist, den Besitz, den er an sich gerissen hat, dem Besitzer zurückgewähren und das Eigentum an der Sache verlieren; hat er aber den Besitz fremder Sachen ergriffen, soll er ihn nicht allein ihren Besitzern zurückgewähren, sondern auch gezwungen werden, den Wert dieser Sachen zu leisten.

� jede Besitzentziehung ist verboten, selbst wenn sie im Wege der Selbsthilfegegen eine verbotene Besitzentziehung erfolgt

� der Täter verliert zur Strafe sogar sein Eigentum oder muss einen Betrag in Höhe des Sachwertes leisten

Nach der Rezeption des römischen Rechts …

… wird der Besitzschutz im kirchlichen und dann im Gemeinen Recht sowie in den Kodifikationen auch den Fremdbesitzernzugestanden.

… wird der Besitzschutz so zum Mittel eines allgemeinen Verbots der Selbsthilfe, das nicht nur gegen die Selbsthilfe im Streit über das Eigentum gilt.

… gibt es im Gemeinen Recht im Anschluss an die Entscheidungen der spätantiken Kaiser zunächst auch keine Ausnahme für die Selbsthilfe gegen eine verbotene Besitzentziehung.

… kehrt in den Kodifikationen wieder die Einrede des fehlerhaften Besitzes, also die Einschränkung zurück, dass derjenige, der den Besitzschutz begehrt, den Besitz seinerseits nicht fehlerhaft erlangt haben darf.

Das Pfandrecht nach BGB …… variiert in seiner Ausgestaltung stark nach seinem Gegenstand:

- Bei Grundstücken ist es besitzlos und von einer Eintragung im Grundbuch abhängig.- Bei beweglichen Sachen gilt das Faustpfandprinzip (§§ 1205, 1253 BGB: keine Verpfändung entsprechend § 930 BGB), das ebenso wie die Eintragungspflicht bei Grundpfandrechten für die Publizität des Pfandrechts sorgen soll.

… existiert sowohl als forderungsgebundenes als auch als unabhängiges Verwertungsrecht:- Die Grundschuld ist nicht an die Existenz der gesicherten Forderung geknüpft (§ 1192 Abs. 1 BGB), sondern mit ihr nur durch eine Sicherungsabrede verbunden.- Die Hypothek und das Mobiliarpfandrecht sind akzessorisch (§§ 1163, 1210, 1252 BGB).

… kann zugleich mehrfach an derselben Sache bestehen: Der Rang richtet sich nach der Reihenfolge der Eintragungen (§ 879 Abs. 1 BGB) oder dem Zeitpunkt der Bestellung (§ 1209 BGB).

…unterliegt dem Verbot des Pfandverfalls (§ 1229 BGB).

Die Sicherungsübereignung des geltenden Rechts …

… ist zur Umgehung des Faustpfandprinzips entstanden. Dieses beschwert beide Parteien, weil …

… der Pfandgläubiger bis zum Sicherungsfall nicht mit der Verwaltung der Pfandsache belastet sein will.

… der Verpfänder die Pfandsache regelmäßig als Produktionsmittel braucht.

… ist anders als in der Schweiz, wo es ein gesetzliches Umgehungsverbot für das Faustpfandprinzip gibt, ohne weiteres zulässig.

… ist mangels gesetzlicher Regelung nicht akzessorisch, also mit der gesicherten Forderung nur durch die Sicherungsabrede verbunden.

… hat den Nachteil, dass es eine „Mehrfachverpfändung“ nur in Gestalt einer bedingten weiteren Sicherungsübereignung ermöglicht.

Das Pfandrecht (pignus) des römischen Rechts …

… ist ursprünglich eine schuldrechtliche Verpflichtung zwischen Verpfänder und Pfandgläubiger und wird zum dinglichen Recht erst durch die vermutlich von Servius geschaffene actio Serviana, mit der der Pfandgläubiger die Sache von einem Dritten herausverlangen kann.

… ist im Ursprung vermutlich ebenfalls ein Faustpfand, wird jedoch doch schon bald als hyptheca auch in besitzloser Form zugelassen, und zwar sowohl bei Grundstücken als auch bei Mobilien.

… erlangt Publizität allenfalls durch die Beurkundung des Verpfändungsvertrags, die erst seit 472 n. Chr. öffentlich erfolgen muss.

… ist zwangsläufig akzessorisch, weil die Verwertung ursprünglich durch Pfandverfall erfolgte, und zwar entweder in Form einer Leistung an Erfüllungs Statt (datio in solutum) oder als Pfandkauf. In beiden Fällen konnte der Pfandgläubiger nur beim Bestand der gesicherten Forderung Eigentümer der Pfandsache werden.

… berechtigt den Pfandgläubiger in klassischer Zeit üblicherweise nur zur Verwertung durch Verkauf.

… wird in den Zeiten der Inflation wieder üblicherweise als Verfallspfand vereinbart und als solches zum Schuldnerschutz von Kaiser Konstantin verboten.

… kann nach einem anderen Pfandrecht zunächst nur in bedingter Form oder als Pfandrecht am Überschuss bestellt werden. Später erkennen die römischen Juristen eine Mehrfachverpfändung mit direkter Wirkung und zeitlicher Rangfolge (prior tempore potioriure) an.

Das Pfandrecht (pignus) des römischen Rechts …

Die Sicherungsübereignung des römischen Rechts …

… ist eine Erscheinungsform der Treuhand (fiducia), die außer zu Sicherungszwecken (cum creditore contracta) auch fremdnützig (cum amico contracta) übernommen werden kann.

… ist nicht akzessorisch, weil sie an die abstrakt wirksame Übereignung durch mancipatio gebunden ist.

… hat ebenfalls den Vorteil, eine besitzlose Sicherheit zu begründen, aber zugleich den Nachteil, dass sie an das Ritual der mancipatio geknüpft ist.

… verliert ihre praktische Bedeutung mit der Zulassung des besitzlosen Pfandrechts (hypotheca) erheblich und verschwindet mit Absterben und Abschaffung der mancipatioschließlich völlig.

Die formula BaeticaDama L. Titii ser(vus) fundum Baianum, qui est in agro qui Veneriensis vocatur, pago Olbensi, utioptumus maxumusq(ue) esset, (sestertio) n(ummo) I et hominem Midam (sestertio) n(ummo) I fidi fiduciae causa mancipio accepit ab L. Baianio, libripende antestat(ato). Adfines fundo dixitL. Baianus L. Titium et C. Seium et populum et si quos dicere oportet. Pactum conventumfactum est inter Damam L. Titi ser(vum) et L. Baianum, <uti> quam pecuniam L. <Titius L.> Baian<i>o dedit dederit, credidit crediderit, ex pensumve tulit tulerit, sive quod pro eo promisitpromiserit, spopondit <spoponderit>, fideve quid sua esse iussit iusserit, usque eo is fundus eaque mancipia fiducia<e> essent, donec ea omnis pecunia fidesve persoluta L. Titi solutaliberataque esset; si pecunia sua quaque die L. Titio h(eredi)ve eius data soluta non esset, tumuti eum fundum ... ubi et quo die vellet pecuniae praesenti venderet; mancipio pluris (sestertio) n(ummo) I invitus ne daret, neve satis secundum mancipium daret, neve ut in ea verba, quae in verba satis s(ecundum) m(ancipium) dari solet, repromitteret, neve simplam neve [duplam ---

Dama, der Sklave des Lucius Titius, hat das baianische Grundstück in dem Gelände, das Veneriensis genannt wird, im Gebiet des Dorfes Olba, frei von Servituten zu einem Sesterzenund auch den Sklaven Midas zu einem Sesterzen treuhänderisch durch mancipatio von Lucius Baianus im Beisein von … als Waagenhalter und von … als Zeugen erworben. Lucius Baianushat gesagt, dass das Grundstück an das des Lucius Titius und das des Gaius Seius sowie an öffentlichen Grund und auch an andere Grundstücke angrenzt, wenn diese genannt werden müssen. Zwischen Dama, dem Sklaven des Lucius Titius, und Lucius Baianus ist vereinbart worden, dass dieses Grundstück und dieser Sklave für den Betrag, den Lucius Titius dem Lucius Baianus gegeben hat/gegeben haben wird/geliehen hat/geliehen haben wird/als ausbezahlt gebucht hat/als ausbezahlt gebucht haben wird/für den er sich zu seinen Gunsten durch promissio/sponsio/fideiiussio verbürgt hat/verbürgt haben wird, so lange treuhänderisch dem Lucius Titius zustehen soll, bis der gesamte Betrag bezahlt oder Lucius Titius vollständig befreit ist; ferner dass Lucius Titius oder sein Erbe, wenn der Betrag ihnen nicht zu dem dafür bestimmten Termin gezahlt werden sollte, dieses Grundstück … , wo und wann sie wollen, gegen bar verkaufen; außerdem dass sie es nicht zu mehr als einem Sesterzen durch mancipatio übertragen, keine Sicherheitsleistung und auch nicht mit den dabei üblichen Worten ein Versprechen und keine Zusage des einfachen oder doppelten Kaufpreises abgeben.

Nach der Rezeption des römischen Rechts …

… setzt sich in den Naturrechtskodifikationen das Faustpfandprinzip durch.

… bleibt die fiducia cum creditore contracta bis zur Wiederentdeckung von Gaius‘Institutionenlehrbuch 1816 verschollen.

… wird die Sicherungsübereignung bei der Besicherung durch beweglichen Sachen immer populärer und verdrängt das Mobiliarpfand in Deutschland fast völlig.

… besteht für sie bei Immobilien seit der Einführung des Grundbuchs als Publizitätsträger aber kein Bedarf mehr.

Die Errichtung eines Testaments nach BGB …

… muss in öffentlicher (§ 2232 BGB) oder eigenhändiger (§2247 BGB) Form erfolgen.

… unterliegt dem Formerfordernis weniger zum Schutz des Erblassers vor Übereilung als vielmehr zur Beweissicherung.

… unterliegt keinen Anforderungen an den Inhalt; insbesondere müssen die gesetzlichen Erben nicht ausdrücklich enterbt werden.

… führt bei Übergehung der gesetzlichen Erben der ersten Ordnung, der Eltern des Erblassers und des Ehegatten zu einem Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB)

Gai 2.102 f.Sed illa quidem duo genera testamentorum in desuetudinem abierunt; hoc vero solum, quod per aes et libram fit, in usu retentum est. sane nunc aliter ordinatur quam olim solebat. namque olim familiae emptor, id est qui a testatore familiam accipiebat mancipio, heredis locum optinebat, et ob id ei mandabat testator, quid cuique post mortem suam dari vellet; nunc vero alius heres testamentoinstituitur, a quo etiam legata relinquantur, alius dicis gratia propter veteris iuris imitationem familiae emptor adhibetur. (104) Eaque res ita agitur: qui facit testamentum, adhibitis, sicut in ceterismancipationibus, V testibus civibus romanis puberibus et libripende, postquam tabulas testamentiscripserit, mancipat alicui dicis gratia familiam suam. in qua re his verbis familiae emptor utitur: FAMILIAM PECUNIAMQUE TUAM ENDO MANDATELA CUSTODELAQUE MEA ESSE AIO, EAQUE, QUO TU IURE TESTAMENTUM FACERE POSSIS SECUNDUM LEGEM PUBLICAM, HOC AERE, et utquidam adiciunt, AENEAQUE LIBRA, ESTO MIHI EMPTA; deinde aere percutit libram idque aes dattestatori velut pretii loco. deinde testator tabulas testamenti tenens ita dicit: HAEC ITA UT IN HIS TABULIS CERISQUE SCRIPTA SUNT, ITA DO ITA LEGO ITA TESTOR ITAQUE VOS, QUIRITES TESTIMONIUM MIHI PERHIBETOTE; et hoc dicitur nuncupatio: nuncupare est enim palam nominare, et sane quae testator specialiter in tabulis testamenti scripserit, ea videtur generali sermone nominareatque confirmare.Die ersten beiden Arten von Testamenten sind außer Übung geraten. Das aber, das mit Kupfer und Waage errichtet wird, ist beibehalten worden. Es wird allerdings anders vorgenommen als einst. Denn einst stand der Vermögenskäufer, der von dem Erblasser dessen Vermögen übertragen bekommt, an der Stelle eines Erben, und deshalb trug der Erblasser ihm auf, was wem nach seinem Tod gegeben werden solle. Heute jedoch wird einer im Testament zum Erben eingesetzt, der auch mit Vermächtnissen belastet wird, und ein anderer tritt bloß der Form halber zur Nachahmung des alten Rechts als Vermögenskäufer auf. (104) Und so wird es vollzogen: Wer das Testament errichtet, verfügt, nachdem er die Testamentsurkunde abgefasst hat, wie in anderen Fällen der mancipatio im Beisein von fünf Zeugen, die mündig und römische Bürger sind, sowie vor dem Waagenhalter der Form halber über sein Vermögen. Dabei sagt der Vermögenskäufer folgende Worte: „Ich sage, dass dein Vermögen und dein Geld in meiner Treuhand und meinem Gewahrsam sein sollen und von mir nach dem Recht, kraft dessen du dein Testament nach allgemeinem Gesetz errichten kannst, durch dieses Kupfer und (wie manche hinzufügen) mit dieser Waage gekauft sein sollen.“ Darauf schlägt er mit der Kupfermünze gegen die Waage und gibt sie dem Erblasser statt eines Kaufpreises. Danach spricht der Erblasser, indem er die Testamentsurkunde in den Händen hält, wie folgt: „Wie es in diesen Wachstafeln geschrieben steht, so leiste, so vermache, so vererbe ich, und ihr Bürger sollt meine Zeugen sein.“ Und dies wird nuncupatio genannt. Nuncupare heißt nämlich öffentlich erklären; und was er in der Testamentsurkunde einzeln verfügt hat, gilt durch den allgemeinen Ausspruch als öffentlich erklärt und bestätigt.

Das Testament „mit Kupfer und Waage“ …

… ist eine besondere Form der treuhänderischabgeschlossenen mancipatio: Der Erblasser überträgt sein gesamtes Vermögen auf einen Treuhänder und gibt ihm auf, wie damit nach seinem Tod zu verfahren ist.

… war ein Mittel zur Umgehung der gesetzlichen Erbfolge, die eigentlich zwingend war, durch die Übertragung des gesamten Vermögens unter Lebenden aber praktisch entwertet wurde.

… blieb bis in die klassische Zeit das einzigeInstrument, um eine nach Zivilrecht gültigeErbfolge vorzusehen.

Gai 2.119 f.Praetor tamen, si septem signis testium signatum sit testamentum, scriptisheredibus secundum tabulas testamenti bonorum possessionem pollicetur, si nemo sit, ad quem ab intestato iure legitimo pertineat hereditas, velut fratereodem patre natus aut patruus aut fratris filius. et ita poterunt scripti heredes retinere hereditatem: nam idem iuris est et si alia ex causa testamentum non valeat, velut quod familia non venierit aut nuncupationis verba testator locutusnon sit. (120) Sed videamus, an etiam si frater aut patruus extent, potioresscriptis heredibus habeantur: rescripto enim imperatoris Antonini significatur eos, qui secundum tabulas testamenti non iure factas bonorum possessionempetierint, posse adversus eos, qui ab intestato vindicant hereditatem, defenderese per exceptionem doli mali.

Ist ein Testament mit den Siegeln von sieben Zeugen versehen, räumt der Prätor den darin eingesetzten Erben gemäß der Testamentsurkunde den Nachlassbesitz ein, falls es niemanden gibt, dem die Erbschaft nach gesetzlichem Erbrecht zusteht, wie dem vatersblütigen Bruder, dem Onkel väterlicherseits oder dem Sohn des Bruders. Und so können die Testamentserben die Erbschaft behalten. Und dasselbe gilt, wenn das Testament aus einem anderen Grund zivilrechtlich ungültig ist, zum Beispiel, weil das Vermögen nicht veräußert worden ist oder der Erblasser den Wortlaut der nuncupatio nicht ausgesprochen hat. (120) Aber sehen wir zu, ob auch, wenn der Bruder oder Onkel noch leben, sie den Vorrang vor den Testamentserben haben. Nach einer Entscheidung des Kaisers Antoninus Pius gilt, dass sich diejenigen, die den Nachlassbesitz entsprechend einer nicht dem Zivilrecht genügenden Testamentsurkunde eingefordert haben, gegen diejenigen, die die Erbschaft nach Intestaterbrecht beanspruchen, mit der Einrede des Rechtsmissbrauchs verteidigen können.

Das „Siebenzeugentestament“ …

… war eine vereinfachte Form des Testaments „durch Kupfer und Waage“: Statt das Ritual der mancipatio vorzunehmen, siegelten die hieran Beteiligten: der Treuhänder, der Waagenhalter und die fünf Zeugen, die Testamentsurkunde.

… genügte für die sogenannte „prätorische Erbfolge“, die Einweisung in den Nachlassbesitz (bonorum possessio).

… verschafft den Testamentserben seit Antoninus Pius eine Position, in der sie sich mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (exceptio doli) erfolgreich gegen die gesetzlichen Erben verteidigen können.

… unterliegt ebenso wie das Testament durch Kupfer und Waage strengen Anforderungen an den Wortlaut und Aufbau, die erst im 4. Jh. wegfallen: Es muss insbesondere eine Verfügung über die gesamte Erbfolge enthalten, die an erster Stelle des Testaments stehen muss.

NVal 21.2 (a. 446)Si holographa manu testamenta condantur, testesnecessarios non putamus. Scripto enim taliter sufficietheredi adserere etiam sine testibus fidem rerum, dummodoreliqua congruere demonstret, quae in testamentis debereservari tam veterum principum quam nostrae praecipiuntsanctiones, ut in hereditariorum corporum possessionemprobata scripturae veritate mittatur.

Sind Testamente eigenhändig verfasst, halten wir Zeugen für entbehrlich. Dem Erben soll eine solche Handschrift ausreichen, um auch ohne Zeugen glaubwürdig zu sein, falls er dartut, dass sie im übrigen dem genügt, was bei Testamenten nach den Vorschriften der alten Kaiser und unseren Verordnungen eingehalten werden muss, so dass er in den Nachlassbesitz eingewiesen werden soll, wenn die Echtheit der Urkunde beweisen ist.

Das eigenhändige Testament …

… wird von Kaiser Valentinian III. 446 im weströmischen Reich eingeführt.

… genügt für die prätorische Erbfolge, die Einweisung in den Nachlassbesitz.

… dient einem anderen Zweck als die älteren Testamente: Während sie der Umgehung der gesetzlichen Erbfolge dienen und mit ihrer Form diese zugleich schützen, geht es beim eigenhändigen Testament nur noch um die Sicherstellung der Authentizität, also um die Beweissicherung.

… unterliegt zum Schutz des gesetzlichen Erbrechts noch dem sogenannten formellen Noterbrecht: Der Erblasser muss seine gewaltunterworfenen Söhne und alle Nachgeborenen entweder ausdrücklich enterben oder zu Erben einsetzen. – Ein materielles Noterbrecht wird dagegen nur von Fall zu Fall als Ergebnis einer Klage gegen ein sittenwidriges Testament gewährt und erst von Justinian zur Regel gemacht.

Nach der Rezeption des römischen Rechts …

… wird das eigenhändige Testament zur Regelform, neben die das öffentliche Testament als Nachfolger des gerichtlichen Testaments tritt.

… wird das materielle Noterbrecht weiter ausgebaut:

… zum Teil wird dem Erblasser die Verfügung über einen bestimmten Anteil an seinem Vermögen verwehrt, der den gesetzlichen Erben vorbehalten ist (CC, OR).

… zum Teil wird gegen den Erben ein Anspruch auf Zahlung eines Betrags gewährt, der dem Wert einer bestimmten Quote des gesetzlichen Erbrechts entspricht (ABGB, BGB).

D 33.10.7.2 Cels 19 digServius fatetur sententiam eius qui legaverit aspici oportere, in quam rationem ea solitus sitreferre: verum si ea, de quibus non ambigeretur, quin in alieno genere essent, ut puta escariumargentum aut paenulas et togas, supellectili quis adscribere solitus sit, non idcirco existimarioportere supellectili legata ea quoque contineri: non enim ex opinionibus singulorum, sed ex communi usu nomina exaudiri debere. id Tubero parum sibi liquere ait: nam quorsum nomina, inquit, nisi ut demonstrarent voluntatem dicentis? equidem non arbitror quemquam dicere, quod non sentiret, ut maxime nomine usus sit, quo id appellari solet: nam vocis ministerio utimur: ceterum nemo existimandus est dixisse, quod non mente agitaverit. sed etsi magnopere meTuberonis et ratio et auctoritas movet, non tamen a Servio dissentio non videri quemquam dixisse, cuius non suo nomine usus sit. nam etsi prior atque potentior est quam vox mens dicentis, tamennemo sine voce dixisse existimatur: nisi forte et eos, qui loqui non possunt, conato ipso et sonoquodam χαι τη αναρθρω φωϖη existimamus.

Servius ist der Meinung, dass man die Ansicht dessen erforschen müsse, der das Vermächtnis ausgesetzt hat, und ermitteln müsse, wozu er etwas gewöhnlich zählte. Rechnete jedoch jemand zum Hausrat Dinge, von denen nicht zweifelhaft ist, dass sie zu einer anderen Gattung gehören, wie zum Beispiel silbernes Geschirr, Kleider und Togen, so könne deshalb nicht angenommen werden, dass sie vom Vermächtnis des Hausrats umfasst seien. Denn die Bezeichnungen dürften nicht nach der Ansicht einzelner, sondern müssten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verstanden werden. Tubero hält dies nicht für einleuchtend. Denn wozu seien Bezeichnungen da, wenn nicht, um den Willen des Sprechenden zu verdeutlichen? Zumindest glaube ich nicht, dass jemand etwas sagt, von dem er nicht glaubt, dass er die Bezeichnung gebraucht, mit des es gewöhnlich benannt wird. Denn die Sprache verwenden wir nur als Mittel. Von niemandem darf man im übrigen annehmen, dass er etwas sagt, was er nicht vorher überlegt habe. Aber obwohl ich Tuberos Erwägungen und sein Ansehen sehr schätze, kann ich doch Servius darin nicht widersprechen, dass man nicht annehmen dürfe, jemand habe etwas gesagt, ohne die dazugehörige Bezeichnung zu verwenden. Denn auch wenn die Vorstellung des Sprechenden älter und wichtiger ist als seine Worte, glaubt man doch nicht, dass jemand etwas ohne Sprache gesagt habe. Sonst müssten wir annehmen, dass auch die, die nicht sprechen können, schon bei einem Versuch hierzu und mit irgendwelchen unartikulierten Lauten sprechen.

Ein casus perplexus

D 35.2.88 Afr 5 quaestQui quadringenta habebat, trecenta legavit: deinde fundum tibi dignum centum aureissub hac condicione legavit, si legi Falcidiae in testamento suo locus non esset: quaeritur, quid iuris est. dixi των απορων hanc quaestionem esse, qui tractatus apud dialecticos του θευδοµενου dicitur. etenim quidquid constituerimus verum esse, falsum repperietur. namque si legatum tibi datum valere dicamus, legi Falcidiae locuserit ideoque deficiente condicione non debebitur. rursus si, quia condicio deficiat, legatum valiturum non sit, legi Falcidiae locus non erit: porro si legi locus non sit, exsistente condicione legatum tibi debebitur. cum autem voluntatem testatoris eamfuisse appareat, ut propter tuum legatum ceterorum legata minui nollet, magis est, utstatuere debeamus tui legati condicionem defecisse.

Ein Erblasser, der 400 hatte, setzte für 300 Legate aus; hiernach vermachte er dir noch ein Grundstück im Wert von 100 für den Fall, dass die lex Falcidia auf sein Testament keine Anwendung finde; es ist fraglich, was rechtens ist. Ich habe gesagt, diese Frage sei ausweglos; bei den Dialektikern werde sie am Beispiel des Lügners behandelt. Was auch immer wir nämlich als wahr festlegen, stellt sich als falsch heraus. Denn wenn wir sagen, dass das dir ausgesetzte Legat gültig ist, greift die lex Falcidia Platz mit der Folge, dass dann wegen Bedingungsausfalls dir nicht geschuldet wird. Wenn umgekehrt, weil die Bedingung nicht eintritt, das Legat nicht wirksam ist, greift die lex Falcidia nicht ein; wenn aber das Gesetz keine Anwendung findet, wird dir wegen Eintritts der Bedingung das Legat geschuldet. Da aber der Wille des Erblassers offensichtlich ist, dass wegen deines Legats die übrigen nicht gekürzt werden sollen, spricht mehr dafür, dass wir annehmen müssen, dass die Bedingung deines Legats ausgefallen sei.