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Globale Nachhaltigkeit – Eine erste Annäherung Prof. Dr. Markus Schmitt* ARBEITSPAPIER (Stand: 2019-06-06) Inhalt 1 Einleitung ................................................................................................................ 2 2 Was ist Nachhaltigkeit? ......................................................................................... 2 3 Ist-Zustand .............................................................................................................. 3 3.1 Wirtschaftliche Effizienz .................................................................................... 3 3.2 Soziale Gerechtigkeit ........................................................................................ 4 3.3 Ökologische Verträglichkeit ............................................................................... 5 3.4 Zusammenfassung............................................................................................ 6 4 Zusammenhänge am Beispiel des Klimawandels .............................................. 7 4.1 Physikalische Grundlagen: Treibhauseffekt ...................................................... 7 4.2 2-Grad-Ziel von Paris und „Restlaufzeit“ ........................................................... 9 4.3 Emittierende Sektoren und Emissionsverteilung............................................. 10 4.4 Fahrplan für Dekarbonisierung ab 2020.......................................................... 12 4.5 Zukunftskunst und Große Transformation ...................................................... 14 5 Innovationschancen und Wirtschaftsmodelle................................................... 17 5.1 Übersicht ......................................................................................................... 17 5.2 Ressourceneinsatz und Kreislaufwirtschaft .................................................... 18 5.3 Kundenbeziehung und Postwachstumsökonomie .......................................... 20 5.4 Selbstverständnis und Gemeinwohlökonomie ................................................ 22 6 Wissenschaft und Transformation ..................................................................... 23 6.1 Typologie des WBGU...................................................................................... 23 6.2 Beispiele aus der Lehrpraxis ........................................................................... 27 6.2.1 „Menschheit auf dem Sprung“................................................................ 27 6.2.2 „Erde als Betrieb“ ................................................................................... 29 7 Schlussbemerkung .............................................................................................. 31 * Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, Fakultät für Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen, Am Lurzenhof 1, D-84036 Landshut, [email protected]

Globale Nachhaltigkeit – Eine erste Annäherung...2019/06/03  · gen (Generationengerechtigkeit; WCED 1987, I.3.27). 3 3 Ist-Zustand 3.1 Wirtschaftliche Effizienz Zur Messung der

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Globale Nachhaltigkeit – Eine erste Annäherung

Prof. Dr. Markus Schmitt*

ARBEITSPAPIER

(Stand: 2019-06-06)

Inhalt

1  Einleitung ................................................................................................................ 2 

2  Was ist Nachhaltigkeit? ......................................................................................... 2 

3  Ist-Zustand .............................................................................................................. 3 

3.1  Wirtschaftliche Effizienz .................................................................................... 3 

3.2  Soziale Gerechtigkeit ........................................................................................ 4 

3.3  Ökologische Verträglichkeit ............................................................................... 5 

3.4  Zusammenfassung ............................................................................................ 6 

4  Zusammenhänge am Beispiel des Klimawandels .............................................. 7 

4.1  Physikalische Grundlagen: Treibhauseffekt ...................................................... 7 

4.2  2-Grad-Ziel von Paris und „Restlaufzeit“ ........................................................... 9 

4.3  Emittierende Sektoren und Emissionsverteilung ............................................. 10 

4.4  Fahrplan für Dekarbonisierung ab 2020 .......................................................... 12 

4.5  Zukunftskunst und Große Transformation ...................................................... 14 

5  Innovationschancen und Wirtschaftsmodelle ................................................... 17 

5.1  Übersicht ......................................................................................................... 17 

5.2  Ressourceneinsatz und Kreislaufwirtschaft .................................................... 18 

5.3  Kundenbeziehung und Postwachstumsökonomie .......................................... 20 

5.4  Selbstverständnis und Gemeinwohlökonomie ................................................ 22 

6  Wissenschaft und Transformation ..................................................................... 23 

6.1  Typologie des WBGU ...................................................................................... 23 

6.2  Beispiele aus der Lehrpraxis ........................................................................... 27 

6.2.1  „Menschheit auf dem Sprung“ ................................................................ 27 

6.2.2  „Erde als Betrieb“ ................................................................................... 29 

7  Schlussbemerkung .............................................................................................. 31 

* Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, Fakultät für Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen, Am Lurzenhof 1, D-84036 Landshut, [email protected]

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1 Einleitung

Das Universum ist 13,8 Milliarden Jahre alt, aus physikalischer Sicht entstanden nach

dem sog. Urknall, aus einem Punkt mit unendlich großer Dichte an Material und Energie.

Nach 9,2 Milliarden Jahren bildete sich die Erde aus einer Staub- und Gaswolke. Vor

etwa 2 Millionen Jahren begann die Entwicklung des Menschen – ein Lebewesen, das

sich zunehmend sozialisiert, Kulturen hervorbringt und vernunftbegabt ist. Die heutige,

menschlich geprägte Zivilisation startete ihre Entwicklung vor knapp 12.000 Jahren, und

seit etwa 40 Jahren beschäftigen sich Menschen mit dem Thema der globalen Nachhal-

tigkeit.

Der vorliegende Aufsatz bietet einen Einstieg in dieses Thema. Es ist an Komplexität

kaum zu übertreffen und kann deshalb hier nicht erschöpfend dargestellt werden. Viel-

mehr ist eine Auswahl einzelner Inhalte aus dem Themenkomplex „Globale Nachhaltig-

keit“ so zu treffen und zu verknüpfen, dass die Lesenden

mit möglichst verschiedenen Perspektiven und Beispielen einen Zugang zum

Thema finden

einen konzeptionellen Rahmen erhalten, in den sie später weitere Inhalte einordnen

können

die systemischen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Inhalten erkennen

aufgrund der Literaturangaben einzelne Inhalte vertiefen und sich den Gesamtzu-

sammenhang weiter erschließen können.

Vor diesem Hintergrund wird nach einer Definition des Begriffs Nachhaltigkeit zunächst

der Ist-Zustand beschrieben; dies lässt den Innovations- und Veränderungsbedarf er-

kennen. Anschließend wird am Beispiel des Klimawandels verdeutlicht, wie dringend,

wichtig und anspruchsvoll nachhaltige Lösungen sind. Die folgenden Abschnitte kon-

zentrieren sich auf zwei Gruppen von Akteuren, die Unternehmen und die Wissenschaft;

es werden Hinweise gegeben, wie Unternehmen den Nachhaltigkeitsanforderungen ent-

sprechen, welche Wirtschaftsmodelle dazu passen und wie Forschung und Bildung bei-

tragen können.

2 Was ist Nachhaltigkeit?

Globale Nachhaltigkeit bedeutet (vgl. Deutscher Bundestag 1998, S. 18), dass die

Menschheit

ihren Planeten Erde effizient bewirtschaftet, d.h. sie sichert ihr Dasein mit möglichst

geringem Aufwand (wirtschaftliche Effizienz)

dabei ökologisch verträglich ist, d.h. sie erhält die natürliche Umwelt, von der sie ab-

hängt (ökologische Verträglichkeit)

dabei sozial gerecht ist, d.h. alle Menschen sind am Wohlergehen der Menschheit

fair beteiligt (soziale Gerechtigkeit)

es auch zukünftigen Generationen ermöglicht, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedi-

gen (Generationengerechtigkeit; WCED 1987, I.3.27).

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3 Ist-Zustand

3.1 Wirtschaftliche Effizienz

Zur Messung der wirtschaftlichen Effizienz lässt sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro

Kopf heranziehen. Es ist der Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr

von einem Menschen durchschnittlich hergestellt und über Märkte verkauft werden.

Bild 1: Wirtschaftliche Effizienz der Weltbevölkerung (Our World in Data, 2019)

Bild 1 zeigt die Entwicklung im Zeitablauf, beginnend im Jahr 730. Abgebildet sind zwölf

Verläufe, und zwar für die Welt insgesamt, für Deutschland und für die zehn bevölke-

rungsreichsten Länder. Ab dem 18. Jahrhundert steigt die Produktionsleistung enorm

an, zunächst in den USA und Deutschland, zeitversetzt auf den anderen Kontinenten.

Die Ursachen hierfür sind bekannt: technische Erfindungen, Nutzung der natürlichen

Ressourcen, Arbeitsteilung und Spezialisierung, Marktwirtschaft, Internationalisierung

der Wertschöpfung, moderne Managementmethoden wie Qualitätsmanagement und

schlanke Fertigung. Scheinbar hat die Menschheit ein „Geschäftsmodell“ für die Bewirt-

schaftung des Planeten Erde gefunden, das auch Krisen immer wieder bewältigt und

grenzenloses, schnelles Wachstum ermöglicht.

Die Kehrseite dieser Entwicklung wird deutlich beim Blick auf den Umgang der Men-

schen mit Rohstoffen (vgl. Behrens 2017): Selbst in Deutschland werden deutlich weni-

ger als 50% der Abfälle recycelt; der Rest wird verbrannt, als Müll deponiert oder mit

geringerer Qualität stofflich verwertet. Ähnliches gilt für andere Länder (OECD 2019).

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D.h. das „Geschäftsmodell“ für die Bewirtschaftung der Erde ist im Hinblick auf die Roh-

stoffentnahme und die Müllabgabe langfristig kaum zukunftsfähig; die Menschheit lebt

von der Substanz.

3.2 Soziale Gerechtigkeit

Große Unterschiede sind in der Produktionsleistung (Bild 1) schon zu erkennen. Sie set-

zen sich fort in der Einkommensverteilung (Bild 2).

Bild 2: Einkommensverteilung der Weltbevölkerung (in Anlehnung an Roser 2019)

Das Tageseinkommen pro Kopf, über das ein Mensch verfügt, reicht von fast nichts bis

zu 200 USD und mehr. Deutsche verfügen im Durschnitt über 116 USD pro Tag. Die

internationale Grenze der extremen Armut liegt bei 1,90 USD pro Tag. Ca. 700 Mio.

Menschen, d.h. fast ein Zehntel der Menschen, leben von weniger als 1,90 USD pro Tag,

mehr als die Hälfte davon in Afrika.

Insgesamt ist die Entwicklung eher positiv: Mehr und mehr Menschen haben Anteil an

der wirtschaftlichen Entwicklung. Vor allem in Ostasien (China, Indien) ist der Anteil der

Menschen in absoluter Armut seit den 1980er Jahren stark gefallen – nicht zuletzt dank

der Übernahme des oben beschriebenen und dann in Frage gestellten „Geschäftsmo-

dells“ für die Bewirtschaftung der Erde. Es erweist sich sozusagen als Segen und Fluch

zugleich.

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Arbeit und Einkommen sind jedoch nicht die einzigen Kriterien für soziales Wohlergehen.

Die britische Ökonomin Raworth (2017, S. 296) nennt dafür insgesamt zwölf Kriterien

und bezeichnet diese als das „soziale Fundament“ einer Gesellschaft (Bild 3). Sie rei-

chen von elementaren Dingen wie dem Zugang zu Wasser, Nahrung und Energie über

Bildung, Frieden und politische Teilhabe bis hin zu einer Wohnung und zu der Tatsache,

Bestandteil von realen sozialen Netzwerken zu sein (für gegenseitige Unterstützung und

Austausch). Wie beim Einkommen, so gibt es auch bei all den anderen Faktoren noch

zu viele Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen leben. Die Defizite (rote Flächen

in Bild 3) lassen sich sehr gut belegen mit Kennzahlen, die statistisch valide ermittelt

werden und international anerkannt sind. Für den Zugang zu Wasser beispielsweise sind

dies die von der Weltgesundheitsorganisation ermittelten Anteile der Weltbevölkerung,

die ohne qualitätsgesichertes Trinkwasser leben (z.B. mit Oberflächenwasser) und über

kein gesichertes Abwassersystem verfügen.

Fazit: Soziale Gerechtigkeit ist global bei Weitem nicht erreicht, das gesellschaftliche

Fundament für globale Nachhaltigkeit ist noch nicht vorhanden.

3.3 Ökologische Verträglichkeit

Das dritte Merkmal für globale Nachhaltigkeit ist, ob die Menschheit ökologisch verträg-

lich lebt. Diese Frage lässt sich inzwischen recht gut beantworten. Denn in den letzten

Jahren haben Wissenschaftler Messverfahren entwickelt, mit denen das Funktionieren

verschiedener, für Menschen lebenswichtiger Erdsysteme überprüft werden kann. Zu

diesen Erdsystemen zählen z.B. die Ozonschicht (sie hält den karzinogenen UV-B-Anteil

der Sonnenstrahlung ab), das Klima (also die Zustände und Vorgänge in der Erdat-

mosphäre), das Meerwasser und sein pH-Gehalt oder der Phosphorkreislauf (d.h. die

stetige Wanderung und Umsetzung von Phosphor in Gewässern, Böden und Biomasse).

Für all diese Erdsysteme lassen sich Grenzwerte nennen, innerhalb derer die Mensch-

heit sicher existieren kann (Steffen et al. 2015). Sie bilden die „planetaren Grenzen“, die

nicht durchstoßen werden sollten. Tatsache ist aber, dass die Menschheit diese Grenzen

inzwischen mehrfach überschritten hat (rote Flächen in Bild 3):

Der von Menschen verursachte Klimawandel hat bereits begonnen und wird zuneh-

mend zu einem ernsten Problem.

Die Belastung der Böden und des Wassers mit Phosphor- und Stickstoffverbindun-

gen, vor allem aus der Düngung der Böden, gefährdet die Gesundheit von Natur

und Mensch.

Bei der Landnutzung wird gemessen, wie viel Prozent der ursprünglichen Waldflä-

chen noch bewaldet sind. Die Untergrenze liegt bei 75%, tatsächlich vorhanden sind

nur noch ca. 60%.

Die Natur verliert jährlich viele Tausende von Tier- und Pflanzenarten. Die Verlust-

rate ist zehn- bis mehrere hundertmal so hoch wie im Durchschnitt der letzten 10

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Mio. Jahre und so hoch wie seit 65 Mio. Jahren nicht mehr, als die Dinosaurier end-

gültig ausstarben (vgl. IPBES 2019). Es handelt sich um einen gefährlichen Eingriff

in die Evolution, in Nahrungsketten und Stoffkreisläufe.

Auch bei anderen Erdsystemen ist die Entwicklung ungünstig, etwa bei der Luftver-

schmutzung; nur sind dabei die Grenzwerte noch nicht überschritten oder die Effekte

können noch nicht zuverlässig global gemessen werden.

Fazit: Die Menschheit ist derzeit nicht ökologisch verträglich. Sie gefährdet ihre eigenen

natürlichen Lebensgrundlagen.

3.4 Zusammenfassung

Die menschliche Zivilisation hat mit ihrem „Geschäftsmodell“ zwar die wirtschaftliche Ef-

fizienz auf ein sehr hohes Niveau getrieben. Jedoch durchstößt sie die planetaren Gren-

zen mehrfach und lebt dadurch riskant. Und gleichzeitig fehlt ihr noch das soziale Fun-

dament für ein menschenwürdiges Leben aller Menschen.

Bild 3: Soziales Fundament und planetare Grenzen

(vgl. Steffen et al. 2015; Raworth 2017, S. 51)

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Bild 3 drückt diesen Befund so aus: Die Menschen leben zu weit außerhalb des Rings

zwischen dem sozialen Fundament und den planetaren Grenzen. Raworth (2017) be-

zeichnet ihn in Anlehnung an das gleichnamige Schmalzgebäck als Donut, das gesamte

Bild als „Selfie“ der Menschheit. Es zeigt sehr deutlich, wo der Innovations- und Verän-

derungsbedarf der menschlichen Zivilisation liegt, wenn sie globale Nachhaltigkeit errei-

chen will. Fraglich ist, ob der Ring zwischen sozialem Fundament und planetaren Gren-

zen jemals erreicht werden kann. Oder anders formuliert: Können 8, 9 oder bald 10 Mil-

liarden Menschen dauerhaft gut, ökologisch sicher und sozial gerecht leben?

Um die Diskussion zu konkretisieren, konzentriert sie sich jetzt auf eines der genannten

Risiken, den Klimawandel.

4 Zusammenhänge am Beispiel des Klimawandels

4.1 Physikalische Grundlagen: Treibhauseffekt

In Deutschland rückte der Klimawandel im Sommer 2018 stärker ins Bewusstsein der

Öffentlichkeit. Denn ein außergewöhnlich heißer und langer Sommer hat die in Gang

gesetzte Erderwärmung spüren lassen, mit braunen statt grünen Flächen, mit Ernteaus-

fällen und Existenznot in der Landwirtschaft. Letztere beklagte Schäden in Höhe von

rund 680 Mio. EUR (Bundesregierung 2018).

Schon 28 Jahre früher, 1990, hat der Weltklimarat der Vereinten Nationen seinen ersten

Bericht vorgelegt und zu einer möglichst schnellen Reduktion der Treibhausgase gera-

ten (IPCC 1990). Die Befunde sind seitdem nicht grundlegend anders geworden, nur

präziser und wissenschaftlich fundierter.

Beim derzeitigen Klimawandel geht es um den Treibhauseffekt (Bild 4), der – vereinfacht

ausgedrückt – wie folgt entsteht (vgl. Nelles / Serrer 2018): Die Sonnenstrahlung er-

wärmt die Erde. Die Wärmestrahlung der Erde entweicht entweder ins Weltall oder sie

wird von bestimmten Spurengasen, den sog. Treibhausgasen, aufgenommen (absor-

biert). Im letzteren Fall emittieren die Treibhausgase die Wärmestrahlung wieder, und

der zur Erde gerichtete Anteil erwärmt die Erdoberfläche zusätzlich.

Dieser Effekt ist von Natur aus vorhanden und erwärmt die Erdoberfläche von -19 °C auf

+14 °C (also um 33 °C), so dass Menschen und viele andere Lebewesen gut leben kön-

nen. Bei diesem natürlichen Treibhauseffekt ist Wasserdampf (H2O) das Treibhausgas

mit dem größten Beitrag, gefolgt von Kohlendioxid (CO2), Lachgas (N2O) und Methan

(CH4). Diese Gase sind Bestandteil der natürlichen Stoffkreisläufe, die in und auf den

Böden, in Gewässern und in der Atmosphäre der Erde ablaufen. Von Natur aus sind

diese Kreisläufe stabil und im Gleichgewicht – zumindest innerhalb von Zeiträumen, die

für die Menschheit relevant sind. Das ist am einfachsten nachvollziehbar am Wasser-

kreislauf: Ständig verdunstet irgendwo Wasser und irgendwo anders regnet es, global

bleibt die Menge des Wassers konstant.

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Bild 4: Treibhauseffekt

Soweit, so unproblematisch.

Problematisch hingegen ist der von Menschen ausgelöste, zusätzliche Ausstoß von

Treibhausgasen in die Atmosphäre. Quellen dafür sind insbesondere:

für CO2: das Verbrennen fossiler Energieträger (Kohle, Erdgas, Erdöl), die Brandro-

dung von Wäldern (z.B. zur Vorbereitung landwirtschaftlicher Produktion), Bodene-

rosion, Holzverbrennung

für CH4: die Viehhaltung zur Fleisch- und Milchproduktion (dabei wird organisches

Material wie z.B. Gras im Verdauungssystem der Tiere abgebaut), der Nassreisan-

bau

für N2O: das Absterben von Kleinstlebewesen infolge der Düngung von Böden zur

Ertragssteigerung, die Verbrennung von Biomasse und fossilen Energieträgern.

Die Treibhausgase verweilen viele Jahre in der Atmosphäre, CO2 im Durchschnitt 120

Jahre. Sie wirken somit extrem langfristig und reichern sich in der Atmosphäre an. Zum

Beispiel ist das im Jahr 1900 (zur Verdeutlichung: Damals herrschte im Deutschen Reich

noch Kaiser Wilhelm II.) ausgestoßene CO2 zum Teil heute noch in der Atmosphäre und

trägt zur Erderwärmung bei. Aufgrund menschlich verursachter („anthropogener“) Treib-

hausgas-Emissionen hat sich die Erde schon um 1 °C zusätzlich erwärmt.

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4.2 2-Grad-Ziel von Paris und „Restlaufzeit“

Die Folgen der Erderwärmung sind bekannt (vgl. IPCC 2014a): Eisschmelze und Anstieg

des Meeresspiegels, Überschwemmungen, Stürme, Dürreperioden, Mangelernährung,

Krankheiten und viele vorzeitige Todesfälle, Fluchtbewegungen, Verteilungskämpfe, po-

litische Konflikte.

Um diese Schäden möglichst gering zu halten, haben 196 Staaten sich im sog. Überein-

kommen von Paris im Jahr 2015 ein Ziel gesetzt: Den Temperaturanstieg gegenüber der

Zeit vor der Industrialisierung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts auf höchstens 2 °C

begrenzen (United Nations 2015).

Wissend, dass Treibhausgase, wenn sie einmal in die Atmosphäre gelangt sind, dort für

Jahrhunderte zur Erderwärmung beitragen, stellt sich der Menschheit eine entschei-

dende Frage: Welche Menge an Treibhausgasen dürfen die Menschen der Atmosphäre

höchstens noch hinzufügen, um die 2-Grad-Grenze einzuhalten? Wie groß ist also das

„Restbudget“ an Treibhausgasemissionen, über das die Menschheit noch verfügen

kann?

Die Antwort lässt sich für das wichtigste Treibausgas, CO2, recht gut abschätzen (vgl.

Mercator 2019): Ca. 800 Gigatonnen (Gt) ab 2017, das sind 800 Mrd. t. Nur dann lässt

sich das 2-Grad-Ziel erreichen.

800 Gt sind also das Restbudget für die von Menschen verursachten CO2-Emissionen.

In den letzten Jahren lagen diese bei 35-40 Gt pro Jahr (WBGU 2016, S. 24; Bild 7). Das

könnte noch ca. 20 Jahre lang so weiter gehen, danach müssten die Emissionen sofort

auf 0 t fallen. Die so verstandene „Restlaufzeit“ liegt bei ca. 20 Jahren. Oder die Men-

schen lassen sich 40 Jahre lang Zeit, mit jährlich durchschnittlich 20 Gt CO2. Das ließe

sich z.B. dadurch erreichen, dass ab 2017 Jahr für Jahr die Emissionen linear gesenkt

werden, bis in 2057 mit 0 t die sog. CO2-Neutralität erreicht ist.

Welchen Anteil am Restbudget von 800 Gt kann ein bestimmtes Land, z.B. Deutschland,

für sich beanspruchen? Diese Frage wirft ein Verteilungsproblem auf, das die Weltge-

meinschaft in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen wird: Wer hat welchen Anspruch

auf CO2-Emissionen?

Deutschland darf noch 8,8 Gt CO2 emittieren, wenn als Bemessungsgrundlage der heu-

tige Anteil Deutschlands an der Weltbevölkerung (1,1%) verwendet wird. Andere Vertei-

lungsansätze sprechen den Entwicklungsländern einen überproportionalen Anteil zu, um

deren „Nachholbedarf“ bei wirtschaftlichem Wachstum zu berücksichtigen. Wieder an-

dere Ansätze begünstigen die hochentwickelten Länder und knüpfen damit an deren

bereits erreichtes Niveau an (vgl. WWF Deutschland 2017, S. 37).

Deutschlands Verbrauch liegt seit 2009 bei 0,8 Gt pro Jahr (Umweltbundesamt 2019b).

Ausgehend von einem Restbudget in Höhe von 8,8 Gt CO2 hat Deutschland bei den

CO2-Emissionen somit eine Restlaufzeit von ca. 11 Jahren ab 2017. Dieser Zeitraum ist

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deutlich kürzer als die 20 Jahre für die Weltbevölkerung insgesamt, weil Deutsche pro

Kopf im Durchschnitt fast doppelt so viel emittieren.

Pro Jahr und Kopf verursachen Deutsche im Durchschnitt 9,8 t CO2. Das Ziel der Bun-

desregierung für 2050 liegt bei 0,7 bis 2,8 t; es ist abgeleitet aus dem Klimaschutzplan,

80-95% weniger zu emittieren als im Jahr 1990 (BMU 2019).

Soviel zum CO2 selbst. Werden die anderen Treibhausgase (Methan, Lachgas, F-Gase)

dazu genommen und – ihrer Wärmewirkung entsprechend – in CO2-Äquivalenten

(CO2Äq) ausgedrückt, dann ergeben sich jährliche Emissionen in Höhe von etwa 50 Gt

weltweit.

4.3 Emittierende Sektoren und Emissionsverteilung

Die Menge der weltweiten anthropogenen Treibhausgasemissionen wurde letztmals für

das Jahr 2010 vollständig ermittelt und nach Sektoren differenziert. Sie lag damals bei

49 Gt CO2Äq (IPCC 2014b, S. 7).

Bild 5: Globale Treibhausgasemissionen und die verursachenden Sektoren

(vgl. IPCC 2014b)

Bild 5 zeigt die fünf großen Sektoren, in denen Menschen CO2 und andere Treibhaus-

gase emittieren. Sie entsprechen den vier Alltagsbeschäftigungen: wohnen, essen, sich

bewegen, arbeiten; und dabei benötigen die Menschen elektrischen Strom, und es soll

angenehm warm sein.

Zwei Emissionsursachen verdienen hier besondere Aufmerksamkeit, weil sie im Ver-

gleich zu anderen (z.B. PKW-Verkehr) weniger bekannt sind, weil sie besonders stark

anwachsen und weil Einzelpersonen darauf direkten Einfluss haben:

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Die bei der Nahrungsmittelproduktion verursachten Emissionen (5,2 Gt in 2010)

würden ohne grundlegenden Wandel bis 2050 fast verdoppelt (9,8 Gt). Sie lassen

sich jedoch allein durch den Übergang auf eine vollwertige fleischlose Ernährung

um bis zu 67% senken, bei veganer Ernährung sogar um 79% (vgl. Willett et al.

2019, S. 453). Und etwa ein Drittel der gegenwärtig produzierten Lebensmittel geht

verloren oder verdirbt ungenutzt (Hegnsholt 2018).

Die Anzahl der Personenflugreisen wird sich in den 20 Jahren bis 2037 voraussicht-

lich auf 8,3 Mrd. Fluggäste verdoppeln und bei gleichbleibendem Wachstum bis

2050 mehr als verdreifachen (IATA 2018). Und schon in 2010 hatte der Luftverkehr

einen Anteil von 3-7% an den Emissionen; die Ungenauigkeit rührt daher, dass noch

nicht alle Klimaeffekte des Flugbetriebs genau genug gemessen werden können

(Lee et al. 2009).

Auch bei den Treibhausgasemissionen gibt es – ähnlich wie bei den Einkommen – eine

extreme Ungleichverteilung (Chancel / Piketty 2015): Die 10% der Weltbevölkerung mit

den höchsten Emissionen verursachen knapp die Hälfte der gesamten Emissionen. Für

einen ersten großen Schritt zur Reduzierung sind also auch und besonders diese Top-

10% gefordert. Würden sie ihre Emissionen auf den EU-Durchschnitt senken, entfiele

schon ein Drittel aller Emissionen.

Wer sind diese 10%? Es sind alle Menschen, die 15 t CO2Äq oder mehr pro Jahr emit-

tieren (Bild 6). Der EU-Durchschnitt liegt bei 8,7 t, in Deutschland bei über 11 t (eurostat

für das Jahr 2016). Die Abweichung nach oben auf über 15 t ist alleine durch das Ver-

kehrsverhalten schon schnell erreicht:

Ein Außendienstmitarbeiter im Vertrieb, der im Jahr 30.000 km mit dem Dienstauto

fährt, emittiert mehr als 4 t zusätzlich.

20 innerdeutsche Flüge (für viele Manager nichts Außergewöhnliches) verursachen

etwa 5 t, zehn innereuropäische Flüge etwa 5 t, ein Flug nach Shanghai 4,3 t, ein

Flug nach Sydney 10,1 t, zwei Urlaubsflüge nach Mallorca 1 t, ein Urlaubsflug nach

Gran Canaria 1,2 t (atmosfair.de 2019).

Zu den Top-10% der Emittenten zählen somit vor allem diejenigen, die aufgrund von

Bildung, Einkommen, Berufstätigkeit, Lebensstandard oder auch Mobilitätsreichweite

bislang in der Gesellschaft als besonders erfolgreich gelten.

Lässt sich das Ziel, das sich Deutschland für 2050 gesetzt hat, erreichen? Lassen sich

die Treibhausgasemissionen von 11 auf 3 oder 2 oder 1 t pro Kopf und Jahr senken?

Dies würde eine weitgehende Vermeidung von Treibhausgasen erfordern, in Bezug auf

CO2 also eine Dekarbonisierung der menschlichen Zivilisation.

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Bild 6: Treibhausgasemissionen der Top-10%, der EU und Deutschlands

(Chancel / Piketty 2015, eurostat 2019, LfU 2018, BMU 2019)

4.4 Fahrplan für Dekarbonisierung ab 2020

Führende Institute für Transformationsforschung (WBGU 2016, S. 20-24; Rockström et

al. 2017) zeigen einen Fahrplan für die globale Dekarbonisierung der menschlichen Zi-

vilisation ab 2020 (Bild 7).

Das Jahr 2020 soll mit 40 Gt der Scheitelpunkt für CO2-Emissionen werden. Wenn das

nicht gelingt, besteht kaum mehr eine Chance, das 2-Grad-Ziel zu erreichen – oder die

Emissionen müssten später umso drastischer reduziert werden. Ab 2020 soll es immer

in 10 Jahren zu einer Halbierung der Emissionen kommen. In 2050 wären sie dann bei

5 Gt angelangt; mit einer Weltbevölkerung von dann 9,7 Mrd. Menschen bedeutet dies

durchschnittlich 0,5 t pro Kopf und Jahr.

Die Absenkung auf 5 Gt lässt die Nutzung einer kleinen Menge fossiler Brennstoffe zu,

für unvermeidliche Anwendungen. Jedoch muss es das Ziel sein, dass in Summe keine

Treibhausgase mehr emittiert werden. Deshalb werden Technologien für negative Emis-

sionen entwickelt (sog. „negative emission technologies“, kurz: „nets“). Diese entziehen

der Atmosphäre CO2 oder „verstecken“ die laufenden anthropogenen CO2-Emissionen.

Besonders hervorgehoben wird hierfür die Erzeugung elektrischen Stroms durch die

Verbrennung von Biomasse bei gleichzeitiger Abscheidung des entstehenden CO2 und

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dessen anschließender Speicherung außerhalb der Atmosphäre, z.B. in tiefen Kohleflö-

zen (im Englischen „bio-energy with carbon capture and storage“, kurz: BECCS). Die

Implementierungsrisiken dieser Technologie sind noch enorm, was die Kühnheit des De-

karbonisierungsfahrplans zusätzlich unterstreicht.

Bild 7: Globale anthropogene CO2-Emissionen und Dekarbonisierung ab 2020

(WBGU 2016, Rockström et al. 2017)

Zur Umsetzung dieses Fahrplans empfehlen die Forscherteams diverse Veränderungen

und Entwicklungen, zugeordnet den vier Dekaden, von 2017 bis 2050 (Bild 8). Bis 2020

sind demnach Maßnahmen fällig, die sich geradezu aufdrängen. Deshalb werden sie als

„No-Brainers“ bezeichnet. Im nächsten Jahrzehnt bis 2030 stehen die großen Aufgaben

an, die „Herkules-Aufgaben“. Bis 2040 sollten dann „viele Durchbrüche“ zu verzeichnen

sein. Und bis 2050 sollten alle Kontinente nahezu emissionsfrei sein.

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Bild 8: Maßnahmen zur Dekarbonisierung bis 2050

(WBGU 2016, Rockström et al. 2017)

4.5 Zukunftskunst und Große Transformation

Jeder einzelne Punkt des Dekarbonisierungsfahrplans erfordert weitreichende Diskussi-

onen. Diese können hier nicht geführt werden. Vielmehr soll ein übergeordneter Ge-

danke entwickelt werden, der zur allgemeinen Diskussion globaler Nachhaltigkeit zu-

rückführt. Dazu seien vier der in Bild 8 genannten Punkte betrachtet:

Bei Lebensmittelabfall und Fleischkonsum geht es vor allem um einen kulturellen

Wandel. Denn das Ernährungsverhalten ist das Ergebnis persönlicher Sozialisati-

onserfahrungen und eingebettet in kulturelle Gewohnheiten.

Die weltweite Bepreisung von CO2 ist eher eine politische Herausforderung.

Investitionen in die Forschung und Entwicklung (F&E) für Klimalösungen müssen

vom Wirtschaftssektor ausgehen.

Und schließlich ist es eine technologische Herausforderung, die Systeme für die

Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) im großen Umfang zum Einsatz zu

bringen.

Es sind also vier Dimensionen, in denen sich zivilisatorischer Wandel zur Dekarbonisie-

rung vollzieht (Bild 9, Mitte): Kultur, Politik, Ökonomie, Technologie. Und diese vier Di-

mensionen zeigen sich auch bei den einzelnen Maßnahmen. Beispiel Ernährung:

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Es gehört zum Brauchtum in Bayern (und entsprechend in anderen Regionen), dass

es auf Volksfesten Schweinswürstl und Grillhendl gibt. Mit Rücksicht auf die klima-

schädliche Wirkung der massenhaften Fleischproduktion sollten hier alternative An-

gebote etabliert werden – auch wenn diese Vorstellung zunächst schwer fallen mag.

Ein solcher Schritt hätte Signalwirkung in den Alltag hinein – und für andere Weltre-

gionen, die gerade dabei sind, westliche Ernährungsmuster zu übernehmen, näm-

lich den Konsum tierischer Lebensmittel und hohen Kalorienverbrauch.

Auf politischer Seite (institutionell) kann eine derartige Entwicklung gefördert werden

durch Anreize oder Forderungen. Zum Beispiel hat die chinesische Regierung im

Jahr 2016 Richtlinien erlassen, um den Fleischkonsum bis 2030 zu halbieren, nach

einer Vervierfachung in den 30 Jahren davor (Liddle 2016). Und die Europäische

Union kann ihre Zahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe – jährlich etwa 60

Mrd. EUR – noch stärker binden an biologischen Anbau und artgerechte Tierhal-

tung.

In ökonomischer Hinsicht kann die Lebensmittelversorgung wieder mehr regional

und saisonal ausgerichtet werden; dann entfallen unnötige Transporte und Flächen-

konkurrenzen (z.B. Regenwälder gegen Sojafelder in Südamerika für die Produktion

von Tierfutter für europäische Viehhaltung). Und in Ländern wie Deutschland muss

eine höhere Zahlungsbereitschaft für Lebensmittel entwickelt werden, um den Kon-

kurrenz- und Produktivitätsdruck in der Landwirtschaft zu verringern, zugunsten ei-

ner stärker umweltschonenden Landwirtschaft.

Auch technologischer Fortschritt kann zum Wandel beitragen, z.B. IT-gestützter Prä-

zisionsackerbau („Precision Farming“) zur Steigerung der Flächenproduktivität und

gleichzeitigen ökologischen Entlastung (weniger Dünger und Pestizide), Produktion

von Proteinen aus anderen Quellen als Tieren (z.B. Algen), Wissenstransfer zu

Kleinbauern im sog. globalen Süden.

Häufig sind also selbst einzelne Maßnahmen zur Dekarbonisierung, hier die Ernährungs-

umstellung, in allen vier Dimensionen gleichzeitig zu bearbeiten.

Und sie benötigen Beiträge von verschiedenen Akteuren (Bild 9 links):

von der Zivilgesellschaft mit ihren vielen Gruppierungen, Initiativen, Interessensver-

tretungen

von der Politik auf allen staatlichen Ebenen, und zwar von den Vereinten Nationen

bis zu den Gemeinden vor Ort

von den Unternehmen, die gebraucht werden als Garanten wirtschaftlicher Effizienz.

Es ist erfolgsentscheidend, dass diese drei Gruppen nicht isoliert voneinander arbeiten

oder sogar gegeneinander. Vielmehr müssen sie aufeinander zugehen und sich kon-

struktiv verstärken, in geteilter Verantwortung (vgl. Mintzberg et al. 2018).

Zwei weitere Akteursgruppen kommen hinzu:

Aufgabe der Wissenschaft ist es, vorauszudenken, Wege aufzuzeigen und Sicher-

heit zu geben bei der Entscheidungsfindung.

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Und Einzelne dürfen nicht nur abwarten, bis die anderen vier Akteure sie irgendwo-

hin lenken. Im Gegenteil: Einzelne müssen eine aktive Rolle einnehmen in diesem

Zusammenspiel, mindestens durch die Nutzung der politischen Wahlrechte, besser

noch durch eine nachhaltigkeitsorientierte eigene Lebensführung oder auch durch

die Mitarbeit in den anderen vier Gruppen.

Das zu erreichen, mit allen Akteuren, in allen vier Dimensionen, in abgestimmter Weise,

ist eine Kunst. Schneidewind (2018, S. 41), der Präsident des Wuppertal Instituts für

Klima, Umwelt, Energie, nennt sie „Zukunftskunst“ (Bild 9, Mitte). Er definiert sie als „ak-

tive Beiträge zur Gestaltung einer am Leitbild der Nachhaltigkeit orientierten Zivilisation“.

Für die Begrenzung des Klimawandels wird sie dringend und lange benötigt.

Bild 9: Zukunftskunst, ihre Akteure und Aufgaben

(in Anlehnung an Schneidewind 2018)

Und für eine nachhaltige globale Entwicklung insgesamt nennt Schneidewind (2018, S.

14) sieben Wenden (Bild 9 rechts), von der Energiewende bis zur Industriellen Wende.

Alles zusammengenommen, ergibt sich eine „Große Transformation“, in ihrer Tragweite

vergleichbar mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft ab dem 18.

Jahrhundert.

Diese Große Transformation ist nicht allein durch den Klimawandel motiviert. Vielmehr

geht es – den Nachhaltigkeitskriterien entsprechend – um dauerhafte wirtschaftliche Ef-

fizienz, soziale Gerechtigkeit und die allgemeine ökologische Verträglichkeit.

Die dafür notwendige Zukunftskunst zeichnet sich aus durch

Offenheit für neue Ansätze in Kultur, Politik, Wirtschaft und Technik

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Experimentierbereitschaft

die Fähigkeit, Grenzen zu überwinden: persönliche Grenzen, Grenzen zwischen

wissenschaftlichen Disziplinen, Grenzen zwischen Wirtschaftszweigen und politi-

schen Parteien, Grenzen zwischen Interessengruppen.

Beispiele für Zukunftskünstler sind demzufolge:

die Familie, die den Plastikmüll drastisch reduziert, weil sie nur noch unverpackte

Lebensmittel konsumiert

die 13.000 Frauen und Männer des Senior Experten Service (SES), viele davon

Handwerker, die ehrenamtlich in Entwicklungsländern Hilfe zur Selbsthilfe leisten

die Baubotaniker und Architekten, die Gebäude mit negativer CO2-Bilanz entwi-

ckeln, weil diese der Atmosphäre CO2 entziehen

die Politiker der Industrie- und Entwicklungsländer, die ab 1987 gemeinsam erfolg-

reich gegen das Ozonloch gearbeitet haben

die Unternehmen, die Nachhaltigkeit als Innovationschance begreifen und als Pio-

niere mutig neue Wertschöpfungsprozesse, Produkte und Dienstleistungen entwi-

ckeln.

Ähnlich wie Bild 3, so spannt auch Bild 9 ein weites Diskussionsfeld auf, das hier nicht

vollständig behandelt werden kann. Stattdessen konzentrieren sich die folgenden Aus-

führungen auf die letztgenannte Akteursgruppe, die Unternehmen, und dann auf die Wis-

senschaft.

5 Innovationschancen und Wirtschaftsmodelle

5.1 Übersicht

Aus den Nachhaltigkeitsanforderungen ergeben sich für Unternehmen neun verschie-

dene Innovationschancen (vgl. Ritala et al. 2018, S. 219), die hier den drei Klassen Res-

sourceneinsatz, Kundenbeziehung und Selbstverständnis zugeordnet werden (Bild 10).

Im Folgenden wird mit Hilfe von realen Beispielen gezeigt, wie diese Innovationschancen

drei übergeordnete Wirtschaftsmodelle unterstützen, die seit Jahren mit Bezug zur Nach-

haltigkeit – zum Teil kontrovers – diskutiert werden, aber auch zunehmend Beachtung

in der Wirtschaftspraxis finden: Kreislaufwirtschaft, Postwachstumsökonomie und Ge-

meinwohlökonomie.

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Bild 10: Innovationschancen, Beispiele und Wirtschaftsmodelle (vgl. Ritala et al. 2018)

5.2 Ressourceneinsatz und Kreislaufwirtschaft

Die ersten drei Innovationschancen betreffen den Ressourceneinsatz. Konkret geht es

darum, die Material- und Energieeffizienz zu steigern, aus Abfall Wert zu erzeugen und

Bisheriges mit Erneuerbarem und natürlichen Prozessen zu ersetzen. Erfolgreiche Un-

ternehmensbeispiele verdeutlichen das:

ebmpapst: Der Weltmarktführer für Ventilatoren und Motoren mit Hauptsitz in Mulfin-

gen folgt bei der Produktentwicklung seit Jahren schon demselben Prinzip: „Jedes

neue Produkt muss seinen Vorgänger ökonomisch und ökologisch übertreffen.“ Ent-

sprechend verbrauchen die Produkte immer weniger elektrische Energie. Im Jahr

2010 wurde diese Vorgabe des Unternehmensgründers verallgemeinert zur Unter-

nehmensstrategie Greentech (ebmpapst 2010). Und offensichtlich entwickelt sich

das Unternehmen sehr gut damit, begünstigt durch gesetzliche Forderungen nach

Energieeffizienz.

Werner & Mertz: Der in Mainz beheimatete Hersteller von Chemieprodukten für

Endverbraucher verwendet für Reinigungsmittel seiner Marke Frosch Polyethylen-

Flaschen, die zu 100% aus Alt-Plastik gefertigt sind, davon 20% des Materials aus

dem Gelben Sack. Der Eigentümer von Werner & Mertz hat dazu im Jahr 2012 die

Recyclat-Initiative gegründet. An dieser Kooperation beteiligt sind: der REWE Han-

delskonzern, die Mülltrennungsorganisation Der Grüne Punkt, das Technologieun-

ternehmen Unisensor Sensorsysteme, der Flaschenhersteller ALPLA Werke Alwin

Lehner sowie der NABU Naturschutzbund Deutschland. Sie leisten Pionierarbeit,

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denn es war ein neues Recycling-Verfahren zur Gewinnung von hochwertigem Po-

lyethylen (PET) zu entwickeln; und die geschnetzelten Abfälle aus dem Gelben

Sack („PET-Flakes“) werden mittels neuartiger Hochgeschwindigkeits-Laserspektro-

skopie sortiert, um daraus wertvollen Sekundärrohstoff zu erzeugen (Werner &

Mertz 2019).

Dräxlmaier Group: Der Autozulieferer aus Vilsbiburg hat für das Elektrofahrzeug

BMW i3 das Interieur mit einer Naturfaser anstelle von Kunststoff gestaltet. Es han-

delt sich um das tropische Malvengewächs Kenaf. Kenaf ist als Designelement für

die Fahrzeuginsassen sicht- und fühlbar. Dadurch gelingt die Verbindung von Nach-

haltigkeit mit Premiumansprüchen. Die Naturfaser bringt eine Gewichtsersparnis

von bis zu 50 Prozent gegenüber Kunststoff und ist somit auch ein gutes Beispiel für

innovativen Leichtbau (Schmiedel et al. 2014).

Alle drei Innovationschancen lassen sich als Beitrag zu einer Kreislaufwirtschaft verste-

hen (Bild 11). Es handelt sich dabei um ein Wirtschaftsmodell, das sowohl die Neu-Ent-

nahme von Stoffen aus der Umwelt minimieren will als auch die letztmalige Abgabe von

Stoffen an die Umwelt. Dazu werden Stoffkreisläufe aufgebaut, die zu den vorgelagerten

Wertschöpfungsstufen zurückführen können.

Bild 11: Kreislaufwirtschaft (vgl. Ellen MacArthur Foundation 2019)

Die drei Unternehmensbeispiele lassen sich hier einordnen: ebmpapst mit seiner Ener-

gieeffizienz reduziert die Erstentnahme fossiler Energieträger; Werner & Mertz hat das

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PET-Recycling mit aufgebaut; und Dräxlmaier hat Kunststoff aus der Sphäre des tech-

nischen Materials ausgetauscht gegen eine Naturfaser in der Biosphäre.

Die 36 OECD-Länder – sie konsumieren fast die Hälfte der Weltproduktion – recyceln

oder kompostieren nur 36% (2017) ihrer Abfälle (OECD 2019). Dies zeigt das enorme

Wertpotenzial, das im Aufbau von Stoffkreisläufen steckt: Es geht um Neu-Geschäfte im

Umfang von vielen Hundert Mrd. EUR. Allerdings ist deren Aufbau kein Selbstläufer,

sondern erfordert Investitionen in entsprechende Infrastrukturen, z.B. – wie im Fall von

Werner & Mertz – in Müllsortieranlagen zur Erkennung der PET-Abfälle. Er wird nur ge-

lingen, wenn sich viele weitere Unternehmen als Zukunftskünstler einbringen – genauso

wie die Wissenschaft zur Entwicklung der geeigneten Technologien und die Politik zur

Schaffung von Anreizen für den Übergang von einer linearen zur Kreislaufwirtschaft.

5.3 Kundenbeziehung und Postwachstumsökonomie

Die nächsten drei Innovationschancen haben mit der Kundenbeziehung zu tun (Bild 10).

Es geht darum, Funktion statt Eigentum zu liefern, Nachhaltigkeit zu vermitteln oder zur

Suffizienz zu ermutigen. Auch hierzu jeweils ein Beispiel:

drivy: Das Unternehmen betreibt unter drivy.de eine Carsharing-Community, bei der

Privatpersonen ihre Autos vermieten können. Nachhaltigkeitsfreunde hoffen, dass

dadurch weniger private Haushalte sich einen eigenen PKW anschaffen und die Ge-

samtnachfrage nach PKW zurückgeht. Allerdings konnte dieser Effekt empirisch

noch nicht nachgewiesen werden (Ludmann 2018). Im Gegenteil, manche Nutzer

steigen sogar von umweltfreundlicheren öffentlichen Verkehrsmitteln auf ein gemie-

tetes Auto um, was die CO2-Bilanz insgesamt eher verschlechtert. Zukunftskünstler

vermeiden das.

Langsam Reisen: Das Reisebüro vermittelt Nachhaltigkeit, indem es Alternativen zu

bisherigen Gewohnheiten anbietet. Transportmittel sind dann beispielweise nicht

mehr das Flugzeug, sondern die Eisenbahn und ein Frachtschiff. Die Reise von Eu-

ropa nach Australien könnte so mit der transsibirischen Eisenbahn bis nach China

und dann mit dem Container-Schiff durch den Westpazifik bis nach Australien ver-

laufen. Dadurch würden 93% der CO2-Emissionen (auf einfacher Strecke knapp 5t)

eingespart. Und für Kreuzfahrten werden nicht Diesel-, sondern Segelschiffe einge-

setzt; damit lassen sich fast alle Ziele erreichen, auch die Antarktis (Gudde 2019).

Die Kunden erhalten hier Zugriff auf ein neuartiges Nutzenbündel: geringe Emissio-

nen trotz Fernreise, außergewöhnliches Reiseerlebnis mit Abenteuercharakter, län-

gere Reisezeit, Grundversorgung.

Patagonia: Der Anbieter von Outdoor-Bekleidung ermuntert seit Jahren direkt zum

Konsumverzicht; so zum Beispiel im Jahr 2011 am sog. Black Friday, dem Beginn

der Weihnachtseinkaufsaison in den USA, in einer Werbeanzeige mit dem Slogan

„Don´t buy this jacket!“ (Patagonia 2011). Gemeint ist: „Kaufen Sie diese Jacke nur,

wenn Sie sie unbedingt brauchen“. Und in derselben Anzeige bietet Patagonia für

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schon verkaufte Produkte alle Varianten der Kreislaufwirtschaft an, von der Repara-

tur über den Gebrauchtwarenhandel bis zum Recycling. Das Unternehmen hat er-

kannt, dass nicht das materialbasierte Wachstum im Vordergrund erfolgreichen

Wirtschaftens stehen muss.

Die drei Beispiele verdeutlichen Grundüberlegungen der Postwachstumsökonomie (vgl.

z.B. Paech 2009), die den Ressourcenverbrauch auf ein vertretbares Maß reduzieren

will (Bild 12). Ausgangspunkt ist der Befund, dass die Menschheit derzeit 1,7 Erden be-

nötigen würde, um den laufenden Verbrauch dauerhaft zu decken; auf dem Niveau der

deutschen Verbraucher wären es sogar 3 Erden (Global Footprint Network 2019). Um

zur Nachhaltigkeit zurückzukehren, schlägt die Postwachstumsökonomie vier Schritte

vor (die vier „E“ der Suffizienz):

Entrümpeln und Entschleunigen: Nur das konsumieren, was wirklich benötigt wird.

Entkommerzialisieren: Mehr selbst erzeugen, z.B. durch Gartenarbeit oder Hand-

werk.

Entflechten: Regionale Wertschöpfung mit mehr Transparenz und kürzeren Wegen;

evtl. gefördert mit Regionalwährungen, ergänzend zu den nationalen Währungen.

Güter für den verbleibenden Bedarf werden weiterhin international erzeugt und gehan-

delt – allerdings nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft.

Bild 12: Grundideen der Postwachstumsökonomie (vgl. Paech 2009)

Die Postwachstumsökonomie mag auf den ersten Blick wie ein brutales Verzichtsszena-

rio erscheinen. Befürworter verweisen jedoch darauf, dass der Konsumverzicht befrei-

end sein kann, weil er unnötigen Ballast abnimmt, der nicht wirklich zufrieden macht und

außerdem viel Zeit, Geld, Raum und Ressourcen verbraucht. Und die Selbstversorgung

ist ein stabiler Weg, um sich auch mit seiner Arbeit zu identifizieren.

Eine Postwachstumsökonomie lässt sich nicht ohne Zukunftskunst erreichen. Sie ver-

langt in allen vier Dimensionen starke Veränderungen, kulturell beispielsweise eine Ab-

kehr vom materiellen Statusdenken sowie die stärkere Gewichtung handwerklicher Fä-

higkeiten bei der Ausbildung junger Menschen.

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5.4 Selbstverständnis und Gemeinwohlökonomie

Die letzten drei Innovationschancen sind für Unternehmen am weitreichendsten, weil sie

deren Selbstverständnis betreffen (Bild 10). Es geht um eine Neuausrichtung auf Gesell-

schaft und Umwelt, um inklusive Wertschöpfung und darum, die Verbreitung von Nach-

haltigkeit zu unterstützen. Die folgenden drei Unternehmen haben das realisiert:

SYSTEMIQ: Das Beratungsunternehmen hilft bei der Transformation wirtschaftlicher

Systeme im Sinne der Nachhaltigkeit. Eines seiner Projekte heißt STOP. Es will den

Plastikmüll in Entwicklungsländern unterbinden, z.B. in Indonesien. Dazu arbeitet

SYSTEMIQ zusammen mit Borealis, einem der großen Plastikhersteller, sowie vor

Ort mit den nationalen, regionalen und lokalen Regierungen sowie Entsorgungsun-

ternehmen. Gegründet wurde SYSTEMIQ von zwei erfahrenen McKinsey-Beratern,

die sich damit neu ausgerichtet haben auf Gesellschaft und Umwelt. SYSTEMIQ hat

etwa 60 Mitarbeiter. Die meisten von ihnen haben Berufserfahrung in Unternehmen,

Politik, Verwaltung oder Wissenschaft (SYSTEMIQ 2019). Damit repräsentieren sie

die Gruppen von Akteuren, die Zukunftskunst erlangen können, wenn sie zusam-

menarbeiten.

GEPA The Fair Trade Company: GEPA ist der größte europäische Importeur von

fair gehandelten Lebensmitteln und Handwerksprodukten aus Ländern des globalen

Südens. Die Hauptprodukte sind Kaffee, Tee, Kakao und Brotaufstriche. Das Unter-

nehmen beteiligt seine Lieferanten entlang der gesamten Wertschöpfungskette fair

und fördert benachteiligte Produzentengruppen im Süden. Gleichzeitig motiviert es

Konsumenten im Norden zu einem bewussteren Einkaufsverhalten und Lebensstil.

Es beeinflusst unfaire Handelsstrukturen durch Lobby- und politische Arbeit. Inklu-

sive Wertschöpfung zeigt sich zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit einer Koope-

rative, die in Uganda Kaffee anbaut: Dank der GEPA-Beratung können die Bauern

ihre Produktivität steigern und gleichzeitig auf ökologischen Anbau umstellen; au-

ßerdem hat GEPA beim Bau einer Krankenstation geholfen und Initiativen zur

Gleichstellung der Frauen unterstützt (GEPA 2019).

GLS Bank: Die Genossenschaftsbank mit Hauptsitz in Bochum arbeitet seit 1974

nach sozial-ökologischen Grundsätzen. Sie gibt Kredite an nachhaltige Unterneh-

merinnen und Unternehmer in Deutschland. Auch bei den Kapitalanlagen, z.B. über

den GLS Bank Klimafonds, wählt sie nur Unternehmen und Gebietskörperschaften,

die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Bemerkenswert ist auch die Transparenz: Die

GLS Bank veröffentlicht alle vergebenen Kredite mit Empfänger, Kreditbetrag und

Verwendungszweck (GLS Bank 2019).

Alle drei Unternehmen tragen auf ihre Art zum Gemeinwohl bei und verwirklichen meh-

rere Elemente der sog. Gemeinwohlökonomie, einer Bewegung, die 2010 von dem Ös-

terreicher Christian Felber gegründet wurde (Felber 2018). Sie sagt: „Was wirklich zählt:

ein gutes Leben für alle.“ Dazu bietet sie einen konzeptionellen Rahmen, in dem sich die

Akteure und die Dimensionen der Zukunftskunst wiederfinden. Konkret wird die Gemein-

wohlökonomie in einer Grassroots-Bewegung in zahlreichen Ländern auf inzwischen

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drei Kontinenten. Eine Besonderheit der Gemeinwohlökonomie ist, dass sie Unterneh-

men bei der Ausrichtung auf das Gemeinwohl unterstützt. Dazu bietet sie ein Instrument

an, die Gemeinwohlbilanz. Mit ihr können Unternehmen, aber auch Gemeinden, Hoch-

schulen und andere Einrichtungen ihren Beitrag zum Gemeinwohl messen.

Bild 13 zeigt das Beispiel des Outdoor-Ausrüsters VAUDE (2018): Die Bilanz enthält in

den Spalten Werte, die das Gelingen von Beziehungen sowie ein gutes Leben fördern.

Diese Werte sind weltweit in den meisten Verfassungen verankert. In den Zeilen sind die

fünf Berührungsgruppen zu finden, mit denen eine Organisation meistens in Kontakt

steht. In den Schnittpunkten entstehen 20 Gemeinwohl-Themen, die den Beitrag der

Organisation zum Gemeinwohl beschreiben und bewerten.

Bild 13: Gemeinwohlbilanz 2016-2017 von VAUDE (2018)

6 Wissenschaft und Transformation

6.1 Typologie des WBGU

In Abschnitt 4.5 wurde dargelegt, dass globale Nachhaltigkeit nur durch eine „Große

Transformation“ zu erreichen ist. Diese erfordert Gestaltungsschritte in vier Dimensio-

nen, von fünf Akteursgruppen und für sieben Wenden (Bild 9). Entsprechend schlägt der

Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen in einem

seiner Hauptgutachten (WBGU 2011, S. 374f.) vor, Forschung und Bildung zusätzlich

auf Transformation auszurichten. Er unterscheidet dabei vier Typen (Bild 14).

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Bild 14: Typisierung der Forschung und Bildung für Transformation

(WBGU 2011, S. 375)

Transformationsforschung erforscht Übergangsprozesse und deren Elemente, Dynami-

ken, Voraussetzungen, Widerstände und Konsequenzen. Auf elementarer Ebene kann

diese Forschung innerhalb bestehender wissenschaftlicher Disziplinen erfolgen. Bei-

spiele hierfür sind

die geschichtswissenschaftliche Analyse des Abolitionismus, der zur Abschaffung

der Sklaverei führte

die Identifizierung wichtiger psychischer Ressourcen für Postwachstumsgesellschaf-

ten (Hunecke 2013)

die soziologische Einteilung der Bevölkerung in nachhaltigkeitspolitische Lager (E-

versberg 2018)

die organisationstheoretische Modellierung eines Ablaufs, um in Unternehmen eine

nachhaltigkeitsorientierte Kultur zu entwickeln (Eccles et al. 2012)

die erziehungswissenschaftliche Fundierung transformativer Bildung (Singer-Bro-

dowski 2016)

die innovationsökonomische Analyse der Energiewende (Geels et al. 2016)

die biochemische Erforschung der künstlichen Photosynthese als Prozesstechnolo-

gie zur Erzeugung von Produkten, die fossile Brenn- und Rohstoffe ersetzen können

(acatech et al. 2018).

Häufig ist Transformationsforschung interdisziplinär, d.h. mehrere Einzelwissenschaften

kooperieren, um gemeinsam Antworten auf Forschungsfragen zu erarbeiten. Auch

hierzu einige Beispiele:

die ganzheitliche Abschätzung der Potenziale und Risiken der Digitalisierung für

eine nachhaltige Entwicklung (WBGU 2019)

die politik- und wirtschaftswissenschaftliche Konzeptualisierung des Begriffs Exno-

vation zur Beschreibung der gezielten Beseitigung nicht-nachhaltiger Technologien,

Produkte und Aktivitäten (Heyen et al. 2017)

ein physikalisch-ökonomischer Vergleich der CO2-Bilanz verschiedener Antriebs-

konzepte für PKW (Buchal et al. 2019)

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die Verbindung mehrerer Natur- und Sozialwissenschaften zur noch relativ jungen

Erdsystemwissenschaft; und deren Methoden, mit denen die Auswirkungen

menschlicher Zivilisation auf planetare Abläufe und auf die Biodiversität gemessen

und vorhergesagt werden (Steffen et al. 2015; IPBES 2019)

die psychisch-philosophische Beschreibung von Nachhaltigkeitstransformationen im

inneren Wesen des Menschen (Parodi / Tamm 2018).

Die genannten Beispiele zeigen die große Bandbreite der beteiligten Wissenschaftsdis-

ziplinen.

Transformative Forschung unterstützt Veränderungsprozesse durch spezifische Lösun-

gen. Sie kann innerhalb einer Einzelwissenschaft, inter- oder transdisziplinär angelegt

sein. Im letzteren Fall werden auch nicht-wissenschaftliche Interessengruppen („Stake-

holder“) in die Forschungsaktivitäten einbezogen, um wissenschaftliches mit prakti-

schem Wissen zu verbinden und weiterzuentwickeln. Wissenschaft wird so auch zur

„Möglichkeitswissenschaft“, die alternative Zukünfte entwirft; und sie erhält eine Kataly-

sator-, Integrations- und Reflexionsfunktion in gesellschaftlichen Veränderungsprozes-

sen. Diese Aufhebung der Grenze zwischen Wissenschaft und ihrem Umfeld wird kont-

rovers diskutiert (Singer-Brodowski / Schneidewind 2019 geben dazu einen Überblick):

Zum einen besteht die Gefahr, dass Wissenschaft zu sehr gesellschaftlich instrumenta-

lisiert und funktionalisiert wird; zum anderen verspricht der integrative Ansatz einen nur

schwer – zum Beispiel durch Laborexperimente außerhalb der gesellschaftlichen Wirk-

lichkeit – zu ersetzenden Zugang zur Wissensproduktion (vgl. Schneidewind 2018, S.

429-432). Beispiele für transformative Forschung sind:

ein Konzept zur langfristigen, gesunden und ökologisch verträglichen Ernährung der

Weltbevölkerung, erarbeitet von Wissenschaftlern aus den Bereichen Medizin, Er-

nährung, Landwirtschaft, Biologie, Erdsysteme (Willett et al. 2019)

der volkswirtschaftliche Entwurf einer CO2-Preisreform (Edenhofer / Schmidt 2018)

die Ausarbeitung eines technisch, wirtschaftlich, politisch und kulturell ausgeprägten

Dekarbonisierungsfahrplans (WBGU 2016, S. 20-24; Rockström et al. 2017), vgl.

Abschnitt 4.4

das Verbundprojekt „E-WALD – Elektromobilität Bayerischer Wald“, ein Systemtest

unter der Leitung der Technischen Hochschule Deggendorf zusammen mit sechs

Landkreisen, 87 Kommunen der Region und Unternehmen (THD 2016)

das „Reallabor 131 KIT findet Stadt“, in dem das Karlsruher Institut für Technologie

(KIT) gemeinsam mit der Bürgerschaft und anderen lokalen Akteuren in der Karlsru-

her Oststadt in einem transdisziplinären Prozess Wissenschaft, Innovation und

Stadtentwicklung verknüpfte, um eine nachhaltige Entwicklung anzustoßen und zu

verstetigen (KIT 2019)

die Formulierung von Richtlinien für Politik im „Anthropozän“, d.h. in dem gegenwär-

tigen Erdzeitalter, in dem der Mensch die Entwicklung globaler Ökosysteme domi-

niert (Sterner et al. 2019).

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Transformationsbildung stellt der Gesellschaft die Erkenntnisse der Transformationsfor-

schung zur Verfügung. Sie fördert systemisches Denken und schafft Verständnis für

Handlungsoptionen; sie reflektiert kritisch die notwendigen Grundlagen von Transforma-

tion, z.B. den Handlungsdruck und globales Verantwortungsbewusstsein. Die Inhalte

des vorliegenden Aufsatzes sind ein Beispiel dafür. Weitere, zum Teil institutionalisierte

Beispiele sind:

Informationskampagnen in staatlichen Bildungseinrichtungen (Pichlmaier 2018), in

Betrieben (Longmuß / Skroblin 2015), für die regionale Öffentlichkeit (die Kampagne

„KlimaZeit“ des Regionalmanagements Landshut 2018) oder in sozialen Netzwerken

(das Wuppertal Institut unter twitter.com/Wupperinst)

Lehrveranstaltungen und Studiengänge an Hochschulen, z.B. der Masterstudien-

gang „Nachhaltigkeitswissenschaft – Sustainability Science“ (M.Sc.) an der Leupha-

na Universität Lüneburg

zivilgesellschaftliche Bildungsangebote, z.B. von MISEREOR (2019) oder Friends of

the Earth International (s. www.foei.org).

Transformative Bildung schließlich wirkt selbst transformativ, in dem sie Lernende bei

Veränderungsprozessen unterstützt. Dabei darf es nicht darum gehen, Lernende zu in-

strumentalisieren oder zu indoktrinieren. Vielmehr muss ihnen eine neutrale und unab-

hängige Meinungsbildung ermöglicht werden (vgl. Singer-Brodowski 2016, S. 14, wo an

den Beutelsbacher Konsens von 1976 für den politisch-historischen Unterricht ange-

knüpft wird). Im Kontext weitreichender gesellschaftlicher Transformationsprozesse darf

das Lernen sich nicht auf eine Verhaltensänderung beschränken; vielmehr sollte es auch

den Wandel individueller Bedeutungsperspektiven ermöglichen sowie einen kollektiven

Bewusstwerdungs- und Emanzipationsprozess einleiten (Singer-Brodowski 2016).

Vom non-formalen und informellen Lernen für Transformation im Alltag sind organisierte

Initiativen zu unterscheiden. Beispiele hierfür sind:

das o.g. „Reallabor 131 KIT findet Stadt“, weil es Forschung und Bildung zugleich

ermöglicht

die Projekte, die seit 2011 im Rahmen der Initiative „ÖkoKids-KindertageseinRICH-

TUNG“ des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern und der Bayerischen Staatsre-

gierung ausgezeichnet werden, weil sie Vorschulkindern partizipativ Bildung für

nachhaltige Entwicklung (BNE) vermitteln (LBV 2017)

das Lehrformat #climatechallenge: ein gecoachtes, ein- bis zweimonatiges Verände-

rungsexperiment für mehr Klimaschutz im eigenen Lebensstil, das zugleich mehrere

Gestaltungskompetenzen für nachhaltige Entwicklung fördert (Sippel 2018)

die Stellungnahme von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich zu

„Scientists for Future“ zusammengeschlossen haben, um die Proteste junger Men-

schen für mehr Klimaschutz und für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen

fachlich zu bekräftigen (Scientists for Future 2019)

die Nachhaltigkeitsinitiative „Chemie3“ der deutschen Chemieindustrie (VCI et al.

2019), die den Mitgliedern Information und Unterstützung bietet, um Leitlinien zur

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Nachhaltigkeit im betrieblichen Alltag zu erfüllen; zur Initiative gehört der fortge-

setzte Dialog mit Stakeholdern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesell-

schaft.

Schneidewind / Singer-Brodowski (2013) haben transformative Forschung und Bildung

zum Konzept der transformativen Wissenschaft weiterentwickelt. Die praktischen Erfah-

rungen seitdem und die wissenschaftstheoretischen Debatten dazu führen zum Zwi-

schenfazit, dass transformative Wissenschaft vermehrt Orte braucht, „an denen ihre ge-

sellschaftlich produktive Wirkkraft erfahrbar wird und erprobt werden kann“ (Singer-Bro-

dowski / Schneidewind 2019).

6.2 Beispiele aus der Lehrpraxis

Die Übergänge zwischen Transformations- und transformativer Forschung bzw. Bildung

sind fließend. Für den Bildungsbereich lässt sich das an den folgenden zwei Beispielen

aus der Lehrpraxis des Verfassers verdeutlichen.

6.2.1 „Menschheit auf dem Sprung“

Im ersten Beispiel wird vor Erwachsenen zunächst ein Überblicksvortrag zur globalen

Nachhaltigkeit gegeben, mit Inhalten wie in den Abschnitten 2 bis 5 dieses Aufsatzes.

Dadurch sind den Teilnehmenden mehrere Grundfragen und -probleme sowie ausge-

wählte Lösungsansätze zur Nachhaltigkeit bekannt, insbesondere zum Klimawandel.

Zum Abschluss des Vortrags wird das Bild einer jungen Künstlerin betrachtet und dazu

ein kurzer Begleittext im meditativen Stil vorgetragen (Bild 15), um die Teilnehmenden

nicht nur sachlich-objektiv, sondern auch ästhetisch und emotional anzusprechen. Die

im Begleittext enthaltene Übertragung der abgebildeten Figur auf die Menschheit insge-

samt soll zwei Assoziationen auslösen, und zwar zur Nachhaltigkeit als globale Aufgabe

und zur individuellen Mitverantwortung jedes Einzelnen. Darüber hinaus soll Verständnis

signalisiert werden für solche Teilnehmenden, die schon von dem vorangegangenen

Vortrag emotional berührt sind, zum Beispiel aufgrund der Beschreibung existenzieller

Probleme. Der letzte Satz im Begleittext ist als Frage formuliert, um die Teilnehmenden

zur selbständigen Reflexion anzuregen.

Die Erfahrung aus mehreren Vortragsveranstaltungen zeigt, dass diese Kombination aus

sachlicher Information und Bildbetrachtung den Raum für eine offene, lebendige, inhalt-

lich vertiefende und erweiternde, zum Teil kontroverse oder auch leidenschaftlich ge-

führte Diskussion aufspannt. Die Bandbreite der dabei angesprochenen Aspekte ist

groß: Generationengerechtigkeit, Geo-Engineering, Erdgeschichte, Überbevölkerung,

persönliche Erlebnisse oder Beobachtungen bei Versuchen der nachhaltigen Lebens-

führung, Entwicklungshilfe, Ernährung, unternehmerische Verantwortung, Klimastreiks,

Demokratie im Vergleich zu anderen politischen Systemen, Vor- und Nachteile des Ka-

pitalismus und der Marktwirtschaft, Menschen- und Menschheitsbilder, etc.

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„Wir sehen eine menschenähnliche Figur.

Das Standbein ist noch am Boden.

Das Sprungbein ist kurz vor dem Aufsetzen auf eine höhere Stufe, von der ein Absprung möglich ist.

Der Blick ist nach vorne gerichtet.

Der Oberkörper der Figur ist noch irgendwie verschlossen, vielleicht könnten sich daraus Flügel entfalten.

Ist das ein Sinnbild für die Menschheit im jetzigen Zustand?

Vor uns eine Zukunft, die noch weitgehend inhaltsleer ist, die nur vage erkennbar ist, ohne Struk-tur, aber immerhin hell.

Hinter uns eine Vergangenheit mit festem Boden, klarer Struktur, in dunkler Farbe gemalt, mit etwas, das auf uns herabzustürzen droht – und sogar von uns selbst stammt.

Eine Vergangenheit, die uns gerade noch ideale Voraussetzungen bietet, um zum Sprung in die Zukunft anzusetzen.

Die Menschheit auf dem Sprung?“

Bild 15: Bildbetrachtung „Menschheit auf dem Sprung“ mit Text

Bei der Moderation ist dann besonders darauf zu achten, dass

die systemischen Zusammenhänge zwischen den vielen Aspekten globaler Nach-

haltigkeit klar werden, sei es durch Bezugnahme auf vorangegangene Vortragsin-

halte und Diskussionsbeiträge oder durch ergänzende Erklärungen

urteilende Aussagen ergänzt werden um davon abweichende Positionen, so dass

die Teilnehmenden den Spielraum für persönliche Meinungsbildung wahrnehmen

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die Teilnehmenden diese Art der Diskussion als notwendige Voraussetzung erken-

nen für eine demokratisch legitimierte Transformation – selbst wenn die Diskussion

intellektuell oder auch emotional anstrengend ist und zu psychischen Dissonanzen

führt, weil sie innere Zweifel an bisherigen persönlichen Grundüberzeugungen her-

vorruft.

6.2.2 „Erde als Betrieb“

Im zweiten Beispiel wird ebenfalls eine Einführung in die Grundlagen globaler Nachhal-

tigkeit gegeben, und zwar für betriebswirtschaftlich geprägte Teilnehmende, z.B. Berufs-

tätige aus Unternehmen oder Studierende in höheren Semestern einschlägiger Studien-

gänge.

Die Lehrinhalte sollen hier interaktiv und problembasiert erarbeitet werden. Deshalb wird

zum Einstieg eine konstruierte Stellenanzeige des Unternehmens „Erde“ vorgestellt (Bild

16). Für viele Teilnehmende ist dieser Perspektivwechsel überraschend, aber auch

schnell nachvollziehbar, weil die Anzeige wie in der Praxis üblich strukturiert ist.

Bild 16: Konstruierte Stellenanzeige der Erde als Betrieb

Die Stellenanzeige bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte zu den Themen der Abschnitte

2 bis 5 dieses Aufsatzes und darüber hinaus. Deshalb kann in der Lehrveranstaltung gut

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mit offenen Fragen gearbeitet werden, etwa „Was halten Sie davon?“. In ihren Antworten

beziehen sich die Lernenden meist auf einzelne Punkte der Stellenanzeige; Lehrende

können diese Punkte aufgreifen, mit dazu passenden Lehrinhalten ergänzen, erklären,

in einen größeren Zusammenhang einordnen, kommentieren und zur Diskussion stellen.

Je nach verfügbarer Zeit und Interesse erschließen sich die Beteiligten so schrittweise,

selbstgesteuert und unterstützt die Grundlagen globaler Nachhaltigkeit.

Es ist – gerade für die genannte Zielgruppe – motivierend und inspirierend, das Konzept

„Erde als Betrieb“ weiterzuentwickeln und nach Analogien zwischen Betriebswirtschaft

und der Bewirtschaftung des Planeten Erde zu suchen. Beispiele hierfür sind:

Just-in-time-Produktion: Versorgung mit den erneuerbaren Energien aus Wind,

Sonne und Wasser.

Budgetierungsprozess: CO2-Budget, ausgehend vom 2-Grad-Ziel für die Erderwär-

mung (vgl. Abschnitt 4.2).

Inventur: Bestandsaufnahmen zum Zustand der globalen Ökosysteme und der sozi-

alen Gerechtigkeit (vgl. Abschnitt 3), insbesondere zur Vermögensverteilung (Credit

Suisse 2018).

Jahresabschluss mit Gewinn- und Verlustrechnung sowie Bilanz: Integration von

kalkulatorischen oder tatsächlichen CO2-Preisen, z.B. in der Höhe kalkulatorischer

Umweltschäden, vgl. Umweltbundesamt (2019a).

Materialeinsatz und Substanzerhalt: Ökologischer Fußabdruck und Biokapazität

(WWF 2018).

Zielsystem: 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (United Na-

tions 2019).

Kernprozesse: Biogeochemische Stoffkreisläufe für Stickstoff, Phosphor, Kohlen-

stoff und Wasser; planetare Zirkulationssysteme in den Ozeanen und in der Atmo-

sphäre (Rockström et al. 2009).

Geschäftsmodell: Erde als Plattform, die der Menschheit zwei Jahrhunderte lang

ökonomische Netzwerkeffekte ermöglichte und dann an Grenzen gestoßen ist.

Unternehmenskultur und Wertesystem: Globales Wirtschaftsethos der Stiftung Wel-

tethos (2009).

Turnaround-Management im Krisenfall: Große Transformation (s. Abschnitt 4.5).

Anschließend kann – z.B. in Gruppenarbeiten – untersucht werden, welche Merkmale

einzelner Unternehmen sich nicht analog auf die Erde als Betrieb übertragen lassen.

Darunter fallen beispielsweise die Eigentümerstruktur und das Führungssystem, die Li-

nearität der Wertschöpfung (im Unterschied zur natürlichen Zirkularität) und die Rollen-

verteilung (Mitarbeiter, Kunde, Lieferant etc.). Zuletzt ist zu fragen, wie trotzdem – oder

gerade deshalb – eine nachhaltige Bewirtschaftung des Planeten Erde gelingen kann.

Im günstigsten Fall entstehen so die Grundzüge einer „Erdbetriebslehre“ als neuer spe-

zieller Betriebswirtschaftslehre.

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Mit dem beschriebenen didaktischen Arrangement erarbeiten die Teilnehmenden sich

spielerisch, interaktiv, kreativ und konstruktiv konzeptionelle Grundlagen globaler Nach-

haltigkeit. Die Vernetzung mit schon bekanntem, gefestigtem betriebswirtschaftlichem

Wissen soll die Nachhaltigkeitsinhalte dauerhaft verfügbar machen. Für Lehrende ist es

dabei förderlich, wenn nicht sogar notwendig, über mindestens solides Wissen in den

Bereichen Nachhaltigkeit und Betriebswirtschaft zu verfügen.

7 Schlussbemerkung

Der vorliegende Aufsatz ermöglicht einen ersten Zugang zu dem extrem komplexen

Thema „Globale Nachhaltigkeit“, indem er bewusst inhaltlich selektiv vorgeht und gerade

dadurch wesentliche innere Zusammenhänge des Themenkomplexes aufzeigt. Hierzu

dienten die Bestandsaufnahme am Anfang, die Diskussion des Klimawandels, die Vor-

stellung der Zukunftskunst und die Beschreibung von Lösungsansätzen aus Unterneh-

men, Wirtschaft und Wissenschaft.

Wer an der Verwirklichung globaler Nachhaltigkeit mitwirken möchte, kann die Zukunfts-

kunst (Bild 9) als einen integrativen konzeptionellen Rahmen auffassen, in den sich viele

weitere Aspekte globaler Nachhaltigkeit einordnen lassen. Gleichzeitig ist sie ein lang-

fristiges Arbeitsprogramm zur nachhaltigen Entwicklung unserer Zivilisation.

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