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B e r i c h t e Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm6gensanlage und W/ihrungsreserve Yon Herbert Weiae Inhalt: I. Die ver~aderte Lage des Goldes nach den Washingtoner Beschltis- sen. -- II. Die Grundlagen der Preisbildung auf den Goldmw x. Das Gold- angebot und seine Bestimmungsfaktoren: a. Die langfristige Entwicklung der Goldproduktion, b. Das potentielle Goldangebot aus friiherer und laufender Produktion; 2. Die Goldnachfrage und ihre Bestimmungsfaktoren: a. Allgemeine Aspekte, b. Private Goldhortung, c. Die spekulative Goldnachfrage, d. Die gewerbliche und industrielle Goldnachfrage: ~. Grunds/itzliche Bemerkungen, [3. Kritische Betrachtung der Ergebnisse einer Marktanalyse, e. Der Gold->>Bedarf<< der Zentralbanken. -- III. Die Fiktion yon der Wertbest/indigkeit des Goldes: I. Historischer Rtickblick im Lichte der Statistik; 2. Die Goldm/irkte im Gold- Devisenstandard: a. Die Goldpolitik des Internationalen W/ihrungsfonds, b. Die besondere Rolle des Londoner Goldmarktes 1954--i968: 0t. Die Stabilisierung des Goldpreises dutch den Goldpool, [3. Die veriinderte Marktlage des Goldes seit den Washingtoner Beschltissen. -- IV. Ausblick auf die ktinftige Position des Goldes: I. Die Konsequenzen der Marktspaltung; 2. W/ihrungspolitische Bedenken gegen eine Erh6hung des amtlichen Goldpreises; 3. Goldmanagement auch bei g/inzlicher Demonetisierung zuniichst unumggnglich. -- V. Zusammen- fassung der Ergebnisse. I. Die ver~nderte Lage des Goldea nach den Washingtoner Beschlfissen i. Mit der Spaltung des Goldpreises durch die Washingtoner Bescl'diisse vom M~irz i968 ist die Demonetisierung des Goldes ein gutes Stiick weiter- getdeben worden. Bis dahin bestand ein wesentliches Merkmal der inter- nationalen W~b_rungspolitik -- insbesondere auch des im Jahr i96o/6i ge- grtindeten Goldpools -- gerade darin, die Einheitlichkeit des Goldpreises auf den offenen Goldm/irkten und im Verkehr zwischen den W~ihrungs- beh6rden zu garantieren. Die Einheit und Stabilit~t des Preises -- unge- achtet der effektiven Verwendung als Zahlungsmittel, VermSgensanlage

Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

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Page 1: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

B e r i c h t e

Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm6gensanlage und W/ihrungsreserve

Yon

Herbert Weiae

I n h a l t : I. Die ver~aderte Lage des Goldes nach den Washingtoner Beschltis- sen. - - II. Die Grundlagen der Preisbildung auf den Goldmw x. Das Gold- angebot und seine Bestimmungsfaktoren: a. Die langfristige Entwicklung der Goldproduktion, b. Das potentielle Goldangebot aus friiherer und laufender Produktion; 2. Die Goldnachfrage und ihre Bestimmungsfaktoren: a. Allgemeine Aspekte, b. Private Goldhortung, c. Die spekulative Goldnachfrage, d. Die gewerbliche und industrielle Goldnachfrage: ~. Grunds/itzliche Bemerkungen, [3. Kritische Betrachtung der Ergebnisse einer Marktanalyse, e. Der Gold->>Bedarf<< der Zentralbanken. - - III. Die Fiktion yon der Wertbest/indigkeit des Goldes: I. Historischer Rtickblick im Lichte der Statistik; 2. Die Goldm/irkte im Gold- Devisenstandard: a. Die Goldpolit ik des Internationalen W/ihrungsfonds, b. Die besondere Rolle des Londoner Goldmarktes 1954--i968: 0t. Die Stabilisierung des Goldpreises dutch den Goldpool, [3. Die veriinderte Marktlage des Goldes seit den Washingtoner Beschltissen. - - IV. Ausblick auf die ktinftige Position des Goldes: I. Die Konsequenzen der Marktspaltung; 2. W/ihrungspolitische Bedenken gegen eine Erh6hung des amtlichen Goldpreises; 3. Goldmanagement auch bei g/inzlicher Demonetisierung zuniichst unumggnglich. - - V. Zusammen- fassung der Ergebnisse.

I. Die ver~nderte Lage des Goldea nach den Washingtoner Beschlfissen

i . Mi t der Spal tung des Goldpre ises durch die Wash ing tone r Bescl'diisse v o m M~irz i968 ist die Demone t i s i e rung des G o l d e s ein gutes Stiick wei ter- ge tdeben worden. Bis dahin bes tand ein wesent l iches Merkma l der inter- nat ionalen W~b_rungspolitik - - insbesondere auch des im Jahr i96o/6 i ge- gr t indeten G o l d p o o l s - - gerade darin, die Einhei t l ichkei t des Goldpre i ses auf den offenen Goldm/i rk ten und im Verkehr zwischen den W~ihrungs- beh6rden zu garantieren. Die Einhe i t und Stabili t~t des Preises - - unge- achtet der effektiven Verwendung als Zahlungsmi t te l , VermSgensanlage

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320 Berichte

oder als industr iel ler R o h s t o f f - hat te nachhal t ig zur psychologischen und historischen Verankerung der Wer tvors te l lungen fiber das G o l d beigetragen.

z. I m Zuge des kont inuier l ichen Demonet i s ie rungsprozesses , dem das G o l d schon seit Anfang des Ers ten Wehkr ieges un te rworfen war, hat sich zugleich ein grundlegender Funk t ionswande l yo re Umlauf- und Zahlungs- mittel zum Verm6gensanlage- bzw. Reservemit te l vol lzogen. Noch sind zwar faktiseh alle nat ionalen W / i h r u n g e n - - auch die der Zen t ra lve rwa lmngs - wirtschaften - - in G o l d defmiert bzw. auf der Basis der Goldparit~it yon 35 US-$ je Feinunze aufeinander bezogen; mi t Ausnahme der nur noch de jure bestehenden Goldkonver t ib i l i t / i t des US-Dol lars 1 is t aber keine wicht ige W/ihrung mehr in G o l d einl6sbar. Insbesondere hitngt die G e l d v e r s o r g u n g der meisten Volkswir tschaf ten nicht mehr vom Bestand an Reserve- (Dek- kungs- )gold bei den Zent ra lbanken ab 2. V o n dem For tbes tehen eines inter- nat ionalen Golds tandards in der Bedeutung eines Geldsch6pfungssys tems und monet/ iren Anpassungsmechanismus kann also nicht mehr die Rede sein, wenn dies y o n Bef i i rwor tem eines s t rengeren Gold reg imes zuwei len auch behaupte t wird 3.

3. Als Reserve- und Wer taufbewahrungsmi t t e l hat das G o l d in neuerer Zei t gr6Bere Bedeutung edang t als je zuvor in seiner Geschichte . Die westl ichen W/ihrungsbeh6rden 4 hal ten (Ende September 197o ) ftir 4 i , i8~ Mrd. $ G o l d als Liquidit / i ts- und W~ihrungsreserven, d. h. als mone- t/iren Gegenpos ten fiir die l~berschuBleistungen ihrer Volkswir t schaf ten an andere Volkswir tschaf ten ( = fund 47 v H der amtl ichen Gesamtreserven) . Zu diesen Goldrese rven mtissen noch rund zz Mrd. $ an amtl ichen Dol la r - forderungen hinzugerectmet werden, die unter den Bed ingungen des G o l d - Devisens tandards und im Ver t rauen auf die Ein l6sbarke i t in G o l d y o n zentralen W~ihrungsbeh6rden zu dieser Zei t gehal ten wurden 5.

1 Der Aufsatz wurde im Mai 1971 abgeschlossen, so dab zu der vom Pr/isidenten Nixon in seiner Erkliirung yore 15. August 1971 verfiigten Suspendierung der Goldeinl6sung dee US-Dollars nicht mehr Stellung genommen werden konnte. Die hier vorgebrachten Argumente und die daraus gezogenen Schlugfolgerungen werden dutch diesen Schritt der weiteren Demonetisierung dee Goldes abet im Grunde nut bekriiftigt.

l Das gilt auch fiir die Vereinigten Staaten, obgleich die US-Geldpolitik seit Ende der fiinfziger Jahre mater dam stiindigen Druck der Goldeinl6sung ihrer kurzfristigen internationalen Dollarverbindlichkeiten gestanden hat. Eine Gold-Partialdeckung besteht noch in Belgien, in der Schwei~, in Siidafrika, einigen arabischen Liindern sowie auch in der UdSSR.

8 Vgl. z. B. L. K. Jha, The Monetary Role of Gold. >)Euromoney<q London, Decem- ber 1969, S. 4. - - Femer auch seinen Kommentar in: The Role of Monetary Gold Over the Next Ten Years. The Per Jacobsson Foundation. Lecture and Commentaries by A. Lamfalussy, W. Baumgar tner , G. Carli , L. K. Jha. Washington, D. C., I969. S. 44.

4 Einschlieglich internationaler Finanzorganisationen (IWF, BIZ und Europiiischer Fonds).

Vgl. International Monetary Fund, ))International Financial Statistics% Washington, D. C., Vol. a4 (I971), No. 9, S. i8ff., 3~4 f.

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Herbert Weise 32I Gold als gewerblicher Rohstoff, VermSgensanlage und Wahrungsreserve

4. Die Verwendung des Goldes als Referenzgrundlage for die inter- nationalen Austauschbeziehungen der nationalen W~ihrungen ist eng mit der Grundkonzeption eines Systems fester bzw. nur unter gewissen Voraus- setzungen variierbarer Wechselkurse verbunden. In einem System flexiblerer Wechselkurse, das nach den st/indig wiederkehrenden W/ihrungskrisen der sechziger Jahre immer mehr Beffirworter findet, verliert das Metall wesentliche Grundlagen seiner fiberlieferten monet~tren Funktion und kann sich in mancher Hinsicht sogar als ein St6rungsfaktor erweisen.

5. Angesichts der zu erwartenden weiteren Demonetisierung des Goldes, nicht zuletzt auch als Folge der Eins der Sonderziehungsrechte (SZR), stellt sich die Frage nach der ktinftigen Entwicklung des Goldmarktes. Wenn die spekulative Nachfrage an Bedeutung verlieren sollte, well W~ih- rungsabwertungen keinen unmittelbaren EinfluB mehr auf den Goldpreis ausiiben, wird speziell dec Nachfrage s gewerbliche und industrielle Verwendungen s die Aufrechterhaltung des bestehenden Goldpreises maBgebliche Bedeutung zukommen.

6. Aus der Entwicklung des Silberpreises nach dem l~bergang zum Gold- standard seit Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Europa und den Vereinigten Staaten k/Snnen gewisse Rfickschlfisse s die m6gliche kfinftige Entwicklung auf den Goldm5rkten als Folge einer g~inzlichen Demonetisierung des Goldes gezogen werden. Obgleich die Zentralbanken bzw. Schatz~tmter damals groBe Best~inde des demonefisierten Silbers aufnahmen und L/inder mit noch bestehender Silberw~ihrung, wie z.B. Indien, erhebliche Mengen ankaus konnte ein langfristiger Preis- vers nicht aufgehalten werden (vgl. Schaubild i). Det Weft der Gold- best~inde, die heute bei Wegfall der monet/iren Verwendung vor einem schnellen Preisverfall zu sttitzen w~ren, fibersteigt bei weitem den der damaligen Silberbest~nde. Dabei ist nicht zuletzt auch zu berticksichfigen, dab z.B. L~inder wie Sfidafrika lange Zeit die legitime Funktion tines ))Goldgr/tbers<< erf'tillt haben und ihre internationalen Wirtschaftsbeziehungen in existenzielle Abh~ingigkeit vom Goldexport geraten sind.

7. Entgegen der in sich widersprfichlichen Argumentation der Gold- lobbyisten, wonach a. einmal die autonome private Nachfrage nach Gold ffir gewerbliche und industrielle Verwendung in absehbarer Zeit in einem MaBe ansteigen werde, dab die laufende Neuproduktion leicht vom offenen Markt aufgenommen werden k6nnte und dabei Preissteigerungen unver- meidbar erscheinen; und b. zum anderen zusittzliches Gold dutch Erh6hung des Goldpreises quasi gescha_ffen werden mtisse, um auch einen weiterhin steigenden Bedarf an Withrungsreserven (internationaler Liquidititt) zu decken, wird im folgenden auf der Grundlage einer zusammengefaBten Goldbilanz yon der Tatsache ausgegangen, dab ausreichende Mengen an Gold aus historischer und laus Produktion zur Verffigung stehen, um besonders bei Fortfall der spekulativen privaten Nachfrage und nach- lassender Priiferenz der WiihrungsbehSrden fiir Goldreserven den fiir abseh-

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322 B e r i c h t e

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Herbert Weise 323 Gold als gewerblicher Rohstoff, VermSgensanlage und W~ihrungsreserve

bare Zeit wahrscheinlich nut langsam ansteigenden Bedarf f~r gewerbliche Verwendung voll zu decken.

Ganz besonders soll deshalb in der folgenden Analyse deutlich gemacht werden, welche groBe Bedeutung der monet~iren Nachfrage - - abgesehen von gelegentlichen privaten N a c h f r a g e s c h i i b e n - z. Z. noch f/it die Sicherung des bestehenden Goldpreises zukomrnt.

8. Nicht n~iher erSrtert wird der gelegentlich vorgebrachte Gedanke, Gold als Verm6gensardage bei der Abwehr inflatorischer Entwicklungen oder zur Entspannung der Nachfrage nach Grund und Boden anzubieten, da sich u. E. in dieser Richtung keine konkreten Chancen fiir das Gold ab- zeichnen, wenn es eines Tages ganz demonetisiert ist. Als Verm/Sgens- anlage war das unverzinsliche Gold bisher ohnehin immer nut solange interessant, als optimistische Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung seines Preises gerechtfertigt erschienen ~.

II. Die Grundlagen der Preisbildung auf den Goldmiirkten

~. D a s G o l d a n g e b o t u n d s e ine B e s t i m m u n g s f a k t o r e n

a. D i e l a n g f r i s t i g e E n t w i c k l u n g der G o l d p r o d u k t i o n 9. Solange das Gold entweder unmittelbar als Zahlungsmittel (Geld-

ware, Miinze) bzw. als maBgebliche Grundlage der Geldsch6pfung diente, haben die Probleme der G o l d v e r s o r g u n g , speziell die Entwicklungs- m6glichkeiten der Goldproduktion, einen wichtigen Platz in der w/ihrungs- politischen Diskussion eingenommen. So war z.B. die Arbeit der Gold- Delegation des V61kerbundes Anfang der dreiBiger Jahre noch ganz yon den Fragen des Goldangebots und der Goldproduktion beherrscht a. Auch in der seit Ende der fiinfziger Jahre entbrannten Diskussion fiber die internationale Liquidit~t hat die Sorge um ausreichende Verfiigbarkeit yon W/ihrungsgold zur Finanzierung yon Zahlungsbilanzdeftziten noch eine beherrschende Rolle gespielt.

io. Angesichts der begrenzten Rolle, die dem Gold in den heutigen internationalen Wirtschafts- und W~hrungsbeziehungen effektiv noch ver- blieben ist, erscheint eine Vertiefung in die technischen und betriebswirt-

1 Dabei mug ber/icksichtigt werden, dab gegeniiber den in den entwickelten Volks- wirtschaften zur Anlage bereitstehenden Mengen an Sparkapital das Gold nut sehr be- grenzte M/Sglichkeiten bieten wiirde. In der Bundesrepublik Deutschland z.B. beliefen sich Ende x969 allein die Spareinlagen bei den Kreditinstituten anf tiber t84 Mrd. DM; der Nominalwert der umlaufenden festverzinslichen Wertpapiere und der Kurswert der bSrsennotierten Aktien bezifferte sich auf fund z77 Mrd. DM. In unvergleichbar h6heren Dimensionen bewegen sich die Volumina der Fina~zm~irkte in den Vereinigten Staaten. Vgl. Deutsche Bundesbank, >)Monatsberichte<<, Frankfurt am Main, Jg. z z (i97o), Nr. 6, S. 4*s - - Dieselbe, ))Statistische Beihefte<q Reihe z: Wertpapierstatistik, Frankfurt am Main, August t97o , Ziff. 5a mad x6.

J Es ging damals zun~ichst vor allem um die Frage, wie das Goldangebot vermehrt werden k6nnte, um die weltweite Wirtsehaftsdepression zu bek~,impfen.

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324 Berichte

schaftlichen Probleme der Goldproduktion bei der hier gegebenen Frage- stellung kaum erforderlich~, zumal sich die Frage der angemessenen Gold- versorgung heute in der Hauptsache als ein Problem der Redistribution bzw. der Neuverwendung der vorhandenen Goldbest~inde stellt. Die Ver- /inderung der bestehenden Nachfragestruktur durch die intemationale Gold- und W~ihrungspolitik, insbesondere die Kontrolle der spekulativen Nachfrage, spielt dabei eine wichtige Rolle. Gegeniiber einer unkontrollierten spekulativen Nachfrage k6nnte - - wie sie in den sechziger Jahren wieder- holt zutage getreten ist - - selbst eine starke Ausweitung der laufenden Goldproduktion wenig ausrichten.

: : . Bei allen 13berlegungen fiber die derzeitige Situation des Gold- marktes muB stets die Tatsache festgehalten werden, dab zu keiner Zeit der Wirtschaftsgeschichte absolut und relativ soviel Gold produziert worden ist wie insbesondere in den beiden Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch auch in den Jahrzehnten vorher ist Gold in friiher nicht erreichten Mengen gef6rdert worden. Im zwanzigsten Jahrhundert ist allein seit dem Verlassen des Goldstandards Anfang der dreiBiger Jahre insgesamt weit mehr Gold produziert worden als in der gesamten vorangegangenen Zeit, wobei die verbesserte Produktionstechnik und die Ausbeute yon Koppel- produkten, wie Uran, Diamanten und anderen Mineralien, erheblich zur Ausweitung und gr6Beren Wirtschaftlichkeit der Goldproduktion beige- tragen haben (Tabelle ~ und Schaubild z geben einen ~berblick fiber maB- gebliche Gr/Sgenordnungen).

iz. In Anbetraeht der beispiellosen Ausweitung der Goldf/Srderung und damit st/indigen Verbesserung der Goldversorgung far alle Naehfrage- zweeke kann davon ausgegangen werden, dab in dem vorhandenen, in iahrhunderte- bzw. jahrtausendelanger FSrderung angeh/iuften Gold- bestand sehr groBe potentielle Angebotsreserven enthalten sind, selbst wenn die laufende Produktion in absehbarer Zukunft eine spiirbar riiekl/iufige Tendenz zeigen sollte.

: 3. Von den Befiirwortern eines k/iheren amtlichen Goldpreises wurde bis zur Verabschiedung der Washingtoner Beschliisse nicht ganz zu Unrecht darauf hingewiesen, dab dureh die intemationale Goldpolitik das Zustande- kommen eines Gleichgewichtspreises verhindert wurde, in dem sich die inEatorischen und struktu~elten Veriinderungen der Produktionskosten sowie die laufenden Ver~nderungen der Naehfrage niederschlagen. Nach der >>Liberalisierung<< der offenen Goldm/irkte ist dieser Einwand jedoch weit- gehend entkr/iftet.

Information iiber die speziellen betriebswirtschas und technischen Probleme der Goldproduktion der Gegenwart vermittein u. a. s Ver6ffenflichungen: Director of the Mint, Treasury Department, Annual Report, versch. Jgg. (die mit Abstand beste intemationale Iuformationsquelle mit Origin~irzahlen). - - Union Corporation Ltd., Report and Accounts, Johannesburg. - - US Department of the Interior, Bureau of Mines, Mine- rals Yearbook, Washington, D. C., versch. Jgg. - - Pick's Currency Yearbook, New York, versch. Jgg. - - T. Green, The World of Gold. London x968.

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Herbert Weise 325 Gold Ms gewerblicher Rohstoff, Verm/Sgensanlage und Wiihrungsreserve

Tabelle i - D i e W e h - G o l d p r o d u k t i o n i n v e r s c h i e d e n e n P e r i o d e n d e r W i r t s c h a f t s g e s c h i c h t e bis i966 a

Periode

Produktion

Mill. Feinunzen

v i i der gesamten

Gold- produktion

bis I966

Gesamte Goldproduktion bis Ende der Periode

Altertum bis 500 n. Chr. b Mittelaher bis i492b Yeuzeit: 1493 - - 1885 c

1493 1850 d 185I e - 1885 I886 f - I9OO 19Ol - - 192o 1921 - - 193o I93Ig-- 1941 1 9 4 2 - I951 I952 h - 1966

329,77 ~ 79,476

358,oo 5 152,779 205,226 128,954 389,4o3 183,8o6 355,840 3oi,2oo 428,9oo I

I2, 9 3,I

14,o 6,0 8,0 5,I

I5,2 7,2

I3,9 11,8 I6,8

Mill. Feinunzen

329,77 ~ 409,246 767, 25 I 562,025 767,251 896,205

x 285,6o8 I 469,414 x 825,254 2 126,454 2 555,354 j

vH der gesamten

Gold- produktion

bis i966

I2,9 I6,O 30,0 22~0 30~O 35,1 50,3 57,5 71,4 83,2

I00,0

a Alle Ignder, einsc.hliefllich der Ostblocklgnder, flir die in neuerer Zeit allerdings nut Schit- zungen vorliegen. - - b Nach Quir ing , a. a. O., S. 286 (Sch~itzung in kg; 1 kg = 32,15o7 Fein- unzen), c Schiitzungen nach A. Soetbeer, Materialien zur Erl/iuterung und Beurteilung der wirtschaftlichen Edelmetallverhglmisse und der WLhrungsfrage. e., vervollst. Ausg'. Berlin I886. Ferner: Director of the Mint, Treasury Department, Annual Report, versch. Jgg. - - d Nach Entdeckung der kalifomischen Goldfelder (Sierra Nevada) x 848. - - e Entdeckung der ersten groBenVorkommen 185I in Australien; 1852, I856 und 1861 in Neuseeland. - - f I886 Entdeckung der groBen Vorkommen am Witwatersrand in Siidafrika. g Endgiiltige Aufgabe des Gold- standards i93i in England. Ab i934:1 Feinunze = 35 US-$. - - h 1951 Entdeckung der groBen Vorkommen im Oranje-Free State und am West-Rand. - - i Entsprechend den bis 194o revidierten Sch~tzungen der russischen Goldproduktion g e ~ Director of the Mint, Treasury Department, Annual Report i965, S. 164, Anm. 8, wurde die Produktionsziffer fiir die Periode 1952--i966 um errechncte 74 Mill. Feinunzen gekiirzt. - - J Monetiirer Gegenwert: 89,437 Mrd. US-$ auf der Grundiage der Parit~ten yon 1934.

Quelle: H. Qui r ing , Geschichte des Goldes. Die Goldenen Zeitalter in ihrer kulturellen mad wirtschaftlichen Bedeutung. Stuttgart i948. S. 286. - - Director of the Mint, Treasury Department, Annual Report, versch. Jgg.

I4. Bei Ober legungen tiber die Problemat ik des Goldpreises muB man sich er innem, daft gerade Edelmetal le selten unter norm,Men 6konomischen Bedingungen gef6rdert und getauscht worden sind. Bei der ungew6hnl ichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung, die G o l d und Silber stets als die prominentesten Repr~sentanten des Reichtums schlechthin innegehabt haben, wurden immer groBe Ans t rengungen u n t e m o m m e n , diese Metalle so >>billig<< wie m6gl ich zu erwerben: entweder mit Hilfe sozial unter- bewerteter und vielfach erzwungener Arbe i t oder durch gewahsame U m -

Weltwirtschaftliches Archly Bd. CVII. 22

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326 Berichte

verteilung vorhandener Best/inde 1. Beruhte schon der antike Goldbergbau fast ausschliel31ich auf Sklavenarbeit *, so wird auch heute noch in den be- deutendsten goldproduzierenden L/indern vorzugsweise auf besonders billige Arbeitskraft zurtickgegriffen, z .B. auf die rassisch diskriminierten Eingeborenen in Siidafrika oder auf Zwangsarbeit yon Strafgefangenen in der Sowjetunion. Anderseits geht die Goldf6rderung in L~ndern, in denen sie unter normalen sozialen Bedingungen betrieben wird, in neuerer Zeit tendenziell zurtick (vgl. Tabelle z und Schaubild z) s. Zieht man den hohen Einsatz an menschlicher Arbeit und Entbehrung einschliel31ich der Opfer der abenteuerlichen Goldsuche im neunzehnten Jahrhundert in Betracht, so kann verallgemeinemd festgestellt werden, dab der Goldpreis wirtschaft- lich zu keiner Zeit in einem vertretbaren Verh~tnis zu den gesellschaftlichen Kosten der F6rderung gestanden hat 4.

aS. Die modeme Goldprodukt ion hat die der Goldgewinnung tradi- tionell anhaftenden freibeuterischen Ztige z. T. abgelegt. D e m inflatorisch und struktureU bedingten Kostendruck begegnet sie z. T. dutch horizontale und vertikale Konzentration sowie organisatorische und produktions- technische Rationalisierung auf breiter Kapitalbasis. Das gilt vor aUem fiir die F6rderung in Stidafrika, auf die heute mehr als 75 v H der gesamten west- lichen Goldprodukt ion entfatlen. Durch die betrieblichen Verflechtungen spielt bei den sehr grol3en Gesellschaften der Goldanteil schon lange nicht mehr die entscheidende Rolle in der Gesamtproduktion. Zum Teil f~llt Gold nur noch als Nebenprodukt der Uranf6rderung an, mit der seit Anfang der f'tinfziger Jahre bedeutende strategische Interessen verbunden sind 5.

Hierbei sei nur auf die Kriege und Fehden im klassischen Altertum, auf den Raub des Inkagoldes dutch die spanischen Erobexer, auf die Edelmetallsch~tze, die den Eng- l{indem nach der Eroberung Indiens zug~gig wurden, verwiesen. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daB erst das Rom Julius Oisars nach der Eroberung des goldreichen Galliens im Jahre 58 v. Chr. zur Goldw~mang iiberging, ebenso wie das Deutsche Reich nach dem Deutsch-Franz6sischen Krieg I87o/7 x.

' Das gilt auch fiir die katastrophalen sozialen Bedingungen der Goldf6rderung in Peru und Mexiko im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert unter den Spaniem.

s Vgl. D.H. McLaughlin, Economics of Gold. In: Gold. Recovery, Properties, and Applications. Ed. by E. M. Wise. Princeton, N. J., I964. S. ajff.

* Vgl. F. W. Paish, Causes of Changes in Gold Supply. >)Economica<<, London, N. S., Vol. I (I938), S. 379 ft.

*Vgl. Bank f'tir Intemationalen Zahlungsausgleich, Jahresbericht x9~3/~4, Basel, S. x7a. - - Als Beispiel fiir die betriebliche und organisatorische Konzentration sei kurz erw~nt, dab z. B. De Beers Consolidated Mines, die selbst der gr6Bten Holdingsgesell- schaft Siidafrikas - - der Anglo American Corporation of South Africa - - angeh6rt, mit letzterer zusammen nicht weniger als zzx BergbaugeseUschaften umfaBt, yon denen u. a. nmd */4 des Weltgoldes, ~/5 der Weltdiamanten, ~]10 des Weltkupfers sowie mehr als die Hiilfte des siidafrikanischen Uraniums mad */s der siidafrikanischen Kohle erzeugt werden. Die Anglo American Corporation of South Africa kontrolliert ihrerseits fast die gesamte Diamantenf6rderung Siidwestafrikas sowie fast So vH der siidafrikanischen Kohlef6rderung. Vgl. >>The Economist<<, London, vom 29. October i966, S. 483- (Business Brief: >>Mr Oppenheimer's Empire<<.)

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Herber t Weise Gold als gewerblicher Rohstoff, VermiSgensanlage und W~ihrungsreserve

327

Tabel le z -- D i e W e h - G o l d p r o d u k t i o n ~ u n d i h r e V e r t e i l u n g a u f d i e w i c h t i g s t e n P r o d u k t i o n s l ~ n d e r 1936-- i969

Jahr

Stidafri- Ver- Au- Produktion kanische Kanada einigte stralien Ghana Japan Sonstige insgesamt Union Staaten

Mill. US-$ vH

I 1936 972 194o I 31I I945 i 745 I95o 846 I951 827 1952 852 1953 849 1954 897 1955 945 1956 980 I957 1 oI 9 1958 1 o51 1959 1 127 196o 1 I78 1961 I 215 1962 I 300 I963 I 356 1964 I 4o6 1965 I44O 1966 I 446 1967 I 4o6 1968 x 425 1969 b I 421

40,8 37,5 57,4 48,3 48,7 48,6 49,2 51,6 54,I 56,8 58,5 58,8 62,3 63,5 66,1 68,6 70,8 72,5 74,2 74,7 75,5 76,4 76,8

I 13,5 14,2 I2, 7 I8,4 18,6 18,4 16,8 17,o 16,8 15,7 15,2 15 ,2

13,9 13,8 I 2 , 8 I 1 ,2

IO,3 9,5 8,7 7,9 7,4 6,6 6,0

13,5 13,o 4,3 9,5 8,0 7,9 8,I 7,3 7,o 6,7 6,2 5,9 5,1 5,0 4,5 4,2 3,8 3,7 4,1 4,4 3,9 3,8 3,8

a Nur westliche L~ader. -- b Vorliiufige Zahlen.

I 4, 2 4,4 3,1 3,6 3,8

I 4, o 4,4 4,4 3,9 3,7 3,1 3,7 3,4 3,2 3,I 2,9 2,6 2,4 2,i 2 ,2 2,O

1,9 1,7

1,5 2,4 2,5 2,8 3,0 2,8 3,0 3,1 2,6 2,3 2,7 2,8 2,8 2,6 2,4 2,4 2,4 2 , 2

1,9 1,7 1,9 1,8 1,7

I , I I~I

! 1,1 1,3 1,3 1,7 1,5 1,7

23,9 26,3 2 0 , 0 I6,8 17,1 I7,4 17,4 15,4 14,5 15,7 13,3 12,6 11,5 10, 9 I0,0

9,6 9,0 8,6

7,7 7,8 7,6 8,0

8,3

Quelle : International Monetary Fund, >>International Financial Statistics<q versch. Jgg. - - Gesamtproduktion i969: errr nach Union Corporation Ltd., Report and Accounts, 1969 (1 Feinunze = 55 US=S).

I6. V o n seiten des Go ldbe rgbaus wi rd g e m ge l tend gemacht , dab das Mil3verl '~lmis zwischen steigenden Produk t ionskos ten und festem Paritiits- preis langfr is t ig zu einem Ri ickgang der P roduk t i on ftihren miisse. Dabe i wi rd aber iibersehen, dab bisher gerade die wel twei te Abnahmegaran t i c y o n W~hrungsbeh6rden zum festen Parithtspreis eine nicht zu un te rsc l~ tzende Hilfe fiir den Goldbe rgbau gewesen ist. Die Preisgarant ie hat letzt l ich nicht nur zur psychologischen Werrverankerung des G o l d e s beigetragen, s o n d e m vor allem auch zur starken Auswei tung der P r o d u k t i o n 1.

a McLaughl in , a. a. O., S. 30: >>Under the gold standard, with currencies defined in terms of gold and convertible into gold at a fixed rate, the miner enjoys a steady price with an unlimited market for his product.<<

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Page 10: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

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H e r b e r t Weise 329 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~gensanlage und W~ihrungsreserve

So rechnet der Goldbergbau selbst - - bei festem Goldpreis - - ffir das kommende Jahrzehnt mit Produktionsergcbnissen, die objektiv zu keinen Besorgnissen ffir die Goldversorgung AnlaB geben 1.

17. Ob und in welchem Mal3e eine Erh6hung des amtlichen Dollar- preises langfristig zu einer sp/irbaren Stcigerung der F/Srderung ffihren wfirde, kann fiberdies mcht mit Bestimmtheit vorausgesagt werden; es mul3 sogar damit gerechnet werden, dab eine Erh6hung des Goldpreises eine Einschr~nkung der Goldf6rderung zur Folge h~tte, weil - - zumindest kurz- fristig - - die vorhandenen Kapazit~ten zugunsten der Lebensdauer der Minen wieder starker als bisher ffir den Abbau ~irmerer Lager oder yon Erzen mit geringerem Goldgehalt eingesetzt wfirden ~.

b. Das p o t e n t i e l l e G o l d a n g e b o t aus f r f i h e r e r u n d l a u f e n d e r P r o d u k t i o n

x 8. Bei einer Bestandsaufnahme der angebotsbestimmenden Faktoren ist vor allem zu berficksichtigen, dab Gold im Prinzip kein >>Verbrauchs<<-Gut ist, sondern bei den meisten Verwendungen absolut konservativ genutzt wird 8. Gerade wegen seiner Best~adigkeit, leichten Verformbarkeit, Knapp- heir und seines relativ hohen Preises mfissen bei l~berlegungen fiber die kfinftige Verffigbarkeit des Goldes ffir wichtige 6konomische Zwecke die gesamte laufende Produktion und Best~nde aus frfiherer Produktion als ein potentielles Gesamtangebotsreservoir in Betracht gezogen werden. Wenn auch z. B. in Indien gehortetes, zu Kunstwerken, kultisch religi/Ssen Ger/it- schaften und numismatischen Pr~gungen und dg]. verarbeitetes Gold als )>eingefroren<< angesehen werden muB, so kann doch ein bedeutender Tell des bisher gef6rderten Goldes zum verffigbaren historisch angesammelten Bestand gerechnet werden. Diesem festen Gesamtbestand steht eine Nach- frage gegenfiber, in der neben der Neunachfrage nach Gold insbesondere die Nachfrage der Besitzer des vorhandenen Goldes enthalten ist, die ihr Gold bei gegebenem Preis und iibersehbaren wCihrungspolitischen Bedingungen behalten wollen (sogenannte Eigennachfrage).

Die Angebots/Nachfrage-Konstellation auf den internationalen Gold- m/irkten in einem bestimmten Zeitpunkt ist modellhaft in Schaubild 3 veranschaulicht 4.

Die in TabeUe i wiedergegebenen ScbAtzungen geben eine Vorstellung von dem Umfang der im Laufe der Wirtschaftsgeschichte gef6rderten

1 Vgl. D. O. Lloyd-Jacob [Studie der Consolidated Gold Fields Ltd.], Gold: x967 to i976. London, 2nd January I968. Graphik Nr. 3 b . - Vgl. auch Schaubild 7.

t Vgl. W. J. Bussehau, Future Trends in Gold Production. )>Kyklos<<, Basel, Vol. zo (x967) , S. 728ff.

s Vgl. K. Kautsky, Die Wandiungen der Goldproduktion mad der wechselnde Charakter der Teuermag. (Erginmmgshefte zur Neuen Zeit, Nr. 16.) Stuttgart t9x 3.

�9 Vgl. dazu auch E. Schneider, Einfiihrung in die Wirtschaftstheorie. T. 2: Wirt- schaftspl~ine mad wh'tschaftliches Gleichgewicht in der Verkehrswirtschaft. 12., durchges. u. verb. Aufl. Tiibingen x969. S. 319ff.

Page 12: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

330 Berichte

Schaubild 3 - - D i e A n g e b o t s - / N a c h f r a g e s i t u a t i o n a u f d e m k o n - s o l i d i e r t e n W e l t g o l d m a r k t ~

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- - Potentielles Gesamtangebot (vorhandener Bestand): . . . . . . OB = JB '

- - FB' : Bestand an Wghrungsreserven = feste Eigennachfrage der W/ihrungsbeh6rden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4o Mrd. $

- - EF: Feste private Horte in jeder Form (zeitweise >)eingefrorenes<( Gold) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . zo Mrd. $

- - J E : Preisabhgngiges, relativ bewegliches Angebotsreservoir aus Spekulations- und Homungsgold sowie laufender Produkt ion x 5 Mtd. $

E r l g u t e r u n g d e r K u r v e n :

- - BB': Kurve des potentiellen Gesamtangebots

- - A A ' : Kurve des laufenden Angebots

- - N N ' : Kurve der Neunaehfrage

- - NAN,: Gesamtnachfragekurve (Eigen- und Neunaehfrage, wobei DB ' = CH)

- - G bzw. G ' : Gleichgewichtspreis = Paritgtspreis 0Sigen- und Neunachfrage = Bestand)

a Unter Beriicksiehtigung des potentiellen Gesamtangebots aus veffiigbaren Best.Laden. - - b Zu den Zalden vgl. S. 3z4f., 333.

Page 13: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

Herbert Weise 33I Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~gensanlage und W~hrungsreserve

Goldmenge. Schaubild 4 zeigt, wie rasch die Goldproduktion gerade in den letzten neunzig Jahren und vor allem seit der endgfiltigen Aufgabe des internationalen Goldstandards englischer Pr~igung im Jahr x 931 gestiegen ist.

19. Die Angaben bis in die Mitre des neunzehnten Jahrhunderts be- ruhen weitgehend auf Schfitzungen; doch ist es den Untersuchungen yon A. Soetbeer x fiber die Neuzeit ab I493 zu danken, dab weltweit anerkannte statistische Gr6Benordnungen ermittelt worden sind, die einigermaBen verl~Bliche Vorstellungen vom geschichtlichen Verlauf der Goldproduktion vermitteln. Wichtig ist die Tatsache, dab der Schwerpunkt der gesamten bisherigen Goldf6rderung im zwanzigsten Jahrhundert liegt und damit auf statistisch verlhBlichen Angaben beruht.

zo. Von ihren A n f ~ g e n bis zum Jahr 1966 wird die Weltgoldf6rderung einschliel31ich der Sch~tzungen ffir die Ostblockl~nder - - insbesondere die Sowjetunion - - auf 2,555 Mrd. Feinunzen mit einem monetfiren Gegenwert yon fast 9 o Mrd. US-$ ~ veranschlagt (vgl. Tabelle i). - - Davon sind knapp zwei Drittel des kumulativen Bestandes im zwanzig-

sten Jahrhundert (bis 1966 ) gef6rdert worden; mehr als zwei Ffinftel allein seit der endgfiltigen Aufgabe des Goldstandards im Jahr i93i.

- - Dagegen sind im gesamten Altertum (bis 5oo n. Chr.) nut rund I3 v H und bis Ende des Mittelalters (149z) insgesamt nur i6 v H gef6rdert worden.

Die fiberlieferten Berichte yon unermeglichen Goldsch~tzen aus fr~ihge- schichtlicher Zeit halten keinem Vergleich stand mit den in den wenigen Jahrzehnten seit Ende des klassischen Goldstandards gef6rderten Gold- mengen.

2i. Dem Versuch, yon der Menge des insgesamt gef6rderten Goldes auf das gegenwartige effektive Angebot zu schliegen, stehen praktische Schwierigkeiten entgegen. Far eine Neuverwendung wahrscheinlich als ))verloren~ mug u. a. folgendes Gold betrachtet werden:

- - In Kriegszeiten versteckte und vergessene Goldhorte, verlorene Mfinzen usw., bei Schiffbrfichen untergegangenes Gold;

- - Zu bleibenden, kulturhistorisch wertvollen Werken verarbeitetes Gold (Tempel- und Kirchengold, Goldschmuck in Gribern, Kronjuwelen, Familienschmuck usw.) sowie Gold in numismatischen Horten3;

- - E f f e k t i v verbrauchtes Gold, wie z .B. Zahngold oder durch Mfinz- umlauf abgegriffenes Gold.

1 Soetbeer, a. a. O. �9 Nach D. H. McLaughlin and E. M. Wise, Sources and Recovery of Gold (in:

Gold, a. a. O., S. to), ist diese Seh~itzung als sehr vorsichtig zu beurteilen, da offenbar )mareported production in many areas<< darin unberiicksichtigt bleibt.

s Jedoch nut bedingt, da Sammlersch~tze gehandelt werden und beim jeweiligen Besitzer einen potcntieUen Anlagebedaff bcfriedigen, also eine besondere Form der Hor- tung odes Anlage yon Erspamissen darsteUen (vgl. S. 335 s Abschnitt ~>Ho~ung<<).

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Herbert Weise 333 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~Sgensanlage und Wiihrungsreserve

22. Unter Beriicksichtigung der erheblichen Verbesserung der Transport- und Verwahrungstechnik in neuerer Zeit kann ehaigermaBen realistisch an- genommen werden, dab heute ein Bestand yon insgesamt etwa 75 Mrd. bis 80 Mrd. US-$ als potentielles Gesamtangebot der jeweiligen Neu- und Eigennachs gegentibersteht.

In welchem MaBe die vorhandenen GoldbestSzade aus einer in neuerer Zeit ungewShnlich stark angewachsenen Produktion s monet~re und gewerbliche Verwendungszwecke verftigbar werden, h~ngt weitgehend yon der Entwicldung der spekulativen privaten Nachfrage ab. Diese ist in erster Linie eine Funktion der Preiserwartungen, die wiederum mabgeblich von der internationalen W~hrungs- und Goldpolitik selbst bestimmt werden.

2. Die Go ldnach f r age und ihre Bes t immungss

a. Al lgemeine Aspekte

23. Die Bestimmungsfaktoren der Goldnachfrage haben sich nach den Washingtoner Beschlfissen und den erg~zenden Absprachen mit Stidafrika entscheidend veriindert, wenn auch vorerst noch abgewartet werden muB, ob die jfingsten Erfahrungen yon langs Gtiltigkeit s eine rea]isti- schere Beurteilung der Nachfrage shad. Es scheint jedocb sicher, daB sich Nachfrageexplosionen, wie sie im VerLaus der internationa]en Wiihrungs- krisen der sechziger Jahre und vor a]lem nach der Abwertung des Pfund Sterling im November 1967 in Erscheinung traten, kaum in gleicher Form und Intensit~it wiederholen werden x.

24. Besorgnis hatte in den Goldmarktkrisen der sechziger Jahre bei W~hrungstheoretikern und -praktikern besonders die Tatsache ausgel~Sst, dab yon den sehr hoben laufenden Jahresf~rderungen immer weniger Gold ftir die W~hrungsbehSrden verblieben war bzw. dab diese zeitweise sogar Wiihrungsgold abgeben muBten, um den Parit~tspreis auf den offenen M~rkten zu ha]ten (vgl. Schaubild 5)-

25. ]Sine krisenhaft ansteigende private Goldnachfrage mul] stets im Zusammenhang mit der Diskussion tiber das internationa]e Doltarproblem gesehen werden. Niclat zuletzt steht sie auch in einem fata]en Ursache/Wir- kungsverh~ilmis zur Priiferenz der meisten W~hrungsbehSrden ftir Gold. Angesichts der MSglichkeiten s liquide Anlagen, die sich heute ftir Geld- anlage a]ler Art in den westlichen Volkswirtschas bieten, miissen die Goldkrisen der zurtickliegenden sechziger Jahre nach anderen 5konomischen Kriterien beurteilt werden als die ~>gold runs<< in s Perioden der Wiihrungsgeschichte, a]s die GeldschSpfung und die Formen der Geld- vermSgensbildung noch primiir yon der Verfiigung tiber Edelmetall ab- h~ngig waren. Man kann sich heute bei der Beurteilung der Goldnachfrage in den westlichen I-ndustriel~ndern kaum mehr aus eine >>jahrtausendea]te

Die spekulative Gold-Hausse vom Sommer x97x ist mat den Mengen, die 1967 den Besitzcr wechselten, nicht vergleichbar.

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334 Berichte

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H e r b e r t Weise 335 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm/Sgensanlage und W~ihrungsreserve

Grundanlage der Menschen<< 1 und ein daraus resultierendes Sparanlagever- halten berufen, wie es in Entwicldungsl~ndern mit inflationsgefihrdeten W~hrungen und ungen~igend entwickelten Finanzmiirkten noch vorherrscht ~. Die in internationalen Finanzkrisen sprunghaft und iiberdimensional an- steigende Nachfrage nach Gold beruht letzdich auf einem niichternen wirt- schaftlichen Kalkiil und steht in engem Zusammenhang mit der wechselnden Vertrauenssituation eirmelner nationaler W~hrungen. Solange die nation~len W~hrungen, insbesondere der US-Dollar, in einer Parit~tsbeziehung zum Gold definiert shad, unterliegt das Metall wie jede Ware oder jedes Wert- papier spekulativerx Preis/Nachfrageerwartungen. Neben dem Motiv der finanziellen Sicherung spielt dabei das spekulative Streben nach schnellem Gewinn eine mai3gebliche Rolle.

z6. Angesichts der engen Interdependenz zwischen den speku]ativen und Anlage-Motiven der Goldhaltung erheben sieh auch Bedenken gegen den Versuch einer statistischen Differenzierung zwischen reiner Hortungsnach- frage im Sinne einer 1/ingerfristigert Anlage yon Ersparnissen und vor- wiegend spekulativer Nachfrage. Bei letzterer spielt wiederum die Gold- haltung als eine Form des >>Devisen-Hedging<< s gegeniiber Abwertungs- risiken ehae mal3gebliche Rolle. Wenn auch die Goldnachfrage der W~h- rungsbeh/Srden in ji~ngster Zeit durch internationale Wohlverhaltensregeln beeinflul3t wird und sich insofern in mancher Hinsicht yon den Verhaltens- weisen privater Wirtschaftssubjekte unterscheidet, spielt doch das Reserve- (Thesaurierungs-) und Siclaerheitsmotiv gerade bei ihnert eine wesentliclae Rolle; dabei kommen auch spekulative Momente zum Zuge.

z 7. Zu den Faktoren, die eine Ausweitung der privaten Naclafrage nach Gold bzw. Goldwaren bewirkt haben, geh/Sren neben der st~_rldigen ]Sin- kommens- und Wohlstandsausweitung vor allem die immer noch weit- verbreiteten unldaren Vorstellungen iiber den >>Wert<< des Goldes. Solange aber das Gold die wichtige Stellung als Referenzgrurldlage der nationalen W~hrungen innehat, muB die Nachfrage - - der Privaten und der W~larungs- beh6rden - - als Ausdruck eines/Skonomisch begriindeten Liquiditits- und Sicherheitsbediirfnisses angesehen werden.

Gerade deshalb ist eben die Gold-Liquidit~tspr~ferenz in den modernen Geld- und Finanzsystemen nicht als eine autonome Verhaltenskategorie, sondern als ein v o n d e r jeweiligen finanziellen und wiihrungspolidschen Situation abgeleitetes Phiinomen zu betractaten.

b. P r i v a t e G o l d h o r t u n g

z8. Jede Art der Goldhaltung ist zugleich eine Form mehr oder weniger liquider Verm6gensanlage. Das gilt insbesondere fiir die private Hortung

1 Vgl. W. Wannenmacher, Goldmoratorium fiir die USA. >)Christ und Welt<<, Stuttgart, yore x2. Mai x967.

t Z. B. die Goldpf~erenz der Sparer in Indien. s M. A. Kriz (World Gold -- The Real Contingency, )>The Banker<<, London, Vol. x x7

[x967] , S. xogf. ) spricht yon >)investment in gold<< mad >>speculative hedging<<.

Page 18: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

336 Berichte

yon Barren, Mtinzen und verarbeitetem Gold in L~adern mit unzul~nglich entwickelten Finanzm~rkten. Die private Goldhortung unterscheidet sich allerdings yon rein spekulativen Kiufen insofern, als Hortungsk~ufe in der Hauptsache aus vorhandenem Sparkapital selbstfinanziert werden, und zwar iiberwiegend mit dem Zweck, fltissiges Geldkapital durch Anlage in Gold gegen Abwertung und inflatorische Preissteigerungen zu schiitzen 1. Mit Recht wird allgemein auch die Nachfrage nach Goldschmuck und sonstigen beweglichen, aus Gold angefertigten Gegenst~nden als >>disguised form of hoarding<< und/oder >>hedge against inflation<< angesehen 2.

2 9. Trotzdem darf aber die Entwicklung der sechziger Jahre auf den internationalen Goldm~rkten, insbesondere die srarke Ausweitung der Nachfrage nach Gold fiir private Reservehaltung, nicht als ein strukturelles Ph~nomen verstanden werden. Es wfire falsch, diese Vorg~nge als festes Datum in die internationale Goldpolitik einzukalkulieren.

3o. Bei der Beurteilung der privaten Hortungsnachfrage wird das Ge- samtbild leicht durch die wirtschaftliche Stellung getriibt, die das Gold besonders in den L~ndern des Orients immer noch Ms weitverbreitete Ver- m6gensanlage und als Wohlstandssymbol behauptet 8.

Indien muB nach wie vor als das bedeutendste Goldhortungsland ange- sehen werden. Da der Besitz yon reinem Barren- und Miinzgold und die Verarbeitung yon Gold verboten und der Handel mit reinem und verarbei- tetem Gold einem System yon amtlichen Regulierungen unterworfen ist, hat sich ein umfangreicher und fest organisierter Schmuggel bzw. Schwarz- handel entwickelt. Gerade der illegitime bzw. gesetzlich reglementierte Goldverkehr tr igt maBgeblich zur Bildung und Erhalrung einer kiinsdichen Knappheitssituation und auBerdem zur romantisch/legend'~ren Verldirung des Metalls als verl~.glicher Werttr/iger bei.

c. D ie s p e k u l a t i v e G o l d n a c h f r a g e

3 x. Ziel und Zweek der spekulativen Goldnachfrage ist die Sicherung vor W~ihrungsrisiken sowie die kurz- oder l~ngerfristige Gewinnerzielung. In konsequenter Begriffsabgrenzung muB die reine Goldspekulation prim/ir als eine besondere Form der W/ihrungs- und Wechselkursspekulation ver- standen werden. Sie rechnet in erster Linie mit Parit~tsinderungen; doch begniigt sie sich vielfach auch schon mit den Gewinnchancen, die sich in kurzfristigen autonomen Abweichungen des effektiven Goldpreises vom amtlichen Parititspreis auf den offenen Mirkten bieten; das gilt insbesondere seit der Aufl6sung des Goldpools dutch die Washingtoner Beschlfisse.

Vgl. P. Einzig, G. Reimann, E.F. Wigglesworth, The Free Gold Market. In: The Challenge of International Finance. Ed. by G. Reimann and E. F. Wiggles- worth. (McGraw-Hill Series in International Development.) New York I966. S. 366.

2 Ebenda, S. 358 f. a Nach Green (a. a. O., S. i5o ) war im Jahr i968 noch in insgesamt 68 IAndern der

private Verkehr mad Besitz yon Gold und Goldmiinzen erlaubt.

Page 19: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

Herbert Weise 337 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm6gensanlage und W~hrungsreserve

Paul Einzig und Mitverfasser: unterscheiden augerdem zwischen den >>individual buyers<< und >>institutional buyers<<, wobei zur letzteren Gruppe auch Zentralbanken zu rechnen sind. Der rein spekulative Charakter der privaten Goldnachfrage wird viels daran klar erkennbar, dab diese iiberwiegend mit kurzs Bankkrediten finanziert wird, bei einer Bar- Eigenleistung yon teilweise nicht mehr als 5 vH des Ankaufwertes 2.

32. Die treibende Kraft der spekulativen Goldnachfrage sind jedoch die groBen Gewinnerwartungen, entweder als Folge einer allgemeinen Er- h6hung des Goldpreises oder einer Preis(Parit/its-)-J~mderung einzeiner nationaler W/ihrungen, besonders des US-Dollars. Die Goldspekulation bieibt relativ kontrollierbar und ungef~hrlich, solange sie nur dutch Er- wartungen yon Parit~ts/inderungen angefacht wird; sie kann sich aber zu einer schwer kontrollierbaren Krise von w/ihrungspolitischer Relevanz ausweiten, wenn eine mehr oder weniger organisierte Pression der Spekulan- ten im Zusammenwirken mit starken Interessengruppen (besonders der Produzenten) auf den Goldm/irkten darauf abzielt, konstatierende Parit/its- und Preis/inderungen zu erzwingen, wie es z. B. im Miirz 1968 der Fall war.

33. Goldspekulanten, die das kurzfristige, auf schnelle und groge Gewinne abzielende Engagement und entsprechendes Risiko nicht eingehen wollen, beschr/inken sich auf den Ankauf yon Aktien yon Goldminen. Hier sind die Ausschl/ige der Preisbewegungen weniger scharf; entsprechend hat das Engagement auch vorwiegend l~ngerfristigen Charakter. Wie aus Schaubild 6 hervorgeht, wurden die Kursbewegungen yon den Vorg~ngen auf den Goldm~rkten bisher zwar kurzfristig beeinfluBt, langfristig haben die Kurse derartiger Anlagen aber praktisch stagniert.

34. Die primer auf WShrungsabwertungen bedachte Goldspekulation ist bisher durch die Existenz des Padt~tspreises, der yon der internationalen Wib_rungspolitik und insbesondere vom Goldpool auf dem offenen Londoner Markt als ein Mindestpreis garantiert wurde, ermutigt worden. Diese feste Preissttitze schien dutch die Spaltung des Goldmarktes in den Washing- toner Beschltissen fortgefallen zu sein. Mit der im Dezember 1969 der Repu- blik Stidafrika vertraglicla einger~umten Abnahmegarantie zum amtlichen Parit/itspreis hat die Spekulation ~t la hausse allerdings wieder eine amtliche Rfickendeckung erhalten, denn es braucht vorerst kaum noch damit gerechnet zu werden, dab der freie Goldpreis wesentlich unter den amtlichen W~hrungs- preis yon 35 US-$/Feinunze fallen wird 3.

35. Trotz der St6rungen, die besonders yon der spekulativen Gold- nachfrage auf den internationalen Finanz- und W~hrungsmSrkten ausgel6st worden sind, darf aber nicht iibersehen werden, dab das >>private investment in gold<< und die >>golden opportunity for hoarders<< 4 zu den wichtigsten

t Einzig, Reimann and Wigglesworth, a. a. O., S. 358. t Ebenda, S. 366. s Vgl . Ziff. 67.

Vgl. Mocatta & Goldsmid's Annual Circular, London, i962.

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Herbert Weise Gold als gewerblicher Rohstoff, VermSgensanlage und W~ihrungsreserve

339

Grundregeln des >>Spiels<< eines internationalen Goldstandards geh6ren. Die private Goldnaehfrage hat dabei die Funktion eines Vertrauenspegels fiJr die internationale W~ihrungspolifik. Die Wiederer6ffnung des Londoner Goldmarktes im Jahr 1954 und die Konstituierung des Goldpools x96o/6x waren naeh iiberkommener Meinung notwendige MaBnahmen auf dem Wege zur allgemeinen W/ihrungskonvertibilit/it, die im folgeriehtigen Goldstandarddenken ats ein Gleiehgewichtszustand zwischen Devisen- und Goldm~irkten verstanden werden muB. Das Gold zu einem Anlage- und Reservemittel nur der Wiihrungsbeh6rden zu erkl~ren, stellt insofem einen sehr bedeutenden Schritt auf dem Wege zur Demonetisierung des Goldes dar; es wird zu einer >>Spielmarke<< der Zentralbanken, die im Grunde durch jedes andere geeignete Finanzinstrument ersetzt werden kSnnte (',vie z. B. die Sonderziehungsrechte).

d. Die gewerb l i che und indus t r i e l l e G o l d n a c h f r a g e

~. Grunds / i tz l iche B e m e r k u n g e n

36. Wean sich die Nachfrage nach Gold far private und amtliche Reserve- haltung im Zuge einer fortschreitenden Demonetisierung abschw~tcht, f/flit der rein gewerblichen Verwendung um so grSBere Bedeutung als Faktor der Preisbildung zu. Eine statistisch eindeutig erfai3bare Gruppierung der Verwendungen des Goldes als Rohstoff f/,ir rein industrielle und fiir kunstgewerbliche Verarbeitung bereitet aber insofem grol3e Schwierigkeiten, als vielfach Waren fabriziert werden, deren Nachfrage z. T. yon Kriterien der >)liquiden<< Verm6gensanlage (Hortung) bestimmt wird. Darunter f~llt die Verarbeitung zu aberwiegend standardisierten Gegenst~nden, um aus diese Weise die restriktiven Bestimmungen fiber den privaten Verkehr mit reinem Gold zu umgehen x. Die Goldverarbeitung in Indien ist daftir wieder- um das Musterbeispiel. Doch auch die Pr~igung yon Mtinzen angeblich far eine rein numismatische Verwendung in den Industriel/indem geh6rt dazu. Die Nachfrage nach Goldschmuck aller Art ist infolge der raschen Wohl- standssteigerung in den westlichen Industriel~indem nach dem Zweiten Weltkrieg erheblich gestiegen; dabei ist z. T. auch die irrige Vorstellung im Spiel, sich vor inflatorischen KaufkrafteinbuBen zu schiitzen. Der parit~ttische Festpreis des verarbeiteten Barrengoldes hat zudem bei wachsen- dem Volkseinkommen und steigender Nachfrage die Wirkung einer effek- tiven Verbilligung gehabt ~.

t Deshalb wurde z. B. auch im Vereinigten KSnigreich im Jahr x966 die Hexstellung mad der Verkauf yon Medallions, Medaillen, Tabletts usw. aus Gold verboten.

* Allerdings wird die Verbilligung dutch inflatorisch steigende Verarbeitungskosten mehr oder weniger kompensiert. In L~ndem mit >>barren<< Wiilarungen maeht der Gold- anteil im Endpreis zumeist nicht mehr als 30 vH aus. In L indem mit nieht konvertibler )>wcicher<r W~a~ung bestimmt sich dot Prcis des Goldantcils nach den Devisen-Schwam- marktk'u~sen,

Page 22: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

34 ~ Berichte

3 7" Industr iel l , d. h. e indeut ig >>konsumtiw< verwendet w i rd der Rohstoff G o l d in m o d e m e n Verarbe i tungsprozessen in der E lek t ron ik , F.lektro- technik, F lug- und Raketentechnik sowie in der Mediz in und Zahnmediz in . Bei allen m o d e m e n technischen Verwendungsar ten 1 spielt die groBe W i d e r standsf~b_igkeit des Goldes gegen K o r r o s i o n und hohe Tempera tu ren sowie die ungew6hnl iche elektr ische Leitf~higkei t und die Riickstrab_l- f'~Ligkeit yon Licht und W/irme eine ma[3gebliche Rolle. Hinzu k o m m e n die yon altersher gerf ihmten l~igenschaften der Dehnbarke i t 2, Ver fo rm- barkei t sowie die mikroskopische Tei lbarkei t , die G o l d fiir bes t immte Verwendungszwecke unersetzbar d u t c h andere Metal le odez Stoffe macht .

8. Die zunehmende Vielfal t der Verarbe i tung in der m o d e m e n Technik daf t abet nicht das Urtei l fiber die begrenzten Gr6Benordnungen der da- ffir ben6t ig ten Go ldmengen trfiben, selbst wcnn in einzelnen Tei lbezeichen rapide Stcigerungen zu verzeichnen bzw. noch zu erwarten sind. Die ver- f t igbaren Informat ionen lassen den Schlui3 zu, dab die Goldm/ i rk te y o n der technisch/ industdel len Vera rbe i tung her in absehbarer Z u k u n f t keinen sehr starken Auf t r ieb erhalten k6nnen, zumindes t nicht in AusmaBen, mi t denen ein nachhal t iger Rfickgang der p r iva ten und der staatl ichen monet/ i ren Nachfrage kompens ier t werden k6nnte a.

Irn eiouelnen sind dabei folgende Sonderverwendungen zu nermen: Isolierungen, Legierungen (Korrosionsschutz usw.), Goldfdme, -f~.den, -filter; Leiter, Widerstgnde, Thexmokupplungen; R6h~en, Ttansistoren, flugtechnisehe Ge~te mad feinmechanische Teile; Lager fiir Pumpen in chemischen Prozessen, chemische Laboratorinmsausriistungen; MeBge~ite fdr Strahlenenergie, hochempfindliche W~memeBge~te; Atomreaktoren (ver- schiedene Einzelverwendungen); in der Raumfahr t : mit purem Gold verkleidetes Nylon im GeminLBau; Schutzhiillen ffir Antdebssysteme, Radio- mad Steuerungssysteme, Ver- bindungsschniire bei Raumausfliigen; im F lugzeugbau : Auspuffverkleidungen, feine elektdsche Heizdr~te in Windschutzscheiben der Diisenmaschinen (dasselbe in Heck- scheiben yon Autos); Hitzeisolierungen in Kampfflugzeugen; in der C o m p u t e r - T e c h - nik: goldisolierte Plastikstreifen als Ersatz fiir elektrische Kreise (gr6Bere Pf~ision und Sicherheit); fe r n e r: Verbindungsstiicke an Ozeankabeha mad an Nachrichtensatelliten; kor- rosionsgefghrdete Kontaktpunkte in Telefonen; Spinndiisen bei der Kunstseideherstellung; Dachziegeltiberzug als Hitzeisolierung (Ersatz fdr Air-Conditioning-Anlagen); ebenso L~berzug an Fensterglas. - - Hierzu vgl. J.P. Ryan, Gold, Abschn. ))Technology<<. In: US Department of the Interior, Bureau of Mines, Minerals Yearbook, x 964, Vol. x, S. ~ 35 f-; ~965, VoL i, S. 435 f. - - Femer u. a. D. O. L l o y d - J a c o b and P. D. Fe l l s , Gold z969. London, September 1969, App. S. xff. - - Green, a,a, O., S, zoiff.

s Gold kann bis zur Durchsichtigkcit getriebcn werdcn; mit einer Unze Gold kann eine FBiche yon I5o QuadraffuB (i3,93z m S) isoliert werden, insbcsondere Hansw~nde, D~icher mad dgl.

s In Fachkreisen wird ansdrticklich vermerkt, dab sich gemde bei technisch fort- schrittlichen Verwcndungszwecken, wic z. B. bei der Herstellung yon Halbleitem, inner- halb der ngchsten zehn ]ahre der Goldbedaff wieder zuriickbilden wird, well die Ent- wicklung yon der Verwendung yon Transistoren hin zu integrierten Stromkreisen tendiert,

die weniger Gold efforderiich ist. Desgleichen sei man nicht mehr auf hermetische Versiegelungen angcwiesen, fiir die z. Z. relativ viel Gold n6tig ist. Sclbst wenn ~ ehae Reihe yon elektronischen Verarbeitungen wachsende Mengen yon Gold ben6tigt werden

Page 23: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

Herber t Weise 341 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~Sgensanlage und Wlthrungsreserve

39" Nach Ansicht der G o l d verarbe i tenden Indus t r ie ist b isher n icht zu- letzt yon dem >~Wert~ des Go ldes ein res t r ikt iver EinfluB ausgegangen. Einmal habe die wissenschaftl iche Fo r schung das G o l d bei der E r p r o b u n g ftir neue technische Verwendungen infolge des p roh ib i t iv hohen Preises nach M6gl ichke i t umgangen 1, zum anderen mag die Zur t i ckha l tung auch auf eine gewisse Scheu zuri ickzufi ihren sein, die aufgrund des monet/ i ren und anfangs sogar sakralen Status des Go ldes verh inder t hat, das Edelmeta l l >>profanen<< Zwecken und besonders dem effektiven >>Verbrauch<< zu- zufi ihren 2.

40. Auch wenn G o l d bil l iger w/ire und eine nt ichternere Eins te l lung ihm gegen/iber bestehen wtirde, muB beachte t werden, dab es y o n allen Ede l - metal len z . Z . die ger ingsten M6gl ichke i ten ftir industr ie l le V e rw e ndung besi tzt - - unabh/ingig v o n d e r Tatsache, dab technische V e rw e ndunge n en twickeh worden sind, fiir die b isher keine anderen Metal le als Ersa tz dienen konnten 8. Nach Auskunf t y o n Fachkre isen babe sogar A l u m i n i u m heute noch gr613eren industr iel len N u t z w e r t als das Gold . Gerade wegen seiner >)Nutzlosigkeite konnte das G o l d bisher offenbar seine Pos i t ion als inaktives Thesaur ierungsmit te l bewahren. Demgegen t ibe r k6nnte man es sich z .B . heute nieht mehr leisten, das Silber in Anbe t rach t seiner wir t - schaftl ichen Nutzungsm/Sglichkeiten noch als Gelds tof f zu ve rwenden 4.

6. K r i t i s c h e B e t r a c h t u n g d e r E r g e b n i s s e e i n e r M a r k t a n a l y s e

41. Die technischen Verwendungsm/Sgl ichkei ten des Go ldes werden v o n d e r G o l d l o b b y offensichtlich mi t der Abs ich t f ibertrieben, die (~ffent- l ichkei t yon einer bevors tehenden kr/ift igen Zunahme der Nachs und damit yon der angeblichen Unvermeidbarke i t einer E r h 6 h u n g des amtl ichen Goldpre ises zu tiberzeugen. D o c h selbst die >>Consolidated Goldf ie lds Ltd.<< haben bei ihrem Versuch, Umfang und dauerhafte G rund l a ge n der p r iva ten

sollten, ist bei der Herstellung elektronischer R6hren ein Riickgang des Bedarfs zu erwarten. Vgl. L loyd - Jacob and Fel ls , a. a. O., S. i4, App. S. if., wo ein Auszug aus einem Bericht des Battelle Memorial Institute fiber >)U. S. Uses of Gold~ (June x969) abge- druckt ist.

x Vgl. J. S t rong and E.M. Wise, Gold Films and Gold Film Light Filters. In: Gold, a. a. O., S. 2o 3 : )>There is no doubt that gold would be much more widely used if it were not so expensive.~

8 >>In considering new applications, gold may have been overlooked because of its prominence as a monetary standard and as a jewelry metal.~ E. M. Wise, Non-Monetary Uses of Gold. In: Gold, a. a. O., S. 36.

8 Das gilt vor allem flir die Elektronik, Astronautik usw. 4 Nach C. H.V. Suther land (Gold, Its Beauty, Power and Allure, Rev. Ed.,

London I96o, S. I4) haben im Laufe der Wirtschaftsgeschichte an die xSO Wirtschaftsgiiter einmal Geldfunktion gehabt - - neben Vieh und Getreide insbesondere Metalle, wie Kupfer, Eisen, Blei, Zirm und vor allem Silber. AUein Gold hat aber alle wegen seiner relativen Unbrauchbarkeit tilt praktische Zwecke iiberdauert.

Weltwirtsehaftliehes Archly Bd. CVlI . ~3

Page 24: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

T a b e l l e 3 - - D e r ) ) V e r b r a u c h < < y o n G o l d f i i r ) ) i n d u s t r i e l l e . u n d k u n s t - g e w e r b l i c h e V e r a r b e i t u n g i n d e n n i c h t s o z i a l i s t i s c h e n L ~ i n d e r n i 9 6 8

L a n d

V e r a r b e i t u n g s z w e c k

G o l d - s c h m u c k

elek- t r on i s che

Ve ra r - b e i t u n g

Z a h n - m e d i z i n

i s ons t i ge V e r w e n d u n g

d e k o - i n d u - ra t iv s t r ie l l

G e s a m t e r in l i indischer V e r b r a u c h a

me t r i s che T o n n e n Mil l . sb v H

Europa F r a n k r e i c h . . 43,0 2,2 5,5 7,6 o,1 50,75 57,1o B u n d e s r e p u b l i k

D e u t s c h l a n d . 58,0 15 ,o 11,o 15,2 0,5 I 12,00 x 26, 59 Bene lux -L~nde r 2,o ~ 3,5 d 18,OO 20,25 G r i e c h e n l a n d 1,2 i2 ,oo 13,5o I ta l ien . . . . 35,0 1,3 3,5 2,7 129,5o 145,72 Schwe iz . . . . 9,0 0,7 1,2 4,0 31,25 35,16 Span ien . . . . 3o,o 5,5 55, ~ 61,89 P o r t u g a l . . . i 6 ,oo 18,oo S c h w e d e n . . . 5,5 1,2 o,1 6,50 7,31 A n d e r e Skandi-

nav i sche Li inder 14,75 16,6r Vere in ig te s

K 6 n i g r e i c h mi t I r l and . . . . I7 ,o 6,5 1,o 1,4 0,4 35,5 ~ 39,9~

Os te r r e i ch . . . 0,88 27,75 31,23

A m e r i k a Ve re in ig t e

Staaten . . . . I36,o 44,8 22,5 1o,7 7,8 21 i ,oo 137,43 K a n a d a . . . . 0,78 6,oo 6,75 Brasi l ien �9 �9 �9 4o,oo 45,Ol M e x i k o . . . . 28,oo 31,51 A r g e n t i n i e n . . 25,00 28,13 A n d e r e La te in -

amer ikan ische 31,oo 34,88 L~nde r

As ien Ind i e n u n d Pa-

k is tan . . . . 182,o 12,o 18o,oo 2o2,55 Japan . . . . . 55,00 61,89 F e r n e r O s t e n

o h n e J a p a n . . 85,00 95,85 I r an . . . . . I7,5o 19,69 L i b a n o n . . . . 15,oo 16,88 Sons t ige r Mi t t -

lerer O s t e n . . 1,15 ~ 36,5 of 41,o 7 Sons t ige L~aderg i 57,00 64 , I4

I n s g e s a m t I 515,5 h 84,5 58,91 1 4 ~ - , 7 ,,8 I 296,oo t I 459,08

3,9

8,7 1,4 0,9

I0 ,0

2,4 4,2 I,~'

0,5

1,I

2,7 2,1

16,3 0,5 3,1 2,2

1,9

z,4

x3,9 4,2

6,6 1,4 1,2

2,8

4,4 I00,0

a EinschlieBlich erg~nzcnd geschiitzter Verbrauch fiir einzelne I . ~ d e r , fiir die keine Teil= angaben vorliegen, sowic einschlieBlich gesch~itzter Aufnahme yon Gold in Goldmiinzen (75--1oo me~. t) und in inl~ndischen Miinzpr~igungcn (75--1oo metr. t); ohne H o ~ u n g s g o l d ; die Angaben fiir den inl~.ndischen )>Verbrauch<< k6nncn nicht mat den Zahlen Rix inlRndische Vemrbeimng verglichen werden. - - b I metr. t: x,x252Jo Mill. US-$. - - c Niederlande. - - d Belgien und Niederlande. - - e Tiirkei und Israel. - - f Davon Tiirkei: zo t. - - g Nordafrika, Republik S~dafrika, sonstiges Afrika, Ozeanien. - - h N u t die Liinder, flir die Angaben gemacht wurden. - - i Davon entwickelte L'ander (Europa, Vereinigtc Staaten, Kanada, Siidaftika, Ozeanien und Japan: 823,6 t = 63,5 vH).

Q u e l l e : L l o y d - J a c o b and F e l l s , a. a. O. (aUe Zahlenangabcn shad ausschlieBlich Sch~tzungen).

Page 25: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

Herbert Weise 343 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~gensanlage und Wahrungsreserve

Goldnachfrage in einer weltweit angelegten ))Marktanalyse<< 1 zu bestimmen, im Endergebnis feststellen mtissen, dab die modernen industriellen Ver- wendungen des MetaUs noch relativ schwach entwickelt sind bzw. die bestehenden Verwendungen effektiv nur wenig Gold als Rohstoff in An- spruch nehmen ~. Die statistisch relativ gut erfaBbare Verarbeitung in der elektronischen Industrie - - neben der Verwendung in der Zahnmedizin - - beansprucht nicht mehr als 6,5 bzw. 4,5 v H der ftir 1968 geschiitzten nicht- monetiiren Gesamtnachfrage 8. Diese wird nun allerdings in einer Reihe yon im ganzen sehr ltickenhaften Teilsch/itzungen fiir 1968 auf die recht stattliche Menge yon 1296,o metr. t gebracht und wiirde mit einem Ge- samtwert yon 1,459 Mrd. $ die westliche Jahresproduktion dieses Jahres (1,425 Mrd. $) bereits iibersteigen.

42. Im einzelnen ist zu diesen ungew6hnlich hohen Schiitzergebnissen (vgl. Tabelle 3) zu vermerken, dab die Verarbeitung zu Goldschmuck mit 515 metr. t ( = 4 ~ vH) immerhin noch den bedeutendsten Einzelanteil aus- macht; auBerdem ist darin ein Verbrauch fiir iiberwiegend numismatische Miinzpr~gungen yon 15o--2oo metr. t enthalten. Diese Gr6Benordnungen, die in der Tat nur als reines ))guesswork<< angesehen werden k6nnen, werden jedoch als empirische Grundlage fiir Urteile iiber eine langfrisdge Nach- fragestruktur verwendet. Der aus diesen Ergebnissen fiir die w~hrungs- politisch recht ungew6hnlichen sechziger Jahre abgeleitete ))Entwicldungs- trend<< wird zugleich relativ bedenkenlos als Ausgangsbasis fiir die Sch/itzung der Goldnachfrage im ersten Halbjahrzehnt der siebziger Jahre benutzt (Schaubild 7).

43- Stellt man in Rechnung, dab die private Goldnachfrage in praktisch allen Bereichen - - aul3er den rein industriellen Verwendungen 4 - - in den sechziger Jahren yon der Erwartung einer nachhaltigen Goldpreiserh6hung ~ bestimmt gewesen ist, so kann man diese Untersuchungsergebnisse kemes- wegs als realistische Ausgangsbasis ftir die Beurteilung der Weiterentwicklung der Goldmiirkte anerkennen. Ganz abgesehen yon der rein spekulativen Nachfrage nach Goldbarren ist mit ziemlicher Sicherheit auch die Nachfrage nach Goldschmuck und -miinzen in den sechziger Jahren mabgeblich v o m Preiserwartungsklima der aUgemeinen Gold- und W~hrungssituation be- stirnmt worden.

x Vgl. Lloyd Jacob and Fells, a. a. O. s VgL anch F. Hirsch, Is Gold Money? In: Derselbe, Money International. London

1967. S. 206: )>At $ 35 an ounce .. non-decorative uses are .. highly limited~<. s AusschlieBlich der Nachfrage fiir reine Hortung und spekulative Zwecke (vgl. dazu

Lloyd-Jacob, a. a. O., und ders~lbe, The Outlook for Gold, London, May 2xst and Rand. 197o ).

�9 Selbst da muB angenommen werden, dab spekulative Eindeckungen vorgenommen wurden, welche die Nachfrage aufgeblRht haben.

s Eine Erh6hung um xoo vH wurde dabei yon der Goldlobby hzw. den meisten Befiir- wortem einer Reform auf der Basis einer Riickkehr zum Goldstandard als Minimum ge- fordert.

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Page 26: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

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Page 27: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

Herbert Weise 345 Gold als gewerblieher Rohstoff, VermSgensanlage und W~thrungsreserve

44. U. E. muB ein erheblich gr/SBerer Teil der privaten Goldnachfrage im abgelaufenen Jahrzehnt auf dem Konto der Spekulations- und Hortungs- nachfrage verbucht werden, als es in diesen Sch~tzungen geschehen ist. Es ist zu erwarten, dab in den siebziger Jahren der RiickfluB auf die offenen Gold- m~rkte aus Horten 1 bzw. spekulativen Positionen noch groi3 sein wird, wenn die Aussicht auf eine amtliche Goldpreiserh6hung welter schwindet. Oberzeugend weist Hirsch in seiner sehr kritischen ))Anatomy of the Gold Hoards~{ darauf bin, dab gerade der feste Preis und damit die dutch inflato- rische Wertminderung ausgeh6hlte Kaufkraft des Goldes langfristig mit dazu beitragen karm, dab auch Goldschmuck an )~Glanz~< einbiiBen und all- m/ihlich seinen Reiz als eine Form der Anlage yon Ersparnissen verlieren wird. Entsprechend wird der (kunst-)gewerbliehe Anteil der in der Statistik als ,industriell~< ausgewiesenen Goldnachfrage an Bedeutung verlieren.

e. D e r Gold-))Bedarf<< der Z e n t r a l b a n k e n

45. Die private Nachfrage nach Gold als Verm6gensanlage und gewerb- licher Rohstoff diirfte in der iiberschaubaren Zukunft allein also kaum aus- reichen, um den derzeitigen Goldpreis yon 35 $ je Feinunze auf die Dauer zu tragen; der Nachfrage der W/ihrungsbeh6rden kommt demzufolge vorerst immer noch entscheidende Bedeutung zu. Den Ausschlag gibt dabei die sogenannte Eigennachfrage nach den bestehenden Goldreserven, mit der die W/ihrungsbeh/Srden einen bedeutenden Teil des Weltgoldbestandes verl~/31ich vom offenen Markt fernhalten. Die Goldnachfrage der W/ihrungsbeh6rden leitet sich formal aus der Gesamtanlage des internationalen W~ihrungs- systems als einem Gold/Dollarsystem ab und steht in engem Zusammenhang mit der Verwendung des Goldes als Referenzgrundlage in einem System prinzipiell fixer Wechselkurse. Bei der bier gegebenen Fragestellung kommt es in der Hauptsache darauf an, zugleich die faktischen, iiberwiegend auto- nomen Verhaltensmotive der einzeinen W/ihrungsbeh6rden zu beriick- sichtigen.

46. In wirtschaftlicher Sicht 1/iuft auch die amtliche Goldhaltung auf eine besondere Form der Hortung hinaus. Vom gesamten z. Z. verftigbaren Welt- goldbestand yon sch~itzungsweise 75 M r d . - 8o Mrd. $3 verk6rpert der Bestand an W/ihrungsgold von rund 4x Mrd. $ den 6konomisch bedeutend- sten und statistisch am klarsten abgrenzbaren Nachfragekomplex. Welt weniger klar und noch weniger quantitativ feststellbar ist dagegen der Gold- anteil im Rahmen des Gesamtbedarfs der Zentralbanken an Reserven. Die Kernfrage ist hierbei, ob ein quantifizierbarer ,need~ - - yon Machlup

: R. Triffin (The Evolution of the International Monetary System: Historical Reappraisal and Future Perspectives [Princeton Studies in International Finance, No. t2], Princeton, N. J., i964, S. 79) hat die aus historischer Produktion bis i962 angeh~tuften nichtmonet~en Horte auf fund 25 Mrd. $ gesch~itzt. - - Hirsch (a. a.O., S. 2o7) rechnet, dab diese bis i96 j auf 28,5 Mrd. $ angelaufen sind. Sie diirften heute 3i Mrd.--32 Mrd. $ betragen (vgL aueh oben, S. 33iff.).

s Vgl. Tabelle x und S. ~ ~ 3.

Page 28: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

346 Berichte

deutlich gegen >>demand<< bzw. >>desire<< abgegrenzt 1 - - als eine System- notwendigkeit herausgestellt werden kann. Diese Frage ist unmirtelbar mit dem generellen Problem der im bestehenden System wfinschenswerten bzw. notwendigen Versorgung mit internationaler Liquidit/it verbunden ~.

47. Auch die Entwicklung des Welthandels, der bekanntlich nut insoweit mit amtlichen Reserven finanziert werden muB als Zablungsdefizite ent- stehen, die sich nicht autonom auf den internationalen Devisen- bzw. Kredit- m~rkten ausgleichen, bietet keine verliil31ichen Anhaltspunkte ffir den Bedarf an sogenannter internationaler Liquiditit. Einmal sind groBe Abweichungen zwisehen den Anteilen der Reserven feststellbar, die einzelne L~nder im VerMlmis zu ihrem AuBenhandelsvolumen wie aueh den bestehenden Zahlungsbilanzdefiziten besitzen, zum anderen ist der Anteil der Welt- w~ihrungsreserven am Umfang des Welthandels nach dem Zweiten Weltkrieg tendenziell zuriickgegartgen (vgl. Schaubild 8). Diese Entwicldung l~13t er- kennen, dab der raseh expandierende internationale Wirtschaftsverkehr letztlich doch relativ wenig vom Umfang der vorhandenen W~ihrungs- reserven - - wie auch vom Gold - - abMngt. Das erkl~irt sich z. T. aus der Tatsache, dab sich die internationalen Kredit- mad Verrechnungsfazilititten Hand in Hand mit dem Anwachsen des Welthandels und der Defizite st~ndig verbessert haben. Schaubild 8 macht zugleich deutlich, dab die Entwicklung auch l~inderweise sehr unterschiedlich war.

48. Eine Aussage darfiber, welchen Goldanteil die W~hrungsbeh6rden - - einzeln und in ihrer Gesamtheit - - im Rahmen ihres ))Bedarfs<< an Reserven laalten mbchten, impliziert VorsteUungen fiber Priiferenzen zwischen Gold und anderen Reservetiteln und wfirde zugleich auf die Annahme einer quantifizierbaren >>marginal propensity<< der Nachfrage nach Gold besonders bei Ver/inderungen der Gesamtreserven hinauslaufen. Offensichtlich stehen aber solche gedanklichen Ans/itze nur dort auf festem Boden, wo Zentral- banken noch durch Gesetz verpflichtet shad, den inlSaadischen Geldumlauf unmittelbar dutch eine proportionale Goldmindestreserve zu decken.

49. Fiir die Beurteilung der amtlichen Goldnachfrage verdienen im ein- zelnen folgende Kriterien bzw. Verhaltensmotive Beachtung3:

In der bestehenden internationalen Withrungsordnung fungiert Gold immer noch als >>liquidity of last resort<< 4 - - in mancher Hinsicht vet-

a Vgl. F. Machlup, The Need for Monetary Reserves. Banca Nazionale del Lavoro, >>Quarterly Review<<, Rorna, Vol. x 9 (i966), bes. S. x77f.

s p.E. Kencn and E, B. Yudin, The Demand for International Reserves. >>The Review of Economics and Statistics<<, Cambridge, Mass., Vol. 47 (x965), S. 242.

* Vgl. u.a.M. Gilbert, The Gold-Dollar-System: Conditions of Equilibrium and the Price of Gold. (Essays in International Finance, No. 7o.) Princeton, N. J., x968. S. 5 if- - H.G. Johnson, The Role of Gold. >>International Currency Review<<, London, April i969, S. 5 ft. - - Hirsch, a. a. O.

In der Keynesschen Definition der Liquiditiit: >>realizable at short notice without loss<<,

Page 29: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

H e r b e r t Weise Gold als gewerblicher Rohstoff, VermSgensanlage Bud Wtihrungsreserve

347

SchaubUd 8 - - D i e i n t e r n a t i o n a l e R e s e r v e l a g e a a u s g e w ~ t h l t e r w e s t l i c h e r L i i nde r i95o-- i969 b

vH 260

240

220

200

180

160

140

120

100

80

60

40

20

0

\ \ \

\

-A. .."-" \ - .-

95o 151 1521531s4

~ - - Vereinigte Staaten

Vereinigtes KSnigreich

Frankreich

Bundesrepublik Deutschland

\ -\

\ \

........'"- .... ...... \ .

' , 157}58 159 60 161 162 163 1'64 65 {66 167 16B 169

a Intemationale Rcserven der Zentralbanken als vH der Importe (cif). - - b Jeweils Jahresende.

Quelle: International Monetary Fund, >>International Financial Statistics<<, Suppl. to I966167 Issues uncl Monatsheft August 197 o.

gleichbar mit dem Zentralbankgeld in den nationalen Geldsystemen. Im Rahmen seines Gold-Engagements stabilisiert das US-Treasury de jure - - den Dollar dutch An- und Verkauf yon Gold; anderseits k6rmen auslgndische W/ihrungsbeh6rden mit Gold jederzeit US-Dollar

Page 30: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

348 Berichte

zum fixierten Parit/itspreis erwerben, um Zahlungsbilanzdefizite, zu fmanzieren, d. h. urn auf den Devisenm/irkten zu intervenieren.

- - Obgleich die Dollarreserven auf den arnerikanischen Geldmfirkten bzw. dem Euro-Dollarrnarkt verzinslich und absolut liquide angelegt werden k6nnen, wird das unverzinsliche und effektiv welt weniger liquide Gold langfristig imrner noch als das sicherere und sogar >>liquidere<< Wert- aufbewahrungsrnittel angesehen 1.

- - D i e Furcht vor Wechselkurs~aaderungen ist offenbar das ausschlag- gebende Motiv ftir die Neigung der Zentralbanken, jederzeit zurnindest einen festen Bodensatz (,rock-bottom<<) ihrer Reserven in Gold zu halten.

- - Den rneisten Zentralbankgouvemeuren erscheint das Gold als Gegen- posten ftir die anderen L~ndem erbrachten Leistungstiberschiisse vor allern deshalb verl~Blicher, weil in ihren Vorstellungen der Waren- charakter des Goldes - - gegentiber seiner rnonetiiren Funktion aufgrund der erkliirten Paritiitsbeziehungen zu nationalen W~ihrungen - - immer noch aberwiegt.

- - Im iiberlieferten Goldstandarddenken lebt die Vorstellung fort, dab mit dem Gold als Reserveinstrument und der Verpflichtung der Vereinigten Staaten, ihre kurzfristigen Dollarverbindlichkeiten in Gold einzul6sen, auch auf die intemationale Liquidit/itssch6pfung eine gewisse Kontrolle ausgeiibt wird; man vertraut dabei auf die >)scarcity of gold<r ~ und die >>natural forces which regulate the flow of g o l d . . . r Politische 13berlegungen spielen offenbar die bedeutendste Rolle: Gold wird als anonymer, absoluter Werttr~iger betrachtet, der nicht auf der Zahlungsverpflichtung irgendeines anderen Staates basiere und ins- besondere ohne Zahlungsbilanzdefizit eines Landes in Umlauf gebracht werden kSnne 4. Die nationale W~hrungssouver/initiit erscheint unan- getastet, weil man sich nicht eingesteht, daB der bestehende Gold- Devisenstandard effektiv auf einen Dollarstandard hinausl/iuft.

- - In ihren Goldreserven m6gen viele Zentralbankgouvemeure den kon- kreten Ausdruck eines internationalen Konsenses sehen, selbst wenn sie die antiquierte Rolle des Goldes im Vergleich zu den sich bietenden M6glichkeiten einer weltweiten w~hrungspolitischen Kooperation auf der Grundlage des internationalen Kredits erkennen. Jedes einzelne Land h~lt Gold und fragt es nach, weil andere dasselbe tun - - und so tun es aUe letztlich aus demselben Grund.

10bgleich effektiv der bei weitem gr613te Tell der internationalen Transaktionen unmittelbar in Devisen abgewickelt wird, d.h. ohne Zwischenverwendung yon Gold.

, Vgl. Johnson, a. a. O., S. 5. s Vgl. D. E. Moggridge, The Return to Gold I925. The Formulation of Economic

Policy and its Critics. (University of Cambridge, Department of Applied Economics, Occasional Paper x9.) Cambridge x969 . S. x3. - - Vgl. anch oben, S. 3zo, Anm. 3.

�9 Nut weil der Export neuproduzierten Goldes in den Handelsbilanzen der Gold produzierenden Liinder verbucht wird.

Page 31: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

Herbert Weise 349 Gold Ms gewerblicher Rohstoff, Verm/Sgensanlage und Wgthrungsreserve

- - In den aufgrund yon 13berlieferung und Gewohnheit tibereinstimmenden Verhaltensweisen der Zentralbanken sehen die verantwortlichen Akteure der internationalen - - und nationalen - - Wiihrungspolitik in der Ver- wendung des Goldes das internationale Vertrauensproblem zumindest in einer vordergrtindig pragmatischen Weise gelSst.

5o. Die Frage der Aufteilung der Reserven in Gold und Devisen tritt vorzugsweise bei L/indern in den Vordergrund, die Zahlungsbilanzi~ber- schtisse und/oder bereits einen hohen Bestand an Reserven aufweisen; ihr Augenmerk ist deshalb auch weniger als bei DefizitlLqdern oder L~ndern mit niedrigen Reserven auf den eigentlichen Zweck und die Funktion internationaler Liquiditiit gerichtet als vielmehr prim/tr auf die Sicherheit als Wertaufbewahrungsmittel. Durch ihre Priiferenz fiir Gold haben aber die Wfihrungsbeh/Srden in den W~ihrungs- und Goldkrisen der sechziger Jahre letztlich selbst zu den Vertrauenskrisen auf den Gold- und Devisenm/irkten beigetragen, denen sie sich mit der Flucht ins Gold gerade entziehen wollten.

5 i. Das Goldverhahen der zw61f wichtigsten Zentralbanken in den ftinfziger und sechziger Jahren wird bis zu einem gewissen Grad aus der Entwicklung des Goldanteils ihrer W/ihrungsreserven erkennbar (vgl. Tabelle 4). Aus Schaubild 9 wird deutlich, dab z. B. in der Bundesrepublik Deutschland die Goldreserven tendenziell in gleichem MaBe gewachsen sind wie die Withrungsreserven insgesamt. Altiiberlieferte Deckungsvorstellungen sind dabei unverkennbar mit im Spiel.

Tabelle 4 - - D e r A n t e i l der G o l d r e s e r v e n an den W i i h r u n g s - r e s e r v e n in w i c h t i g e n w e s t l i c h e n L~indern 195o--1969 (vH)

Land

Vereinigte Staaten . . . Vereinigtes K6nigreich . Bundesrepublik Deutschland

Frankreich Japan Italien Belgien Niederlande Kanada Schweiz Spanien Schweden

195o

94,0 83,1

83,4

43,z 69,5 56,6 31,4 93,1

3I,I

Quelle: Errechnet nach: Statistics<~, versch. Jgg.

1955

95,4 84,0

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1965

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1967

81,4 48,0

51,9 74,8 16,7 43,9 57,I 65,3 37,5 86,9 74,8 24,1

1968

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1969

69,9 58,2

57,2 92,5 11, 3 59,0 63,7 68,0 28,I 65,7 94,1 32,5

International Monetary Fund, >>International Financial

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350 Berichte

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Herbert Weise 35I Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~gensanlage und W~hrungsreserve

III . Die Fikt ion yon der Wertbest~ndigkeit des Golde8

i. H i s t o r i s c h e r R t i c k b l i c k i m L i c h t e de r S t a t i s t i k

52. Seit der Spaltung der Goldm~rkte durch die Washingtoner Bescl"tltisse sind Erfahrungen gemacht worden, die erhebliche Riickwirkungen auf die wirtschaftliche Position des Goldes als W~hrungsinstrument und privates Anlagemittel haben. Ftir den privaten Anleger und Spekulanten kann das Gold seither nicht mehr dieselbe Rolle spielen wie ehedem 1. In der Zeit yon M~rz 1968 bis Dezember 1969, in der sich die W~ihrungsbeh6rden weitgehend yon den offenen Goldm~irkten fernhielten, ist die Abhiingigkeit des freien Gold- preises yon der Nachfrage der Wiihrungsbeh/Srden offenkundig geworden. Ein weiteres Indiz ftir die grundlegend verw Lage auf den Goldmfirkten ist die Tatsache, dab es trotz wiederholter Schwhche des US-Dollars nach den Washingtoner Bescb_ltissen keine massive Flucht in das Gold mehr gegeben hat, wie in/ihnlichen Situationen vor der Abkehr der W~hrungsbeh6rden yon den offenen Goldmiirkten. Das 197o auf den offenen M~irkten realisierte Agio yon 5--1o vH tiber der Parit~t war offenbar auch nur der Tatsache zu verdanken, dab die W/ihrungsbeh6rden siidafrikanisches Gold im Weft yon 66o Mill. $ zum Parit~tspreis aufgenommen haben.

53. Bei dem Versuch, aus den jtingsten Erfahrungen auf den internatio- nalen Goldm~rkten Schltisse tiber die wirtschaftliche Stellung des Goldes in der Zukunft zu ziehen, wird insbesondere mit den immer noch verbreiteten Vorstellungen vom Gold als einem absoluten und unabh~ngigen Wert- reprfisentanten gebrochen werden mtissen. Ein kurzer Rtickblick auf frtihere Abschnitte in der Geschichte des Goldes erscheint in diesem Zusammenhang ntitzlich.

54. Der tiberlieferte Mythos yon der angeblich in der Natur des Goldes liegenden Wertstabilit~t untersteUt, daB in den Wert- und Austauschbezie- hungen zwischen dem Wiihrungsmetall und allen iibrigen Gtitern stfindiges Gleichgewicht in der Weise besteht, dab eine Gewichtseinheit Gold stets die gleiche Giitermenge kauft 2.

Gold wird dabei nicht als das gesehen, was es in Wirklichkeit i s t - - ein yon Menschen geschaffenes w~ihrungspolitisches Instrument - - , sondern als ein unabh~ngiger, universaler Werttriiger, an dem sich alle wirtschaftlichen Wert-(Preis)verh~lmisse orienderen. So sind die Preis- und effektiven Kaufkraftschwankungen des Goldes, wie sie als Folge yon/X_ndertmgen des Goldangebots und/oder der Nachfrage-/Angebotsbeziehungen auf den

t VgL J. Cameron, Gold Enters a Not-So-Gilded Age. ))Fortune~q Chicago, Ill., Vol. 8I (x97o), S. 98: ))Everyone, from the Bantu miner who.. digs gold from air-condi- tioned shafts . . . to the central banker who reburies the yellow metal in air-conditioned vaults . . . is adjusting to the changing world of gold.~

Vgl. D. Ricardo, The High Price of Bullion, a Proof of the Depreciation of Bank Notes. 4th Ed., Corrected. London i8i i. S. t. In: Select Collection of Scarce and Valuable Tracts and Other Publications on Paper Currency and Banking [sogenannter Bullion Report]. London I857.

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Herbert ~Veis e 353 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~gensanlage und ~V~hrungsreserve

Giiterm~rkten zu beobachten waren (vgl. Schaubild if) , immer wieder aufs neue auf Verwunderung und Unverst~indnis gestoBen. Das gilt besonders ffir die Zeit des Goldstandards, als der nominale Goldpreis in den verschiede- nen nationalen W~ihrungen absolut stabil gehalten wurde. Immer wieder mul3te gerade unter diesen Bedingungen festgestellt werden 1, dab die Edel- metalle - - Gold und Silber - - der utopischen Vorstel lung einer universalen Wertrepr~isentation nicht zu geniigen vermocht haben u.

Soweit das Gold als Bezugsbasis und Umlaufmittel (Geld) verwendet und sein Preis in nationaler W~ktrung im Rahmen der Interventions- und Ver- haltensregeln eines etablierten W~ihrungsstandards stabil gehalten wird, ist es immer nu t der unmittelbare monet~re Ausdruck fiir die stgndigen Niveau- und Relat ionsverinderungen des Preisgefiiges auf den Giiter- m/irkten - - hat also fiberhaupt keinen eigenen Preis.

55- Die Illusion yon der )>immanentene Wertstabitit~t des Goldes mag z . T . auf der langfristigen historischen Erfahrung basieren, dab der Preis des Metalls in einzelnen nationalen W/ihrungen kontinuierlich gestiegen ist. Diese Erfahrung findet ihren deutlichen Ausdruck in der Entwicklung des Goldpreises in einer der /iltesten europ/iischen W/thrungen y o n weltwirt- schaftlicher Bedeutung: dem Shillingpreis auf dem Londoner Goldmarkt , der fiber rund sieben Jahrhunderte statistisch verfolgt werden kann (vgl. Schaubild i i). Die dabei effektiv realisierte Steigerung des Goldpreises dtirfte letztlich abet doch nut den fibersehbaren Preissteigerungen auf den iibrigen Gfitermiirkten entspreehen 3, das gilt vor allem ffir den Vergleieh der Ver/inderung der iibrigen Gfiterpreise mit dem Goldpreis in den letzten 15 o - - zoo Jahren in England (vgl. Schaubild ~ 2).

56. Den raschen Anstieg des Shillingpreises in den dreigiger Jahren dieses Jahrhunderts und nach dem Zweiten Weltkrieg verdankt alas Go ld

1VgL Soetbeer, a. a. O., bes. S. 8xff. (Ver~nderungen der Warenpreise im allge- meinen und der Kaufkraft des Goldes). - - J. Helferich, Von den periodischen Schwan- kungen im Werth der edein Metalle yon der Entdeckung Amerikas bis zaam Jahr i83o. Eine kistorisch-6konomische Monographie. Niirnberg i843. - - Soci~t~ des Nations, Rapport de la D~ldgation de FOr du Comit~ Financier. Gen~ve, Juin i932. S. 7. - - Als Standardwerk, das sich inmitten der Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise riickblickend mit den hier diskutlerten Zusammen~ngen in wichtigcn wesflichen L{indem befaBt, ist zu nennen: Warren and Pearson, a. a. O.

Vgl. Warren and Pearson, a. a. O., S. 86 (Anmerkung zu dem dort gebrachten Schaubild) : >)The amount of goods at wholesale prices that a given quantity of gold would exchange for in England has fluctuated violently during the past x52 years.{~ - - Vgl. auch G. Cassel, Gesteuerte W/ihrung (Skandinaviska Kreditaktlebolaget, Nr I, Stockholm I934), wo konstatiert wird, ))... dab der Wet* des Goldes als eines der instabilsten Elemente in der Weltwirtschaft bezeichnet werden muB.<<

8 Betrachtet man nut den seit I934 allein maBgeblichen Dollarwert, so shad die Preis- steigerungen des Goldes in den letzten 27o Jahren wesentlich geringer und stehen weit hinter den allgemeinen Preissteigerungen zuriick.

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354 Berichte

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356 Berichte

nicht einer Wertsteigerung a]s Folge hoher Nachfrage und groBer Knappheit, sondem in der Hauptsache w~ihrungspolitischen EingriEen (Abwertung). Wertstabil im Preisgef6ge der Gfterwelt k6nnte Gold nut sein, wenn ihm fberhaupt keine monet/ire Funktion mehr zugeteilt w/ire. Damit es seine relative Preisposition behaupten kann, mfBte abet seine Wertsch/itzung in der Giiterwelt fiber 1/ingere Zeitr/iume hinweg im Durchschnitt unver/indert bleiben.

z. Die Goldm/ i rk te im G o l d / D e v i s e n s t a n d a r d

a. Die Go ldpo l i t i k des I n t e r n a t i o n a l e n W/ihrungs fonds

57- Die Gew/ihrleismng eines einheitlichen, parit/itskonformen Gold- preises ffr aUe Verwendungszwecke war eine der Grundbedingungen des Goldstandards und muB auch heute noch als eine der wichtigsten Voraus- setzungen fiir die Aufrechterhaltung des monet/iren Status des Goldes angesehen werden. Ein stabiler Parit/itspreis ist zugleich eine Vorbedingung f6r den ungest6rten Zugang an W/ihrungsgold aus laufender Produktion und vorhandenen Best~_nden. Diese Tatbest/inde lagen auch der Goldpolitik zugrunde, die der Intemationale W/ihrungsfonds verfolgt hat, um nach dem Zweiten Weltkrieg einen lehrbuchkonformen Gold/Devisenstandard zu re-etablieren. Diese Goldpolitik ist gescheitert, weil die Voraussetztmgen ffr einen solchen W/ihrungsstandard in der neueren Wirtschaftsentwicldung - - besonders im Rahmen der ver~.nderten wirtschaftspolitischen Priorit/iten - - nicht mehr gegeben waren.

j 8. Im Goldstandard lag der Schwerpunkt der Goldm/irkte iiberall bei den Zentralbanken, in denen sich effektiv Angebot und Nachfrage konzen- trierten. Bei dem marktbeherrschenden EirrfluB des staatlichen Angebots und der staatlichen Nachfrage sowie des dadurch gesicherten festen Parit/its- preises blieben die Chancen f~r Nebenm/irkte mit abweichenden freien Preisen nut gering. Die intemationale Gemeinschaft der Goldw/ihrungs- l~nder bildete ein weltweites Angebots- und Nachfragekartell. Die groBen sogenanmen >>freien<< internationalen Goldm~rkte, wie London, Paris, Zfrich und New York, waren in diesem System vorwiegend Einrichtungen zur Prim/irverteilung neuproduzierten Goldes und fungierten zugleich als zentrale P1/itze der Arbitrage zwischen Gold und W/ihrungen. Sie waren abet wegen der st/indigen Pr/isenz der W~hrungsbehSrden Ms K/iufer und Verk/iufer praktisch auch staatlich manipulierte M/irkte.

Die konzentrische Struktur der Goldm/irkte zerfiel Hand in Hand mit der Demonetisierung des Goldes in den nationalen Geldsystemen seit dem Ersten Weltkrieg, insbesondere als Folge der Aufhebung des freien Schalter- verkehrs bei den Zentralbanken. Besonders nach Abgehen Englands yore Goldstandard im Jahr I95I entwickelten sich fberall in der Welt, vor allem auch im Nahen Osten und in Siidostasien, Schwarze M/irkte, auf denen die private Nachfrage nach Hortungs- und Spekulationsgold zu sogenannten >>Pr/imienpreisen<< befriedigt wurde (vgl. Schaubild :3).

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H e r b e r t W e i s e Gold als gewerbl icher Rohstoff, VermSgensan lage und W ~ h r u n g s r e s e r v e

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Weltwtrtschaftliches Archiv Bd. CVII. 24

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358 Berichte

5 9. Der IWF hat seit Beginn seiner T/itigkeit im Jahr 1946 seine besondere Aufmerksamkeit auf diese Pr/imienpreise fiir Schwarzmarktgold in den ver- schiedenen Mitgliedsliindern gerichtet. Dabei kam es i/am vor allem auf die Durchsetzung der im Artikel IV seiner Statuten niedergelegten Bestimmun- gen zur Aufrechterhaltung des Systems fester Wechselkurse an; denn der parit{itskonforme Goldpreis auf den offenen M{irkten ist die Voraussctzung fiir die im System stipulierte ~quivalenz yon Gold und Devisen 1.

Mit einer Reihe von >>Statements~< und >>Letters<<, vor allem an die Wiihrungsbeh6rden der goldproduzierenden Mitgliedsl~nder, hat der IWF his zum J~hr 1951 m2t seinen >>Empfehlungen. vergeblich versucht, den Verkauf yon Gold zu Pr{imienpreisen sowie die Gew~larung yon preis- beeinflussenden Produktionssubventionen in den Griff zu bekommen. In einem >>Statement on Premium Gold Transactions. vom z8. September 1951 iiberlieB der Fonds abet schlieBlich seinen Mitgliedern >>the practical operating decisions<& Damit wurde im Prinzip gegenfiber Tatbestfinden resigniert, die der IFW nicht hatte verhindern k6rmen. So hatte Sfidafrika bis zur Er6ffnung des Londoner Goldmarktes im Jahr 1954 im Durchschnitt 4o v i i seiner Goldprodukfion zu Pr{imienpreisen verkauft a.

Die >>neue<~ Goldpolitik ab 1954 basierte in der Hauptsache auf der Vorstellung, dutch freieren Goldverkehr und parallellaufende Stabilitits- politik die Pr~mienpreise an den amtliehen Parit~itspreis zuriiekzuflihren.

b. D ie b e s o n d e r e R o l l e des L o n d o n e r G o l d m a r k t e s i954--i968

6o. Mit der Wiederer6ffnung des beherrsehenden und traditionsreichen Londoner Goldmarktes wurde zugleich eine deutliehe Riiekwendung der internationalen Gold- und W/ihrungspolifik auf die Grundkategorien eines Goldstandards markiert. Wichtigstes Ziel war dabei die Aussehaltung der Schwarzen M~rkte mit ihren fiberh6hten Preisen. Dieser Zweck ist offenbar zun{iehst weitgehend erreicht worden (vgl. Sehaubild I3). Wenn dabei auch der Einflufl, der yon der fortschreitenden Stabilisierung der Devisenm/irkte auf die freien (schwarzen) Goldpreise ausgegangen ist, eine maBgebliche Rolle gespielt haben mag, so fiberrascbt doch die KoLnzidenz zwischen der Angleichung der freien Goldpreise an den parit~tskonformen Londoner Preis und dem Beginn der T~tigkeit des quasi-amtliehen Londoner Marktes. Damit war zun~chst zumindest die >>Optik(( des Goldes als ein Wfibrungs- und Wertstandard wiederhergestellt.

1 International Monetary Fund, Annual Report 1948, Washington, D. C., _April 1948, S. 4o: )~It was the Fund's view that this practice . . . might undermine the exchange relationships among the members of the Fund.(<

2 Derselbe, Annual Report 1952 , _App. A, $. 95. ' Derselbe, Annual Report 1953, S. 59.

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Herbert Weise 359 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm6gensanlage und W~ihrungsreserve

~. D i e 5 t a b i l i s i e r u n g des G o l d p r e i s e s d u r c h den G o l d p o o l

6i. Allein durch seine Struktur und Funktionsweise I hat der Londoner Goldmarkt nach seiner Wiederer6ffnung im M~rz 195 4 zugleich im Dienste des amtlichen Goldmanagements nach dem Zweiten Weltkrieg gestanden. Die beherrschende Rolle des Londoner Marktes beruhte in hohem MaBe auf der Konzentration sowohl eines bedeutenden Teils des Angebots als auch der Neunachfrage. Das erkl~rt sich daraus, dab einmal die den institutio- nellen Rahmen des Marktes bildenden Goldhandelsfirmen einen erheblichen Tell der privaten Aus auf sich lenkten und zum anderen speziell die Bank of England als Agent f/Jr amtliche Auftraggeber auf der Angebots- und Nachfrageseite fungierte und zugleich abet auch in eigenem Namen gr6Bere Gesch~ifte didgte; dabei ist zu berticksichtigen, daB das US-Schatz- amt seit der Wiederer6ffnung des Londoner Goldmarktes - - ganz besonders aber seit der ersten Offenmarkt-Goldkrise des Jahres 196o - - als einer der leistungsf/ihigsten Auftraggeber der Bank of England auftrat. Schon im Goldstandard, der weitgehend als Gold-Sterling-Standard funktionierte, war der EinfluB der Bank of England als Agent der Goldstandard- Zentralbanken entscheidend.

Der Londoner Markt wurde somit seit seiner Wiederer6ffnung im Jahr 1954 maBgeblich vom amtlichen Management seitens der Bank of England beherrscht. Unter dem EinfluB des Goldpools z sind letztlich nur die Grund- lagen der amtlichen Intervention im Rahmen der internationalen Goldpolitik des IWF konsolidiert und verbreitert worden.

62. Trotz der ibm vers umfangreichen Goldreserven sowie der organisatorischen M6glichkeiten, den offenen Londoner Markt und damit aUe wichtigen Neben- und Folgem/irkte zu beeinflussen, zeigte sich der Goldpool doch nicht den Anspannungen gewachsen, die sich aus einer sich steigernden Spekulationsnachfrage in den Jahren 1966 bis Mitre M/irz 1968 ergaben 3. Offensichtlich beeindruckt durch den ers werdenden Einsatz an Reservegold, besonders im Zusammenhang re_it der Abwertung des Ps Sterling im November 196 7 und der nachfolgenden, in AusmaB und Hektik vordem nicht erlebter Spekulationsnachfrage, haben sich die

t Vgl. hierzu die ausffihrliche Darstellung bei H. Weise, M6glichkeiten und Grenzen des Goldes im intemationalen Wghrungssystem. >>Weltwirtschaftliches Archly<<, Bd. t o : (x968 II), S. 2o3ff.; insbes. S. 224s

t Der Griindungstermin dieser in ihrer Aufgabenstellung neuartigen Aktionsgemcin- schaft der acht bedeutendsten W~mmgsbeh6rden, die sich in ihr zur Kooperation auk" dem Londoner Goldmarkt zusammengefunden batten, ist fliissig. Ende Oktober x96o trat der Pool zuniichst als relativ lockerer Verkaufspool auf, wurde abet erst am 2o. Oktober x96x auf einer Vcrwaltungsratssitzung dcr BIZ in Basel hinsichtlich seincr st~digcn Mitglieder als erkcnnbare Einrichtung konstituieft. Erst im Fcbruar x962 wurde der EntscMuB gefaBt, auch als Ankaufspool in Aktion zu treten.

8 Die BIZ (Jahresbericht i967/68 , S. 46) vertritt dagegcn die Ansicht, daB >>.. es kein praktikables Mittel gab, um den Marktpreis zu halten und zugleich den freicn Zugang zorn Markt auf twig zax gew~xrlcisten . . . <<.

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360 Beriehte

Zentralbanken des Goldpools schliel31ich mat den Washingtoner Beschli~ssen vom 17. M~rz 1968 yon ihrem Engagement auf den offenen Goldm~rkten gel6st.

63. Aufgrund ihrer eigenen Pr~ferenz ffir das Gold - - d .h . ihrer Be- fangenheit in der internationalen Goldpolitik - - sind somit die W~hrungs- beh6rden im Zuge einer vordem an Dimension und Intensit~t kaum erlebten Spekulationskrise zu einer Mabnahme gedr~ngt worden, die einen bedeuten- den Markstein in der internationalen W~hrungspolitik darstellt. Wenn der Gold/Devisenstandard formal auch fortbesteht, so ist doch das Gold auch formal erkennbar auf einen sekund~ren, relativ einfluBlosen Platz in den internationalen Wihrungsbeziehungen verwiesen worden.

[3. D i e v e r ~ n d e r t e M a r k t l a g e des G o l d e s se i t den W a s h i n g t o n e r B e s c h l i i s s e n

64. Mit dem yon den W ~ u n g s b e h 6 r d e n des Goldpools am 17. M~rz i968 in Washington unter Mitwirkung yon Vertretern des IWF und der BIZ bekanntgegebenen BesehluB 1 a. kiinftig kein Gold aus amtlichen Best~nden mehr auf dem Londoner oder

irgendeinem anderen privaten Maxkt ftir Interventionszwecke einzu- setzen und vorhandenes Wihrungsgold nur noch fiir den amtlichen Ver- kehr zwischen den W~hrungsbeh6rden zu verwenden, und

b. in gleicher Weise auch kein Gold mehr vom oi~enen Maxkt anzukaufen, da man die vorhandenen Reservegoldbest~nde-- besonders in Erwartung des neuen Instruments der Sonderziehungsrechte - - als ausreichend be- trachtet,

ist nicht nut fiir die monetire Verwendung 2 eine yon Grund auf ver~nderte Naehfragesituation geschaffen worden, sondem ganz besonders auch fiir nichtmonetire Verwendungen.

65. Zun~ichst schien die Entwicklung des >>freien<< Goldpreises auf den groBen offenen Mirkten in London, Paris und Ziirich denjenigen recht zu geben, die den Standpunkt vertraten, dab mit dem Wegfall der amtlichen Interventionen der Weg fiir eine nachhaltige Erh6hung des Goldpreises ge6ffnet wtirde (vgl. Schaubild x4). Die relativ lange andauemde Notierung des freien Preises fiber der Parititt - - mit Agio-Spitzen bis z 5 v H - - war aber auf eine Reihe auBergewOhnlicher Faktoren zuriickzufiihren. W~hrend Siidafrika - - begiinstigt durch zeitweilige Vorteile in seiner internationalen Zahlungsposition - - den gr6Bten Tell seines neuproduzierten Goldes lange

x VgL Deutsche Bundesbank, >)Ausziige aus Presseardkeln<<, Frankfurt am Main, Nr. 22 yore 2o. MArz t968 , S. t.

* Demgegeniiber hatte der Federal Reserve Board friiher herausgestellt: ,The markets for gold and foreign exchange are closely linked, and orderly conditions in both are essential for a smooth functioning of the world monetary system.<< Treasury and Federal Reserve Foreign Exchange Operations and the Gold Pool. >>Federal Reserve Bulletin~, Washington, D. C., March x964, S. a94.

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H e r b e r t Weise Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm6gensanlage und W~hrungsreserve

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362 Berichte

Zei t vom offenen Mark t femhal ten konnte , wurden zugleich ins Gewich t fallende spekulat ive Go ldpos i t i onen mi t bemerkenswer te r Ausdaue r ge- halten und dadurch die Real is ierung zu erwar tender Ver lus te hinausge- z/Sgert. Bis zur wel twei ten Ratif izierung des Planes zur Ausgabe yon Sonder- z iehungsrechten wurde immer noch mi t der >>Unvermeidbarkeit<< einer E rh6hung des amtl ichen Goldpre ises gerechnet : . Ers t Ms sich im Laus des Jahres :969 diese Hoffnungen zun~chst zerschlugen, kam es zu dem spekta- kul~ren Verfal l des s Goldpre ises , den zu demonst r ie ren es v o r allem den US-W~hrungsbeh6rden in der Ause inanderse tzung mi t den W~hrungs- beh6rden Sadafr ikas ankara.

66. Sfidafrika wiederum verwies in dieser Ause inanderse tzung immer wieder auf den >>rechtlichem< VerstoB der Wash ing toner BesehRisse des Go ldpoo l s gegen die Go ldbes t immungen des In t ema t iona len W/ihrungs- fonds. Unterst / i tz t dutch die in temat iona le G o l d l o b b y und unter der kaum verhohlenen Zus t immung des I W F maehten die Ver t re te r Si idafdkas gel tend: - - dab sie als Mi tg l ied des I W F ihre P r o d u k t i o n naeh freier Wah l best-

m6gl ich auf den offenen Goldm~irkten absetzen k6nnen ; sie er inner ten daran, dal3 der I W F im Jahr : 9 j z den go ldp roduz i e r enden L~ndern effektiv 2ugestanden hatte, einen Teil ihrer P r o d u k t i o n auf den offenen M~rkten zu verkaufen;

- - dab neuproduzier tes G o l d nach Bel ieben zum festen Pari t~tspreis gegen konver t ib le W~hrungen zumindes t an den I W F verkauf t werden k6nne, wenn schon die W~hrungsbeh6rden t rotz der b isher get ibten Praxis zum A n k a u f yon G o l d nicht verpfl ichtet s ind ~.

67. Das offene Di lemma, in das die in temat iona le G o l d - und W/ihrungs- pol i t ik du tch die Washing toner Beschliisse geraten war, wurde schlieBlich im Dezember :969, nachdem der Go ldpre i s auf die 35 $-Marke und z. T.

1 Dieselbe Vorstellung steht auch hinter der emeuten Goldhansse vom Sommer :97L Mit Recht wird in diesem Zusammenhang anch anf die Tatsache hingewiesen, dab in spekulativen Haussephasen der KapitalfluB nach Sadafrika angeregt wit& Dadutch wird es dem gr6flten Ptoduzenten der Welt erleichtert, sein Angebot anf den offenen M~rkten zuriickzuhalten. Vgl. Mocatta & Gold,mid Ltd., ))Bullion Report<<, June x97x, S. L

a $~idafrika herief sich dabei anf folgende Artikel tier IWF-Statuten: - - Gem~B Artikel VIII, Abschnitt 4, ist jedes Mitglied >>... veq~ftichtet, Best~inde seine~

W~ihnmg, die sieh im Besitz eines anderen Mitgfieds befinden, zu kanfen, sofem das letztete dies verlangt und dabei geItend machtr dab >~die zu kaufenden Best~inde.. kiirzlich aus lanfenden Gesch~ften angefallen<( sind oder >fihre Umwandlung . . , zur Leistung yon Zahlungen ftir lanfende Gesch~ter erfotderlich wird. >>Das kanfende Land hat die Wahl, entweder in der W~ihnmg des anttagstellenden Landes oder in Gold zu zaMen.<~

- - In gleicher Weise karm >>ein Mitglied, das die W~.hnmg eines anderen Mitglieds direkt oder indirekt gegen Gold zu erwerben wtinscht<<, gem. Attikel V, Abschnitt 6, nieht daran gehindert wetden. Es muB sie nut >>dutch Abgabe yon Gold an den Fonds<< erwerben. Abkommen iiber den Intemationalen Wtihrungsfonds. >>Bundes- gesetzblatuq Bonn, T. II, x95z, S. 646, 64z.

Page 45: Gold als gewerblicher Rohstoff, Vermögensanlage und WÄhrungsreserve

Herbert Weise 363 Gold als gewerblicher Rohstott, VermSgensanlage und W~hrungsreserve

darunter gefallen war, in einer vorerst auf f f n f Jahre befristeten K o m p r o - mig-Regelung zwischen Sfidafrika und dem US-Treasury gel6st. Dieser KompromiB wurde Ende Dezember :969 vom Exekutivrat des I W F als Grundlage kfnf t iger IWF-Goldpol i t ik gebilligtl:

a. Sfidafrika verpflichtet sieh nach MaBgabe seines laufenden Devisen- bedarfs >>zu einem geregelten Absatz yon Gold am freien Markt~<;

b. der I W F erkl~irt sich bereit, neuproduziertes Go ld zum Parit~itspreis yon 3 ~ $/Feinunze anzukaufen, wenn der Preis auf dem offenen Markt auf 35 $ oder darunter sinkt, aber nur in einem Umfang, >>wie dies zur Deckung des laufenden Devisenbedarfs Siidafrikas erforderlich iste;

c. dariiber hinaus erMlt Sfdafrika das Recht, aus dem Goldbestand, den das Land bis zum I7. M~irz :968 angesammelt hatte, viertelj~ihrlich einen Betrag bis zu 35 Mill. $ zur Finanzierung yon Defiziten in laufender Rechnung an den IW F zum Parititspreis zu verkaufen, und zwar un- abMngig vom herrschenden Marktpreis.

IV. Ausbl ick auf die kiinftige Posi t ion des Goldes

i. D i e i o n s e q u e n z e n d e r M a r k t s p a l t u n g

68. Mit dieser KompromiBformel fiber die Aufnahme sfidafrikanischen Goldes werden die wirtschaftlichen Auswirkungen der Washingtoner Be- schlasse insoweit entsch~rft, als der freie Goldpreis praktisch kaum noch unter den offiziellen Parit~itspreis yon 35 $ sinken kann. Daran dfirften z. Z. nicht zuletzt alle WfihrungsbehSrden interessiert sein, weil ein Preisverfall auf den offenen M~irkten die Kfnst l ichkei t und Beziehungslosigkeit des dekretierten Parit~tspreises allzu offenkundig werden lieBe und insbe- sondere der Marktwert ihrer Goldbestfinde (rund 4: Mrd. $) effektiv aus- gehShlt wfrde . Anderseits wird sich abet der freie Preis auch langfristig kaum noch wesentlich fiber die 35 $-Marke hinaus erheben k6nnen - - es sei denn, dab die Goldspekulation yon Zeit zu Zeit dutch gewisse Aussicht auf eine ErhShung des amtlichen Dollarpreises, d. h. eine Abwer tung des Dollars, ermutigt wfrde2; unter diesen Voraussetzungen ist es ganz normal, dab der >>freie<< Preis zeitweise erheblich fbe r 35 $ hinaus steigt.

Die getroffene Absprache zwischen dem siidafrikanischen Finanzministerium und den: US-Treasury wurde in get~ennten ErklRrtmgen an den IWF niedergelegt. Vgl. Inter- national Monetary Fund, )>International Financial News Su~vey~q Washington, D.C., Vol. za (I97o), S. :3 s - - Vgl. auch Deutsche Bundesbank, GescNiftsbericht :969, Frank- furt am Main, S. 44.

Die neuerliche Hausse auf den offenen intemationalen Goldm~irkten seit Herbst : 97 ~ ist wiederum aM eine gezielte - - zeitweilig m6gliche - - Angebotsverknappung dutch die siiclafrikanischen W~hrtmgsbeh6rden zurtickzu~ih~en. Diese Zwischenentwicklung kann nicht als ein Gegenbeweis fiir die ver'~nderte Gnmdposition des Goldes gewertet werden; das gilt insbesonclere auch fiir die Goldhansse w~hrend der Dollarkrise im Sommer :97:- Es ist in diesem Zusammenhang zu beriicksichtigen, daB die W~ihrtmgsbeh6rden bis Juni :97: aufgrund des Abkommens vom Dezember i969 fiir insgesamt 742,3 Mill. $ siid- afrikanisches Gold aufgenommen haben, im Juni I97i allein fiir 7 ~ Mill. $.

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6 9. Es kann aber auch nicht auBer acht bleiben, daB mit dieser Verein- barung )). . . die Zweiteilung des Goldmarktes bzw. Goldpreises.. in aUer Form vom Internationalen W~hrungsfonds sanktioniert worden ist.<< Wenn die Deutsche Bundesbank in diesem Zusammenhang feststellt, dab es damit ))unwahrscheinlicher geworden [ist], daB. . , der freie Goldmarkt emeut ein Herd der Unruhe wird<d, so wird zugleich auf hoher Ebene be- stStigt, daB Gold keineswegs mehr ausschlieBlich als ein stabilisierender Faktor im internationalen W~hrungssystem angesehen wird. Von Bedeutung f~ir die ktinftige Preisbildung und Wertfundierung des Goldes ist vor allem die Tatsache, daB die W/ihrungsbehSrden das Metall nicht mehr als unum- g/inglich ftir die Ausweitung der internationalen Liquidit~t betrachten 2. Sie nehmen neu produziertes Gold nur noch bedingt, im Rahmen einer zeitlich begrenzten Loyalit~t fiir den traditioneLlen Goldproduzenten Sfidafrika, in ihre Reserven auf.

7 o. Ob sich das Gold aus eigener Kraft, d. h. im freien Spiel des offenen Marktes, aufwerten und sich damit zugleich als eine sichere und liquide Verm6gensanlage ausweisen kann, h~ngt letztlich also maBgeblich yon der Entwicklung der industriellen Verwendbarkeit ab. Ein Wirtschaftsgut mit autonomer Wert(Preis-)bestimmung - - eine wirkliche ~Commodity<<, als die es die Metallisten gem auch verstanden wissen wollen - - kann Gold kiinftig nur sein, werm es aufgrund seiner Nutzbarkeit als industrieller Roh- stoff mit den Preisbewegungen der G/iterwelt zumindest Schritt h~lt. Solange es nur preisstabil auf der Grundlage der derzeitigen Dollarparit~t bleibt, ist es wie Geld primer eine VermSgensardage, die in ihrem Realwert nach MaB- gabe der allgemeinen Inflationsrate sinkt.

2. W ~ h r u n g s p o l i t i s c h e B e d e n k e n g e g e n e ine E r h S h u n g des a m t l i c h e n G o l d p r e i s e s

7*. Auch nach den Washingtoner Beschl/issen und der Vereinbarung yore Dezember i969 wird die Preisbildung zun~chst noch maBgeblich yon dem An- und Verkaufsengagemen# des US-Treasury gegen/~ber W~hrungs- beh6rden und insbesondere dem Goldverkehr zwischen dem IWF und seinen Mitgliedszentralbanken bestimmt, und zwar auf der Basis der amtlichen Gold/Dolhr-Parit~t (z Feinunze Gold = 35 $). Diese bedeutende Stiitze f/it den Gold-Nomin0Awert ist auch in der Goldklausel der Sonderziehungs- rechte verankert. Letztlich muB aber die rein nominale Absicherung des US-Dollars und der SZR in der Gold-))Garantie<< zugleich als eine Sperre fiir die M6glichkeit einer H6herbewertung des Goldes in international wichtigen W~rungen gesehen werden. Damit ist dem Gold selbst eine

t Deutsche Bundesbank, Gesch~'tsbericht x969, S. 45. * Mit der Schaffung yon goldgarantierten Sonderziehungsrechten, die zuweilen als

intemationale Liquiditat ~mus der Retorte~ oder als ~Papiergold~< bezeichnet werden, wird zwar kein realer Ersatz fiir Gold in Umlauf gebracht, doch ist damit zumindest eine Gold- preiserh6hung mit dem Ziel einer Goldvermehrung fiberflfissig geworden.

s Vgl. oben, S. 320, Anna. t.

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Herbert Weise 365 Gold als gewerblicher Rohstoff, VermSgensanlage trod WAhrungsreserve

bedeutende Chance gegeben: Als Referenz- und Beziehungsgrundlage fiir wichtige nationale und internationale Wfihrungsinstrumente erh/ilt es einen festen Preis in W~hrungseinheiten; als internadonales Reserve-(Wert- aufbewahrungs)mittel, mit dem internationale Gl~ubiger- und Schuldner- positionen ausgedriickt werden, teilt es aber zugleich das Schicksal des Geldes: es ist >>numdraire<< und kann selbst nicht veriindert werden.

72. Von den wRhrungspolitischen Grundlagen her wird aber die Position des Goldes in Frage gestellt, wenn man eines Tages allgemein dazu iiber- geht, durch gr6Bere Flexibilit~it der Wechselkurse die nationaJe Stabilitiits- politik der einzelnen L~nder zu untersttitzen. Seine w~hrungspolitische Bedeutung und das Ansehen, das es z .T. noch genieBt, hat das Gold in einer Periode der WRhrungsgeschichte erlangt, in der es selbst als Zahlungs- mitre1 (Geld) bzw. als notwendige Grundlage der Geldsch6pfung fungierte und zugleich Angelpunkt in einem System langfristig fester Austausch- beziehungen war 1. Genau die entgegengesetzten Voraussetzungen sind heute gegeben: Die Geldsch6pfung ist g~nzlich unabhRngig yore Gold geworden, und bei der beweglichen Anpassung der Wechselkurse an sich Rndernde wirtschaftspolitische Voraussetzungen kann sich Gold als feste Referertzgrundlage sogar als ein wRhrungstechnisches Hindernis erweisen. Das gilt besonders fiir die M6glichkeit, die ParitRt des Dollars zu indern.

73. Wenn sich die Niitzlichkeit m und damit Brauchbarkeit - - kiinst- licher, auf der Grundlage der internationalen Kooperation und des inter- nationalen Kredits planm~tBig geschaffener Reserven in der n~chsten Zukunft erweist, k6nnte u .E. schon bald auf das Gold bei der L6sung des Ver- trauensproblems zwischen den W~.rungsbeh/Srden verzichtet werden. Das gilt erst recht, wenn sich das Metall als hinderliches Zwischenglied bei der Anpassung der Wechselkurse erweist. Geradezu verh~ngnisvoll fiir die Entwicklung der Vertrauensposition der Special Drawing Rights wiirde es sich auswirken, wenn der amtliche Dollarpreis des Goldes erh6ht wiirde der Dollar also im Verh/iltnis zum Gold abgewertet wiirde.

3. G o l d m a n a g e m e n t auch bet g i n z l i c h e r D e m o n e t i s i e r u n g z u n ~ c h s t u n u m g i n g l i c h

74. Wie eingangs schon angedentet, werden sich die nationalen und internationalen W~hrungsbehiSrden fiir den Fall, dab dem Gold in einem kiinftigen - - rationalen - - internationalen Wihrungssystem keine maB- gebliche Rolle mehr zugesprochen wird, nicht ohne l~bergangsregelung yon dem Metall trennen k6nnen. Selbst wenn sic bereit wiiren, die vorhandenen Reservegoldbestfinde zu demonetisieren', miil3ten diese - - u m den Preis auf den offenen M~rkten und den >>Wert<< der amtlichen Best~nde nicht zu

Der amtlichc Shillingpreis des Goldcs blicb yon XTX7 bis x93x unvc~'Idcrt, dcr amtliche Dollarprcis yon x873 bis x934.

t Das hciBt, nicht mchr im Zaklungsvcrkckr zwischcn den Zcntralbanken zu vcr- wendcn.

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366 Berichte

gef~hrden - - auch weiterhin yon den Wfihrungsbeh6rden gehalten werden. Mit Sicherheit miigte noch fiir geraume Zeit Gold aus den offenen M~rkten aufgenommen werden. Dafiir k6nnte jedoch ein internationaler Gold- aufnahmefonds in Kooperation mit allen an diesem Vorhaben interessierten Wfihrungsbela6rden geschaffen werden. Der IWF schiene daftir die geeignete Instanz. Von einer v611igen >>Demonetisierung<< des Goldes k6nnte also erst dann gesprochen werden, wenn eines Tages die W~hrungsbeh6rden fiber- haupt kein Gold mehr Ms W~hrungsreserven bzw. Verm6gen hielten.

75. Welt mehr noch als einst das Silber wiirde heute das Gold bei einem Verlust der ibm verbleibenden monetiiren Restfunktion infolge seiner bislang noch sehr schmalen nicht-monet~ren Nutzungsbasis unter Preisdruck ge- raten. Es wiirde deshalb einer sehr nachhaltigen staatliclaen Marktstiitzung bediirfen, wenn die bisher angeh~uften umfangreichen Bestiinde nicht einem krisenhaften Preisverfall ausgesetzt sein sollen und alle Goldbesitzer, die bisher auf die Wertstabilitfit des Metalls vertraut haben - - Private wie W~ihrungsbeh6rden - - , nicht erhebliche Verm~Sgenseinbul3en erleiden sollen.

Wiirden sich aber umgekehrt - - wider Erwarten - - in absehbarer Zeit durch technische Innovationen zus~tzliche industrielle Verwendungen fiir das Gold er6ffnen, so wtirde sich seine Stillegung in den ReservekeUern der Zentralbank sehr schnell als ein Luxus erweisen, den man sich sicher nicht lange leisten wird. Dann wiirde die g~nzliche Demonetisierung sehr schnell voranschreiten.

V. Zusammenfassung der Ergebnisse

- - In den W~hrungskrisen der sechziger Jahre hat sich die wfihrungs- und preispolitische Situation des Goldes grundlegend veriindert. Durch die Spaltung des Goldmarktes in den Washingtoner Beschliissen hat das Gold seine im iiberlieferten Goldstandarddenken verankerte Position als ein- heidicher und universaler Wertrepriisentant endgiiltig verloren; damit ist zugleich die vom Internationalen W~lrungsfonds auf die Sicherung eines einheitlichen Preises gerichtete Gold- und Wiihrungspolitik end- giiltig gescheitert.

- - D i e Vorstellung yon einer dem Gold innewohnenden Wertstabilit~t basierte immer schon auf Fiktion und Wunschdenken. Auch in der Zeit des reinen Goldstandards, als das Metall selbst Umlaufrnittel war und sein Preis in einem festen Paritittsverhfiltnis zu nationalen W~hrungen stand, war es allen Kaufkraft- und Wertverfinderungen des Geldes unterworfen. Seit 194o bel~uft sich der Kaufkraftschwund des Goldes in US-$ auf etwa reichlich zwei Drittel; die durch Abwertungen ein- zelner W~hrungen erzielten Preissteigerungen k6nnen nicht als Aus- druck eines dem Gold innewohnenden festen Wertes angesehen werden.

- - H a n d in Hand mit der Verwendung der Sonderziehungsrechte ab i. Januar 197o wird auch die Bedeutung des Goldes als internationales Reserve- und Liquiditiitsmittel schrittweise abnehmen. Es ist aber vor-

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H e r b e r t Welse 367 Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm6gensanlage mad W~hrungsreserve

erst noch nicht damit zu rechnen, dab die W~ihrungsbeh/Srden auf die Verwendung des Goldes als Finanzierungsmittel ftir Zahlungsbilanz- tiberschtisse verzichten wollen.

- - In einem System generell flexibler Wechselkurse wiirde die wichtigste Funktion des Goldes - - als gemeinsame Referenzgrundlage fixer Aus- tauschbeziehungen - - sehr bald 1/tstig und deshalb auch hinf'~llig werden. Wenn die Wiihrungsbeh6rden das Gold in naher Zukunft iiberhaupt nicht mehr als internationale Liquidit~t bzw. als Reserven verwenden wollten, wtirde zugleich seine wirtschaftliche Position erheblich ver- schlechtert.

- - Ohne die ihm bisher zugeteilte monet~re Funktion ist Gold wirtschaftlich relativ nutzlos. Die bislang entwickelten Verwendungsm6glichkeiten als gewerblicher (industrieller) Rohstoff wiirden bei weitem noch nicht ausreichen, um das potentielle Angebot aus laufender Produktion und aus den bisher angesammelten sehr erheblichen Hortungs- und Spekula- tionsbest~nden zum derzeitigen Parititspreis yon 35 $ je Feinunze auf- zunehmen. ))Berechnungen<~, nach denen infolge einer angeblich rasch zunehmenden gewerblichen Nachfrage schon bald eine ernste Ver- sorgungslticke auf den Goldm~rkten entstehen werde, entbehren der realen Grundlage; sie basieren auf den aul3ergew6hnlichen Erfahrungen der W~hrungskrisen in den sechziger Jahren.

- - Z. Z. wird der Goldpreis auf den ~)offenen, M~rkten noch nachhaltig dutch die F, xistenz des Parit~itspreises gestiitzt, zu dem die W~ihrungs- beh6rden ihr Reservegold untereinander ))handeln<< bzw. siidafrikanisches Gold unter bestimmten Voraussetzungen zum festen Paritittspreis in ihre Reservebest~nde aufnehmen.

- - Wenn der Preis nicht mehr dutch amfliche Ankiiufe und Reservehaltung gesttitzt wird, wtirde das Gold angesichts der relativ geringen nicht- monetitren Nutzbarkeit sehr bald auch als private Verm6gensanlage fiir Hotter und Spekulanten relativ uninteressant werden.

- - U n t e r einer ))Demonetisierung<< des Goldes kann in der gegebenen Situation also keineswegs ein schnelles Absto13en des Wiihrungsgoldes auf die offenen Miirkte verstanden werden. Voraussichtlich miiBte das entmonetisierte Gold noch lange unter der Obhut eines internationalen Goldmanagements bleiben. Daftir wiirde sich ein international ver- walteter Gold-Fonds anbieten, aus dem die offenen M~rkte gespeist werden. Ein Vergleich mit der Behandlung des demonetisierten Silbers dutch das US-Treasury in den letzten hundert Jahren bietet sich dabei an.

- - Angesichts der Verantwortung, die den W~hrungsbeh6rden noeh fiir geraume Zeit mit der Stabilisierung der Goldmiirkte zufallt, liegt es nahe, das Gold bis auf weiteres noeh neben neuen, modemeren (rationaleren) Instrumenten als amtliehes internationales Reservemittel zu verwenden. Das gilt vor allem, solange ein System im Prinzip fester Austauseh- beziehungen beibehalten wird. Es ist aber aueh in einem flexiblen System w~thrungsteehnisch m6glich, wenn die Paritiit des Goldes zum Dollar

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368 Berichte Herbert Weise, Gold als gewerblicher Rohstoff, Verm~gensanlage und W~hrungsreserve

bzw. zu den SDR unvcr~xldert bleibt und sich die ~ibrigen W~hrungs- beh6rden nicht beeindrucken lassen, wenn der amtliche Goldpreis in ihrer nationalen WRhrung frci fluktuiert. Eine amtliche Erh6hung des Goldpreiscs in US-Dollar muB in jedcm Falle ausgcschlosscn werden - - nicht nut, um die Vertraucnssituation der neuen Sondcrziehungsrechtc nicht zu gefRhrdcn, sondcm vor allem, um die Wirtschas ncuer techniscb/industrieller Verwendungen des Mctalls nicht zu verschlechtcm. Eine Erh~hung des Preises aus Griinden der Angebotserh6hung ist ebcnf~lls yon der Hand zu weisen, da die Goldproduktion seit Abgang yore intcrnationalen Goldstxndard ein Niveau wie nie zuvor in dcr Wirtscbaftsgcschichtc erreicht hat; das gilt bcsondcrs im Vergleich zu dcn bisher entwickclten nicht-monc- t~ren Nutzungsm6glichkcitcn.