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Graphische Integration und W-Kurven. Von A. Huber in Freiburg (Sehweiz). Die folgenden Zeilen sollcn auf einen bisher unbeachteten Zusammenhang zwischen dan l~ngst bekannten 14Z-Kurven und einer erst in den letzten Jahrzehnten angcwendeten graphischen Integrations- methode fur gew5hnliche Differentialgleichungen erster Ordnung hin- weisen, die man gewShnlich als die Methode der Strahlkurven be- zeichnet~). Es zeigt sich n~mlich, da~ fur jene Richtungsfelder~ durch wr die W-Kurven bestimmt sind, die erw~hnte graphische Inte- grationsmethode sich besonders einfach gestaltet. Die ~ ~Linienelemente ciner cxpliziten gewiihnlichen Differential- gleichung erster Ordnung kann man offenbar so zu ~ 1 Biischeln zusammenfasscn, da~ deren Scheitel st auf einer vorgegebenen Kurve ~ S liegen. Die Triiger der Linicnelemcnte des Btischels mit dem Scheitel s, erftillen dann eine Kurve C~, und wenn s, die Kurve S durchliiuft, dana bilden die ihm zugeordneten Kurven Ci eine ein- paramctrige Kurvenschar {C,}. Hat man also die Schar {C,} ge- gebcn sowie die ihr zugeordn'ete Punktreihe {st} auf S, so kann man in bekannter Weise im Allgemeinen die durch einen beliebigen Punkt gehende Integralkurve n~herungsweise zeichnen. Dieses Ver- fahrcn ist nattirlich nur dann brauchbar, wenn insbesonders die Kurvenschar { Ci } leicht konstruicrt werden kann. Der denkbar ein- fachstc Fall liegt wohl dann vor, wenn {C,} tin Geradenbtischel und{ si } eine auf einer Geraden licgende und auf das Btischel pro- jektiv bezogene Punktreihe wird. Es scien also die Punktreihe und das Strahlenbiischel gegeben durch: {s,}:~+~.~,.~=~,+8.~ { } gl __ a~'x+bl'y+cl =;% Ci : g[~ ai x + b~ y + c~ o wobei aber der Scheitel a des Btischels nicht der Punktreihe ange- hSren daft. Die Differentialgleichung des so definierten Richtungs- feldes wird abet dana: ~) Vgl. etwa Fr. A. Willers, Die Methoden der praktischen Analysis~ Leipzig 1928. 23*

Graphische Integration und W-Kurven

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Page 1: Graphische Integration und W-Kurven

Graphische Integration und W-Kurven. Von A. Huber in Freiburg (Sehweiz).

Die folgenden Zeilen sollcn auf einen bisher unbeachteten Zusammenhang zwischen dan l~ngst bekannten 14Z-Kurven und einer erst in den letzten Jahrzehnten angcwendeten graphischen Integrations- methode fur gew5hnliche Differentialgleichungen erster Ordnung hin- weisen, die man gewShnlich als die Methode der Strahlkurven be- zeichnet~). Es zeigt sich n~mlich, da~ fur jene Richtungsfelder~ durch wr die W-Kurven bestimmt sind, die erw~hnte graphische Inte- grationsmethode sich besonders einfach gestaltet.

Die ~ ~ Linienelemente ciner cxpliziten gewiihnlichen Differential- gleichung erster Ordnung kann man offenbar so zu ~ 1 Biischeln zusammenfasscn, da~ deren Scheitel st auf einer vorgegebenen Kurve ~ S liegen. Die Triiger der Linicnelemcnte des Btischels mit dem Scheitel s, erftillen dann eine Kurve C~, und wenn s, die Kurve S durchliiuft, dana bilden die ihm zugeordneten Kurven Ci eine ein- paramctrige Kurvenschar {C,}. Hat man also die Schar {C,} ge- gebcn sowie die ihr zugeordn'ete Punktreihe {st} auf S, so kann man in bekannter Weise im Allgemeinen die durch einen beliebigen Punkt gehende Integralkurve n~herungsweise zeichnen. Dieses Ver- fahrcn ist nattirlich nur dann brauchbar, wenn insbesonders die Kurvenschar { Ci } leicht konstruicrt werden kann. Der denkbar ein- fachstc Fall liegt wohl dann vor, wenn {C,} tin Geradenbtischel u n d { si } eine auf einer Geraden licgende und auf das Btischel pro- jektiv bezogene Punktreihe wird. Es scien also die Punktreihe und das Strahlenbiischel gegeben durch:

{s,}:~+~.~,.~=~,+8.~ { } gl __ a ~ ' x + b l ' y + c l =;%

Ci : g [ ~ ai x + b~ y + c~ �9 o �9

wobei aber der Scheitel a des Btischels nicht der Punktreihe ange- hSren daft. Die Differentialgleichung des so definierten Richtungs- feldes wird abet dana:

~) Vgl. etwa Fr. A. Wil lers , Die Methoden der praktischen Analysis~ Leipzig 1928.

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346 A. Hu b er ~ Graphische Integration und W-Kurven.

y _ ~ y _ y _ 3 . ; ~ y _ L y _ 3 . g l y, _ _ g2 __

x - - ~ x - - ~ . - - , ~ .~ x - - ~-- -~ . gl Y~

- - ~ . c, - ~,. c~ - - ( ~ . al + ~ . a~ ) . x - - ( ~ . bl + ~ . b~ - - c~) . y +

- - ~ . ~ - - ~ . c~ - (~ . ~i + ~ . ~ - - ~ ) . ~ - - ( ~ . bl + ~ . . b._). y +

+ a2 �9 x . y + b~ . y 2

+ b ~ . x . y + a 2 . x ~ '

also die bekannte Differentialgleiehung der W-Kurven~). Der geometrisehe Grund hieftir ist aueh leicht einzusehen. Denn

ist I s~} die yore Biisehel {C t} anf S ausgesehnittene Punktreihe, so ist aueh { st } ~ { s', }. Sind nun b u n d c die Doppelpunkte dieser beiden Punktreihen, dann lassen alle Kollineationen der Ebene mit den Fix pnnkten a, b, c offenbar aueh die Zuordnung zwisehen den Punkten st und den Strahlen C, invariant, also aueh die nach der obigen Methode konstruierten Integralkurven, die daher mit den W-Knrven identiseh sind.

Anstatt auf versehiedene naheliegende Verallgemeinerungen einzugehen, mSge zum Sehlug noeh folgendes bemerkt werden: Es ist bekannt, dal~ die sogenannten ,,elementaren Integrationsmethoden" einander ~qnivalent sind, d. h. ftihrt bei einer Gleiehung eine Methode zum Ziel, dann gelingt in der Regel die Integration aueh naeh anderen. Die vorstehenden Zeilen bilden tin Beispiel dafiir, da~ dies aueh ftir die graphisehen Methoden zutrifft, da ja dig Integration der Gleiehung der W-Kurven bereits yon Jaeob i eben- falls ,,elementar" durehgeftihrt worden ist.

2) L i e - S c h e f f e r s , Vorlesungen tiber kontinuierliche Gruppen, Leipzig 1893, S. 77.

(Eingegangen: 13. XI. 1930.)