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W. Thirring Der Lebenslauf eines Sterns, wie er sich durcli konsequente Anwendung physikali- scher Theorien ergibt, fuhrt vom noch re- lativ kalteni Riesengasball uber cine nor- male Sonne his zur Supernova-Explosion. Das Endstadium ist ein Pulsar, umgeben von einer Nebelwolke aus Wasserstoff. Ncbenstehende Graphik veranschaulicht den Ablauf des Geschehens. Gravitation, Schicksal der Sterne Das Problem der Schwerkraft wurde von Einstein vor uber 50 Jahren im wesentli- chen gelost. Doch hat sich seither unser physikalisches Weltbild so weit geandert, dai3 sich eine Betrachtung dieses Problem- kreises aus der Schau unserer heutigenvor- stellungen von Teilchen und ihren Wech- selwirkungen empfiehlt [1,2].Derwesentli- che Zug der Gravitation wurde von New- ton in der bekannten Legende vom Apfel- baum visionar erfafit. Sie schildert uns die Universalitat der Schwerkraft, welcher al- les unterliegt, der Apfel, wir selber und der Mond. Wie wir im folgenden sehen werden, ist sie die Wurzel der Ausnahme- stellung der Gravitation unter den ande- ren Wechselwirkungen. Sie verandert nicht nur die Geometrie unseres Raum-Zeit- Kontinuums, sondern sie hebt auch ande- re Gegebenheiten der klassischen Physik auf und fuhrt letztlich zur Zerstorung der Materie. Die StHrke der schwachen Gravitation Vergleicht man die Gravitationswechsel- wirkungen mit anderen Wechselwirkun- gen der Elementarteilchen, so fallt zu- nachst die ungeheuere Schwache dieser Wechselwirkungen im Vergleich zu ande- ren ins Auge. Die relative Starke der vier fundamenta- len Wechselwirkungen kann fur die Gra- vitationswechselwirkung zu m 10-38, f u r die schwache Wechselwirkung zu G 10-5, fur die elektromagnetische Wechselwir- kung zu N 10-2 und fur die starke Wech- selwirkung zu etwa 10-1 angegeben wer- den. Daher hat die Gravitation bei Elementarteilchenprozessen keine Bedeu- tung: So wird etwa der Bohrsche Radius, der Radius der Bahn des Elektrons im Wasserstoff atom, wenn wir elektrische An- ziehung durch Gravitationsanziehung er- setzen, um den Faktor 1030 grofler, also von der Groaenordnung des Radius des Universums! Es konnen also mit Gravita- tionswechselwirkung keine Atome mit quantisierten Elektronenbahnen konstru- iert werden. Hier drangt sich zuerst die Frage auf, wie- so die Gravitation dann uberhaupt be- merkbar ist, wenn sie so ungeheuerlich schwacher ist als die anderen Wechselwir- kungen. Auf den ersten Blick scheint es daher zu kommen, daa sich fur makrosko- pische Korper die Gravitationswechselwir- Abb. 1. Elektrische Felder. Neben dem Feld einer elektrischen Punktladung ist das Feld zweier entgegengesetzter Ladungen - eines Dipols - aufgezeichnet. kungen addieren, wahrend die elektro- magnetischen Wechselwirkungen neutrali- siert werden. Denn es gibt ja positive und negative Ladungen, aber nur anziehende und keine abstogenden Massen. Man wird sich jedoch dann fragen, ob die Abschir- mung so vollstandig ist, dai3 nicht Effek- te hoherer Ordnung, wie Dipol- und Qua- drupol-Felder der elektromagnetischen und schwachen Wechselwirkung, uber die Gravitation dominieren. Abb. 1 zeigt, dai3 z. B. fur ein Dipolfeld das Neutralisie- rungsargument nicht mehr zutrifft. Doch es stellt sich heraus, dai3 diese Felder mit hoheren Potenzen des Abstandes ab- fallen. Die Dipolwechselwirkung [2] ent- halt zu l/r einen zusatzlichen Faktor (l/r)4 oder (A/r)5, wobei a eine fur die Wechsel- wirkung charakteristische mikroskopische Lange ist. Fur makroskopische Korper, fur die - N 10-10 ist, erhalt man somit die r a 17

Gravitation, Schicksal der Sterne

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Page 1: Gravitation, Schicksal der Sterne

W. Thirring

Der Lebenslauf eines Sterns, wie er sich durcli konsequente Anwendung physikali- scher Theorien ergibt, fuhrt vom noch re- lativ kalteni Riesengasball uber cine nor- male Sonne his zur Supernova-Explosion. Das Endstadium ist ein Pulsar, umgeben von einer Nebelwolke aus Wasserstoff. Ncbenstehende Graphik veranschaulicht den Ablauf des Geschehens.

Gravitation, Schicksal der Sterne Das Problem der Schwerkraft wurde von Einstein vor uber 50 Jahren im wesentli- chen gelost. Doch hat sich seither unser physikalisches Weltbild so weit geandert, dai3 sich eine Betrachtung dieses Problem- kreises aus der Schau unserer heutigenvor- stellungen von Teilchen und ihren Wech- selwirkungen empfiehlt [1,2].Derwesentli- che Zug der Gravitation wurde von New- ton in der bekannten Legende vom Apfel- baum visionar erfafit. Sie schildert uns die Universalitat der Schwerkraft, welcher al- les unterliegt, der Apfel, wir selber und der Mond. Wie wir im folgenden sehen werden, ist sie die Wurzel der Ausnahme- stellung der Gravitation unter den ande- ren Wechselwirkungen. Sie verandert nicht nur die Geometrie unseres Raum-Zeit- Kontinuums, sondern sie hebt auch ande- re Gegebenheiten der klassischen Physik auf und fuhrt letztlich zur Zerstorung der Materie.

Die StHrke der schwachen Gravitation

Vergleicht man die Gravitationswechsel- wirkungen mit anderen Wechselwirkun- gen der Elementarteilchen, so fallt zu- nachst die ungeheuere Schwache dieser Wechselwirkungen im Vergleich zu ande- ren ins Auge.

Die relative Starke der vier fundamenta- len Wechselwirkungen kann fur die Gra- vitationswechselwirkung zu m 10-38, fur die schwache Wechselwirkung zu G 10-5, fur die elektromagnetische Wechselwir- kung zu N 10-2 und fur die starke Wech- selwirkung zu etwa 10-1 angegeben wer- den. Daher hat die Gravitation bei Elementarteilchenprozessen keine Bedeu- tung: So wird etwa der Bohrsche Radius, der Radius der Bahn des Elektrons im Wasserstoff atom, wenn wir elektrische An- ziehung durch Gravitationsanziehung er- setzen, um den Faktor 1030 grofler, also von der Groaenordnung des Radius des Universums! Es konnen also mit Gravita- tionswechselwirkung keine Atome mit quantisierten Elektronenbahnen konstru- iert werden.

Hier drangt sich zuerst die Frage auf, wie- so die Gravitation dann uberhaupt be- merkbar ist, wenn sie so ungeheuerlich schwacher ist als die anderen Wechselwir- kungen. Auf den ersten Blick scheint es daher zu kommen, daa sich fur makrosko- pische Korper die Gravitationswechselwir-

Abb. 1. Elektrische Felder. Neben dem Feld einer elektrischen Punktladung ist das Feld zweier entgegengesetzter Ladungen - eines Dipols - aufgezeichnet.

kungen addieren, wahrend die elektro- magnetischen Wechselwirkungen neutrali- siert werden. Denn es gibt ja positive und negative Ladungen, aber nur anziehende und keine abstogenden Massen. Man wird sich jedoch dann fragen, ob die Abschir- mung so vollstandig ist, dai3 nicht Effek- te hoherer Ordnung, wie Dipol- und Qua- drupol-Felder der elektromagnetischen und schwachen Wechselwirkung, uber die Gravitation dominieren. Abb. 1 zeigt, dai3 z. B. fur ein Dipolfeld das Neutralisie- rungsargument nicht mehr zutrifft.

Doch es stellt sich heraus, dai3 diese Felder mit hoheren Potenzen des Abstandes ab- fallen. Die Dipolwechselwirkung [2] ent- halt zu l / r einen zusatzlichen Faktor (l/r)4 oder (A/r)5, wobei a eine fur die Wechsel- wirkung charakteristische mikroskopische Lange ist. Fur makroskopische Korper, fur

die - N 10-10 ist, erhalt man somit die r a

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mit d p = mdv. Setzt man die Unscharfe- relation ein, so folgt

= N W/(Zm(dx)2) Nullpunkt

und damit

Abb. 2. Der Virialsatz. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Gesamtenergie eines Systems gleich der ne- gativen kinetischen Energie.

vierzig Zehnerpotenzen zuruck, um wel- che die Gravitation schwacher ist, und sie beginnt, in das Bild zu treten.

Die Sterngleichung

Das Schicksal kosmischer Korper wird voll- standig von der SchwerkraR beherrscht, wie wir im folgenden studieren wollen. Naturlich ist ein wirklicher Stern ein ziem- lich kompliziertes Gebilde mit inhomoge- ner Dichte, Temperatur und chemischer Zusammensetzung. Dementsprechend ver- langen genaue Errechnungen uber Stern- entwicklung groflere Rechenmaschinen, von denen man dann ein Resultat er- halt, dessen physikalische Hintergrunde man erst erraten mu& Wir wollen deswe- gen von den feineren Zugen absehen und uns nur fur die Groflenordnungen inter- essieren, welche direkt aus den zugrunde liegenden physikalischen Gesetzen folgen. Fur ein System von N Fermionen, Teil-

Eges = 3/2.NkT + Nfi2/(2m(dx)2) (4) kin

oder fur ein einzelnes Teilchen

Mit dem Gravitationsgesetz berechnet man di,e mittlere potentielle Energie pro Teilchen E pot zu

cpot = N2r3 * a&c/dx, (6) wobei a G ss 10-38 die Gravitationskopp- lungskonstante bedeutet.

Fur KraRe, die quadratisch vom Abstand abhangen - wie di,e Gravitation - gilt der Virialsatz [3], nachdem die kinetische Energie des Systems gleich der halben ne- gativen potentiellen Energie und gleich der negativen Gesamtenergie ist. In Abb. 2 ist dies erliutert.

Damit erhalten wir die Endformel fur die Gesamtenergie pro Teilchen, das im Stern

chen also mit dem Spin ii/2 unter dem Ein- gebunden ist flu8 ihrer Schwerkraft, gilt fur die kineti- --E= 312 kT+h2/(2m(dx)2) sche Energie =a$12c N213/(dx). (7)

Eges = In dieser Formel (7) liegt das Leben und Sterben der Sterne besiegelt, wie wir noch sehen werden. Diese Gleichung Iaflt sich Sie setzt sich aus der Warmeenergie und auch in der Form der Nullpunktsenergie zusammen.

kin EWirme +- ENullpunkt *

Die Warmeenergie ist fur ein Teilchengas hoherTemperaturen auch im quantenme- chanischen Fall proportional der absoluten Temperatur T E T . arme = 312 * NkT, (2)

wobei k die Boltzmann-Konstante ist.

Die Nullpunktsenergie ist ein Phanomen der Quantenmechanik. Ober die Heisen- bergsche Unscharferelation

A x . Ap, N fi

wird durch einen vorgegebenen Ortsbe- reich d x dem Teilchen ein Impuls dpx ZU-

geschrieben. Nun sei Ax der mittlere Ab- stand unserer Teilchen. Es ergibt sich da- mit die Nullpunktsenergie zu

1 = N . W 2m = N.? .m.(dV)2 (3)

ENullpunkt

schreiben. Sie gibt die Veranderung der Sterntemperatur mit der Energie an. Sie ist in Abb. 3 graphisch dargestellt. Aus ihr ist zu entnehmen, dai3 sich bei Energieab- strahlung, die bei jeder Sonne aufiritt, der Stern zusammenzieht und erhitzt. Der Endpunkt dieses Verhaltens ist bei T =

T,,, erreicht

(8) 1

kT,,, = 7 mc2 (N/NJ4/s . Gleichzeitig ist

Ax, = b/(mc) . (N,JN)Z/$ und

Alle diese Folgerungen sind direkt aus Gleichung (7) abzuleiten. Zu beachten ist, dai3 Energieabgabe eine Vergroflerung des

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Abb. 3. (;csiimt:cncri:it: als 1:unktitin der Tenipm:ii:ur. Piramctcr ist dic 'l'cilchcn- zahl, auslplriickt in Vielfachen dcr kriti- smcn Tcilchcnzahl N,.

Betrags der negativen Gesamtenergie be- deutet, wie in Abb. 2 aufgezeichnet.

Tcilchcn scin. Was geschieht aber, wenn N sehr viel griifier als N, ist? Fur diesen Fall fiihrt die ubermfchtige Strahlungsenergie zu Instabilitaten, so dafl nur fur N = N, schone Sterne zu erwarten sind. Tatsach- lich liegen die meisten Sternmassen bei 1030 bis 1031 kg, entsprechend N x 1057,

Katastrophenfall: Supernova Die Ziindung des Kernbrennstoff es

Damit aus unserem System ein Stern wird, d. h. damit die Kernverschmelzungsreak- tion etwa nach folgendem Schema

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einsetzen kann, mussenTemperaturen von 109 K, aquivalent einer Energie von 10 bis 100 keV uber die Beziehung E = 3/2 kT erreicht werden. Der erste Faktor in Glei- chung (8) ist fur Elektronen etwa 160 keV. Es darf also der zweite Faktor (N/Nc)4/3 nicht viel kleiner als 1 sein, damit die Ziin- dung erfolgen kann. Anders formuliert: Die Teilchenzahl eines Systems, das ein Stern werden will, mug mindestens

1 4 H --+

1 2 H e + 2 e+ + 2ve + 25 MeV

Es gibt aber noch einen weiteren Effekt, der durch die spezielle Relativitatstheorie hereinkommt. Wenn bei Teilchenzahlen N>N, die Maximaltemperatur T,,, nach Gleichung (8) so hoch wird, dai3 die Elek- tronenenergie die der Ruhemasse mo aqui- valente Energie mOc2 ubersteigt, dann (spa- testens) mussen wir relativistisch rechnen. Eine VerEnderung erf'ahrt dabei die Null- punktsenergie, die wir nun uber den rela- tivistischen Energiesatz berechnen mussen.

= mc2 - mOC2 = re1 re1 kin Eges - ERuhe

Fur pc moc2 folgt E = pc. Mit der Hei- senbergschen Unschfrferelation ergibt sich schliefllich

E Nullpunkt = lic/(Ax)

Welche Folgen hat nun diese Ersetzung?

Das einzige Gegengewicht zur iibermach- tigen Gravitationsanziehung, die Null- punktsenergie, steigt bei weiterem Zusam- menziehen jetzt nicht mehr quadratisch sondern nur mehr linear mit l/(dx) an. Fur N > N, konnen also Bindungsener- gie und die Temperatur mit abnehmendem dx unbeschrankt anwachsen. Der genaue Wert der kritischen Teilchenzahl, bei wel- cher dies geschieht, wird etwas durch an- dere Wechselwirkungen beeinflufit, doch groflenordnungsmafiig wird er nur durch die Gravitationskonstante bestimmt. Der Effekt ist nun, dafi bei einem geniigend groi3en Stern der Nullpunktdruck der Elektronen dem Gravitationsdruck nicht mehr standhalten kann und eine jener kos- mischen Katastrophen eintritt, die uns als Supernovae erscheint.

Supernovae, thermodynamisch gesehen

Man kann den physikalischen Ursprung dieser Katastrophe auch von einer anderen Seite her beleuchtet [4]. Nach Gleichung

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(7) besitzt der Stern als Ganzes eine nega- tive spezifische Warme [5]

30 Hz. Sie ist vermutlich die Rotations- frequenz des Neutronensterns.

fuhrt die Gravitation letzten Endes prak- tisch zur Vernichtung der Materie.

C = d d d T < 0

(Abb. 3), d. h. er erhitzt sich bei Energie- abgabe! Dies 1auR unserer normalen An- schauung vollig zuwider, denn normaler- weise kuhlt sich ein Korper bei Energie- abgabe ab. Ein Korper mit einer solchen negativen spezifichen Warme kann nun mit einem Warmebad nicht in thermischem Gleichgewicht existieren, sondern es tritt eine Phasenumwandlung erster Art zu einem Zustand ein, bei dem der Korper wieder positive spezifische Warme hat. Die Ursache dieser Instabilitat, welche zur Phasenumwandlung fuhrt, liegt darin, dai3 der Korper bei einer kleinen positiven Veranderung seiner Temperatur Energie an das Wamebad abgeben wird. Dabei er- hitzt er sich und zwar schneller als das Warmebad (welches immer als vie1 groi3er angenommen wird), so dai3 sich der Tem- peraturunterschied nicht verkleinert, son- dern vergroi3ert. Es kann kein Gleichge- wicht erreicht werden, solange das System nichtwieder in einenzustand positiver spe- zifischer Wfrme gelangt. In unseremFal1 ist das heii3e Innere des Sterns als der Korper und der kiihlere aui3ere Teil als das War- mereservoir anzusehen, die Phasenum- wandlung ist die Supernovae. Sie geht un- ter Abgabe einer betrachtlichen Umwand- lungswarme, die wir zum Teil als strah- lende Helligkeit am nachtlichen Himmel sehen konnen, vor sich. In diesem Sinn war auch die Bemerkung am Anfang gemeint, dai3 die Gravitation manche Gegebenhei- ten der klassischen Physik stort. Die Po- sitivitat der spezifischen Warme folgt in der klassischen statistischen Mechaniks un- ter der wesentlichen Annahme, dai3 die Energie eine extensive Groi3e ist, d. h. E - N, und diese Voraussetzung ist hier verletzt, denn wir haben E -N5/3.

Die Endprodukte des Zusammenbruchs

Im beruhmten Fall des Crab-Nebels, einer von chinesischen Astronomen um das Jahr 1054 nach Christi beobachtete Superno- vae, wurde das Warmebad zum Nebel und der Reststern zum Pulsar N P 0532 in der Mitte. Unter Pulsar versteht man dabei einen Stern, der auf der Erde durch regel- mai3ige impulsartige Aussendung von elek- tromagnetischer Strahlung erkannt wird. Die Pulsationsfrequenz liegt ungefahr bei

Was kommt danach? Literatur

Bei diesem Zusammenbruch, auch Gravi- tationskollaps genannt, wird durch die Caltech. 1968; Verkleinerung desVolumens des Reststerns die Energie der Elektronen wegen ihrer Eigenschaften als Fermiteilchen so vergro- Gert, dai3 sie in die Protonen ,,hineinzu- kriechen" beginnen. Dieser Prozei3 ist der inverse P-Zerfall

e- + p -+ n + ve,

[l] R. Feynman, Lectures on Gravitation

R. Sex1 Fortschr. Phys. 15, 269 (1967).

[2] W. Thirring, Gravitation CERN Re- port 69-19.

[3] E. E. Salpeter, Quasistellar sources and gravitational collaps, ed. I. Robinson 1965.

es entstehen lauter Neutronen und Elek- tronenneutrinos. Letztere werden emit- tiert und verlassen den Stern mitsamt ihrer Energie auf Nimmerwiedersehen. Man sollte zunachst glauben, dai3 bei einem sol- chen Neutronenstern, also einem Atom- kern aus 1057 Neutronen mit einigen 10 Kilometer Durchmessern, die Kernkrafte uberwiegen. Dieses ist jedoch nicht der Fall, denn wir haben schon vorher gesehen, dai3 die Gravitationsenergie von der Gro- i3enordnung der Nullpunktsenergie der Teilchen - siehe Gleichung (7), das Glied 312 kT wird klein - wird, und die Kern- energie ist auch von dieser Groi3enord- nung. Unsere Betrachtungen anschlieflend an Formel (7) bleiben wieder gultig, nur dai3 m jetzt nicht die Elektronen-, sondern die Neutronenmasse bedeutet. Da jedoch die kritische Teilchenzahl N, = (a~)-3/2 nicht von der Masse abhangig war, ist eine zweite Katastrophe moglich. Es ist klar, dai3 im weiteren Verlauf der Dinge Ele- mentarteilchen mit hoherer und hoherer Masse'k entstehen werden, wobei sie aller- dings nicht so wie bei uns im Laborato- rium durch Aufprall mit groi3er kineti- scher Energie erzeugt werden, sondern sie werden sozusagen durch die Gravitation kalt gepreat. Das Ende dieser Geschichte ist wohl weitgehend ,,science fiction", wo- bei man allerdings vom heutigen Stand unseres Wissens schwer um den Schlui3 herumkommt, dai3 sich alles auf einen ma- thematischen Punkt zusammenzieht [6]. Wie dem auch immer sei, ein solcher Stern schniirt sich durch seine gewaltigen Gravi- tationskrafte dann so weit von der A d e n - welt ab, dai3 wir weder Licht noch Materie mit ihm austauschen konnen. Insofern

'$ Siehe P. Joos, Die Elementarteilchen. Physik in unserer Zeit, 1, 8 (1970)

[4] W. Thirring, Systems of negativ speci- fic heat. Im Erscheinen.

[5] L. Landau, E. Lifshitz, Statistische Phy- sik, Akademie V.erlag, Leipzig 1966.

[6] J. Wheeler, Gravitation and Relativity, Benjamin, New York (1964).

Professor Dr. W. Thirring, geboren am 29. April 1927 in Wien; Studium der theoretischen Physik in Innsbruck und Wien, Promotion zum Doktor der Philo- sophie an der Universitat Wien im Fruh- jahr 1949. 1949-50 Assistent am Dublin Institute of Advanced Studies, 1950 Assi- stent an der Glasgow UniversitEt, 1950- 51 Assistent am Max-Planck-Institut in Gottingen, 1951-52 Assistent an der Eid- genossischen Technischen Hochschule Zii- rich, 1952-53 Assistent an der Universitat Bern, 1953-54 Assistent am Princeton In- stitute of Advanced Study, 1954-56 DO- zent an der Universitat Bern, 1956-57 Gastprofessor am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA, 1957- 58 Gastprofessor an der University of Washington, Seattle, USA, 1958 Professor an der Universitat Bern, 1959 Professor an der Universitat Wien, seit Sommer 1968 Direktor der Abteilung fur Theoretische Physik in CERN.

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