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Greenpeace 30 Jahre

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30 Jahre Greenpeace

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Page 1: Greenpeace 30 Jahre
Page 2: Greenpeace 30 Jahre

2/3 No Bombs – Green Peace! Die ersten Taten von Greenpeace Editorial: Geburtstagsgrüße aus der Geschäftsführung

4/5 Nordsee in Not: Start von Greenpeace Deutschland

6/7 Dicke Luft: Chemiefabrik bekommt Gegenwind Ballonfl ug in „die Zone“: Greenpeace gegen Atomwaffentests Auckland 1985: Der Anschlag auf die „Rainbow Warrior“

8/9 Schwimmendes Labor: „Beluga“ auf Schmutzfl üssen Gegen versalzene Flüsse: Salz in die Wunde

10/11 Achtung, Ozonloch! Aufstand gegen FCKW Coole Erfi ndung: Der „Greenfreeze“ „Return to sender!“ Giftmüll-Skandal entdeckt

12/13 Ausnahme-Aktion: Die Besetzung der „Brent Spar“

14/15 3-Liter-Auto: Der „SmILE“ Endlich grüner Strom: Greenpeace Energy Schiffsanstrich: „God Save the Queen from TBT“

16/17 Jeder Baum zählt: Rettung der letzten Urwälder „Amazon Crime“ Vom Schlauchboot zum Verhandlungstisch „Waldkindergarten“ mal anders

18/19 „SOS Weltmeer“-Tour Mission: Meeresschutz

20/21 Große Liebe: Greenpeace kämpft für Wale Die letzte Reise eines Finnwals 1:1 Riesen der Meere im Ozeaneum

22/23 Sylter Außenriff: Erst Worte, dann Steine Energie-Kampagne: Gegen Atom- und Kohlekraft

24/25 Heiß-kalte Abenteuer: Zwei Frauen auf Expedition Iris Menn im Eis Corinna Hölzel im Urwald „Klimagipfel“: CO²penhagen

26/27 Gen-Pfl anzen sind tabu: Gegen Gentechnik „Amfl ora“, mach dich vom Acker! Bittersüße Schokolade: „Give the Orang-Utan a break!“ Späte Einblicke: Die Gorleben-Akten

28 Impressum

Inhalt:

Mit Peace-Zeichen und Siegerpose: die Teilnehmer der ersten Greenpeace-Aktion, 1971.

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde, Förderer und Mitstreiter von Greenpeace!

Anfang der 1980er Jahre waren Umweltschutz und Umweltbewusstsein in Deutschland kaum bekannte Begriffe. Wer sich für die Natur en-gagierte, wurde als Romantiker oder Hippie belächelt. Die Liste gängiger Umweltsünden war lang. Ein paar Beispiele: Flüsse dienten als Abwasserkanäle der Indus-trie, auf See wurden Dünnsäure verklappt, Atommüll entsorgt und Chemikalien ver-brannt. Autos hatten weder „Kat“, noch blei-freien Sprit, und Vielfl iegerei galt als schick. Strom erzeugte man nur aus fossilen Brenn-stoffen und in Atomkraftwerken. Für die meisten Menschen kam er einfach aus der Steckdose. FCKW zerstörten die Ozonschicht, Dioxin und andere Gifte aus Fabrikschloten bescherten uns sauren Regen. Und wer Eier von glücklichen Hühnern oder Früchte ohne Pestizide wollte, musste sich als Hobbyfarmer betätigen. Es herrschte offenbar die Meinung vor, unser Planet sei so etwas wie ein Discounter, in dem sich jeder bedienen könne, ohne auf den Preis zu achten. Viele Menschen dachten naiv, die Erde sei unverwüstlich, und ihre Ressourcen seien unerschöpfl ich. Heute weiß man es bes-ser. Mittlerweile ist die Umweltbewegung groß und stark geworden – und in etwa so alt wie Greenpeace Deutschland: 30 Jahre. Mit 30 sind auch wir nicht mehr grün hinter den Ohren, aber im Herzen grüner denn je. Unsere Banner sind nach wie vor handgemalt, aber unsere Flyer nicht mehr schwarzweiß. Und wir sind so mutig, kämpferisch und kre-ativ wie zu Beginn. Mit vielen ungewöhnlichen Aktionen und mit hartnäckiger politischer Arbeit hat Greenpeace dazu beigetragen, dass Umwelt- und Klimaschutz heute in aller Munde sind und auf der Tagesordnung quasi

jedes Unternehmens stehen: vom Autobauer bis zur Modefi rma, von der Versicherung bis zum Ferienressort. Unser Erfolg ließ uns wachsen: Mit Büros in mehr als 40 Ländern sind wir heute weltweit vertreten und bekannt. Wir werden von Poli-tikern und Konzernen respektiert und zu Ge-sprächen eingeladen. Für Verbraucher sind wir in Umweltfragen von A bis Z der erste Ansprechpartner. Greenpeace hat Gewicht: Die Unterstützung unserer aktuell rund 3.000 Ehrenamtlichen und 560.000 Fördermitglieder in Deutsch-land schenkt uns Handlungsspielraum und hilft uns, den notwendigen Druck auf Ver-antwortliche auszuüben. Und – sie sichert unsere Unabhängigkeit. Greenpeace nimmt kein Geld von Industrie, Politik oder von Par-teien. Ohne unsere zahlreichen Unterstützer hätten wir zum Beispiel keinen umfassenden Schutzvertrag für die Antarktis (1991), kein Versenkungsverbot für Ölplattformen in der Nordsee (1998) und keinen Einschlagstopp für 28 Millionen Hektar Wald in Kanada (2010) erreicht. Ohne sie würde man uns immer noch als Romantiker oder Hippies belächeln. Dank Ihrer Hilfe haben wir in 30 Jahren großar-tige Erfolge erreicht. Leider bleibt noch genug zu tun: Engagieren Sie sich mit uns gegen die Ausbeutung der Meere und für eine schonende Fischerei. Unterstützen Sie unsere Aktionen gegen Urwaldvernichtung und für eine nach-haltige Forstwirtschaft. Stärken Sie unsere Kampagnen gegen gefährliche Atomkraft, ge-gen klimaschädliche Kohlekraft und für den Klimaschutz sowie den Ausbau der Erneuer-baren Energien. Machen Sie mit bei unserer Arbeit gegen Gentechnik und Pestizide und für eine ökologische Landwirtschaft. Bitte helfen Sie uns weiterhin, unsere Erde grün, artenreich und lebenswert zu erhalten. Vielen Dank!

Ihre Brigitte Behrens und Roland Hipp

Editorial:

Geburtstagsgrüßeaus der Geschäftsführung

Brigitte Behrens, Geschäftsführerin Roland Hipp, Kampagnengeschäftsführer

No Bombs – Green Peace!

Die ersten Taten imNamen von Greenpeace

1971 tut sich ein Dutzend kanadischerAntikriegsaktivisten zusammen, um gegen Atomwaffen zu protestieren. Die US-Regie-rung plant einen Atombombentest bei der Aleuten-Insel Amchitka vor Alaska. Den wol-len die kanadischen Aktivisten durch fried-lichen Widerstand verhindern: Die Männer beschließen, nach Amchitka zu fahren und sich so lange im Sperrgebiet aufzuhalten, bis die USA ihre militärischen Pläne ändert. Als Aktionsschiff muss ein alter, klappriger Fischkutter namens „Phyllis Cormack“ her-halten. Am 15. September sticht eine zwölf-köpfi ge Crew im Hafen von Vancouver in See. Da die Aktivisten sowohl für die Um-welt als auch für den Frieden eintreten, tau-fen sie ihre Expedition und später sich selbst„Grüner Frieden“ – „Greenpeace“.Als die „Phyllis Cormack“ nur zwei Wochen

nach Abreise von der Küstenwache gestoppt und beschlagnahmt wird, scheint die Ak-tion gescheitert. Schnellstmöglich treiben die Umweltschützer ein zweites Schiff auf – doch sie schaffen es nicht mehr nach Amchitka. Am 6. November 1971 wird die Atombombe gezündet. Trotz dieser Nieder-lage haben die Greenpeace-Pioniere eine Menge erreicht: Ihre mutige Aktion interes-sierte die Medien brennend und erreichte so hunderttausende Menschen. 1972 bricht die US-Atomenergiebehörde die Testserie bei den Aleuten ab.Auch noch in den folgenden Jahren macht sich Greenpeace gegen Atomwaffen stark – mit Aktionen und politischer Arbeit. 1975 kommen erstmals weitere Themen dazu, deren sich Greenpeace annimmt. Erstens der Schutz der Wale, die schon seit Jahr-

hunderten auf grausame Weise gejagt und getötet werden. Und zweitens die Rettung von Robbenbabys, die in Nordkanada zu Tausenden für ihr weißes Fell erschlagen werden.Binnen weniger Jahre entwickelt sich Green-peace zu einer internationalen Non-Profi t-Umweltorganisation, gewinnt einen hohen Bekanntheitsgrad und viele Fans und Unter-stützer. Es entstehen Greenpeace-Gruppen in den USA, Dänemark, Frankreich, Groß-britannien, Neuseeland und Australien. Im holländischen Amsterdam richtet Green-peace 1979 seine Zentrale ein.

Auch in Deutschland hört man von den tatkräftigen Umweltschützern und will sich ihnen anschließen …

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Page 3: Greenpeace 30 Jahre

Mit Ausblick auf das Abfl ussrohr hat sich Greenpeace-Aktivist Harald Zindler per Rettungsinsel an ein Verklappungsschiff von Kronos Titan gekettet.

Mit Ausblick auf das Abfl ussrohr hat sich Greenpeace-Aktivist Harald Zindler per Rettungsinsel an ein Verklappungsschiff von Kronos Titan gekettet.

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Schwermetall

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Blei, Chrom

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Kadmium, Kup

fer, Nickel,

Titan und Z

ink.

Dünnsäure

Gründer (v. li.): Heinrich Bauer, Gerhard

Wallmeyer, Monika Griefahn, Harald Zindler,

Wolfgang Fischer und Gerd Leipold.

Greenpeace Deutschland hat verschiedene Wurzeln: 1979 gründet sich in Bielefeld

der „Verein zur Rettung und Erhal-tung von Walen und Robben“ – er sieht sich als deutscher Ableger der Umweltorganisation. Doch auch der „Kölner Arbeitskreis Chemische Industrie“ und Gruppen in Kiel, Hamburg, Bremen und Münster identifi zieren sich mit Greenpeace und pfl egen Kontakte zum hollän-dischen Greenpeace-Büro, das es bereits seit 1978 gibt. Alle Aktiven teilen zu dieser Zeit ein Ziel: Sie wollen das Meer schützen. 1980 formiert sich ein Team, das an einer Greenpeace-Kampagne ge-gen die damals noch legale Dünn-säure-Verklappung in der Nord-see mitwirkt. Im Visier stehen

die deutsche Bayer AG und der US-Chemie-konzern Kronos Titan, der Werke in Le-verkusen und Nordenham betreibt. Bei-de Konzerne leiten giftige Dünnsäure in die Nordsee und verursachen Plankton-Sterben und totkranke Fische. Flundern mit Flossenfäule und Kabeljau mit Ge-schwüren bieten einen ekeligen Anblick. Fischer müssen bis zu ein Drittel ihres Fangs wieder über Bord werfen.Die Umweltschützer handeln: Sie beset-

Gründer (v. li.): Heinrich Bauer, Gerhard

Wallmeyer, Monika Griefahn, Harald Zindler,

der „Verein zur Rettung und Erhal-tung von Walen und Robben“ – er sieht sich als deutscher Ableger der Umweltorganisation. Doch auch der „Kölner Arbeitskreis Chemische Industrie“ und Gruppen in Kiel, Hamburg, Bremen und Münster identifi zieren sich mit Greenpeace und pfl egen Kontakte zum hollän-dischen Greenpeace-Büro, das es bereits seit 1978 gibt. Alle Aktiven teilen zu dieser Zeit ein Ziel: Sie wollen das Meer schützen. 1980 formiert sich ein Team, das an einer Greenpeace-Kampagne ge-gen die damals noch legale Dünn-säure-Verklappung in der Nord-see mitwirkt. Im Visier stehen

die deutsche Bayer AG und der US-Chemie-konzern Kronos Titan, der Werke in Le-

Die Schwimmer klettern etwas benom-men zurück an Bord der „Sirius“. Einer hat Dünnsäure geschluckt, ein anderer etwas davon ins Auge bekommen. Es brennt. Ein dritter steht noch unter Schock, da er ge-fährlich dicht an der Schiffsschraube der „Kronos“ vorbeischwimmen musste. Mo-nika Griefahn, erste Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland und später SPD-Politikerin, schreibt in ihrem 1983 erschie-nenen Greenpeace-Buch:Ungefähr 40 Minuten hat die Aktion gedau-ert, doch sie ist ein großer Erfolg. Die ,Kro-nos‘ musste mit einem Drittel ihrer Ladung zurückfahren. Siegerstimmung will jedoch nicht so recht aufkommen, denn wir wis-

Nordsee in Not:

Start von Greenpeace Deutschland

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zen die Dünnsäure-Verladebrücken vonKronos Titan und Bayer, leinen Rettungs-inseln am Verklappungsschiff „Kronos“ an, um es am Auslaufen zu hindern. Weitere Aktivisten kippen missgebildete Fische vor das Bayer-Werk in Brunsbüttel und das Hydrographische Institut in Hamburg, das die Verklappung genehmigte.Das Presseecho ist groß, die frechen, aber friedlichen Aktionen – typisch für Green-peace – ernten Anerkennung. Motiviert beschließen die Aktivisten, sie wollen of-fi ziell Greenpeacer werden! Im November 1980 gründen sie die deutsche Vertretung der Organisation, das neunte Greenpeace-Büro nach Kanada, Holland, den USA, Dä-nemark, Frankreich, Großbritannien, Neu-seeland und Australien.Im Oktober 1981 wagt Greenpeace eine weitere Konfrontation mit Kronos Titan. In Amsterdam geht ein internationales Team mit einigen Journalisten an Bord des Aktionsschiffs „Sirius“. In einem Verklap-pungsgebiet nordwestlich der Insel Helgo-land wollen sie den Chemiemüllfrachter „Kronos“ durch eine lebende Sperre aus Schwimmern und Aktivisten in Schlauch-booten zwingen, das Dumpen einzustellen. Über Funk streitet sich der Greenpeace-Rechtsanwalt Lutz von Arnstedt mit dem „Kronos“-Kapitän. Auszüge des Gesprächs:

Greenpeace-Anwalt: Ja, „Kronos“, hier ist die

„Sirius“, wir fordern Sie auf, das Dumpen in diesem

Gebiet einzustellen und uns Proben auszuhändigen. (...)

Giftmüll-Kapitän: (...) Nehmen Sie die Boote von

meinem Steven weg. Ich hafte für keine Sache, die Sie

sich selber zufügen.Lutz: (...) Wenn Sie so weitermachen, sehen Sie, dass

Sie Menschenleben gefährden. Wenn Sie das in Kauf

nehmen, müssen Sie sich hinterher auch gefallen lassen,

dass es einer juristischen Wertung unterzogen wird.

Kronos: Sie kommen doch auf mein Schiff.Lutz: Wir wollen nicht auf Ihr Schiff kommen, (...) das

haben wir gestern schon versucht klarzustellen, dass

wir nicht versuchen, Sie zu entern, und dass wir keine

Gewalt gegen Sie anwenden.Kronos: Und wenn ich stoppe, muss ich das Pumpen

einstellen.Lutz: Das ist Ihr Problem, ja.Kronos: (...) Also muss ich weiterfahren, solange ich

verklappe. (...)Lutz: Sie nehmen es in Kauf, Menschen zu gefährden,

eventuell zu töten. Die Leute machen von ihrem Recht

Gebrauch, in der Nordsee zu schwimmen. Sie gefährden

sie mit dem Propeller des Schiffs und mit der Säure,

die Sie verklappen.Kronos: Die Leute haben bewusst in meiner Dünnsäure

gebadet, also scheint’s ihnen gar nicht zu schaden.

Lutz: Sie legen einen Zynismus an den Tag, den ich

nicht gutheißen kann. (...)Kronos: Sie stören erheblich meine Manövrierfähig-

keit, wenn wir uns ständig unterhalten. (...)Lutz: Ja, das ist richtig. (...) Wir weisen Sie darauf

hin, dass das, was wir hier machen, heute Abend in der

Tagesschau sein wird, in Tagesthemen, dass wir von

der schreibenden Presse viele Leute haben, dass ein

Helikopter da ist, und auch die Gespräche mit Ihnen sind

aufgezeichnet worden. (...)Kronos: Ich gehe jetzt südlich aus dem Verklappungs-

gebiet raus, stelle die Verklappung ein und fahre wieder

nach Nordenham.Lutz: Ja, okay, wir wollen dann keine Schwimmer mehr

vor Ihnen aussetzen. (...)Kronos: Die Pumpen werden abgestellt.

sen, wenn wir wegfahren, fährt die ,Kronos‘ gleich wieder hinaus. Was tun? Hierbleiben und auch noch das nächste und übernächste Mal behindern? Oder nach Hamburg fahren und weiterhin Druck auf die Behörden und die Firma machen? Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns, erst mal nach Ham-burg zu fahren und abzuwarten, wie das DHI (Deutsches Hydrographisches Institut) seine nächste Verklappungsgenehmigung aussprechen wird. Wiederkommen können wir allemal.

Greenpeace-Erfolg: Seit dem 1. Januar 1990 ist die Verklappung von Dünnsäure in der Nordsee verboten.

1980 Gründung

von Greenpeace Deutschland e.V.

1981 Greenpeace

Deutschland wird als gemeinnützig aner-kannt. Das Büro zieht von Bielefeld nach Hamburg in das „Haus der Seefahrt“. (Foto: Greenpeacer absolvie-ren ein Klettertraining im Treppenhaus.)Zu dieser Zeit unter-stützen rund 1.500 Förderer Greenpeace mit Spenden. Die Arbeit wird noch eh-renamtlich bewältigt.

Aktion gegen Boehringer in Ham-burg, 26 Stunden har-ren Greenpeace-Akti-visten auf dem Schlot der Chemiefabrik aus.

Auf Neufundland be-sprühen Greenpeacer Jungrobben mit grüner Farbe, so dass ihr Fell für die Jäger wertlos ist.

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Page 4: Greenpeace 30 Jahre

Dicke Luft:

Chemiefabrikbekommt Gegenwind

Die „Eintrittskarte“,

ein Lieferschein der

frei erfundenen Firma

„Friedemann Grün“. Auckland 1985:

Der Anschlag aufdie „Rainbow Warrior“

Ballonfl ugin „die Zone“:

Greenpeace protestiert gegen Atomwaffentests

Gesprengt und halb versenkt: die zerstörte „Rainbow Warrior“ im Hafen von Auckland.

Heißluftballon „Trinity“ (Dreifaltigkeit) von einem Sportplatz in Berlin-Wilmersdorf, überfl iegen die Mauer und landen in der DDR. Dort werden die beiden Männer nach fünfstündigem Verhör abgeschoben.

Die „Eintrittskarte“,

ein Lieferschein der

frei erfundenen Firma

„Friedemann Grün“.

Ballonfl ug

Greenpeace protestiert

Links die Schorn-stein-Besteiger von Greenpeace, Harald Zindler und Peter Kri-chel, rechts die Mitarbeiter von Boehringer.

Zu Wasser und zu Lande kämpft Green-peace gegen chemische Umweltverschmut-zung, so ab 1981 gegen die Chemiefabrik Boehringer in Hamburg-Billbrook. Boehrin-ger stellt Unkraut- (HCH) und Insektenver-nichter (2,4,5-T) her und entlässt giftige dioxinhaltige Emissionen. Krebserregende Rückstände aus der Produktion der Pes-tizide und Insektizide waren im Grund-wasser und auf Wiesen und Äckern rund um das Werksgelände gefunden worden. Als Protest gegen die Dioxin-Schleuder

Boehringer besetzen zwei Greenpeace-Akti-visten im Juni 1981 26 Stunden lang einen Schlot der Fabrik. Getarnt als Firma „Frie-demann Grün“ und mit falschen Papieren gelangten sie mit einem Lieferwagen auf das Werksgelände.Greenpeace-Erfolg: Nach jahrelangem Kampf reagieren Hamburgs Behörden und Politiker: Boehringer bekommt die Aufl age, seinen Dioxin-Ausstoß drastisch zu verrin-gern. Als dies nicht geschieht, wird die Fa-brik geschlossen.

Gegen die Atomwaffentests der vier Mächte USA, Großbritannien, Russland und Frank-reich protestiert Greenpeace im August 1983 aus der Luft: Der Greenpeacer Gerd Leipold und der Pilot John Sprange starten mit dem

Ein Schock für Greenpeace: Um gegen französische Atomtests zu protestieren, sind Greenpeacer mit dem Aktionsschiff „Rainbow Warrior“ auf dem Weg zum Mo-ruroa-Atoll im Südpazifi k. In Auckland, Neuseeland, explodiert am 10. Juli 1985 eine Sprengladung an Bord und tötet einen portugiesischen Greenpeace-Fotografen, Fernando Pereiras. Zum Attentat bekennt sich später der französische Geheimdienst. Vor Gericht werden zwei verantwortliche

französische Agenten zu Gefängnisstra-fen verurteilt, Frankreichs Geheimdienst-chef Lacoste und Verteidigungsminister Hernu müssen zurücktreten, Frankreich muss Greenpeace und der Familie des To-ten Schadenersatz zahlen. Vorerst schließt Greenpeace sein Büro in Frankreich. Nach dem Motto „Einen Regenbogen kann man nicht versenken“, erwirbt Greenpeace eine Nachfolgerin: Aus einem schottischen Fischtrawler wird die „Rainbow Warrior II“.

Gerd Leipold &

John Sprange

Hei luftballon Trinity

1982 Die Europäische Ge-

meinschaft (heute: EU) verbietet die Einfuhr von Jungrobbenfellen.

Die Internationale Walfangkommission (IWC) beschließt einen Walfangstopp ab 1986.

1983 Die London Dumping

Convention beschließt, für zehn Jahre keinen Atommüll mehr im Meer zu versenken.

Start der Antarktis-Kampagne. Green-peace fordert einen „Weltpark Antarktis“, um den Kontinent vor einem Ressourcen-Ab-bau zu schützen.

1984 Das Aktionsschiff

„Sirius“ und 50 Fisch-kutter protestieren an der Pier der Dünnsäure-verklappungs-Schiffe von Kronos Titan.

Im Hamburger Greenpeace-Büro arbeiten 14 Festange-stellte. Der Verein hat mittlerweile 65.000 Förderer.

1985 Das deutsche Schiff

„Beluga I“ startet seine Forschungstour über verschmutzte Flüsse.

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Page 5: Greenpeace 30 Jahre

Anfang der 80er Jahre sind Europas Flüsse – darunter Rhein, Weser, Elbe, Donau und Seine – zu Kloaken verkommen. Viele Fa-briken haben sich an Flüssen angesiedelt und benutzen diese als billige „Müllab-fuhr“. Besonders schlimm sündigen ne-ben Chemiefabriken wie Bayer und BASF die Papierhersteller, die Chlorbleiche-Ab-wässer einleiten. Außerdem landen im Wasser Gifte wie Arsen, Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Chrom und Queck-silber sowie Dünger, Unkraut- und In-sektenvernichtungsmittel aus der Land-wirtschaft. Die Verschmutzung des Rheins ist katas-trophal. Die Wasserwerke haben große Probleme, aus dem Grundwasser des Rheintals Trinkwasser zu machen. Der Elbe ergeht es kaum besser. Gerhard Wallmeyer, Fundraising-Leiter und Gründungsmitglied von Greenpeace, erinnert sich an den Zustand der Elbe

in Hamburg: „Das war kein Wasser mehr, sondern eine einzige Drecksbrühe. Die Elbe stank zum Himmel. Besonders heftig war der stechende Phenol-Geruch. Baden in der Elbe war verboten, Angeln ebenso.“ Kläranlagen sind damals Mangelware, oder sie fi ltern nur grob. Zwar gibt es Ein-leitbegrenzungen seitens der Wasserbe-hörden der einzelnen Länder, doch diese werden oft nicht eingehalten. Zudem sind die Angaben damals noch geheime Ver-schlusssache. Ein Fall für Greenpeace. Die Umweltschüt-zer fordern das „Gläserne Abfl ussrohr“: Was in die Flüsse gelangt, soll öffentlich werden. Greenpeace beschließt, nach über-mäßigen Gifteinleitungen zu fahnden, Wasserproben zu nehmen und diese che-misch zu untersuchen. Mit wissenschaft-

Im September 1986 kippen Greenpeacer aus Ost- und Westdeutschland einen Zentner Salz vor das damalige DDR-Um-weltministerium. Das Salz ist aus Werra- und Weserwasser destilliert und stammt aus Kali-Bergwerken der DDR. Es hat-te die Flüsse versalzen und Süßwas-serfi sche aussterben lassen. Nach der Wende wurden die Salzein-leitungen drastisch reduziert. Aktuell beantragen die Werke wieder eine Erhöhung…

Anfang der 80er Jahre sind Europas Flüsse – darunter Rhein, Weser, Elbe, Donau und Seine – zu Kloaken verkommen. Viele Fa-briken haben sich an Flüssen angesiedelt und benutzen diese als billige „Müllab-fuhr“. Besonders schlimm sündigen ne-ben Chemiefabriken wie Bayer und BASF die Papierhersteller, die Chlorbleiche-Ab-wässer einleiten. Außerdem landen im Wasser Gifte wie Arsen, Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Chrom und Queck-silber sowie Dünger, Unkraut- und In-sektenvernichtungsmittel aus der Land-wirtschaft. Die Verschmutzung des Rheins ist katas-trophal. Die Wasserwerke haben große Probleme, aus dem Grundwasser des Rheintals Trinkwasser zu machen. Der Elbe ergeht es kaum besser. Gerhard Wallmeyer, Fundraising-Leiter und Gründungsmitglied von Greenpeace, erinnert sich an den Zustand der Elbe

in Hamburg: sondern eine einzige Drecksbrühe. Die Elbe stank zum Himmel. Besonders heftig

Schwimmendes Labor:„Beluga“ im Einsatzauf Schmutzfl üssen

lich fundiertem Beweismaterial sollen die Umweltsünder öffentlich unter Druck ge-setzt und zum Handeln bewegt werden. Dazu braucht Greenpeace ein Schiff: Ein Spendenaufruf bringt 1,4 Millionen Mark ein. Es reicht für ein ausrangiertes Feuer-löschboot Baujahr 1961, das Greenpeacer und freiwillige Helfer in hunderten Ar-beitsstunden in ein Aktionsschiff mit Chemielabor umwandeln. Nach dem wei-ßen Flusswal taufen sie es „Beluga“. Zwi-schen 1985 und 1987 ist die „Beluga“ mit Aktivisten und Wissenschaftlern unter anderem auf Elbe, Weser und Rhein un-terwegs. Gerhard Wallmeyer: „Für unsere Kontrol-len beschafften wir uns zunächst die ge-heimen Listen mit den behördlichen Ein-leitgenehmigungen, da hatten wir gute Kontakte. Um zu den Abwasserrohren zu gelangen, die sich in der Regel tief unter Wasser befanden, mussten wir Taucher einsetzen. Die Wasserproben haben wir dann gleich an Bord der ,Beluga‘ unter-sucht – und fast immer illegale Mengen an Chemiekalien und sonstigen gefährlichen Stoffen gefunden. Quasi täglich deckten wir einen Skandal auf.“

Greenpeace-Erfolg: Durch Kampagnen und die „Beluga“-Einsätze trug Greenpeace wesentlich dazu bei, dass neue und besse-re Kläranlagen gebaut wurden und das Einleiten von Industrieabwässern in Flüs-se mittlerweile besser kontrolliert wird.Außerdem sind die Unterlagen der Wasser-behörden heute für jeden einsehbar – und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Gegen versalzene Flüsse:

Salz in die Wunde

Die „Beluga I“ auf der Weser: Green-

peace-Taucher befördern die giftigen

Abwässer der Firma Knoll (heute

BASF) an die Oberfl äche.

Klein, aber wirkungsvoll:

Das Chemielabor unter

Deck auf der „Beluga I“.

1986 Das 1982 von der

IWC beschlossene Moratorium gegen den kommerziellen Walfang tritt in Kraft.

Im AKW Tscherno-byl, Ukraine, kommt es zum Super-GAU. Seitdem protestiert Greenpeace vehement gegen die Nutzung der Atomenergie.

1987

Greenpeace eröffnet eine Station in der Ant-arktis zur Dokumenta-tion von Umweltpro-blemen.

Bäume pfl anzen ge-gen das Waldsterben: Greenpeace gründet das Bergwaldprojekt.

Nach langjährigen Greenpeace-Protesten wird die Giftmüllver-brennung auf der Nordsee eingestellt.

1988

Start der Kampagne gegen illegale Giftmüll-exporte aus Industrie-ländern nach Afrika, Südamerika und Osteuropa.

1989

Das Greenpeace-Schiff „RainbowWarrior II“ wird in Hamburg eingeweiht.

Gerhard Wallmeyer, Fundraising-Chef, seit 30 Jahren bei Greenpeace.

Die exakte Menge destilliertes Salz wirkt harmlos. Heute arbeitet Greenpeace plakativer, würde symbolisch eine ganze Wagenladung Salz auskippen.

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Page 6: Greenpeace 30 Jahre

Im Frühjahr 1989 kassiert Hoechst eine verbale Ohrfeige von Greenpeace.

Der Konzern soll endlich aus derFCKW-Produktion aussteigen. Das Banner

hägen Kletterer schön exponiert aneinen Hafenkran von Hoechst in Frankfurt.

Im Frühjahr 1992 fi ndet Greenpeace heraus, dass sich Giftmüll aus Deutschland auf il-legalen, völlig unzureichend gesicherten Deponien im Ausland befi ndet, etwa in Ru-mänien und Albanien. Greenpeace bringt die gefährlichen Fässer teilweise zurück nach Deutschland oder organisiert einen Transport. Nach anfänglichem Zögern über-nimmt der damalige Umweltminister Klaus Töpfer Verantwortung und lässt 425 Ton-nen Chemieabfälle im Ausland abholen.

Greenpeace-Erfolg: 1994 verbietet die Bas-ler Konvention sämtliche Giftmüllexporte aus OECD- in Nicht-OECD-Länder.

„Return to sender!“

Giftmüll-Skandal entdeckt

In einem Schuppen in Rumänien rosten Fässer mit Altpestiziden vor sich hin. Der Giftmüll stammt aus Deutschland. Greenpeacer in Schutzanzügen organisieren den Rücktransport.

Noch vor dem Klimawandel beherrscht das „Ozonloch“ über der Antarktis die Umweltdiskussion: eine Ausdünnung der Ozonschicht in der Stratosphäre in 10 bis 50 Kilometern Höhe. Wo Ozon fehlt, erreicht

Achtung, Ozonloch!

Aufstand gegen FCKW

Wie erfolgreich ist der „Greenfreeze“?

Er ist ein Welthit. Seit 1993 wurden von di-versen Herstellern rund um den Globus etwa 400 Millionen „Greenfreeze“-Geräte gebaut, aktuell sind es etwa 40 Millionen im Jahr. Nur in den USA sind Butan und Propan in Kühl-schränken leider verboten. Vermutlich stecken Chemieriesen wie DuPont und Honeywell da-hinter, die ihre FKW-Kühlmittel wie R134a weiter verkaufen wollen.

Aber gerade tut sich Positives: Bosch und Ge-neral Electric habaen erklärt, „Greenfreeze“-Schränke auf den US-Markt bringen zu wol-len. Hoffentlich bekommen sie dort rechtlich grünes Licht.

Was steckt hinter dem Projekt „RefrigerantsNa-turally!“, das Greenpeace 2003 mitinitiiert hat?

Fünf Riesen, Coca-Cola, PepsiCo, Unilever, Carlsberg Group und McDonald’s, haben sich verpfl ichtet, am point-of-sale von Gastronomie und Handel aus der FKW-Kühlung auszustei-gen, z.B. bei Getränkeautomaten und Eiscre-mebereitern. Keine kleine Sache, es handelt sich um Millionen Geräte weltweit.

Wie gelangen FKW und FCKW eigentlich andie Luft?

Bei allen Kälteanlagen – vom Kühlschrank bis zur Klimaanlage – sind Leckagen unvermeid-

lich. Spätestens aber auf der Mülldeponie gelangen die Gase dann vollständig in die At-mosphäre. Das Kältemittel in Auto-Klimaanla-gen kann bei der Verschrottung oder zuvor bei einem Unfall komplett entweichen.

Gibt es außer der „Greenfreeze“-Technikweitere grüne Alternativen?

Ja, es gibt als natürliche Kältemittel z.B. Am-moniak und CO2. Ammoniak ist allerdings gif-tig und stinkt, für den Lebensmittelbereich ist es eher ungeeignet. CO2-Anlagen sind etwas teurer. Sie müssen hö-here Drücke aushalten, da sind bessere Materi-alien und Verarbeitung gefragt. Dafür ist das System sparsam im Energie-Verbrauch. Aldi Süd und Lidl sind schon auf den Geschmack gekommen, sie statten alle neuen Märkte mit CO2-Kühlung aus.

Aber CO² ist doch auch ein „Klimakiller“, warum ist es FKW vorzuziehen?

Erstmal ist CO2 im Vergleich zu FKW viel harmloser, es hat nur ein Tausendstel des Treib-hauspotentials von FKW, oder weniger. Außer-dem wird das CO2 für die Kälteanlagen nicht extra chemisch produziert. Es ist als chemischer Abfall im Überfl uss vorhanden und wird in ver-schwindend geringen Mengen eingesetzt.

Coole Erfi ndung:

Der „Greenfreeze“ Anfang der 1990er Jahre protestiert Greenpeace gegen die Chlorchemie-Riesen wie Kali-Chemie und Hoechst. Paral-lel arbeitet die Organisation an einer praktischen Lösung. Greenpeace weiß, dass man so ein „Teufelszeug“ wie FCKWam besten bekämpft, indem man dessen Überfl üssigkeit beweist: Mit der sächsischen Firma dkk Scharfenstein (später Foron) entwickelt Greenpeace 1992 einen Kühlschrank, der ohne ozonschädliches FCKW und klimaschädliches FKW auskommt. Der „Greenfreeze“ kühlt mit reinen Kohlenwasserstoffen, einem Propan-Butan-Mix. Anfangs leisten die Chemiefi rmen und großen Weißware-Hersteller AEG, Bauknecht, Bosch, Elektrolux, Liebherr, Miele und Siemens er-bitterten Widerstand. Sie warnen vor einer „Bombe in der Küche“, da Butan und Propan brennbar sind. Doch in einem Kühlschrank steckt nicht viel mehr Gas als in einem Feuerzeug – die plumpe Panikmache hat keinen Erfolg. In wenigen Jahren setzt sich der „Greenfreeze“ durch, alle genann-ten Firmen stellen auf die „grüne Kälte“ um.

Fragen an Wolfgang Lohbeck, Dipl.-Ing. Architekt, seit 1983 bei Greenpeace, Klimaexperte und Beauftragter für Sonderthemen.

mehr zellschädigende UV-B-Strahlung die Erde. Den Menschen drohen Hautkrebs und Augenerkrankungen. Als „Ozonkiller“ identifi zierte man schon im Jahr 1974 Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe

(FCKW). Diese chemischen Verbindungen dienen vor allem als Kältemittel, außerdem sind sie eingesetzt als Treibgas für Spray-dosen, als Treibmittel für Schaumstoff und als Reinigungsmittel.

Foron) entwickelt Greenpeace 1992 einen Kühlschrank, der ohne

1990 Nach der Wieder-

vereinigung eröffnet Greenpeace ein Büro im Ostteil Berlins.

1991 Greenpeace präsen-

tiert „Das Plagiat“, eine Kopie des Magazins „Der Spiegel“ – als weltweit erste Tief-druck-Zeitschrift auf chlorfrei gebleichtem Papier. Heute ist dieses Papier Standard.

Der Antarktis-Ver-trag von 1961 wird um weitere 50 Jahre verlängert und um eine wichtige Regel er-gänzt: In der Antarktis dürfen keine Rohstoffe abgebaut werden.

1992 Aktionen in Stinnes-

Baumärken gegen den Verkauf von Tropen-holz. Stinnes reagiert und beendet sein Tropenholzgeschäft.

1993

1983 beschloss die „London Dumping Convention“, zehn Jahre dürfe kein Atom-müll im Meer versenkt werden. Jetzt verbietet sie die Entsorgung gänzlich!

Internationale Aktion gegen den Holz-konzern MacMillan Bloedel (seit 1999 Weyerhaeuser) wegen dessen Waldvernich-tung am kanadischen „Clayoquot Sound“. Sieben Greenpeace-Geschäftsführer, dar-unter der deutsche Thilo Bode, versperren eine Brücke am Waldgebiet und werden verhaftet.

1110

Page 7: Greenpeace 30 Jahre

Shell kämpft mit Wasserkanonen gegen Greenpeace-Aktivisten im Schlauchboot.

Im Hintergrund ragt die rostige „Brent Spar“ aus der Nordsee.

Großstadtflair auf dem Meer13. Mai 1995. Seit zwei Wochen besetzen wir – 15 Greenpeace-Aktivisten – eine verlassene Öltank- und Verladeplattform, die Shell im Atlantik versenken will: die „Brent Spar“. Der 14.500-Tonnen-Koloss aus rostigem Stahl ist 140 Meter hoch und ragt 30 Meter aus dem Wasser heraus. Er darf nicht in der Tiefsee verschwinden. Das Meer ist keine Müllkippe. Solange Menschen auf der Plattform sind, so unsere Taktik, wird Shell sie nicht versenken können. Von unserem Schiff „Moby Dick“ aus versorgen uns Schlauch-boote mit Lebensmitteln. Auch Shell ist mit Schiffen da, man bewacht uns rund um die Uhr. Wir sind mitten im Meer, irgendwo zwi-schen den britischen Shetland-Inseln und Bergen in Norwegen, doch von einem Na-turerlebnis kann nicht die Rede sein. Öl- und Gasfi rmen haben die See hier in ein Industriegebiet verwandelt. Zahlreiche Öl-plattformen umgeben die „Brent Spar“. Es riecht nach Ruß und Öl, auf dem Wasser

Ausnahme-Aktion:

Die Besetzung der„Brent Spar“Der Biologe Dr. Christian Bussau leitet das Team für Sonderprojekte bei Greenpeace. 1995 war er als Öl-Experte unter den Besetzern der „Brent Spar“. Er erinnert die Aktion, als wäre es gestern gewesen.

treiben schwarze Klumpen. Nachts, wenn die Gasabfackelungsfl ammen die Wolken rötlich färben, sieht der Himmel aus wie in der Großstadt.

„Brent Spartanisch“Unser Job ist kein Wellness-Urlaub und die „Brent Spar“ ein Null-Sterne-Hotel. Draußen sind es knapp über null Grad bei eisigem Wind, drinnen ist es kaum ge-mütlicher. Wir heizen nur einen kleinen Aufenthaltsraum, der immer proppevoll ist. Es gibt keine intakten Waschräume, kein Süßwasser zum Waschen, nur kleine Mengen zum Kochen und Trinken. Auch die Toiletten funktionieren nicht mehr, als Ersatzklo dienen Eimer. 20. Mai 1995. Seit vielen Tagen stecke ich nonstop in einem dicken Arbeitsanzug und Stiefeln, wasche mich nicht mehr, nicht mal meine Haare. Keiner achtet hier noch auf sein Äußeres, doch mein Kopf juckt so stark, dass ich fast durchdrehe. Also hole ich mir einen Küchen-Abwascheimer, bin-

de ihn an eine Schnur und hole Meerwas-ser damit hoch. Dann gehe ich mit Eimer, einem angeblich total tollen Spezial-Salz-wassershampoo und Handtuch auf das Helikopter-Deck, denn hier bin ich allein. Na ja, fast: Die Shell-Leute haben mich im Blick.Es ist ein elendes Geschäft: Zuerst schäumt das Shampoo nicht, sondern verschmiert nur dickcremig meine Haare, dann lässt es sich nicht ausspülen. Langsam gefriert mein Kopf, und ich breche das Desaster ab. Ich gehe in die Küche und sage unserem Koch, dass ich den sauberen Eimer zurück-bringe. Er bedankt sich, bittet mich dann aber, das Ding wieder mitzunehmen. Und steckt mir erst jetzt, dass ich einen Toilet-teneimer erwischt hatte…

Die Räumung, alles aus?23. Mai 1995. Seit zwei Tagen rückt uns Shell mit einer riesigen Arbeitsplattform „Stadive“ auf die Pelle. Jetzt wird‘s ernst. Einer der Kräne manövriert einen Draht-

korb voller Menschen auf die „Brent Spar“. Mit einem Schlag sind an die 30 Polizisten und recht aggressive Sicherheitsleute von Shell an Bord. Wir wehren uns, ketten uns an Treppen, versperren den Eindringlin-gen den Weg, doch es nützt nichts. Nach einigen Stunden ist die „Brent Spar“ leer.

Ein Regenbogen für die Sieger20. Juni 1995. Seit einer Woche zieht Shell die Plattform zu ihrem Versenkungsort, wir begleiten den Schleppzug mit dem Green-peace-Schiff „Altair“. Am frühen Abend, gerade sind wir südlich der Faröer-Inseln, stehe ich mit einigen Kollegen und un-serem Kapitän auf der Brücke und schaue zur „Brent Spar“ rüber. Die Sonne scheint, doch wir haben hohe Wellen, unser Schiff schwankt stark. Auch ich bin hin- und her-gerissen: einerseits froh, dass wieder Akti-visten auf der Plattform sind, die wir per Hubschrauber abgesetzt haben, denn so wird Shell Zeit verlieren, andererseits trau-rig, ich bezweifl e, dass wir die Versenkung noch stoppen können. Plötzlich schreit je-mand „Leise!“ und dreht das Radio auf. Ein englischer News-Sprecher verkündet:

Shell wird die „Brent Spar“ nicht ver-senken.

Es ist auf einmal totenstill, und wir starren uns alle an. Dann bricht Begeisterung und Jubel los. Einige schreien und hopsen he-rum, andere umarmen sich mit Tränen in den Augen. Die Brücke der „Altair“ ist ein „Tollhaus“! Ich mache nicht mit, fühle mich irgend-wie leer. Nach diesem langen Kampf ist

Zur Räumung der „Brent Spar“ rückt Shell mit einer schwim-menden Arbeitsplattform an. Ein Kran hievt eine Gondel voller Polizisten und Sicherheitskräfte auf die Stahlinsel.

jetzt plötzlich Schluss?! Ich gehe raus an Deck. Ein Kol-lege kommt hinterher, haut mir auf den Rücken und schreit mir „Ist das nicht toll?!!“ ins Ohr. „Idiot“, denke ich. Ich blicke aufs Wasser, lasse meine Augen ihren Weg fi nden, bis sie an der „Brent Spar“ hängen bleiben – und etwas Unglaubliches bemerken: einen Re-genbogen! Dick und fett hängt er über der Plattform! Grüßt da der Meeresgott Poseidon mit unserem Greenpeace-Symbol? Auch der Kapitän steht an der Reling. Wir schauen uns nur an und denken dasselbe: „Wir haben gewonnen, die Meere haben gewonnen, es hat sich gelohnt!“ Obwohl ich keinen Kitsch mag: Der Regen-bogen hat mich umgehauen, endlich kann auch ich mich richtig freuen.

Christian Bussau

Greenpeace-Erfolg: Nach 52 Tagen Ausei-nandersetzung mit Shell gibt der Öl-Multi nach und entscheidet, die „Brent Spar“ um-weltschonend an Land zu entsorgen. Im Juli 1998 beschließen die Umweltmi-nister von 15 europäischen Staaten ein Versenkungsverbot für Öl- und Gasplatt-formen in Nordsee und Nordostatlantik.Christian

Bussau

lege kommt hinterher, lege kommt hinterher, haut mir auf den Rücken und

an Treppen, versperren den Eindringlin-gen den Weg, doch es nützt nichts. Nach gen den Weg, doch es nützt nichts. Nach einigen Stunden ist die „Brent Spar“ leer. einigen Stunden ist die „Brent Spar“ leer.

Ein Regenbogen für die SiegerEin Regenbogen für die Siegerjetzt plötzlich Schluss?! Ich Schluss?! Ich gehe raus an Deck. Ein Kol-

schreit mir „Ist das nicht toll?!!“ ins Ohr. schreit mir „Ist das nicht toll?!!“ ins Ohr.

jetzt plötzlich Schluss?! Ich Schluss?! Ich gehe raus an Deck. Ein Kol-lege kommt hinterher, lege kommt hinterher, haut mir auf den Rücken und

1994 Erfolg nach langer

Kampagnenarbeit: Die Baseler Konvention verbietet Giftmüll-exporte aus Industrie-staaten nach Osteuropa und in die Dritte Welt.

Die IWC richtet ein Schutzgebiet für Wale im Südpolarmeer ein. Leider halten sich die Fischer aus Japan nicht daran.

Greenpeace de-monstriert erstmals gegen Castor-Atom-transporte.

Mit dem Stadtforst Lübeck präsentiert Ini-tiator Greenpeace das erste deutsche Wald-gebiet, das nachhaltig bewirtschaftet wird.

1995

Zum Klimagipfel in Berlin besetzen Greenpeace-Akti-visten den Schlot des Braunkohlekraftwerks in Frimmersdorf und fordern den Einstieg Deutschlands in die Solarenergie.

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Page 8: Greenpeace 30 Jahre

Nicht nur Probleme aufzeigen, sondern auch Lösungen präsentieren, lautet ein wichtiges Credo von Greenpeace. Also schimpfen die Umweltschützer während der Internationalen Automobilausstellung (IAA)1995 in Frankfurt nicht bloß über schwere klimaschädliche „Dinosaurier“-Au-tos, sondern präsentieren auch eine Alter-native: Im Auftrag von Greenpeace bauten Schweizer Techniker einen Kleinwagen so um, dass er nur die Hälfte an Sprit ver-braucht – bei gleicher Leistung. Aus einem Renault Twingo Easy wurde der „SmILE“ (= small, intelligent, light, effi cient). Greenpeace zeigt der Autoindustrie und Öffentlichkeit, was technisch möglich ist. Der SmILE löst Erstaunen und Anerken-nung aus. Das Sparmobil hat statt des Vier-zylinder-Motors einen Zweizylinder-Vier-takt-Ottomotor, ist 195 Kilo leichter und windschnittiger als das Serienmodell. Statt 6,7 Liter auf 100 Kilometern verbraucht es nur 3,3 Liter, statt 154 Gramm stößt es nur 76 Gramm CO2 aus. Bis heute setzen die Autobauer bei ih-ren Modellen nicht auf größtmögliche Sparsamkeit. Noch immer bauen BMW, Mercedes, Volkswagen & Co. zu große und schwere Spritfresser.

3-Liter-Auto:

Der „SmILE“

Fluren von Greenpeace zur Untermiete einquartiert, dann bezogen die Kollegen ein Büro in Bahnhofsnähe, das aber schon im ersten Jahr zu klein wurde. Im Januar 2001 gründet die Genossenschaft ihre Tochter Planet energy GmbH, die sau-bere Kraftwerke bauen und betreiben soll. Denn Greenpeace Energy will nicht nur Ökostrom liefern, sondern auch erzeugen. Bis heute wurden neun Windparks und Fotovoltaik-Kraftwerke mit zusammen 34 Megawatt Leistung errichtet und dafür 72 Millionen Euro investiert. Noch immer genügt einzig der Ökostrom von Greenpeace Energy den strengen Greenpeace-Kriterien.

Greenpeace-Erfolg: 2010 beliefert Green-peace Energy 95.000 Kunden, die Genos-senschaft zählt 18.000 Mitglieder und hat 60 feste Mitarbeiter.

Bis zum Frühjahr 1998 konnte sich nie-mand in Deutschland seinen Strom aus-suchen. Alle Privathaushalte und Un-ternehmen waren an einen bestimmten Lieferanten gekettet, etwa die Hamburger an die HEW (Hamburgische Elektrizitäts-werke, seit 2002 Vattenfall Europe AG). Dann endlich wurde der Strommarkt libe-ralisiert, und mit der über 60-jährigen Mo-nopolstellung der Stromversorger war es vorbei. Noch immer beherrschen wenige Große den Markt – aktuell Vattenfall, Eon, EnBW und RWE, die hauptsächlich mit Atomkraft und Kohlekraft arbeiten. Dafür gründeten sich seit 1998 auch einige Öko-stromanbieter, darunter Lichtblick, Natur-strom und Greenpeace Energy.Greenpeace Energy entstand genau ge-nommen aus einer Not heraus. Nachdem Greenpeace seine Fördermitglieder bei der Aktion „Stromwechsel“ befragt hatte, ob sie gern Ökostrom beziehen würden, ka-men gut 60.000 positive Rückmeldungen. Leider konnte Greenpeace dann aber keinen passenden Energieversorger auftreiben, der seinen strengen öko-logischen Kriterien entsprach. Also nahm Greenpeace das Thema selbst in die Hand: Am 28. Oktober 1999 entsteht die Greenpeace Energy eG als Genossen-schaft, im Januar 2000 startet das Ge-schäft mit den ersten 186 Kunden. Die Arbeitsumstände sind anfangs noch et-was chaotisch: Energy hatte sich auf den

Endlich grüner Strom:

Greenpeace Energy

An einem eisigen Novembertag 1999: Als die „Queen Elizabeth II“ in einem Dock in Bremerhaven einen neuen Unterwasseran-strich bekommen soll, der das Dauergift TBT (Tributylzinn) enthält, versperren rund 70 Aktivisten dem Kreuzfahrtschiff den Weg. Timo Liebe war als Aktivist in einem Schlauchboot dabei: „Mit Spraydo-sen haben wir den Schiffsrumpf beschrif-tet: ,God Save the Queen from TBT‘. Und

Schiffsanstrich:

„God Save the Queen from TBT“im Hafenbecken waren Greenpeacer mit allem unterwegs, was schwimmt, um das Schiff irgendwie aufzuhalten: in Schlauch-booten, Kanus, Kajaks, Bojen und sogar mit so albernen aufgeblasenen Bade-inseln – mit Palme dran!“ Die Reederei Cu-nard fi ndet die Aktion gar nicht lustig und nimmt sich den Aufruf zu Herzen: Noch am gleichen Tag vermeldet sie den Ver-zicht auf TBT-Anstriche bei ihrer gesamten

Flotte. Seit 2004 gehört auch die „Queen Mary 2“ dazu. Timo Liebe: „Da war der Jubel riesig! Dass die Reederei direkt auf unsere Forderung reagiert hat, fand ich außergewöhnlich!“

Greenpeace-Erfolg: Ende 2001 beschließen die Mitgliedsländer der Internationalen Schifffahrtsorganisation ein globales Ver-bot von TBT in Schiffsfarben.

Auf der IAA in Frankfurt präsentiert Greenpeace die Neuwagen diverser Hersteller als Dinosaurier:

„Zu schwer. Zu gefräßig. Von vorgestern.“

60 feste Mitarbeiter. Aktion „Stromwechsel“ befragt hatte, ob sie gern Ökostrom beziehen würden, ka-men gut 60.000 positive Rückmeldungen.

auftreiben, der seinen strengen öko-logischen Kriterien entsprach. Also nahm Greenpeace das Thema selbst in

Am 28. Oktober 1999 entsteht die Greenpeace Energy eG als Genossen-schaft, im Januar 2000 startet das Ge-schäft mit den ersten 186 Kunden. Die Arbeitsumstände sind anfangs noch et-was chaotisch: Energy hatte sich auf den

die Neuwagen diverser Hersteller als Dinosaurier: „Zu schwer. Zu gefräßig. Von vorgestern.“

Dass es auch anders geht, beweist Green-peace mit dem Sparmobil „SmILE“.

1996 www.greenpeace.de

geht online.

1997 Greenpeace gründet

die Initiative „Einkaufs Netz“ für gesunde Produkte ohne Gen-technik.

Die „Arctic Sunrise“ fährt vier Wochen in die Arktis zur Doku-mentation der Klima-erwärmung.

1998

Auftakt des genetiXprojects. Es bietet Jugendlichen ein Forum, gegen Gen-Food, darunter Nestlés „Butterfi nger“, zu protestieren. Mit einem Kleinbus geht genetiX auf eine bundesweite Info- und Foto-Tour. Im Juli 1999 nimmt Nestlé auf Druck von Green-peace und vorwiegend jungen Verbrauchern den „Butterfi nger“ wieder vom deutschen Markt.

Aktion gegen Unile-ver unter dem Motto: „Wir sind keine Ver-suchskaninchen!“ Das Unternehmen produ-ziert Lebensmittel, die genmanipuliertes Soja enthalten.

1999 Start einer Kampa-

gne zur Rettung des Amazonas-Urwalds.

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Jeder Baum zählt:

Rettung der letzten Urwälder

Der über vier Millionen Quadratkilometer große Regenwald in Südamerika wird ei-nerseits zum Gewinn kostbarer Edelhölzer, andererseits für neue Äcker und Viehweiden gerodet – vor allem für Soja-Monokulturen und Rinderherden zur Fleisch- und Lederpro-duktion. Die Sojabohnen wiederum landen im Futtertrog von Hühnern, Schweinen & Co. in Europa. „Wir essen Amazonien auf“, betitelt Greenpeace die Misere. In nur 40 Jahren wurden knapp 20 Prozent des Waldes vernichtet, vielfach auf illegale Weise. 1993 startet Greenpeace seine internationale

Amazonas-Arbeit mit vielfältigen Kampag-nen und Einzelaktionen, drei Beispiele: Basis mitten im Amazonas: 1998 eröffnet Greenpeace ein Büro in Manaus und fi ndet heraus, wo und von wem illegal Wald gero-det wird. Die brasilianische Regierung wird aufgefordert, dieses zu bekämpfen. Ran an die Schiffe: Aktivisten protestieren immer wieder gegen Schiffe, die illegales Mahagoni-Tropenholz geladen haben – zum Beispiel 2003 im Hamburger Hafen gegen die „MV Enif“ aus Santarém. „Scorpions“ als Urwaldbotschafter: Gemein-sam mit Greenpeace ruft die deutsche Band 2008 bei einem Konzert in Manaus zur Ret-tung des Amazonas auf.

Ein Urwald ist ein ursprünglicher, natür-lich gewachsener Wald, der vom Men-schen wenig beeinfl usst und nicht wirt-schaftlich genutzt wird. In tropischen Regenwäldern wimmelt es vor Leben in sagenhafter Vielfalt. Doch auch in kühlen und gebirgigen Regionen gibt es noch ar-tenreiche Urwälder. Die einstigen Urwäl-der Mitteleuropas sind bis auf winzige Reste verschwunden.

Wälder sind nicht nur ökologisch, son-dern auch für das Klima bedeutsam: Bäu-me speichern viel Kohlenstoff. Werden sie abgeholzt oder verbrannt, gelangt ein Großteil davon als klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre. Wälder funktionieren auch als natürliche „Klimaanlage“. Wenn Bäume der Sonne ausgesetzt sind, lassen sie über ihre Blattporen Wasserdampf ab. Damit kühlen sie sich – und die Luft.

„Amazon Crime“

Tropentörn statt Arktistour: Mit der „Arctic Sunrise“ ( arktischer Sonnenaufgang) unternimmt Greenpeace 2001 eine Expeditionsfahrt auf dem Amazonas.

Seit 1991 engagiert sich Green-peace für den Urwald, zunächst in West-Kanada, dann am südamerika-nischen Amazonas, in Finnland und Russland, im afrikanischen Kongo sowie in Papua-Neuguinea und In-donesien.

Greenpeace-Erfolge – eine Auswahl: 2002 beschließt die brasilianische Umwelt-behörde den Schutz von Mahagoni-Bäumen und stimmt Handelsbeschränkungen zu. 2004/2005 stellt Brasiliens Präsident Lula 8 Mio. Hektar des Amazonas unter Schutz, 2006 erweitert er um 6,5 Mio. Hektar. 2006 Soja-Moratorium: Soja-Exporteure beschließen, zwei Jahre kein Soja von neu angelegten Feldern im Regenwald zu han-deln. Das Moratorium wurde schon zwei Mal verlängert. 2009 Rinder-Moratorium: Die vier größten Fleischkonzerne Brasiliens beschließen, kei-ne Rinder mehr zu kaufen, die von neuen Weidefl ächen im Regenwald stammen.

Frühling 2005, Ostsee Per Schlauchboot verfolge ich den fi n-nischen Frachter „Antares“ auf dem Weg nach Lübeck. Er hat Papier aus Urwaldzer-störung geladen. Ich habe Kameraleute und Fotografen an Bord. Aus dem Schlauchboot vor mir klettern Aktivisten auf die Lade-luke des Frachters. Wir wollen das Schiff aufhalten und die Öffentlichkeit auf die Urwaldvernichtung in Lappland hinweisen. Bereits seit 2000 kämpft Greenpeace für den Schutz der fi nnischen Wälder.Kiefern und Fichten, viele davon mehrere 100 Jahre alt, fallen für die Herstellung deutscher Zeitschriften. Noch ein Ansatz-punkt für uns, etwas zu verändern: Ich te-lefoniere mit Managern deutscher Verlage und fordere sie auf, kein Papier mehr aus Urwaldzerstörung zu kaufen. Sie versichern mir, mit ihren Lieferanten zu sprechen …Mit zahlreichen Protesten erreichen wir 2005 einen Einschlagstopp in einigen Gebieten Lapplands – doch noch keinen Schutzvertrag.

Sommer 2009, Fischmarkt von Helsinki Vor der Zentrale von Stora Enso treffe ich eine fi nnische Kollegin. Wir sind mit dem Konzernchef verabredet, wollen über Lö-sungen des Urwaldkonfl ikts reden. Ich denke an die Schlauchboot-Einsätze in Lübeck zu-rück. Statt im gelben Überlebensanzug trete ich Stora Enso nun im Jackett gegenüber. Un-serem Gespräch folgen noch einige weitere. Herbst 2009, Peurakaira-Urwald in LapplandMit dem Geschäftsführer von Stora Enso, fi nnischen Forstbeamten, lokalen Sami-Ren-tierhaltern und meiner fi nnischen Kollegin stapfe ich durch hohen Neuschnee durch den Wald. Eigentlich war geplant, bei die-sem Waldbesuch über den Urwaldschutz zu sprechen. Doch – nicht mehr nötig! Einige Wochen zuvor hatten kurzfristig anberaumte Verhandlungen zwischen dem Forstamt, Greenpeace, den Rentierhaltern und der Holzindustrie ergeben: 96.700 Hek-tar Urwald in Nordlappland sind ab sofort geschützt. Sie können nun nicht mehr in Zell-stoff und Papier verwandelt werden.

von Oliver Salge, Leiter der Wald- und Meereskampagne

Die „Kids for Forests“ organisieren 1998 eine Banner-Malaktion zur Rettung des kanadischen „Great Bear“-Regenwalds. Heute nennen sie sich „Kids for Earth“. Greenteams sind mit kreativen Aktionen in der Schule, auf der Straße und mit po-litischer Arbeit aktiv. Auf dem Urwaldgip-fel 2008 in Bonn demonstrieren 500 Kids für den Urwald- und Klimaschutz. Dem damaligen Umweltminister Sigmar Gabri-el überreichen sie 115.000 Unterschriften für ihr Anliegen.

Im fi nnischen

Urwald wachsen

hunderte Jahre

alte Nadelbäume.

Eine Tigerdame der „Kids for Forests“ beimUrwaldgipfel (CBD) in Den Haag 2002.

Oliver Salge auf der Ostsee, hinter

ihm der Papierfrachter „Antares“.

„Waldkindergarten“

mal anders

Vom Schlauchbootzum Verhandlungstisch

Waldschutz-Camp 2005 in Lappland – zu kalt für Romantik.

2000 Greenpeace protes-

tiert am Europäischen Patentamt, München, mit der Mahnung „Lebewesen und ihre Gene sind nicht patentierbar“. Zuvor deckte Greenpeace auf: Patente wurden auf Pfl anzen, Tiere und sogar menschliche Embryonen erteilt.

2001 Mit der „Arctic Sun-

rise“ fährt Greenpeace ins Südpolarmeer und spürt die japanische Walfangfl otte auf. Die Rettung vieler Tiere gelingt.

2002 Eine Kampagne ge-

gen Krebs erregenden Dieselruß drängt deutsche Autobauer, Dieselrußfi lter in ihre Wagen einzubauen.

2003 Greenpeace demons-

triert gegen den Irak-Krieg und appelliert an die Bundesregierung, im UN-Sicherheitsrat bei ihrem „Nein“ zu bleiben.

Mit „Mais-Fratzen“ protestiert Greenpeace vor dem Bundestag gegen die gefährliche Gentechnik und warnt vor unkontrollierter Ausbreitung genmani-pulierter Pfl anzen.

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6„SOS Weltmeer“-Tour

Mission: Meeresschutz Sie werden leer gefi scht, mit Müll, Abwässern und Öl

verdreckt, durch Industrie- und Militärlärm erschüttert

und vom Klimawandel bedroht. Die Ozeane sind in

der Krise. Unter dem Motto „SOS Weltmeer“ startet

Greenpeace Ende 2005 mit dem Schiff „Esperanza“

eine 14-monatige Expedition rund um die Welt.

Die wichtigsten Stationen:

1 Südpolarmeer

Grausamer WalfangDez. 2005/Jan. 2006: Im Südpolarmeer ge-hen japanische Walfänger angeblich zu „For-schungszwecken“ auf die Jagd. Eine Lüge. Greenpeace gelingt es, die Fangfl otte zu stören und 82 Wale zu retten. Bilder des grausamen Geschehens werden weltweit gezeigt.

2 Atlantik/Westafrika

Piratenfi scher auf Beutezug März/April 2006: Piratenfi scher beuten Meere und Menschen aus. Darunter leidet z.B. die Küstenbevölkerung Westafrikas, die vom Meer als Nahrungsquelle abhängig ist. Greenpeace dokumentiert vor Guinea die Untaten von Piratenfi schern, aber auch ihre unwürdigen Lebensbedingungen. Ein illegaler Fischfrachter wird bis zu den Ka-narischen Inseln verfolgt und dort von den Behörden festgesetzt.

3 Atlantik/Azoren

Zerstörerische Tiefseefi scherei Mai 2006: Bei den Azoren fi lmt und foto-grafi ert Greenpeace in der Tiefsee wunder-sames Leben und Spuren der Zerstörung durch schwere Grundschleppnetze. Green-peace kämpft für ein Verbot der Tiefsee-fi scherei, bisher vergeblich.

4 Mittelmeer

Letzter Ausweg: SchutzgebieteMai/Juli 2006: Das Mittelmeer ist überfi scht. Aqua-Kulturen, z.B. zur Thunfi sch-Zucht, verschärfen das Problem, denn sie verbrau-chen viel Futter aus Wildfi sch. Greenpeace dokumentiert die Missstände und setzt sich für Schutzgebiete im Mittelmeer ein.

5 Rotes Meer

Zerbrechliche Schönheit der RiffeJuli/Aug. 2006: Greenpeace-Taucher er-kunden und dokumentieren die zerbrech-liche Schönheit der Korallenriffe im Roten Meer. Unterstützung erhält Greenpeace von einer Vereinigung von Tauchzentren, die sich für den Riffschutz engagiert.

6 Indischer Ozean/Indien

Schildkröten in NotAug. 2006: Nicht nur die Meere, auch die Küstengebiete Indiens leiden: Z.B. bedroht dort der Bauboom seltene Schildkröten, und Mangrovenwälder weichen für Shrimp-farmen. Greenpeace übergibt der Regie-rung einen umfassenden Schutzplan.

7 Pazifi k/Philippinen

Gold- und Silberrausch Aug./Sept. 2006: Greenpeace wird von einem Tankerunglück „begrüßt“ und hilft, den Ölteppich zu beseitigen. Die eigent-liche Mission richtet sich gegen Gold- und Silberabbau vor den Philippinen, wobei giftige Chemikalien austreten. Bei einer Demo auf See führt die „Esperanza“ eine Flotte von 70 Booten an.

8 Pazifi k/Hawaii

Müllstrudel vor den TrauminselnOkt. 2006: Ein Müllstrudel, so groß wie Mit-teleuropa (!), hat sich im Nordpazifi k nahe Hawaii gebildet. Besonders Plastikmüll ist bedrohlich für die Tierwelt. Meerestiere und Seevögel verfangen sich oft in Plastikteilen oder füllen sich damit den Magen. Greenpeace macht das Problem weltweit publik und fordert Maßnahmen dagegen.

9 Pazifi k/Mexiko

Viele Menschen, viele ProblemeNov./Dez. 2006: Das Meer vor Mexiko leidet unter Massentourismus und Überfi schung, die auch den dort heimischen Kleinwal „Vaquita“ bedroht. Greenpeace engagiert sich gegen illegale Hotel-Bauvorhaben am Golf von Kalifornien. Außerdem setzt sich Greenpeace für ein Meeresschutzgebiet am Espíritu Santo Archipel ein – mit Erfolg!

10 Südpolarmeer/Antarktis

Klimawandel: Das Eis schmilztJan./Feb. 2007: In der Antarktis dokumen-tiert Greenpeace die gut sichtbarenFolgen der globalen Klimaerwärmung:Das Schelfeis schmilzt und lässt denMeeresspiegel steigen. Flache Küsten-gebiete und Inseln werden weltweit eines Tages versinken.

Nanu, was steht denn da? Im Golf vonKalifornien vor Mexiko werben Green-peace-Taucher für den Meeresschutz.Ein Seelöwe ist ganz auf ihrer Seite.

Müllstrudel vor den Trauminseln

Es wirdweltweit zu viel Fisch gefangen.

Fisch-Dieb!

Greenpeace

markiert

einen Pira-

tenfi scher.

2004 „Solar Generation“:

Jugendliche Green-peacer (JAGs) sind weltweit für saubere Energien aktiv. Für ein indisches SOS-Kinder-dorf organisieren sie eine Solaranlage. In Deutschland werben JAGs auf politischen Veranstaltungen und Jugendfestivals für ihr Anliegen.

Der Kellerwald in Hessen wird zum „Nationalpark Keller-wald-Edersee“ erklärt – dank des Engage-ments von Greenpeace und anderer Umweltor-ganisationen.

„Leben ist kein Abfall“: In Berlin, Mün-chen und Köln prä-sentiert Greenpeace der Öffentlichkeit auf langen Tafeln Beifänge der Fischerei: rund 11.000 tote Tiere.

2005 Greenpeace veröf-

fentlicht zwei Verbrau-cher-Ratgeber: „Essen ohne Pestizide“ sowie „Pestizide aus dem Supermarkt“. Getes-tet wurden Obst und Gemüse, viele Sorten wiesen Giftrückstände auf. Einige Handels-ketten reagieren sofort mit Maßnahmen zur Pestizidreduktion.

1918

Page 11: Greenpeace 30 Jahre

Letzte Reise eines Finnwals:

Protest gegen Walfang

1:1 Riesen der Meere:

Ausstellung im Ozeaneum

David gegen Goliath 1976:Greenpeacer im Schlauchboot vor

dem Bug eines Walfängers.

Große Liebe:

Greenpeacekämpft für Wale

Im Januar 2006 birgt Green-peace einen vor Rostock ge-

strandeten 17 Meter langen Finnwal und transportiert ihn nach Berlin vor die ja-panische Botschaft, um gegen den Walfang Japans zu protestieren. Tausende Berliner pilgern zu dem toten Wal, machen Fotos, berühren das riesige Tier. Über Fernseh-berichte und Zeitungsmeldungen erreicht die spontane Aktion Millionen Menschen. Nachdem der Finnwal seine Botschaft überbracht hat, wird er dem Deutschen Meeresmuseum Stralsund übergeben. Die Wissenschaftler und Präparatoren des Mu-

Die wenigsten Menschen bekommen je einen Wal zu Gesicht. Schließlich passen Wale in kein Aquarium, und selbst Wha-le-Watcher kommen den Meeresgiganten nicht richtig nahe. Seit Sommer 2008 kann man die Dimensionen der größten Tiere unserer Erde am eigenen Leib erfassen: Zusammen mit dem Deutschen Meeres-museum Ozeaneum in Stralsund kreiert Greenpeace die Ausstellung „1:1 Riesen der Meere“. Modelle von Meeresriesen in Ori-ginalgröße hängen an Stahlseilen in einer

seums erhalten das Herzstück des Wals für ihre Besucher: Das 61 kg schwere Finnwal-herz ist zum Vergleich neben einem Men-schenherz im Ozeaneum präsentiert.Björn Jettka, Greenpeace-Pressesprecher, der die Aktion begleitete:„Das hatte schon einen Happening-Cha-rakter – diesen Wal in Berlin vor der Bot-schaft umrundet von Menschen zu erleben, die ihn angefasst haben, die ihn fotogra-fi ert haben, die mit Handys ihre Nachrich-ten an Freunde und Verwandte geschickt haben – ,Wart Ihr schon beim Wal?!‘“

20 Meter hohen Halle: z.B. ein 26 Meter langer Blauwal, ein Buckelwal mit Kalb, ein Schwertwal und ein Pottwal im Kampf mit einem Riesenkalmar. Die Exponate werden mit Lichteffekten, Walgesängen, Musik und Erzählungen in Szene gesetzt. Mit diesem Projekt ergänzt Greenpeace auf künstlerische Weise sein Engagement für Wale, das bisher auf politischer Ebene und mit Aktionen auf See geführt wurde. Durch die Ausstellung gewinnt Green-peace viele neue Unterstützer.

Der tote Finnwal ist ein Publikumsmag-

net und wird hundertfach fotografi ert.

Bereits seit den 70er Jahren setzt sich Greenpeace für die bedrohten Wale ein, am Schreibtisch und auf See: 1975, bei einem Protest gegen russische Walfänger im Südpazifi k, manövrieren Greenpeace-Aktivisten erstmals ihre kleinen Schlauch-boote zwischen Wal und Harpune. Ein Jahr später verfolgt die Crew der „Rainbow Warrior“ 20 Tage eine isländische Fangfl ot-te und stört ihre blutige Arbeit. Der Kampf à la „David gegen Goliath“ macht Green-peace weltberühmt.Greenpeace-Erfolg: Nachdem Greenpeace seit 1978 „Beobachterstatus“ bei der Inter-nationalen Walfangkommission (IWC) in-nehat, wird 1982 ein Walfangmoratorium ausgesprochen, das 1986 in Kraft tritt. Zwei Schutzgebiete für Wale werden eingerich-tet, im Indischen Ozean und Südpolarmeer. Drei Nationen ignorieren die Verbote: Island, Norwegen und Japan. Die japa-nischen Walfänger nutzen eine Ausnah-meregel der IWC und töten Wale angeb-

lich zu „Forschungszwecken“. Tatsächlich wird jedes erbeutete Tier vom Fang- auf ein Fabrikschiff umgeladen, zerlegt und verkaufsfertig verpackt.Greenpeace gibt nicht auf. Die Umwelt-schützer schicken immer wieder Schiffe in die Jagdgebiete, zuletzt 2007, sammeln Unterschriften gegen den Walfang, schöp-fen alle Möglichkeiten der politischen Ein-fl ussnahme aus. Dabei sterben Wale nicht nur durch Harpunen. Auch Lärm durch Industrie und Militär, Wasserverschmut-zung, Überfi schung sowie der Klimawan-del, der das Meer aus der Balance bringt, bedrohen die Meeressäuger.Regine Frerichs ist Geologin, Paläontolo-gin, Forschungstaucherin und seit 2003 Schlauchboot-Fahrerin und -Trainerin bei Greenpeace. Zwischen 2005 und 2008 fährt sie dreimal mit ins Südpolarmeer, wo japanische Walfänger auf die Jagd gehen. Ein Kapitel ihres Buchs „Im Fadenkreuz der Walfänger“ (2008):

Regine Frerichs

Sechs Meeresriesen hängen wie ein überdimensionales Mobile von der Decke im Ozeaneum.2010 kommen ein Riesenhai, Manta, Mondfi sch und ein Riemenfi sch zur Ausstellung dazu.

2006 Greenpeacer nehmen

Proben gentechnisch veränderter Maispfl an-zen auf einem Feld in Nordrhein-Westfalen. Der Mais der Firma Monsanto enthält Gift, der nicht nur Schäd-linge tötet.

2007 Mit der Studie

„Plan B“ stellt Green-peace ein Energie- undKlimaschutzkonzeptfür Deutschlandbis 2020 vor.

Der Einkaufsratgeber Fisch erscheint in erster Aufl age von 50.000 Exemplaren. Er listet beliebte Fischarten auf und gibt an, welche überfi scht sind und welche man bedenken-los essen kann.

2008 Aktionen gegen

„Klimaschweine“. Vor Mercedes-Autohäusern protestiert Greenpeace mit dicken, klimaschäd-lichen Modellen – pink bemalt und mit Schwei-neohren und -nase.

In Johannesburg er-öffnet Greenpeace das erste Büro der Umwelt-organisation in Afrika.

20 21

Page 12: Greenpeace 30 Jahre

Eine Samtkrabbe fühlt sich auf einem der Greenpeace-Steine wohl. Ein Jahr nach ihrer Versenkung haben Taucher die Steine zur Dokumentation fotografi ert. Alle sind bewachsen und bewohnt.

Timo Liebe

Dezember 2008, Hamburg: Mit einem bren-nenden CO²-Zeichen warnt Greenpeace vor dem Neubau eines klimaschädlichen Vatten-fall-Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg.

Greenpeace-Aktivisten auf der Kuppel des AKW Unter-weser fordern die sofortige Stilllegung des über 30 Jah-re alten Reaktors und sechs weiterer deutscher AKW. Sie sind weder gegen einen Flugzeugabsturz noch gegen einen Terroranschlag ausreichend geschützt.

November 2008, Wolfenbüttel: Protest auf dem Förderturm des Salzberg-

werks Asse. Greenpeace fordert die Rückholung von 126.000 Fässern

Atommüll aus dem unsicherenVersuchsendlager Asse II.

September 2009, Berlin: 50.000 Menschen kommen

zur Anti-Atom-Demo, Greenpeace ist auch dabei.

Starker Helfer beim

Steineversenken:

ein Bagger.

September 2009, Berlin:

November 2008, Wolfenbüttel: Protest

Dezember 2008, Jaenschwal-de: Dicht vor dem Schaufelrad eines Braunkohlebaggers pro-testieren Greenpeacer gegen neue Tagebaue in Brandenburg.

Immer wieder hatte sich Greenpeace mit Fischern, Unternehmern und Politikern an einen Tisch gesetzt. Doch das jahrelange Reden nützte nichts. Obgleich das Sylter Außenriff in der Nordsee als „Natura-2000“-Meeresschutzgebiet ausgewiesen ist, wurde dort weiterhin gefi scht, zum Teil mit zerstörerischen Grundschleppnet-zen, außerdem Sand und Kies abgebaut. Notgedrungen beschließt Greenpeace, Worten Steine folgen zu lassen: Die Um-weltschützer beschaffen sich 1000 tonnenschwere Granitsteine aus Deutschland, Schweden und Norwegen, chartern ein Arbeitsschiff und versenken knapp ein Drittel der Steine in der Nordsee – bis die deutschen Behörden die Aktion stoppen. Angeblich würden die Felsbro-cken das Meer schädigen, so ihre Begrün-dung. Das Gegenteil stimmt. Die steiner-nen Schutzschilde vor Fischernetzen und Saugbaggern sind mittlerweile zu kleinen Unterwasser-Oasen geworden. Timo Liebe, Erster Steuermann der „Beluga II“, schildert seine Eindrücke:

Sylter Außenriff:

Erst Worte, dann Steinewäre einfach zu groß. Und da der Stein bei einem ehemaligen Steinriff (Sylter Au-ßenriff) liegt, wird er auch nicht rasch im Sand versinken – nein, er wird dort liegen bleiben, und er wird dazu beitragen, das Riff und dessen Bewohner zu schützen. Insgesamt haben wir 320 Steine versenkt – sie schützen bis heute einen circa 300 Quadratkilometer großen Bereich des Syl-ter Außenriffs. Taucher haben nach unge-fähr einem Jahr einige der Steine unter-sucht und in Zusammenarbeit mit einem wissenschaftlichen Gutachterbüro festge-stellt, dass sie gut in ihrer neuen Umwelt angekommen sind – in doppelter Hinsicht: Denn die Granitbrocken sind mittlerweile bewachsen, zum Beispiel mit Anemonen, Schwämmen, Seenelken und Seepocken. Und rundherum lassen sich viele verschie-dene Tiere blicken, neben Fischen zum Beispiel Krebse, Garnelen, Schnecken und Seesterne. Im Gegenzug sind keine Spuren von Grundschleppnetzen mehr zu sehen. Es hat sich gelohnt!

WRUSCHHHH!!! Es ist ein lautes und durchdringendes Geräusch, wenn der Bagger seinen stahlharten Griff um den Granitstein löst, der sogleich seinen Weg auf den Meeresgrund antritt. Bei circa 30 Metern Wassertiefe dauert dieser Weg na-türlich nicht lange, aber mir kommen diese

Sekundenbruchteile sehr viel länger vor: Meine Gedanken scheinen für einen Moment stillzuste-hen, und ich starre in das vom weißen

Schaum aufgewühlte Wasser neben der „Noortland“, unserem gecharterten Ar-beitsschiff. Die Gewissheit, dass dieser Stein nun das Riff schützt, dass in Zukunft die zerstöre-rischen Grundschleppnetze den Meeresbo-den hier nicht mehr umgraben und kaputt machen können, diese Gewissheit tut gut. Vor allem die Nachhaltigkeit des Einsatzes ist etwas ganz Besonderes für mich: Wer sollte diesen mehrere Tonnen schweren Stein wieder aus der Nordsee heben? Wahrscheinlich niemand, der Aufwand

Das rund 5.300 Quadratkilometer große

Gebiet beginnt etwa 30 Seemeilen vor

der Küste Schleswig-Holsteins und liegt

auf Höhe der Inseln Sylt und Amrum.

Energie-Kampagne:

Protestwelle gegenAtom- und Kohlekraft

2008 Aktion in Tokio:

Greenpeace-Ge-schäftsführer aus aller Welt, darunter die deutsche Brigitte Behrens, erklären ihre Solidarität für die zwei unschuldigen japanischen Aktivisten Junichi Sato und Toru Suzuki. Sie hatten ille-galen Walfl eisch-Han-del aufgedeckt und eine Kiste Fleisch zum Beweis sichergestellt. Wegen angeblichen Diebstahls wurden sie verhaftet.

2009 Greenpeace-Pro-

test gegen Gen-Mais vor dem bayerischen Landtag. Im April wird der Anbau des gen-manipulierten Maises MON810 in Deutsch-land verboten.

Das Verhalten der Bundesregierung in der Bankenkrise kom-mentiert Greenpeace mit einem Banner an der Deutschen Bank in Frankfurt: „Wäre die Welt eine Bank, hättet ihr sie längst gerettet.“

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Page 13: Greenpeace 30 Jahre

Vor und während des UN-Klimagipfels im Dezember 2009 demonstrieren Green-peacer aus aller Welt für den Klimaschutz. Sie fordern von den Industrieländern, Treibhausgase massiv zu reduzieren, aus fossilen Energien auszusteigen und jähr-

„Klimagipfel“: CO²penhagen

Heiß-kalte Abenteuer:

Zwei Frauen auf ExpeditionGleich zwei wichtige Klimaschutz-Expeditionen unternimmt Greenpeace 2009 – nach Grönland und Indonesien. Zwei deutsche Kampaignerinnen sind vor Ort dabei.

Indonesiens Urwälder fallen der Palmöl- und Papierindustrie zum Opfer – aus kostbarem Wald werden Monokulturen. Viele Tiere, da-runter die bedrohten Orang-Utans, verlieren ihre Heimat. Auch die lokale Bevölkerung wird rücksichtslos vertrieben. Die Entwal-dung ist Gift fürs Klima. Denn der Wald wächst auf kohlenstoffhaltigen Torfböden. Werden sie für den Anbau von Ölpalmen oder Akazien trockengelegt, setzt dies Un-mengen CO2 frei. Hauptverantwortlich im Land sind der Palmölproduzent Sinar Mas und der Papierkonzern April.Im November 2009 reist die Waldkampaig-nerin Corinna Hölzel nach Teluk Meranti auf Sumatra, wo Greenpeace ein „Urwald-schutzcamp“ errichtet hat. Auch sie nutzt das Medium Blog, um die Welt brühwarm – oder besser: schwülwarm an allem teilha-ben zu lassen.

| 8. November 2009 |Seit gestern lebe ich mit rund 60 Menschen aus bestimmt 15 Ländern in dem kleinen Hüt-tendorf. (...) Die Stimmung hier ist fantastisch: Alle kämpfen gemeinsam für den Erhalt der indonesischen Torfwälder! Und dafür nehmen sie Hitze, Mücken, permanente Polizeikontrol-len und schwerste Arbeit in Kauf. Wie hart die Bedingungen hier sind, habe ich heute beim Weiterbau an unserem ersten Damm am ei-genen Leib erfahren. (...)

Mit dem Dammbau in Entwässerungska-nälen will Greenpeace verhindern, dass das Wasser abfl ießt und der Torf austrocknet.

| 10. November 2009 |Heute heißt es Sandsäcke schleppen. (...) Der Weg über Wurzeln von brandgerodeten Bäumen auf dem glitschigen Torfboden bei voller Sonne ist für Stadtmenschen wie mich schon ohne Last eine Herausforderung. (...) Aber die hohe Motivation all der Leute hier und die Gewissheit, wenigstens ein bisschen Torfboden zu retten, macht alle Strapazen wett und die Sandsäcke irgendwie auch leichter und sympathischer.

Die Greenpeacerin erlebt bewegende und schockierende Momente. Sie spricht mit ver-zweifelten Dorfbewohnern, die den Wald dringend brauchen – er gebe ihnen kostenlos Nahrung, Baumaterial und Medizin. Sie steht 40 Aktivisten bei, die sich an Bagger gekettet haben, um die Waldzerstörung aufzuhalten – bis die Polizei die Aktion abbricht. Und als die später kommt, um das Camp zu räumen, wird Hölzel festgenommen und verhört. Zurück in Deutschland kämpft sie weiter um den Urwald Indonesiens. Auch die Be-wohner von Teluk Meranti geben nicht auf, wahrscheinlich niemals.

lich 110 Milliarden für den Klima- und Urwaldschutz zu investieren. Doch einneues, rechtlich verbindliches Abkommen für weltweiten Klimaschutz kommt nicht zustande! Kopenhagen wird zum Symbol für politisches Versagen.

Iris Menn im Eis Mit einer Forschungsreise in die Arktis erfüllt sich die Meeresbiologin Iris Menn einen langjährigen Traum. Sie freut sich auf „unendliche Weite, irres Licht und schöne Eisformationen“ und hofft, einen Eisbären zu sehen.Ende August 2009 geht sie als Expeditions-leiterin an Bord der „Arctic Sunrise“, die seit Juni mit Wissenschaftlern unterwegs ist. Für sieben Wochen wird das Green-peace-Schiff ihr Arbeitsplatz und Zuhause sein. Im Gepäck hat sie auch „Seelenfutter“ für ihr Team: „Rund 50 Tafeln Schokolade und zwei Flaschen Whiskey!“ Zu den Stationen der insgesamt viermona-tigen Tour entlang Grönlands Küste zählen die Gletscher „Petermann“ (Westküste), „Kangerdlussuaq“ und „79.5° Nord“ (Ost-küste). Die Forscher bestücken Gletscher mit GPS-Sendern, um ihre Bewegungen

aufzuzeichnen. Außerdem messen sie Temperatur, Salzgehalt und Strömung des Polarmeers in verschiedenen Wassertiefen. Sie wollen klären, ob warme subtropische Strömungen die Gletscher Grönlands er-reichen und schneller schmelzen lassen. Zu den Aufgaben von Iris Menn gehört unter anderem die Presse-Betreuung. Acht TV-Teams kommen zu Besuch, sogar eines aus Indien. Per Weblog erfährt man noch persönlicher vom Abenteuer Arktis – Iris Menn bloggt in jeder freien Minute. Eines ihrer schönsten Erlebnisse:

| 19. September 2009 |Ich stehe in der Dusche mit Shampoo in den Haaren und höre über die Sprechanlage der „Arctic Sunrise“ die Ansage: Polar bear on the starboard side! Ich bin jetzt defi nitiv am falschen Platz! (...) Aber der Eisbär ist schläfrig, und ich schaffe es noch rechtzeitig nach oben. (…) Mal wandert er ein kleines Stück und schaut in un-sere Richtung. Mal legt er sich hin, die Arme

und Beine weit ausgebreitet. Mal wälzt er sich auf dem Rücken. Ich kann mich nicht dagegen wehren, er weckt in mir ein „Kuscheltier-Gefühl“. Wirklich nahe kommen möchte ich ihm trotz-dem nicht …

Die Expedition gelingt, die Forscher kön-nen ihre Theorie beweisen – sie fi nden sub-tropisches Wasser an der Front aller drei untersuchten Gletscher. Leider heißt dies: Die Prognosen des UN-Klimarats über die Schmelze des Eisschelfs von Grönland und den resultierenden Meeresspiegel-Anstieg werden von der Realität rasant überholt.

Corinna Hölzel im Urwald

Schöne Kulisse, ernste Lage: Forscher der Greenpeace-Arktistour sind mit Kajaks im Schmelzwasser eines Gletschers unterwegs. Sie untersuchen das Abschmelzen des Eises.

Unschöne Kulisse, ernste Lage: Der Urwald Indonesiens wird für Palmöl-Plantagen zerstört.

Iris Menn

Corinna Hölzel

2009

Der Südafrikaner Kumi Naidoo wird neuer Chef von Green-peace International in Amsterdam.

Der Biologe, Men-schenrechtler und Greenpeace-Mitarbei-ter René Ngongo aus der Demokratischen Republik Kongo erhält für seinen langjährigen Einsatz für den Ur-waldschutz und soziale Gerechtigkeit in seiner Heimat den Alterna-tiven Nobelpreis.

Greenpeace-Ak-tivisten übergeben mehr als 10.000 Protestbriefe gegen Gen-Milch an Weihen-stephan (Müller Milch). Dafür installieren sie einen zweieinhalb Me-ter hohen Briefkasten vor der Zentrale der Molkerei.

Schockierende Ergebnisse eines Gewürze-Tests, den Greenpeace in Auftrag gab: Es kommt heraus, dass etwa in einer Pri-se Paprika oder Curry ein Giftcocktail von bis zu 20 verschiedenen, teilweise krebserre-genden Chemikalien steckt.

Greenpeace gründet die Kampagnen-Platt-form „GreenAction“. In der Internet-Com-munity sind nicht nur Greenpeacer aktiv, die Plattform ist für alle Umweltthemen offen.

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Page 14: Greenpeace 30 Jahre

Service für Verbraucher:

die Greenpeace-Ratge-

ber für g

entechnik-

freien Genuss.Gentechnik birgt Gefahren für unsere

Gesundheit und die Umwelt. Erstens: Frem-de Gene in Lebensmitteln können neue Gift-stoffe und Allergien verursachen. Zweitens: Der Anbau von Gen-Pfl anzen gefährdet die biologische Vielfalt und führt zu einem er-höhten Pestizideinsatz. Und drittens: Für Landwirte wird die Produktion gentechnik-freier Lebensmittel immer schwieriger. Das veränderte Erbgut von Gen-Pfl anzen kann sich unkontrolliert ausbreiten – ein Acker ist keine Isolierstation. Durch Pollenfl ug oder Insekten können die Samen herkömm-licher Pfl anzen „verunreinigt“ werden. Aus diesen Gründen kämpft Greenpeace ge-gen Gen-Pfl anzen und deren Verfütterung an Nutztiere der Milch-, Ei- und Fleischpro-duktion. Damit ist die Umweltorganisation auch Sprachrohr der Verbraucher. Laut

Gen-Pfl anzen sind tabu:

Greenpeacegegen Gentechnik

Umfragen – etwa über das Meinungsfor-schungsinstitut Emnid – lehnen die meisten Deutschen Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln ab. Mit den Einkaufsratgebern für gentechnik-freien Genuss „Essen ohne Gentechnik“ und „Milch für Kinder“ bietet Greenpeace einen Service für umweltbewusste Verbraucher. Der erste Ratgeber gibt Infos, ob Firmen mit oder ohne Gen-Pfl anzen im Tierfutter pro-duzieren – oder sich in der Umstellung be-fi nden. Der zweite informiert nach gleichemMuster über Milchprodukte für Kinder. Konsumenten haben Macht, ihre Nachfrage bestimmt das Angebot. Viele Firmen haben auf Druck von Greenpeace und Verbrau-chern ihre Produktion umgestellt und ver-wenden nur noch Erzeugnisse von Tieren, die gentechnikfrei gefüttert wurden.

Späte Einblicke:Die Gorleben-AktenSeit 1977 wird der Gorlebener Salzstock

als mögliches Endlager für hoch radio-

aktive Abfälle gehandelt. Jahrelange Erkun-

dungen folgen. Zwischen 2000 und 2010

verhindert ein Moratorium diese Arbeiten.

Nun wird weiter geforscht – ergebnisoffen,

wie es heißt. Warum fi el die Wahl damals überhaupt

auf Gorleben? 2009 stellt Greenpeace bei

zwölf Ministerien und Behörden Antrag

auf Akteneinsicht. Es dauert Monate,

bis tausende Originaldokumente gesich-

tet und ausgewertet sind. Die erste Bilanz

ist vernichtend. Die Akten der 1970er Jahre offenbaren:

Zwischen der ersten Nennung von Gorleben

und der endgültigen Festlegung liegen

nur wenige Wochen, und die Standort-

wahl war eindeutig politisch motiviert. Das

Gebiet nahe der früheren DDR-Grenze

war nur wenig besiedelt und bot kaum

Arbeitsplätze. Ein wissenschaftliches Auswahlverfahren

gab es nicht. Ergebnisse geologischer Un-

tersuchungen sprechen sogar gegen den

Salzstock als künftiges Endlager, so z.B.

der Kontakt zu wasserführenden Schichten.

Dass Salz und Wasser nicht gut zusammen-

passen, wenn es um die Lagerung von ra-

dioaktiven Abfällen geht, zeigt bereits das

marode Atommülllager Asse.Greenpeace bleibt 2010 weiter am Ball und

sichtet Akte um Akte. Für alle Interessiertensind die brisantesten Doku-mente im Internet veröffent-licht. Die Datenbank wird

kontinuierlich erweitert.

Bittersüße Schokolade:

„Give the Orang-Utan a break!“In Indonesien zerstören Palmöl-Konzerne wie Sinar Mas riesige Flächen Urwald für neue Ölpalmen-Plantagen. Ein Großabneh-mer von Palmöl ist Nestlé, der den Rohstoff unter anderem für seinen „KitKat“-Riegel verwendet. Greenpeace startet eine internationale Kam-pagne gegen Nestlé. Als Symbol für den sterbenden Urwald setzt Greenpeace den vom Aussterben bedrohten Orang-Utan in seinen Medien ein. Provokante Videos nach dem Motto „Give the Orang-Utan a break“ lösen im Internet eine Welle der Empörung aus. Tausende User beschweren sich auf den Facebook-Seiten von Nestlé und fordern Pro-

Greenpeace-Atom-experte Matthias

Edler studiert die Gorleben-Akten.

„Grüne Woche“

Berlin: Eine Green-

peace-Aktivistin kippt

Agrarministerin Aigner

Gen-Kartoffeln vor

die Füße. Sie soll

„Amfl ora“ verbieten.

Mit einem Bio-Kartoffel-essen am Brandenburger Tor fordern Greenpeacer das Aus für Gen-Pfl anzen.

dukte ohne Palmöl aus Urwaldzerstörung. Im April bauen Greenpeacer ein Banner und eine Twitterwall vor der deutschen Nestlé-Zentrale in Frankfurt auf. Viele Verbraucher nutzen die Chance, Nestlé ihren Protest di-rekt vor die Haustür zu schicken. Im Mai klären Greenpeace-Gruppen aus über 40 Städten in Supermärkten über die urwald-schädlichen „KitKat“-Riegel auf. Greenpeace-Erfolg: Am 17.5.2010 verkündetNestlé, zukünftig keine Produkte aus Urwaldzerstörung mehr beziehen zuwollen und stellt hierzu einen Aktionsplan vor. Greenpeace wird die Umsetzung sehr genau verfolgen.

Erst 2009 hatte Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) den Anbau der Gen-Maissorte MON810 in Deutschland ver-boten. Dafür akzeptiert sie jetzt eine an-dere Gen-Pflanze: die Stärke-Kartoffel „Amflora“, entwickelt von BASF. Ihre Stärke soll in technische Produkte wie Kleister fl ießen – kann aber auch unge-wollt in Lebensmitteln landen. Das Risiko:„Amfl ora“ enthält Gene für eine Antibio-tika-Resistenz. Möglicherweise überträgt sich diese Resistenz auf Bakterien und reduziert so die Wirkung von Antibiotika beim Menschen.Eine Emnid-Umfrage im Auftrag von Greenpeace im Januar 2010 ergibt: Von über 1000 Bürgerinnen und Bürgern stimmen 77 Prozent für ein Verbot der„Amflora“ in Deutschland. DochAigner unternimmt nichts gegen die gefährliche Knolle mit dem schönen Namen. Im März genehmigt die EU-Kommission den Anbau von„Amfl ora“ und deren Einsatz in Fut-termitteln. Verunreinigungen inLebensmitteln werden toleriert.

„Amfl ora“, machdich vom Acker!

Protest-Aufkleber gegen Nestlé:Der Orang-Utansteht als Symbol für den Untergang des Urwalds.

2010 Mit der „Beluga II“

startet Greenpeace eine Tour über Russ-lands Flüsse zum Test der Wasserqualität.

Auf Druck von Greenpeace und ande-ren NGOs vereinbaren kanadische Papierher-steller einen mehrjäh-rigen Einschlagstopp auf 28 Millionen Hektar Wald in Kanada.

2013

Die neue schwarz-grüne Koalition beschließt eine AKW-Laufzeitverkürzungbis 2015.

2014 Audi und BMW

bringen serienmäßig 3-Liter-Autos aufden Markt.

2022 Weltpremiere: Ein

ganzes Meer wird unter Schutz gestellt, die Ostsee.

2028

Ade Bio-Siegel: Öko-logische Landwirtschaft mit artgerechter Tier-haltung ist Standard.

2034 Alle Urwälder der

Erde werden zu Nationalparks erklärt.

2049 Deutschlands Strom

und Heizenergie stam-men zu 100 Prozent aus ökologischen Quellen.

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Page 15: Greenpeace 30 Jahre

www.greenpeace.de

Impressum Greenpeace e.V., Große Elbstraße 39, 22767 Hamburg, Tel. 040/30618-0, [email protected], www.greenpeace.de Politische Vertretung Berlin Marienstraße 19-20, 10117 Berlin, Tel. 030/308899-0 V.i.S.d.P. Michael Pauli Text und Redaktion Nicoline Haas Bildredaktion Conny Böttger Gestaltung Henriette Jakubik Produktion Christiane Bluhm Fotos Titel: Logo Carsten Raffel, Jeremy Sutton-Hibbert; S. 2/3: Keziere, Thomas Duffé, Samuel Zuder; S. 4/5: Holger Luebkert, Diether Vennemann, Pierre Gleizes; S. 6/7: Wolfgang Hain, Ali Paczenski (2), Miller, Pierre Gleizes (2); S. 8/9: Diether Vennemann (4), Mauricio Bustamante, Thomas Einberger; S. 10/11: Diether Vennemann, Sabine Vielmo (2), Noel Matoff; S. 12/13: Dave Sims (2), Linda Putzenhardt, Paul Hilton, Sabine Vielmo; S. 14/15: Fred Dott, Bert Bostelmann, Roman Schramm, Christoph Engel; S. 16/17: Daniel Beltra, Matti Snellman, Markus Mauthe, Fred Dott, Ben Deiman, Paul Langrock (2); S. 18/19: Alex Hofford, Natalie Behring, Pierre Gleizes, Shailendra Yashwant; S. 20/21: Rex Weyler, Jiri Rezac, Paul Langrock, Frank Hormann, Heiko Meyer, Dörthe Hagenguth; S. 22/23: Wolf Wichmann, Marcus Meyer, Fred Dott (2), Daniel Rosenthal, Bente Stachowske (2), Paul Langrock, Thomas Einberger, Bert Bostelmann; S. 24/25: Nick Cobbing (2), Will Rose, Ardiles Rante, Marco Okhuizen, Thomas Einberger; S. 26/27: Paul Langrock (2), Michael Löwa, Kadir van Lohuizen; Rücktitel:Fred Dott, Paul Langrock, Ricardo Beliel, Bas Beentjes, Paul Hilton, Dörthe Hagenguth; Stills: Sabine Moeller, alle © Greenpeace Litho Gass Medientechnik, Hamburg Druck Hartung Druck + Medien GmbH, Asbrookdamm 38, 22115 Hamburg Auflage 10.000 Exemplare. Stand 5/2010Zur Deckung unserer Herstellungskosten bitten wir um eine Spende: Postbank Hamburg, BLZ 200 100 20, KTO 97 338-207

Gedruckt auf 100% Recyclingpapier

Greenpeace ist eine internationale Umweltorganisation, die mit gewaltfreien Aktionen für den Schutz der Lebensgrundlagen kämpft. Unser Ziel ist es, Umweltzerstörung zu verhindern, Verhaltensweisen zu ändern und Lösungen durchzusetzen. Greenpeace ist überparteilich, politisch und finanziell unabhängig und nimmt keine Gelder von Regierungen, Parteien oder der Industrie.

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