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This article was downloaded by: [Carnegie Mellon University] On: 22 October 2014, At: 03:04 Publisher: Routledge Informa Ltd Registered in England and Wales Registered Number: 1072954 Registered office: Mortimer House, 37-41 Mortimer Street, London W1T 3JH, UK Symbolae Osloenses: Norwegian Journal of Greek and Latin Studies Publication details, including instructions for authors and subscription information: http://www.tandfonline.com/loi/sosl20 Griechisches aus Properz’ Heimat Karl Kerényi Published online: 22 Jul 2008. To cite this article: Karl Kerényi (1952) Griechisches aus Properz’ Heimat, Symbolae Osloenses: Norwegian Journal of Greek and Latin Studies, 29:1, 110-113, DOI: 10.1080/00397675208590445 To link to this article: http://dx.doi.org/10.1080/00397675208590445 PLEASE SCROLL DOWN FOR ARTICLE Taylor & Francis makes every effort to ensure the accuracy of all the information (the “Content”) contained in the publications on our platform. However, Taylor & Francis, our agents, and our licensors make no representations or warranties whatsoever as to the accuracy, completeness, or suitability for any purpose of the Content. Any opinions and views expressed in this publication are the opinions and views of the authors, and are not the views of or endorsed by Taylor & Francis. The accuracy of the Content should not be relied upon and should be independently verified with primary sources of information. Taylor and Francis shall not be liable for any losses, actions, claims, proceedings, demands, costs, expenses, damages, and other liabilities whatsoever or howsoever caused arising directly or indirectly in connection with, in relation to or arising out of the use of the Content. This article may be used for research, teaching, and private study purposes. Any substantial or systematic reproduction, redistribution, reselling, loan, sub-licensing, systematic supply, or distribution in any form to anyone is expressly forbidden. Terms & Conditions of access and use can be found at http:// www.tandfonline.com/page/terms-and-conditions

Griechisches aus Properz’ Heimat

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This article was downloaded by: [Carnegie Mellon University]On: 22 October 2014, At: 03:04Publisher: RoutledgeInforma Ltd Registered in England and Wales Registered Number: 1072954 Registered office: Mortimer House,37-41 Mortimer Street, London W1T 3JH, UK

Symbolae Osloenses: Norwegian Journal of Greek andLatin StudiesPublication details, including instructions for authors and subscription information:http://www.tandfonline.com/loi/sosl20

Griechisches aus Properz’ HeimatKarl KerényiPublished online: 22 Jul 2008.

To cite this article: Karl Kerényi (1952) Griechisches aus Properz’ Heimat, Symbolae Osloenses: Norwegian Journal of Greekand Latin Studies, 29:1, 110-113, DOI: 10.1080/00397675208590445

To link to this article: http://dx.doi.org/10.1080/00397675208590445

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Page 2: Griechisches aus Properz’ Heimat

GRIECHISCHES AUS PROPERZ' HEIMATVON

KARL KERÉNYI

1.

s ist schwer zu verbergen?" — fragt Goethe in einerberühmten Priamel des Divan und er kommt zum wohl-

bekannten Schluß: „Am schwersten zu bergen ist ein Gedicht."Daher.sei dieser Bericht — ein sehr vor-läufiger Vorbericht vomaufregendsten Fund, den sich die Liebhaber des Properz, Umbriensund jenes weit- und warmherzig gefaßten „Mystic Italy", dasApollinisches und Dionysisches mit Franziskanischem vereinigt,nicht einmal erträumen konnten — mit einem Distichon eröffnet.Zögernd nimmt sonst der Verfasser dieser Zeilen die Vorläufigkeiteines Berichtes auf sich, der nur einen Teil des heute schon Sicht-baren andeuten und die eigentliche Veröffentlichung, deren Vor-bedingung eine systematisch durchgeführte Ausgrabung wäre, erstrecht nicht ersetzen kann. Ein Grund der folgenden Mitteilungenist gerade der Umstand, daß so viel wie jetzt auch vor drei Jahrenhätte schon mitgeteilt werden können und in diesem Fall wäre man^vielleicht dem nächsten Ziel, eben der systematischen Ausgrabung,schon näher. Der Dank für den Fund und das Erlaubnis für dievorläufigen Mitteilungen gebührt dem um seine Stadt wohlverdientenBürger von Assisi, dem Pharmazisten Dott. Fioravante Caldari.

Mit seiner Führung und dem Erlaubnis des Bischofs von Assistdurch dessen private Räumlichkeiten der Weg einstweilen zumFundort führt, ist der auf Kosten des Entdeckers ausgegrabeneTeil der — wenn sie einmal völlig ausgegraben wird, so zu nen-nenden — Unterkirche von S. Maria Maggiore erreichbar. WelcheStufen der Sukzession der antike Raum durchgemacht hatte, bisdie heutige romanische Kirche — durch eine Inschrift von 1163datiert — darüber, wahrscheinlich zum endgültigen Verschwinden-lassen der Vorgänger heidnischen Ursprungs, errichtet wurde, ist

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noch nicht sichtbar. S. Maria Maggiore hat die doppelte Breitedes antiken Gebäudes, dessen Südmauer zugleich eine Grundmauerder Kirche bildet, während die an einem bestimmten Punkt sicherweiternde Nordwand des antiken Raumes in der Mitte unter derKirche durchläuft. Der antike Grundriß ist nur zum Teil ersicht-lich und leider noch nicht abmeßbar. Die Entfernung zwischenden beiden Parallelmauern ist etwas mehr als 4 m, bei der Er-weiterung der Nordwand mehr als 5 m, die Länge des Gebäudeskönnte auch 20 m gewesen sein — alles mit Vorbehalt gesagt, dadieser erste Teil des Vorberichtes weder auf das Architektonische,— die strukturelle Lage der einstweilen einzig ausgegrabenendorischen Säule mitinbegriffen — noch auf die Würdigung derschön erhaltenen antiken Wandbemalung eingehen kann.

Nur dies sei noch vorausgeschickt: Die religiöse Bestimmung desRaumes wird durch die Lage unter dem christlichen Kultgebäudeund zwar gerade unter der bischöflichen' Kirche, die eine rechtlicheund daher wohl auch historische Priorität vor den berühmterenKirchen Assisis hat, nahegelegt. Assisi besitzt in seiner S. Mariasopra Minerva, deren Anblick Goethe eine so große Erholung be-deutet hatte, bereits ein berühmtes Beispiel der Kultsukzession. DieHauptstücke der Wandmalereien, von denen die erste sogleich be-sprochen werden soll, würden inhaltlich zu einem apollinischenKultraum passen, wie auch der Gebrauch der griechischen Sprachein den Epigrammen, die die Bilder erklären. Man müßte schonan eine sehr feine, sehr exklusive, griechisch sprechende Familiedenken, der dieses Gebäude in der kleinen umbrischen Stadt ge-hörte, wenn es nur profanem Luxus dienen sollte! Oder ebenan einen Apollonkult ursprünglich privaten, genauer gentilischenCharakters, wofür das berühmteste Beispiel die Errichtung despalatinischen Apollontempels durch Augustus auf eigenem, privatemGrund ist, sehr wahrscheinlich in Fortsetzung der Tradition dergens Mia, besungen von Properz (II 31). Der Stil der Wand-malerei und die Form der Buchstaben scheinen eine Datierungwie Augusteische Zeit zuzulassen. Doch Vorbehalt ist auch hier nochnotwendig, da bessere Bedingungen zum Studium am Ort geschaffenwerden müssen, und es wäre fast zu schön — was immerhin mög-lich ist —, wenn dieser Fund griechischer Kultur und apollinischerReligion in der Stadt des Properz aus der Zeit des Dichters selbst

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stammen würde, der keine Gottheit — außer Venus und Amor —so oft und aus solcher Nähe anrief, wie Phoebus.

Das eine von den zwei tafelartigen Gemälden, die an der Nord-wand des Raumes zum Vorschein kamen, stellt einen von zweiGreifen gezogenen Wagen dar, die bekannte Form der biga, dochmit vier Rädern. Auf dem Wagen sind Köcher und Leier zu sehen,Attribute des Gottes ohne den Gott selbst. Den Bogen konnte ichnicht entdecken, ebensowenig einen Dreifuß oder sogar Dreifüsse,die das Distichon, das erklärende Epigramm des Bildes, erwähnt.Daß früher so etwas sichtbar war, ist nicht ausgeschlossen, es istindessen ebenso möglich, daß aus dem griechischen Musterbuchzur Ausschmückung dieser Art Räumlichkeiten — denn eine solcheVorlage wird man annehmen müssen — nur die Inschrift genauübernommen, das Bild flüchtiger kopiert wurde. Durch die Be-schädigung der bemalten Oberfläche ist nur ein einziger Buchstabeverschwunden:

üatävoc κλυτο[ν] άρμα βίας φόρμιγξ τε λίγ(ε)ια

γρϋπες και τρίποΒες σήματα μαντοσύνης

So lautet das kleine Gedicht: „Des Paian berühmter Wagen,Bogen und schrille Laute, Greife und Dreifüsse— Zeichen pro-phetischer Kunst." Schlicht und sachlich, wie nur in guten Zeitenaneinandergereihte sachliche Angaben ungezwungen und scheinbarkunstlos ein Gedicht ergeben konnten. Ein Beispiel von den un-zähligen, die in griechischen Tempeln kleinen und großen Kunst-,werken beigeschrieben wurden und den Ursprung bildeten einerbesonderen Gattung der Epigrammdichtung, die bis jetzt viel- mehrin ihren spielerisch-künstlichen Vertretern bekannt war, auch irirömischen Nachbildungen des Martial. Es fällt immerhin auf, daßdie profan-dekorative Verwendung solcher Darstellungen — auchzum zweiten, im zweiten Teil dieses Vorberichtes zu besprechendenBild wird man pompeianische Parallelen anführen können — kaumje von solchen Inschriften begleitet werden, die den Zweck haben,den Sinn und Bezug solcher für sich dastehenden Symbole fest-zuhalten. Denn sie standen, die Götterattribute, an ihrem ursprüng-lichen Ort, in einem Kultraume, doch nicht für sich da, sondernin Bezug auf die Gottheit. Dieser Bezug gab ihnen Sinn, machtesie zu Sinn-Bildern des besonderen Göttlichen jenes Raumes, zu

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Symbolen mit einer Prägnanz der bildlich auszudrückenden Gehalt-fölle, die ein neuerer Widerwille gegen „Symbolik" fast schonvergessen ließ. Ihre bloß dekorative Verwendung in profanenRäumlichkeiten ist jedenfalls sekundär.

Selbst wenn Sinnbild und Sinngedicht im neuentdeckten Raumvon Assisi nicht an einem „ursprünglichen* Ort solchen Zusammen-hanges — das heißt an einem Kultort — stehen, sondern aus demMusterbuch ohne Bezug auf etwas Göttliches in jenem Räumeentnommen worden sind, auch dann ist dies eine Belehrung.Die Bezeichnung Äpollons als Paian ist eine delphische — freilichnicht nur delphische — Bezeichnung, die immerhin eine schöneParallele hat in Rom, wo die Vestalinnen den Gott so anrufen(ita indigitant): Apollo medice, Apollo Paean (Macrobius Sat. I 17,15).Von dem Wagen des Apollon soll in einem anderen Zusammenhangdie Rede sein. Und auch die Betonung der prophetischen Kunstdes Gottes, in der das Epigramm ausklingt — sprachlich im Un-klaren lassend, ob nur Dreifüsse oder auch die Greife Zeichendafür sind — sei in dieser Besprechung des ersten Bildes ebennur hervorgehoben. Die Inschrift des zweiten Bildes ist vom weitennicht so lesbar, wie die mitgeteilte. Sie gibt viel kompliziertereFragen auf und bringt vielleicht auch tiefere Einsichten.

Ein neuer Eingang öffnet sich in die Kulturgeschichte Umbriens.

8 — Symbol« Osloenses. XXIX.

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