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Technische Universität Bergakademie Freiberg Institut für Geologie Lehrstuhl für Hydrogeologie Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie Lehrverantwortlicher: PD Dr. V. Dunger Foto: N. Kloppe

Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie · Vorwort: Die Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ ist Bestandteil des Moduls „Angewandte Geowissenschaften

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Technische Universität Bergakademie Freiberg Institut für Geologie Lehrstuhl für Hydrogeologie

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung

Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie

Lehrverantwortlicher: PD Dr. V. Dunger

Foto: N. Kloppe

Vorwort: Die Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ ist Bestandteil des Moduls „Angewandte Geowissenschaften I“, das im Rahmen der Bachelorausbildung für naturwissenschaft-liche Studiengänge, u. a. für Geoökologen, Geologen, Geotechniker und Mineralogen angeboten wird. Der zeitliche Umfang beträgt 2 Semesterwochenstunden Vorlesung. Für Interessenten wird jeweils im darauf folgenden Sommersemester das Modul „Anwendung hydrologischer Methoden“ angeboten, das durch eine Übungsreihe erweitert ist. Ziel der Vorlesung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ ist die Vermittlung von hydrolo-gischen und hydrogeologischen Grundlagen. Hierbei werden vorrangig Wassermengenaspekte be-handelt. Auch wenn es sich bei der Lehrveranstaltung um eine Grundlagenvorlesung handelt, so heißt dies nicht, dass es an Praxisorientierung mangelt. In den Vorlesungen wird eine Vielzahl von Anwen-dungsbeispielen behandelt. Ferner sind Videobeiträge zur besseren Visualisierung der Vorlesungs-inhalte integriert. Hauptinhalte der Vorlesungen „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ sind: - Gegenstand und Geschichte der Hydrologie / Hydrogeologie - Wasserkreislauf und Wasserhaushalt - anthropogene Einflüsse auf den Wasserhaushalt - Niederschlagsentstehung, -arten, -messung - anthropogene Niederschlagsbeeinflussung - Aufbau und Schmelze einer Schneedecke - Messung und Berechnung der Verdunstung - Durchflussmessverfahren, Wasserstands-Durchfluss-Beziehung - Erfassung von Abflussbildung, -konzentration und -verlauf - unterirdische Wasserarten - Grundwasserlagerungsverhältnisse - Grundlagen der Grundwasserhydraulik - Bestimmung ausgewählter hydrogeologisch relevanter Parameter - Grundsätze der Grundwasserprobenahme - Grundlagen der Hydrochemie und des Grundwasserschutzes Das Vorlesungsskript soll einen Leitfaden darstellen. Es sind stichpunktartig und illustrativ die Schwerpunkte der einzelnen Vorlesungen zusammengefasst. Da es sich hierbei um ein internes Studien-material handelt, wurde auf detaillierte Literaturhinweise (Zitate) verzichtet. Lediglich die Bildquellen sind kenntlich gemacht. Bei der Ausarbeitung der Vorlesungsskripte ist im Wesentlichen auf folgende Literatur zurückgegriffen worden: Baumgartner, A. und H.-J. Liebscher (1990): Lehrbuch der Hydrologie, Band 1. Gebrüder Borntraeger, Berlin, Stuttgart. Busch, K. F., L. Luckner und K. Tiemer (1993): Lehrbuch der Hydrogeologie, Band 3: Geohydraulik. Gebrüder Borntraeger Berlin, Stuttgart. Dyck, S. u. a. (1976): Angewandte Hydrologie, Teil 1: Berechnung und Regelung des Durchflusses der Flüsse. VEB Verlag für Bauwesen, Berlin.

Dyck, S. u. a. (1978): Angewandte Hydrologie, Teil 2: Der Wasserhaushalt der Fußgebiete. VEB Verlag für Bauwesen, Berlin. Dyck, S. und G. Peschke (1995): Grundlagen der Hydrologie. Verlag für Bauwesen, Berlin, 3. Auflage. Hölting, Coldewey (2009): Hydrogeologie, Spektrum Akademischer Verlag. Maidment, D. R. (1992): Handbook of Hydrology. McGraw-Hill. Maniak, U. (2005): Hydrologie und Wasserwirtschaft. Eine Einführung für Ingenieure. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, 5. Auflage. Matthess, M. (1990): Lehrbuch der Hydrogeologie, Band 2: Die Beschaffenheit des Grundwassers. Gebrüder Borntraeger Berlin, Stuttgart. Matthess, M. (2003): Lehrbuch der Hydrogeologie, Band 1: Allgemeine Hydrogeologie, Grundwasser-haushalt. Gebrüder Borntraeger Berlin, Stuttgart. Schröder, W., G. Euler, F. Schneider und D. Knauf (1994): Grundlagen des Wasserbaus. Werner-Verlag, Düsseldorf, 3. Auflage. Singh, V. P. (1992): Elementary Hydrology. Prentice Hall, Englewood Cliffs, New Jersey. Die hier angegebene Literatur kann dem interessierten Studenten zur Vertiefung und Erweiterung seines Wissens empfohlen werden. Neben der angegebenen Literatur wurden Forschungsarbeiten des Lehr-stuhls für Hydrogeologie genutzt. Ich hoffe und wünsche, dass das Skript dazu beiträgt, die Vorlesungen für den Studenten angenehmer zu gestalten und dass die Zeit, die ansonsten nur zum Mitschreiben benötigt würde, der erhöhten Auf-merksamkeit zugute kommt und damit dem besseren Verständnis dient. Für Hinweise und Vorschläge, die der Verbesserung der Vorlesungsskripte dienen, bin ich jederzeit dankbar. Freiberg im Februar 2017

Volkmar Dunger

Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Einführung 5 1.1. Gegenstand der Hydrologie bzw. Hydrogeologie 5 1.2. Geschichte von Hydrologie und Hydrogeologie 7 2. Wasserkreislauf und Wasserhaushalt 10 2.1. Begriffsbestimmungen 10 2.2. Wasserdargebot und -verbrauch, Wasserhaushaltsgleichung 12 2.3. Anthropogene Beeinflussungen des Wasserhaushaltes 17 2.3.1. Überblick 17 2.3.2. Direkte Auswirkungen anthropogener Eingriffe 17 2.3.3. Indirekte Auswirkungen anthropogener Eingriffe 21 3. Der Niederschlag 22 3.1. Bedeutung und Entstehung 22 3.2. Niederschlagsarten 27 3.3. Niederschlagsmessung (punktuelle Messung) 28 3.4. Ermittlung des Gebietsniederschlages 31 3.5. Starkregen, Bemessungsregen, maximal möglicher Regen 34 3.6. Globale und saisonale Niederschlagsverteilung 40 3.7. Anthropogene Niederschlagsbeeinflussung 42 3.8. Schnee 43 4. Die Verdunstung 46 4.1. Arten und Bedeutung der Verdunstung 46 4.2. Überblick über Methoden zur Messung der Verdunstung 49 4.3. Wasserhaushaltsmethode 50 4.4. Berechnung der potentiellen Verdunstung mittels empirischer Formeln 54 4.5. Klimatische Wasserbilanz 60 4.6. Methoden zur Berechnung der realen Verdunstung 61 4.7. Interzeptionsverdunstung 68 5. Abfluss und Durchfluss 73 5.1. Definitionen, Abflusskomponenten 73 5.2. Messung des Durchflusses 74 5.2.1. Überblick über häufig angewendete Verfahren 74 5.2.2. Durchflussmessung mittels Messwehr 77 5.2.3. Durchflussermittlung mittels hydrometrischem Messflügel 78 5.2.4. Tracermessung (Verdünnungsmethode) 81 5.3. Berechnung von Fließgeschwindigkeit und Durchfluss mittels einfacher Fließformeln 84 5.4. Wasserstands-Durchfluss-Beziehung 85 5.4.1. Wasserstandsmessung 85 5.4.2. Darstellung der Wasserstands-Durchfluss-Beziehung 89 5.5. Statistische Auswertung von Durchflussdaten 89 5.5.1. Datenprüfung 89 5.5.2. Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses 94

5.6. Der Abflussbildungsprozess 96 5.6.1. Einflussgrößen auf den Abflussvorgang - morphometrische Parameter 96 5.6.2. Einfache Ansätze zur Erfassung der Abflussbildung 101 5.6.3. Abfluss- und Infiltrationsmodelle 105 5.7. Abflusskonzentration und -verlauf im Gewässer 110 6. Hydrogeologische Grundlagen 114 6.1. Teildisziplinen der Hydrogeologie 114 6.2. Hohlräume und unterirdische Wasserarten in der Hydrogeologie 114 6.3. Grundwasserlagerungsverhältnisse 116 6.4. Grundwasserhydraulik 117 6.5. Bestimmung hydrogeologisch relevanter Parameter bezüglich der Grundwasserhydraulik 121 6.6. Grundwasserbeschaffenheit, Grundwasserschutz 125 Anhang: Übungen zum Modul „Anwendung hydrologischer Methoden“ (angeboten jährlich im Sommersemester)

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Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie 1. Einführung 1.1. Gegenstand der Hydrologie

* Hydrologie = Wissenschaft vom Wasser ┌─────────┴──────────────┐ Eigenschaften: Erscheinungsformen: - Transport ┌────┼────┐ - Speicherung über auf unter der Landoberfläche: - Wasserkreislauf - Verteilung des Wassers - Veränderungen durch anthropogene Einflüsse ┌──────────────────┴──┐ quantitativ (Menge) qualitativ (Beschaffenheit) * Hydrogeologie = Wissenschaft vom unterirdischen Wasser (im engeren Sinne: Grundwasser) * Teilbereiche der Hydrologie und der Hydrogeologie:

Hydrologie: Hydrogeologie: a) Hydrologie des Festlandes: - Flusskunde (Potamologie) Hochwasserberechnung Niedrigwasserberechnung Speicherwirtschaft - Seenkunde (Limnologie) - Küstenhydrologie - Glaziologie - Geohydrologie (Hydrologie des unter- Irdischen Wasser) - Wasserhaushaltslehre - Paläohydrologie b) Hydrologie der Meere (Ozeanologie) a) allgemeine Hydrogeologie (Grundlagen, Definitionen) b) Grundwasserlagerstättenlehre (Eigenschaften, Nutzbarkeit der Grundwasserlagerstätten) c) Grundwasserschutz (Fixierung von Schutz- zielen und Schutzgebieten) d) Montanhydrogeologie (Bergbausicherheit, Wasserhaltungen im Bergbau) e) weitere ( Paläohydrogeologie, Hydraulik, Isotopenhydrogeologie, Hydrgeothermie, …) - zur Stellung von Hydrologie und Hydrogeologie innerhalb der Naturwissenschaften s. Bild 1.1 * Zielstellung der Hydrologie / Hydrogeologie: Schaffung von Grundlagen für: - Planung ┐ - Entwurf ├─ wasserwirtschaftlicher Maßnahmen zur: - Durchführung ┘ - Erkundung ┐ - Erfassung ┼─ der Wasserressourcen ┬─ Mengenaspekt - Erschließung ┤ └─ Beschaffenheitsaspekt - Nutzung ┘

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hierbei Entscheidungshilfen s. Bild 1.2 Bild 1.1:

Stellung von Hydrologie und Hy-drogeologie innerhalb der Natu-rwissenschaften (nach BAUMGART-NER, LIEBSCHER, 1990)

Bild 1.1:

Hydrologische Informationen für die Planung, Bemessung und Bewirtschaftung von wasserwirtschaftlichen Syste-men (aus DYCK, PESCHKE, 1995)

* vorrangige Aufgaben von Hydrologen und Hydrogeologen: - Erforschung des Wasserkreislaufes/Wasserhaushaltes: Einfluss von Klima, Boden, Vegetation, Veränderung der Umwelt durch den Menschen auf den Wasserkreislauf (Veränderungen vor allem in Bezug auf die Verdunstung, Abfluss und Grundwasserspeisung) - hydrologische Prognosen/Vorhersagen: Wasserstand, Durchfluss, Hoch- und Niedrigwasser, Schneeschmelze, Eisbildung, Grundwasserspeisung (sog. Grundwasserneubildung) - Bemessungsaufgaben: Planung und Dimensionierung wasserwirtschaftlicher, bergbaulicher, ver- kehrstechnischer, landwirtschaftlicher, kommunaler Anlagen - Gewässerschutz: Veränderung von Wassermenge/-beschaffenheit infolge menschlicher Nutzung

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* Hauptarbeitgebiete der Hydrologie / Hydrogeologie: a) Beobachtung und Messung hydrologisch-hydrogeologischer Prozesse b) Prozessanalyse und Entwicklung neuer Methoden c) Anwendung der Ergebnisse von a) und b) für praktische Belange (z.B. für Vorhersagen, für Bemessungsaufgaben und in Bezug auf den Gewässerschutz s. o.) 1.2. Geschichte der Hydrologie / Hydrogeologie - Verhältnis des Menschen zum Wasser begründet durch Mangel und Überschuss (dokumentiert u.a. in allen Weltreligionen (Bibel: Sintflut), Mythen und Legenden - Nutzung des Wassers (und teilweise hydrologische Messungen) stand vor der Erklärung der Zu-sammenhänge/Vorgänge (z.B. des hydrologischen Kreislaufes, s. auch Bild 1.3) - große Kulturen waren immer zugleich an die Lösung der Wasserprobleme gebunden (Wasser-fassung, -speicherung, -verteilung, -entsorgung, Be- und Entwässerung, Hochwasserschutz)

Bild 1.3: Das Verhältnis Mensch-Wasser in der Menschheitsgeschichte (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER,

1990)

Mesopotamien (Zweistromland): - Probleme: regelmäßiges Auftreten von Hochwasser (April-Juni, für Ackerbau günstig) außerordentlich geringes Talgefälle ( ca. 1 : 26 000) große Überschwemmungsgebiete Schwebstoffführung und Überflutung der Felder stark abhängig vom Wasserstand - Notwendigkeit einer straffen zentralistischen Staatsform (sog. "Wasserzivilisation", Sumerer, um 3000 v. Chr.) - in Chaldäischer Zeit (620-540 v. Chr.) 40 000 km2 Land bewässert, große Probleme mit Versalzung der Böden, Ursachen nicht erkannt Wanderung entlang der Flüsse, Anbau unempfindlicherer Pflanzen (Gerste statt Weizen) - Zerstörung der Anlagen nach 1258 (Herrschaft der Mongolen) Rückgang der Bevölkerung von ca. 25 Mio. (100 n. Chr.) auf 1,5 Mio. (1913)

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Ägypten: - jährliches Nilhochwasser (Juli-September) = Grundlage des Wohlstandes Ägyptens - Wasserstandsschwankungen von 1 m Katastrophen enges Netz von Wasserstandsmessstellen (älteste erhaltene Wasserstandsmarken und Auf- zeichnungen ca. 2900 - 2500 v. Chr.), ununterbrochene Wasserstandsaufzeichnungen des Pegels Roda (bei Kairo) von 715 - 1890 längste erhaltene Messreihe der Welt, Mess- prinzip mittels Schacht (prinzipiell kein Unterschied zu modernen Messeinrichtungen) geeichte Pegel, sog. "Nilometer" mit Einteilung (schlechtester Nil, Hunger-Nil, heiterer Nil, sicherer Nil, vorzüglicher Nil, ausnahmsweise hoher Nil) wahrscheinlich ältestes Hochwassermeldesystem (Ruderbootmelder) Indus-Tal: - bereits ca. 3500 - 1500 v. Chr. außerordentlich hohes Niveau auf den Gebiet des Wasserbaus, der Wasserversorgung und Abwasserbehandlung - Wasserversorgung meist aus Brunnen, Transport durch Kanäle und Leitungen in die Häuser - Entsorgung (Bäder und Spültoiletten) durch Kanalisation (Kanäle, Sammler) hoher Standard, der selbst durch das Römische Reich nicht erreicht worden ist (ca. 2000 Jahre später) Persien, Armenien (Hochlandkulturen): - Nutzung von Grundwasser für die Wasserversorgung Nutzung von Quellen und Brunnen Transport des Wassers durch Qanate (Freispiegelkanäle), ca. 1000 (... 1500) v. Chr. - maximale Länge der Qanate: ca. 80 km, Transportleistung: im Mittel 2 000 m3/d (bis 35 000 m3/d) - Gesamtqanatanzahl Persiens: 40 000 - 50 000 mit in Summe ca. 1 000 m3/s (entspricht dem 3-fachen Durchfluss der Elbe in Dresden) Theorie des Wasserkreislaufes: - eine der ältesten Fragen der Menschheit: wo kommt das Wasser her?

- 3 Lehrmeinungen (s. auch Bild 1.4): meteorogener Wasserkreislauf begründet wahrscheinlich von XENOPHANES (570 - 475/470 v. Chr.) Erklärung des Wasserkreislaufes, wie sie heute noch in jedem modernen Lehrbuch stehen könnte, weitere Vertreter: DIOGENES, HIPPOKRATES (Verdunstungsexperimente) Salzwasseraufstieg aus den Meeren begründet von THALES (ca. 624 - 546 v. Chr.) "Die Erde ruht auf dem Wasser der Meere.", weitere Vertreter: HIPPON, PLATON Wasserentstehung aus der Luft (Kondensation) entwickelt von ARISTOTELES (385 - 322 v. Chr.) maßgebende Lehrmeinung bis etwa 1600

Römisches Reich: - wenige wissenschaftliche Leistungen, dafür jedoch großartige ingenieurtechnische Leistungen Wasserbauten, Wasserversorgung (Aquädukte zur Versorgung Roms Wasserverbrauch Roms: ca. 1000 l / Einwohner und Tag, zum Vergleich: Deutschland 122 l / EW d - Jahr 2007)

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Bild 1.4:

Hypothesen zum Wasser-kreislauf der Erde (aus DYCK, PESCHKE, 1995)

Mittelalter: - Stagnation und teilweiser Rückschritt auch auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft - wenige Ausnahmen: z.B. bergbauliche Wasserhaltung im Freiberger Raum (Freiberger Kunst-graben- und Röschensystem, erste Blütezeit um 1550) - Nutzung des Wassers zum Heben des Erzes, des tauben Gesteins und des Grubenwassers - System von Gräben, Röschen (Wassertransport) und Kunstteichen (Wasserspeicherung) von Freiberg bis in die Kammlagen des Erzgebirges - Messung (Hydrometrie) und Bewertung der bereitgestellten Wassermengen Hydrologie zwischen Mittelalter und Gegenwart: - Erkennen des Prinzips der Kontinuität LEONARDO DA VINCI (1452 - 1519) - Beschreibung der einzelnen Größen des Wasserkreislaufes PALISSY (1510 - 1590) - erste quantitative Bestimmung der Wasserhaushaltsgrößen PERRAULT (1611 - 1680), gleich-zeitig Begründer der modernen Hydrologie Beobachten und Messen anstatt zu spekulieren Erkenntnis: nur ca. 1/3 des Niederschlages gelangen zum Abfluss - MARIOTTE (1628 - 1684): Niederschlags- und Abflussmessungen an der Seine (um 1670) Klarheit, dass Flüsse allein durch Niederschlag speisbar sind - Berücksichtigung des Grundwassers in Wasserhaushaltsbetrachtungen (RAMAZZINI, 1691) - erster Versuch einer Weltwasserbilanz durch BUFFON (1749) allerdings Überschätzung des Abflusses um 500 % - DALTON (1766 - 1844): erste Wasserbilanz für England und Wales sowie erste Ansätze zur Ver-dunstungsberechnung aus dem Wasserdampf-Sättigungsdefizit der Luft - regelmäßige Wasserstandsmessungen in Europa: Elbe (Pegel Magdeburg): seit 1727, Rhein (Pegel Emmerich): seit 1770, (Pegel Köln): seit 1782 - Berechnung der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers DARCY (1803 - 1858) - Erweiterung des DARCY-Gesetzes auf die Brunnenanströmung DUPUIT (1804 - 1866), THIEM (1836 - 1908) - erste (recht genaue) Wasserbilanz für das Festland der Erde und die Weltmeere (BRUCKNER, 1905) - Anwendung statistischer Methoden in der Hydrologie HAZEN (1930) - Verwendung analoger und mathematischer Modelle zur Beschreibung hydrologischer bzw. hydro-geologischer Prozesse (breiter Einsatz der Computertechnik in der Hydrologie und Hydrogeologie)

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10 2. Wasserkreislauf und Wasserhaushalt 2.1. Begriffsbestimmungen * Wasserkreislauf = - globaler und regionaler Transport und Speicherung von Wasser - Weg des Wassers umfasst Atmosphäre, Hydrosphäre und Lithosphäre - Rotor: Sonnenenergie - globaler Wasserkreislauf s. Bild 2.1 - regionaler Wasserkreislauf s. Bild 2.2 * Wasserhaushalt = - Zusammenwirken der Wasserhaushaltselemente Niederschlag, Verdunstung, Abfluss und Speicheränderung in einem Gebiet Bild 2.1: Schematische Darstellung des globalen Wasserkreislaufes (nach BAUMGARTNER, LIEBSCHER (1990) Bild 2.2: Darstellung des regionalen Wasserkreislaufes (nach DYCK U. A., 1976)

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11 * Charakterisierung des Zusammenwirkens der Wasserhaushaltsgrößen (vgl. Bild 2.2): - Auftreffen des Niederschlages (fest, flüssig) auf Boden, Pflanzen, Schnee, freie Wasserflächen und auf versiegelte (wasserundurchlässige) Flächen - Rückhalt des Niederschlages auf der Pflanzendecke (Interzeption) Interzeptionsverdunstung - Infiltration des auf den Erdboden fallenden Niederschlages - Bildung von Oberflächenabfluss auf der Bodenoberfläche bei schlechten Infiltrations-bedingungen - oberirdische Abflüsse zu Seen und zum Meer - vertikale Versickerung des infiltrierten Wassers in tiefere Bodenschichten bzw. ins Grundwasser (Grundwasserneubildung) - Speicherung von Wasser in der Schneedecke, in Oberflächenspeichern (z. B. Seen), in den Pflanzen, im Boden und im Grundwasser - Wasserentzug durch Pflanzenwurzeln (Transpiration) bzw. durch den Boden selbst (Evapo-ration) - Grundwasserabflüsse in die Vorflut, in Seen bzw. ins Meer * Verbindung von Wasser-, Energie- und Stoffhaushalt: ►Darstellung des Zusammenhanges s. Bild 2.3 Bild 2.3: Verknüpfung von Wasser-, Energie- und Stoffhaushalt (aus DYCK, PESCHKE, 1995) ►Schlussfolgerungen: - oftmals integrierte Betrachtung von Wasser-, Energie- und Stoffhaushalt notwendig vgl. Abschnitt 2.4 - Wasserhaushaltsbetrachtungen werden durch Eingriffe des Menschen zunehmend komplizierter ( vgl. hierzu ebenfalls Abschnitt 2.4): Industrialisierung, Urbanisierung (Versiegelung der Bodenoberfläche) Be- und Entwässerungen, Bodenbearbeitung, Flussbegradigungen künstliche Wasserflächen, Wasserüberleitungen Wasserentnahmen und Abwassereinleitungen, bergbauliche Wasserhaltungen Wärme-, Gas- und Staubeintrag in die Atmosphäre - Eingriffe des Menschen in den Wasser-, Energie- und Stoffkreislauf zeigen unterschiedlich rasch Wirkung

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12 2.2. Wasserdargebot und -verbrauch, Wasserhaushaltsgleichung * globales Wasserdargebot: - Aufsplittung des gesamten Wasservolumens der Erde s. Bild 2.4 - Untersetzung der Weltwasserbilanz s. Tabelle 2.1 Bild 2.4: Wasservolumen der Erde Tabelle 2.1: Die Wassermengen der Erde

*

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13 * potenzielles Wasserdargebot der Kontinente im Vergleich: - Zahlenwerte vgl. Tabelle 2.2 Tabelle 2.2: Potentielles Wasserdargebot der einzelnen Kontinente Kontinent (einschließlich Inseln) Abfluss [km3/a] Bevölkerung (1980) [Mio. Einwohner] Abfluss [m3 je Einw. und Jahr] Europa Asien Afrika Nordamerika Südamerika Australien (incl. Tasmanien) Ozeanien Antarktis 3 210 14 410 4 570 8 200 11 760 348 2 040 2 310 686 2 742 499 383 535 15 9 -

► 4 700 5 200 9 200 21 400 46 700 23 200 227 700 - Landflächen insgesamt 46 800 4 586 10 200 * Wasserbilanz Deutschlands im Vergleich zur Weltwasserbilanz: - Zahlenwerte vgl. Tabelle 2.3 Tabelle 2.3: Werte der Wasserbilanzen für Deutschland im Vergleich zur Weltwasserbilanz ( Werte in mm/a) Welt (Landfl.) Deutschland Westdeutschland Ehem. DDR Niederschlag Verdunstung Gesamtabfluss davon Grundwasserabfluss 746 480 266 ? 803 510 293 112 837 519 318 ? 628 479 149 70 * Wasserverbrauch: - Wasserverbrauch: bis in die 70-er Jahre (Alte Bundesländer) bzw. 80-er Jahre (ehem. DDR) pro- gressiv steigend, danach gedämpft steigend, heute sinkend s. Tabelle 2.4 Tabelle 2.4: Entwicklung des Wasserverbrauches (vor 1990 nur Westdeutschland) 1970 1980 1987 1990 1999 2004 2007 Wasserverbrauch [l / Einw. u. Tag] 118 140 143 147 128 126 122 - Verwendungszwecke des Wassers im Haushalt und deren Anteile: WC: 27 % Körperpflege (Bad/Dusche): 36 % Wäschewaschen: 12 % Geschirrspülen: 6 % Raumeinigung, Autopflege, Garten: 12 % Essen, Trinken: 4 % Kleingewerbe: 9 %

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14 - Vergleich zu anderen europäischen Ländern s. Tabelle 2.5 - Anteile der Wasserreservoire an der öffentlichen Versorgung s. Tabelle 2.6 Tabelle 2.5: Kommunaler Pro-Kopf-Wasserverbrauch in l/(EW d) ausgewählter europäischer Länder Land 1985 2007 Belgien Österreich Großbritannien Frankreich Spanien Niederlande Luxemburg Dänemark Italien DDR Schweiz 108 129 130 141 145 157 172 191 220 245 263 120 162 149 156 270 130 170 139 213 - 237 Tabelle 2.6: Anteile der verschiedenen Wasserreservoire an der öffentlichen Wasserversorgung Wasserressource Anteil in % Grundwasser Uferfiltrat (durch Flusswasser angereichertes Grundwasser) See- und Talsperrenwasser Flusswasser (direkte Flusswasserentnahme) angereichertes Grundwasser (durch künstliche Versickerung) 70 8 12 1 9 - täglicher Wasserverbrauch für ausgewählte Verbraucher (Bevölkerung, öffentliche Einrichtungen, Industrie- und Landwirtschaftszweige) s. Tabelle 2.7 Tabelle 2.7: Mittlerer täglicher Wasserverbrauch für ausgewählte Verbraucher Verbraucher Bezugsgröße Wasserverbrauch Wohnung ohne Bad und WC Wohnung mit WC und Dusche Wohnung mit WC und Bad Einfamilienhaus 1 Einwohner 1 Einwohner 1 Einwohner 1 Einwohner 60 l / EW * d 140 l / EW * d 160 l / EW * d 150 l / EW * d Verwaltungsgebäude Schule Ärztehaus Krankenhaus Gaststätte Hotel Hallenbad 1 Beschäftigter 1 Schüler 1 Patient 1 Bett 1 Gast 1 Bett 1 Besucher 30 l / EW * d 15 l / EW * d 10 l / EW * d 600 l / EW * d 230 l / EW * d 400 l / EW * d 180 l / EW * d Braunkohlenhydrierwerk Stahl- und Walzwerk Papierfabrik Wäscherei Brauerei Brennerei Molkerei 1 t Benzin 1 t Roheisen 1 t Feinpapier 1 t Wäsche 1 t Bier 1 t Schnaps 1 t Milch 30 000 l / t * d 65 000 l / t * d 70 000 l / t * d 30 000 l / t * d 12 000 l / t * d 30 000 l / t * d 3 000 l / t * d Schweinehaltung (Gülle) Rinderhaltung Geflügelhaltung 1 Großvieheinheit 1 Großvieheinheit 1 Großvieheinheit 100 l / GVE * d 55 l / GVE * d 70 l / GVE * d

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15 * Wasserpreise: - Wasserpreis ergibt sich aus den Kosten für (s. auch Beispiel im Bild 2.5):

die Förderung und Aufbereitung des Rohwassers die Verteilung über Rohrnetze bis zum Verbraucher (einschließlich Rohrleitungsverlusten) die Reinigung der Abwässer in Klärwerken bzw. die Überleitung der Abwässer Preise für die Trinkwasserversorgung ab 01.01.2009 (inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer) Grundpreise Trinkwasser:

- bei Abnahmemenge bis 2,5 m3/h: 147,66 EUR/Jahr

- bei Abnahmemenge bis 6,0 m3/h: 354,38 EUR/Jahr

- bei Abnahmemenge bis 10,0 m3/h: 590,64 EUR/Jahr

- für Zähleranschluss 50 mm Durchmesser: 885,96 EUR/Jahr - für Zähleranschluss 65 mm Durchmesser: 1 476,60 EUR/Jahr - für Zähleranschluss 80 mm Durchmesser: 2 362,56 EUR/Jahr - für Zähleranschluss 100 mm Durchmesser: 3 543,84 EUR/Jahr Mengenpreise Trinkwasser:

- bis 36 500 m3/a: 1,72 EUR/m

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- ab 36 500 m3/a: Sonderkonditionen möglich

Preise für die Abwasserentsorgung ab 01.01.2009 (inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer) Grundpreise Abwasser:

- bei Abnahmemenge bis 2,5 m3/h: 123,00 EUR/Jahr

- bei Abnahmemenge bis 6,0 m3/h: 295,20 EUR/Jahr

- bei Abnahmemenge bis 10,0 m3/h: 492,00 EUR/Jahr

- für Zähleranschluss 50 mm Durchmesser: 738,00 EUR/Jahr - für Zähleranschluss 65 mm Durchmesser: 1 230,00 EUR/Jahr - für Zähleranschluss 80 mm Durchmesser: 1 968,00 EUR/Jahr - für Zähleranschluss 100 mm Durchmesser: 2 952,00 EUR/Jahr Mengenpreise Abwasser in Abhängigkeit vom Versorgungsgebiet:

- bei Reinigung in öffentlicher Kläranlage: 3,19 - 4,25 EUR/m3

- Entsorgung aus abflussloser Grube: 20,54 EUR/m3

Bild 2.5: Auszug aus den Tarifblättern Trink- und Abwasser des Wasserzweck-verbandes Freiberg * allgemeine Wasserhaushaltsgleichung: Für ein beliebiges Gebiet ( s. Bild 2.6) gilt die Wasserhaushaltsgleichung: P + ROi + RUi = RO + RU + ETR ± ΔS (2.1)

Bild 2.6: Wasserhaushalt eines Gebietes (vereinfacht und schematisiert)

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16 * Vereinfachungen der Wasserhaushaltsgleichung: - bei Wasserhaushaltsbetrachtung über lange Zeitabschnitte (Jahrzehnte): ΔS 0 - bei Bilanzierung für ein abgeschlossenes Einzugsgebiet: ROi + RUi = 0 P = ETR + RO + RU (2.2) (Symbole s. Gleichung 2.1) ► Erklärung des Begriffes Einzugsgebiet: - Horizontalprojektion der Gesamtfläche, aus dem das infolge Niederschlag gebildete Wasser dem Auslasspunkt (niedrigster Punkt) zufließt - Einzugsgebiet wird begrenzt durch die Wasserscheide - ermittelbar aus topographischen Karten unter Nutzung der Höhenlinien (s. Bild 2.7) - Wasserscheiden verlaufen senkrecht zu den Höhenlinien, beginnend am Auslasspunkt) - in Abhängigkeit von den geologischen Gegebenheiten ist zwischen ober- und unterirdischem Einzugsgebiet zu unterscheiden (s. ebenfalls Bild 2.7) Bild 2.7: Einzugsgebiet mit ober- und unterirdischen Wasserscheiden (aus SCHRÖDER, U.A., 1994)

* Quantifizierung des Wasserhaushaltes u.a. notwendig für: - die Bilanzierung der Wassermengen und Stofffrachten (ggf. Schadstofftransport) eines Gebietes - die Ermittlung der Grundwasserneubildung und der Verdunstung - die Berechnung von Beregnungsmengen für die Landwirtschaft - einen komplikationsarmen Betrieb wasserwirtschaftlicher Anlagen (z. B. Talsperren) Aufstellen einer Wasserbilanz für ein abgeschlossenes Einzugsgebiet Übung 1

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17 2.3. Anthropogene Beeinflussungen des Wasserhaushaltes 2.3.1. Überblick

2.3.2. Direkte Auswirkungen anthropogener Eingriffe * Arten direkter anthropogener Eingriffe:

* Auswirkungen auf den Wasserhaushalt:

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18 * Beispiele für direkte Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten auf den Wasserhaushalt: ► Klassischer (wasserbaulicher) Flussausbau (Flussbegradigungen und Eindeichungen): - Ziele, Maßnahmen und hydrologische Auswirkungen s. Bild 2.8 Bild 2.8: Ziele, Maßnahmen und hydrologische Auswirkungen von Flussbegradigungen und Eindeichungen (Auswahl)

mannigfaltige Auswirkungen ► Stauwerke (Speicherseen, Talsperren): - Erhöhung der Verdunstung - ggf. Erhöhung der Versickerung und der Grundwasserneubildung im Bereich des Staukörpers - Vergleichmäßigung des Durchflusses - Verminderung des Fließgefälles ( 0) Verminderung der Erosion ( 0) Erhöhung der Sedimentation Gefahr des Verlandens des Speichers - Auswirkungen auf den Stoffhaushalt ( vgl. z. B. Modul Limnologie) ► Wildbachverbauung: - Anlegen von Sohlschwellen - Uferbefestigungen Erosionsverminderung (für Q < QA mit Q - Durchfluss, QA - projektierter Ausbaudurchfluss) Erhöhung der Sedimentation Veränderungen der Gewässerökologie ► Wasserüberleitungen (z. B. für Bewässerungszwecke): - Beispiele: Karakum-Kanal, Aralsee Erhöhung der Verdunstung Verminderung des Abflusses erhöhte Stoffkonzentrationen im Gewässer erhöhte Gefahr der Versalzung der Böden und des Grundwassers (besonders bei unsachgemäßer Bewässerung über Kanäle und Verregner) - Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts weitere z. T. gigantische Eingriffe in den Wasserhaushalt durch Wasserüberleitungen weltweit

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19 ► Veränderungen infolge Landnutzung: ● Überblick: ● Auswirkungen der Urbanisierung: ● Auswirkungen der Terrassierung:

Veränderung der Gefälleverhältnisse meist Verminderung des Oberflächenabflusses meist Erhöhung der Versickerung und der Verdunstung

● Auswirkungen der Landwirtschaft: a) Be- und Entwässerung: Bewässerung: - Erhöhung der Verdunstung - ggf. Erhöhung des Oberflächenabflusses, der Versickerung und der Grundwasserneubildung - sofern das Beregnungswasser aus dem gleichen Einzugsgebiet stammt Verminderung des Gebietsabflusses - ggf. Versalzung der Böden

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20 Entwässerung: - Erhöhung des Abflusses - Verminderung der Verdunstung - Verminderung der Versickerung und der Grundwasserneubildung - meist Absenkung des Grundwasserspiegels - meist Verkleinerung des Durchflussscheitels bei Hochwasser (Grund: höheres Speicher-vermögen des Untergrundes) b) Bodenbearbeitung s. Bild 2.9: Bild 2.9:Auswirkungen der landwirtschaftlichen Bodenbearbeitung auf den Wasserhaushalt c) Düngung:

Erhöhung der Biomasseproduktion Erhöhung der Verdunstung und der Wasserspeicherkapazität auf und in der Biomasse Minderung bzw. Verzögerung des Oberflächenabflusses d) Fruchtarten und Fruchtfolge: saisonale Veränderungen der Verdunstung und des Abflusses infolge des spezifischen Wasserverbrauches der verschiedenen Pflanzen saisonaler Effekt besonders ausgeprägt bei Fruchtfolge

● Auswirkungen der Forstwirtschaft: - hohe Biomasseproduktion - gute Wasserspeichereigenschaften - gute Infiltrations- und Versickerungsbedingungen - höhere Verdunstungswerte als urbanisierte oder landwirtschaftlich genutzte Gebiete - thermische Ausgleichswirkung Vergleichmäßigung des Wasserhaushaltes Dämpfung der Abflussbildung (insbesondere des Oberflächenabflusses) Verzögerung des Schneeschmelzprozesses geringere Erosionsgefahr i. d. R. günstige Auswirkungen auf den Stoffhaushalt

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21 - vollständige Umkehr der wasserhaushaltlichen Situation bei Waldsterben/Abholzung Ursachen- vielfalt für Waldsterben vgl. auch Vorlesungen im Rahmen des Moduls Luftverschmutzung und Klimaschutz): Ausfilterung toxischer Gase (besonders in Kamm- und Staulagen) Ozon und andere photochemische Folgeprodukte Freisetzung von Metallen/Schwermetallen im Boden infolge Bodenversauerung (Ton- mineralzerstörung Al, Lösung adsorbierter Schwermetalle z. B. Cd, Pb) Nährstoffmangel Wasserentzug infolge Urbanisierung und Bewirtschaftung - Maßnahmen zur Eindämmung des Waldsterbens: Verringerung der Schadstoffemissionen (insbesondere SO4 , NOX , NH3 und O3 ) Überwachung der Schadstoffemissionen (Verdichtung Messnetz, Sünderbestrafung) forstwirtschaftliche Maßnahmen (Stärkung Waldökosysteme, rauchresistente Baumarten) Waldschadensforschung (Ursachenforschung, integrale Ökosystem-/Umweltforschung) 2.3.3. Indirekte Auswirkungen anthropogener Eingriffe * Auswirkungen globaler anthropogener Eingriffe: - Klimaveränderungen ("global change", Treibhauseffekt) s. Modul Meteorologie/Klimatologie

Veränderungen des Wärmehaushaltes der Erde Veränderungen des Wasserhaushaltes der Erde Veränderungen des Wasserhaushaltes kleinerer regionaler Einheiten - Emission von Stoffen (z. T. Schadstoffen) Beeinflussung von Atmosphäre, Lithosphäre und Hydrosphäre Wasserbeschaffenheitsprobleme (vgl. u. a. Module Limnologie, Gewässerschutz, Grundwasser-beschaffenheit, Grundwasserschutz, …) - sonstiges (u. a. Freisetzung von Wärme)

* Prognostizierte Auswirkungen globaler Klimaveränderungen auf den Wasserhaushalt: - Tendenz der Niederschlagserhöhung auf Grund höherer Temperaturen und folglich einer höheren Verdunstung in den Tropen - Zunahme der Niederschläge in weiten Teilen der höheren Breiten der Nordhemisphäre - Trend zu geringeren Niederschlägen in semiariden Gebieten * Prognostizierte Auswirkungen für Deutschland und Sachsen: - Niederschlagserhöhungen im Westen und Süden (Gebiet der alten Bundesländer) - geringere Niederschläge in den Tieflandgebieten im Osten (vor allem Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen) - Trend der Niederschlagsabnahme im Osten betrifft vor allem verdunstungsaktives Sommer-halbjahr (teilweise Rückgänge von > 50 % bis 2100 prognostiziert) - Folgen insbesondere für Ostdeutschland:

Zunahme der theoretisch möglichen Verdunstung infolge höherer Temperaturen Zunahme der Wasserknappheit vor allem in den Sommermonaten geringere Abflüsse (betrifft auch die Grundwasserneubildung)

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3. Der Niederschlag 3.1. Bedeutung und Entstehung * Bedeutung: - Niederschlag = Ausscheiden des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes (fest, flüssig) - für die Hydrologie wichtigstes Klimaelement - Einnahmegröße für den Wasserhaushalt * Niederschlagsentstehung: ►Voraussetzungen für die Niederschlagsbildung: - Sättigung der Luft mit Wasserdampf (relative Luftfeuchte = 100 %) - Vorhandensein von Kondensations- bzw. Gefrierkernen (Phasenübergang) - Tröpfchen-/Eispartikelwachstum (abhängig von der Stärke der i.d.R. vertikalen Luftbewegung) ►Sättigung der Luft mit Wasserdampf: - Luft vermag in Abhängigkeit von der Temperatur immer nur eine bestimmte Maximalmenge an Feuchtigkeit (Wasserdampf) aufzunehmen ( vgl. Tabelle 3.1)

Tabelle 3.1: Maximale absolute Feuchte der Luft (bezogen auf Meereshöhe) Temperatur [°C] - 20 - 10 ± 0 + 10 + 20 + 30 Absolute Sättigungsfeuchte [g Wasser/m3 Luft] 0,9 2,2 4,9 9,4 17,3 30,4 - Feuchteaufnahmefähigkeit sinkt mit der Temperatur (vgl. Tabelle 3.1) - Sättigung der Luft ist praktisch immer das Resultat der Abkühlung der Luft (bei Abkühlung wächst die rel. Luftfeuchte, bis 100 % erreicht werden Erreichen des sog. Taupunktes) - weitere Abkühlung Ausscheiden des überschüssigen Wasserdampfes Bildung von Wassertröpfchen bis etwa - 5 °C … - 15 °C (Kondensation) oder Eiskristallen unter - 15 °C (Resublimation) ►Vorhandensein von Kondensations- bzw. Gefrierkernen: - winzige Partikel in der Atmosphäre (Durchmesser: 0,0001 ... 20 μm) - großer Durchmesser hohe Sinkgeschwindigkeit schnelles Verlassen der Atmosphäre - Kondensationskerne immer in ausreichender Anzahl vorhanden: ca. 100 / cm3 Luft bei reinster Atmosphäre (Inseln, hohe Berge fernab von Emittenten) ca. 1 000 000 / cm3 Luft in stark verunreinigter Luft (in Ballungsräumen) ►Wachstum/Größe der Wassertröpfchen: - direkter Zusammenhang zwischen (vertikaler) Luftbewegung und Tropfengröße: Nebel (sehr geringe Luftbewegung): Tropfengröße 5 - 15 μm Sprüh- bzw. Nieselregen (geringe vertikale Luftbewegung): < 0,5 mm (< 500 μm) Regen (bei hoher vertikaler Luftbewegung): bis 5 mm (kaum größer, da dann Eisstadium) Graupel (bei hoher vertikaler Luftbewegung): bis 5 mm Hagel (bei extrem hoher vertikaler Luftbewegung): - in gemäßigten Breiten 5 - 50 mm - in den Tropen: 100 - 120 mm keine Seltenheit (dmax ≈ 170 mm, Nebraska/USA, 2003)

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23 ►Prozesse der Wolken- und Niederschlagsbildung:

a) Ausstrahlung infolge fehlender Bewölkung: - verursacht eine nächtliche Abkühlung der bodennahen Luftschicht - Bildung von Bodennebel abgesetzter Niederschlag (vgl. Abschnitt 3.2) b) Abkühlung über einer kalten Unterlage: - Abkühlung über Schnee, kaltem Wasser, kaltem Boden - Nebelbildung abgesetzter Niederschlag (vgl. Abschnitt 3.2) c) Mischung kalter und warmer Luft: - Mischungsnebel abgesetzter Niederschlag (vgl. Abschnitt 3.2) d) Abkühlung von aufsteigenden Luftmassen bis zum Erreichen der Sättigung: - fallender Niederschlag (vgl. Abschnitt 3.2) - wegen der vergleichsweise zum abgesetzten Niederschlag höheren Niederschlagsmengen hydrologisch besonders bedeutsam - Ursachen für ein Aufsteigen von Luft (Mitteleuropa): zyklonale Niederschläge orographische Abkühlung konvektive Abkühlung

►zyklonale Niederschläge: - Verlagerung von Tiefdruckgebieten und der dazugehörigen Frontensysteme (vgl. Bild 3.1) - für die gemäßigte Klimazone maßgebende Niederschlagsart

Bild 3.1: Wettererscheinungen beim Durchgang einer Zyklone (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990)

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- Frontensysteme gekennzeichnet durch Warm- und Kaltfront - Charakteristik Warmfrontniederschlag: - lang anhaltend - geringe bis mittlere Intensität - dennoch in der Summe oft ergiebig - hydrologisch relevant z.B. für Hochwasserentstehung bei lang anhaltender Überregnung größerer Einzugsgebiete (ca. > 10 000 km2) - Charakteristik Kaltfrontniederschlag: - kurze Dauer (Schauer, Gewitter) - i.d.R. höhere Niederschlagsintensitäten als Warmfrontniederschlag - hydrologisch relevant z.B. für Hochwasserentstehung kleiner Einzugsgebiete (< 500 km2), selten für mittlere und große Einzugsgebiete ►orographisch bedingte Niederschläge: - Aufsteigen und Abkühlung der Luft, hervorgerufen durch Geländeerhebungen (Gebirge) - Entstehung von Niederschlägen auf der Luvseite der Gebirge Stauniederschläge (s. Bild 3.2) - hydrologisch relevant z.B. für die Hochwasserentstehung im Oberlauf der Flüsse, besonders dann, wenn eine Überlagerung durch ein zyklonales Frontensystem besteht

Bild 3.2: Wolken-, Niederschlags- und Temperaturverhältnisse auf der Luv- bzw. Leeseite eines Gebirges

(aus HEYER, 1975) ►konvektive Abkühlung: - hervorgerufen durch aufsteigende Luftmassen über einer erhitzten Oberfläche Bildung von Wolken und Niederschlag - Art von Wolken und Niederschlag abhängig vom Zustand der Atmosphäre (stabile bzw. labile Schichtung, vgl. Bild 3.3), insbesondere bei labiler Schichtung starke Niederschläge möglich

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25 a) (feucht)stabile Luftschichtung b) (feucht)labile Luftschichtung ─── tatsächlicher Temperaturverlauf (tatsächlicher Zustand der Atmosphäre, sog. Zustandskurve) ─── adiabatischer (theoretischer, physikalisch bedingter) Temperaturgradient (sog. Adiabate): Abkühlung trockener Luft (relative Luftfeuchte RLF < 100 %) um 1 °C je 100 m Höhenzunahme Abkühlung wasserdampfgesättigter Luft (RLF = 100 %) um 0,6 °C je 100 m Höhenzunahme

Bild 3.3: Wolkenbildung in Abhängigkeit vom Zustand der Atmosphäre (nach HEYER, 1975)

* hydrologisch relevante Wetterlagen (bezüglich des Niederschlages): ► bestimmte Wetterlagen (Hoch- und Tiefdruckverteilung über Europa) bedingen die Verlagerung bestimmter Luftmassen, die durch charakteristische Eigenschaften (kalt, warm, feucht, trocken) gekennzeichnet sind (s. Bild 3.4 sowie Tabelle 3.2)

P Polarluft T Tropikluft A Arktis S Sahara c kontinental m maritim Bild 3.4:

Wetterlagen und Luftmassenströme nach Mitteleuropa (nach SCHREIBER, 1957)

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►ausschlaggebende Faktoren für die Eigenschaften einer Luftmasse: das Entstehungsgebiet der Verlagerungsweg der Luftmasse

Tabelle 3.2: Entstehung, Verlagerungsweg und Eigenschaften der Luftmassen in Mitteleuropa ►Wetterlagen, die in Bezug auf Niederschlagshöhen, -dauer und Hochwasserentstehung von hydrologischer Bedeutung sind (s. Bilder 3.4 und 3.5): - Nordwestlage: bei langsamer Tiefdruckverlagerung ergiebige Sommerniederschläge (Dauer- regen) Hochwassergefahr für mittlere und große Einzugsgebiete - Südwestlage: Regen, im Spätwinter oft verbunden mit Tauwetter allgemeine Hochwasser-gefahr (sowohl für kleine als auch für große Einzugsgebiete) - Südostlage: Gefahr kräftiger Sommergewitter, besonders im Gebirge Hochwassergefahr für kleinere Einzugsgebiete im Mittelgebirge - Vb-Wetterlage (Tief über Oberitalien): - lang anhaltende ergiebige Niederschläge infolge des großräumigen Aufgleitens von feucht- warmen Luftmassen des Mittelmeerraumes mit feucht-kalten Atlantik-/Nordseeluftmassen - Dauer-Starkregen über Ost- und Süddeutschland, im Gebirge verstärkt durch Stauererschei- nungen - akute Hochwassergefahr besonders für ost- und süddeutschen Mittelgebirgseinzugsgebiete, aber auch für größere Einzugsgebiete (z.B. Oder, Elbe), z.B. Oderhochwasser Sommer 1997 und Elbehochwasser 2002 entstanden infolge Vb-Wetterlagen

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a) Nordwestlage b) Südwestlage

c) Südostlage d) Vb-Wetterlage

Bild 3.5: Ausgewählte Wetterlagen über Mitteleuropa mit hydrologischer Relevanz (aus HEYER, 1975)

3.2. Niederschlagsarten * Charakterisierungsmöglichkeiten der Niederschlagsarten: - vielfältige Charakterisierungsmöglichkeiten - hydrologisch gebräuchliche Möglichkeiten der Charakterisierung: a) nach dem Aggregatzustand und der Erscheinungsform b) nach dem Entstehungsprozess c) nach der Dauer und der Intensität d) nach dem Flächenbezug

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* Systematisierung der Niederschlagsarten: - Systematisierung s. Tabelle 3.3 Tabelle 3.3: Systematik Niederschlagsarten Aggregatzustand und Erscheinungsform fest flüssig gemischt (fest + flüssig) unterkühlt (flüssig, aber bei Auftreffen auf den Boden sofort gefrierend) Entstehungsprozess Fallender Niederschlag Abgesetzter/abgefangener Niederschlag - Sprühregen (d < 0,5 mm) - Regen (d = 0,5 ... 5 mm) - Schnee (TWolke < - 12 °C) - Graupel (d < 5 mm) - Hagel (d > 5 mm) - Tau (Absetzen bei T > 0 °C) - Rauhreif (T < 0 °C) - Rauhfrost (T < 0 °C und Wind) - Glatteis Bildung in der Atmosphäre Bildung am Erdboden Messung relativ unkompliziert Messung nahezu unmöglich Dauer und Intensität Dauerregen (Landregen): - Definition abhängig vom Klimagebiet - Mitteleuropa: ununterbrochene Regenfälle mit einer Inten- sität PI > 0,5 mm/h über einen Zeitraum von t > 6 h Schauer: Niederschlag von kurzer Dauer und meist hoher (z.T. rasch wechselnder) Intensität Starkregen: - starke Regenfälle unterschiedlicher Dauer (Dauerregen, Schauer) und hoher Intensität - quantitative Charakterisierung s. Abschnitt 3.5 Flächenbezug Punktniederschlag: gemessener Niederschlag einer meteorologi- schen Station (Punktwert) Gebietsniederschlag: für ein bestimmtes Gebiet (z.B. Einzugsgebiet) repräsentativer Niederschlagswert hydrologisch relevante Größe 3.3. Niederschlagsmessung (punktuelle Messung) * Messbarkeit des Niederschlages: - abgesetzter/abgefangener Niederschlag mit den derzeit üblichen Regenmessern (die hauptsächlich den fallenden Niederschlag erfassen) nicht oder nur schwer messbar (Spezialgeräte: Nebelfänger nach GRUNOW, Nebelsammler „Auskämmen“ des Nebelniederschlages durch eine Teflonharfe)

bleibt für hydrologische Betrachtungen, bei denen die Niederschlagsmessung ohne Spezialgeräte erfolgt, meist unberücksichtigt - fallender Niederschlag gut messbar (s.u.)

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29 * Arten von punktuellen Niederschlagsmessgeräten: - nichtregistrierende Geräte (Niederschlagssammler) - registrierende Geräte (Niederschlagsschreiber) * nichtregistrierende Geräte - Niederschlagssammler: - HELLMANN'scher Regenmesser - Messung (Auslitern) zu festgesetzten Zeiten (in Deutschland i.d.R. einmal am Tag um 7:00 Uhr MEZ oder zu 3 Zeiten: 7:00 Uhr, 14:00 und 21:00 Uhr MEZ) - konstruktiver Aufbau (vgl. Bild 3.6): - Auffangfläche, Trichter, Sammelkanne - Auffangflächen variieren: Deutschland/Österreich: Regenmesser nach HELLMANN mit 200 cm2 USA: Messgerät des US Weather Bureau mit 324 cm2 Frankreich: Französischer Wetterdienst mit 400 cm2 - spezielle Art des nichtregistrierenden Niederschlagssammlers: sog. Totalisator konstruktiver Aufbau s. Bild 3.8 verwendet in schwer zugänglichen Gebieten, in denen keine tägliche Leerung/Messung möglich (Hochgebirge, Wüsten ...) Messung der Gesamtniederschlagsmenge über einen längeren Zeitraum (z.B. Winter- halbjahr) bei Verwendung im Gebirge meist mit Windschutzring Reduzierung Windfehler teilgefüllt mit einem Anti-Frost-Mittel (78 %-ige Kaliumchloridlösung) * registrierende Geräte - Niederschlagsschreiber: ►Niederschlagsschreiber nach dem Schwimmerprinzip: - konstruktiver Aufbau s. Bild 3.7 - Verwendung vorrangig in größeren Stationen - Schreibtrommel mit täglichem oder wöchentlichem Laufwerk - Genauigkeit (zeitliche Auflösung): 2 - 3 min (Tageslaufwerk) Auswertung von Schreiberaufzeichnungen s. Übung 2 (Teilaufgabe a) A - Auffanggefäß mit Trichter G - Schwimmergefäß mit Heber- rohr T - Schreibtrommel S - Sammelkanne Bilder aus DYCK, PESCHKE (1995) Bild 3.6: HELLMANN-Regenmesser Bild 3.7: Regenschreiber nach dem Schwimmerprinzip

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Bild 3.8:

Totalisator mit Windschutzring (aus DYCK, PESCHKE, 1995) ►Kippwaage: - Konstruktionsprinzip s. Bild 3.9: - Verwendung oft in automatisch registrierenden (kompakten, digitalen) Stationen - Wirkungsweise: - Messwippe (Kunststoff, Leichtmetall) ist vertikal geteilt in 2 gleiche Teile - instabile Lagerung über eine horizontale Achse Schwerpunktverlagerung bei Füllung infolge Niederschlag - Registrierung der Anzahl der Kippbewegungen elektrischer Impuls - Registrierung aller 0,05 mm Niederschlag (bei hoch exakten Geräten) - Vorteil: unkomplizierte Digitalisierung - Nachteile: a) Das Kippgefäß benötigt eine (wenngleich geringe) Zeit zum Kippen, d.h. Im Falle einer hohen Regenintensität wird das Gerät während des Kippens weiter gefüllt Das Auslaufvolumen ist folglich größer als bei geringer Regenintensität. b) Nach Regenende bleibt das Kippgefäß i.d.R. teilweise gefüllt (Verdunstungsfehler) c) Regenbeginn und -ende besonders im Falle geringer Regenintensität nicht genau registrierbar Abhilfe: Messung (Auslitern) der während des Messzeitraumes (1 Tag, 1 Woche) im Sammel-gefäß gespeicherten Gesamtniederschlagsmenge Eichung (Gesamtanzahl der registrierten Impulse = Gesamtniederschlagsmenge Eichung auf Einzelimpuls) a – Messwippe b – Impulsgeber

Bild 3.9:

Prinzip der Kippwaage (Foto: Dr. Friedrichs & Co.)

►Ombrometer: - Messung der Gewichtszunahme infolge Niederschlag positive Gewichtsänderung P > 0, keine bzw. negative Gewichtsänderung P = 0 - automatische Korrektur von Wind- und anderen Einflüssen - hohe Niederschlagsintensitäten (bis 50 mm/min) messbar derzeit genauestes Messgerät

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31 * generelle Messfehler (unabhängig von der Art des Niederschlagsmessers): ►Fehlerursachen: - Wind Überwehung des Messgerätes (mittlere jährliche Fehlerhöhen für Mitteleuropa: Schauer- und Gewitter: < 1 %, Landregen: 1 - 5 %, Schnee und Nieselregen: 15 - 35 %) - Benetzung der Auffangfläche und des Trichters durch Niederschlag, ehe es zum Abfluss in das Sammelgefäß kommt (für Mitteleuropa: 5 - 10 % im Jahresmittel) - Verdunstung insbesondere aus dem Sammelgefäß aber auch von anderen Teilen (für Mitteleuropa: 1 - 3 % im Jahresmittel) ►Schlussfolgerungen: - alle Fehler führen dazu, dass mit den Messgeräten zu wenig gemessen wird - mittlerer jährlicher Gesamtfehler liegt in Deutschland bei etwa 10 % Korrektur der Nieder-schlagsdaten um + 10 %, falls keine genaueren Informationen zur Messstation vorliegen - bei Vorliegen genauerer Informationen zur Messstation monats- und gebietsvariable Korrektur nach RICHTER empfehlenswert vgl. Tabelle 3.4

Tabelle 3.4: Prozentuale Korrekturen der Niederschlagswerte nach RICHTER (1995) Geb./Lage Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez A a b c d 20,8 17,3 13,4 9,5 23,6 17,9 13,7 9,6 20,0 15,5 12,6 9,4 16,0 13,6 11,6 9,4 12,0 10,8 9,8 8,5 10,3 9,2 8,4 7,3 10,5 9,4 8,5 7,5 10,3 9,3 8,4 7,3 11,5 10,2 9,1 7,8 13,6 11,2 9,7 7,8 16,2 12,9 10,6 8,0 18,9 14,6 11,6 8,4 B a b c d 27,5 20,5 15,2 10,3 29,0 21,5 15,8 10,7 23,6 17,8 14,0 10,0 18,2 15,0 12,4 9,6 12,3 10,9 9,8 8,5 10,3 9,3 8,3 7,3 10,5 9,4 8,6 7,5 10,5 9,5 8,6 7,5 12,1 10,9 9,6 8,2 14,2 11,6 10,2 8,2 19,1 15,0 12,0 8,7 22,7 17,3 13,2 9,2 C a b c d 31,6 23,3 17,3 11,5 33,5 24,5 17,9 11,8 26,9 20,3 15,5 10,7 18,3 15,1 12,7 10,0 12,5 11,1 10,1 8,6 10,4 9,8 8,8 7,7 10,8 10,0 9,1 8,0 10,5 9,5 8,5 7,5 12,6 11,5 10,2 8,7 15,5 12,7 11,0 8,8 21,8 16,8 13,3 9,5 26,5 19,8 15,0 10,3 D a b c d 31,7 23,0 16,2 10,6 30,5 22,2 15,7 10,2 25,6 19,4 14,3 9,6 18,8 15,0 11,9 8,7 10,4 9,0 8,0 6,7 8,1 7,2 6,5 5,7 7,9 7,1 6,3 5,6 8,2 7,3 6,6 5,8 9,6 8,6 7,7 6,5 13,4 10,6 8,8 6,8 21,3 16,0 12,1 8,3 26,9 19,7 14,4 9,5 Gebietszuordnung (Geb.): A: westlicher Teil des Norddeutschen Tieflandes einschließlich Schleswig-Holstein und Rheintal sowie Südwestdeutschland ohne westliches Saarland und Schwarzwald B: mittlerer Teil des Norddeutschen Tieflandes sowie westliche Mittelgebirge von der Eifel bis zum Westharz und der Bereich zwischen Frankenhöhe, Steigerwald und Oberpfälzer Wald bis 700 m NN C : östlicher Teil des Norddeutschen Tieflandes und östliche Mittelgebirge bis 700 m NN D: Alpenvorland südlich der Donau sowie Schwäbische Alb und Bayrischer Wald bis 1000 m NN Kennzeichnung der Stationslage (Lage): a - frei, b - leicht geschützt, c - mäßig geschützt, d - stark geschützt - Minimierung der Fehler ferner möglich durch: Verwendung von Windschutzringen bzw. Windschutzzäunen Minimierung Windfehler bodenebener Einbau des Regenmessers Minimierung Windfehler (Problem: Schnee)

3.4. Ermittlung des Gebietsniederschlages * Messung mittels Radarmethode: - direktes Verfahren zur Ermittlung des mittleren Gebietsniederschlages, Prinzip s. Bild 3.10 - Niederschlagsintensität = f (Streuwinkel der Reflexionswellen) - Entfernung des Niederschlages vom Beobachtungspunkt (Messpunkt) = f (Echolaufzeit) - Eichung i.d.R. unter Einbeziehung punktueller Messwerte Beispiel s. Bild 3.11

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Bild 3.10: Prinzip des Radarmessverfahrens Bild 3.11:

Karte der Niederschlagsverteilung im Ergebnis der Kombination von Radar- und konventionellen Methoden (aua DYCK U.A., 1980) * Ermittlung des Gebietsniederschlages aus punktuellen Werten:

►Methodik: - viele Faktoren beeinflussen die flächenhafte Verteilung des Niederschlages - Messnetz muss diese flächenhafte Verteilung hinreichend genau erfassen - mittlerer Gebietsniederschlag Pm beschreibbar durch gewichtetes Mittel aller betrachteten Mess-stellen: n Pm = 3 ai * Pi (3.1) i=1 mit Pm - mittlerer Gebietsniederschlag [mm] n - Anzahl einbezogener Niederschlagsmesser ai - Wichtung des i-ten Niederschlagsmessers Pi - beobachtete Niederschlagsmenge des i-ten Niederschlagsmessers ►Abhängigkeiten der Wichtung: - vor allem von der Stationsentfernung, von der Geländemorphologie, von der Stadt-Land-Verteilung und dem Anteil Tal-/Bergstationen - einfachste Art der Wichtung: keine Wichtung (alle ai in Gleichung 3.1: ai = 1) arithmetisches Mittel, bei allen anderen Wichtungen: 0 ≤ ai ≤ 1 (für i = 1 ... n) - häufig angewendete Methoden der Wichtung in der Meteorologie, Hydrologie, Hydrogeologie:

arithmetisches Mittel Polygonmethode Isohyetenmethode Invers-Distanz-Methode

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33 ► arithmetisches Mittel: - arithmetisches Mittel aller Niederschlagsstationen (ai = 1 für i = 1 ... n) - Anwendung z.T. im Flachland bei gleichmäßiger Verteilung der Stationen und geringen Unter- schieden der beobachteten Niederschlagshöhen - Niederschlagsstationen in der Nähe des Untersuchungsgebietes sollten einbezogen werden ►THIESSEN-Polygonmethode: - geeignete Methode für Gebiete im Flachland - Ziel: Zuordnung einer repräsentativen Fläche um jeden Niederschlagsmesser - Wichtung unter Berücksichtigung einer ungleichmäßigen Stationsverteilung - Prinzip der Methode (s. auch Beispiel im Bild 3.12): a) Einzeichnen aller Niederschlagsstationen in eine maßstäbliche Karte b) Verbindung aller benachbarter Stationen mittels Geraden c) Konstruktion der Mittelsenkrechten Polygon um jede Station d) Polygon repräsentiert Fläche, die jeder Station zuordenbar ist e) Ermittlung der Flächeninhalte aller Polygone (Kartendigitalisierung, Planimeter) f) Ermittlung der Wichtungsfaktoren ai (Flächenanteile): ai = Ai / A (3.2) mit ai - Wichtungsfaktor (Flächenanteil) Ai- Polygonfläche der i-ten Niederschlagsstation A - Gesamtfläche des untersuchten Gebietes [gleiche Maßeinheit wie Ai ] g) Multiplikation der Niederschläge Pi mit den Flächenanteilen ai (für jede Station) h) mittlerer Gebietsniederschlag = Addition aller Pi * ai ( vgl. Gleichung 3.1) - Vorteile der THIESSEN-Polygonmethode: Berücksichtigung von Stationsdichteunterschieden - Nachteil: keine Einbeziehung des Einflusses der Geländemorphologie

Anwendung der THIESSEN-Polygonmethode s. Übung 2 (Teilaufgabe b) sowie Übung 3 Bild 3.12:

THIESSEN-Poly-gonmethode

►Isohyetenmethode (Linien gleicher Niederschlagshöhe): - auch im Mittelgebirge genaue Methode zur Gebietsniederschlagsermittlung - Berücksichtigung des Einflusses der Morphologie - Anwendung im Flachland und im Mittelgebirge - Prinzip der Methodik (s. Bild 3.13): a) Einzeichnen aller Niederschlagsstationen in eine maßstäbliche Karte

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b) Eintrag aller Niederschlagsmengen neben dem jeweiligen Messpunkt c) Verbindung aller benachbarter Stationen mittels Geraden Dreiecksvernetzung d) Konstruktion der Isohyeten: durch Isolinienprogramme (z.B. Surfer mittels linearer Interpolation) per Hand mittels Harfe Anwendungsbeispiel s. Übung 3 e) Ermittlung der Flächengrößen zwischen den Isohyeten des Untersuchungsgebietes f) Ermittlung der Wichtungsfaktoren ai (Flächenanteile, s. Gleichung 3.2) g) Multiplikation der Flächenanteile mit dem Mittel der jeweiligen Niederschläge der Isohyeten-stufen h) mittlerer Gebietsniederschlag = Addition aller Pi * ai

Bild 3.13:

Isohyetenmethode ► Invers-Distanz-Methode: - gewichtetes Mittel aller gemessenen Niederschlagswerte in der Umgebung der Stelle, für den der Niederschlag bestimmt werden soll - Wichtung ist proportional zu den inversen Abständen der Stelle, für den der Niederschlag bestimmt werden soll, zu den Messstellen Anwendung der Invers-Distanz-Methode s. Übung 3 - Berechnungsgleichung: P1 / d1 + P2 / d2 + … P = (3.3) 1 / d1 + 1 / d2 + … mit P - Niederschlag am unbeobachteten Punkt [mm] Pi - Niederschlag am Beobachtungspunkt i [mm] di - Abstand des unbeobachteten Punktes vom Beobachtungspunkt i [m, km]

3.5. Starkregen, Bemessungsregen, maximal möglicher Regen * Starkregen: - Definition abhängig vom Klimagebiet (keine weltweit einheitliche Definition) - für Mitteleuropa gilt für Starkregen (Definition nach WUSSOW): P ≥ [5 t - (t / 24) 2] 0,5 (3.4) mit P - Mindeststarkregenmenge [mm] t - Regendauer [min] - Umsetzung der (Un)gleichung 3.4 s. Tabelle 3.5

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35 Tabelle 3.5: Mindestregenmengen P und Mindestregenintensitäten PI für Starkregen verschiedener Regen-

dauern t (für Mitteleuropa) t [min] 5 10 15 20 30 45 60 90 P [mm] PI [mm/min] 5,0 1,00 7,1 0,71 8,7 0,58 10,0 0,50 12,2 0,41 14,9 0,33 17,1 0,28 20,0 0,23 t [h] 2 3 4 5 10 15 20 24 P [mm] PI [mm/min] 24,0 0,20 29,0 0,16 33,2 0,14 36,6 0,12 48,7 0,08 55,6 0,06 59,3 0,05 60,0 0,04 - mittels (Un)gleichung 3.4 bzw. Tabelle 3.5 lediglich ermittelbar, ob ein Regenereignis ein Stark- regenereignis ist oder nicht - für viele hydrologische Aufgaben reicht dies jedoch nicht aus (z.B. für die Bemessung von wasser- wirtschaftlichen und sonstigen Anlagen) genauere Informationen notwendig * Bemessungsregen: ►Bedeutung und Merkmale des Bemessungsregens: - Bemessungsregen interessiert für die hydrologisch-wasserwirtschaftliche Planung von: Durchlässen aller Art (Brücken, Rohre) Bach- und Flussquerschnitten (Dimensionierung, Gestaltung, Uferbefestigung) Kanalisationen (Dimensionierung, Gefälle) verkehrstechnischen, land- und forstwirtschaftlichen Anlagen (Straßen, Gräben, Wege ...) Regen- und Hochwasserrückhaltebecken - hydrologisch-wasserwirtschaftlich interessierende Merkmale des Bemessungsniederschlages: Niederschlagshöhe P Niederschlagsdauer PD Regenspende PS (Regenintensität) und deren zeitlicher Intensitätsverlauf PI(t) örtliche Niederschlagsverteilung Häufigkeit des Auftretens n (Wiederkehrsintervall, sog. Jährlichkeit T = 1/n) ►Ermittlung des Bemessungsregens (Anwendungsbeispiel s. Übung 4): - Nutzung statistischer Auswertungen von Niederschlagsmessungen durch den Deutschen Wetter-dienst DWD Niederschlagsmengen-Dauer-Häufigkeits-Beziehungen ( s. Bild 3.14) - Ermittlung auf Grundlage des Starkregenatlasses KOSTRA des DWD - für viele praktische Bemessungsfälle Niederschlagsmengen-Dauer-Häufigkeits-Beziehung nicht verfügbar (bzw. Erstellung durch DWD zu teuer)

- Herangehensweise im Falle des Fehlens von Niederschlagsmengen-Dauer-Häufigkeits-Beziehungen bzw. KOSTRA-Starkregenwerten: a) - Ausgangswert: Regenspende eines Niederschlages mit 15-minütiger Dauer, der statistisch gesehen 1 Mal pro Jahr auftritt Basisbemessungsregenspende PS (15,1) Werte bundesweit für viele Städte und Regionen verfügbar (eine Vielzahl von Werten enthält z.B. SCHNEIDER: Bautabellen mit Berechnungshinweisen und Beispielen. 11. Auflage, Werner-Verlag, 1996) - Werte für viele Städte und Regionen verfügbar, weil sie u.a. für die Kanalnetzberechnung verwendet werden - Werte für verschiedene geographische Regionen Deutschlands s. Tabelle 3.6

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b) Umrechnung der Basisbemessungsregenspende für Dauern ≠ 15 min und Wiederkehrsinter- vallen ≠ 1 a z.B. mittels REINHOLD-Formel für T ≤ 20 a und PD ≤ 150 min möglich: PS (PD ,T) = PS (15,1) * φ mit φ = 38 (T 0,25 - 0,369) / (PD + 9) (3.5) mit PS (PD ,T) - Regenspende der Dauer PD mit einem Wiederkehrsintervall T [l / (s ha)] PS (15,1) - Basisbemessungsregenspende mit einer Dauer von 15 min und einem Wiederkehrs- intervall von 1 Jahr [l / (s ha)] φ - Zeitbeiwert T - Wiederkehrsintervall (sog. Jährlichkeit) [a] PD - Regendauer [min]

P - Regenmenge PS - Regenspende T - Wiederkehrsintervall PD - Regendauer Bild 3.14:

Niederschlagsmengen-Dauer-Häufigkeits-Beziehung für das mittlere Neckartal (nach SCHRÖDER U.A. (1994)

Tabelle 3.6: Starkregenspenden PS (15,1) für verschiedene geographische Regionen Deutschlands Geographische Region PS (15,1) [l/s ha] Nordwestdeutschland Nordost- und Mitteldeutschland Westdeutschland Sachsen und Thüringen Süd- und Südwestdeutschland Großstadtbereich Nord- und Ostdeutschlands Großstadtbereich Süd- und Südwestdeutschlands 85 95 96 106 119 120 140

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37 c) Umrechnung der Regenspende in Regenmenge (Niederschlagshöhe): P(PD ,T) = 0,36 * PS (PD ,T) * PD (3.6) mit P(PD ,T) - Bemessungsregenmenge für PD und T [mm] PS (PD ,T) - Bemessungsregenspende für PD und T [l/s ha] PD - Regendauer [h] ►maßgebende Bemessungsregendauer PD : - maßgebende Bemessungsregendauer charakterisiert die Regendauer, die für das Bemessungs-wiederkehrsintervall im betrachteten Gebiet den größten Abflusswert verursacht (sog. Abfluss-konzentrationszeit TC ) maßgebende Bemessungsregendauer ist nicht für alle Einzugsgebiete konstant - maßgebende Bemessungsregendauer hängt vor allem von der Einzugsgebietsgröße und dem Gefälle ab (je größer das Einzugsgebiet und je kleiner das Gefälle, um so länger braucht der Niederschlag, um zu Abfluss zu werden, desto höher sind folglich PD und TC ) kleine, steile Gebiete reagieren schnell auf Niederschläge PD klein (< 1 h) große, flache Gebiete reagieren z.T. wesentlich langsamer, d.h. mit deutlicher Zeitverzögerung auf Niederschläge PD groß (> 1 h) - Berechnungsansätze für PD: für kleine (AE ≤ 0,8 km2) vorwiegend landwirtschaftl. genutzte Einzugsgebiete (KIRPICH-Formel): PD = TC = 0,868 (l 3/Δ h) 0,385 (3.7) mit PD - maßgebende Bemessungsregendauer [h] TC - Konzentrationszeit des Abflusses in einem Gebiet [h] l - längster Fließweg im Einzugsgebiet bis zum Gebietsauslass [km] Δ h - Höhenunterschied von der Einzugsgebietsgrenze bis zum Gebietsauslass [m] für Wiese und Wald (ebenfalls für kleine Gebiete: l < 0,4 km), KERBY-Formel: PD = TC = 3,03 (r * l 1,5 /Δ h 0,5 ) 0,467 (3.8) mit r - Nutzungsbeiwert (Wiese: r = 0,3 - 0,4, Wald: r = 1) (alle anderen Größen s. Gleichung 3.7) für Stadtgebiete: 0,552 [1,8 (1,1 - ψ(5)) l 0,5 ] PD = TC = ──────────────── (3.9) (Δ h / l) 1/3 mit ψ(5) - Abflussbeiwert für T = 5 a (ψ = R / P, Anteil Abfluss R vom Niederschlag P, vgl. auch Ab- schnitt 5.6.2) (alle anderen Größen s. Gleichung 3.7) - bei verschiedenen Nutzungsanteilen in einem Gebiet Ermittlung des flächengewichteten Mittelwertes der einzelnen maßgebenden Regendauern PD

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►Wahl des Wiederkehrsintervalls des Bemessungsniederschlages: - Bemessungswiederkehrsintervall bedeutet: projektierte Anlage ist für ein Ereignis, das statistisch gesehen 1 Mal aller T Jahre (T -Wiederkehrsintervall) auftritt, bemessen (dimensioniert) ist projektierte Anlage ist folglich nicht für Ereignisse > T bemessen (Restrisiko, sog. hydrolo-gische Sicherheit) - Wiederkehrsintervall und damit Restrisiko richten sich nach: der Bedeutung der Anlage der Gefahr, die von der zu projektierenden Anlage ausgeht der Funktionsdauer der Anlage - häufig angesetzte Wiederkehrsintervalle s. Tabelle 3.7

Tabelle 3.7: Häufig angesetzte Wiederkehrsintervalle für Bemessungsregen und Bemessungshochwasser-wellen (für Deutschland) Hydrologische Bemessungsaufgabe Wiederkehrsintervall T [a] - Straßenentwässerung außerhalb von Ortslagen - Straßenentwässerung/Kanalisation in Ortslagen - Straßenentwässerung im Bereich von Unterführungen - Gewässerausbau außerhalb von Ortslagen, kleine Durchlässe - Gewässerausbau in Ortslagen - kleine Deiche oder Regen- bzw. Hochwasserrückhaltebecken - hohe Deiche, große Rückhaltebecken oder Talsperren (große Sachschäden möglich) - hohe Deiche oder Talsperren (Menschenleben gefährdet) 1 1 ... 5 5 ... 20 1 ... 20 50 ... 1000 10 ... 50 100 ... 200 200 ... 1000

► örtliche und zeitliche Verteilung des Bemessungsniederschlages: - zeitliche Niederschlagsverteilung: meist als konstant während der Regendauer angenommen - örtliche Niederschlagsverteilung: meist als konstant über das Gesamtgebiet angenommen - Abminderung punktförmig gemessener Niederschläge (z.B. mittels HELLMANN-Regenmesser) bei Übertragung auf große Einzugsgebiete vor allem bei kurzen Niederschlagsereignissen (Schauern, Gewittern) notwendig (s. Bild 3.15), Gebiet wird nicht gleichmäßig überregnet

Bild 3.15: Abnahme des Gebiets-niederschlages für ver-schiedene Regendauern und Gebietsgrößen (in % des Punktniederschlags)

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39 * maximal möglicher Niederschlag: - maximal möglicher Niederschlag mmP abhängig vom Klimagebiet - Kenntnis des maximal möglichen Niederschlages ist von Interesse für: die Berechnung maximal möglicher Hochwässer eine Schadensabschätzung, hervorgerufen durch maximal mögliche Hochwässer die Bemessung großer Talsperren - Abschätzung des mmP durch die Auswertung bisher weltweit beobachteter maximaler Nieder- schlagsmengen in Abhängigkeit von der Niederschlagsdauer möglich (s. Bild 3.16) - weitere Hilfen bei der Abschätzung: numerische Simulation extremer Atmosphärenzustände Maximierungsverfahren (Maximierung von Feuchte und Wind unter Zugrundelegung der bisher beobachteten maximalen Niederschlagsmenge für ein Klimagebiet) statistische Verfahren (Extremwertverteilungsfunktionen mit oberem Grenzwert)

Bild 3.16: Weltweit gemessene maximale Niederschlagsmengen (aus DYCK, PESCHKE, 1995) - Ableitung der Gleichung 3.10 aus der Geraden in Bild 3.16 für globale Betrachtung des maximal möglichen Niederschlages mmP ohne Berücksichtigung der Klimazonen: mmP = 425 * PD 0,475 (3.10) mit mmP - maximal möglicher Niederschlag [mm] PD - Niederschlagsdauer [min] - für Ostdeutschland gilt in etwa (vgl. auch Bild 3.16): mmP = 55 * PD 0,22 (3.11) (alle Größen s. Gleichung 3.10)

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3.6. Globale und saisonale Niederschlagsverteilung * globale Niederschlagsverteilung: - abhängig vom Klimagebiet - globale Verteilung der mittleren jährlichen Niederschlagssumme s. Bild 3.17 - Maxima in den Tropen und gemäßigten Breiten, Minima in den Subtropen und Polargebieten Bild 3.17:

Globale Niederschlagsverteilung (nach MEINARDUS, 1930)

* saisonale Niederschlagsverteilung: - saisonale Niederschlagsverteilung der gemäßigten Breiten s. Bild 3.18 Bild 3.18:

Saisonale Niederschlagsverteilung der gemäßigten Breiten (nach HEYER, 1975) - saisonale Niederschlagsverteilung in Deutschland: Niederschlagsmengen gekennzeichnet durch winterliches Minimum und sommerliches Maximum (vgl. auch Bild 3.18) Niederschlagshäufigkeiten dagegen: winterliches Maximum und sommerliches Minimum - saisonale Niederschlagsverteilung u.a.: von Interesse für: Versorgungssicherheit mit Wasser, u.a. Trinkwasser Beregnungssteuerung in der Landwirtschaft Nutzung von Regenwasser vgl. Übung 5: Dimensionierung Regenwasser-Sammelanlage - monatliche und jährliche Niederschlagswerte für ausgewählte deutsche, europäische und außer- europäische Stationen s. Tabelle 3.8

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41 Tabelle 3.8: Niederschlagswerte P [mm] (unkorrigiert) für ausgewählte deutsche, europäische und außer-

europäische Stationen

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3.7. Anthropogene Niederschlagsbeeinflussung * unbeabsichtigte Beeinflussungen: - globale Klima- (und damit u.a. Niederschlagsbeeinflussung) als Folge des Treibhauseffektes - regionale Beeinflussung (insbesondere Stadtklima): Niederschlagsverkleinerung um ca. 5 - 10 % innerhalb der Stadt Niederschlagserhöhung auf der Leeseite der Stadt um ca. 5 - 15 % ( s. auch Bild 3.19) - Folgen der regionalen Beeinflussung: Wärmeinseleffekt (Erhöhung der Konvektion über der Stadt infolge Temperaturerhöhung über der Stadt verstärkte Wolken- und Niederschlagsbildung besonders im Sommer) Rauhigkeitseffekt (Abbremsung der Luftströmung und Erhöhung der Turbulenzen infolge Bebauung längeres Verweilen der zyklonalen Niederschläge) Aerosoleffekt (wesentliche Erhöhung des Aerosolgehaltes über der Stadt Begünstigung der Wolkenbildung und -verstärkung

Bild 3.19:

Beeinflussung des Stadt-klimas (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990)

* beabsichtigte Beeinflussungen: ► Ziele der beabsichtigten Beeinflussung: - Nebelbeseitigung - Regenvermehrung - Hagelabwehr - Wirbelsturmbeeinflussung ► Methodik, Ergebnisse: - Nebelbeseitigung: örtlich (z.B. auf Flughäfen längs der Start- und Landebahnen) durch Tempe- raturerhöhung (Infrarotlampen) in bescheidenem Umfang möglich - Regenvermehrung: durch Impfung der Wolken mit Silberjodid (AgJ) bzw. Trockeneis (Kohlen-säureschnee) Beeinflussung von Tröpfchengröße und Temperaturverteilung innerhalb der Wolken, angewendet vor allem kleinregional in semiariden Gebieten (Erfolgschancen: ≈ 50 %)

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43 - Hagelabwehr: durch gezieltes Beschießen ("Böllerschießen") von Gewitterwolken mit AgJ-Kristallen Entstehung vieler kleiner Eiskörner statt weniger großer Hagelkörner (Erfolgschancen: bei frühzeitiger Gefahrenerkennung (Wolkenradar) und Eingreifen: > 50 %) - Wirbelsturmbeeinflussung: AgJ-Wolkenimpfung, Reduzierung der Verdunstung aus dem Meer durch Aufbringen eines dünnen, biologisch abbaubaren Ölfilms (Erfolgschancen: bisher 0 %) 3.8. Schnee * hydrologische Bedeutung: - Beeinflussung des Wasserhaushaltes durch vorübergehende Wasserspeicherung in der Schneedecke und zeitverzögerte Wasserabgabe aus der Schneedecke ( s. Bild 3.20) - Bedeutung für Wasserhaushaltsuntersuchungen und Hochwasservorhersage

Bild 3.20:

Abhängigkeit des jährlichen mittleren maximalen Wasservorrates der Schnee-decke SSmax , der Schneehöhe und der Schneedichte von der Geländehöhe für das Erzgebirge (aus GOLF, 1981) - hydrologisch interessant: Wasservorrat (Äquivalentwassergehalt) der Schneedecke, nur indirekt Schneehöhen oder Art des Schnees (Pulverschnee, nasser Schnee) Schnelligkeit der Wasserabgabe aus der Schneedecke (Schneeschmelzmengen)

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* Abhängigkeit der Wasserspeichereigenschaften des Schnees: - vom Wärmeaustausch an der Schneeoberfläche (Strahlung, Konvektion, Kondensation) - von der Verdichtung infolge Eigengewichts - vom Einsickern von Schmelzwasser u./o. Regen in die Schneedecke * Äquivalentwassergehalt der Schneedecke: - Äquivalentwassergehalt der Schneedecke = gespeicherter Wasservorrat entscheidende Größe in Bezug auf die Abschätzung der potentiellen Hochwassergefährdung (konkrete Hochwasser-gefährdung kann kleiner der potentiellen Gefährdung sein - abhängig von der Geschwindigkeit der Schneeschmelze) - Äquivalentwassergehalt messbar durch Ausstechen des Schnees (200 cm2), Aufschmelzen und Auslitern - Äquivalentwassergehalt berechenbar aus Schneehöhe und Schneedichte: WSÄ = 0,01 * ρS * hS (3.12) mit WSÄ - Äquivalentwassergehalt der Schneedecke [mm] ρS - Dichte des Schnees [kg/m3 ] hS - Schneehöhe [cm]

- Problem: Dichte des Schnees von vielen Faktoren abhängig Hauptfaktoren: Zerbrechen im Wind ( vgl. auch Tabelle 3.9) Diffusion von Wasserdampf (von wärmeren zu kälteren Schneeschichten) Verdichtung infolge Eigengewicht Einsickern von Schmelzwasser Wiedergefrieren von Schmelzwasser - höhere Dichte von Altschnee im Vergleich zu Neuschnee (Anhaltswerte s. Tabelle 3.9) beachte Schwankungsbreite Ermittlung des Äquivalentwassergehaltes der Schneedecke auf der Grundlage von Schneehöhenmessungen und Dichteabschätzungen liefert lediglich grobe Anhaltswerte - Dilemma: viele Schneehöhenmessungen (dichtes Messnetz), aber wenige Äquivalentwassergehalts- messungen (Ausstechmethode) Tabelle 3.9: Anhaltswerte für Schneedichten Schneebedingungen Dichte der Schneedecke [kg/m3 ] Windstille schwacher Wind mäßiger Wind starker Wind lockerer Neuschnee (Pulverschnee) 50 ... 65 65 ... 80 250 ... 290 300 ... 360 nasser Neuschnee 400 ... 800 sich setzender Pulver- schnee 70 ... 190 alter Pulverschnee 200 ... 300 Firnschnee 500 ... 800

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45 * Wasserabgabe aus der Schneedecke infolge Schneeschmelze: Übersicht über mögliche Methoden zur Erfassung der Schneeschmelze s. Tabelle 3.10

Tabelle 3.10: Erfassung der Schneeschmelze - Methodenübersicht Wärmehaushaltsmethoden Gekoppelte Wärme-/Wasserhaus- haltsmethoden Empirische Formeln Ausgangspunkt (einfach): Zusammenhang zwischen Wärme- und Wasserhaushalt der Schnee- decke: Zur Bildung von 1 mm Schmelzwasser wird eine Energie von 330 kJ/m2 benötigt. Umsetzung (kompliziert): ● Wirken einer Vielzahl von Einflussfaktoren auf den Wärmehaushalt: - Temperatur der Luft und des Bodens - Strahlungsangebot - Luftfeuchtigkeit - Windverhältnisse - Wärmezufuhr durch flüssigen Niederschlag ● Erfassung einer Vielzahl von Messgrößen: - Temperaturprofile oberhalb der Schneedecke, in der Schneedecke und im Boden - Feuchtigkeitsprofile oberhalb der Schneedecke - Windprofile oberhalb der Schneedecke Modellierung sehr aufwendig und sehr genau Methoden wenig praktikabel Ausgangspunkt: Vereinfachte Wärmehaushalts- verfahren

Umsetzung: i.d.R. einfache empirische For- meln mit wenigen Parametern: - Lufttemperatur - Luftfeuchtigkeit - Strahlung - Windstärke Beispiel: Tagesgradverfahren: - Temperatur T - Tagesgradfaktor k (bewuchs- abhängig) geeignet für solche Klimate, in denen die Schneeschmelze vorrangig durch Advektion bedingt ist (z.B. Mitteleuropa) Berechnungsgleichung Tagesgradverfahren: S = k * D (3.13) mit S - Wasserabgabe aus der Schneedecke eines Schneeschmelztages [mm] D - Tagesmitteltemperatur über der Schmelztemperatur TSCHMELZ (meist TSCHMELZ = 0 °C) k - Tagesgradfaktor (1,5 ≤ k ≤ 6 mm/Tagesgrad) k = f (Standortfaktoren, Schneeschmelzverlauf) Abhängigkeiten der Tagesgradfaktors k von der Vegetation und vom Schneeschmelzverlauf s. Bild 3.21 Erklärung der Abhängigkeit des Tagesgradfaktors: - Tagesgradfaktor zu Beginn der Schneeschmelze relativ klein, weil: die Schneedecke erst auf 0 °C erwärmt werden muss am Anfang nur in den wärmsten Teilen des Gesamtgebietes der Schnee schmilzt zu Beginn der Schneeschmelze das Strahlungsabsorptionsvermögen der Schneedecke kleiner ist als im weiteren Verlauf der Schneeschmelze (Schnee noch weiß) die Retention (Speicherung von Schmelzmengen innerhalb der Schneedecke) zunächst die Wasserabgabe aus der Schneedecke verzögert

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- höchste Werte der Wasserabgabe bei etwa in der Mitte der Schneeschmelze (25 ... 75 % des ursprünglichen Gesamtwasservorrates zu Beginn der Schneeschmelze): Freilandflächen: hohe Tagesgradfaktoren (5 ... (9) mm/Tagesgrad) Laubwaldflächen: k ca. 2/3 der Freilandflächen (mittlerer Wind- und Strahlungsschutz) Nadelwaldflächen: k ca. 1/3 der Freilandflächen (hoher Wind- und Strahlungsschutz) - Tagesgradfaktor am Ende der Schneeschmelze wiederum klein, weil: ein Teil des Gebietes bereits schneefrei ist Bild 3.21:

Abhängigkeit des Tagesgradfaktors k von Standort-faktoren und Schneeschmelzverlauf (aus DUNGER, 2006)

4. Die Verdunstung 4.1. Arten und Bedeutung der Verdunstung Verdunstung = physikalischer Vorgang, bei dem Wassermoleküle vom flüssigen oder festen Zustand in den gasförmigen Aggregatzustand bei Temperaturen unterhalb der Siedetemperatur übergehen, wobei zur Verdunstung von 1 mm Wasser (= 1 l/m2 ) eine Energie von 0,25 kWs/cm2 benötigt wird Maßeinheit: mm/Zeiteinheit * Verdunstungsarten: - Evaporation E: Verdunstung basiert ausschließlich auf der Wirkung physikalischer Gesetze Evaporationsarten: E0 - Verdunstung freier Wasserflächen EB - Verdunstung von Boden ohne Vegetationsdecke ES - Verdunstung von schnee- oder eisbedeckten Flächen EI - Interzeptionsverdunstung (von der Pflanzenoberfläche) - Transpiration T: "aktive" Verdunstung durch physiologisch regulierte Abgabe von Wasserdampf durch die oberirdischen Organe der Pflanzen an die Atmosphäre (aktive Regula- tion durch Spaltöffnungen) - Evapotranspiration: Summe aus Evaporation und Transpiration

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47 * potenzielle und reale Verdunstung: ► potenzielle Verdunstung ETP: - maximal mögliche Verdunstung eines Standortes unter gegebenen meteorologischen Bedin- gungen bei optimalem Wasserangebot - Umsetzung des gesamten Energieangebots - ETP ausschließlich von meteorologischen (atmosphärischen) Größen abhängig (Temperatur, Luftfeuchte, Wind, Strahlung) - Beispiele für potenziell verdunstende Flächen: Verdunstung von freien Wasserflächen (Seen, Flüsse ...) Verdunstung von feuchtem Boden (nach Regenereignissen bzw. bei Beregnung) Verdunstung aus der Schneedecke ► reale (tatsächliche, aktuelle) Verdunstung ETR: - an einem Standort tatsächlich auftretender Wert der Verdunstung - ETR abhängig von den atmosphärischen und Boden- und Bewuchsbedingungen - für ETR gilt folglich: ETR ≤ ETP - Maximalwert der ETR: ETR = ETP (bei optimalem Wasserdargebot) - Minimalwert der ETR: ETR = 0 (bei fehlendem Wasser, z.B. nach langer Trockenperiode) ► Beispiele für den Zusammenhang zwischen ETP und ETR: - generelle Abhängigkeiten (global) s. Tabelle 4.1 Tabelle 4.1: Monatliche und jährliche Niederschlagsmengen P, potenzielle Verdunstungsmengen (hier mit Ep bezeichnet) und reale Verdunstungsmengen (hier mit Ea bezeichnet) für ausgewählte Orte der Erde (alle Werte in mm/Δt)

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48 - polare und subpolare Regionen: im Jahresmittel gilt: ETR ≈ ETP im Winter (Polarregion: > 6 Monate, subpolare Region: < 6 Monate): ETR = ETP = 0 mm - gemäßigte Breiten: im Jahresmittel gilt: ETR < ETP im Sommerhalbjahr: ETR << ETP (zumindest in trockenen Sommern) im Winterhalbjahr: ETR = ETP > 0 - semiaride und aride Regionen: das ganze Jahr hindurch gilt: ETR << ETP nur während kurzzeitiger Regenereignisse: ETR ≈ ETP ETP-Maximalwerte (Jahressumme der ETP): Chad-See: ETP ≈ 2200 mm/a (semiarid: P ≈ 300 - 500 mm/a) Najran-Gebiet (Saudi Arabien): ETP ≈ 2700 mm/a (arid: P < 250 mm/a) Sahara: ETP > 3500 (> 4000) mm/a (hyper-arid: P ≈ 0 mm/a) - Tropen: im Jahresmittel gilt: ETR ≈ ETP >> 0 (wegen der hohen Niederschläge, vgl. Tabelle 4.1) * Einflussfaktoren auf die Verdunstung: - Atmosphäre (Energie- und Wasserdargebot) - Vegetationsdecke (Energieumwandlung, Wassertransport und -speicherung) - Boden (Energieumwandlung und -speicherung, Wassertransport und -speicherung) Abhängigkeit der Verdunstungshöhe vom Energie- und Wasserangebot sowie von Boden- und Vegetationsbedingungen (Standortfaktoren) s. Bild 4.1 Bild 4.1: Die reale Verdunstung im System Boden-Pflanze-Atmosphäre (nach DYCK, PESCHKE, 1995) * Bedeutung der Verdunstung: - entscheidende Wasserbilanzgröße (ca. 64 % des Niederschlages der Erde verdunsten (Ostdeutsch- land: ca. 76 % im langjährigen Mittel, Westdeutschland ca. 63 %) - Beeinflussung der Verdunstungsmengen durch globale Klimaveränderungen - Veränderung der Verdunstung durch anthropogene Eingriffe (vgl. auch Abschnitt 2.3): Abholzen der Wälder, Waldsterben Flussausbau, Wasserentnahmen, -einleitungen, -überleitungen, Bau von Stauanlagen

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49 Landwirtschaft (Bodenbearbeitung, Zwischenfruchtanbau, Be- und Entwässerung) Bergbau: Grundwasserabsenkungen, Restlochseen Bebauung (Versiegelung) von großen Flächen - für Mitteleuropa gilt: Verdunstungserhöhung um 10 % Abflussrückgang um ca. 30 % - große Bedeutung einer Quantifizierung (Messung, Berechnung) der Verdunstung 4.2. Überblick über Methoden zur Messung der Verdunstung * Methodenüberblick: Bild 4.2 Bild 4.2: Überblick über Methoden zur Bestimmung der Verdunstung

* Kurzcharakteristik von Wasser- und Energiebilanzmethoden: ►Wasserbilanzmethode: - Anwendung der Wasserhaushaltsgleichung (vgl. auch Gleichungen 2.1 und 2.2): ET = P – R – ΔS (4.1) mit ET - Evapotranspiration [mm/Δt] P - Niederschlag [mm/Δt] R - Abfluss [mm/Δt] ΔS - Speicheränderung [mm/Δt] - Messung von P, R und ΔS - Berechnung von ET mittels Wasserhaushaltsgleichung ►Energiebilanzmethode (Wärmehaushaltsmethode): - Anwendung der Energiebilanzgleichung: ET' = RN – B – H (4.2) mit ET' - Verdunstungswärme [kJ / (m2 * Δt)] RN - Gesamtstrahlung (Summe aus kurz- und langwelliger Strahlung) [kJ / (m2 * Δt)] B - turbulenter Wärmestrom von der Bodenoberfläche zur Atmosphäre [kJ / (m2 * Δt)] H - Bodenwärmestrom [kJ / (m2 * Δt)]

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50 - Messung von RN, B und H - Messung vieler, z.T. komplizierter Größen notwendig ( Energiebilanzmethode selten ange-wendet) - Berechnung der ET über den Zusammenhang zwischen Energie- und Wasserhaushalt: ET = 100 ET'/ (ρ * r) (4.3) mit ET - reale Verdunstung [mm/Δt] ET' - Verdunstungswärme [kJ / (m2 * Δt)] ρ - Dichte des Wassers [kg/m3] r - spezifische Verdampfungswärme des Wassers [kJ/kg] 4.3. Wasserhaushaltsmethode * Atmometer: - sehr einfache Form der Verdunstungsmessung durch immer feuchte Keramik- oder Papierscheiben - keine hohe Genauigkeit infolge „Oaseneffekt“ * Messung der potenziellen Verdunstung mittels Verdunstungskessel: - am häufigsten verwendetes Gerät zur Messung der ETP (> 50 Typen/Größen weltweit) - einfacher Messaufbau Beispiele für Verdunstungskessel s. Bild 4.3 - Aufbau auf bewachsenem oder unbewachsenem Boden mit ca. 15 cm Bodenabstand - fast vollständig mit Wasser gefüllt (5 - 7,5 cm unterhalb der oberen Ringkante) - in ariden und semiariden Gebieten: Abdeckung mittels Netz (Stop Wasser trinkende Tiere)

Bild 4.3: Verdunstungskessel des U.S. Weather Bureau (Class A Evaporation Pan), Foto: Wikipedia - Kesselverdunstungswerte generell höher im Vergleich zu anderen Methoden - Ursache: vergleichsweise kleine Kesseloberfläche Fehler - Fehlerkompensation notwendig (mittels empirischen Kesselkoeffizienten): ETP = kKessel * EPKessel (4.4) mit ETP - korrigierte potenzielle Verdunstung [mm/Δt] kKessel - empirischer Kesselkoeffizient (s. beispielhaft Tabelle 4.2) EPKessel - Wert der (potenziellen) Kesselverdunstung

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51 Tabelle 4.2: Empfohlene Kesselkoeffizienten kKessel für den U.S. Weather Bureau Class A Kessel für verschiedene Bewuchs- und meteorologische Bedingungen Windge- schwindigkeit [m/s] Größe der um- gebenden Fläche (gegen Wind) [m] Relative Luft- feuchte: < 40 % Relative Luft- feuchte: 40 - 70 % Relative Luft- feuchte: > 70 % < 2 (gering) 0 10 100 1000 0,55 (0,70) 0,65 (0,60) 0,70 (0,55) 0,75 (0,50) 0,65 (0,80) 0,75 (0,70) 0,80 (0,65) 0,85 (0,60) 0,75 (0,85) 0,85 (0,80) 0,85 (0,75) 0,85 (0,70) 2 - 5 (mäßig) 0 10 100 1000 0,50 (0,65) 0,60 (0,55) 0,65 (0,50) 0,70 (0,45) 0,60 (0,75) 0,70 (0,65) 0,75 (0,60) 0,80 (0,55) 0,65 (0,80) 0,75 (0,70) 0,80 (0,65) 0,80 (0,60) 5 - 8 (stark) 0 10 100 1000 0,45 (0,60) 0,55 (0,50) 0,60 (0,45) 0,65 (0,40) 0,50 (0,65) 0,60 (0,55) 0,65 (0,50) 0,70 (0,45) 0,60 (0,70) 0,65 (0,65) 0,70 (0,60) 0,75 (0,55) > 8 (sehr stark) 0 10 100 1000 0,40 (0,50) 0,45 (0,45) 0,50 (0,40) 0,55 (0,35) 0,45 (0,60) 0,55 (0,50) 0,60 (0,45) 0,60 (0,40) 0,50 (0,65) 0,60 (0,55) 0,65 (0,50) 0,65 (0,45) nicht in Klammern: Werte für Kessel, umgeben mit kurzem Grasbewuchs in Klammern: Werte für Kessel, umgeben von unbewachsener Fläche - häufig genutzte Verdunstungskessel sowie Unterschiede in den Messwerten s. Tabellen 4.3 und 4.4 - häufiger Anwendungsfall von Verdunstungskesseln: für die Beregnungsüberwachung - Auswertung von Kesselverdunstungsmessungen s. Übung 7 (Teilaufgabe a) Tabelle 4.3: Weltweit häufig genutzte Verdunstungskessel Kesseltyp Land Kesselinstallation Kesseltiefe [m] Fläche [m2] Class A Pan USA über der Bodenoberfläche auf einem Holz- rahmen 0.225 1.14 3-m2-Kessel BRD Ungarn Kessel im Erdboden Kesseloberkante in Erdbodenhöhe 0.6 3.0 20-m2-Kessel Russland Kessel im Erdboden Kesseloberkante in Erdbodenhöhe 2.0 20.0 GGJ 3000 Russland Kessel im Erdboden Kesseloberkante in Erdbodenhöhe 0.6 0.3 Bemerkung: Russischer 20-m2-Kessel ist von der World Meteorological Oraganization WMO als Eichgerät empfohlen Tabelle 4.4: Vergleich gemessener Kesselverdunstungswerte (russischer 20-m2-Kessel = 100 %) Kesseltyp gemessene Verdunstungsunterschiede [%] 20-m2-Kessel (Russland) (100.0) Class A Pan (USA) 3-m2-Kessel (BRD, Ungarn) GGJ 3000 (Russland) 118.2 104.7 115.0

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52 * Messung der Verdunstung freier Wasserflächen mittels Floßverdunstungskessel: - analog Evaporimeter für die Messung der Seeverdunstung - Montage auf Flöße (Prinzip s. Bild 4.4) - ermittelte Verdunstungswerte sind meist zu hoch (Flöße und Kessel erwärmen sich stärker als die Seeoberfläche) Bild 4.4: Messprinzip beim Floßver-dunstungskessel (aus SCHRÖDER U.A., 1994) * Messung der realen Verdunstung mittels Lysimeter:

Lysimeter = - Gerät zur Messung der realen (selten der potenziellen) Verdunstung - Auffangen des Sickerwassers an der Basis des Lysimeters - Messung der Sickerwassermengen (ggf. der Oberflächenabflussmengen) - Bestimmung der Verdunstung mittels Wasserhaushaltsgleichung ►Ziel von Lysimteruntersuchungen: - Ermittlung der realen Verdunstung für Landflächen (vereinzelt auch der potenziellen Ver- dunstung) - Ermittlung von Sickerwasser- und Grundwasserneubildungsraten - Untersuchungen zum Bodenwasserhaushalt Erfassung der physikalischen Zusammenhänge zwischen Verdunstung und bodenkundlichen, vegetationsspezifischen und meteorologischen Kenngrößen Untersuchungen zum Kapillaraufstieg Untersuchungen zur Abflussbildung ►Lysimeterarten: - wägbare Lysimeter - nicht wägbare Lysimeter - natürliche Lysimeter (Großlysimeter) ►wägbare Lysimeter (wägbare Kleinlysimeter): - meistgenutztes Gerät zur Messung der realen Verdunstung für landwirtschaftliche Kulturen - Bodenmonolith, mit gleichen Bedingungen wie in der Umgebung (Boden, Vegetation), von der Umgebung isoliert - gemessene Verdunstungswerte sind nur für die unmittelbare Umgebung des Lysimeters re- präsentativ

- konstruktive Gestaltung ( vgl. Bild 4.5): verschiedene Lysimeterdurchmesser, meist zwischen 0.5 m und 2.0 m Lysimeter sollte einen im Vergleich zur Umgebung wenig gestörten Bodenaufbau enthalten ähnliche thermische, wasserhaushaltliche und Bodeneigenschaften wie Umgebung Vegetation sollte der der Umgebung entsprechen (Höhe, Dichte, Aussehen)

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53 Messung der Sickerwassermengen und der Masseänderungen des Lysimeters (als Maß für die Bodenspeicheränderung) häufige Konstellation: Lysimeterfelder mit 2 oder mehr Lysimetern (statistische Sicherheit) bei Lysimetereinsatz zur ETP-Bestimmung: ständiges Feuchthalten des Lysimeters Problem in der Vergangenheit: Messung von Masseänderungen im Grammbereich bei Gesamtmassen der Lysimeter von einigen Tonnen Problem gelöst durch den Einsatz von pneumatischen und elektronischen Spezialgeräten (Genauigkeit: 0,05 mm) größte Anlagen: Oberflächen bis zu 8 m2 und 100 t Gesamtmasse - Anwendungsbereich wägbarer Lysimeter begrenzt auf Vegetation, die mittels Bodenmonolith erfassbar ist: z.B. geeignet für landwirtschaftliche Kulturen nicht geeignet für Waldstandorte Großlysimeter (s.u.), Energiebilanzmethode Bild 4.5: Prinzip des wägbaren Lysimeters (Vertikalschnitt), aus SCHRÖDER U.A, (1994) - Anwendung der Wasserhaushaltsgleichung zur Bestimmung der Verdunstung: a) reale Verdunstung: ETR = P – RO – RU – ΔS (4.5) b) potenzielle Verdunstung: ETP = P + PZ – RO – RU – ΔS (4.6) mit ETR - reale (aktuelle) Evapotranspiration [mm/Δt] ETP - potenzielle (maximal mögliche) Evapotranspiration [mm/Δt] P - Niederschlag [mm/Δt] PZ - zusätzliche Beregnungsmenge zum Feuchthalten des Lysimeters [mm/Δt) RO - Oberflächenabfluss [mm/Δt], meist RO = 0 (wegen der horizontalen Oberfläche) RU - Sickerwassermenge (Versickerung) [mm/Δt], gemessen an der Lysimeterbasis ΔS - Bodenspeicheränderung (Massedifferenz, gemessen mittels Spezialwaagen)

- Fehlerquellen bei Lysimetermessungen: Störung des natürlichen Bodenfeuchteverlaufes durch Kapillarkräfte an der Lysimeterbasis (Staunässe) Verdunstungserhöhung (Abhilfe durch Einbau einer Kiesschicht an der Lysimetersohle bzw. durch Absaugen des Kapillarwassers) Randeffekte (bevorzugte Sickerwege an der Lysimeterwandung) Lysimeterverdunstung = Punktwert Fehler bei der Übertragung auf ein Gebiet

- Auswertung von Lysimeterbeobachtungen: s. Übung 7 (Teilaufgabe b)

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54 ► nicht wägbare Lysimeter (nicht wägbare Kleinlysimeter): - konstruktive Gestaltung analog wägbaren Lysimetern, jedoch keine Wägung möglich - Messung von P, RO und RU analog wägbarer Lysimeter - Messung der Bodenspeicheränderung mittels Bodenfeuchtemessgeräten - Anwendung der Wasserhaushaltsgleichung (2.1) zur Verdunstungsberechnung ► natürliche Lysimeter (Großlysimeter): - Kleinlysimeter versagen bei Wald Nutzung von größeren Gebieten als Lysimeter - Voraussetzungen: horizontal und vertikal abgeschlossenes Gebiet (z.B. wasserundurchlässige Abgrenzung nach unten durch entsprechende geologische Schichten im Untergrund) - Messmethode analog nichtwägbaren Kleinlysimetern (s.o.)

* weitere Methoden zur Messung der realen Verdunstung: - Bodenfeuchtemessungen Bodenfeuchteabnahme in niederschlagsfreier Zeit = Maß für die reale Verdunstung 1 Vol.-% Bodenfeuchteabnahme je dm Bodenschicht = 1 mm Verdunstungshöhe Anwendungsbeispiel s. Übung 8 - Messungen des Saftflusses von Pflanzen Maß für die reale Transpiration Prinzip: Beheizung zweier im Abstand von 10 – 15 cm an der Stammnordseite eingebauter Nadeln mit Kupfer-Konstantan-Thermoelemeneten Temperaturdifferenz = Maß für die reale Transpiration - Jahresringbreite von Bäumen Maß für jährliche Transpirationsmengen

4.4. Berechnung der potenziellen Verdunstung mittels empiri-scher Formeln

* Grundanliegen: - Lysimeteruntersuchungen nicht flächendeckend durchführbar (Kosten) Entwicklung von empirischen Formeln auf der Grundlage vergleichender (Lysimeter-)Untersuchungen - Korrelation von Verdunstungsmessungen mit meteorologischen Messgrößen, meist Temperatur, Strahlung (Globalstrahlung, Sonnenscheindauer), Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit * in Deutschland am häufigsten angewendete Formeln: - PENMAN-Formel - TURC-Formel in Kombination mit der IVANOV-Formel - HAUDE-Formel * PENMAN-Formel: - Einflussgrößen: Temperatur, Globalstrahlung, Sonnenscheindauer, Feuchte, Windgeschwindigkeit - PENMAN-Formel (für tägliche Werte der potenziellen Verdunstung): T + 22 0.6 * RG U ETPPENMAN = 2.3 * ───── * [ ───── + 0,66 * (1 + 1,08 * v2 ) * (1 - ── ) * SR ] (4.7) T + 123 L 100 mit ETPPENMAN - Tageswert der potenziellen Verdunstung nach PENMAN [mm/d] T - Tagesmittel der Lufttemperatur in 2 m Höhe [oC] RG - Tagessumme der Globalstrahlung [J/cm2] L - Verdunstungsenthalpie (Verdunstungswärme) [J/cm2], Werte s. Tabelle 4.5 v2 - Tagesmittel der Windgeschwindigkeit in 2 m Höhe [m/s] U - Tagesmittel der relativen Luftfeuchte in 2 m Höhe [%] SR - Verhältnis der astronomisch möglichen Sonnenscheindauer SO (s. z.B. Tabelle 4.6) zu der bei Tag- und Nachtgleiche (SO / 12 h), SO [h]

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55 Tabelle 4.5: Zusammenhang von Temperatur und Verdunstungsenthalpie Temperatur T [°C] - 9 - 8 - 7 - 6 - 5 - 4 - 3 - 2 - 1 0 Enthalpie L [J/cm2 ] 283 283 283 283 283 283 283 283 283 250 Temperatur T [°C] 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Enthalpie L [J/cm2 ] 250 249 249 249 249 248 248 248 248 247 Temperatur T [°C] 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Enthalpie L [J/cm2 ] 247 247 247 246 246 246 246 245 245 245 Temperatur T [°C] 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Enthalpie L [J/cm2 ] 245 245 244 244 244 244 243 243 243 243 Tabelle 4.6: Maximal mögliche tägliche Sonnenscheindauer [h/d] in Abhängigkeit von der geographischen Breite (Nordhalbkugel), bezogen auf die Monatsmitte Geogr. Breite Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 46° n. Br. 9,2 10,3 11,9 13,5 15,0 15,7 15,3 14,1 12,6 10,9 9,6 8,6 47° n. Br. 9,0 10,3 11,9 13,6 15,1 15,8 15,5 14,2 12,6 10,9 9,4 8,5 48° n. Br. 8,8 10,2 11,9 13,6 15,2 16,0 15,6 14,3 12,6 10,9 9,3 8,3 49° n. Br. 8,7 10,2 11,9 13,7 15,3 16,2 15,8 14,4 12,7 10,8 9,2 8,2 50° n. Br. 8,6 10,2 11,9 13,8 15,4 16,4 15,9 14,5 12,7 10,8 9,1 8,1 51° n. Br. 8,5 10,1 11,9 13,9 15,5 16,5 16,1 14,6 12,7 10,8 9,0 8,0 52° n. Br. 8,3 10,0 11,9 13,9 15,7 16,7 16,3 14,6 12,7 10,7 8,9 7,8 53° n. Br. 8,2 9,9 11,9 14,0 15,9 16,9 16,4 14,8 12,7 10,6 8,7 7,6 54° n. Br. 8,0 9,9 11,9 14,1 16,1 17,1 16,6 14,9 12,7 10,6 8,6 7,4 55° n. Br. 7,9 9,8 11,9 14,2 16,2 17,3 16,7 15,0 12,7 10,6 8,5 7,3 - astronomisch mögliche (maximale) Sonnenscheindauer auch berechenbar - für Deutschland gilt näherungsweise: So = 12,3 + sin ζ [4,3 + (ζ – 51) / 6] (4.8) mit: ζ = 0,0172 * TG – 1,39 (4.9) mit So - astronomisch mögliche Sonnenscheindauer [h/d] TG - fortlaufender Tag des Jahres (1. Jan. = 1, 31. Dez. = 365) ζ - geographische Breite [° n. Br.] - Verdunstungsenthalpie L ebenfalls berechenbar (für T < 0 °C: L = 283 J/cm2 ): L = 249,8 –- 0,242 T (für T ≥ 0 °C) (4.10) mit L - Verdunstungsenthalpie [J/cm2] T - durchschnittliche Tagesmitteltemperatur [°C]

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56 - Vorteile der PENMAN-Formel: genaueste empirische Formel Berücksichtigung der wesentlichen die Verdunstung beeinflussenden Parameter - Nachteile der PENMAN-Formel: Formel setzt Kenntnis einer Vielzahl von Parametern voraus oftmals nicht alle notwendigen Parameter vorhanden Anwendung der PENMAN-Formel nicht möglich Handhabung komplizierter als bei anderen Formeln

* TURC-Formel: - Einflussgrößen: Temperatur, Luftfeuchte und Globalstrahlung - TURC-Formel (für tägliche Werte der potenziellen Verdunstung): ETPTURC = 0,0031 * C * T * (RG + 209) / (T + 15) (4.11) mit: C = 1 + [(50 - U) / 70] für U < 50 % (4.12) C = 1 für U ≥ 50 % (4.13) mit: ETPTURC - Tageswert der potenziellen Verdunstung nach TURC [mm/d] T - Tagesmittel der Lufttemperatur in 2 m Höhe [°C] RG - Tagessumme der Globalstrahlung [J/cm2] U - Tagesmittel der relativen Luftfeuchte in 2 m Höhe [%] - Vorteile der TURC-Formel: für die meisten Anwendungsfälle ähnlich genau wie die PENMAN-Formel einfach in der Handhabung (vergleichsweise wenige Parameter) - Nachteile der TURC-Formel: nicht alle die Verdunstung beeinflussenden Größen enthalten (z.B. Windeinfluss) nicht anwendbar für Temperaturen < 0 °C, ungenau für Temperaturen < 5 °C TURC-Formel liefert bei Anwendung unter mitteleuropäischen Bedingungen im Jahresmittel um 10 % zu geringe Werte Empfehlung des DVWK: Erhöhung der Werte um 10 %

* IVANOV-Formel: - Einflussgrößen: Temperatur und Luftfeuchte - IVANOV-Formel (für tägliche Werte der potenziellen Verdunstung): ETPIVANOV = 3,6 * 10-5 * (25 + T)2 (100 – U) (4.14) mit ETPIVANOV - Tageswert der potenziellen Verdunstung nach IVANOV [mm/d] T - Tagesmittel der Lufttemperatur in 2 m Höhe [°C] U - Tagesmittel der relativen Luftfeuchte in 2 m Höhe [%] - Vorteile der IVANOV-Formel: für geringe Temperaturen (T < 5 °C) recht genau (anwendbar -25 °C ≤ T ≤ 5 °C) ähnlich einfach in der Handhabung wie die TURC-Formel - Nachteile der IVANOV-Formel: nicht alle die Verdunstung beeinflussenden Größen enthalten (Wind- und Strahlungseinflüsse)

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57 * HAUDE-Formel: - Einflussgröße: Luftfeuchte (indirekt: Temperatur) - HAUDE-Formel (für tägliche Werte der potenziellen Verdunstung): ETPHaude = f [es (T) * (1 - U/100)] (4.15) mit ETPHaude - potenzielle Evapotranspiration nach HAUDE [mm] T - Lufttemperatur zum Messzeitpunkt 14:00 Uhr MEZ [°C] U - relative Luftfeuchtigkeit zum Messzeitpunkt 14:00 Uhr MEZ [%] f - monatsabhängiger HAUDE-Faktor [mm/(hPa * d)], (vgl. Tabelle 4.7) es - Sättigungsdampfdruck der Luft über Wasser zum Messzeitpunkt 14:00 Uhr MEZ [hPa], es temperaturabhängig (vgl. Bild 4.6 und Gleichungen 4.16 und 4.17) Tabelle 4.7: Monatsvariable HAUDE-Faktoren f [mm/(hPa * d)] Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez f 0,22 0,22 0,22 0,29 0,29 0,28 0,26 0,25 0,23 0,22 0,22 0,22 Bild 4.6: Temperaturabhängige Sättigungsdampf-druckkurve - Berechnung der Sättigungsdampfdruckkurve: es = 6,11 * e (17,62 T / (243,12 + T)) für T ≥ 0 °C (4.16) es = 6,11 * e (22,46 T / (272,62 + T)) für T < 0 °C (4.17) mit es - Sättigungsdampfdruck der Luft über Wasser [hPa] T - Lufttemperatur zum Messzeitpunkt 14:00 Uhr MEZ [°C] - Vorteile der HAUDE-Formel:

einfache Handhabung geringe Anforderungen an Datenmaterial - Nachteil der HAUDE-Formel: für Tageswerte der potenziellen Verdunstung recht ungenau

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58 * Abgleich der potenziellen Verdunstungswerte: - mittels empirischer Formeln berechnete ETP-Werte gelten nur für Grasvegetation und ebene Flächen für andere Vegetationsarten und für Hangflächen Abgleich notwendig - Nutzungsabgleich: ETPNutz. = kC * ETP (4.18) mit ETPNutz. - nutzungskorrigierter Wert der potenziellen Verdunstung [mm/d] ETP - Wert der potenziellen Verdunstung nach empirischen Formeln [mm/d] kC - Abgleichfaktor bezüglich der Nutzung des Standortes (Werte s. z.B. Tabelle 4.8) Tabelle 4.8: Monatsvariable Bestandskoeffizienten kC für verschiedene Pflanzenarten Pflanzenart Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov - Feb Mähweide Winterweizen Wintergerste Sommergerste Winterroggen Hafer Zuckerrüben Kartoffeln Winterraps 1,00 0,80 0,85 0,80 0,85 0,65 - - 0,85 1,00 0,85 0,95 0,90 0,90 0,70 0,50 0,50 1,00 1,05 1,15 1,30 1,20 1,20 1,10 0,75 0,90 1,35 1,10 1,45 1,35 1,35 1,30 1,45 1,05 1,05 1,35 1,10 1,40 1,25 1,20 1,25 1,35 1,40 1,45 1,10 1,05 1,00 - - 0,95 0,95 1,30 1,20 0,85 1,05 0,80 - - 0,80 - 1,10 0,90 - 1,00 0,70 - - 0,70 - 0,85 - - 1,00 0,65 0,65 - 0,65 - - - 0,65 - Expositions- und Hangneigungsabgleich: ETPH = H * ETP (4.19) mit ETPH - hangneigungs- und expositionskorrigierter Wert der potenziellen Verdunstung [mm/d] H - Hangneigungsfaktor [ ] (expositionsabhängig, vgl. Bild 4.7)

Bild 4.7: Hangneigungsfaktoren für verschiedene Exposi-tionen (nach JUNGHANS, 1969)

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59 * Berechnung der Globalstrahlung aus Werten der Sonnenscheindauer: - Messwerte der Globalstrahlung nicht immer vorhanden - Berechnung von täglichen Werten der Globalstrahlung aus Werten der Sonnenscheindauer möglich: RG = Ro [0,19 + 0,55 (S / So )] (4.20) mit RG - mittlere Tagessumme der Globalstrahlung [J/cm2] Ro - extraterrestrische Strahlung [J/cm2], s. Tabelle 4.9 bzw. Gleichung 4.21 S - tatsächliche Sonnenscheindauer [h/d] So - astronomisch mögliche (maximal mögliche) Sonnenscheindauer [h/d], s. Tabelle 4.6 Tabelle 4.9: Extraterrestrische Strahlung [J/(cm2 * d)] in Abhängigkeit von der geographischen Breite (Nordhalbkugel), bezogen auf die Monatsmitte Geogr. Breite Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 46° n. Br. 1165 1711 2495 3303 3905 4170 4036 3535 2799 1989 1322 1014 47° n. Br. 1104 1652 2444 3270 3891 4199 4028 3510 2756 1932 1261 954 48° n. Br. 1043 1592 2394 3236 3876 4163 4019 3485 2712 1876 1201 893 49° n. Br. 982 1532 2343 3203 3862 4159 4011 3460 2669 1819 1140 833 50° n. Br. 921 1472 2292 3170 3848 4156 4003 3435 2625 1763 1079 773 51° n. Br. 862 1411 2238 3133 3831 4150 3992 3406 2577 1704 1019 716 52° n. Br. 803 1350 2184 3096 3813 4145 3981 3377 2530 1646 960 659 53° n. Br. 745 1290 2130 3058 3796 4139 3970 3349 2482 1587 900 602 54° n. Br. 686 1229 2076 3021 3778 4134 3959 3320 2435 1529 841 545 55° n. Br. 627 1168 2022 2984 3761 4128 3948 3291 2387 1470 781 488 - Berechnung der extraterrestrischen Strahlung: Ro = 245 [9,9 + 7,08 sin ζ + 0,18 (φ – 51) (sin ζ – 1)] (4.21) mit Ro - extraterrestrische Strahlung [J/cm2] φ - geographische Breite [° n. Br.] ζ - analog Gleichung 4.9 * Beispiele für Anwendungsbereiche von empirischen Verdunstungsformeln: - Berechnung der Verdunstung von Oberflächengewässern (Seen, Talsperren, Flüssen ...) - Berechnung der Verdunstung von Feuchtflächen (Flächen mit oberflächennahem Grundwasser- spiegel) - oft erster Schritt zur Berechnung der realen Verdunstung - Berechnung der Verdunstung im Winterhalbjahr (Deutschland: ETR ≈ ETP) - Verdunstungsberechnung beregneter Flächen

- Anwendungsbeispiele s. Übung 7 (Teilaufgabe c)

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60 4.5. Klimatische Wasserbilanz * Definition, Ziel der klimatischen Wasserbilanz: - Definition: Gegenüberstellung von Niederschlag und potenzieller Verdunstung P – ETP - Ziel: Überblick über Überschuss- und Defizitperioden * Methodik: - Gegenüberstellung meist monatlicher Werte des Niederschlages und der potenziellen Verdunstung - klimatische Wasserbilanzen sowohl in Form langjähriger mittlerer Monatsbilanzen als auch für konkrete Witterungsabschnitte (z.B. für ein Trockenjahr, Nassjahr, eine Trockenperiode) möglich - Recherche und ggf. Aufbereitung (Korrektur) der Niederschlagswerte (DWD, eigene Messungen) - Berechnung der potenziellen Verdunstung (z.B. durch die Anwendung empirischer Formeln - Berechnung von P – ETP - Darstellung der Ergebnisse entweder in Tabellenform oder als Abbildung - Beispiele für klimatische Wasserbilanzen s. Tabelle 4.10 sowie Bilder 4.8 und 4.9 Tabelle 4.10: Klimatische Wasserbilanz für den Raum Oschatz (alle Werte in mm)

a) langjährige mittlere klimatische Wasserbilanz Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jahr P ETP Ü D 41 11 30 - 37 3 34 - 41 19 22 - 51 48 3 - 62 86 - 24 65 101 - 36 60 107 - 47 67 93 - 26 49 59 - 10 41 35 6 - 49 13 36 - 58 11 47 - 621 586 35 - b) klimatische Wasserbilanz für ein Trockenjahr Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jahr P ETP Ü D 72 20 52 - 24 9 15 - 11 6 15 - 33 69 - 36 17 110 - 93 20 118 - 98 89 116 - 25 44 106 - 62 34 64 - 30 68 26 42 - 47 15 32 - 48 11 37 - 507 670 - 163 P - Niederschlag (korrigiert) ETP - potenzielle Verdunstung Ü - Überschuss D – Defizit Bild 4.8: Langjährige mittlere klimatische Wasser-bilanz für den Raum Oschatz

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61 Bild 4.9: Klimatische Wasserbilanz eines Trocken-jahres für den Raum Oschatz - Erstellen und Darstellen einer klimatischen Wasserbilanz s. Übung 7 (Teilaufgabe d)

4.6. Methoden zur Berechnung der realen Verdunstung * Ziele der Berechnung der realen Verdunstung: - Berechnung der Grundwasserneubildung (Sickerwassermengen zum Grundwasser) meist langjährige Mittel der realen Verdunstung von Interesse - Untersuchungen zum Bodenwasserhaushalt, zur Beregnungswürdigkeit landwirtschaftlicher Flächen, für Wachstums- und Ertragsprognosen der Land- und Forstwirtschaft aktuelle Werte der realen Verdunstung vgl. Bodenwasserhaushaltsmodellierung, s.u. - Quantifizierung der Auswirkungen anthropogener Landnutzungsänderungen - Teil numerischer Wetterprognose- und Klimamodelle * TURC-Formel zur Abschätzung der langjährigen mittleren realen Jahresverdunstung: - Achtung!: keine sehr genaue Methode, lediglich Abschätzung ungefähre Jahreswerte - keine Berücksichtigung verschiedener Bewuchs- und Nutzungsarten, Bodenarten, ... - Basis: Datenreihen von 254 Einzugsgebieten aus allen Teilen der Welt Anwendung nicht auf Deutschland beschränkt

- Anwendung der TURC-Formel s. Übung 9 (Teilaufgabe a) - TURC-Formel zur Abschätzung des langjährigen Jahreswertes der realen Verdunstung: ETRTURC = P / [0,9 + (P / IT) 2 ] 0.5 (4.22) wobei IT = 300 + 25 * T + 0,05 * T 3 (4.23) mit ETRTURC - langjährig mittlerer Jahreswert der realen Verdunstung nach TURC [mm/a] P - langjährig mittlere Jahressumme des unkorrigierten Niederschlages [mm/a] T - langjähriges Jahresmittel der Lufttemperatur [°C]

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62 * Berechnung langjähriger Mittelwerte der realen Verdunstung mittels BAGROV-Verfahren: - Anwendung der Wasserhaushaltsgleichung für wenig geneigtes Gelände (RO 0) - Bestimmung der realen Verdunstung als Restglied der Wasserhaushaltsgleichung - reale Verdunstung ETR = f ┬ Atmosphäre (Energiedargebot ETP, Feuchtedargebot P) └ Standortbedingungen ┬ Boden (Bodenart, Wasservorrat) └ Nutzung (Nutzungs- und Pflanzenart) - Umsetzung der allgemeinen Zusammenhänge BAGROV-Gleichung: d ETR ETR ──── = 1 – [ ─── ] n (4.24) d P ETP mit ETR - langjähriges Mittel der realen Jahresverdunstung [mm/a] ETP - langjähriges Mittel der potenziellen Jahresverdunstung [mm/a] P - langjährige korrigierte Jahresniederschlagsmenge [mm/a] n - Effektivitätsparameter [ ] (standortabhängige Effektivität der realen Verdunstung, s.u.) Berücksichtigung des Energiedargebots (repräsentiert durch ETP) Berücksichtigung des Feuchtedargebots (repräsentiert durch P) Berücksichtigung der Standortbedingungen (repräsentiert durch n) - Integration der BAGROV-Gleichung: ETR d ETR P = ∫ ────────── (4.25) 0 1 - (ETR / ETP) n (alle Größen s. Gleichung 4.24) - Ergebnis der numerischen Integration s. Bild 4.10

Bild 4.10: Graphische Umsetzung der BAGROV-Beziehung (nach DYCK U.A., 1978)

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63 ►Ermittlung des Effektivitätsparameters n: a) Einflussgrößen auf n: - Landnutzung (Nutzungsform) - Bodenart - Grundwasserflurabstand b) Nutzungsform: - Einteilung der Nutzung des Gebietes in: Ackerland Waldflächen Gewässerflächen bebaute (versiegelte) Flächen - s. topographische Karten, Messtischblätter, Luftbilder ... c) Bodenart: - Unterteilung in Hauptbodenarten entsprechend "Bodenkundlicher Kartieranleitung" in Sande (S), Schluffe (U), Lehme (L) und Tone (T) jeweils mit Unterbodenart - s. Bodenschätzungskarten, Karten der forstlichen Standortkartierung, Karten der Landwirtschaft, eigene Untersuchungen d) mittlerer langjähriger Grundwasserflurabstand: - Berücksichtigung des Wasseraufstieges aus dem Grundwasser infolge Kapillarität - Aufstiegsmengen abhängig von der Bodenart und von der Tiefe der Pflanzenwurzeln - s. Grundwasserflurabstandskarten, Karten der Grundwasserstände (sog. Hydroisohypsenpläne vgl. Vorlesung Hydrogeologie I) Im Ergebnis der Punkte b) bis d) untergliedert man das Untersuchungsgebiet in Hydrotope (Flächen mit vergleichbaren hydrologischen Eigenschaften). e) Arbeitsschritte bei der Abarbeitung des Verfahrens: (1) Unterteilung des Gesamtgebietes hinsichtlich verschiedener langjähriger mittlerer Gebiets- niederschlagswerte (vgl. Abschnitt 3.4), ggf. Korrektur der Niederschlagswerte (2) Berücksichtigung von Wassermengen durch Beregnungsmengen WB (Beregnungsmengen sind zu den Werten des korrigierten Niederschlages zu addieren, vgl. Arbeitsschritt 10) (3) Ermittlung der langjährigen mittleren Verdunstung (vgl. Abschnitte 4.3 und 4.4) (4) Ermittlung der Landnutzung (5) Ermittlung der Bodenart (6) Ermittlung des mittleren langjährigen Grundwasserflurabstandes (7) Berechnung der mittleren langjährigen kapillaren Wasseraufstiegsmengen aus dem GW: - Ermittlung der mittleren kapillaren Aufstiegshöhe zA: zA = zG – zW (4.26) mit zA - mittlere kapillare Aufstiegshöhe [dm] zG - mittlerer langjähriger Grundwasserflurabstand [dm] zW - mittlere jährliche effektive Wurzeltiefe [dm] s. Bild 4.11 - zA ist Grundlage für die Ermittlung der täglichen kapillaren Aufstiegsmengen - Werte täglicher kapillarer Aufstiegsmengen WK(d) in Abhängigkeit von zA und der Bodenart s. Tabelle 4.11 Werte in mm/d - WK-Werte aus Tabelle 4.11 gelten für alle Tage während der Wachstumszeit, an denen kein nennenswerter Niederschlag fällt (nur dann wirkt Kapillarität) in der BRD: bei landwirtschaftlichen Kulturen: dK = 45 d (Halmfrüchte) - 90 d (Dauergrünland) bei Wald: dK = 90 d

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64 Bild 4.11: Mittlere jährliche effektive Wurzel-tiefe (aus DYCK, PESCHKE, 1995) Tabelle 4.11: Mittlere tägliche kapillare Aufstiegsmengen aus dem Grundwasser Wd(d) für ausgewählte Bodenarten und verschiedene mittlere kapillare Aufstiegshöhen Tägliche kapillare Aufstiegsmengen WK(d) [mm/d] Mittlere kapillare Aufstiegshöhe zA [dm] Bodenart 2 3 4 5 6 7 8 9 10 12 14 17 20 Sande: gS (Grobsand) mS (Mittelsand) fS (Feinsand) lS (lehmiger Sand) uS (schluff. Sand) tS (toniger Sand) 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 1,5 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 0,5 3,0 5,0 5,0 5,0 5,0 0,2 1,2 3,0 5,0 5,0 5,0 0,1 0,5 1,5 3,5 5,0 2,0 - 0,2 0,7 2,0 5,0 1,0 - 0,1 0,3 1,5 3,0 0,7 - - 0,2 0,8 2,0 0,4 - - 0,1 0,3 1,0 0,2 - - - 0,1 0,5 0,1 - - - 0,1 0,2 - - - - - - - Schluffe: U (Schluff) sU (sandiger Schluff) tU (toniger Schluff) 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 4,5 5,0 5,0 3,0 3,5 3,5 2,5 2,0 2,0 1,5 1,0 1,0 0,7 0,5 0,5 0,3 0,2 0,2 0,1 Lehme: sL (sandiger Lehm) uL (schluffiger L.) tL (toniger Lehm) 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 2,5 3,5 5,0 1,2 2,0 4,5 0,7 1,3 2,5 0,5 0,8 2,5 0,3 0,5 2,0 0,2 0,3 1,5 0,2 0,2 0,8 0,1 0,1 0,4 0,1 - 0,2 - - 0,1 - Tone: generell (lT, T, uT) 4,0 2,0 1,1 0,7 0,5 0,4 0,4 0,3 0,2 0,2 0,1 0,1 0,1 - Berechnung der mittleren jährlichen kapillaren Wasseraufstiegsmengen WK aus dem Grundwasser: WK = WK (d) * dK (4.27) mit WK - mittlere jährliche kapillare Wasseraufstiegsmenge [mm/a] WK(d) - tägliche kapillare Aufstiegsmenge [mm/d] dK - Dauer des Kapillaraufstieges (Tage während der Wachstumszeit, an denen kein nennenswerter Niederschlag fällt, s.o.) [d]

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65 (8) Berücksichtigung der mittleren jährlichen kapillaren Wasseraufstiegsmengen (so vorhanden) Addition zur mittleren langjährigen Niederschlagsmenge (ggf. korrigiert und unter Berück-sichtigung von Beregnungsmengen) (9) Bestimmung des Effektivitätsparameters n: - für Hydrotope mit forstlicher, landwirtschaftlicher, gärtnerischer Nutzung bzw. vegetations-losen Boden ohne Grundwassereinfluss (ohne kapillare Wasseraufstiegsmengen) in Ab-hängigkeit von der Bodenart mittels Bild 4.12 Bild 4.12: Nutzungsparameter n in Abhängigkeit von der Landnutzung und der Boden-art (aus DYCK, PESCHKE, 1995) - im Falle forstlicher Nutzung kann bei Kenntnis des Baumalters eine detailliertere Bestimmung von n vorgenommen werden ( s. Bild 4.13) Bild 4.13: Nutzungsparameter n für forstliche Nutzung in Abhängigkeit von Bodenart und Baum-alter BA (in Jahren), aus DYCK, PESCHKE (1995)

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66 - für Hydrotope mit forstlicher, landwirtschaftlicher, gärtnerischer Nutzung bzw. vegetations-losen Boden mit Grundwassereinfluss (mit Kapillarwassermengen): Ermittlung ebenfalls mittels Bild 4.12 (ggf. Bild 4.13) Erhöhung von n (wegen GW-Einfluss höhere Effektivität der Verdunstung): um 20 % für WK(d) < 1,5 mm/d (vgl. Tabelle 4.11) um 50 % für WK(d) ≥ 1,5 mm/d - für bebaute (versiegelte) Flächen: n = 0,1 (unabhängig von Grundwassereinfluss und Bodenart geringe Effektivität der Verdunstung, nur unmittelbar nach Niederschlag Verdunstung möglich) (10) Ermittlung des X-Wertes der BAGROV-Beziehung (für Bild 4.10): X = (Pkorr + WK + WB ) / ETP (4.28) mit Pkorr - langjähriger mittlerer (korrigierter) Jahresniederschlag [mm/a] WK - mittlere jährliche kapillare Wasseraufstiegsmenge [mm/a] WB - langjährige mittlere Beregnungsmengen [mm/a] ETP - langjähriger mittlerer Wert der potenziellen Verdunstung [mm/a] (11) Ermittlung des Y-Wertes der BAGROV-Beziehung mittels Bild 4.10 (12) Ermittlung des langjährigen mittleren Wertes der realen Verdunstung: ETR = Y * ETP (4.29) mit ETR - langjährige mittlere reale Jahresverdunstung [mm/a] Y - Y-Wert (Y = ETR / ETP aus Bild 4.10) ETP - langjähriger mittlerer Wert der potenziellen Verdunstung [mm/a] (13) Ermittlung der mittleren realen Gebietsverdunstung: - Abarbeitung der Arbeitsschritte (1) bis (12) für jede Teilfläche (Hydrotop) - Wichtung der ETR-Werte jedes Hydrotops entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil und Berechnung der mittleren realen Gebietsverdunstung ETRm : n ETRm = 3 ai * ETRi (4.30) i=1 mit ai = Ai / A (4.31) mit ETRm - mittlere reale Gebietsverdunstung [mm/a] ETRi - langjährige mittlere reale Jahresverdunstung des Hydrotops i [mm/a] ai - Wichtung des Hydrotops i Ai - Fläche des Hydrotops i A - Gesamtfläche des untersuchten Gebietes [gleiche Maßeinheit wie Ai ] - Anwendung des BAGROV-Verfahrens s. Übung 9 (Teilaufgabe b)

* überschlägliche Ermittlung mittlerer Monatswerte der realen Verdunstung: - für überschlägige Betrachtungen: Aufteilung des langjährigen Mittels der realen Verdunstung auf Monatswerte s. Tabelle 4.12

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67 Tabelle 4.12: Mittlere prozentuale Aufteilung der Mittelwerte der realen Verdunstung auf Monate (abgeleitet aus Lysimeterbeobachtungen, gültig für Tieflandgebiete Deutschlands) Vegetation Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez flurfernes Grundwasser, unberegnet: Getreide Hackfrucht Fruchtfolge (2/3 Getreide, 1/3 Hackfr.) Gras, Dauergrünland unbewachsener Boden (Sand) Wald 2 2 2 2 1 2 3 3 3 3 2 4 6 6 7 5 9 5 11 8 11 9 10 9 21 11 18 14 16 13 21 16 17 17 17 16 12 21 14 15 13 15 8 15 10 14 11 14 6 9 8 9 10 10 5 4 5 7 7 7 3 3 3 3 3 3 2 2 2 2 1 2 flurfernes Grundwasser, beregnet: Acker (lehmiger Sand) 2 3 5 9 17 20 17 11 7 4 3 2 flurnahes Grundwasser: Acker, Wald 2 3 4 8 15 16 17 16 10 4 3 2 * Berechnung aktueller Werte der realen Verdunstung (Tageswerte, aktuelle Monatswerte): - Anwendung von Bodenwasserhaushaltsmodellen ( s. Bild 4.14 sowie Skript Hydrologie 2) Methodik: Berechnung der Anteile Evaporation und Transpiration, Wichtung nach Pflanzenbedeckungsgrad Berechnungsgleichung (Entzugsmodell nach KOITZSCH): ETR = ETP [a * rT (Θ) * fT (z) + (1 - a) * rE (Θ) * fE (z)] (4.32) mit ETR - reale Evapotranspiration [mm], Anteile: ER (reale Evaporation) und TR (reale Transpiration) ETP - potenzielle Evapotranspiration [mm], Anteile: EP (pot. Evaporation), TP (pot. Transpiration) a - Vegetationsbedeckungsgrad [ ] rT(Θ) - Bodenfeuchte-Reduktionsfunktion der Transpiration (rE(Θ) analog für die Evaporation) fT(z) - tiefenabhängige Entzugs-Dichte-Funktion der Transpiration (fE(z) analog für die Evaporation) Bodenfeuchte-Reduktionsfunktion r(Θ) Evaporation Transpiration Tiefenabhängige Entzugs-Dichte-Funktion f(z) Evaporation Transpiration

Θmin – min. Wassergehalt ΘWP - Welkepunkt Θd – krit. Wassergehalt (≈ 0,5 ... 0,8 ΘFC ) ΘFC - Feldkapazität ΘS - Sättigung Bild 4.14: Beispiel der Verdunstungsmodellierung in einem Bodenwasserhaushaltsmodell (aus DUNGER, 1985)

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68 4.7. Interzeptionsverdunstung Interzeption = Vorgang, bei dem Niederschlag an Pflanzenoberflächen aufgefangen und vorübergehend gespeichert wird zeitverzögertes Abfließen des gespeicherten Wassers am Stamm Abtropfen des Niederschlages (von der Vegetation) Verdunsten eines Teils des durch Interzeption gespeicherten Wassers - Interzeption ist Verlustgröße für den Bodenwasserhaushalt, für die Abflussbildung und Grundwasser-neubildung Verluste durch Interzeptionsverdunstung im Jahresmittel für Nadelbäume ca. 30 – 40 % des Niederschlages, für Laubbäume im Sommer ca. 15 – 25 %, im Winter ca. 10 – 15 %) - Interzeption für wasserhaushaltliche Untersuchungen nicht vernachlässigbar - Zusammenwirken der Teilprozesse der Interzeption s. Bild 4.15

P - Freilandniederschlag (über dem Pflanzenbestand) Pd - direkt durchfallender Niederschlag (kein Kontakt mit der Vegetation) Pt - von der Vegetationsoberfläche abtropfender Niederschlag Pst - Stammabfluss Ig - Interzeptionsgewinn (durch abgesetzten bzw. abgefangenen Niederschlag) Iv - Interzeptionsverlust (Niederschlag, der nicht den Boden erreicht) Ir - Interzeptionsspeicherhöhe (oft auch mit S bezeichnet) Bild 4.15: Zusammenwirken der Teilprozesse der Interzeption (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990)

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69 * Haupteinflussgrößen auf die Interzeption: - meteorologische Faktoren: Niederschlag (Dauer, Höhe, Intensität, zeitliche Verteilung, Art) Windgeschwindigkeit potenzielle Verdunstung - Vegetationsfaktoren: Vegetationsart (Wald, landwirtschaftliche Kulturen) Vegetationsbedeckungsgrad Vegetationsalter jahreszeitliche Entwicklung

* messtechnische Erfassung der Interzeption: - vergleichende Niederschlagsmessungen über- und unterhalb des Vegetationsdaches (für Wald relativ unkompliziert, für landwirtschaftliche Kulturen kompliziert) * Methodik der Interzeptionsermittlung: - Ermittlung des maximalen (potenziellen) Interzeptionsspeichervermögens Smax - Ermittlung des realen Interzeptionsspeichervermögens S - Berechnung der Interzeptionsverdunstung - Ermittlung des Niederschlages, der die Bodenoberfläche erreicht * Ermittlung des maximalen Interzeptionsspeichervermögens: ► für Wald: - Verwendung des maximalen Speichervermögens Smax (Werte für verschiedene Waldarten, er- mittelt aus Messungen s. Tabelle 4.13) Tabelle 4.13: Werte des maximalen Speichervermögens Smax für verschiedene Waldtypen Waldtyp Smax [mm] Nadelwald Laubwald bei zusätzlicher Kraut- und Strauchschicht unterhalb des Baumbestandes Kahlschlag 6 5 + 2 2 ► für landwirtschaftliche Kulturen: - Verwendung des maximalen Blattflächenindex BFImax - Blattflächenindex: Verhältnis von Blattfläche zu Bodenoberfläche Maß für die Üppigkeit der Vegetation (u.a. in der Landwirtschaft gebräuchlicher Parameter) - Blattflächenindizes BFImax für verschiedene landwirtschaftliche Kulturen s. Tabelle 4.14

* Ermittlung des realen Interzeptionsspeichervermögens:

►reales Interzeptionsspeichervermögen für Nadelwald: - Überlagerung von Nadelwuchs- und Nadelabwurf - reales Interzeptionsspeichervermögen S vorrangig abhängig von: Baumart Lebensalter anthropogenen Schädigungen bzw. extremen klimatischen Einflüssen - mittlerer jahreszeitlicher Verlauf von S für Nadelbäume s. Bild 4.16

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70 Tabelle 4.14: Blattflächenindizes BFImax für verschiedene landwirtschaftliche Kulturen Pflanzenart BFImax [ ] Quelle Zuckerrüben 3,5 – 3,8 6,0 HOYNINGEN-HUENE (1983) BOUMAN ET AL. (1992) Futterrüben 4,9 – 5,1 HOYNINGEN-HUENE (1983) Hafer 2,5 HOYNINGEN-HUENE (1983) Kartoffeln 5,2 HOYNINGEN-HUENE (1983) Wintergerste 10,0 BOUMAN ET AL. (1992) Winterroggen, Winterweizen 7,0 BOUMAN ET AL. (1992) Raps 6,0 GEISLER (1983) Silomais Mais: 4 Pflanzen/m2 12 Pflanzen/m2 32 Pflanzen/m2 10,0 1,2 3,5 8,0 – 10,0 GEISLER (1983) HOYNINGEN-HUENE (1983) HOYNINGEN-HUENE (1983) HOYNINGEN-HUENE (1983) Gras: spärlich üppig 1,0 5,0 SCHROEDER, BERGER (2004) SCHROEDER, BERGER (2004) Sträucher 4,0 – 8,0 SCHROEDER, BERGER (2004)

Bild 4.16: Jahreszeitlicher Gang der realen Interzeptionsspei-cherkapazität für Nadel-wald (aus DUNGER, 2006) - Entwicklungsstadien: Stadium I: Überlagerung von Nadelabwurf und Maiwuchs (Mai/Juni) Stadium II: Gleichgewicht zwischen Nadelwachstum und Nadelabwurf (Juli/August) Stadium III: ausschließlich Nadelabwurf (September-April) ►reales Interzeptionsspeichervermögen für Laubwald: - Methodik ähnlich wie bei Nadelwald - mittlerer jahreszeitlicher Verlauf von S für Laubwald s. Bild 4.17 - Entwicklungsstadien: Stadium I: Mobilisierungsphase Stadium II: Wachstumsphase Stadium III: Depositionsphase (Laubabwurf) Stadium IV: Ruhephase

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71 - Laubwaldtypen hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung der Entwicklungsstadien: Frühentwickler (z.B. Birke, Linde, Weide, Kastanie) bzw. Spätentwickler (z.B. Buche, Eiche) Bild 4.17: Jahreszeitlicher Gang der realen Interzeptionsspeicher-kapazität für Laubwald (aus DUNGER, 2006) - Berücksichtigung des Alters des Baumbestandes (Einteilung in 4 Wuchsklassen): Jungwuchs (bis zum Beginn des Kronenschlusses): S = 0,315 Smax Dickung (< 5 cm mittlerer Brusthöhendurchmesser): S = 0,6 Smax Stangenholz (< 20 cm Brusthöhendurchmesser): S = 0,8 Smax Altholz ( 20 cm Brusthöhendurchmesser): S = Smax - Berücksichtigung anthropogener und extremer klimatischer Einflüsse: keine Beeinflussung: S = Smax geringe Beeinflussung: S = 0,9 Smax spürbare Beeinflussung: S = 0,7 Smax starke Beeinflussung: S = 0,4 Smax ► reales Interzeptionsspeichervermögen für landwirtschaftliche Kulturen: - mittlerer jahreszeitlicher Verlauf des Blattflächenindex BFI ausgewählter Kulturen s. Bild 4.18

* Berechnung der Interzeptionsverdunstung: ►Verwendung empirischer Gleichungen auf der Grundlage von Experimenten - für Wald: EI = S (1 - e-P/S) + 0,05 * P (4.33) mit EI - reale Interzeptionsverdunstung [mm] S - realer Interzeptionsspeicher [mm] P - Niederschlagsmenge [mm] - für landwirtschaftliche Kulturen (Randbedingungen: EIMIN = 0 für BFI = 0, EIMAX = P): EI = - 0,42 + 0,245 P + 0,2 BFI - 0,0111 P 2 + 0,0271 P BFI - 0,0109 BFI 2 für P < PGRENZ (4.34) EI = 0,935 + 0,498 BFI – 0,00575 BFI 2 für P > PGRENZ (4.35) wobei Grenzniederschlag PGRENZ = 11,05 + 1,223 BFI (4.36) mit BFI - Blattflächenindex [ ], alle anderen Größen s. Gleichung 4.33

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72 Bild 4.18: Jahreszeitlicher Gang der Blatt-flächenindizes für verschiedene Kulturpflanzen (nach HOYNINGEN-HUENE, 1983) * Ermittlung des Niederschlages, der die Bodenoberfläche erreicht: - Anwendung der einfachen Bilanzgleichung: PB = P – EI (4.37) mit PB - Bestandsniederschlag (Niederschlag, der die Bodenoberfläche erreicht) [mm] P - Freilandniederschlag [mm] EI - Interzeptionsverdunstung [mm] * Bedeutung der Interzeption für den Stoffhaushalt: - Aufnahme/Verlagerung von Luftschadstoffen infolge Interzeption besonders für Waldflächen wesentlich höher als für Freiflächen (Auskämmen/Abfangen von Niederschlag) - gilt insbesondere für die mit Säureeintrag verbundenen Anionen Cl, NO3 und SO4 (quantitative Untersuchungen s. Bild 4.19: hoher Anteil abgesetzter/abgefangener Niederschläge 1982)

Bild 4.19: Jahresdeposition von SO4 in kg/ha im Frei-landniederschlag, von Buchen- und Fichten-beständen im Reinhardswald (Hessen) für 1982 und 1983 (aus BRECHTEL u.a., 1986) Anwendung von Methoden zur Interzeptionsspeicher- und -verdunstungsberechnung s.

Übung 10

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73 5. Abfluss und Durchfluss 5.1. Definitionen, Abflusskomponenten * Abfluss: - Wasservolumen, das pro Zeiteinheit ein Einzugsgebiet ober- und unterirdisch durch den Ausfluss-querschnitt verlässt ( s. Bild 5.1) - Maßeinheiten: mm/a, mm/d, l/(s * km2) * Durchfluss: - Wasservolumen, das pro Zeiteinheit einen definierten oberirdischen Fließquerschnitt (Durchfluss-querschnitt, Pegel), z.B. Flussquerschnitt durchfließt ( s. ebenfalls Bild 5.1) - Maßeinheiten: m3/s, l/s Bild 5.1: Abfluss und Durchfluss an einem Fließ-querschnitt (aus DYCK, PESCHKE, 1995) * Abflusskomponenten ( s. Bild 5.2): ►Direktabfluss: - Oberflächenabfluss (Landoberflächenabfluss) RO: Bildung an der Bodenoberfläche - hypodermischer Abfluss (bodeninnerer, lateraler Abfluss, Zwischenabfluss) RH: Bildung in der Aerationszone (wasserungesättigten Bodenzone) an wasserstauenden Schichten ►Basisabfluss: - Grundwasserabfluss RG: Bildung in der gesättigten Grundwasserzone Bild 5.2: Zusammensetzung einer Abflus-sganglinie aus den Komponen-ten Oberflächenabfluss RO, hy-podermischer Abfluss RH und Grundwasserabfluss RG (nach BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990)

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74 * Teilvorgänge des Abflussprozesses: - Abflussbildung in den Einzugsgebieten (vorrangig an die Prozesse der Infiltration und Versickerung gebunden, vgl. Abschnitt 5.6.3) - Abflusskonzentration im Gewässernetz der Abflussbildungsgebiete (vgl. Abschnitt 5.7) - Abflussverlauf in den Wasserläufen (vgl. Abschnitt 5.7) * Methoden zur Durchflussbestimmung: - Messmethoden (s. Abschnitt 5.2) - über die Umrechnung von gemessenen Wasserständen (s. Abschnitt 5.4) - für überschlägige Abschätzungen: Berechnung (s. Abschnitte 5.3 und 5.7) 5.2. Messung des Durchflusses 5.2.1. Überblick über häufig angewendete Verfahren * Überblick: s. Tabelle 5.1 Tabelle 5.1: Überblick über gebräuchliche Messverfahren zur Durchflussbestimmung Messverfahren Anwendungen Gefäßmessung für sehr kleine Durchflüsse (einige wenige l/s) Messwehr für kleine und mittlere Durchflüsse (max. 3 m3 /s) Venturikanal analog Messwehr, Einsatz auch bei stark verschmutztem Wasser (Hydrometrischer) Messflügel großer Messbereich (einige l/s ... einige 100 m3 /s) Einsatz bei geringen Turbulenzen und geringer Verkrautung Schwimmermessung nur für Abschätzung der Fließgeschwindigkeit Tracermessung (Verdünnungs-messung) für kleine und mittlere Durchflüsse (l/s ... wenige m3 /s) Einsatz auch bei starken Turbulenzen (Gebirge) und im Falle starker Verkrautung möglich Ultraschallmessung analog Messflügel Elektromagnetische Messung Messbereich analog Messflügel Einsatz auch bei starken Turbulenzen und starker Verkrautung * Kurzbeschreibung der am meisten angewendeten Verfahren (außer Messwehr-, Flügel- und Tracermessung – diese werden ausführlicher dargestellt): ►Gefäßmessung : - direkte Messmethode bei kleineren Wassermengen (< 5 l/s) - Registrierung der Wassermenge pro Zeiteinheit mittels skaliertem Messeimer und Stoppuhr - Anwendung: bei Quellschüttungs- und Drainageauslaufmessungen im Falle der Durchflussmessung von kleinen Rinnsalen während des Pumpversuches (vgl. Vorlesung Hydrogeologie I) bei geringer Förderleistung

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75 ►Venturikanal: - Einschnitt im Gewässer, bestehend aus 3 Teilbereichen ( s. auch Bild 5.3): Einlauf- bzw. Beruhigungsteil Diffusor (Einschnürungsteil) Nachlaufstrecke Bild 5.3: Messprinzip des Venturikanals (aus DYCK, PESCHKE, 1995) - lediglich Messung des Wasserspiegels ho notwendig - Berechnungsformel: Q = (2/3) 3/2 * C * Cv * (g * b * ho3/2)0,5 (5.1) mit Q - Durchfluss [m3 /s] C - Reibungsbeiwert (0.95 < C < 1.00) Cv - Geschwindigkeitsbeiwert (1.00 < Cv < 1.30) g - Gravitationskonstante [m/s2 ] (g = 9.81 m/s2 ) b - Breite an der schmalsten Stelle im Diffusor [m] ho - Oberwassertiefe [m] - Erhöhung der Fließgeschwindigkeit im Bereich des Venturikanals keine Gefahr des Absetzens von mitgeführten Partikeln (kein Verlanden) Einsatz vor allem bei Abwasser - verwendete Materialien: meist Beton, manchmal glasfaserverstärkte Kunststoffrinnen - Messbereich: 10 l/s ... 3 m3/s (max. 5 m3/s) ►Schwimmermessung: - Messung der Fließgeschwindigkeit in der Strommitte des Gewässers mittels Schwimmer Messung der maximalen Fließgeschwindigkeit - Berechnung der Fließgeschwindigkeit nach dem Weg-Zeit-Gesetz: vo = s / t (5.2) mit vo - Geschwindigkeit an der Oberfläche in der Mitte des Gewässers [m/s] s - Fließweg [m] t - Fließzeit [s] - Problem: maximale Fließgeschwindigkeit vo ≠ mittlere Fließgeschwindigkeit v ( vgl. auch Bild 5.4)

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76 - Schwimmermessungen liefern nur groben Anhaltswerte (Fehler z.T. > 15 %) - Umrechnung von vo auf v mittels Koeffizienten möglich ( s. Tabelle 5.2) Bild 5.4: Fließgeschwindigkeit und Fließquerschnitt (nach DYCK, PESCHKE, 1995) Tabelle 5.2: Koeffizienten für die Umrechnung von vo auf v Mittlere Gewässertiefe [cm] Koeffizient 30 60 90 120 150 180 270 370 460 ≥ 610 0,66 0,68 0,70 0,72 0,74 0,76 0,77 0,78 0,79 0,80 - Berechnung des Durchflusses aus mittlerer Fließgeschwindigkeit und Fließquerschnitt: Q = v * A (5.3) mit Q - Durchfluss [m3 /s] v - mittlere Fließgeschwindigkeit [m/s] A - Durchflussfläche [m2 ] ►Ultraschallmessung: - Schallwellen breiten sich mit der Strömung schneller aus als gegen die Strömung - Messprinzip s. Bild 5.5 (Anordnung mehrerer Messstrecken übereinander mittlere Fließ-geschwindigkeit) - Berechnung des Durchflusses analog Gleichung 5.3 Bild 5.5: Anordnung des Gerätesystems bei der Ultraschallmessung (aus DYCK, PESCHKE, 1995)

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77 5.2.2. Durchflussmessung mittels Messwehr ► Methodik: - Einbau eines Messwehres (Messblende) in das Fließprofil des Vorfluters ( s. Bild 5.6) - Aufstau des Wassers oberhalb des Messwehrs ► Materialien: - abhängig von Belastung (Größe, Fließgeschwindigkeit) - Kunststoffe - verzinktes Stahlblech ► Beachte: - Abdichtung des Messwehres zum Untergrund (Verhinderung der Um- und Unterströmung) - scharfkantige Wehrkante (Abrisskante) - Belüftung (vgl. Bild 5.6) vollständiger Überfall, keine Beeinflussung des Wasserstandes im Oberwasser durch das Unterwasser (kein Rückstau, vgl. Bild 5.6) Bild 5.6: Prinzip des Messwehrs (nach SCHRÖDER u. a., 1994) ► Abhängigkeit der Überlaufmenge (Durchflussmenge Q): - von der Wehrform ( s. Bild 5.7): Dreieckswehr (THOMSON-Wehr): bis ca. 100 l/s anwendbar Rechteckwehr (PONCELET-Wehr): bis ca. 1 m3 /s (max. 3 m3 /s) anwendbar - von der Überfallhöhe h (vgl. Bilder 5.6 und 5.7) - vom Überfallbeiwert μ (materialabhängig s. Eichwerte der Hersteller) Bild 5.7: Dreieckswehr (links) und Rechteckwehr (rechts), nach DYCK, PESCHKE (1995) ► Berechnungsgleichungen für den Durchfluss Q: Dreieckswehr: Q = 8/15 μ (2 g)0,5 * tan (α/2) * h5/2 (5.4) mit Q - Durchfluss [m3/s] μ - Überfallbeiwert [ ] (Herstellerangabe: μ = 0,578 für α = 90 o) α - Ausschnittwinkel [ o ] h - Überfallhöhe [m], Messung im Abstand L ≥ 4 h vor dem Wehr g - Gravitationskonstante [m/s2 ] (g = 9,81 m/s2)

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78 Rechteckwehr: Q = 2/3 μ (2 g)0,5 * b * h3/2 (5.5) mit μ - Überfallbeiwert [ ] (Eichangaben des Herstellers, meist gilt für μ: 0,61≤ μ ≤ 0,65, μ-Berechnung s. auch Gleichung 5.6) b - Wehrbreite [m] (alle anderen Größen s. Gleichung 5.4) 1 h μ = 0,615 [ 1 + ─────── ] [ 1 + 0,5 ( ──── ) ] (5.6) 1000 h + 1,6 h + w mit μ - Überfallbeiwert [ ] h - Überfallhöhe [m], Gültigkeit für 0,025 m ≤ h ≤ 0,80 m und h/w ≤ 1 w - Höhe des Wehreinschnitts über Gewässersohle [m] (s. Bild 5.7), Gültigkeit für w ≥ 0,3 m - Auswertung einer Wehrmessung (Dreieckswehr) s. Übung 11 (Teilaufgabe a) 5.2.3. Durchflussermittlung mittels hydrometrischem Messflügel * Messprinzip: - Unterteilung des Fließquerschnitts in mehrere vertikale Lamellen ( vgl. Bilder 5.4 und 5.8) - Ermittlung von Durchflussfläche und Fließgeschwindigkeit einer jeden Lamelle ( s. Bild 5.9) - Messung der Lamellenfließgeschwindigkeit in definierten Tiefen mittels Messflügel ( s. Bild 5.10) - genaueste und meistangewendete Methode bei größeren Durchflüssen (Q > 100 l/s)

b - Breite des Fließquerschnittes bi - Lamellenbreite tl - Tiefe am linken Lamellenrand t - Tiefe in der Lamellenmitte tr - Tiefe am rechten Lamellenrand Bild 5.8: Unterteilung des Fließquerschnitts in vertikale Lamellen

Bild 5.9: Algorithmus der Durch-flussermittlung in Fließ-gerinnen mittels Mess-flügel

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79 Bild 5.10: Messflügel (Bildquelle: Firma Ott) * Ermittlung der punktuellen Fließgeschwindigkeit: - Fließgeschwindigkeit v am Messpunkt = f (Umdrehungsanzahl n der Flügelschraube des Messflügels) - Umrechnung der Umdrehungsanzahl in Fließgeschwindigkeit mittels Flügelgleichung: v = vo + b * n (5.7) mit v - Fließgeschwindigkeit [m/s] vo - Anlaufgeschwindigkeit [m/s] b - Flügelkonstante (Eichangabe des Herstellers) n - Impulsrate (Umdrehungsgeschwindigkeit) [meist Umdrehungen/min] - Ermittlung von Anlaufgeschwindigkeit und Flügelkonstante durch Eichung (jeder Messflügel wird vor Verkauf im speziellen Eichkanälen getestet und geeicht), Beispiel s. Bild 5.11 Bild 5.11: Beispiel für eine Eichkurve eines Messflügels * Ermittlung der mittleren Fließgeschwindigkeit vm der Lamelle i (vm,i ) : - Fließgeschwindigkeit = f (Tiefe) hohe Fließgeschwindigkeiten: nahe der Gewässeroberfläche geringe Fließgeschwindigkeiten: nahe dem Gewässergrund Messung der Fließgeschwindigkeit in verschiedenen Tiefen in der Mitte einer jeden Lamelle notwendig - Anzahl der Messpunkte abhängig von Gewässertiefe: ein bzw. einige wenige vertikale Messpunkte bei geringer Gewässertiefe, viele Messpunkte bei großer Gewässertiefe

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80 - Berechnungsgleichungen: Einpunktmessung: vm,i = v0,4 t (5.8) Zweipunktmessung: vm,i = 1/2 (v0,2 t + v0,8 t ) (5.9) Dreipunktmessung: vm,i = 1/3 (v0,2 t + v0,5 t + v0,8 t ) (5.10) Sechspunktmessung: vm,i = 1/10 (vo + 2 v0,2 t + 2 v0,4 t + 2 v0,6 t + 2 v0,8 t + vs ) (5.11) mit vm,i - mittlere Lamellenfließgeschwindigkeit [m/s] vo - Fließgeschwindigkeit kurz unterhalb der Gewässeroberfläche [m/s] vs - Fließgeschwindigkeit kurz oberhalb der Gewässersohle [m/s] v0,2 t - Fließgeschwindigkeit [m/s] in 20 % der Gewässertiefe über der Sohle (v0,4 t ... v0,8 t analog) * Ermittlung der Lamellendurchflussfläche Ai : Ai = tm,i * bi (5.12) mit Ai - Lamellendurchflussfläche [m2 ] tm,i - mittlere Lamellentiefe [m] bi - Lamellenbreite [m] wobei: tl + 2 t + tr tm,i = ────── (5.13) 4 mit tm,i - mittlere Lamellentiefe [m] tl - Gewässertiefe am linken Lamellenrand [m] tr - Gewässertiefe am rechten Lamellenrand [m] t - Gewässertiefe in der Lamellenmitte [m] - Lamellenbreite: meistens: als konstant über die gesamte Gewässerbreite festgelegt selten: Variation (größere Lamellenbreite in Ufernähe wegen geringer Fließgeschwindigkeit und kleinere Lamellenbreite in der Strommitte wegen großer Fließgeschwindigkeit) - Lamellenanzahl: 15 - 20 bei Flüssen 5 - 10 bei Bächen und Kanälen 3 - 5 bei kleinen Gräben, kleinen Bächen oder kleinen Kanälen * Berechnung des Lamellendurchflusses Qi : Qi = vm,i * Ai = vm,i * tm,i * bi (5.14) (Symbole analog Gleichungen 5.8 bis 5.12) * Berechnung des Gesamtdurchflusses Q: n Q = 3 Qi (5.15) i=1 mit Q - Gesamtdurchfluss des Fließgewässers [m3 /s] Qi - Lamellendurchfluss der i-ten Lamelle [m3 /s] n - Lamellenanzahl [ ] - Auswertung von Messflügelmessungen s. Übungen Hydrogeologie I

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81 5.2.4. Tracermessung (Verdünnungsmethode) * Methodik des Tracereinsatzes in Fließgewässern: - Prinzip der Tracermethode (Verdünnungsmethode) s. Bild 5.12 - Eingabe einer Lösung meist stabiler (vereinzelt radioaktiver) Substanzen - Verdünnung der injizierten Lösung infolge des Durchflusses im Fließgewässer - Registrierung der Tracerkonzentration in einiger Entfernung vom Injektionspunkt - Messung von Tracerkonzentration und -menge an der Injektions- und Registrierungsstelle - Berechnung von Fließgeschwindigkeit und Durchflussmenge

Fließrichtung Bild 5.12: Anwendungsprinzip der Tracermethode in Fließ-gewässern (nach MAIDMENT, 1992) * Anwendungsfälle, Vor- und Nachteile der Tracermethode: - Anwendung in solchen Fällen, in denen andere Durchflussmessmethoden (Messwehr, Messflügel, Gefäßmessung) versagen: in sehr kleinen Bächen mit geringer Wassertiefe (und ggf. geringem Fließgefälle) bei sehr großen Fließgeschwindigkeiten (Gebirge, Hochwasserperioden) in Bergbächen mit stark turbulentem Fließverhalten (hohes Gefälle, Steinblöcke) in Vorflutern mit hohem Sedimenttransport bzw. starker Uferverkrautung - Vorteile der Tracermethode: einfach in der Anwendung, Berechnung und Interpretation benötigt weniger Zeit als die meisten anderen Methoden (einige Minuten ... 1 Stunde) schnelle Änderungen des Abflusses (z.B. während eines Hochwasserereignisses) erfassbar - Nachteile der Tracermethode: viele Fehlermöglichkeiten (z.B. keine vollständige Durchmischung des Tracers im Bach- bzw. Flusswasser, Tracerverluste durch Adsorption, Untergrundinfiltration bzw. Verdunstung) große Tracermengen bei hohen Durchflussmengen notwendig teuer ökologische Risiken Behördengenehmigungen notwendig * Anforderungen an Tracermaterialien: - hohe Löslichkeit im Bach- bzw. Flusswasser auch bei geringen Temperaturen - kaum natürliches Vorkommen des Tracers im Oberflächenwasser - keine Umwandlung im Oberflächenwasser, keine Traceraufnahme durch das Sediment, durch Pflanzen oder Tiere - einfache, preiswerte Tracermessbarkeit - keine Gefährdung von Mensch und Tier durch den Tracereinsatz (Injektionskonzentration)

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82 * gebräuchliche Tracersubstanzen: - hauptsächlich (für Oberflächenwasser) verwendet: Salze (Natriumchlorid, Kaliumchlorid, Lithiumsalze) Fluoreszenztracer - weitere Tracersubstanzen: radioaktive (z.B. 134J, 82Br, 198Au, 24Na) und stabile Isotope (z.B. 15N, 2H, 18O) Detergenzien ("Weich- und Weißmacher") biologische Tracermaterialien (Bakterien, Sporen und Pollen) * Kurzcharakteristik der hauptsächlich verwendeten Tracersubstanzen: ► Salztracer: - Anwendung aus ökologischer Sicht unbedenklich, wenn folgende Maximalkonzentrationen in Oberflächengewässern nicht überschritten werden: 10 g/l für Natriumchlorid 5 g/l für Kaliumchlorid - relativ hohe Wasserlöslichkeiten: NaCl: 359 g/l bei 20 °C KCl: 342 g/l bei 20 °C - Tracermessung mittels Messung der Chloridkonzentration bzw. durch Messung der elektrischen Leitfähigkeit ► Fluoreszenztracer (Uranin, Fluoreszin): - Vorteile: hohes Färbevermögen, hohe Messempfindlichkeit, billig - Nachteile: pH-Wertabhängigkeit der Fluoreszenz, labiles Adsorptions- und Oxidationsverhalten ► radioaktive und stabile Isotope, Sporen, Bakterien, Pollen: - analog Grundwassereinsatz vgl. Vorlesungen Modul Hydrogeologie * Bestimmung von Fließgeschwindigkeit und Durchfluss mittels Tracermethode (Beispiel s. Übung 11, Teilaufgabe b): ► Bestimmung der mittleren Fließgeschwindigkeit: - Bestimmung der Abstandsgeschwindigkeit durch Messen von Entfernung zwischen Injektions- und Registrierungspunkt und Zeitmessung: va = Δs / Δt (5.16) mit va - Abstandsgeschwindigkeit [m/s] Δs - Entfernung Injektionspunkt - Registrierungspunkt [m] Δt - Zeit zwischen Tracerinjektion und Tracerankunft am Registrierungspunkt [s] wobei Δt = t 50% - to (5.17) mit to - Zeitpunkt der Tracereingabe am Injektionspunkt t50% - Zeitpunkt, zu dem 50 % der Tracermenge am Registrierungspunkt angekommen sind (s. Bild 5.13) - Tracereingabe in Form eines Momentimpulses (Stoßimpuls, s. Bild 5.13) oder als Eingabe mit konstanter Tracerkonzentration (Stufenfunktion, s. Bild 5.14)

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83 Bild 5.13: Tracereingabe in Form eines Momentanimpulses Bild 5.14: Tracereingabe mit konstanter Tracerkonzentration ► Durchflussermittlung: - Durchflussberechnung ist abhängig von der Form der Tracereingabe (s. Bilder 5.13 und 5.14) - für den Fall der Tracereingabe als Momentimpuls: V * (C 1 ) V * (C 1 ) Q = ───────── = ───────────── (5.18) tE tE

I C 2 (t) dt – C0 3 (C 2 (ti ) – C0 ) * Δt ts i=ts mit Q - Durchfluss [l/s] V - injiziertes Tracervolumen am Injektionspunkt [l] C1 - Tracerkonzentration am Injektionspunkt [mg/l] C2 - Tracerkonzentration am Registrierungspunkt [mg/l] C0 - Hintergrundtracerkonzentration im Fließgewässer [mg/l] tS - Beginn der Tracerankunft am Registrierungspunkt (s. Bild 5.13) [s] tE - Ende der Tracerankunft am Registrierungspunkt (s. Bild 5.13) [s] ti - Zeitintervall i [s] Δt - Zeitdifferenz zwischen 2 Tracerkonzentrationsmessungen am Registrierungspunkt [s] - für den Fall der Tracereingabe mit konstanter Tracerkonzentration: C1 – C2 Q = ──── * QC (5.19) C2 – C0 mit QC - konstante Tracerinjektionsrate am Injektionspunkt [l/s] (alle anderen Größen s. Gleichung 5.18)

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84 5.3. Berechnung von Fließgeschwindigkeit und Durchfluss mittels einfacher Fließformeln - für vereinfachende Betrachtungen bzw. im Rahmen der Planung von Entwässerungsgräben kann die Ermittlung der Fließgeschwindigkeit durch die Anwendung empirischer Fließformeln erfolgen - in der Praxis am meisten angewendet: Fließformel nach Manning und Strickler (Näherungslösung): v = kSt * (rhy ) 2/3 * (IE ) 1/2 (5.20) mit v - Fließgeschwindigkeit [m/s] kSt - Rauhigkeitsbeiwert nach Manning/Strickler [m1/3/s] (Werte s. Tabelle 5.3) rhy - hydraulischer Radius [m] (rhy = A/lu - Fließquerschnitt/benetzter Umfang s. Bild 5.15) IE - hydraulisches Gefälle [m/m] Bild 5.15: Darstellung zum Verständnis des hydraulischen Radius Tabelle 5.3: Rauhigkeitsbeiwerte nach Manning/Strickler Baustoff Art, Form, Zustand kSt [m1/3/s] Stahl Rohre, sehr glatt, neu Rohre, verkrustet und verrostet, alt 100 60 ... 78 Asphalt Werkkanäle aus Walzgussasphalt Kanäle aus Asphaltbeton 70 ... 75 72 ... 77 Asphaltzement Auskleidungen 100 Beton Zementglattstrich Beton mit Stahlschalung Beton, geglättet grobe Betonauskleidung, alter Beton 100 90 ... 100 90 50 ... 55 Mauerwerk Ziegelmauerwerk, gut gefugt Mauerwerk, normal 75 ... 80 60 ... 70 Naturstein Haussteinquader sorgfältiges Bruchsteinmauerwerk normales Bruchsteinmauerwerk grobes Bruchsteinmauerwerk 70 ... 80 70 60 50 Fels Felsausbrüche, sorgfältig bearbeitet mittelgrober Felsausbruch grober Felsausbruch roher Felsausbruch, mit Sohle aus Beton 60 25 ... 30 15 ... 20 40 ... 50 Erde festes, feines Material Fein- bis Mittelkies Grobkies grobes, scholliges Material mit groben Steinen ausgelegt Erdkanäle und Gräben, stark bewachsen natürliche Flussbetten mit fester Sohle natürliche Flussbetten mit mäßiger Geschiebeführung natürliche Flussbetten mit starker Geschiebeführung natürliche Flussbetten, Ufer verkrautet natürliche Flussbetten mit Geröll Wildbäche mit grobem Geröll im Ruhezustand Wildbäche mit grobem Geröll in Bewegung 50 40 ... 45 35 30 25 ... 30 20 ... 25 40 33 ... 35 28 30 ... 35 30 25 ... 28 19 ... 22

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85 5.4. Wasserstands-Durchfluss-Beziehung 5.4.1. Wasserstandsmessung * Wasserstand: - Höhe des Wasserspiegels eines Oberflächengewässers über einer festen Bezugshöhe (Pegelnull PN) s. Bild 5.16 - PN einnivelliert, PN muss nicht Niveau Gewässersohle entsprechen ( vgl. Bild 5.16) - PN darf sich während der Betriebszeit des Pegels bezüglich Höhe nicht verschieben Gefahr vorhanden während Hochwasser (Erosion, Unterspülung) und Eisstand stabiler Unterbau Bild 5.16: Wasserstand und Pegelnull (nach DYCK, PESCHKE, 1995) * nichtregistrierende Messgeräte: ►Lattenpegel ( s. Bild 5.17): - einfachste Form der Wasserstandsmessung (diskontinuierlich) - Montage vertikal bzw. entsprechend Uferneigung - Messgenauigkeit: 1 cm - Messung i.d.R. täglich einmal (7.00 Uhr MEZ), Ausnahme: z.B. Hochwasserereignisse - im Falle hoher Wasserstandsunterschiede (Niedrig-/Hochwasser): Verwendung von Staffel- pegeln ( s. Bild 5.18) Bild 5.17: Lattenpegel (DYCK, PESCHKE, 1995) Bild 5.18: Staffelpegel (nach SINGH, 1992) ►Hochwasserpegel (Maximumpegel): - Messung des Maximalwasserstandes während eines Hochwasserereignisses - Konstruktion s. Bild 5.19: skalierter Pegelstab aus Kork innerhalb eines Pegelrohres Aufwärtsbewegung des Korkstabes während eines Hochwasserereignisses Fixierung beim maximalen Wasserstand Ablesen nach dem Hochwasser

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86 Bild 5.19: Hochwasserpegel (Maximumpegel), nach SINGH (1992) * registrierende Pegel: ►mechanischer Schwimmerschreibpegel: - Konstruktionsprinzip s. Bild 5.20 - Bewegung eines Schwimmers bei Wasserspiegeländerungen kontinuierliche Aufzeichnung - analoge bzw. digitale Transformation der Schwimmerbewegungen (Datenübertragung möglich) - Positionierung des Schwimmers nicht direkt im Fließgewässer (Beschädigung/Blockieren infolge Hochwasser oder Eisgang möglich), sondern in einem Pegelhaus ( s. Bild 5.21) - zu jedem Schreibpegel gehört ein Lattenpegel (zu Kontroll- und Justierungszwecken) Bild 5.20: Schwimmerschreibpegel Bild 5.21: Schreibpegelstation mit Pegelhaus (aus DYCK, PESCHKE, 1995) ►Druckluftpegel: - Aufbau und Messprinzip s. Bild 5.22 - weder Schwimmerschacht noch Verbindungsrohr notwendig, dafür jedoch Druckluftflasche - zuverlässige Messung auch bei starker Feststoffführung - Gas(gegen)druck ist direktes Maß für den Wasserstand - Datenerfassung/-aufzeichnung in größerer Entfernung vom Messpunkt möglich - Nachteil: Messungenauigkeiten (Druckverlust) bei Undichtheiten

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87 1 - Druckflasche 2 - Druckminderer 3 - Regelarmatur 4 - Schauglas 5 - Druckmanometer 6 - Analog-Digital-Wandler 7 - Elektronikbaustein 8 - Fernübertragung 9 - Datenspeicher Bild 5.22: Aufbau eines Druckluftpegels (nach DYCK, PESCHKE, 1995) 5.4.2. Darstellung der Wasserstands-Durchfluss-Beziehung - für jeden Fließquerschnitt (Messpegel) gilt: W = f (Q) (5.21) mit W - Wasserstand [cm ü. PN - Pegelnull] Q - Durchfluss [m3 /s] - Beispiel für eine Wasserstands-Durchfluss-Beziehung s. Bild 5.23 Bild 5.23: Wasserstands-Durchfluss-Beziehung für den Pegel Bad Blankenburg (Schwarza), nach DYCK, PESCHKE (1995) - Grundlage: zeitgleiche Wasserstands- und Durchflussmessungen Durchflusstafel (s. Tabelle 5.4) Tabelle 5.4: Wasserstands- und Durchflussmessungen für den Pegel Bad Blankenburg (Schwarza) Nr. Messdatum W [cm] b [m] h [m] hmax [m] A [m2 ] v [m/s] Q [m3 /s] 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 23.11.1972 14.02.1973 11.09.1973 14.11.1973 16.07.1974 14.08.1974 28.10.1974 09.12.1974 30.12.1974 16.01.1975 118 67 57 78 83 71 133 172 183 91 14,1 12,0 10,0 12,0 14,0 12,0 20,0 20,0 20,0 14,0 0,62 0,21 0,13 0,30 0,30 0,24 0,57 1,00 1,16 0,36 1,21 0,32 0,26 0,48 0,52 0,40 0,88 1,44 1,62 0,50 8,81 2,52 1,30 3,63 4,26 2,82 11,42 20,10 23,20 5,11 1,54 0,67 0,47 0,98 0,92 0,71 1,45 1,93 2,05 1,03 13,6 1,68 0,62 3,59 4,32 2,20 16,6 38,8 47,7 5,26

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88 - analytisch lassen sich Wasserstands-Durchfluss-Beziehungen ( vgl. Bild 5.23) mittels Potenz- funktion beschreiben: Q = a (W - b)n (5.22) mit a, b und n - Formparameter - Gleichung 5.22 gilt meist nur für bestimmte W- bzw. Q-Bereiche Ursachen (Änderungen des Durchflussprofils in Abhängigkeit von der Höhe des Durchflusses vgl. auch Bild 5.24): - Niedrigwasserrinne - Ausuferung im Hochwasserbereich - Umflut und Überflutung bei Hochwasser Gültigkeitsbereiche für Gleichung 5.22 angeben!

Bild 5.24: Künstliches Fließprofil mit zwei Durchflussbereichen (aus DYCK U. A., 1975) - Gültigkeitsgrenzen durch Auftragen der W-Q-Beziehung im doppelt-logarithmischen Papier ermittel- bar ( vgl. Bild 5.25) Bild 5.25: Durchflusskurve für den Pegel Bad Blankenburg/Schwarza (in doppelt-logarithmischer Dar-stellung), nach DYCK, PESCHKE (1995) - Schlussfolgerungen: Flügelmessung nur einige Male im Jahr notwendig zur Überprüfung und ggf. Korrektur der W-Q-Beziehung (besonders im Hoch- und Niedrigwasserbereich) für tägliche Beobachtungen (Routinebeobachtungen) Messung des Wasserstandes ausreichend

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89 * Genauigkeit der Wasserstands-Durchfluss-Beziehung: - Fehler (Genauigkeit) stets angeben, Berechnung (mittlerer quadratischer Fehler): 1 n Qi - QWi mQ(W) = 100 * { ─── 3 [ ───── ] 2 } 0,5 (5.23) n - 1 i=1 Qi mit mQ(W) - mittlerer quadratischer Fehler [%] Qi - gemessener Durchfluss [l/s, m3 /s] ┐ bei gleichem QWi - aus der W-Q-Beziehung ermittelter Durchflusswert [l/s, m3 /s] ┘ Wasserstand - W-Q-Kurve korrigieren, falls Fehler nicht mehr im akzeptablen Bereich - akzeptabel (normale Fehlerbereiche, s. auch Bild 5.26): ca. 20 % im Niedrigwasserbereich (für Q ≤ 0,5 MQ, MQ = mittlerer Durchfluss) ca. 5 % im Mittelwasserbereich (für 0,5 MQ < Q ≤ 2 MQ) ca. 10 % im Hochwasserbereich (für Q > 2 MQ) f - absoluter Fehler Bild 5.26: Schematische Darstellung des absoluten Fehlers einer W-Q-Beziehung (nach DYCK U.A., 1975) - Ursachen für Veränderungen der Wasserstands-Durchfluss-Beziehung: Pegelnullveränderungen (infolge Hochwasser- bzw. Eisstand) Veränderungen des Fließprofils: - Erosion bei Hochwasser - Sedimentation bei Niedrigwasser - Bau-/Regulierungsmaßnahmen im Gewässer - Verkrautung unkontrollierter Druckverlust (Druckluftpegel) - Fehler im NW-Bereich am größten, weil Erosions- und Sedimentationsprozesse sich am stärksten auswirken 5.5. Statistische Auswertung von Durchflussdaten 5.5.1. Datenprüfung * Anforderungen an das Datenmaterial: - zeitliche und räumliche Repräsentanz │ │ ├ natürliche Schwankungen ausreichend erfasst? └ Gebiet ausreichend beobachtet? └ Betrachtungszeitraum repräsentativ? (Stationsdichte) - Konsistenz und Homogenität der Daten Prüfung mittels statistischer Verfahren

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90 * Konsistenz = Fehlerfreiheit der Messung ├ - Gerätefehler ├ - Messgerätewechsel ├ - Stationsverlegung └ - Ablesefehler ► Fehlermöglichkeiten bei der Wasserstandsmessung: - Pegelnull-Verschiebung (s.o.) - Verkrautung des Fließquerschnittes - Eisstand am Pegel - Verschlammung des Pegelschachtes (bei mechanischem Schwimmerschreibpegel) - unkontrollierter Druckverlust (bei Druckluftpegel) * Homogenität = Ungestörtheit der Messreihe ┌───────┴──────────┐ natürlich anthropogen ├ Windbruch ├ Melioration ├ Flächenbrand ├ Gewässerausbau ├ Hangrutschung ├ Speicherung ├ Landsenkungen └ Wasserentnahme bzw. -einleitung └ Erdbeben ... ►Homogenitätsprüfung schließt 4 Fragen ein: a) Ist das Beobachtungsmaterial homogen?

┌───────────┴──────┐ ja nein │ │ O.K. ├ b) Welche Werte sind beeinflusst? keine weiteren Tests │ Dauer der Beeinflussung │ ├ c) Wie sind die Werte beeinflusst? │ Art und Weise der Beeinflussung │ └ d) Wie kann das Beobachtungsmaterial bereinigt (korrigiert) werden?

►Überblick über Homogenitätstests, die häufig in der Hydrologie angewendet werden: - Tests für Daten einer Datenreihe (z.B. einer Hochwasser-Datenreihe): Ausreißertest Berechnung einfacher statistischer Parameter (Mittelwert, Streuung, Trends für verschiedene Zeitabschnitte) und Vergleich der ermittelten statistischen Parameter - Tests für Daten mehrerer miteinander in Zusammenhang stehender Datenreihen (z.B. Vergleich einer Hochwasser-Datenreihe mit einer Niederschlags-Datenreihe): Doppelsummenanalyse Vergleich von Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktionen der betrachteten Datenreihen ►Ausreißertest: ● Ziel des Ausreißertests: Beantwortung der Frage, ob ein (oder mehrere) extreme (große bzw. kleine) Werte einer Datenreihe zu ein und dem selben Wertekollektiv gehören oder nicht (Beantwortung der Frage a) Eliminierung von fehlerhaften Messwerten möglich

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91 ● extreme Werte sind z.B.: - Durchflüsse von extremen Hochwasserereignissen (Messung schwierig oder unmöglich) - extreme Niedrigwasserdurchflüsse (großer absoluter Fehler, s.o.) ● Methodik: - Aufstellen einer sog. Nullhypothese (Ausgangshypothese) H0:

die Hypothese, die getestet werden soll meist: alle Messwerte gehören zu ein und demselben Datenkollektiv keine signifikanten Unterschiede der gemessenen Werte kein(e) Ausreißer - Aufstellen einer Alternativhypothese H1: ein oder mehrere Wert(e) gehören nicht zum Datenkollektiv, sondern sind Ausreißer Signifikanz (Fehlerhaftigkeit) eines oder mehrerer Messwerte z.B.: einige der größten Werte (bei Hochwasser) gehören nicht zum Datenkollektiv, sondern sind Ausreißer oder einige der kleinsten Werte (bei Niedrigwasser) gehören nicht zum Datenkollektiv - statistischer Test: a) Test des/der größten Werte(s) (Beginn mit dem größten Wert, ist dieser ein Ausreißer Fortführung mit dem zweitgrößten Wert ..., solange bis ein Wert kein Ausreißer ist): Nullhypothese H0 wird verworfen, wenn: max. x > x + v(α, n) * s(x) (5.24) mit max. x - größter Wert der Datenreihe x - Mittelwert aller Werte der Datenreihe s(x) - Standardabweichung aller Werte der Datenreihe v(α, n) - Prüfgröße (abhängig vom Signifikanzniveau α und der Werteanzahl n, s. Tabelle 5.5) in der Hydrologie meist verwendet: Signifikanzniveau α = 0,05 (d.h. 5 %) Signifikanzniveau bedeutet: die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers 1. Art bezüglich H0 Fehler 1. Art: H0 wird verworfen, obwohl H0 richtig ist mit s(x) = [ 3 (xi -x ) 2 / (n -1) ] 0,5 (5.25) wobei s(x) - Standardabweichung aller Werte der Datenreihe xi - Messwert (betrachteter Wert größter Wert, zweitgrößter Wert ...) x - Mittelwert aller Werte der Datenreihe n - Werteanzahl der Datenreihe b) Test des/der kleinsten Werte(s) (Beginn mit dem kleinsten Wert, Methodik analog a): Nullhypothese H0 wird verworfen, wenn: min. x < x – v(α, n) * s(x) (5.26) mit min. x - kleinster Wert der Datenreihe (alle anderen Größen s. Gleichungen 5.24 und 5.25)

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92 Tabelle 5.5: Prüfgröße v(α, n) für den Ausreißertest Werteanzahl n Signifikanzniveau α α = 0,10 α = 0,05 α = 0,01 10 12 15 17 20 22 25 27 30 32 35 37 40 42 45 47 50 2,146 2,229 2,326 2,380 2,447 2,486 2,537 2,568 2,609 2,643 2,668 2,689 2,718 2,736 2,762 2,778 2,800 2,294 2,387 2,493 2,551 2,623 2,664 2,718 2,749 2,792 2,818 2,835 2,847 2,904 2,922 2,948 2,964 2,987 2,540 2,663 2,800 2,871 2,959 3,008 3,071 3,107 3,156 3,185 3,224 3,248 3,281 3,301 3,329 3,346 3,337 - Schlussfolgerungen: Ausreißertest beantwortet die eingangs gestellten Fragen: Ist das Beobachtungsmaterial/Datenmaterial homogen? Welche Werte sind beeinflusst? Ausreißertest beantwortet nicht die Fragen:: Wie sind die Werte beeinflusst? Wie kann das Beobachtungs-/Datenmaterial bereinigt (korrigiert) werden? - praktische Anwendung eines Ausreißertests s. Übung 12 (Teilaufgabe a)

► Doppelsummenanalyse: ● Ziel der Doppelsummenanalyse: - Beantwortung der Fragen, die durch Ausreißertest nicht beantwortet werden können Art und Weise der Beeinflussung Möglichkeiten der Datenbereinigung durch Doppelsummenanalyse alle 4 Fragen der Homogenitätsprüfung beantwortbar ● Methodik: - Vergleich der zu prüfenden Datenreihe mit einer Datenreihe, die unbeeinflusst ist - Vergleichsmöglichkeiten: ┌─┴─────────────────────────┐ analog kausal │ │ Vergleich mit einer Datenreihe gleicher Vergleich kausal bedingter Datenreihen, Art, z.B. Vergleich zweier Durchfluss- z.B. eine Durchflussdatenreihe mit einer datenreihen (2 benachbarte Pegel oder Niederschlagsdatenreihe oder Vergleich Niedrigwasserdurchflüsse mit mittleren von Wasserständen eines Sees in einer Durchflüssen) Trockenperiode mit Verdunstungsdaten

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93 - Methoden der Datenbereinigung: ┌──────┴─────────────────┐ graphisch ( s. Bild 5.27) analytisch mit Hilfe von Signifikanztests Bild 5.27: Doppelsummenanalyse zwischen Niedrig-wasser- und mittlerem Durchfluss, Pegel Lichtenwalde / Zschopau (nach DYCK U.A., 1975) - graphische Datenprüfung und ggf. -bereinigung: a) tabellarisches Auflisten zweier Datenreihen (der zu prüfenden Datenreihe und der Datenreihe, von der bekannt ist, dass sie unbeeinflusst ist) b) schrittweises Aufsummieren der Werte der beiden Datenreihen: erste Summe = erster Wert zweite Summe = erste Summe + zweiter Wert dritte Summe = zweite Summe + dritter Wert ... (u.s.w.) c) Auftragen der schrittweise aufsummierten Werte in ein lineares Koordinatensystem ( analog Bild 5.27): Punkt 1: erste Summe der nicht beeinflussten Datenreihe x erste Summe der zu prüfenden Datenreihe y Punkt 2: zweite Summe der nicht beeinflussten Datenreihe x zweite Summe der zu prüfenden Datenreihe y ... (u.s.w.) d) Einzeichnen von Ausgleichsgeraden (Trendgeraden) e) Interpretation: a) Ausgleich durch eine einzige Trendgerade möglich keine Inhomogenitäten erkennbar (beide Datenreihen sind homogen) alle Daten können ohne Korrektur für weitere Untersuchungen verwendet werden b) Ausgleich durch eine einzige Trendgerade nicht möglich zu prüfende Datenreihe ist nicht homogen Ausgleich durch 2 oder mehr Geraden Erkennen von verschiedenen Perioden (innerhalb derer die Daten wiederum homogen sind) Dauer einer Beeinflussung erkennbar Datenkorrektur (graphisch, analytisch) möglich

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94 - analytische Datenprüfung (Berechnung des/der Geradenanstiege(s)): a) im Falle einer einzigen Geraden: m = y / x (5.27) mit m - Geradenanstieg x - Mittelwert der zu prüfenden Datenreihe y - Mittelwert der homogenen Vergleichsdatenreihe b) im Falle mehrerer Geraden ( vgl. Bild 5.27): für die erste Periode: m1 = y1 / x1 (5.28) mit m1 - Geradenanstieg der ersten Periode x1 - Mittelwert aller Werte der zu prüfenden Datenreihe, die zur ersten Periode gehören y1 - Mittelwert aller Werte der Vergleichsdatenreihe, die zur ersten Periode gehören für die zweite und alle weiteren Perioden: Berechnung analog Gleichung 5.28 - Schlussfolgerungen: - Korrektur der beeinflussten Periode(n) möglich - Verwendung von nur einer (der repräsentativen, unbeeinflussten) Periode oder - Bereinigung der Werte der beeinflussten Periode(n) durch Datenberechnung unter Zugrunde- legung des Anstieges der unbeeinflussten Periode und der Daten der homogenen Vergleichs- datenreihe - Anwendung der Doppelsummenanalyse s. Übung 12 (Teilaufgabe b) 5.5.2. Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses * Hauptzahlen des Durchflusses: ►Ziel: übersichtsmäßige Charakterisierung des Durchflussgeschehens an einem bestimmten Ge-wässerpegel durch einige wenige Zahlen ►Hauptzahlen ( vgl. Bild 5.28, [alle Werte l/s oder m3 /s]): - NNQ - niedrigster jemals beobachteter Durchfluss - NQ - Niedrigwasserdurchfluss (kleinster Wert im betrachteten Zeitraum, z.B. innerhalb eines Jahres) - MNQ - mittlerer Niedrigwasserdurchfluss (Mittelwert aller Niedrigwasserdurchflüsse) - MQ - mittlerer Durchfluss - MHQ - mittlerer Hochwasserdurchfluss (Mittelwert aller Hochwasserdurchflüsse) - HQ - Hochwasserdurchfluss (größter Wert im betrachteten Zeitraum, z.B. innerhalb eines Jahres) - HHQ - höchster jemals beobachteter Durchfluss - mmHQ - maximal mögliches Hochwasser (resultierend aus dem mmP, vgl. Abschnitt 3.5) - Hauptzahlen des Durchflusses können für alle beobachteten Pegel den Deutschen Gewässer-kundlichen Jahrbüchern bzw. den Jahrbüchern der Länder (ab 2000 i.d.R. auch im Internet) entnommen werden (Beispiel s. Tabelle 5.6)

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95 Bild 5.28: Hauptzahlen zur Charak-terisierung des Durch-flusses eines Fließgewäs-sers Tabelle 5.6: Hauptzahlen des Durchflusses der Elbe, Pegel Dresden (Beobachtungsreihe: 1931 - 1985, alle Werte in m3 /s) Hauptzahl NNQ NQ MNQ MQ MHQ HQ HHQ Durchfluss 22,5 22,5 103 325 1426 3360 4680 Bemerkung 25.12.1953 – 15 .01.1954 18.08.2002 - Hauptzahlen dienen u.a. dazu, Eckzahlen des Durchflusses (Minimum, Maximum, Mittel) zu vermitteln als auch Aussagen zu Abflussunterschieden (Hoch-/Niedrigwasser) und zu zeitlichen Veränderungen abzuleiten s. beispielhaft Verhältnis MHQ/MNQ Verhältnis MHQ/MNQ zur Charakterisierung der Abflussunterschiede von Fließgewässern Tabelle 5.7) großes Einzugsgebiet großes Retentionsvermögen kleines Verhältnis MHQ/ MNQ große Flüsse haben kleineres MHQ/MNQ-Verhältnis als kleine Bäche kleiner werdendes MHQ/MNQ-Verhältnis mit zunehmender Einzugsgebietsfläche eines Fließ-gewässers (s. beispielhaft für die Elbe ebenfalls Tabelle 5.7) Aussagen zu anthropogenen Veränderungen im Gewässer s. ebenfalls Tabelle 5.7 Tabelle 5.7: Ableitbare Aussagen auf Grundlage des MHQ/MNQ-Verhältnisses Charakterisierung der Abflussunterschiede von Fließgewässern gering mittel groß sehr groß < 20 : 1 20 : 1 ... < 50 : 1 50 : 1 ... < 100 : 1

≥ 100 : 1 Abflussunterschiede MHQ / MNQ für verschiedene Pegel der Elbe Pegel AE [km2] MHQ [m3/s] MNQ [m3/s] MHQ/MNQ Dresden Aken Barby (oberh. Magdeburg) Tangermünde Neu-Darchau (oberh. Hamburg) 53 096 69 848 94 060 97 780 131 950 1 426 1 740 2 058 2 030 1 870 103 155 198 220 279 13,8 11,2 10,4 9,2 6,7 Zeitliche Veränderung des MHQ/MNQ-Verhältnisses als Maß für anthropogene Beeinflussungen weitgehend unverändert wenig verändert mäßig verändert stark verändert sehr stark verändert < 10 % 10 % ... < 30 % 30 % ... < 70 % 70 % ... < 90 % ≥ 90 %

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96 * Dauerzahlen des Durchflusses: - Einteilung des Wertekollektivs in Klassen - Ermittlung der Tage, an denen der Durchfluss den Grenzwert der jeweiligen Klasse über- bzw. unterschreitet ( s. Tabelle 5.7 und Bild 5.29) - Wahrscheinlichkeitsanalyse gibt Aufschluss über die Häufigkeit der Durchflüsse, d.h. es kann an- gegeben werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Durchfluss in einer vorgegebenen Größen- ordnung zu erwarten ist - Erarbeitung einer Dauerlinie des Durchflusses für ein Abflussjahr s. Übung 13 Bild 5.29: Beispiel für den Zusammenhang zwischen Ganglinie, Häufigkeitsverteilung und Dauerlinie (nach DYCK, PESCHKE, 1995) 5.6. Der Abflussbildungsprozess 5.6.1. Einflussgrößen auf den Abflussvorgang - morphometrische Parameter * Größe des Einzugsgebietes: - Erhöhung der Abflussmengen mit größer werdender Einzugsgebietsfläche - Verringerung der Abflussspitzen mit größer werdender Einzugsgebietsfläche (Retention) * Form des Einzugsgebietes: - Form des Einzugsgebietes beeinflusst Abflussgeschehen (Laufzeit des Abflusses, s. Bild 5.30) und ist damit entscheidend in Bezug auf die Einschätzung der Hochwassergefährdung eines Gebietes (s. ebenfalls Bild 5.30) - quantitative Erfassung durch Formparameter: - Formfaktor: RF = AE / LF 2 (5.29) - Kreisförmigkeitsverhältnis: RK = AE / AK (5.30) - Streckungsverhältnis: RS = DK / LF (5.31) (Symbolerklärung s. folgende Seite)

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97 mit RF - Formfaktor [ ] RK - Kreisförmigkeitsverhältnis [ ] RS - Streckungsverhältnis [ ] RS ≈ 1 für Gebiete mit geringem Geländegefälle RS ≈ 0,6 ... 0,8 für Gebiete mit hohem Geländegefälle AE - Einzugsgebietsfläche [km2] AK - Fläche eines Kreises mit gleichem Umfang wie das Einzugsgebiet [km2] LF - Länge des Hauptflusses [km] DK - Durchmesser eines Kreises einem Flächeninhalt analog dem Einzugsgebiet [km2] Bild 5.30: Einfluss der Einzugsgebietsform auf das Abflussgeschehen (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990) * Flussdichte: - abhängig von der Entwässerungsfähigkeit (Infiltrationsvermögen) eines Gebietes: geringe Flussdichte = gutes Infiltrationsvermögen (gute Speichereigenschaften, Grundwasserabfluss hat hohe Bedeutung) hohe Flussdichte = schlechtes Infiltrationsvermögen (geringes Speichervermögen, Grundwasser-abfluss hat untergeordnete Bedeutung) ausgeprägte Reaktion des Gebietes auf Niederschlags-ereignisse - Speichervermögen von Bodenart, Nutzung, Gefälle, geologischem Untergrund abhängig - damit ist Flussdichte entscheidend in Bezug auf die Einschätzung der Hochwassergefährdung eines Gebietes (s. Bild 5.31) Bild 5.31: Einfluss der Flussdichte des Einzugsbietes auf das Abflussgeschehen (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990) - quantitative Erfassung der Flussdichte: DF = LAF / AE (5.32) mit DF - Flussdichte [km-1] LAF - Länge aller (nichtperiodischen) Vorfluter im Einzugsgebiet [km] AE - Einzugsgebietsfläche [km2]

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98 * Vegetation: - vielfältiger Einfluss vgl. Abschnitte 2 und 4 (Verdunstung, Interzeption, Speicheränderung) - Beispiel: Einfluss des Waldes auf die Veränderung der Abflussspende s. Bild 5.32 Bild 5.32: Ganglinien eines bewaldeten und eines nicht bewal-deten Einzugsgebietes (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990) * Niederschlag: - Einfluss von Niederschlagshöhe, -intensität, -dauer, -häufigkeit vgl. Abschnitt 3 - Beispiel: ungleichmäßige Überregnung eines Einzugsgebietes s. Bild 5.33 Bild 5.33: Einfluss ungleichmäßiger flächenhafter Überregnung eines Einzugsgebietes auf die Abflusskonzentration (nach DYCK, 1978) * Gefällewerte, topographischer Faktor: - Unterscheidung in Wasserlaufgefälle und Geländegefälle (Gebietsgefälle) - Wasserlaufgefälle = mittleres Gefälle eines Flusses bzw. eines Flussabschnittes - Kenntnis des Wasserlaufgefälles notwendig u.a. für: die Ermittlung der Fließgeschwindigkeit die Einschätzung des zeitlichen Verlaufs von Hochwasserabflüssen die Bewertung des Selbstreinigungsvermögens - Wasserlaufgefälle fast immer von Quelle zur Mündung abnehmend: konkaver Längsschnitt, Bild 5.34 Bild 5.34: Längsschnitt der Elbe (Ausschnitt), nach DYCK, PESCHKE (1995)

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99 - durchschnittliches Wasserlaufgefälle ergibt sich nur für die Fälle durch einfaches Berechnen (I = ΔhQuelle-Pegel/ΔlQuelle-Pegel), wenn keine Wasserfälle bzw. Seen im Gebiet vorhanden sind bzw. wenn der Längsschnitt des Fließgewässers kaum konkav ist, ansonsten Überbewertung der hohen Gefällewerte im Oberlauf - bessere Erfassung durch Ansatz nach BENSON: H0,1 L – H0,85 L I = ──────── (5.33) 0,75 L mit I - mittleres Wasserlaufgefälle [ ] L - Fließlänge [m] H0,1 L - Höhe bei 10 % der Fließlänge [m] H0,85 L - Höhe bei 85 % der Fließlänge [m] - genaueste Erfassung nach NASH & SHAW: 2 Σ (Li * Zi ) I = ─────── (5.34) (Σ Li ) 2 mit I - mittleres Wasserlaufgefälle [ ] Li - Länge eines Fließabschnittes [m], vgl. Bild 5.35 Zi - mittlere Höhe des Fließabschnittes [m], vgl. Bild 5.35 Bild 5.35: Bestimmung des Wasserlaufgefälles nach NASH & SHAW (nach DYCK, PESCHKE, 1995) - Geländegefälle (Gebietsgefälle): - mittleres Gefälle der Geländeoberfläche im betrachteten Einzugsgebiet - abhängig von Wasserlaufgefälle und Relief - mittleres Geländegefälle ist nie einfach I = Δhhöchster Punkt-niedrigster Punkt/Δlhöchster Punkt-niedrigster Punkt - Ermittlung z.B. mittels Gitternetz (s. Bild 5.36), das über die Karte des Einzugsgebietes gelegt wird und Ermittlung des Gefälles für jeden Gitterpunkt Ii = Δ h / Δ l (Gesamtgefälle = arith-metisches Mittel der Einzelgefällewerte), Gitterabstand abhängig von den Höhenunterschieden

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100 Bild 5.36: Ermittlung des mittleren Geländegefälles - topographischer Faktor: - oft auch als orographischer (oder orohydrograpischer) Faktor bezeichnet - Maß für die Fließzeit des Abflusses in einem Einzugsgebiet - in vielen Abfluss-/Hochwassermodellen verwendeter Parameter TF = LF / ( I ) 0,5 (5.35) mit TF - topographischer Faktor [km] LF - Länge des Hauptvorfluters [km] I - Wasserlaufgefälle [ ] * Flussentwicklung: ► Definition: - Zusammenhang zwischen der Flusslänge LF (zwischen 2 Gewässerpunkten A und B) in Längs- richtung und der kürzesten Verbindung zwischen diesen beiden Punkten C = B - A: LF – C eF = ──── (5.36) C mit: eF - Flussentwicklung LF - Flusslänge zwischen 2 Punkten A und B [m, km] s. Bild 5.37 C - kürzeste Verbindung zwischen den Punkten A und B [wie LF ] ► Bedeutung der Flussentwicklung: - zur Beschreibung des sog. Grundrisses eines Gewässers bzw. Gewässerabschnittes (gerade ... mäandrierend) s. Tabelle 5.8 und Bild 5.37 - zur Einschätzung der Veränderungen des Gewässergrundrisses durch wasserbauliche Maßnahmen (Vergleich aktuelle/historische Karten) * sonstige Einflüsse: - Geologie und Bodenverhältnisse - anthropogene Einflüsse (Deiche, Wasserentnahme, -speicherung, -einleitungen, Bebauung) vgl. Ab- schnitt 2.3

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101 Tabelle 5.8: Zusammenhang zwischen Gewässergrundriss und Flussentwicklung Gewässergrundriss Flussentwicklung eF Gerade leicht schlängelnd schlängelnd gekrümmt mäandrierend 0,0 - < 0,1 0,1 - < 0,2 0,2 - < 0,3 0,3 - < 0,5 ≥ 0,5

Bild 5.37: Charakteristik des Gewässergrundrisses - Ermittlung ausgewählter morphometrischer Parameter s. Übung 14 5.6.2. Einfache Ansätze zur Erfassung der Abflussbildung * Notwendigkeit von Angaben zur Abflussbildung auf der Bodenoberfläche: - zur Planung und Bemessung von Entwässerungseinrichtungen/Bauwerken - zur Einschätzung von Erosions- und Standsicherheitsgefahren (vgl. Vorlesung Ingenieurgeologie) - zur Planung dezentraler Versickerungsanlagen - zur Beschreibung des Stoffeintrages in den Boden * Abhängigkeit der Abflussbildung auf der Bodenoberfläche: - Niederschlag (Menge, Dauer, Intensität, zeitliche Veränderung) und Vorfeuchte des Bodens - Infiltrationsvermögen der Bodenoberfläche - Nutzung/Bewuchs - Oberflächengefälle und Hanglänge * Abflussbeiwertverfahren: - in der hydrologischen Praxis für Bemessungsaufgaben häufig verwendet - näherungsweise Ermittlung des direkten Abflusses (= Oberflächenabfluss) - definiert als Verhältnis des Direktabflusses zum Niederschlag: ψ = RO / P (mit 0 ≤ ψ ≤ 1) (5.37) mit ψ - Abflussbeiwert [ ] RO - Direktabfluss (Oberflächenabfluss) [mm] P - Niederschlag [mm] - ψ = 0 vollständiges Zurückhalten des Niederschlages vollständige Infiltration - ψ = 1 vollständiges Abfließen des Niederschlages (theoretischer Wert)

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102 - ψ = 1 tritt praktisch nicht auf, da ein Teil des Niederschlages zur Benetzung der Oberfläche, zur Auffeuchtung der Oberfläche benötigt wird ( sog. Anfangsverlust Va ) für Oberflächen-abflussberechnungen ist der Niederschlag P in Gleichung 5.37 folglich um Va zu reduzieren: RO = ψ * (P - Va ) (5.38) mit Va - Anfangsverlust [mm] (alle anderen Größen s. Gleichung 5.37) - Anhaltswerte für ψ und Va s. Tabelle 5.9 Tabelle 5.9: Anhaltswerte für Abflussbeiwerte und Anfangsverluste verschiedener Nutzungen Nutzung Anfangsverlust Va [mm] Abflussbeiwert ψ [ ] Geschäftsstraßen: Innenstadt Außenbezirke 1 1 0,70 ... 0,95 0,50 ... 0,70 Wohngebiete: Einfamilienhäuser (ca. 50 Einwohner EW / ha) Reihenhäuser (ca. 150 EW / ha) Mehrfamilienhäuser, aufgelockerte Bebauung Mehrfamilienhäuser, enge Bebauung Wohngebiete, sehr dichte Bebauung (> 350 EW / ha) 3 2 2 1 1 0,20 ... 0,30 0,30 ... 0,50 0,40 ... 0,60 0,60 ... 0,75 0,70 ... 0,90 Industrie-/Gewerbegebiete: Gewerbegebiete (aufgelockert) Industriebetriebe (stark befestigt) 1 1 0,50 ... 0,80 0,60 ... 0,90 Parkanlagen, Friedhöfe 5 0,05 ... 0,25 Spielplätze 4 0,20 ... 0,35 Bahnhöfe, Bahnstrecken 4 0,20 ... 0,35 Straßen, Fußwege: Beton, Asphalt fugendichtes Pflaster Reihenpflaster ohne Fugenverguss Kleinsteinpflaster Schotterstraßen, Kieswege 0,2 0,5 1 1 2 0,85 ... 0,90 0,75 ... 0,85 0,25 ... 0,60 0,25 ... 0,60 0,15 ... 0,30 Dachflächen: Metall- und Schieferdächer gewöhnliche Dachziegel und Dachpappe 0,1 0,5 0,95 0,90 Gartenflächen, Sportplätze 4 ... 7 0,05 ... 0,20 Ödland mit spärlichem Bewuchs 4 0,25 ... 0,35 Ackerland 5 0,15 ... 0,25 Dauergrünland (Wiese, Weide) 7 0,10 ... 0,20 Wälder 10 0,00 ... 0,10 Die niedrigeren Werte für ψ gelten bei mittlerem bis gutem Infiltrationsvermögen der Oberfläche, bei Getreide, Dauerwiese oder dichtem Wald. Die höheren Werte gelten bei mäßigem bis schlechtem Infiltrationsvermögen der Oberfläche, für Böden mit feiner Textur, bei Hackfrüchten und Mais, Dauerweide und aufgelockertem bzw. durch extreme klimatische oder Umwelteinflüsse geschädigtem Wald.

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103 - in einem heterogen genutzten Gebiet ergibt sich der flächengewichtete Abflussbeiwert ψm : n ψm = ( 3 Ai * ψi ) / Ages (5.39) i=1 mit ψm - mittlerer Abflussbeiwert [ ] Ai - Teilfläche i [m2 , ha, km2 ] ψi - Abflussbeiwert entsprechend der Nutzung der Teilfläche i [ ], z.B. aus Tabelle 5.9 n - Gesamtanzahl Teilflächen (Flächen mit unterschiedlicher Nutzung) Ages - Gesamtfläche [gleiche Einheit wie Ai ] - Vorteil des Abflussbeiwertkonzeptes: schnelle, komplikationslose Anwendung - Nachteile des Abflussbeiwertkonzeptes: keine Berücksichtigung verschiedener Niederschlagsintensitäten PI (ψ höher bei hohem PI) zeitliche Veränderungen von ψ infolge Niederschlagsverlaufes bleiben unberücksichtigt Einfluss der Bodenart nur grob erfassbar - Anwendung des Abflussbeiwertkonzeptes s. Übung 15 * Curve-Number-Verfahren: - entwickelt vom US Soil Conservation Service, weltweit angewendet - Ermittlung des Direktabflusses unter Beachtung des Niederschlages und gebietsspezifischer Faktoren (Bodenart, Nutzungsart, Bodenfeuchte), die summarisch in einem sog. CN-Faktor (CN - curve number) münden, der von 0 - 100 % variieren kann (0%= vollständige Infiltration, 100% = vollständige RO-Bildung), dennoch CN-Faktor ≠ Abflussbeiwert, weil im Unterschied zum Ab- flussbeiwert keine lineare Beziehung zwischen CN-Faktor und RO besteht ( s. Bild 5.38) - hergeleitet an Hand umfangreicher Abflussmessungen (insbesondere während Hochwasser) und Infiltrometer-/Lysimetermessungen ( vgl. Abschnitt 4.3) Bild 5.38: Menge an gebildetem Oberflächenab-fluss in Abhängigkeit von der Nieder-schlagshöhe und dem CN-Faktor (nach SCHRÖDER U. A., 1994) - Berechnung des Oberflächenabflusses RO: [P/25,4) – (Ia * 10/CN) + (Ia/10)] 2 RO = ─────────────────────────── * 25,4 (5.40) (P/25,4) + [(1000 - Ia * 10)/CN] – [10 – (Ia/10)] mit RO - Oberflächenabfluss [mm] P - Niederschlag [mm] CN - Curve Number [%] (CN = 0 ... 100 %) Ia - Anfangsverlust [mm]

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104 - Anfangsverlustgröße Ia charakterisiert die zeitliche Verzögerung der Abflussbildung nach Nieder-schlagsbeginn infolge Retentionswirkung der Abflussbildungsflächen: Ia = 0,2 (25400 / CN - 254) (5.41) (alle Größen s. Gleichung 5.40, Ziffern 25400 und 254 infolge Umrechnung von Zoll in mm) - CN-Faktor abhänigig von Bodenart und -nutzung ( s. Tabelle 5.10) Tabelle 5.10: CN-Faktoren in Abhängigkeit von Bodentyp und Bodennutzung Bodennutzung CN-Faktor [%] Bodentyp BT (Erklärung s.u.) BT = 1 BT = 2 BT = 3 BT = 4 Ödland (ohne nennenswerten Bewuchs), Baugelände 77 86 91 94 Landwirtschaftlich genutzte Flächen: Hackfrüchte, Wein (unterrassiert) Wein (Terrassen) Getreide, Futterpflanzen Weide (normal) Weide (karg) Dauerwiese 70 64 64 49 68 30 80 73 76 69 79 58 87 79 84 79 86 71 90 82 88 84 89 78 Wälder: stark aufgelockert oder geschädigt mitteldicht dicht 45 36 25 66 60 55 77 73 70 83 79 77 Dachflächen 98 98 98 98 Straßen/Fußwege: Beton, Asphalt, fugendichtes Pflaster Reihenpflaster ohne Fugenverguss Schotterstraßen, Kieswege unbefestigte Straßen/Wege 98 83 76 72 98 89 85 82 98 92 89 87 98 93 91 89 Parkanlagen, Rasenflächen, Friedhöfe: spärliche Bewuchs (Grasbedeckung < 50 %) durchschnittlicher Bewuchs (Gras: 50 - 75 %) üppiger Bewuchs (Grasbedeckung > 75 %) 68 49 39 79 69 61 86 79 74 89 84 80 Wohn-, Industrie- und Gewerbegebiete: Versiegelungsgrad: 85 % Versiegelungsgrad: 72 % Versiegelungsgrad: 55 % Versiegelungsgrad: 38 % Versiegelungsgrad: 30 % Versiegelungsgrad: 25 % Versiegelungsgrad: 20 % Versiegelungsgrad: 12 % 89 81 77 61 57 54 51 46 92 88 85 75 72 70 68 65 94 91 90 83 81 80 79 77 95 93 92 87 86 85 84 82 BT = 1: für Böden mit großem Versickerungsvermögen auch nach starker Vorfeuchtung, z.B. tiefgründige Sand- und Kiesböden BT = 2 für Böden mit mittlerem Versickerungsvermögen, tief bis mäßig tiefgründige Böden mit mäßig feiner bis mäßig grober Textur, z.B. Sandböden, Löß, schwach lehmiger Sand BT = 3 für Böden mit geringem Versickerungsvermögen, Böden mit feiner bis mäßig feiner Textur oder mit wasserstauender Schicht, z.B. flachgründige Sandböden, sandiger Lehm BT = 4 für Böden mit sehr geringem Versickerungsvermögen, Tonböden, sehr flache Böden über nahezu undurchlässigem Material, Böden mit dauernd sehr hohem Grundwasserspiegel

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105 - die in Tabelle 5.10 angegebenen CN-Faktoren beziehen sich auf durchschnittliche Bodenfeuchte - Einbeziehung des Einflusses der Bodenfeuchte durch Gleichungen 5.42 (geringe Bodenfeuchte) bzw. 5.43 (hohe Bodenfeuchte) möglich: 0,4036 CN CN trocken = ──────── (5.42) 1 – 0,0059 CN 2,334 CN CN feucht = ───────── (5.43) 1 + 0,01334 CN mit CNtrocken - CN-Faktor für geringe Bodenfeuchte CNfeucht - CN-Faktor für hohe Bodenfeuchte CN - CN-Faktor für mittlere Bodenfeuchte entsprechend Tabelle 5.10 CN-Erhöhung (bei hoher Bodenfeuchte) bzw. -Verkleinerung (bei geringer Bodenfeuchte) für Bemessungsaufgaben ist nach DVWK der CN-Faktor nach Tabelle 5.10 empfohlen für große Wiederkehrsintervalle (≥ 50 a wird häufig CNfeucht verwendet erhöhte Sicherheit) - Anwendung des Curve-Number-Verfahrens s. Übung 15 5.6.3. Abfluss- und Infiltrationsmodelle * Anforderungen an die Modelle: - hohe Systembezogenheit - geringe Zeitdiskretisierung * Arten von Modellen ( s. auch Bild 5.39): Bild 5.39: Modellkonzepte

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106 ►Black-Box-Modelle: Input-Output-Transformation mittels deterministischer oder stochastischer Funktionen ohne Berück-sichtigung der physikalischen Gesetzmäßigkeiten erfüllen die o.g. Anforderungen nicht ►systembeschreibende Modelle: Input-Output-Transformation basierend auf den Gesetzen der Massen- und Energieerhaltung (dynamische Grundgleichung, Kontinuitätsgleichung): a) mittlere Bodenwasserhaushaltsbilanzen Kontinuitätsgleichung b) prozessbezogene (dynamische) Bodenwasserhaushaltsmodelle: Verbindung von dynamischer und Kontinuitätsgleichung nichtlineare Differentialgleichungen 2. Ordnung Lösungen: numerisch (z.B. FEM - finite element method) Nachteil: Parametervielzahl analytisch (durch Modellvereinfachungen) ►konzeptionelle Boxmodelle: Input-Output-Transformation basiert auf vereinfachten/reduzierten Modellvarianten analytischer Lösungen systembeschreibender Modelle typische Modellvereinfachungen: - Berücksichtigung von nur einer Strömungskomponenten (in z-Richtung) Reduktion auf ein eindimensionales Problem - Betrachtung des Bodens als homogenen Block - Linearisierung der Ausgangsgleichungen - einfache Rand- und Anfangsbedingungen * Modellierung des Infiltrationsprozesses (Infiltration = Eintritt des Wassers in den Boden): ► Modellansatz: - DARCY-Gesetz für ungesättigte Bedingungen ( s. auch Vorlesung Hydrogeologie I): v = - k(Θ) * grad Φ (5.44) mit Φ = z + ψ (Θ) (5.45) mit v - Infiltrationsgeschwindigkeit [m/s] (Symbol oftmals f) k(Θ) - ungesättigte hydraulische Leitfähigkeit [m/s] (Infiltrationsfähigkeit der Bodenoberfläche) Θ - Bodenfeuchte, Wassergehalt [Vol.-%] Φ - Gesamtpotential [m WS] z - eindimensionale Fließrichtung (in z-Richtung) ψ - Saugspannung des Bodens [m WS] - zur Abhängigkeit der ungesättigten hydraulischen Leitfähigkeit s. Bild 5.40 Θ0 - minimaler wassererfüllter Hohlraumanteil

ΘS - Sättigungswassergehalt k(Θ) - ungesättigte hydraulische Leitfähigkeit kf - gesättigte hydraulische Leitfähigkeit Bild 5.40: Abhängigkeit der ungesättigten hydraulischen Leitfähigkeit vom Wassersättigungsgrad bzw. vom Wassergehalt des Bodens (nach DYCK, PESCHKE, 1995)

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107 - zum Zusammenhang Saugspannung-Bodenfeuchte-Bodenart s. Bild 5.41 Bild 5.41: Zusammenhang zwischen Bodenart, Bodenfeuchte und Saugspannung (Saugspannungs-Sätti-gungs-Beziehung, pF-Kurve vgl. Module Hydrogeologie und Pedologie), nach JORDAN, WEDER (1995) ►Ermittlung des Infiltrationsvermögens der Bodenoberfläche: - mittels Infiltrometer (Ein- und Doppelringinfiltrometer) - durch Regensimulatoren (Sprinkleranlagen) - mittels Lysimeter ( s. Abschnitt 4.3) - Analyse des Abflussverhaltens von Vorflutern (Abflussseparation) ►Messung des Infiltrationsvermögens mittels Doppelringinfiltrometer: - Ziele: Ermittlung des Infiltrationsvermögens des Bodens (zeitlich-räumlich differenziert) Bestimmung des kf-Wertes in-situ - Aufbau: s. Bild 5.42 Bild 5.42: Schematische Darstellung eines Doppelring-Infiltro-meters (aus SCHRÖDER U.A., 1994)

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108 - Methodik: - Registrierung des in den Boden infiltrierenden Wassers aus dem inneren Infiltrationsring - äußerer Ring: Befeuchtung des Messbereiches und Unterdrückung einer seitliche Absickerung aus dem inneren Ring parallele Infiltrationsstromlinien aus dem inneren Ring - Eine seitliche Absickerung, wie sie beim Einring-Infiltrometer auftritt, führt dazu, dass mehr Wasser infiltriert. - Versuchsdurchführung: - Wasserspiegel in den beiden Ringen (Innen- und Außenring) konstant halten - Registrierung der Wassermenge, die pro Zeiteinheit zugegeben werden muss, um den Wasser- spiegel im inneren Ring konstant zu halten - Arbeit mit geringer Überstauhöhe (max. 2 - 3 cm), um keine kf-Werterhöhung infolge Überstau-druck zu erhalten - Aufsättigung der Bodenoberfläche vor den eigentlichen Messungen (Zeitdauer abhängig von der Anfangsbodenfeuchte) - Auswertung: Anwendung des DARCY-Gesetzes zur Berechnung der gesättigten hydraulischen Leitfähigkeit (kf-Wert s. auch Vorlesung Hydrogeologie I): Q kf = ─── (5.46) t * A mit kf - gesättigte hydraulische Leitfähigkeit (kf-Wert) [mm/s] Q - Infiltrationsmenge [l] t - Zeitdauer des Infiltrationsversuches [s] A - Flächeninhalt des inneren Infiltrometerringes [m2] - Durchführung von Infiltrometermessungen s. Übung 5, Hydrologie II (Masterstudium) ►Darstellung von Messungen der Infiltrationsintensität s. Bild 5.43 Bild 5.43: Zeitliche Abhängigkeit der Infiltra-tionsintensität f eines Grünlandstand-ortes im Einzugsgebiet des Pegels Zöblitz für unterschiedliche Nieder-schlagsintensitäten PI (aus DYCK U.A., 1978) ►Beschreibung des Infiltrationsprozesses ( s. auch Bilder 5.43 und 5.44): a) Sättigungsphase: - Charakteristik: Niederschlagsintensität PI < Infiltrationsintensität f f = PI - keine Sättigung der Bodenoberfläche keine Bildung von Oberflächenabfluss RO

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109 b) Rückgangsphase: - Charakteristik: Niederschlagsintensität PI > Infiltrationsvermögen f Bodenoberfläche gesättigt - f unabhängig von PI f = f (k(Θ), ψ(Θ), Θ) s.o. - f nimmt mit der Zeit nichtlinear ab und nähert sich asymptotisch dem kf-Wert (gesättigte hydrau-lische Leitfähigkeit, vgl. Vorlesung Hydrogeologie) für t unendlich Bild 5.44: Beziehung zwischen Infiltrations-vermögen, Niederschlags- und Infiltrationsintensität während der Sättigungs- und Rückgangsphase beim Infiltrationsprozess (nach DYCK, PESCHKE, 1995) ►Prozess der Auffeuchtung des Bodens infolge Infiltration: - Auffeuchtung des Bodens in der Natur s. Bild 5.45 a Auffeuchtung in vertikaler Richtung (von der Bodenoberfläche in die Tiefe) Fortschreiten einer Feuchtefront mit der Zeit - Approximation (Vereinfachung) der natürlichen Verhältnisse (Bild 5.45 a) durch eine Stu- fenfunktion (Bild 5.45 b) Abstraktion im mathematischen Modell wesentliche Prozesseigenschaften dennoch wiedergegeben Bild 5.45: Entwicklung des Feuch-teprofils in einem homo-genen Boden während der Infiltration: a) experimentell ermit- telt b) Approximation durch eine Stufenfunktion im Modell (nach DYCK, PESCHKE, 1995)

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110 5.7. Abflusskonzentration- und -verlauf im Gewässer * Ziel: - Transformation der gebildeten Abflussmengen in eine Durchflussganglinie - Berücksichtigung der Abflussverlagerung (Translation) und Abflussdämpfung (Retention) Beispiel s. Bild 5.46 - Wirkung einer Vielzahl von Einflussfaktoren vgl. auch Abschnitt 5.6.1 komplizierte Erfassung und Modellierung im Rahmen der Vorlesung kann nur ein ganz grober Überblick gegeben werden Bild 5.46: Fortbewegung der HHQ-Hochwasserwelle der Elbe (am Beispiel von 5 Pegeln), aus DYCK U.A. (1976) * Methoden zur Erfassung der Prozesse Abflusskonzentration und -verlauf: ►Methodenübersicht: - vereinfachte hydraulische Gleichungen der Fließgeschwindigkeit ( vgl. Abschnitt 5.3) - Ersatz der Durchflussganglinie durch vereinfachte Funktionen (z.B. Approximation durch eine Dreiecksfunktion s.u.) - Isochronenmethode (Linien gleicher Laufzeit bis zum Auslass) Prinzip s. Bild 5.47 - hydraulische Netzwerkberechnungen (unter Berücksichtigung von Translation und Retention) - Nutzung von Speicherkaskaden (Speicherfunktionen, s.u.) - kinematische Wellenmodelle (Verwendung dynamischer Gleichungen der instationären Strömung, Voraussetzung für die Anwendung: Vielzahl von Parametern) T - Translationszeit bis zum Auslass Bild 5.47: Prinzip der Isochronenmethode (nach MAIDMENT, 1992)

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111 ►Ersatz der Durchflussganglinie durch vereinfachte Funktionen: - häufigste Approximation: Dreiecksfunktion mit empirischen Funktionsparametern - Beispiel: Dreieckshydrograph des US Soil Conservation Service ( s. auch Bild 5.48) Bild 5.48: US-SCS Dreieckshydrograph (nach MAIDMENT, 1992) - notwendige Informationen des US-SCS-Dreieckshydrographen: gebildete Oberflächenabflussmenge RO ( vgl. Abschnitte 5.6.2 und 5.6.3) Dauer der Oberflächenabflussbildung D (häufige Annahme: D = Regendauer) Konzentrationszeit des Oberflächenabflusses TC im betrachteten Gebiet (in erster Näherung gleichzusetzen mit der Bemessungsregendauer PD s. Abschnitt 3.5) - Funktionsparameter: - generell im Ergebnis umfangreicher Untersuchungen zum Niederschlags-Abfluss-Verhalten vieler Einzugsgebiete ermittelt empirische Parameterermittlung - Scheiteleintrittszeit ts : ts = 0,5 PD + 0,6 TC (5.47) mit: ts - Scheiteleintrittszeit [min, h] PD - Regendauer [wie ts ] TC - Konzentrationszeit des Oberflächenabflusses [wie ts ] - Scheiteldurchfluss HQ: 0,208 * A * RO HQ = ───────── (5.48) ts mit: HQ - Scheiteldurchfluss [m3 /s] A - Einzugsgebietsgröße (oberirdisch) [km2 ] RO - gebildete Oberflächenabflussmenge [mm] ts - Scheiteleintrittszeit [h] - Gesamtdauer des Dreieckshydrographen tg : tg = 2,67 ts (5.49) mit: tg - Gesamtdauer des Dreieckshydrographen [min, h] ts - Scheiteleintrittszeit [wie tg ]

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112 ►Parallelkaskadenmodell - ein Beispiel für ein Abflusskonzentrationsmodell: - Prinzip des Parallelkaskadenmodells s. Bild 5.49 Bild 5.49: Prinzip des Parallelkas-kadenmodells (nach SCHRÖDER U.A., 1994) - Berechnung der Transformationsfunktion für einen Zeitschritt: u(T,tj ) = U(T,tj ) * AE / 3,6 (5.50) mit u(T,tj) - Transformationsfunktion [m3 / (s * mm)] U(T,tj) - relative Transformationsfunktion [1 / h] AE - Einzugsgebietsfläche [km2] wobei U(T,tj ) = δ / K1 (n1 -1)! (tj / K1)(n1 - 1) e - tj / K1 + (1 - δ) / K2 (n2 - 1) (tj / K2)(n2 - 1) e - tj / K2 (5.51) und K1 = - 2.25 * df + 4.38 (5.52) K2 = 0.016773 * lf / ( I ) 0,5 + 2.4994 (5.53)

δ = 0.323 * e - 0.00765 * lf / SQR ( I ) (5.54) mit K1 - Speicherkonstante der ersten Kaskade K2 - Speicherkonstante der zweiten Kaskade df - Flussdichte im Einzugsgebiet [km-1] ( vgl. Abschnitt 5.6.1) lf / (I) 0,5 - orographischer Faktor mit I = Δh / lf ( vgl. ebenfalls Abschnitt 5.6.1) lf - Länge des Hauptvorfluters von der Einzugsgebietsgrenze bis zum Berechnungspunkt [km] Δh - Höhendifferenz (Einzugsgebietsgrenze - Berechnungspunkt) [m]

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113 - da ein Abflussereignis i.d.R. durch mehrere Regenintervalle gekennzeichnet ist, sind die Abfluss-ganglinien aller Zeitschritte zu überlagern (Überlagerung auch als Superposition bzw. lineare Faltung bezeichnet) Prinzip s. Bild 5.50 Bild 5.50: Überlagerung von Abflussganglinien ver-schiedener Zeitschritte (lineare Faltung), nach SCHRÖDER U.A. (1994) - Überlagerungsformel (Faltungsoperation): k QD(tj ) = T * 3 RO(ti ) * u(T,tj - ( j - 1) T ) (5.55) i=1 mit QD(tj) - Durchflusswert am Auslass (Berechnungspunkt) [m3/s] T - Zeitintervallbreite ( s. Bild 5.50) des Niederschlags- und Abflussereignisses [h] RO(ti) - Oberflächenabflussmenge zum Zeitpunkt ti [mm] k - Niederschlagsintervalle insgesamt * Ergebnisse: - Abflussganglinie - Abflusswerte zu verschiedenen Zeitpunkten (z.B. während eines Hochwasserereignisses) - Abflusssumme innerhalb einer bestimmten Zeitdauer (z.B. innerhalb eines Tages) * Anwendung einfacher Ansätze zur Ermittlung von Ganglinien s. Übung 15

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 114 6. Hydrogeologische Grundlagen 6.1. Teildisziplinen der Hydrogeologie

* wesentliche Bereiche, in denen Hydrogeologen arbeiten: - allgemeine Hydrogeologie Vermittlung von Grundlagen - Grundwasserlagerstätten Eigenschaften, Nutzbarkeit (Erkundung) - Grundwasserschutz Erarbeitung von Schutzzielen, Mitwirkung an der Ausweisung von Schutz-gebieten - Montanhydrogeologie Bergbausicherheit, Entwässerung - weitere: Paläohydrogeologie, Geohydraulik, Isotopenhydrogeologie, Hydrogeothermie, … 6.2. Hohlräume und unterirdische Wasserarten in der Hydrogeologie

* Hohlraumarten abhängig von der Gesteinsart: - Lockergestein Poren-Grundwasserleiter (vgl. Bild 6.1) - Festgestein Kluft- bzw. Karst-Grundwasserleiter (s. ebenfalls Bild 6.1) - Verbreitung der Grundwasserleiterarten hinsichtlich Gesteinsart in Deutschland s. Bild 6.2 Bild 6.1:

Hohlraumarten aus hydrogeo-logischem Blickwinkel

(Bildgrundlage: LfU Bayern) Bild 6.2:

Verbreitung der Grundwasserleiterarten hin-sichtlich Gesteinsart

(BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe)

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 115 - WICHTIG bezüglich der Wasserwegsamkeiten im Festgestein: Hohlräume müssen miteinander verbunden sein! vgl. hierzu Bild 6.3 Bild 6.3:

Wasserwegsamkeiten im Locker- und Festgestein (nach fobatec.ch)

* Wasserarten im Untergrund (s. auch Bild 6.4): - Ausgangspunkt: Grundwasseroberfläche Druck = Atmosphärendruck - Grundwasser: Wasser, welches die Gesteinshohlräume vollständig ausfüllt und mindestens unter Atmosphärendruck steht Wasserbewegung durch Gravitationskräfte - Kapillarwasser füllt die Gesteinshohlräume ebenfalls vollständig aus, steht aber unter einem Druck < Atmosphärendruck durch Kapillarkräfte Wasserbewegung nach oben - Sickerwasser füllt die Gesteinshohlräume nicht vollständig aus Dreiphasensystem: Gestein/ Wasser/Luft wasserungesättigte Zone Wasserbewegung durch Gravitationskräfte - Haftwasser Bindung infolge Adsorptionskräften an die Gesteinspartikel im Sinne der Hydro-geologie keine Wasserbewegung Bild 6.4: Wasserarten im Untergrund (Bildgrundlage: HÖLTING, 1996)

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 116 * Bedeutung der unterirdischen Wasserarten für die Natur und den Menschen: - Grundwasser: aus Sicht des Menschen wichtigste unterirdische Wasserart Nutzung durch Wasserförderung - Kapillarwasser: wichtig für Pflanzen in Trockenzeiten, aber auch für Baugruben, … - Sickerwasser: Auffüllung der Bodenwasservorräte, ggf. Regeneration des Grundwassers - Haftwasser: Quell der Transpiration der Pflanzen 6.3. Grundwasserlagerungsverhältnisse

* Grundwasserlagerungsverhältnisse hinsichtlich der sog. Spannungszustände (s. auch Bild 6.5): - ungespanntes Grundwasser: freie Grundwasseroberfläche (kein Grundwasserstauer im Hangenden) entsprechend Atmosphärendruck - gespanntes Grundwasser: „eingespannt“ infolge Grundwasserstauern im Liegenden und Hangenden Grundwasseroberfläche nicht frei steht unter Druck > Atmosphärendruck beim Anbohren Einstellen des Grundwasserspiegels entsprechend der Grundwasserdruckhöhe (Grundwasserdruck-fläche), Spezialfall: artesisches Grundwasser: Grundwasserdruckfläche reicht über die Bodenober-fläche hinaus (s. Bild 6.6) - schwebendes Grundwasser: lokales Grundwasser (z. B. in kleinen Talauen im Festgestein) Bild 6.5: Grundwasserlagerungs-verhältnisse Bild 6.6: Artesisches Grundwasser

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 117 6.4. Grundwasserhydraulik

* Grundelemente der Grundwasserhydraulik: - Grundwassertransport wichtigste Elemente: Grundwasserfließgeschwindigkeit v und Grund-wasserdurchflussmenge Q - Grundwasserspeicherung wichtigste Elemente: Grundwasserleitergeometrie (Mächtigkeit, Er-streckung), Wasserspeichervermögen des Grundwasserleiters - Bedeutung von Grundwassertransport und Grundwasserspeicherung (Auswahl): Quellaustrittsmengen Speisung von Flüssen durch das Grundwasser während Niedrigwasser Aufnahme von Wasser durch das Grundwasser während Hochwasser Grundwasserentnahme durch Wasserwerke

* Arten von Grundwasserfließgeschwindigkeiten ( s. auch Bild 6.7): - Bahngeschwindigkeit vb wahre Fließgeschwindigkeit immer unbekannt - Abstandsgeschwindigkeit va Zeit, welche ein Grundwasserteilchen braucht, um eine bestimmte Wegstrecke von A nach B zurückzulegen Bestimmung mittels Tracerverfahren - Filtergeschwindigkeit vf definiert als Quotient aus Durchflussmenge und Durchflussfläche abstrakte Fließgeschwindigkeit ABER: bedeutsamste Geschwindigkeit in der Hydrogeologie, weil einfach bestimmbar und in der Praxis problemlos anwendbar (z. B. bei der Ermittlung von Entnahmemengen eines Brunnens)

Bild 6.7:

Arten von Grundwasserfließgeschwindigkeiten - Zusammenhang zwischen Abstands- und Filtergeschwindigkeit: vf = va * ne (6.1) mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s] va – Abstandsgeschwindigkeit [m/s] ne – entwässerbarer Hohlraumanteil, d. h. Hohlraumanteil, der durch das Grundwasser durchström-bar ist

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 118 * wichtigste Bestimmungsmethoden der Filtergeschwindigkeit: - Auswertung von Pumpversuchen (s. Bild 6.8) Messung von Entnahmemenge je Zeiteinheit und Zuflussfläche - Anwendung des DARCY-Gesetzes Messung des Filtrationskoeffizienten (Gesteinsdurchlässig-keit kf) und des hydraulischen Gefälles I (s. Bild 6.9) vf = kf * I (6.2) mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s] kf – Filtrationskoeffizient [m/s] gesteinsabhängig s. Bilder 6.10 und 6.11 I – hydraulisches Gefälle (Höhendifferenz / Längendifferenz s. Bild 6.9)

Bild 6.8:

Methodik von Pumpversuchen

Bild 6.9:

Illustration des DARCY-Gesetzes

Bild 6.10:

Filtrationskoeffizienten (kf-Werte) für ausge-wählte Lockergesteine

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 119

Bild 6.11:

Filtrationskoeffizienten (kf-Werte) für ausge-wählte Festgesteine

* Grundwasserspeicherung: - Grundwasserspeicherung abhängig von: Geometrie des Grundwasserleiters (Mächtigkeit, horizontale Erstreckung) Volumen Wasserspeicherfähigkeit des Gesteins Hohlraumvolumen (Porosität), abhängig von: Lockergestein: Porenanzahl, Porengröße, Porengrößenverteilung Festgestein: Kluftanzahl, Klüftgröße. Kluftgrößenverteilung, Kluftverbindungen - entscheidend für die Grundwasserergiebigkeit Verteilung in Deutschland s. Bild 6.12

Bild 612:

Grundwasserergiebigkeiten in Deutschland (HAD, 2000) * Hohlraumanteile aus hydrogeologischer Sicht (am Beispiel von Lockersedimenten): - Gesamthohlraumanteil = Gesamtporosität = Volumen aller Poren bezogen auf das Gesamtvolumen = Gesamtvolumen minus Gesteinsvolumen - Spannweiten der Gesamtvolumina s. Bild 6.13

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 120

Bild 6.13:

Gesamthohlraumanteile für ausgewählte Locker-sedimente - WICHTIG: Aus dem Gesamthohlraumanteil ist keine Aussagen zu den Wassertransport- und Wasserspeichereigenschaften ableitbar! entscheidend: Porengrößenverteilung (Verhältnis der kleinen zu den großen Poren) Zusammenhänge s. Bild 6.14 - große Poren gut entwässerbar (im Sinne der Hydrogeologie) entwässerbare Porosität aus Sicht der Hydrogeologie (Grundwasserhydraulik) bedeutsamster Hohlraumanteil - kleine Poren schlecht entwässerbar aus Sicht der Hydrogeologie wenig interessant - Spannweiten der entwässerbaren Porositäten für ausgewählte Lockersedimente s. Bild 6.15

Bild 6.14:

Hohlraumanteile und ihre Bedeutung bezüglich ihrer Entwässerbarkeit

Bild 6.15:

Entwässerbare Porosi-täten für ausgewählte Lockersedimente

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 121 6.5. Bestimmung hydrogeologisch relevanter Parameter bezüglich der Grund-

wasserhydraulik * Methoden zur Bestimmung des Filtrationskoeffizienten (kf-Wert): - Berechnung aus der Kornverteilung Prinzip s. Bild 6.16, anwendbar nur für Lockergesteine

Bild 6.16:

Herangehensweise bei der Bestim-mung des kf-Wertes aus der Korn-verteilung - laborative Ermittlung mittels DARCY-Durchströmungsversuch, anwendbar nur für Lockergesteine:

Q Δh V Ausgangspunkt: DARCY-Gesetz: vf = = kf * I = kf * mit Q = (6.3) A Δl t Q * Δl kf = (6.4) A * Δh mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s] Q – Durchflussmenge [m/s] A – Durchflussfläche [m2] kf – Filtrationskoeffizient [m/s] I – hydraulisches Gefälle

Δh – Druckhöhendifferenz [m] Δl – Fließlänge [m] t – Zeit [s] Laborversuch + Messung von Q, A, Δh, Δl s. Bild 6.17

Bild 6.17:

Prinzip des DARCY-Durchströmungsversuches - in-situ-Bestimmung mittels Pumpversuch, anwendbar für Locker- und Festgesteine: Grundwasserförderung aus einem Brunnen Messung der Grundwasserabsenkung im Brunnen u./o. in Beobachtungspegeln im Einfluss-bereich des Brunnens

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 122 kf-Wert abhängig von der Fördermenge Q und der Form des Absenktrichters 2 Beispiele s. Bild 6.18 Auswerteverfahren in Abhängigkeit von den Randbedingungen (gespannte bzw. ungespannte, stationäre bzw. instationäre Verhältnisse) THEISS, COOPER-JACOB, DUPUIT-THIEM, ... s. Module im Master Hydrogeologie P - Beobachtungspegel vf - Filtergeschwindigkeit a) Kies-Grundwasserleiter:

b) Ton-Grundwasserstauer:

Bild 6.18:

Fördermenge und Form des Absenktrichters für Kies (a) bzw. Ton (b)

* Methoden zur Bestimmung des hydraulischen Gefälles I: - hydraulisches Gefälle für ungespannte bzw. gespannte Grundwasserverhältnisse unterschiedlich definiert: Gefälle der Grundwasseroberfläche (ungespannte Verhältnisse) Gefälle der Grundwasserdruckfläche (gespannte Verhältnisse) - Messung der Grundwasseroberfläche bzw. der Grundwasserdruckfläche an mindestens 3 Mess-stellen (Pegeln, Brunnen) mittels geeigneter Messgeräte (i. d. R. Kabellichtlot s. Bild 6.19 Bild 6.19:

Messgeräte zur Grund-wasserstandsmessung

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 123 - Umrechnung der gemessenen Grundwasserstände auf ein einheitliches Bezugsniveau (i. d. R. m NN) Vergleich der Grundwasserstände möglich, Beispiel s. Bild 6.20

Bild 6.20:

Beispiel für die Umrechnung eines gemessenen Grundwasserstandes in m NN - kartenmäßige Darstellung im hydrologischen Dreieck (im Fall von nur 3 Messstellen) bzw. Hydroisohypsenplan (Plan mit Linien gleichen Grundwasserstandes bzw. gleicher Grundwasser-druckhöhen im Fall von mehr als 3 Messstellen) s. Bilder 6.21 und 6.22

Bild 6.21:

Hydrologisches Dreieck (aus HÄLTING, COLDEWEY, 2009)

Bild 6.22:

Hydroisohypsenplan (nach HÄLTING, 1996)

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 124 - Voraussetzungen für die Erstellung eines Hydroisohypsenplanes: Anwendung nur für poröse Grundwasserleiter (Lockergestein, allenfalls poröses Festgestein) zusammenhängende Grundwasseroberfläche / zusammenhängende Verbreitung des Grundwasser-leiters Messstellen (Pegel) müssen alle im gleichen Grundwasserleiter stehen Grundwasserstandsmessungen an einem Tag (sog. Stichtagsmessung) Eliminieren von fehlerhaften Grundwasserstandsmessungen, z. B. durch fehlerhaften Pegeleinbau, Funktionsstörungen des Pegels, ...)

* Methoden zur Bestimmung von Hohlraumanteilen (Gesamthohlraumanteil n, entwässerbare Porosität ne und Restwassergehalt nr): - Gesamtporosität n (Verhältnis von Porenvolumen zum Gesamtgesteinsvolumen s. Abschnitt 6.4): Vp Vg - Vs Vs ms n = ── = ────── = 1 – ── = 1 – ────── (6.5) Vg Vg Vg Vg * ρs mit: n - Gesamtporosität [ ] Vp - Porenvolumen [cm3] Vg - Gesamtgesteinsvolumen [cm3] Vs - Feststoffvolumen [cm3]

für nichtbindige und regelmäßig geformte bindige Lockergesteine: Abmessungen des Stech-zylinders Volumenberechnung entsprechend Zylinderformel für unregelmäßig geformte bindige Lockergesteine: z. B. Tauchmethode Überziehen der Probe mit Schelllack oder Paraffin + Eintauchen in eine Flüssigkeit Messung des ver-drängten Volumens mm - Trockenmasse der Gesteinsprobe [g] Entfernung des Porenwassers durch Trocknung der Probe im Trockenschrank bei T = 105 °C bis zur Massenkonstanz anschließende Wägung

ρs - Reindichte der Probe (ρs = ms / Vs) wird als bekannt vorausgesetzt, da Schwankungen gering: Sande: 2,63 ... 2,65 g/cm3, Tone: 2,65 ... 2,80 g/cm3 - entwässerbare Porosität ne Restwassergehalt nr: mittels Abtropfmethode (gravitative Entwässerung) Auffangen und Auslitern des gravitativ entwässerbaren Wassers aus einer Probe im Labor) Abtropfdauer mindestens 3 Tage mittels Druckplatten-Extrator Anlegen eines definierten Drucks (als Unter bzw. Überdruck), der genau der Feldkapazität (pF 1,8 = 63 cm Wassersäule WS) entspricht an die Probe Verkürzung der Entwässerungszeit auf wenige Minuten/Stunden Auffangen des Gravi-tationswassers bzw. Wägung der Probe nach Entwässerung (Probe enthält nur noch Haftwasser) Berechnung von nr: VHW nr = ─── (6.6) Vg mit: nr - Restwassergehalt [ ] VHW - Haftwasservolumen [cm3] Vg - Gesamtgesteinsvolumen [cm3] Berechnung von ne: ne = n – nr (6.7) Bedeutung der Symbole s. Gleichungen 6.5 und 6.6

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 125 6.6. Grundwasserbeschaffenheit, Grundwasserschutz * Stoffquellen und Stoffgruppen: - Stoffquellen (anthropogen, geogen): Atmosphäre, Boden, Gestein - chemisch bedingte Stoffgruppen mit Schadstoffrelevanz im Grundwasser s. Bild 6.23 - Quellen für biologische Verunreinigungen s. Bild 6.24 - Überprüfung der Grundwasserbeschaffenheit mittels Wasserprobenahme

Bild 6.23:

Stoffgruppen aus hydrochemischer Sicht

Bild 6.24:

Stoffgruppen aus hydrobiologischer Sicht * Wasserprobenahme aus dem Grundwasser: - WICHTIG: Gewährleistung der räumlichen und zeitlichen Repräsentanz der Wasserprobe - Nutzung von Brunnen bzw. Grundwassermessstellen (Pegeln) zur Probenahme - Grundwasserentnahme aus Brunnen: Entnahme aus dem Rohwasserförderstrom Mischwasser (Mischprobe) räumliche Zuordnung zu einzelnen Brunnen oftmals schwierig bzw. unmöglich (s. beispielhaft Bild 6.25)

Bild 6.25:

Beispiel einer Grundwasserentnahme aus verschie-denen Grundwasserleitern

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 126 - Grundwasserentnahme aus Grundwassermessstellen: Schritt 1: Klarpumpen Ziel: Austausch des abgestandenen Wassers gegen Frischwasser Schritt 2: Probenahme mittels Pumpentnahme (bei horizontierter Probenahme in mächtigen Grundwasserleitern Verwendung von Packern, s. Bild 6.26) bzw. mittel Schöpfgerät (Beispiel für ein solches Gerät s. Bild 6.27)

Bild 6.26: Packer für eine horizontierte Grundwasserprobenahme

Bild 6.27:

Schöpfgerät zur Grundwasserprobenahme Schritt 3: organoleptische Prüfung (Sinnesprüfung) Aussehen (Farbe, Trübung), Geruch, Geschmack Schritt 4: Bestimmung von Vor-Ort-Parametern Parameter, deren Werte sich zeitlich schnell ändern können: Wassertemperatur, pH-Wert, spezifische elektrische Leitfähigkeit, Redoxpoten-zial, Sauerstoffgehalt, Sauerstoffsättigung, sonstige: CO2, Chlor, Ozon, ... Schritt 5: Probenstabilisierung Verwendung chemisch-biologisch neutraler Flaschen, Kon-servierung, Kühlung, dunkle Lagerung / Transport, Filtration, Ansäuern, ... in Abhängigkeit von den im Labor zu untersuchenden Wasserinhaltsstoffen

* Grundwasserschutz: - Bereiche des Grundwasserschutzes s. Bild 6.28 - Gewährleistung des Schutzes vor anthropogener Kontamination durch Trinkwasserschutzzonen * Trinkwasserschutzgebiet, Trinkwasserschutzzonen: - Trinkwasserschutzgebiet = Einzugsgebiet (bzw. Teileinzugsgebiet), das durch zielgerichtete Maß-nahmen, Nutzungsbeschränkungen u./o. (nicht vordergründig) Verbote vor Kontamination zu schützen ist

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 127

Bild 6.28:

Bereiche des Grund-wasserschutzes - Unterteilung des Trinkwasserschutzgebiets in Schutzzonen:

Einteilung in drei Schutzzonen Charakteristika s. Bild 6.29 und Tabelle 6.1

Bild 6.29:

Trinkwasserschutzzonen Tabelle 6.1: Kennzeichen der drei Trinkwasserschutzzonen Schutzzone I Schutzzone II Schutzzone III Name Fassungsbereich Engere Schutzzone Weitere Schutzzone Größe ≥ 10 m um die Brunnen hydraulisch: 50-Tage-Linie (Bemessung s. u.) gesamtes unterirdisches Einzugsgebiet Hauptziel Schutz vor jeglichen Verunreinigungen Schutz vor bakteriellen und organischen Verunreinigungen Schutz vor schwer abbaubaren chemischen und radioaktiven Substanzen Verbote, Nutzungs-beschränkungen Nutzung nur zum Zweck der GW-Förderung alles weitere verboten Einzäunung Zutrittsverbot keine organische Düngung keine Bodeneingriffe, keine Bebauung keine Abwasserkanäle keine Gülleausbringung keine PBSM, keine Massentierhaltung keine Deponien / Halden kein neuer Bergbau, keine neuen großen Industrieanlagen

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 128 - hydraulische Bemessung der Schutzzone II (Ermittlung der 50-Zage-Linie): a) experimentell Tracerversuch Bestimmung der Abstandsgeschwindigkeit va b) rechnerisch iteratives Verfahren (s. auch Bild 6.30) Vorgabe einer Richtung vom Brunnen, dessen 50-Tage-Linie ermittelt werden soll (im Bild 6.30 in östlicher Richtung) und Wahl eines beliebigen Punktes innerhalb des Einzugsbebiets Ablesen von Δh1 und Δs1 (Iterationsschritt 1) Berechnung des hydraulischen Gefälles ΔI1 Berechnungsgrundlage: Abstandsgeschwindigkeit und Zusammenhang Abstands-/Filter-geschwindigkeit ( s. auch Gleichung 6.1): s1 s1 s1 va,1 = ─── = ──────────────── = ──────────── (6.8) 50 d 50 * 24 * 60 * 60 Sekunden 4,32 * 106 Sekunden mit: va – Abstandsgeschwindigkeit [m/s] s1 – Entfernung Brunnen / gewählter Punkt ne – entwässerbarer Hohlraumanteil Umstellen nach s (s entspricht nach Berechnung s2 Basis des Iterationsschritts 2): s2 = va,1 * 4,32 * 106 Sekunden (6.9) Δh1 wobei vf,1 = kf * I1 = kf ─── (6.10) Δs1 mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s] I1 – hydraulisches Gefälle [m/m]

Δh1 – Höhendifferenz der Grundwasserstände bzw. Grundwasserdruckhöhen zwischen dem Brunnen und dem Punkt s1 Δs1 – Entfernung Brunnen / gewählter Punkt

In diesem Fall (vgl. Bild 6.30) wäre der gewählte Abstand s1 zu klein I1 zu groß vf,1 zu groß va,1 zu groß berechneter Abstand s2 > s1 s2 zu groß (was man im Zuge der weiteren Iteration ja aber erst herausbekommt) weitere Iterationsschritte analog zuvor Ablesen von Δh2 zugehörig zu Δs2 Berechnung des hydraulischen Gefälles ΔI2 Berechnung von s3 Beendigung der Berechnung für die vorgegebene Richtung, wenn si ≈ si-1

Bild 6.30:

Iterative Bestimmung der 50-Tage-Linie zur Bemessung der Schutzzone II

Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 129 Wahl weiterer Richtungen s. Bild 6.31 und Beginn der Berechnung für alle weiteren Rich-tungen

Bild 6.31:

Beispiel zur Vorgabe von verschiedenen Rich-tungen zur Bemessung der Schutzzone II - hydraulische Bemessung der Schutzzone III:

Ermittlung des unterirdischen Einzugsgebiets unter Nutzung von Hydroisohypsenplänen Methodik s. Bild 6.22 Besonderheit für den Fall eines großen unterirdischen Einzugsgebiets (gilt für Längs-erstreckungen L > 2 km: Unterteilung in Schutzzone III A und III B möglich Aufweichung der Verbote und Nutzungsbeschränkungen in der Schutzzone III B Wirtschaftlichkeitsaspekt

Prinzip s. Bild 6.32

Bild 6.32:

Unterteilung der der Schutz-zone III für große Einzugs-gebiete

Anhang Übungen zum Modul „Anwendung hydrologischer Methoden“ Übung 1: Wasserbilanzbetrachtungen Übung 2: Auswertung von Niederschlagsaufzeichnungen sowie Ermittlung des langjährig mittleren Gebietsniederschlages Übung 3: Standortbezogene Interpolation von punktuell gemessenen Starkregenwerten Übung 4: Ermittlung des Bemessungsniederschlages Übung 5: Dimensionierung einer Regenwasser-Sammelanlage Übung 6: Berechnung von Schneeakkumulations- und Schneeschmelzmengen Übung 7: Verfahren zur Ermittlung der potentiellen Verdunstung Übung 8: Ermittlung von Werten der realen Verdunstung aus Bodenfeuchte- und Lysimeter-messungen Übung 9: Empirische Verfahren zur Ermittlung der realen Verdunstung Übung 10: Interzeptionsspeicher- und -verdunstungsmengen Übung 11: Auswertung von Durchflussmessungen I (Dreiecksmesswehr und Tracer) Übung 12: Auswertung von Durchflussmessungen II (hydrometrischer Messflügel) Übung 13: Statistische Auswertung von Durchflussdaten (Datenprüfung) Übung 14: Ermittlung der Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses Übung 15: Ermittlung hydrologischer Einzugsgebietsparameter Übung 16: Einfache Ansätze zur Ermittlung von Abflussbildung und -konzentration Übung 17: Auswertung von Grundwasserstandsmessungen – Hydroisohypsenplan Übung 18: Bestimmung des kf-Wertes von nichtbindigen Lockersedimenten I (Ermittlung aus der Kornverteilungskurve) Übung 19: Bestimmung des kf-Wertes von nichtbindigen Lockersedimenten II (Durchströmungs-versuch) Übung 20: Laborative Porositätsbestimmung Übung 21: Schutzgebietsabgrenzung eines Brunnens für die Trinkwassergewinnung

Hydrologische Übung 1: Wasserbilanzbetrachtungen ► Aufgabenstellung: Angabe der Wasserbilanz eines oberirdischen Wasserspeichers in Abhängigkeit von den Zuflüssen, dem Niederschlag, der Verdunstung und dem Wasserverbrauch ► gegebene Informationen: - künstliches oberirdisches Wasserspeicherbecken (nach unten abgedichtet):

Oberfläche des Wasserspeichers: 21 ha Speichervolumen bei Vollstau: 970 000 m3 Wegen der sehr steilen Uferwände (aus Gneisplatten) und der geringen maximalen Wassertiefe im Vergleich zur Wasseroberfläche kann näherungsweise von einem senkrechten Ufer ausgegangen werden. - oberirdisches Einzugsgebiet bis zum Einlauf in das Speicherbecken: 1,6 km2 - langjährig mittlere monatliche Niederschläge im Einzugsgebiet und im Bereich des Wasserspeichers s. Tabelle Ü 1.1 - langjährig mittlere monatliche Verdunstungsmengen aus dem Speicher ET [mm] s. Tabelle Ü 1.1 - langjährig mittlere monatliche Zuflussmengen MQ [l/s] zum Wasserspeicher s. Tabelle Ü 1.1 - Wasserabgaben aus dem Wasserspeicher infolge kommunalem Wasserverbrauchs: Deckung des Wasserbedarfs von 19 500 Einwohnern mit einem durchschnittlichen spezifischen Wasserverbrauch von 104 l/d je Einwohner (Kleingewerbe eingeschlossen) - langjährig mittlere monatliche Beregnungsmengen für die Landwirtschaft VLW [103 m3 ], die eben-falls aus dem Wasserspeicher zu realisieren sind s. Tabelle Ü 1.1 - landschaftlich (ökologisch) notwendiger Mindestabfluss aus dem Speicher: QMIN 4,0 l/s Tabelle Ü 1.1: Langjährig mittlere monatliche und jährliche Niederschlags-, Zufluss-, Verdunstungs- und kommunalen Wasserverbrauchswerte des oberirdischen Wasserspeichers (Reihe 1961 - 90)

J F M A M J J A S O N D Jahr

P 53,1 53,7 60,2 72,9 84,7 93,7 93,4 103,0 69,0 57,9 59,2 67,9 868,7

ET 3,3 5,6 20,1 41,2 73,9 102,6 112,3 108,6 68,1 38,6 16,3 8,6 599,2

MQ 29,7 31,5 24,4 22,3 13,5 11,2 8,4 8,1 6,2 14,1 26,9 34,4 19,2

VLW - - - - 8,4 14,1 19,0 16,5 1,9 - - - 55,0 P – Niederschlag (messfehlerkorrigiert) [mm] MQ – mittlerer Zufluss zum Wasserspeicher [l/s] ET – Verdunstung aus dem Wasserspeicher [mm] VLW – landwirtschaftlicher Wasserverbrauch [103 m3 ]

► Aufgaben: 1. Berechnen Sie die Wassertiefe bei Vollstau! 2. Für eine Wasserbilanzierung (Vergleich der einzelnen Bilanzgrößen) ist die Umrechnung in eine einheitliche Maßeinheit notwendig. Dies kann in mm, l/s, m3/s, m3/mon, … sein. In der Hydrologie hat sich im Zusammenhang mit Wasserbilanzen die Maßeinheit mm durchgesetzt. Rechnen Sie die langjährig mittlere monatliche Zuflussmengen MQ, die landschaftlich notwendigen Mindest-abflüsse QMIN , die kommunalen Wasser-verbrauchswerte VKO sowie die Beregnungsmengen für die Landwirtschaft VLW in mm um! Dokumentieren Sie den Lösungsweg! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü1.2 ein! Tabelle Ü 1.2: Langjährig mittlere monatliche und jährliche Wasserbilanzen des oberirdischen Wasser-speichers in mm (Reihe 1961 - 1990) J F M A M J J A S O N D Jahr

P 53,1 53,7 60,2 72,9 84,7 93,7 93,4 103,0 69,0 57,9 59,2 67,9 868,7

ET 3,3 5,6 20,1 41,2 73,9 102,6 112,3 108,6 68,1 38,6 16,3 8,6 599,2

MQ

VKO

VLW - - - - - - -

QMIN

Bilanz P – Niederschlag (messfehlerkorrigiert) [mm] MQ – mittlerer Zufluss zum Wasserspeicher [mm] ET – Verdunstung aus dem Wasserspeicher [mm] VLW – landwirtschaftlicher Wasserverbrauch [mm] VKO – kommunaler Wasserverbrauch [mm] Bilanz – Gesamtbilanz [mm] 3. Berechnen Sie die Gesamtbilanz für den Wasserspeicher! Interpretieren Sie die Bilanzwerte bezüglich des innerjährlichen Verhaltens und bezüglich des Jahreswertes! 4. Wie groß kann die Wasserabgabe aus dem Speicher in das Fließgewässer unterhalb maximal sein, um dennoch in Summe (d.h. über das gesamte Jahr gesehen) eine ausgeglichene Bilanz zu haben?

Hydrologische Übung 2: Auswertung von Niederschlagsaufzeichnungen sowie Ermittlung des langjährig mittleren Gebietsniederschlages a) Auswertung einer Regenschreiber-Aufzeichnung ► gegebene Informationen: - Niederschlagsaufzeichnungen (Wochenstreifen) des HELLMANN-Regenschreibers der TU Berg-akademie Freiberg, Institut für Geologie (s. Bild Ü 2.1) - aufgelegt: 14.07.1997, 07:30 Uhr MESZ - abgenommen: 21.07.1997, 09:00 Uhr MESZ - Vorinformation: kein Niederschlag am 13.07.97 bis 14.07.97 vor 07.30 Uhr MESZ ► Aufgaben: 1. Ermittlung der Tagessummen der Niederschläge vom 14.07.-20.07.1997: Die Niederschlagssumme eines Tages ist die Menge des Niederschlages von 07.00 Uhr MEZ des betrachteten Tages bis 07.00 Uhr MEZ des Folgetages (evtl. Sommerzeit beachten!) 2. Ermittlung der stündlichen Niederschlagswerte für den 20.07.97 (Sonntag) 3. Interpretation Hinweise zur Interpretation: Angaben zu Juli-Niederschlagswerten (unkorrigiert) von Freiberg: - Monatssumme 1997: 115 mm - Mittelwert (Monatssumme): 93 mm (1951 – 1990) - Maximale Monatssumme: 303 mm (1954) - Minimale Monatssumme: 17 mm (1964) b) Anwendung der THIESSEN-Polygonmethode zur Ermittlung des langjährigen mittleren Gebiets-

niederschlages auf der Grundlage punktuell gemessener Niederschlagswerte ► gegebene Informationen: - Karte des zu untersuchenden Gebietes mit den Niederschlagsstationen (s. Bild Ü 2.2) - beobachtete langjährig mittlere Niederschlagsmengen (s. Tabelle Ü 2.1) ► Aufgaben: 1. Konstruktion der THIESSEN-Polygone im Bild Ü 2.2 2. Ermittlung des mittleren jährlichen Gebietsniederschlages für die interessierende Fläche

Bild Ü 2.1: Regenschreiberaufzeichnung (14. – 21.07.1997)

Bild Ü 2.2: Karte des zu untersuchenden Gebiets

Tabelle Ü 2.1: Langjährig mittlere Jahresniederschlagswerte für die Messstationen in Bild Ü 2.2 Nummer i (1) Niederschlag Pi [mm/a] (2) Fläche Ai [km2 ] (3) Flächenanteil Ai [ ] (4) gewichtetes Mittel Pg,i [mm/a] (5) = (2) * (4) 1 543 2 551 3 559 4 549 5 557 6 551 7 524 8 530 9 512 10 592 11 585 12 539 13 541 14 544 gesamt Parthm. = 548 1

Hydrologische Übung 3: Standortbezogene Interpolation von punktuell gemessenen Starkregenwerten ► gegebene Informationen: - Lage der Standorte der meteorologischen Messstationen im Raum Freiberg s. Bild Ü 3.1

Bild Ü 3.1: Lage der meteorologischen Messstationen im Raum Freiberg - Tagesniederschlagssummen P des lokalen Starkregenereignisses (Gewitterzelle) vom 17.08.2009 sowie Höhenlagen H der Messstationen: Station 1 (Hydrogeologie Meißer-Bau): P = 35,9 mm, H = 402 m NN Station 2 (Geoökologie Reiche Zeche): P = 32,5 mm, H = 427 m NN Station 3 (Saxonia): P = 18,0 mm, H = 418 m NN Station 4 (Dauerbeobachtungsfläche LfULG Hilbersdorf): P = 16,9 mm, H = 359 m NN Station 5 (Tierpark): P = 27,4 mm, H = 424 m NN - Lage des Stadtzentrums Punkt, für den der Tagesniederschlag vom 17.08.2009 ermittelt werden soll

► Aufgaben: 1. Ermitteln Sie die Tagessumme des Niederschlages vom 17.08.2009 für das Stadtzentrum von Freiberg mittels verschiedener Interpolationsmethoden: - arithmetisches Mittel - Polygonmethode - Isohyetenmethode - Invers-Distanz-Methode Wählen Sie die für die o. g. Methoden notwendigen Messpunkte aus und begründen Sie Ihre Auswahlentscheidungen! 2. Stellen Sie die für das Stadtzentrum ermittelten Werte gegenüber und nehmen Sie eine Wertung der verschiedenen Interpolationsmethoden unter folgenden Gesichtspunkten vor: - Vor- und Nachteile der Methoden - Anwendbarkeit in Bezug auf den konkreten Anwendungsfall 3. Welches Verfahren würden Sie im konkreten Anwendungsfall priorisieren? Begründen Sie Ihre Entscheidung! 4. Schätzen Sie die Menge an Oberflächenabfluss in mm ab, die sich im Stadtzentrum von Freiberg, konkret auf der Fläche des Obermarktes inklusive der angrenzenden Häuser (Fläche: ca. 120 * 120 m) während des Starkregenereignisses in etwa gebildet hat, wenn Sie von folgenden Abflussbeiwerten (Abflussbeiwert = Anteil vom Niederschlag, der zu Oberflächenabfluss wird) ausgehen: - 25 % Dachflächen: ca. 90 % Abflussbeiwert - 75 % Natursteinpflasterung: ca. 60 % Abflussbeiwert 5. Wieviel Liter bzw. Kubikmeter Oberflächenabfluss bilden sich für die Fläche des Obermarktes inklusive der angrenzenden Häuser? Verwenden Sie die im Ergebnis der Aufgabe 4 ermittelten Werte! Welche Fläche müsste ein 1,5 m tiefes Regenrückhaltebecken (senkrechte Wände voraus-gesetzt) mindestens haben, um diese Wassermengen vollständig aufzufangen und zwischen-zuspeichern? 6. Auf welche Werte (in mm, l bzw. m3) würden sich die Oberflächenabflüsse für die Fläche des Obermarktes inklusive der angrenzenden Häuser reduzieren, wenn man den Obermarkt folgen-dermaßen umgestalten würde: - 20 % Dachflächen wie bisher - 5 % Dachflächen begrünt: ca. 40 % Abflussbeiwert - 20 % Fahrstraßen mit Natursteinpflasterung wie bisher: ca. 60 % Abflussbeiwert - 30 % Rasengittersteine: ca. 20 % Abflussbeiwert - 25 % Grünfläche: ca. 15 % Abflussbeiwert Mit welcher Fläche käme das in Aufgabe 5 betrachtete Regenrückhaltebecken unter Berück-sichtigung der ökologisch günstigeren Randbedingungen nunmehr aus?

Hydrologische Übung 4: Ermittlung des Bemessungsniederschlages ►Aufgabenstellung: Ermittlung des Bemessungsniederschlages für ein kleines Einzugsgebiet im Erzgebirge (bei unter-schiedlicher Datensituation bezüglich der Niederschlagsinformation) ►gegebene Informationen: Für die Dimensionierung zweier neu zu bauender Brücken über den Hölzelbergbach ist im Rahmen eines hydrologischen Gutachtens gefordert, im Zuge der Ermittlung der Bemessungshochwasser die Bemessungsregen zu ermitteln. Von den beiden Brücken soll sich eine innerhalb einer Ortschaft (Ort Lippersdorf) und eine außerhalb des Ortes (jeweils an der Einzugsgebietsgrenze) befinden. Gebietscharakteristik: - Einzugsgebiet des Hölzelbergbaches, Zufluss zur Talsperre Saidenbach (Teileinzugsgebiet der Flöha, Mittleres Erzgebirge, Nähe Zschopau) - Einzugsgebietsfläche: 0,76 km2 - Nutzung: 92 % Landwirtschaft 4 % Forstwirtschaft 4 % Siedlungsfläche (Lippersdorf, aufgelockerte dörfliche Bebauung) - längster Fließweg im Einzugsgebiet bis zur Einmündung in die Talsperre: 1,3 km - höchster Punkt im Einzugsgebiet: 517 m ü. NN - niedrigster Punkt im Einzugsgebiet: 439 m ü. NN Für das Zschopaugebiet existiert eine Niederschlagshöhen-Dauer-Häufigkeits-Beziehung vgl. Bild Ü 4.1). ►Aufgaben: 1. Legen Sie das Bemessungswiederkehrsintervall fest! Begründen Sie Ihre Festlegung! 2. Ermitteln Sie die maßgebende Bemessungsregendauer! Welche Faktoren beeinflussen die Bemessungsregendauer? Begründen Sie die Auswahl der durch Sie verwendeten Berech- nungsgleichung! 3. Bestimmen Sie den Bemessungsniederschlag für das Untersuchungsgebiet unter Verwendung der gegebenen Niederschlagshöhen-Dauer-Häufigkeits-Beziehung! 4. Welcher Bemessungsniederschlag würde sich ergeben, wenn keine Niederschlagshöhen- Dauer-Häufigkeits-Beziehung vorliegen würde? 5. Diskutieren und werten Sie die Ergebnisse der Aufgaben 3 und 4!

Bild Ü 4.1: Niederschlagshöhen-Dauer-Häufigkeits-Beziehung für das Zschopaugebiet

Hydrologische Übung 5: Dimensionierung einer Regenwasser-Sammelanlage ► Aufgabenstellung: Bemessung einer Sammelanlage für Regenwasser zur Brauchwasserversorgung eines Einfamilien-hauses ► gegebene Informationen: Zur Brauchwasserversorgung sollen 3 Satteldächer (Haus, Garage und Schuppen) genutzt werden (vgl. Tabelle Ü 5.1 und Bild Ü 5.1). Tabelle Ü 5.1: Informationen zu den Dachflächen Dachfläche [m2 ] Dachlänge [m] Dachneigung [°] Eindeckung Haus Garage Schuppen 136,0 51,9 22,2 10,0 6,0 3,5 36 36 30 Dachziegel Dachziegel Metalldach Bild Ü 5.1: Skizze (nicht maßstabgerecht) zur Gestaltung der Dächer Die Abflussbeiwerte der Dachflächen können in etwa wie folgt angesetzt werden (Abflussbeiwert = Abfluss/Niederschlag): - Dächer mit Dachziegeleindeckung: ψ ≈ 0,8 (unter Berücksichtigung des sog. Anfangsverlustes bei Regenbeginn, vgl. auch Abschnitt 5.6.2 Skript Hydrologie I) - Metalldächer: ψ ≈ 0,9 (ebenfalls unter Berücksichtigung des Anfangsverlustes) Durch die Regenwasseranlage sollen gespeist werden (s. auch Tabelle Ü 5.2): - die Toilettenspülung, - die Waschmaschine, - eine Zapfstelle im Keller (für Reinigungszwecke) und - eine Zapfstelle im Garten (für Bewässerungszwecke).

Tabelle Ü 5.2: Wasserverbrauch der Bewohner des Einfamilienhauses (4-Personen-Haushalt) Anzahl Verbraucher Häufigkeit der Benutzung spezifischer Verbrauch je Benutzung Tagesver- brauch [l] Regenwasser möglich? 2 1 1 1 1 2 1 1 Toilettenspülung Waschmaschine Geschirrspüler Badewanne Dusche Handwaschbecken Zapfstelle (Keller) Zapfstelle (Garten) je 8 * / Tag 0,5 * / Tag 0,5 * / Tag 0,2 * / Tag 3 * / Tag je 16 * / Tag 1 * / Tag 0,2 * / Tag*) 8 l 130 l 40 l 125 l 40 l 1 l 8 l 40 l ja ja nein nein nein nein ja ja Wasserverbrauch insgesamt: l/d (Monate Oktober - April) Wasserverbrauch insgesamt: l/d (Monate Mai - September) davon Regenwasser: l/d (Monate Oktober - April) davon Regenwasser: l/d (Monate Mai - September) *) Mai - September ► Aufgaben: 1. Berechnen Sie die täglichen Verbrauchswerte! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü 5.2 ein! 2. Berechnen Sie auf Grundlage der täglichen Verbrauchswerte die Monatssummen des Ver-brauches, der durch Regenwasser zu decken wäre! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü 5.3 ein! 3. Berechnen Sie die effektiv wirksamen Dachflächen zur Regenwassersammlung (in die Waage-rechte projektierte Flächen unter Berücksichtigung der Dachneigungen)! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü 5.4 ein! 4. Ermitteln Sie das monatliche effektive Niederschlagsdargebot für die niederschlagsärmste Messstation, die in der Tabelle 3.8 (Seite 41 Skript Hydrologie I) für Deutschland aufgelistet ist! Tragen Sie die Werte entsprechend dem in Tabelle Ü 5.5 vorgeschlagenen Lösungs- algorithmus in die Ergebnistabelle (Tabelle Ü 5.5) ein! 5. Berechnen Sie die monatlichen Überschüsse bzw. Defizite! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü 5.5 ein! 6. Ermitteln Sie das maximale Defizit und den maximalen Überschuss! Kennzeichnen Sie jeweils das Defizit- und Überschussmaximum! Herangehensweise: Man beginnt mit der Aufsummierung der monatlichen Defizite bzw. Überschüsse ab dem Monat nach Ende der Überschussmonate (hier: letzter Überschussmonat = August, erster Defizitmonat = September) und führt das Aufaddieren bis zum Ende der Überschussmonate fort. 7. Ermitteln Sie das optimale (minimal notwendige) Speichervolumen der Regenwasser-Sammelanlage! (Das optimale Speichervolumen ist gleich dem maximalen Defizit.) Zeigen Sie, dass für dieses optimale Speichervolumen die Anlage gerade ausreichend bemessen ist! 8. Schlagen Sie unter Beachtung einer gewissen Sicherheit ein Ihrer Meinung nach aus hydro- logischer Sicht ausreichendes Speichervolumen vor!

Tabelle Ü 5.3: Monatssummen des Verbrauches, der durch Regenwasser zu decken wäre Monat JAN FEB MRZ APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ Summe Tage/Monat 31 28 31 30 31 30 31 31 30 31 30 31 365 Monatsverbrauch [l] Tabelle Ü 5.4: Effektiv wirksame Dachflächen Dachfläche A [m2 ] Dachlänge L [m] Dachbreite B [m] effektive Dachbreite Beff [m] effektive Dach- fläche AEFF [m2 ] Haus 136,0 10,0 Garage 51,9 6,0 Schuppen 22,2 3,5 Haus + Garage ──────── ──────── ──────── ──────── Bemerkungen: ──────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────── ──────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────── ──────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────── ──────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────── ────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────

Tabelle Ü 5.5: Ergebnistabelle Messstation: ....................................... Monat JAN FEB MRZ APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ Summe unkorrigierter Niederschlag P [mm] korrigierter Niederschlag PK [mm] PK * ψHAUS+GARAGE [mm] PK * ψHAUS+GARAGE * AHAUS+GARAGE [l] PK * ψSCHUPPEN [mm] PK * ψSCHUPPEN * ASCHUPPEN [l] ∑ Dargebot (Regenwasser) [l] ∑ Verbrauch (aus Tabelle Ü 3.3) [l] Überschuss (+) bzw. Defizit (-) [l] ∑ Überschuss/Defizit [l] optimales Speichervolumen VOPT = Defizitmaximum = l = m3 Beweis der optimalen Bemessung: ∑ Überschuss/Defizit [l] für VOPT vorzuschlagendes optimales Speichervolumen (für die Bauplanung/-ausführung): V = m3 (incl. % Sicherheit) Bemerkungen: ──────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────── ────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────────

Hydrologische Übung 6: Berechnung von Schneeakkumulations- und Schneeschmelzmengen ► Aufgabenstellung: - Anwendung verschiedener Methoden zur Ermittlung von Äquivalentwassergehaltsmengen während einer Schneeakkumulationsperiode - Anwendung des Tagesgradverfahrens zur Abschätzung von Schneeschmelzmengen für zwei unterschiedliche Standortbedingungen ► gegebene Informationen: - Mitte Oktober 2009: Schneerekordmengen in weiten Teilen Deutschlands - Beispiel: Brocken (Harz), 1 142 m NN - Messwerte meteorologischer Größen im Zeitraum vom 11.10. – 07.11.2009 s. Tabelle Ü 6.1 Tabelle Ü 6.1: Tägliche meteorologische Messwerte der Messstation Brocken (Werte des Deutschen Wetter-dienstes DWD, Quelle: www.dwd.de) für den Zeitraum vom 11.10. – 07.11.2009

Datum Tagesmitteltemperatur [°C] Tagesmittel der

Windgeschwindigkeit [bft] Tagessumme des Niederschlages

[mm] (unkorrigiert)

11.10.2009 3,7 7 26,1

12.10.2009 0,4 7 18,3

13.10.2009 -1,7 6 0,8

14.10.2009 -4,2 6 0,5

15.10.2009 -3,8 7 3,6

16.10.2009 -1,1 7 57,8

17.10.2009 -1,2 6 30,0

18.10.2009 -1,5 5 4,2

19.10.2009 -0,6 4 0,0

20.10.2009 -1,6 6 0,0

21.10.2009 2,6 5 0,0

22.10.2009 5,7 5 2,6

23.10.2009 3,4 4 0,3

24.10.2009 3,6 5 2,2

25.10.2009 5,1 6 0,8

26.10.2009 4,1 7 12,3

27.10.2009 4,2 5 7,7

28.10.2009 4,8 4 0,1

29.10.2009 5,0 4 0,6

30.10.2009 2,1 2 0,1

31.10.2009 2,3 4 0,0

01.11.2009 5,9 5 6,7

02.11.2009 3,1 5 15,9

03.11.2009 0,6 5 4,8

04.11.2009 0,3 7 11,3

05.11.2009 0,4 7 6,2

06.11.2009 1,1 6 1,5

07.11.2009 -0,3 Beginn Frostperiode 7 0,6 Bft 0 - Windstille 1 - leiser Zug 2 - leichte Briese 3 - schwache Briese 4 - mäßige Briese 5 - frische Briese 6 - starker Wind 7 - steifer Wind 8 - stürmischer Wind 9 - Sturm 10 - schwerer Sturm 11 - orkanartiger Sturm 12 - Orkan

- Informationen zur Art des Schnees: 13..10.: nasser Schnee (Pappschnee) 14. – 18.10.: lockerer Schnee (Pulverschnee) - Schneehöhen (Mittelwerte aus 5 Einzelmessungen): 13.10.2009: < 1 cm 14.10.2009: < 1 cm 15.10.2009: 2 cm 16.10.2009: 28 cm 17.10.2009: 42 cm 18. – 20.10.2009: 44 cm - Messergebnisse von Äquivalentwassergehaltsmessungen (Mittelwert aus 5 Einzelmessungen): Tag der Messung: 19.10.2009 morgens 2 640 ml Wasser (nach Aufschmelzen) Fläche des Schneestechgerätes: 200 cm2

► Aufgaben: 1. Ermitteln Sie die Äquivalentwassergehalte der Schneedecke für das Ende der Schneeakku-mulationsperiode nach verschieden Methoden! Gehen Sie dabei auf folgende Punkte ein: - Wann ist die Schneeakkumulationsperiode genau beendet? - Welche Werte ergeben sich für die Äquivalentwassergehalte der Schneedecke für den 19.10.2009 nach folgenden Methoden: auf Grundlage der gemessenen Niederschlagsmengen unter Berücksichtigung von Mess-fehlern unter Verwendung der Schneehöhen auf Basis der Äquivalentwassergehaltsmessungen - Nennen und diskutieren Sie Unsicherheiten und Fehler, die bei der Anwendung der 3 Methoden zu beachten sind! - Welche der 3 Methoden würden Sie priorisieren? Begründen Sie Ihre Wahl! 2. Berechnen Sie die täglichen Schneeschmelzmengen in der sich anschließenden Schneeschmelz-periode nach dem Tagesgradverfahren (Verdunstungsverluste können Sie in erster Näherung vernachlässigen) für zwei Bewuchszustände: - für Freiland (für den Brocken relevant) - für Nadelwald (falls der Brocken bewaldet wäre) Tragen Sie die Berechnungswerte in die Tabelle Ü 6.2 ein! Interpretieren Sie die berechneten Werte: - Wann ist die Schneedecke für die beiden untersuchten Fälle abgeschmolzen? - Wie groß sind die maximalen täglichen Schneeschmelzmengen? - Welche Äquivalentwassergehalte sind zu Beginn der sich anschließenden Frostperiode (ab 07.11.2009) in der Schneedecke für die beiden Zustände gespeichert? 3. Geben Sie die täglichen Gesamtabflüsse während der Schneeakkumulations- und Schneeschmelz-perioden an! Tragen Sie diese in die Ergebnistabelle Ü 6.3 ein! Interpretieren Sie die Gesamt-abflüsse (Zeiträume, Spitzen, wasserhaushaltliche Wirkungen der beiden Bewuchszustände)!

Tabelle Ü 6.2: Ergebnistabelle zu den täglichen Schneeschmelzmengen für Freiland und für Nadelwald Datum Tagesgradfaktor Freiland kFREILAND [mm/°C] Schneeschmelz-menge Freiland [mm] Tagesgradfaktor Nadelwald kNADELWALD [mm/°C] Schneeschmelz-menge Nadelwald [mm] 21.10.2009 22.10.2009 23.10.2009 24.10.2009 25.10.2009 26.10.2009 27.10.2009 28.10.2009 29.10.2009 30.10.2009 31.10.2009 01.11.2009 02.11.2009 03.11.2009 04.11.2009 05.11.2009 06.11.2009 Tabelle Ü 6.3: Ergebnistabelle zu den Gesamtabflüssen für Freiland und für Nadelwald Datum Schneeschmelz-menge Freiland [mm] Schneeschmelz-menge Nadelwald [mm] Niederschlag PK = 1,1 * P [mm] Gesamtwasser-abgabe Frei-land [mm] Gesamtwasser-abgabe Nadel-wald [mm] 21.10.2009 22.10.2009 23.10.2009 24.10.2009 25.10.2009 26.10.2009 27.10.2009 28.10.2009 29.10.2009 30.10.2009 31.10.2009 01.11.2009 02.11.2009 03.11.2009 04.11.2009 05.11.2009 06.11.2009

Hydrologische Übung 7: Verfahren zur Ermittlung der potenziellen Verdunstung ►Aufgabenstellung: Anwendung verschiedener Verfahren zur Ermittlung der potenziellen Verdunstung: a) Auswertung von Kesselverdunstungsmessungen, b) Auswertung von Lysimetermessungen, c) Anwendung empirischer Formeln und auf Grundlage der Ergebnisse aus a) bis c): d) Aufstellen einer klimatischen Wasserbilanz. ►gegebene Informationen: Für die meteorologische Messstation Görlitz (DWD-Station) liegen für das Jahr 1995 folgende Messdaten vor (s. Tabelle Ü 7.1) Tabelle Ü 7.1: Monatliche meteorologische Messwerte der Messstation Görlitz (aus den Monatlichen Witterungsberichten des Deutschen Wetterdienstes) Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Temperatur [°C]1) -0,8 4,3 3,0 8,2 12,9 14,7 20,7 18,8 12,9 11,6 1,4 -2,9 Rel. Luftfeuchte [%]1) 81 76 72 74 66 78 64 63 78 78 86 87 Sonnenscheindauer [h]2) 45 78 133 118 236 165 315 264 133 148 70 31 Niederschlag 1995 [mm]2) 54 41 36 54 90 155 45 100 76 8 57 29 Niederschlag (lang-jähriges Mittel [mm]2) 47 37 39 49 66 70 70 74 52 44 51 57 1) - Monatsmittelwert 2) - Monatssumme In der Nähe befindet sich ein hydrologisches Messfeld, auf dem u.a. ein Kesselverdunstungsmesser und eine Lysimeterstation vorhanden sind. Das hydrologische Messfeld lässt sich wie folgt kurz charakterisieren: - Lage: ca. 51 ° 0 min n. Br. und 14 ° 50 min ö. L. - relativ freistehendes Gelände (im Umkreis von ca. 100 m keine nennenswerte Bebauung) - Bewuchs: Gras - Morphologie: nahezu eben Speziell für den Monat Mai 1995 liegen folgende Messwerte vor: a) Messwerte des Kesselverdunstungsmessgerätes (U.S. Class A Pan): Gesamtwasserverlust infolge Verdunstung: 132 l Wasser im Monatsmittel geringe Windgeschwindigkeit (keine genaue Messung, lediglich Beob- achtung mittels Windfahne)

b) Messwerte der Lysimeterstation (wägbares Lysimeter): Lysimeteroberfläche: 2,2 m2 Masse des Lysimeters zu Monatsbeginn: 13 730,1 kg Masse des Lysimeters zum Monatsende: 13 728,3 kg Zusatzberegnungsmenge im Monat insgesamt: 48,0 l gemessene Sickerwassermenge (Monatsgesamtmenge): 51,9 l gemessener Oberflächenabfluss (Monatsgesamtmenge): 0,0 l ►Aufgaben: 1. Ermitteln Sie den Wert der potenziellen Monatsverdunstung [in mm] für den Monat Mai 1995 unter Verwendung der Kesselverdunstungsmesswerte! 2. Welcher Wert ergibt sich für die potenzielle Monatsverdunstung [in mm], ebenfalls Monat Mai 1995 in Auswertung der Lysimetermessungen? 3. Berechnen Sie die monatlichen Werte der potenziellen Verdunstung [in mm] für die Monate Januar bis Dezember 1995 unter Verwendung der in Tabelle Ü 7.1 gegebenen meteorologischen Werte! Tragen Sie die Ergebnisse in die Tabelle Ü 7.2 ein! 4. Stellen Sie die unter 1.) bis 3.) ermittelten Monatswerte für die potenzielle Verdunstung des Monats Mai 1995 gegenüber und werten Sie die Methoden bezüglich der Genauigkeit (Rangfolge der Methoden)! 5. Stellen Sie die klimatische Wasserbilanz für das Jahr 1995 auf (in tabellarischer oder grafischer Form)! Kennzeichnen Sie Nähr- und Zehrmonate! Werten Sie das Jahr 1995 unter klimatischem Aspekt (unter Verwendung der in der Tabelle Ü 7.1 gegebenen langjährigen Niederschlagswerte)! Tragen Sie die Ergebnisse in die Tabelle Ü 7.2 ein! Tabelle Ü 7.2: Werte der potenziellen Verdunstung und der klimatischen Wasserbilanz für das Jahr 1995 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jahr Unkorrigierter Niederschlag P [mm] 54 41 36 54 90 155 45 100 76 8 57 29 745 Korrigierter Nieder-schlag PK [mm] Potenzielle Verdun-stung ETP [mm] Überschuss (Nährmonat) [mm] Defizit (Zehrmonat) [mm]

Hydrologische Übung 8: Ermittlung von Werten der realen Verdunstung aus Bodenfeuchte- und Lysimter-messungen ► Aufgabenstellung: - Ermittlung der realen Verdunstung auf der Basis von Bodenfeuchtemessungen - Vergleich der Ergebnisse der Bodenfeuchtemessungen mit Lysimeterergebnissen ► gegebene Informationen: - Wochenwerte gemessener Bodenfeuchtigkeiten für insgesamt 5 Bodenhorizonte (in 10 – 60 cm Tiefe) am Standort Brandis für den Zeitraum vom 24.03. – 04.05.2003 s. Tabelle Ü 8.1 - Niederschlagswerte und Lysimtermassen für den gleichen Messzeitraum s. Tabelle Ü 8.1 - Tageswerte der o. g. Messwerte für den Zeitraum vom 04.05. – 10.05.2003 s. Tabelle Ü 8.1 - Lysimeteroberfläche: 1,0 m2 - keine Oberflächenabflüsse und Sickerwassermengen im Messzeitraum Tabelle Ü 8.1: Messwerte der Bodenfeuchtigkeiten, der Niederschläge und der Lysimetermassen für den Standort Brandis im Zeitraum vom 23.03. – 10.05.2003 Bodenfeuchte ⊖ [Vol.-%] Datum

⊖ 10 ⊖ 20 ⊖ 30 ⊖ 40 ⊖ 60 PK [mm] m [kg] 24.03.2003 31.03.2003 06.04.2003 13.04.2003 20.04.2003 27.04.2003 04.05.2003 05.05.2003 06.05.2003 07.05.2003 08.05.2003 09.05.2003 10.05.2003 39,1 30,6 24,8 20,3 15,7 14,8 14,0 13,9 13,8 13,7 27,5 33,8 30,2 34,8 33,9 31,3 28,2 20,7 17,9 16,0 15,9 15,8 15,7 15,7 20,2 22,0 34,7 34,5 33,9 32,9 28,8 24,0 19,1 18,7 18,4 18,2 18,1 18,1 18,2 34,1 34,0 33,7 33,2 31,3 28,3 21,2 20,2 19,7 19,3 19,1 19,0 19,1 32,0 31,6 31,3 30,8 30,3 29,7 27,8 27,2 26,3 25,5 25,4 25,4 25,4 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 21,1 14,6 0,2 5 867,4 5 852,3 5 838,7 5 826,1 5 804,5 5 789,8 5 768,0 5 765,4 5 762,1 5 759,6 5 779,7 5 793,3 5 789,8 ⊖ 10 – Bodenfeuchte in 10 cm Tiefe (⊖ 20 … analog) PK – messfehlerkorrigierter Niederschlag [mm] m – Lysimetermasse [kg]

► Aufgaben: 1. Stellen Sie die tiefenvariablen Bodenfeuchteverläufe grafisch dar (Abbildung Ü 8.1)! Interpretieren Sie die zeitlichen und räumlichen Verläufe der Bodenfeuchtewerte im betrachteten Zeitraum! 2. Ordnen Sie den Messsonden repräsentative Teufenbereiche zu! Bezüglich der untersten Messsonde können Sie davon ausgehen, dass diese für Bodenfeuchtewerte bis ca. 70 cm u. GOK repräsen-tative Werte liefert. Ermitteln Sie die sich hieraus ergebenden Mächtigkeiten der einzelnen Bodenbereiche!

10,015,020,025,030,035,040,024.03.200326.03.200328.03.200330.03.200301.04.200303.04.200305.04.200307.04.200309.04.200311.04.200313.04.200315.04.200317.04.200319.04.200321.04.200323.04.200325.04.200327.04.200329.04.200301.05.200303.05.200305.05.200307.05.200309.05.2003Bo

de

nfe

uc

hte

[V

ol.

-%] 10 cm u. Gel.20 cm u. Gel.30 cm u. Gel.40 cm u. Gel.60 cm u. Gel.Abb. Ü 8.1: Tiefenvariablen Bodenfeuchteverläufe des Standorts Brandis im Zeitraum vom 23.03. – 10.05.2003 3. Berechnen Sie die Bodenfeuchte- und Lysimetermasseänderungen an den einzelnen Messpunkten und tragen Sie die Ergebnisse in die Tabelle Ü 8.2 ein! Geben Sie die Werte mit Vorzeichen an (eine negative Bodenfeuchteänderung bedeutet eine Abnahme der Bodenfeuchte, dto. bezüglich der Lysimetermasse). Tabelle Ü 8.2: Bodenfeuchte- und Lysimetermasseänderungen für den Standort Brandis im Zeitraum vom 23.03. – 10.05.2003 Bodenfeuchteänderungen Δ⊖ [Vol.-%] Datum

⊖ 10 ⊖ 20 ⊖ 30 ⊖ 40 ⊖ 60 ∆ m [kg] ETRBOF [mm] ETRLYS [mm] 24.03. – 31.03.2003 31.03. – 06.04.2003 06.04. – 13.04.2003 13.04. – 20.04.2003 20.04. – 27.04.2003 27.04. – 04.05.2003 04.05. – 05.05.2003 05.05. – 06.05.2003 06.05. – 07.05.2003 07.05. – 08.05.2003 08.05. – 09.05.2003 09.05. – 10.05.2003 ETRBOF – reale Verdunstung auf Grundlage der Bodenfeuchtemessungen [mm] ETRLYS – reale Verdunstung auf Grundlage der Lysimetermessungen [mm]

4. Berechnen Sie die realen Verdunstungsmengen, die sich auf Grundlage der Bodenfeuchte- und Lysimetermasseänderungen ergeben! Bezüglich der Lysimetermessungen können Sie analog Übung 7 vorgehen. Die Verdunstung auf Basis der Bodenfeuchteänderungen ist folgendermaßen berechenbar: n ETR = ∑ – (∆⊖ i * di ) + PK (8.1) i = 1 mit ETR - reale Verdunstung [mm] ∆Ө - Bodenfeuchteänderung [Vol.-%] (negative Werte zeigen Verdunstung an) d - Schichtdicke [dm] PK - messfehlerkorrigierter Niederschlag [mm] i - Bodenschicht n - Anzahl der Bodenschichten insgesamt Berücksichtigen Sie hierbei ggf. gefallende Niederschlagsmengen! 5. Interpretieren Sie die realen Verdunstungswerte! Stellen Sie die mittels der beiden Methoden ermittelten Verdunstungswerte gegenüber und werten Sie diese!

Hydrologische Übung 9: Empirische Verfahren zur Ermittlung der realen Verdunstung ► Aufgabenstellung: Anwendung zweier Verfahren zur Ermittlung der realen Jahresverdunstung: a) Anwendung der TURC-Abschätzungsformel und b) Anwendung des BAGROV-Verfahrens. ► gegebene Informationen: für Teilaufgabe a) Jahressummen des Niederschlages (unkorrigiert) und Jahresmitteltemperaturen sowie Jahreswerte der potentiellen Verdunstung für die Stationen Berlin, Leipzig, Fichtelberg, München, Genf und Athen (langjährige Mittelwerte) s. Tabelle Ü 9.1 Tabelle Ü 9.1: Langjährige Jahresmittelwerte von Lufttemperatur T, Niederschlag P und potentieller Verdunstung ETP für ausgewählte Stationen Messstation T [oC] P [mm/a] ETP [mm/a] ETR [mm/a] Berlin Görlitz Fichtelberg München Genf Athen 9,5 8,0 2,8 7,9 10,3 17,8 556 688 1109 964 852 402 620 645 410 640 730 825 für Teilaufgabe b) - Jahressumme des (unkorrigierten) Niederschlages: 560 mm/a - Jahressumme der potentiellen Verdunstung: 625 mm/a - Im Rahmen der Voruntersuchungen sind insgesamt 5 Hydrotope ermittelt worden, deren Charakteristika der Tabelle Ü 9.2 zu entnehmen ist. Tabelle Ü 9.2: Ergebnisse der Hydrotopeinteilung Hydrotop-Nr. 1 2 3 4 5 Flächenanteil ai 20 % 5 % 40 % 15 % 20 % Nutzungsform Forst Forst Landwirt- schaft Landwirt- schaft Ortschaft davon 30 % versiegelt 70 % Gärten Bodenart lS uL sL fS uS uS GW-Flurabstand zG 5,8 m 1,8 m 2,7 m 3,5 m 3,0 m 3,0 m Wurzeltiefe zW 1,5 m 1,5 m 1,1 m 1,1 m - 0,7 m sonstige Infor- mationen Baumalter: BA = 10 a Baumalter: BA = 30 a Beregnung: 150 mm/a Beregnung: 80 mm/a

► Aufgaben: für Teilaufgabe a) 1. Ermitteln Sie die Jahreswerte der realen Verdunstung unter Verwendung der Schätzformel nach TURC für die in der Tabelle Ü 9.1. angegebenen Stationen! 2. Diskutieren/werten Sie die Werte unter Einbeziehung der in Tabelle Ü 9.1 gegebenen Infor- mationen zum Jahresniederschlag und zur potentiellen Verdunstung! für Teilaufgabe b) 3. Ermitteln Sie die mittleren Jahreswerte der realen Verdunstung für die in der Tabelle Ü 9.2 gegebenen Hydrotope (ggf. unter Nutzung der Tabelle Ü 9.3) nach dem BAGROV-Ver- fahren! 4. Ermitteln Sie den mittleren Jahreswert der realen Verdunstung für das Gesamtgebiet! 5. Geben Sie (unter der Voraussetzung, dass kein Oberflächenabfluss gebildet wird) die mittleren Jahresmengen an Sickerwasser für die einzelnen Hydrotope an! Kennzeichnen Sie Nähr- und Zehrhydrotope (Nährhydrotope = Hydrotope, auf denen Sickerwasser gebildet wird, Zehr-hydrotope = Hydrotope, bei denen Wasser aus dem Grundwasser gezehrt wird)! Tabelle Ü 9.3: Ergebnisübersicht Hydrotop-Nr. 1 2 3 4 5 a 5 b P [mm/a] PK [mm/a] ETP [mm/a] zA [dm] WK(d) [mm/d] WK [mm/a] WB [mm/a] n [ ] X = (PK + WK + WB) / ETP Y = ETR / ETP ETR [mm/a] ai [ ] ETRi = ai * ETR [mm/a] Mittlerer Jahreswert der realen Verdunstung für das Gesamtgebiet: ETRm = mm/a Sickerwasser RU [mm/a] Nähr- bzw. Zehrhydrotop

Hydrologische Übung 10: Interzeptionsspeicher- und -verdunstungsmengen ► Aufgabenstellung: - Ermittlung von maximalen und realen Interzeptionsspeichermengen verschiedener Bewuchsarten für unterschiedlich starke Regenereignisse - Berechnung von Interzeptionsverdunstung und Bestandsniederschlag (Niederschlag, der die Boden-oberfläche erreicht) ► gegebene Informationen: - fünf unterschiedliche Bewuchsarten: a) Fichtenbestand, Wuchsstadium Jungwuchs, Neuanpflanzung ohne zusätzliche Kraut- und Strauchschicht unterhalb des Baumbestandes (ohne Baumschäden, Schadstufe 0) b) Fichtenbestand, Wuchsstadium Altholz, mit zusätzlicher Kraut- und Strauchschicht unterhalb des Baumbestandes (geringe Baumschäden, Schadstufe 1) c) Buchen-/Eichenwald, Wuchsstadium Altholz, ohne zusätzliche Kraut- und Strauchschicht unterhalb des Baumbestandes (geringe Baumschäden, Schadstufe 1) d) Kartoffeln e) Grasbewuchs - zwei verschiedene Tagesniederschlagswerte: 0,4 mm und 34,7 mm (jeweils messfehlerkorrigiert) ► Aufgaben: 1. Geben Sie für die o. g. 5 Bewuchsarten die im Jahresgang auftretenden minimalen und maximalen Interzeptionsspeicherkapazitäten an! Vermerken Sie die Zeiträume, in denen die Minima bzw. Maxima auftreten! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü 10.1 ein! Tabelle Ü 10.1: Minimale und maximale Interzeptionsspeicherkapazitäten für verschiedene Bewuchs-arten

Bewuchsart SMIN bzw. BFIMIN

Zeitraum von SMIN bzw. BFIMIN

SMAX bzw. BFIMAX

Zeitraum von SMIAX bzw. BFIMAX

Fichtenbestand, Jungwuchs, einschichtig

Fichtenbestand, Altholz, mehrschichtig

Buche-/Eichen, Altholz, mehrschichtig

Kartoffeln

Gras 2. Berechnen Sie die minimalen und maximalen Interzeptionsverdunstungsmengen für die o. g. Bewuchsarten, die sich für die beiden Tagesniederschläge von 0,4 mm und 34,7 mm ergeben! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü 10.2 ein! Wieviel Prozent des Niederschlages gehen durch die Interzeptionsverdunstung verloren? Tragen Sie die Berechnungswerte in die Tabelle Ü 10.3 ein! Diskutieren Sie die Werte hinsichtlich der Absolutwerte und Anteile am Niederschlag!

Tabelle Ü 10.2: Minimale und maximale Interzeptionsverdunstungsmengen für verschiedene Bewuchs-arten und Tagesniederschläge Tagesniederschlag P = 0,4 mm Tagesniederschlag P = 34,7 mm Bewuchsart

EIMIN [mm] EIMAX [mm] EIMIN [mm] EIMAX [mm]

Fichtenbestand, Jungwuchs, einschichtig

Fichtenbestand, Altholz, mehrschichtig

Buche-/Eichen, Altholz, mehrschichtig

Kartoffeln

Gras Tabelle Ü 10.3: Minimale und maximale Interzeptionsverdunstungsmengen EI [in %] für verschiedene Bewuchsarten und Tagesniederschläge Tagesniederschlag P = 0,4 mm Tagesniederschlag P = 34,7 mm Bewuchsart

EI MIN [% von P] EI MAX [% von P] EI MIN [% von P] EI MAX [% von P]

Fichtenbestand, Jungwuchs, einschichtig

Fichtenbestand, Altholz, mehrschichtig

Buche-/Eichen, Altholz, mehrschichtig

Kartoffeln

Gras 3. Ermitteln Sie die Bestandsniederschläge für die in Aufgabe 2 betrachteten Fälle! Tragen Sie die Ergebnisse in die Tabellen Ü 10.4 ein! Tabelle Ü 10.4: Minimale und maximale Bestandsniederschläge [in mm] für verschiedene Bewuchsarten und Tagesniederschläge Tagesniederschlag P = 0,4 mm Tagesniederschlag P = 34,7 mm Bewuchsart

PB für EI MIN [mm]

PB für EI MAX [mm]

PB für EI MIN [mm]

PB für EI MAX [mm]

Fichtenbestand, Jungwuchs, einschichtig

Fichtenbestand, Altholz, mehrschichtig

Buche-/Eichen, Altholz, mehrschichtig

Kartoffeln

Gras Unter welchen Gegebenheiten (hinsichtlich Bewuchs und Niederschlag) ist eine Berücksichtigung der Interzeptionsverdunstung (z. B. im Zusammenhang mit wasserhaushaltlichen Untersuchungen) besonders angeraten?

Hydrologische Übung 11: Auswertung von Durchflussmessungen I (Dreiecksmesswehr und Tracer) ► Aufgabenstellung: Auswertung von Durchflussmessungen mittels: a) Dreiecks-Messwehr und b) Tracermethode. ► gegebene Informationen: für Teilaufgabe a) - Dreieckswehr mit folgenden Parametern: Ausschnittwinkel: 90 ° Überfallbeiwert (Herstellerangabe): μ = 0,578 - gemessene Überfallhöhen während eines Hochwasserereignisses s. Tabelle Ü 11.1 Tabelle Ü 11.1: Gemessene Überfallhöhen während eines Hochwasserereignisses t [min] 0 20 40 60 80 100 120 140 160 h [cm] 13,0 17,4 27,7 35,0 31,5 26,5 23,2 21,2 19,9 Q [l/s] für Teilaufgabe b) - Ergebnisse eines Tracerversuches mit einer NaCl-Lösung am Münzbach zwischen Zug und Freiberg: Messtag: 28.04.1998, 18:30 Uhr MESZ Cl-Konzentration des Münzbaches vor Beginn des Tracerversuches: 90 mg/l Cl-Konzentration der Tracerflüssigkeit: 196,2 g/l Menge der Tracerflüssigkeit: 2,5 l Länge der Messstrecke: 100 m Zeitintervall der Messung: 5 s Art der Tracereingabe: als Momentanimpuls zum Zeitpunkt t = 0 s Messwerte am Messpunkt (Registrierungspunkt): s. Tabelle Ü 11.2 ► Aufgaben: für Teilaufgabe a) 1. Ermitteln Sie die Durchflusswerte für das betrachtete Hochwasserereignis und tragen Sie die Ergebnisse der Berechnungen in die Tabelle Ü 11.1. ein!

für Teilaufgabe b) 2. Stellen Sie die am Registrierungspunkt gemessene Tracerdurchgangskurve grafisch dar (Abbildung Ü 11.1) und schätzen Sie die Zeit, zu der 50 % des Tracers den Registrierungspunkt passiert haben! 3. Berechnen Sie die mittlere Fließgeschwindigkeit (Abstandsgeschwindigkeit)! 4. Ermitteln Sie den mittleren Durchfluss des Münzbaches! 5. Wie groß ist die durchflossene Querschnittsfläche des Münzbaches im Bereich des durch- geführten Tracerversuches? Tabelle Ü 11.2: Gemessene Cl-Konzentrationen am Registrierungspunkt t [s] C(t)1) [mg/l] C(t) – C0 [mg/l] ∑(C(t) – C0) [mg/l] t [s] C(t)1) [mg/l] C(t) – C0 [mg/l] ∑(C(t) – C0) [mg/l] t [s] C(t)1) [mg/l] C(t) – C0 [mg/l] ∑(C(t) – C0) [mg/l] 0 30 60 90 110 115 120 125 130 135 140 145 150 155 160 165 170 175 180 185 90 90 90 90 90 97 114 177 200 246 301 307 311 298 281 260 238 213 194 179

190 195 200 205 210 215 220 225 230 235 240 245 250 255 260 265 270 275 280 285 166 156 144 136 129 126 121 113 111 109 109 104 102 100 99 99 97 96 95 95

290 295 300 305 310 315 320 325 330 335 340 345 350 355 360 365 370 375 380 94 94 93 93 92 92 92 91 92 91 91 91 91 91 90 90 90 90 90

C(t) – zeitabhängige Chloridkonzentration (Messwert am Registrierungspunkt) [mg/l] C0 – Chloridkonzentration des Baches (Hintergrundwert)

Abb. Ü 11.1: Gemessene Tracerdurchgangskurve am Registrierungspunkt 050100150200250300350 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 290 300 310 320 330 340 350 360 370 380Zeit [s]

Cl-

Ko

nzen

trati

on

[m

g/l]

Tracerdurchgangskurve

Hintergrundwert

Hydrologische Übung 12: Auswertung von Durchflussmessungen II (hydrometrischer Messflügel) ► Aufgabenstellung: Ermittlung von Fließgeschwindigkeit, Durchflussfläche und Durchflussmenge für ein gegebenes Durchflussprofil mittels hydrometrischem Messflügel ► gegebene Informationen: - Fließquerschnitt (Querprofil) s. Bild Ü 12.1 - 4 Durchflusslamellen mit Lamellenbreiten von jeweils b = 0,3 m (entsprechend Bild Ü 12.1) - Durchflussmesspunkte bei jeweils 20 % und 80 % der Gewässertiefe (Zweipunktmessung) - gemessene Werte der Flügelumdrehungen (Impulsrate) s. Tabelle Ü 12.1 - Anlaufgeschwindigkeit des Messflügels: v0 = 0,01 m/s (Herstellerangabe) - Flügelkonstante: B = 0,002 (m . min) / (s . U), U = Umdrehungen (Herstellerangabe)

Ο – Messpunkt Bild Ü 12.1: Eingemessenes Querprofil eines Fließgewässers an der Durchflussmessstelle Tabelle Ü 12.1: Messwerte der Impulsrate in den Lamellen-Messlotrechten Lamelle Impulsrate n bei 0,2 . t in Umdrehungen/min Impulsrate n bei 0,8 . t in Umdrehungen/min 1 2 3 4 38 42 45 31 114 187 210 102

► Aufgaben: 1. Ermitteln Sie die punktuellen und Lamellenfließgeschwindigkeiten, die Lamellendurchfluss-flächen und den Gesamtdurchfluss! 2. Um welche Art Fließgewässer könnte es sich handeln?

Flachland, Gebirge? mäandrierend, gerade fließend? Bach, Fluss? Dokumentieren Sie im Protokoll ferner, in welchen Fällen eine Durchflussmessung mittels Mess-flügel relativ unproblematisch ist und nach welchen Gesichtspunkten Sie eine Messstelle aus-wählen! Dokumentieren Sie für eine Lamelle im Detail die Lösungsschritte (Messwerte, Berech-nungsgleichungen, Berechnungswerte)! Für alle weiteren Lamellen genügt eine Ergebnisübersicht z. B. in Form einer Tabelle.

Hydrologische Übung 13: Statistische Auswertung von Durchflussdaten (Datenprüfung) ► Aufgabenstellung: Prüfung von Hochwasser-Durchflussdaten mittels statistischer Tests: a) Ausreißertest und b) Doppelsummenanalyse. ► gegebene Informationen: - Datenreihe der jährlichen maximalen Durchflussmengen (Jahreshöchstwerte der Durchflüsse HQ(a)), Reihe 1951 - 1990, Pegel 0815, Gewässer XYZ s. Tabelle Ü 13.1 - Datenreihe der jährlichen mittleren Durchflussmengen (Jahresmittelwerte der Durchflüsse MQ(a)), Reihe 1951 - 1990, Pegel 0815, Gewässer XYZ s. Tabelle Ü 13.1 - Die HQ(a)-Reihe ist auf Homogenität zu prüfen. - Die MQ(a)-Reihe sei homogen (Ergebnis vorangegangener Untersuchungen). Tabelle Ü 13.1: Jährliche mittlere Durchflüsse MQ(a) und maximale Durchflüsse HQ(a) (Reihe 1951-1990, alle Werte in m3/s) 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 MQ(a) ∑MQ(a) 2,3 3,1 1,0 1,3 4,2 3,4 2,7 1,4 0,9 3,7 HQ(a) ∑HQ(a) 158 170 110 120 163 214 141 101 71 120 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 MQ(a) ∑MQ(a) 3,1 0,7 4,0 2,2 1,6 1,8 3,0 2,4 1,4 3,4 HQ(a) ∑HQ(a) 201 171 190 105 130 120 164 72 53 82 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 MQ(a) ∑MQ(a) 0,9 3,7 2,0 2,4 4,3 1,7 2,9 3,5 3,1 1,1 HQ(a) ∑HQ(a) 42 102 77 69 124 68 93 100 81 61 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 MQ(a) ∑MQ(a) 2,0 2,7 1,7 3,0 3,4 2,6 2,9 1,4 2,0 1,1 HQ(a) ∑HQ(a) 71 61 59 90 103 71 81 61 79 312

► Aufgaben: Teilaufgabe a) 1. Anwendung des Ausreißertests: Ist der größte HQ(a)-Wert (312 m3/s) ein Ausreißer? Sind der zweitgrößte Wert, der drittgrößte ... Wert Ausreißer?

Teilaufgabe b) 2. Anwendung der Doppelsummenanalyse: Führen Sie für die gegebenen Datenreihen eine Doppelsummenanalyse durch! Stellen Sie das Ergebnis der Doppelsummenanalyse grafisch dar (Abbildung Ü 13.1)! Ermitteln Sie grafisch und analytisch, ob das Datenkollektiv der HQ(a) homogen ist oder nicht! Werten Sie das Ergebnis! Abb. Ü 12.1: Grafische Auswertung der Doppelsummenanalyse

Hydrologische Übung 14: Ermittlung der Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses ► Aufgabenstellung: Ermittlung der Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses für den Pegel Rudolstadt (Gewässer: Saale) für das Abflussjahr 1970 und Vergleich mit langjährigen Werten ► gegebene Informationen: - gemessene tägliche Durchflusswerte des Pegels Rudolstadt (Saale) für das Abflussjahr 1970 s. Tabelle Ü 14.1 - langjährige Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses (1943 - 1970) für den gleichen Pegel s. Tabelle Ü 14.2 Tabelle Ü 14.1: Tägliche Durchflusswerte für den Pegel Rudolstadt (Gewässer: Saale) für das Abflussjahr 1970 (aus dem Gewässerkundlichen Jahrbuch der DDR, 1970, alle Werte in m3/s)

Allgemeine Informationen: Pegelkennziffer: 57027 Einzugsgebietsfläche: 2 678 km2 Pegelstandort: 258 km oberhalb der Mündung (in die Elbe) Durchflussermittlung nach Tagesmittelwerten des Wasserstandes Tag NOV DEZ JAN FEB MRZ APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 19,2 20,7 22,2 18,5 17,8 17,1 16,5 18,5 21,4 28,6 24,6 22,2 20,0 27,0 28,6 29,4 30,2 27,8 30,9 30,2 29,4 36,4 37,2 30,9 30,2 30,2 28,6 32,4 22,2 15,2

14,5 14,5 17,8 17,1 13,9 15,2 15,8 15,2 15,2 19,2 34,0 25,4 24,6 23,0 21,4 14,5 13,9 13,3 12,1 12,7 15,8 27,0 33,2 27,8 22,2 22,2 22,2 19,2 22,2 17,1 17,8 16,5 17,1 20,7 26,2 18,5 15,2 12,7 13,9 17,8 15,2 14,5 17,1 13,3 13,9 16,5 14,5 15,2 13,9 15,2 15,8 17,1 16,5 15,2 16,5 16,5 16,5 18,5 23,0 21,4 12,7 12,7

9,8 13,9 20,7 25,4 28,6 18,5 23,0 23,0 20,0 19,2 20,7 16,5 13,9 17,8 19,2 18,5 20,0 21,4 19,2 20,7 23,8 34,0 52,2 49,2 42,8 37,2 33,2 32,4 44,4 50,0 48,4 47,6 54,6 69,9 76,2 72,6 78,0 86,0 88,0 89,1 88,0 67,4 61,8 60,2 53,8 56,2 59,4 51,5 29,4 38,0 52,2 54,6 62,6 65,0 59,4 51,5 44,4 43,6 46,0 66,6 70,8 95,6 106 110 105 103 100 100 99,0 97,9 97,9 88,0 102 109 111 118 130 141 153 168 164 162 165 144 133 124 115 107 116

115 112 111 104 66,6 66,6 68,2 65,0 53,8 49,2 43,6 42,8 45,2 41,2 38,8 38,0 38,0 35,6 33,2 33,2 31,7 30,2 29,4 27,0 27,0 28,6 27,8 27,0 26,2 27,0 26,2 25,4 25,4 24,6 24,6 23,8 24,6 23,8 23,0 22,2 22,2 21,4 22,2 20,7 20,7 20,7 20,0 21,4 20,7 20,0 20,0 19,2 17,8 9,2 9,2 8,7 8,7 10,4 19,2 15,2 12,7

9,2 10,4 18,5 17,1 21,4 17,8 12,7 13,3 12,1 9,8 15,2 18,5 18,5 15,8 13,3 14,5 14,5 17,8 20,0 14,5 13,9 13,9 16,5 18,5 13,3 10,9 13,9 18,5 19,2 15,8 12,7 16,5 14,5 11,5 6,0 9,2 12,7 19,2 34,0 31,7 53,8 17,8 19,2 27,0 28,6 32,4 28,6 17,8 19,2 26,2 21,4 30,9 61,8 90,1 95,6 94,4 92,2 90,1 86,0 71,7 65,0 53,8

52,2 38,8 37,2 57,0 40,4 30,2 29,4 29,4 29,4 28,6 30,2 29,4 25,4 17,1 16,5 23,0 18,5 23,0 22,2 21,4 21,4 20,7 22,2 19,2 23,8 22,2 23,8 23,0 23,0 30,2 34,0 58,6 32,4 32,4 41,2 32,4 27,8 26,2 16,5 16,5 15,2 14,5 50,7 33,2 14,5 16,5 10,4 10,9 11,5 15,8 11,5 13,9 17,1 17,8 23,0 17,8 20,0 22,2 23,8 27,0 34,0

Tabelle Ü 14.2: Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses Q für den Pegel Rudolstadt (Saale) a) Einzelhäufigkeiten und Dauerzahlen der unterschrittenen Durchflüsse Q [m3/s] Häufig-keiten Jahr 1970 Dauer-zahlen 1970 Dauer-zahlen 1943 – 70 Q [m3/s] Häufig-keiten Jahr 1970 Dauer-zahlen 1970 Dauer-zahlen 1943 – 70 < 6 < 7 < 8 < 9 < 10 < 11 < 12 < 13 < 14 < 15 < 16 < 17 < 18 < 19 < 20 < 22 < 24 < 26 < 28 1 4 11 20 33 48 65 86 103 118 136 156 174 192 203 224 240 254 264 < 30 < 32 < 34 < 36 < 38 < 40 < 45 < 50 < 55 < 60 < 70 < 80 < 90 < 100 < 110 < 120 < 150 < 200 < 300 274 282 290 297 303 310 323 332 340 344 352 356 358 360 361 362 365 365 365 b) Hauptzahlen des Durchflusses (alle Werte in m3/s) NNQ NQ MNQ MQ MHQ HQ HHQ Abflussjahr 1970 Jahre 1943 - 1970 3,20 *) 3,20 7,76 25,4 115 315 315 **) *) 28.06.1947 **) 09.02.1946 ► Aufgaben: 1. Ermitteln Sie die Einzelhäufigkeiten der Durchflüsse des Abflussjahres 1970 und tragen Sie diese in die Tabelle Ü 14.2 ein! Verwenden Sie die in der Tabelle 13.2 angegebenen Klassenbreiten! 2. Ermitteln Sie die Dauerzahlen der unterschrittenen Durchflüsse für das Abflussjahr 1970! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü 14.2 ein!

3. Stellen Sie die Häufigkeitsverteilungen und die Dauerlinien der unterschrittenen Durchflüsse für das Abflussjahr 1970 und für den Zeitraum 1943 – 1970 grafisch gegenüber (Abbildungen Ü 14.1 und 14.2)! Abb. Ü 14.1: Häufigkeitsverteilungen für das Abflussjahr 1970 und für den Zeitraum 1943 – 1970 Abb. Ü 14.2: Dauerlinien der unter-schrittenen Durchflüsse für das Abflussjahr 1970 und für den Zeitraum 1943 – 1970 4. Ermitteln Sie die Hauptzahlen für das Abflussjahr 1970 und tragen Sie diese in Tabelle Ü 14.2 ein! 5. Charakterisieren Sie das Jahr 1970 hinsichtlich des Abflussgeschehens! Nutzen Sie hierfür die langjährigen Haupt- und Dauerzahlen! 6. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass im langjährigen Mittel ein Durchflusswert von 50 m3/s überschritten wird? 7. Welches Wiederkehrsintervall hat der HQ-Wert des Jahres 1970? Beachte hierbei die für den Pegel Rudolstadt ermittelten Durchflüsse mit Wahrscheinlichkeitsangabe: HQ(T) HQ(2) HQ(5) HQ(10) HQ(20) HQ(25) HQ(50) HQ(100) HQ [m3 /s] 84,0 147 204 262 280 336 380

Hydrologische Übung 15: Ermittlung hydrologischer Einzugsgebietsparameter ► Aufgabenstellung: Ermittlung der Parameter Einzugsgebietsgrenze, Einzugsgebietsfläche, Flusslängen, Gefälle, Form-faktor, Flussdichte und topographischer Faktor ► gegebene Informationen: - Kopie der topographischen Karte, Blatt Zwönitz, M = 1 : 25 000, s. Bild Ü 15.1 ( s. Folgeseite) - Lage: Nähe Aue, Lößnitz, Zwönitz (Mittleres Erzgebirge) - interessierende Bereiche: Gablenzbach und Oberer Halsbach ► Übungsaufgaben: 1. Grafische Ermittlung der oberirdischen Einzugsgebietsgrenzen (Wasserscheiden) der beiden Bäche 2. Ermittlung der oberirdischen Einzugsgebietsflächen der beiden Bäche in km2 mit Hilfe eines Planimeters (mindestens zweimaliges "Umfahren") 3. Ermittlung der Länge der Hauptvorfluter (ohne Nebenbäche) sowie aller nichtperiodischer Ent-wässerungsstrecken in km mittels Kurvimeter (mindestens zweimaliges "Abfahren") 4. Bestimmung der mittleren Wasserlaufgefälle nach dem Ansatz von BENSON 5. Berechnung der Formfaktoren für die beiden Gebiete 6. Berechnung der Flussdichte für die beiden Gebiete Was bedeutet (geologisch gesehen) eine hohe Flussdichte, was eine geringe Flussdichte? Was bedeutet es hydrologisch gesehen (z. B. in Bezug auf das Hochwasserverhalten)? 7. Berechnung der topographischen Faktoren 8. Abschätzung der verschiedenen Hauptnutzungsanteile (in % der Einzugsgebietsfläche): - Wald - Landwirtschaft (dazu gehören: Ackerland, Wiesen und Weiden) - Siedlungsflächen (dazu gehören: Ortschaften, Straßen- und Wegeflächen) Zusammenfassung: - Welches der beiden Einzugsgebiete wird wahrscheinlich (ausgehend von den oben ermittelten Para-metern) eine höhere Hochwassergefährdung aufweisen? - Begründen Sie Ihre Entscheidung! Ergebnistabelle s. Tabelle Ü 15.1 (übernächste Seite)

Bild Ü 15.1: Ausschnitt aus der topographischen Karte, Blatt Zwönitz, M = 1 : 25 000

Tabelle Ü 15.1: Ergebnisübersicht Gablenzbach Oberer Halsbach Einzugsgebietsfläche AE [km2] Länge des Hauptvorfluters (Flusslänge) LF [km] Länge aller nichtperiodischen Vorfluter LAF [km] Bachgefälle nach BENSON [m/m] Formfaktor RF [km2/km2] Flussdichte DF [km/km2] Topografischer Faktor TF [km] Hauptnutzungsanteile [%]: - Wald - Landwirtschaft (Ackerland, Wiesen/Weiden ...) - Siedlungen und Straßen (versiegelte Flächen)

Hydrologische Übung 16: Einfache Ansätze zur Ermittlung von Abflussbildung und -konzentration ► Aufgabenstellung: Anwendung einfacher Methoden zur Ermittlung von Abflussbildung und -konzentration: a) Abflussbildung: Abflussbeiwertverfahren und US Curve-Number-Verfahren b) Abflusskonzentration: US-SCS Dreieckshydrographen bei gegebenem Bemessungsregen und gegebener Gebietsnutzung, aber fehlenden Durchflusswerten ► gegebene Informationen: - Gebiet Hölzelbergbach allgemeine Einzugsgebietscharakteristik analog Übung 4 - detaillierte (nutzungsorientierte) Einzugsgebietscharakteristik s. Tabelle Ü 16.1 - vorherrschende Bodenart: Lehm (tiefgründig) - Bemessungsregenmengen innerhalb der Ortschaft Lippersdorf und außerorts: Verwendung der aus der Niederschlagshöhen-Dauer-Häufigkeitsbeziehung ermittelten Werte aus Übung 4 Tabelle Ü 16.1: Nutzungsanteile des Einzugsgebietes des Hölzelbergbaches Nutzung Fläche A [m2] Ortschaft Lippersdorf insgesamt: 30 400 davon: Dachflächen Gartenflächen Ödlandflächen befestigte Schotterwege und Schotterplätze unbefestigte Wege und Hofflächen Asphaltstraßen (alle Werte ca.) 1 300 17 900 2 800 3 600 4 200 600 forstwirtschaftlich genutzte Flächen insgesamt: 30 300 davon: Jungwald (aufgelockert) Hochwald (dicht) (alle Werte ca.) 23 400 6 900 landwirtschaftlich genutzte Flächen insgesamt: 699 700 davon: Ackerland (vorwiegend Getreide) Dauerwiese Weide (alle Werte ca.) 320 300 157 900 221 500 ► Arbeitsschritte: 1. Berechnen Sie den Oberflächenabfluss RO (in mm): - innerorts und - außerorts nach dem Abflussbeiwertverfahren unter Zugrundelegung des in Übung 4 ermittelten Bemessungs-regens! Begründen Sie Ihre Schätzungen bezüglich der Anfangsverluste und Abflussbeiwerte! Tragen Sie die Ergebnisse in die Tabelle Ü 16.2 ein!

Tabelle Ü 16.2: Ergebnisübersicht zum Abflussbeiwertverfahren Ergebnisse innerorts Va [mm] Ψ [ ] P [mm] RO [mm] Ai [ ] RO * Ai [mm] Dachflächen Gartenflächen Ödlandflächen befestigte Schotterwege und Schotterplätze unbefestigte Wege und Hofflächen Asphaltstraßen innerorts insgesamt: Ergebnisse außerorts Va [mm] Ψ [ ] P [mm] RO [mm] Ai [ ] RO * Ai [mm] Jungwald (aufgelockert) Hochwald (dicht) Ackerland (vorwiegend Getreide) Dauerwiese Weide außerorts insgesamt: 2. Ermitteln Sie den Oberflächenabfluss analog Aufgabe 1 unter Verwendung des Curve-Number-Verfahrens! Begründen Sie die Wahl des Bodentyps! Tragen Sie die Ergebnisse in die Tabelle Ü 16.3 ein! Tabelle Ü 16.3: Ergebnisübersicht zum Curve-Number-Verfahren Ergebnisse innerorts CNTab 5.9 [%] Ia [mm] P [mm] RO [mm] Ai [ ] RO * Ai [mm] Dachflächen Gartenflächen Ödlandflächen befestigte Schotterwege und Schotterplätze unbefestigte Wege und Hofflächen Asphaltstraßen innerorts insgesamt: Ergebnisse außerorts CNTab 5.9 [%] Ia [mm] P [mm] RO [mm] Ai [ ] RO * Ai [mm] Jungwald (aufgelockert) Hochwald (dicht) Ackerland (vorwiegend Getreide) Dauerwiese Weide außerorts insgesamt:

3. Stellen Sie die Ergebnisse gegenüber! Werten Sie die beiden Verfahren! Entscheiden Sie sich für ein Verfahren, mit dem Sie die Aufgabe 4 lösen wollen! 4. Ermitteln Sie unter Verwendung des US-SCS Dreieckshydrographen für die Fälle innerorts und außerorts: - die Scheiteldurchflüsse - die Scheiteleintrittszeiten und - die Gesamtdauer des Direktabflusses 5. Wie viel m3 Oberflächenwasser werden infolge des angesetzten Bemessungsregens insgesamt innerorts und außerorts nach dem in Aufgabe 3 priorisierten Verfahren gebildet?

Hydrologische Übung 17: Auswertung von Grundwasserstandsmessungen – Hydroisohypsenplan

► Aufgabenstellung: Konstruktion eines Hydroisohypsenplanes sowie Bestimmung von Grundwasserspiegellagen, -ge-fällewerten, -fließgeschwindigkeiten und -fließmengen mit Hilfe des Hydroisohypsenplanes ► gegebene Informationen: - Lockergesteins-GW-Leiter mit zusammenhängender Grundwasseroberfläche Lage s. Bild Ü 17.1 - mittlere grundwassererfüllte Mächtigkeit des Grundwasserleiters: 6 m - mittlerer Filtrationskoeffizient (kf-Wert): 3,5 * 10-4 m/s - Grundwasserstände (Stichtagsmessung) sowie Lagen der Pegeloberkanten (POK) s. Tabelle Ü 17.1 Tabelle Ü 17.1: Gemessene Grundwasserstände im Untersuchungsgebiet (Stichtagsmessung) Pegel-Nr. POK [m NN] GW-Stand [m u. POK] GW-Stand [m NN] Pegel-Nr. POK [m NN] GW-Stand [m u. POK] GW-Stand [m NN] 1 32,10 4,17 18 27,99 1,70 2 30,75 3,65 (19) (46,42) (4,32) 3 26,13 3,27 20 43,70 3,88 4 39,46 3,41 21 44,16 5,99 5 33,00 3,52 22 41,53 5,65 6 42,12 4,02 23 36,76 5,04 7 36,73 4,42 24 28,10 1,47 8 31,61 3,57 25 48,28 6,38 9 27,90 2,08 26 44,34 4,61 10 27,75 1,18 27 42,79 6,83 11 28,11 2,01 28 36,15 2,51 12 44,83 4,38 29 38,07 8,67 13 38,32 3,25 30 42,70 5,27 14 32,90 4,98 31 39,89 3,80 15 34,05 4,27 32 37,44 3,34 16 28,57 1,83 33 43,65 10,59 17 27,93 2,12 34 41,42 10,07 ► Arbeitsschritte: 1. Berechnung der Grundwasserspiegellagen in m ü. NN 2. Übertragen der Werte der Grundwasserspiegellagen in die gegebene Karte Bild Ü 17.2 3. Konstruieren des Hydroisohypsenplanes (Abstand der Isohypsen: 1 m bzw. 2 m) 4. Einzeichnen der Grundwasserfließrichtung (an etwa 2 bis 3 ausgewählten Kartenabschnitten)

Bild Ü 17.2: Untersuchungsgebiet

5. Vorschlag für den Standort eines kleinen Wasserwerkes für die Trinkwasserversorgung von Vogelsang: beachte GW-Hydraulik beachte GW-Beschaffenheit (evtl. negative Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit im Anstrombereich des geplanten Wasserwerkes) 6. Angabe des mittleren Grundwassergefälles im Anstrombereich zum geplanten Wasserwerk 7. Wie viel Grundwasser strömt unter natürlichen Bedingungen (ohne Förderung) dem geplanten Wasserwerk auf einer Breite von 1 km zu?

Hydrologische Übung 18: Bestimmung des kf-Wertes von nichtbindigen Lockersedimenten I (Ermittlung aus der Kornverteilungskurve)

► Methodik: - Verfahren beruht auf der praktischen Erfahrung, dass der kf-Wert abhängig ist: vom wirksamen Korndurchmesser dw vom Ungleichförmigkeitsgrad U - Grundvoraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens: sorgfältige Sedimentprobenahme Gewinnung repräsentativer Proben genügend hohe Probenanzahl (abhängig von der Inhomogenität des untersuchten Gebietes) fehlerfreie Bestimmung der Kornanteile

► kf -Wertbestimmung nach HAZEN: - Anwendung für Feinsande - Zusammenhang kf = f (dw , U) durch empirische Gleichung: kf = c . dw2 (Ü 18.1) mit: kf - Filtrationskoeffizient in m/s dw - wirksamer Korndurchmesser in mm c - empirischer Gesteinsbeiwert - für c gilt:

c = 0,0139 für U = 1 ... 3 (U – Ungleichförmigkeitsgrad s. Gleichung Ü 18.2) c = 0,0116 für U = 3 ... 5 d60 U = ── (Ü 18.2) d10 mit: d60 - Korngröße bei 60 % Siebdurchgang in mm ( vgl. Bild Ü 18.1) d10 - Korngröße bei 10 % Siebdurchgang in mm ( vgl. ebenfalls Bild Ü 18.1) je gleichförmiger ein Korngemisch zusammengesetzt ist, umso steiler ist die dazugehörige Kornverteilungskurve (und umso kleiner ist U) s. Bild Ü 18.2 - für dw gilt: 1 dw = ───── (Ü 18.3) Σ (xi / di ) i mit: xi - relativer Gewichtsanteil der Kornfraktion i (bezogen auf 1, nicht in %) di - mittlerer Korndurchmesser der Fraktion i (Sieböffnung) Verfahren nach HAZEN gut anwendbar für Feinsande mit dw = 0,1 ... 0,5 mm keine Anwendbarkeit für dw ≥ 3 mm

Bild Ü 18.1: Kornverteilungskurven (KVK) – Summenkurven für verschiedene Lockersedimente kleiner Ungleichförmigkeitsgrad großer Ungleichförmigkeitsgrad Bild Ü 18.2: Korngemische mit unterschiedlichem Ungleichförmigkeitsgrad ► kf -Wertbestimmung nach ZIESCHANG: - Einführung eines zweiten empirischen Beiwertes c2 , der den Glimmeranteil berücksichtigt - hoher Glimmeranteil insbesondere bei feinkörnigen Grundwasserleitern - senkrechtes Aufstellen der Glimmerblättchen

Verringerung der Durchflussfläche künstliche Erhöhung des Grundwassergefälles - Berechnung des kf-Wertes: kf = c1 . c2 . d10 2 (Ü 18.4) mit: kf - Filtrationskoeffizient in m/s c1 - empirischer Gesteinsbeiwert ( vgl. Tabelle Ü 18.1, c1 analog c in Gleichung Ü 18.1) c2 - empirischer Beiwert in Abhängigkeit vom Glimmergehalt ( vgl. Tabelle Ü 18.2) d10 - Korndurchmesser in mm bei 10 % Siebdurchgang (bezogen auf die Gesamtmasse)

Tabelle 18.1: Abhängigkeit des empirischen Beiwertes c1 von der Gesteinsart petrographische Bedingungen U Gültigkeitsbereich c1 reiner Sand, kiesiger Sand 1 – 3 d10 = 0,1 - 0,6 mm 0,0139 reiner Sand, kiesiger Sand 3 – 5 d10 = 0,1 - 0,6 mm 0,0116 schwach schluffiger Sand für d0,01 < 2 % 5 d10 = 0,1 - 0,6 mm 0,0093 schwach tonig schluffiger Sand mit d0,01 < 3 % 5 d10 = 0,08 - 0,6 mm 0,0070 tonig schluffiger Sand mit d0,01 < 4 % 5 d10 = 0,06 - 0,6 mm 0,0046 Tabelle 18.2: Abhängigkeit des empirischen Beiwertes c2 vom Glimmergehalt Glimmergehalt c2 kein Glimmergehalt bis Spuren 1,0 schwach glimmrig 0,8 stark glimmrig 0,5 ► kf -Wertbestimmung nach BEYER: - vorrangig in der hydrogeologischen Praxis angewendet - Gültigkeit: für Kiese und Sande mit d10 = 0,06 ... 0,6 mm und U = 1 ... 20 - Berechnung des kf- Wertes: kf = C . d10 2 (Ü 18.5) mit: kf - Filtrationskoeffizient in m/s C - empirischer Gesteinsbeiwert vgl. Bild Ü 18.3 d10 - Korndurchmesser in mm bei 10 % Siebdurchgang (bezogen auf die Gesamtmasse) Bild Ü 18.3: Größe des empirischen Bei-wertes C in Abhängigkeit vom Ungleichförmigkeitsgrad U

► Aufgabenstellung: - Bestimmung des kf-Wertes einer gegebenen Sedimentprobe mittels charakteristischer Werte aus der Kornverteilungskurve unter Anwendung der empirischen Gleichung nach HAZEN, ZIESCHANG und BEYER ► gegebene Informationen: - Siebgrößen und Siebrückstände eines Siebversuches s. Tabelle Ü 18.3 Tabelle Ü 18.3: Übersicht über die experimentell ermittelten Werte der Siebanalyse Siebgröße [mm] (1) Masse der Siebe bzw. Schale [g] (2) Masse Sieb + Sediment [g] (3) Siebrückstand [g] (4) = (3) – (2) Siebrück-stand [%] (5) Siebdurchgang [% der Gesamtmasse] (6) 6,3 412 412 0 2,5 402 442 40 1,25 387 451 65 0,63 379 584 205 0,25 363 1 584 1 221 0,125 351 522 171 0,063 342 368 26 Auffang-schale 507 519 12 Gesamtmasse des zu untersuchenden Sediments: 1 739 g = 100 % ► Arbeitsschritte: 1. Berechnen der Siebdurchgänge in % der Gesamtmasse (Tabelle Ü 18.3, Spalte 6) 2. Zeichnen der Kornverteilungskurve (Bild Ü 18.4, umseitig) und Ablesen der Werte d60 und d10 3. Berechnung des kf-Wertes nach HAZEN, ZIESCHANG und BEYER (falls Verfahren anwendbar), Hinweis zu HAZEN: bei der Berechnung von dw muss xi nicht in % sondern als Wert von 0 bis 1 eingeben werden (vgl. Gleichung Ü 18.3)! 4. Interpretation:

Charakterisierung der Eigenschaften des Sediments bezüglich des Wassertransports qualitative Fehlerbetrachtung (keine Fehlerberechnung)

Bild Ü 18.4

Hydrologische Übung 19: Bestimmung des kf-Wertes von nichtbindigen Lockersedimenten II (Durch-strömungsversuch)

► Methodik: - Ausgangspunkt: Anwendung des DARCY-Gesetzes: Q . ∆ l kf = ──── (Ü 19.1) A . ∆ h mit: kf - Filtrationskoeffizient in m/s Q - Durchflussmenge in m3/s A - Durchflussfläche in m2 ∆ l - Probenlänge in m ∆ h - Druckhöhendifferenz in m

- Versuchsdurchführung: direkte Durchströmung einer im Probenzylinder eingebauten ungestörten Sedimentprobe mittels Durchströmungsapparatur zwei Arten von Durchströmungsapparaturen: � Versuchsapparatur mit konstanter Druckhöhe � Versuchsapparatur mit abnehmender Druckhöhe (nicht Gegenstand der Übung) Aufbau der Versuchsanordnung mit konstanter Druckhöhe s. Bild Ü 19.1 Bild Ü 19.1: Versuchsanordnung des Durch-strömungsversuches mit kon-stanter Druckhöhe zur Bestim-mung der gesättigten hydrau-lischen Leitfähigkeit (kf-Wert)

Versuchsvoraussetzungen: � stationäre Strömungsverhältnisse (konstanter Durchfluss) � dZylinder = (10 ... 20) dmax, Probe � hydraulisches Gefälle ∆ h / ∆ l = 0,1 ... 0,2 m/m laminare Strömung � vollständige Sättigung der Probe bei Versuchsbeginn � TWasser = konstant � Durchlässigkeit der Filterschicht (Probenzylinder ist zwischen 2 Filterschichten einge-baut) sollte mindestens 100 Mal so hoch sein wie der kf-Wert der Probe sein Versuchsdurchführung: � Einstellen eines ∆ h / ∆ l = 0,1 ... 0,2 m/m � Abwarten stationärer Verhältnisse � Messen aller notwendigen Größen (∆ l, Q, A) Berechnung von kf mittels Gleichung Ü 19.1

► gegebene Informationen: - Versuchsdauer: t = 2 min und 30 s - aufgefangene Wassermenge: VW = 40 ml - Druckhöhendifferenz: Δh = 2 cm - Probenlänge: Δl = 15,0 cm - Probeninnendurchmesser (Innendurchmesser des Probenahmezylinders): d = 10,0 cm ► Aufgaben: 1. Berechnung des kf-Wertes entsprechend Gleichung 19.1 2. Interpretation: - Charakterisierung der hydrogeologischen Eigenschaften des Sediments hinsichtlich Wasser-transport - qualitative Fehlerbetrachtung (keine Fehlerberechnung) bezüglich Fehlerquellen und Einhal-tung der Versuchsvoraussetzungen

Hydrologische Übung 20: Laborative Porositätsbestimmung

► Aufgabenstellung: Bestimmung der hydrogeologisch bedeutsamen Hohlraumanteile: Gesamthohlraumanteil n, entwässer-barer Hohlraumanteil ne und Restwassergehalt nr ► Methodik: - Gesamthohlraumanteil n s. Skript „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“, S. 139, Formel 7.5 - Restwassergehalt nr Formel 7.6, wobei: VHW mm - ms nr = ──── = ────── (Ü 20.1) Vg ρw . Vg mit: nr - Restwassergehalt VHW - Haftwasservolumen (Restwasservolumen) Vg - Gesamtvolumen mm - Feuchtmasse ms - Trockenmasse

ρw - Dichte des Wassers - entwässerbarer Hohlraumanteil ne Formel 7.7 ► gegebene Informationen: - Probenlänge: l = 15,0 cm - Zylinderinnendurchmesser: d = 10,0 cm - Trockenmasse des Sediments: ms = 2 116 g - Masse nach Wassersättigung: mSat = 2 493 g - Masse nach 30-minütigem Absaugen des Gravitationswassers: mm = 2 282 g prinzipieller Aufbau einer Absaugvorrichtung s. Bild Ü 20.1 (hier: ZUNKER-Apparatur) Bild Ü 20.1: Prinzipieller Aufbau einer Absaugapparatur nach ZUNKER

► Aufgaben: 1. Ermittlung des Gesamthohlraumanteils 2. Ermittlung des Restwassergehaltes nr 3. Ermittlung der entwässerbaren Porosität ne 4. Interpretation: Um welche Sedimentart könnte es sich handeln? Charakterisieren Sie das Sediment bezüglich Wassertransport und -speichervermögen! 5. Wie viel Liter Wasser könnten je m2 Grundwasseroberfläche bei Abnahme des Grundwasser-spiegels um 1 m abgepumpt werden, wenn man voraussetzt, dass das untersuchte Sediment das Grundwasserleitermaterial repräsentiert?

Hydrologische Übung 21: Schutzgebietsabgrenzung eines Brunnens für die Trinkwassergewinnung

► Aufgabenstellung: Abgrenzung der Schutzzonen I bis III für einen Brunnen zur Grundwasserentnahme ► gegebene Informationen: - Karte des Untersuchungsgebietes mit mittleren Grundwasser-Isohypsen (Bild Ü 21.1 umseitig) - unbedeckter Grundwasserleiter (GWL): Mittelsand ohne nennenswerte Inhomogenitäten kf-Wert: ca. 2 * 10-4 m/s entwässerbare Porosität ne: ca. 0,2 langjährig mittlere Grundwasserneubildung im Bereich des GWL: ca. 200 mm/a - in Teilbereichen Festgesteinsaufragungen bis über den Grundwasserspiegel: Festgesteinseigenschaften: Rotliegendes (geringe - mäßige Klüftung) - Förderbrunnen: mittlere Förderleistung von 3,5 l/s, GW-Absenkung auf 90 m NN ► Aufgaben: 1. Ist für die Bemessung der Trinkwasserschutzzonen I – III von Brunnen das oberirdische oder unterirdische Einzugsgebiet des Entnahmebrunnens maßgebend? Zeichnen Sie das maßgebende Einzugsgebiet in die Karte des Untersuchungsgebietes ein! 2. Nehmen Sie eine Bemessung der Trinkwasserschutzzonen I – III vor und zeichnen Sie die ent-sprechenden Schutzzonengrenzen in die Karte des Untersuchungsgebietes ein! 3. Charakterisieren Sie kurz die Schutzzonen I – III hinsichtlich: - Bezeichnung (Name der jeweiligen Schutzzone) - Gesichtspunkte für die Festlegung der jeweiligen Schutzzonengröße - Zweck der einzelnen Schutzzonen (differenziert nach Schutzzonen I – III) - Nutzungsbeschränkungen, Vorsichtsmaßnahmen in den einzelnen Schutzzonen 4. Ist im konkreten Fall eine Unterteilung der Schutzzone III in III A und III B sinnvoll? Begründen Sie Ihre Aussage! 5. Welche Größen (gegebene Informationen s. o.) muss man miteinander vergleichen, wenn man wissen möchte, ob es im Einzugsgebiet des Brunnens zu einer Überlastung der Grundwasserressour-cen (Folge: tendenziell sinkende Grundwasserstände) kommt oder nicht? Führen Sie den Vergleich durch! Zu welchem Ergebnis kommen Sie? 6. Welche Schutzzone würde sich hinsichtlich ihrer Größe ändern, wenn im Bereich des Förder-brunnens eine gering durchlässige Bedeckung vorhanden wäre? 7. Zeichnen Sie die Grenze der betreffenden Schutzzone (vgl. Aufgabe 6) in die Karte des Unter-suchungsgebietes für den Fall ein, dass im Bereich des Brunnens (im Umkreis von ungefähr 500 m) eine ca. 8 m mächtige Bedeckung aus schluffigem Sand anzutreffen ist! Sie können hierzu die Technische Regel Arbeitsblatt W 101 des DVWG (auszugsweise s. übernächste Seite) verwen-den. Diskutieren Sie die sich hieraus ergebenden Konsequenzen!

Bild Ü 21.1: Karte des Untersuchungsgebiets

Auszug aus der Technischen Regel Arbeitsblatt W 101 des DVWG, Richtlinien für Trinkwasser-schutzgebiete, Teil 1: Schutzgebiete für Grundwasser (Juni 2006): Wird die Schutzwirkung der Grundwasserüberdeckung in Rechnung gestellt, kann bei Lockergesteinen wie folgt vorgegangen werden: 1. Die obersten 6 m der Grundwasserüberdeckung haben die größte Schutzwirkung und werden deshalb bei der Verkleinerung der Schutzzone II nicht berücksichtigt. 2. Für die darunter folgende Grundwasserüberdeckung werden die den einzelnen Schichten zuzuordnen-den Indizes I der unterstehenden Tabelle (hier: Tabelle Ü 21.1) entnommen. 3. Die Schutzwirkung Ld der Grundwasserüberdeckung wird wie folgt berechnet: Ld = h1 * I1 + h2 * I2 + … (Ü 21.1) mit: h1, h2, ... - Mächtigkeiten der Teilschichten [m] I1, I2, … - Indizes s. Tabelle Ü 21.1 Für eine umfassende Schutzwirkung muss Ld ≥ 1,0 betragen. In diesem Fall ist theoretisch keine Schutzzone II erforderlich. Bei Ld < 1,0 ist eine umfassende Schutzwirkung der Überdeckung noch nicht erreicht. 4. Die erforderliche restliche Aufenthaltszeit im Grundwasser errechnet sich zu T = 50 (1 – Ld) Tagen (gilt für den Fall Ld < 1). Tabelle Ü 21.1: Ausreichende Überdeckung und Indizes für bedeckte Grundwasserleiter L Gesteinsart H [m] I = 1 / H 1 Ton ohne Risse, toniger Schluff, stark toniger Sand 2,0 0,50 2 toniger Schluff bis Schluff 2,5 0,40 3 Schluff, schluffiger Sand, Sand mit wenig Schluff und Ton 3,0 – 4,5 0,33 – 0,22 4 Fein- bis Mittelsand 6,0 0,17 5 Mittel- und Grobsand 10,0 0,10 6 Grobsand 15,0 0,07 7 schluffiger Kies, reichlich Sand und Ton 8,0 0,13 8 wenig Kies, viel Sand 12,0 0,08 9 Fein- bis Mittelkies, reichlich Sand 25,0 0,04 10 Mittel- bis Grobkies, wenig Sand 35,0 0,03 11 Steine, wenig Kies und Sand 50,0 0,02 L - Gesteinsart H - für Elimination und Abbau ausreichende Mächtigkeit der Grundwasserüberdeckung I - Index für die Dimensionierung unter Berücksichtigung der Schutzwirkung entsprechend Gleichung Ü 21.1