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Grundlagen der Regelungstechnik Dr.-Ing. Georg von Wichert Siemens AG, Corporate Technology, München Einführung Was ist Regelungstechnik? Steuerung versus Regelung Definitionen und Begriffe Wofür kann man so etwas brauchen? Was will ich hier erreichen? Was sollen Sie hier mitnehmen?

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Grundlagen der Regelungstechnik

Dr.-Ing. Georg von WichertSiemens AG, Corporate Technology, München

Einführung

Was ist Regelungstechnik?

Steuerung versus Regelung ― Definitionen und Begriffe

Wofür kann man so etwas brauchen?

Was will ich hier erreichen? Was sollen Sie hier mitnehmen?

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Was ist Regelungstechnik?

Regelungstechnik:• Lehre von der gezielten Beeinflussung dynamischer Systeme

Dynamisches System:• System, das einer zeitlichen Änderung unterliegt

Dynamisches System

Stellgröße Regelgröße

Störgröße

Und nun?

Regelungstechnik:• Lehre von der gezielten Beeinflussung dynamischer Systeme

• Gezielte Beeinflussung!– Die Regelgröße soll einen von uns bestimmten Wert annehmen– Beeinflussung über Stellgröße

• Zwei Möglichkeiten– Steuerung– Regelung

Dynamisches System

Stellgröße Regelgröße

Störgröße

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Steuerung (Open loop control)

• Steuerung wirkt auf die Stellgröße und beeinflusst damit die

Regelgröße

• Nachteil: Die Steuerung „weiß“ nicht, ob die Regelgröße den

gewünschten Wert hat!

– Probleme bei

• Instabilität

• Starken Störungen

• Ungenau bekanntem Prozess

Dynamisches System

Stellgröße Regelgröße

Störgröße

SteuerungSollgröße

Regelung (Closed loop control)

• Regler wirkt auf die Stellgröße und beeinflusst damit die

Regelgröße

• Rückführung der Regelgröße und Vergleich mit der Sollgröße

• Vorteil: Der Regler „weiß“, ob die Regelgröße den

gewünschten Wert hat!

Dynamisches System

Stellgröße Regelgröße

Störgröße

Regler+

-

Sollgröße

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Regelkreis

Regelung (Closed loop control)

• Regler wirkt auf die Stellgröße und beeinflusst damit die

Regelgröße

• Rückführung der Regelgröße und Vergleich mit der Sollgröße

• Vorteil: Der Regler „weiß“, ob die Regelgröße den

gewünschten Wert hat!

Dynamisches System

Stellgröße Regelgröße

Störgröße

Regler+

-

Sollgröße

Wofür kann man so etwas brauchen?

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Wofür kann man so etwas brauchen?

Wofür kann man so etwas brauchen?

• Temperaturgeregelter CPU-Lüfter• Geregelte Ausgangsspannung im „Schaltnetzteil“

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Wofür kann man so etwas brauchen?

Unter Ausnutzung des Tunneleffektes zwischen metallischer oder halbleitender Probenoberfläche und Tunnelspitze wird letztere lateral über die Probe geführt und unter Konstanthaltung des Tunnelstroms über einen Regelkreis in der Höhe nachgestellt.

…Höhenauslenkungen werden … über einen Lichtzeiger registriert.

Wofür kann man so etwas brauchen?

Die wichtigsten Hormone zur Steuerung des weiblichen und männlichen Fortpflanzungszyklus Die hormonelle Steuerung des weiblichen und männlichen Fortpflanzungssystems erfolgt durch das Zusammenspiel von Hypothalamus, Hypophyse und Geschlechtsorganen mit Hilfe der Hormone, die sie ausschütten (vgl. Abb.).

Der Hypothalamus schüttet gonadotropinfreisetzen-des Hormon (GnRH) aus, welches die Freisetzung von follikelstimulierendem Hormon (FSH) und luteinisierendem Hormon (LH) aus der Hypophyse auslöst. FSH und LH wiederum stimulieren die Eierstöcke bzw. die Hoden zur Ausschüttung der Geschlechtshormone (Östrogene, Progesteron und Testosteron).

Sind genügend Geschlechtshormone vorhanden, reagiert der Hypothalamus mit einer Drosselung der GnRH-Freisetzung.

Die niedrigere GnRH-Ausschüttung signalisiert dann der Hypophyse, weniger FSH und LH freizusetzen, was zu einer reduzierten Geschlechtshormonfreisetzung führt und somit den Regelkreis schließt.

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Wofür kann man so etwas brauchen?

Alles, was wichtig ist, muss geregelt werden!

Lernziele

Was will ich hier erreichen? Was sollen Sie mitnehmen?

• Fähigkeit regelungstechnische Probleme zu erkennen

• Fähigkeit regelungstechnische Problemlösungen zu diskutieren

• Überblick über die grundlegenden Konzepte

• Überblick über die grundlegenden Ansätze und Techniken

• Fähigkeit zur selbständigen Vertiefung der Thematik

• Wissen, wo man nachschlagen muss!

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Literatur

• O. Föllinger: Regelungstechnik, Hüthig-Verlag, Amazon €48

• J. Lunze: Regelungstechnik 1 & 2, Springer-Verlag • R. Unbehauen: Regelungstechnik 1 & 2, Vieweg-Verlag• W. Leonhard: Einführung in die Regelungstechnik, Vieweg-

Verlag

• Skript Prof. Schumacher, TU Braunschweighttp://www.ifr.ing.tu-bs.de/lehre/downloads/skripte/Skript_GdR.pdf

Modellierung dynamischer Systeme

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Regelungstechnik - Dynamische Systeme

• Regelungstechnik beschäftigt sich mit dynamischen Systemen

• Der Prozess ist immer ein dynamisches System

• Der Regler ist (fast) immer ein dynamisches System

• Der geschlossene Regelkreis ist ein dynamisches System

Prozess

Stellgröße Regelgröße

Störgröße

Regler+

-

Sollgröße

Modellierung dynamischer Systeme

Dynamisches System:• System, das einer zeitlichen

Änderung unterliegt

• Wie beschreibt man ein dynamisches System?– Differentialgleichung

Beispiel: Segelboot in laminarerStrömung

Masse: m

Antriebskraft: fSReibungskraft: fW = r v

fS

fW m

)()()( trvtftvm S −=&

)()()( 1 tftvtv srrm =+&

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Verhalten dynamischer Systeme?

• Wie verhält sich das System?

• Verlauf von v(t) bei gegebenem fS(t)?– Was macht das Boot wenn kein Wind weht?– Was passiert, wenn der Wind bei t=0 beginnt zu wehen?

• Anregung des dynamischen Systems, ab t=0 mit Kraft fS(t)

Dynamik des BootesEingang fs(t) Ausgang v(t)

)()()( 1 tftvtv srrm =+&

Verhalten dynamischer Systeme?

• Ergebnis durch Lösen der Differentialgleichung mit entsprechenden Randbedingungen– Im Allgemeinen ist dies keine sehr beliebte Tätigkeit!– Eigentliche Lösung meist uninteressant– Ziel: Charakterisierung des Systemverhaltens

Dynamik des BootesEingang fs(t) Ausgang v(t)

)()()( 1 tftvtv srrm =+&

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Verhalten dynamischer Systeme?

• Ergebnis durch Lösen der Differentialgleichung mit entsprechenden Randbedingungen– Im Allgemeinen ist dies keine sehr beliebte Tätigkeit!– Eigentliche Lösung meist uninteressant– Ziel: Charakterisierung des Systemverhaltens

• In dieser Vorlesung nur lineare DGL mit konstanten Koeffizienten!

Dynamik des BootesEingang fs(t) Ausgang v(t)

)()()( 1 tftvtv srrm =+&

Verhalten dynamischer Systeme?

• Ergebnis durch Lösen der Differentialgleichung mit entsprechenden Randbedingungen– Im Allgemeinen ist dies keine sehr beliebte Tätigkeit!– Eigentliche Lösung meist uninteressant– Ziel: Charakterisierung des Systemverhaltens

• In dieser Vorlesung nur lineare DGL mit konstanten Koeffizienten!

• Lösung über Laplace-Transformation

– Ziel: Umwandlung der Differentialgleichungen in algebraische Gleichungen

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Lösung über Laplace-Transformation

Problem imZeitbereich

Beschreibung im Frequenzbereich

Lösung im Frequenzbereich

Lösung im Zeitbereich

Laplace-Hin-transformation

Laplace-Rück-transformation

sun

g

der D

GL

Alg

eb

r.Lö

sun

g

Lösung über Laplace-Transformation

Problem imZeitbereich

Beschreibung im Frequenzbereich

Lösung im Frequenzbereich

Lösung im Zeitbereich

Laplace-Hin-transformation

Laplace-Rück-transformation

sun

g

der D

GL

Alg

eb

r.Lö

sun

g

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Laplace-Transformation

• Ähnlich Fourier-Transformation

– zusätzlich Dämpfungsterm

– Existiert auch für Funktionen deren Fouriertransformierte nicht existiert

• Rücktransformation schwierig (Integration über komplexe Variable, Funktionentheorie)

– In der Praxis verwendet man Korrespondenztabellen (z.B. im Bronstein)

Hin:

Rück:

• Linearitätssatz

• Differentiationssatz

• Integrationssatz

Wichtige Eigenschaften der Laplacetransformation

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Wichtige Eigenschaften der Laplacetransformation

• Differentialgleichungen werden zu algebraischen Gleichungen

)()()1( 1 sFsVs srrm =+

)()()( 1 tftvtv srrm =+&

)()()( 1 sFsVssV srrm =+

)()()( 1 sFsVs smmr =+

fS

fW m

Laplacetransformation• Linearitätssatz• Differentiationssatz

Wichtige Eigenschaften der Laplacetransformation

• Verschiebungssatz (R)

• Verschiebungssatz (L)

• Ähnlichkeitssatz

• Dämpfungssatz

• Multiplikationssatz

• Divisionssatz

• Integrationssatz

• Faltungssatz

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Korrespondenztabelle

• Hier nur einige ausgewählte Funktionen– mehr bspw. im Bronstein

• Für Anfangswert 0 !

Lösung über Laplace-Transformation

Problem imZeitbereich

Beschreibung im Frequenzbereich

Lösung im Frequenzbereich

Lösung im Zeitbereich

Laplace-Hin-transformation

Laplace-Rück-transformation

sun

g

der D

GL

Alg

eb

r.Lö

sun

g

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Verhalten dynamischer Systeme?

Dynamik des BootesEingang fs(t) Ausgang v(t)

)()()( 1 tftvtv srrm =+&

Dynamik des BootesEingang Fs(s) Ausgang V(s)

)()()( 1 sFsVs smmr =+

Zeitbereich

Frequenzbereich

Dynamik des BootesEingang Fs(s) Ausgang V(s)

Verhalten dynamischer Systeme?

Frequenzbereich

)()()( 1 sFsVs smmr =+

)()()( 1 sFsVs smmr =+

)(

1

)(

)()( 1

mrm

s ssF

sVsG

+==Übertragungsfunktion

)()()( sFsGsV S=

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Verhalten dynamischer Systeme!

• Die Übertragungsfunktion G(s)

– Hängt nicht vom Eingangssignal ab

– Beschreibt das Systemverhalten vollständig

– Erlaubt es, Aussagen über das System zu machen

Frequenzbereich

Dynamik des BootesEingang Fs(s) Ausgang V(s)

)(

1

)(

)()( 1

mrm

s ssF

sVsG

+==

Lösung über Laplace-Transformation

Problem imZeitbereich

Beschreibung im Frequenzbereich

Lösung im Frequenzbereich

Lösung im Zeitbereich

Laplace-Hin-transformation

Laplace-Rück-transformation

sun

g

der D

GL

Alg

eb

r.Lö

sun

g

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Zurück zu unserem Boot

• Verlauf von v(t) bei gegebenem fS(t)?– Was passiert, wenn der Wind bei t=0 beginnt zu wehen?

• Anregung des dynamischen Systems, ab t=0 mit Kraft fS(t)

0für 1)(mit )(

1)( System 1 ≥=

+= ttf

ssG s

mrm

ssFs

1)( =

Transformationstabelle

sssFsGsV

mrms

1

)(

1)()()( 1

+==

)1(1

)( tmr

er

tv −−=Transformationstabelle

( )tess

1 )(

α

αα −−+

a

Sprungfunktion

Sprungantwort

Sprungantwort der Bootsdynamik

Step Response

Time (sec)

Am

plit

ud

e

0 10 20 30 40 50 600

0.001

0.002

0.003

0.004

0.005

0.006

0.007

0.008

0.009

0.01

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Verzögerungsglied 1. Ordnung (PT1)

)1()(

Ts

KsG

+=

K : VerstärkungT : Zeitkonstante

(Anstiegszeit)

)1()( Tt

eKth−

−=

)()()( tKxtytyT =+&

Sprungantwort

Sprungantwort

Übertragungsfunktion

Differentialgleichung