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QUMAH01 Grundlagen des Qualitätsmanagements 0117A02

Grundlagen des Qualitätsmanagements · Grundlagen des Qualitätsmanagements (QM) nach. Einleitend werden im ersten Kapitel die Geschichte des QM sowie die wesentlichen Wegbereiter

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Grundlagen des Qualitätsmanagements0117A02

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Grundlagen des Qualitätsmanagements

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Caroline Rütten

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Werden Personenbezeichnungen aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur in der männlichen oder weiblichen Form verwendet, so schließt dies das jeweils andere Geschlecht mit ein.

Falls wir in unseren Studienheften auf Seiten im Internet verweisen, haben wir diese nach sorgfältigen Erwägungen ausgewählt. Auf die zukünftige Gestaltung und den Inhalt der Seiten haben wir jedoch keinen Einfluss. Wir distanzieren uns daher ausdrücklich von diesen Seiten, soweit darin rechtswid-rige, insbesondere jugendgefährdende oder verfassungsfeindliche Inhalte zutage treten sollten.

©

Caroline Rütten, M.A.

(geb. 1986) arbeitete nach ihrer Ausbildung als Gesundheits- und Kranken-pflegerin im Luisenhospital Aachen. Zunächst auf einer diabetologischen Sta-tion, später als stellv. Stationsleitung in der Gefäßchirurgie und Onkologie mit Palliativstation. Neben dieser Tätigkeit absolvierte Frau Rütten das Bachelor-studium der Pflegewissenschaften und später auch das Masterstudium im Pflegemanagement an der Katholischen Hochschule NRW am Standort Köln. Darüber hinaus erwarb sie die Qualifikation zur Qualitätsmanagementbeauf-tragten, zur Fachkraft in Palliative Care sowie die Basisqualifikation Kinaes-tetics in der Pflege. Heute ist Frau Rütten als Pflegedienstleitung im Hospiz

Haus Hörn sowie für das eigene Unternehmen – die InnovaPrax GmbH – tätig. Die InnovaPrax GmbH ist eine Unternehmensberatung im Gesundheitswesen. Neben Befragungen und Hygienebera-tung berät sie Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser zu Themen rund um das Quali-tätsmanagement. Seit 2016 ist Frau Rütten als Autorin und Tutorin an der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft tätig.

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Grundlagen des Qualitätsmanagements

Inhaltsverzeichnis 0217A02

Einleitung ....................................................................................................................... 1

1 Geschichte des Qualitätsmanagements .............................................................. 3

Zusammenfassung .................................................................................................... 10

Aufgaben zur Selbstüberprüfung ............................................................................ 10

2 Modelle im Qualitätsmanagement ......................................................................... 12

2.1 Dimensionen der Qualität von Donabedian ............................................ 12

2.2 Qualitätsmodell nach Grönroos ................................................................. 15

2.3 Qualitätsmodell nach Meyer und Mattmüller .......................................... 17

2.4 Das GAP-Modell ......................................................................................... 18

2.5 Die Null-Fehler-Philosophie ...................................................................... 22

2.6 Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung ....................................... 23

2.7 Total Quality Management ........................................................................ 24

Zusammenfassung .................................................................................................... 26

Aufgaben zur Selbstüberprüfung ............................................................................ 27

3 Begriffe im Qualitätsmanagement ........................................................................ 28

3.1 Der Qualitätsbegriff .................................................................................... 28

3.2 Qualitätsmerkmale ...................................................................................... 30

3.3 Qualitätspolitik ............................................................................................ 32

3.4 Qualitätsmanagement ................................................................................. 33

3.5 Qualitätsziele ............................................................................................... 34

3.6 Qualitätsmanagementsysteme ................................................................... 36

3.7 Qualitätsstandards ...................................................................................... 37

3.7.1 Expertenstandards in der Pflege ................................................................ 37

3.7.2 Medizinische Leitlinien .............................................................................. 38

3.8 Qualitätsmessung und -beurteilung .......................................................... 39

3.9 Audit ............................................................................................................. 39

3.10 Dokumentation ........................................................................................... 41

3.11 Kundenbegriff ............................................................................................. 44

3.12 QM als Marketinginstrument .................................................................... 46

Zusammenfassung .................................................................................................... 47

Übungsaufgaben ....................................................................................................... 48

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4 Rahmenbedingungen .............................................................................................. 49

4.1 QM im Gesundheitswesen .......................................................................... 50

4.2 Rollen im Qualitätsmanagement ................................................................ 52

4.3 Rechtliche Rahmenbedingungen ................................................................ 55

Zusammenfassung ..................................................................................................... 58

Aufgaben zur Selbstüberprüfung ............................................................................. 58

Schlussbetrachtung ........................................................................................................ 60

Anhang

A. Bearbeitungshinweise zu den Übungen .................................................... 61

B. Lösungen zu den Aufgaben zur Selbstüberprüfung ................................. 62

C. Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... 65

D. Glossar .......................................................................................................... 67

E. Literaturverzeichnis ..................................................................................... 68

F. Abbildungsverzeichnis ................................................................................ 72

G. Tabellenverzeichnis ..................................................................................... 73

H. Sachwortverzeichnis .................................................................................... 74

I. Einsendeaufgabe .......................................................................................... 77

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QUMAH01Grundlagen des Qualitätsmanagements0217A02

Einleitung

Werden die eigenen Eltern oder Großeltern pflegebedürftig, stehen wichtige Entschei-dungen an: Wie soll die Pflege gestaltet werden und welche Pflegeeinrichtung ist ggf. die beste Wahl?

Um als Angehöriger Ihrerseits das Bestmögliche dafür zu tun, wählen Sie gewissenhaft aus, welchen ambulanten Pflegedienst sie wählen, bei welchem betreuten Wohnen spä-ter eine vollstationäre Pflege möglich ist oder welche die beste stationäre Pflegeeinrich-tung ist, sollte direkt eine stationäre Pflege vonnöten sein. Der betreuende Hausarzt so-wie die Fachärzte sind ebenso mit großer Sorgfalt auszusuchen, schließlich sollen diese Ihre Ansprechpartner in Notfällen sein.

Bei der Wahl der Einrichtung können ggf. verschiedene Kriterien eine Rolle spielen: Größe des Zimmers, Einzel- oder Doppelzimmer, Modernisierung, Ausstattung der Waschräume und vieles mehr. Aber auch die Fachkenntnisse der Pflegekräfte, das An-gebot des Sozialen Dienstes oder die kirchliche Zugehörigkeit sowie das spirituelle An-gebot können ebenfalls entscheidend sein.

Die Auswahl findet aber keinesfalls nach rein objektiven Kriterien statt. Auch persönli-che Sympathien werden in den Prozess einbezogen und Umgangsformen, Informations-angebote und die Atmosphäre gegenüber den apparativen Ausstattungen der Einrich-tungen abgewogen. Als Angehöriger sind Sie natürlich bemüht, die besten Vorausset-zungen für die Pflege von Mutter, Vater, Großmutter oder Großvater zu schaffen. Die Meinung darüber, was das Beste ist, gehen aber nicht selten weit auseinander. Während die einen Wert auf ein gemütliches, detailreich und liebevoll gestaltetes Seniorenzent-rum legen, gefallen anderen hochmoderne, technisch maximal ausgestattete und neu er-öffnete Seniorenwohnstifte. Beide Perspektiven spiegeln das individuelle Verständnis ei-ner guten Betreuung der geliebten Angehörigen wider. Aber was für den einen die per-fekte Versorgung ist, kann für einen anderen eine Zumutung und indiskutabel sein. Und wenn die Mutter, der Vater bzw. die Großmutter, der Großvater in sein Zimmer einer Senioreneinrichtung gezogen ist, wird sich zeigen, was das ganz persönliche Verständnis von Qualität wert ist.

Das Beispiel Pflege ist nur eines aus der Vielfalt der Gesundheitsdienstleistungen, bei de-nen die Qualität stets eine wichtige Rolle spielt. Alle Leistungsanbieter im Gesundheits- und Sozialwesen müssen sich daher damit auseinandersetzen, was der Angehörige, aber auch der Patient und Bewohner selbst unter der Qualität einer Leistung versteht. Aber auch damit, wie die Qualität zu erfassen, zu beurteilen ist und systematisch gesteuert und gestaltet werden kann. Eben diesen Fragen geht das vorliegende Studienheft zu den Grundlagen des Qualitätsmanagements (QM) nach.

Einleitend werden im ersten Kapitel die Geschichte des QM sowie die wesentlichen Wegbereiter dargestellt. Das zweite Kapitel befasst sich dann mit den verschiedenen Theorien und Modellen des QM. Da wir uns im Gesundheits- und Sozialwesen haupt-sächlich im Tätigkeitsbereich der Dienstleistung befinden, liegt hier der Schwerpunkt auf den Modellen zur Dienstleistungsqualität.

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Einleitung

Die im dritten Kapitel aufgeführten Rahmenbedingungen gehen merklich über die ge-setzlichen Anforderungen hinaus. Hier wird insbesondere herausgestellt, welche Rah-menbedingungen eine Einrichtung bieten muss, damit ein QM effizient umgesetzt wer-den kann. Im vierten und letzten Kapitel werden schließlich relevante Begrifflichkeiten aufgeschlüsselt und anhand von Beispielen erläutert.

„Qualität ist kein Zufall, sie ist immer das Ergebnis angestrengten Denkens.“

John Ruskin (1819–1900), englischer Kunstkritiker, Sozialökonom und Sozialre-former (vgl. Mörtenhummer, 2013, S. 203)

Hinweis:

In diesem Studienheft werden Sie immer wieder aufgefordert, das Dargestellte durch Beispiele aus der eigenen Berufserfahrung zu ergänzen. Wir möchten Sie daher er-mutigen, sich auch mit Ihren Kommilitonen auszutauschen und im Online Campus über ihre Erfahrungen zu diskutieren. Dabei werden Sie feststellen, wie vielfältig das Qualitätsmanagement ist.

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1 Geschichte des Qualitätsmanagements

Nach der Bearbeitung des ersten Kapitels kennen Sie die Historie und den Ur-sprung des Qualitätsmanagements (QM). Sie können die Begründer des QM be-nennen und deren Einfluss auf das heutige QM aufzeigen. Sie kennen die Bedeu-tung der Pioniere des QM für die heutige Arbeitswirklichkeit und können eigene Beispiele beisteuern.

Der Begriff Qualität ist kein so moderner Begriff, wie es manchmal scheint. Schon der griechische Philosoph Aristoteles von Stageira (384–322 v. Chr.) schrieb über die Qua-lität und zählte sie zu den zehn Kategorien seiner Lehre. Die Beschaffenheit einer Sache – so definierte Aristoteles Qualität. Zu den Kategorien zählen außerdem u. a. die Subs-tanz, die Quantität, der Ort, die Zeit und die Relation (vgl. Zollondz, 2006, S. 12).

Das Wort Qualität ist in seiner ursprünglichen Bedeutung neutral, denn es dient ledig-lich der Beschreibung von Eigenschaften einer Sache. Dennoch hat der Begriff Qualität in der deutschen Umgangssprache eine positive Färbung, sodass eine neutrale Betrach-tung der Eigenschaften nicht selten erschwert wird. Beschäftigt man sich mit Qualitäts-management (QM), sollte jedoch die neutrale Grundbedeutung des Begriffs immer be-wusst beachtet werden.

Bereits im Mittelalter war das Thema Qualität für den Alltag jener Menschen relevant, die mit der Herstellung und dem Tausch von Waren beschäftigt waren. Denn wer Waren eintauschte, interessierte sich für die Güte der erhaltenen Gegenleistung. Mit zuneh-mendem Handel gewann das Thema fortwährend an Bedeutung und es entstanden die ersten Institutionen (Zünfte und Genossenschaften), die die Qualität von Produkten durch Vorschriften und Kontrollen sichern sollten (vgl. Schmidt, 2010, S. 24 f.).

In der industriellen Produktion lagen bis Anfang des 20. Jahrhunderts – also vor der in-dustriellen Revolution – alle Fertigungsschritte zur Herstellung eines Produktes in der Hand eines Arbeiters. Dieser war zudem dafür verantwortlich, die Qualität seiner eige-nen Arbeit zu prüfen. Aufgrund der ständig steigenden Nachfrage nach Gütern jeder Art mussten sich die Produktionsstrategien jedoch verändern. Um möglichst hohe Produk-tionsergebnisse zu erreichen, spezialisierten sich die Arbeiter, unter der Leitung eines Vorarbeiters, auf einzelne Fertigungsschritte. Der Vorarbeiter übernahm die Qualitäts-kontrolle und trug die Verantwortung für die durchgeführten Fertigungsschritte. Die ersten Vollzeit-Qualitätsprüfer gab es etwa zur Zeit des ersten Weltkriegs (vgl. Schmidt, 2010, S. 23 f.).

Frederick W. Taylor und Henry Ford

Der erste Schritt in Richtung eines strukturierten QM erfolgte durch die Zerlegung der Fertigungsvorgänge in einzelne Arbeitsschritte, die von den jeweils am besten geeigne-ten Arbeitskräften durchgeführt wurden. Begründer dieser Idee waren Frederick W. Taylor und Henry Ford. Sie entwickelten das Konzept des sogenannten Funktionsmeis-terprinzips, in dem jede Aufgabe innerhalb der Ablauforganisation einem speziell aus-gebildeten Meister zugeordnet wurde. Diese Form der Arbeitsorganisation erforderte eine Veränderung des Einsatzes von Personal: In der Produktion am Fließband wurden daraufhin vor allem ungelernte Arbeitskräfte eingesetzt, für die Qualitätsprüfungen hin-gegen die Meister. (Vgl. Geiger et. al., 2008, S. 236)

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1 Geschichte des Qualitätsmanagements

Abb. 1.1: Qualitätstheorie nach Taylor (Brüggemann; Bremer, 2015, S. 6)

Noch bis in die 1950er-Jahre war Taylors Ansatz der Arbeitsorganisation weltweit ver-breitet und akzeptiert. Jeder Meister leistete seine Arbeit gemäß seiner speziellen Funk-tion bzw. Aufgabe, wann immer diese benötigt wurde. Heute gibt es keine Funktions-meister mehr, was einerseits daran liegt, dass aufgrund des spezialisieren Blicks das große Ganze außer Acht gelassen wurde (vgl. Geiger; Kotte, 2008, S. 236)

Andererseits führte die zunehmende Komplexität von Produkten und Fertigungsprozes-sen in den 1960er- und 1970er-Jahren zu einer stärkeren Integration des QM in die Pro-duktentwicklung und Herstellung. Hier fokussierte sich der Blick zum ersten Mal auf Fehlerquellen, um Fehler dort zu beseitigen, wo sie entstehen. Denn die Kosten für die Fehlerkorrektur steigern sich, je später ein Fehler entdeckt wird.

Ab den 1990er-Jahren beeinflussten japanische Produktions- und Unternehmensphilo-sophien auch die Entwicklung des QMs in den westlichen Staaten. Auch wenn die grundlegenden Ideen schon vorher entwickelt wurden, brauchte es Zeit, bis die Ideen in Europa Beachtung fanden (vgl. Brüggemann; Bremer, 2015, S. 6 f.).

Hinweis:

Als englischsprachiges Standardwerk gilt diesbezüglich folgendes Buch:

Taylor, F. W. (1903). Shop Management. New York: American Society of Mechanical Engineers.

Dieses Werk gibt es in zahlreichen Neuauflagen wie z. B.:

Taylor, F. W. (2006). Shop Management. Saarbrücken: VDM, Müller.

� geringe Anforderungen an die Fähigkeitendes einzelnen Mitarbeiters

� Trennung zwischen produzierenden undkontrollierenden Tätigkeiten

� fehlende Rückkopplung von Fehlern zumVerursacher

� Qualität wird vor allem durch Endkontrollesichergestellt (hohe Ausschuß- und Nacharbeitskosten

� keine Identifikation mit der Arbeit� keine Motivation, mit eigenen Ideen zur

Qualitätsverbesserung der Produkte beizutragen

Elemente der Taylor´schen Theorie

Arbeitsteilungin Teilaufgaben

Begrenzung derVerantwortung

Spezialisierungder Funktion

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Abb. 1.2: Übersicht der Denker im QM (Brüggemann; Bremer, 2015, S. 5)

Walter A. Shewhart

Von dem Amerikaner Walter A. Shewhart (1891–1967) stammt die Idee zur Steuerung und Regelung produktionstechnischer Prozesse mithilfe statistischer Methoden. Bereits 1924 entwickelte er eine Kontrollkarte zur Überwachung des Ausschusses innerhalb der Fertigung. Durch die Weiterentwicklung und den Einsatz der Kontrollkarten und durch Stichprobenprüfverfahren konnten in erheblichem Maße Personal und damit Kosten eingespart werden, insbesondere im Produktionsschritt der Endkontrolle. 1934 veröf-fentlichte Shewhart sein Buch Economic Control of Quality of Manufactured Product, das bis heute als Standardwerk auf dem Gebiet der statistischen Qualitätssicherung gilt (vgl. Brüggemann; Bremer, 2015, S. 12)

William E. Deming

William E. Deming (1900–1993) ist ein wichtiger Wegbereiter im Kontext des QM: Während des Zweiten Weltkriegs war er beim Statistischen Bundesamt der USA ange-stellt und wirkte an der Einführung statistischer Qualitätssicherung in der Rüstungsin-dustrie mit. Als Dozent an der Universität New York gab er sein Wissen und seine Er-fahrung aus der Praxis weiter.

Deming sammelte aber nicht nur in Amerika Daten, sondern besuchte auch Japan (erst-malig 1947), um dort statistische Erhebungen durchzuführen. Kurze Zeit später (1950) kehrte er auf Einladung der Japanese Union of Scientists and Engineers (JUSE) als selbst-ständiger Berater nach Japan zurück. Er wollte sich dort am Wiederaufbau von Industrie und Wirtschaft beteiligen. In dieser Zeit entwickelte er u. a. seine 14 Managementprin-

Walter A. Shewhart entwickelte in den 1920er-Jahren das Konzept der statistischen Qualitätssicherung und war damit der erste Experte auf diesem Gebiet.

sortierend steuernd vorbeugend integrierendCharakterdes QM

Umfangdes QM

1900 1930 1960 1990 2000

Zeit

Vordenker und prägende Persönlichkeiten

F.W. TaylorH. Fort W.A. Shewhart

G. TagushiJ.M. JuranP. Crosby

K. IshikawaA.V. FeigenbaumW.E. Deming W. Masing

Qualitäts-kontrolle

Qualitätsprüfungauf statistischer

Basis

VorbeugendeQ-Maßnahmen

umfassendeQualitäts-Konzepte/

TQM

BusinessExcellence Modelle/

Integrierte MMS

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1 Geschichte des Qualitätsmanagements

zipien sowie das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung (vgl. Kapitel 2.6). Mit den neuen Ansätzen revolutionierte Deming die Qualität und Produktivität zunächst der ja-panischen Industrie, später aber auch anderer Systeme.

Zur Honorierung seiner Arbeit verleiht die JUSE seit 1951 jährlich den Deming-Preis für die erfolgreiche Anwendung von unternehmensweiten Qualitätskonzepten (vgl. Kamis-ke et al., 2011, S. 42).

Die Managementprinzipien sowie der Prozess der kontinuierlichen Verbesserung wer-den in Kapitel 2.6 ausführlich dargestellt.

Philip B. Crosby

Philip B. Crosby (1926–2001) betrachtete bereits in den 1960er-Jahren das QM als Kern-aufgabe der Führung. Er sah insbesondere den Mangel an Kritikfähigkeit auf Ebene des Managements als Ursache für viele Schwierigkeiten in Unternehmen. Wesentlich für die Qualität von Produkten und Dienstleistungen sind seiner Meinung nach Offenheit und gegenseitiges Vertrauen sowie Respekt und Anerkennung in der Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten, Management und Mitarbeitern. Darüber hinaus forderte Crosby, dass der Fokus auf die Einführung von Vorbeugungsmechanismen gerichtet werden sollte. Besonderen Wert legte er dabei auf Fehlerquoten sowie Fehlerkosten und weniger auf technische Lösungen (vgl. Kamiske et al., 2011, S. 42).

Crosby sammelte als Vizepräsident und Direktor für Qualität umfangreiche Erfahrun-gen bei der International Telephone and Telegraph Corporation (ITT) in New York. 1964 wurde er für die Entwicklung seines Null-Fehler-Programms (Zero Defects Concept) vom US-Verteidigungsministerium ausgezeichnet. Nach 1979 war er als selbstständiger Unternehmensberater mit eigener Firma tätig (vgl. Kamiske et al., 2011, S. 41).

Joseph M. Juran

Unzureichende Qualitätsplanung von Produkten und Prozessen führt zu hohen Quali-tätsschwankungen und Fehlerquoten in der Fertigung. Es entstehen Verluste, die früher als unvermeidbar hingenommen wurden. Als Ingenieur und Jurist entwickelte Joseph M. Juran (1904–2008) nach jahrelanger Berufserfahrung die Qualitäts-Trilogie – auch

Hinweis:

Deming wurde durch den NBC-Dokumentarfilm „If Japan can… Why can`t we?“ weltweit bekannt. Der Film kann online angesehen werden unter: https://www.you-tube.com/watch?v=vcG_Pmt_Ny4 (01.11.2016)

William E. Deming entwickelte in den 1950er-Jahren das Prinzip der ständigen Ver-besserung und die 14 Managementprinzipien.

Philip B. Crosby lenkte in den 1960er-Jahren den Blick auf das Qualitätsmanage-ment als Führungsaufgabe. Sein Konzept zur Null-Fehler-Philosophie gab erstmals Raum für Maßnahmen der Vorbeugung.

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Geschichte des Qualitätsmanagements 1

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bekannt als Juran-Triologie. Sie stellt die Qualitätsverbesserung als einen systemati-schen und kontinuierlichen Prozess dar, der in drei sich wiederholende Einzelprozesse untergliedert ist (vgl. Kamiske et al., 2011, S. 45):

Abb. 1.3: Phasen der Qualitätsverbesserung nach Juran

Eine zentrale Bedeutung nimmt in diesem Zusammenhang der erste Schritt, die voraus-schauende und fehlervermeidende Qualitätsplanung ein. Die Qualitätsregeln sollen To-leranzüberschreitungen und erhöhte Fehlerquoten identifizieren und künftig vermei-den. Durch Qualitätsverbesserungen können Qualitätsschwankungen und Fehlerquoten unter das geplante Soll-Ziel gedrückt werden (vgl. Schmidt, 2010, S. 11 f.). Die Juran Tri-logie hatte maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Qualitätswissenschaft als aka-demische Disziplin (vgl. Kamiske et al., 2011, S. 45).

Juran verfolgte und befürwortete auch das Pareto-Prinzip – ein Prinzip, das von dem ita-lienischen Ökonom Vilfredo Pareto entwickelt wurde. Auftretende Probleme sind oft so vielfältig, dass nicht klar ist, welches man priorisiert bearbeiten sollte. Das Pareto-Prin-zip dient als Entscheidungshilfe, denn es stellt die Ursachen heraus, die den größten Ein-fluss haben bzw. die meisten Kosten verursachen. Es basiert dabei auf der wissenschaft-lich belegten Tatsache, dass viele Auswirkungen auf eine relativ geringe Zahl von Ursachen zurückzuführen sind. Quantitativ dargestellt bedeutet dies, dass 70-80 % der Wirkungen aus 20-30 % möglichen Ursachen bzw. Einflussgrößen resultieren. In diesem Zusammenhang prägte Juran den Ausdruck “vital few, useful many“ (entscheidend we-nige, nützliche viele) und die 80-20-Regel (vgl. Kamiske, 2015, S. 826).

Walter Masing

Vor allem in Deutschland gilt Walter Masing (1915–2004) als Pionier des modernen in-dustriellen QM. Walter Masing konnte als Mitinhaber und Technischer Leiter eines Un-ternehmens im Bereich der Entwicklung und Fertigung elektronischer Steuerungen über 20 Jahre praktische Erfahrungen sammeln. Bereits früh engagierte er sich in Deutsch-land für die Bedeutung der Qualität und die Verbreitung des Qualitätsgedankens (vgl. Kamiske; Brauer, 2011, S. 45).

Das Pareto-Prinzip besagt, dass die meisten Auswirkungen auf wenige Ursachen zu-rückzuführen sind. 70–80 % der Wirkungen entstehen aufgrund von 20–30 % der Ursachen.

Übung 1.1:

Recherchieren Sie ein Beispiel für die Wirkung der 80-20-Regel.

1. Qualitätsplanung 3. Qualitätsverbesserung

2. Qualitätsregelung

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1 Geschichte des Qualitätsmanagements

1954 leitete er den ersten Kurs zur statistischen Qualitätskontrolle im Ausschuss für Technische Statistik. Später (1957) wurde aus diesem Ausschuss die Deutsche Arbeits-gemeinschaft für Statistische Qualitätskontrolle (ASQ). Nach erneuter Umbenennung (1968) ist sie bis heute als Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) bekannt. Bei beiden Institutionen wurde Masing zum ersten Vorsitzenden gewählt. Er setzte sich darüber hi-naus auch international für die Förderung des Qualitätsgedankens ein und fungierte als Gründungspräsident der European Organization for Quality Control (EOQC). Dieser Zusammenschluss von europäischen Organisationen, die sich mit Fragen der Qualitäts-sicherung beschäftigten, ist heute als European Organization for Quality (EOQ) be-kannt. Masing erhielt zahlreiche Auszeichnungen für sein Wirken innerhalb des QM. Zu diesen zählten das Bundesverdienstkreuz (1987) sowie ein Doktortitel ehrenhalber. Zur Honorierung seines Engagements wird seit 1988 der Walter-Masing-Preis verliehen (vgl. Kamiske; Brauer, 2011, S. 45).

Armand V. Feigenbaum

Armand V. Feigenbaum (1922–2014) gründete nach 10-jähriger Erfahrung im Bereich der Fertigung und Qualitätssicherung ein eigenes Unternehmen zur Entwicklung und Implementierung von Total-Quality-Systemen nach dem Prinzip der Total Quality Con-trol (TQC). Das Konzept der TQC entwarf Feigenbaum 1961: Es handelt sich um eine Qualitätsstrategie, die das gesamte Unternehmen umfasst und sich an Kundenbedürfnis-sen ausrichtet. Es basiert auf der Grundannahme, dass sämtliche Unternehmensvorgän-ge zur Erfüllung von Kundenbedürfnissen beitragen. Daraus folgt, dass jeder Mitarbeiter für Qualität verantwortlich ist. Folgende Elemente sind charakteristisch für TQC (vgl. Schmidt, 2010, S. 9 f.):

• Klarheit und Eindeutigkeit in Qualitätspolitik und -zielen

• Orientierung an den Kundenbedürfnissen

• zielgerichtete Aktivitäten zur Umsetzung der Qualitätspolitik sowie zur Erreichung der Qualitätsziele

• Integration von qualitätsbezogenen Aktivitäten im gesamten Unternehmen

• Regelung von Aufgaben und Verantwortung

• Fixierung der erforderlichen Ausstattung

• spezielle QM-Maßnahmen der Lieferanten

• Identifikation von wirkungsvollen Qualitätsinformationen, Prozessen und Überwa-chungsmethoden

• hohes Qualitätsbewusstsein, Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter bezogen auf das gesamte Unternehmen

• Nutzung von Messgrößen als Qualitätsstandards

Hinweis:

Besonders bedeutsam ist das von Masing herausgegebene Werk Handbuch der Qua-litätssicherung, das erstmals 1980 im Hanser Verlag erschienen ist. Dieses gilt dank wiederkehrender Überarbeitungen bis heute als Standardwerk und Grundlage für die Anwendung von qualitätssichernden Maßnahmen in der Industrie.

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Geschichte des Qualitätsmanagements 1

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• Einführung positiv wirkender Korrekturmaßnahmen

• kontinuierliche Selbstüberprüfung, Regelkreise, Ergebnisanalysen und Soll-Ist-Ver-gleiche

• Durchführung regelmäßiger Systemaudits

Die Umsetzung des TQC-Konzeptes erfordert ein Umdenken in den Unternehmen, das zu einem ganzheitlichen, gleichartigen und parallelen Handeln führt, welches die Vor-aussetzung für weitere Schritte ist. Nach Feigenbaum ist Qualität nicht statisch. Er be-trachtet sie als bewegliches, sich veränderndes Ziel, welches durch den Kunden be-stimmt wird.

Feigenbaum integrierte außerdem die Arbeitstechnik des Simultaneous Engineering. Diese meint das überlappende (simultane) und nahezu gleichzeitige Bearbeiten von Auf-gaben durch verschiedene Arbeitsgruppen (vgl. Kamiske et al., 2011, S. 43).

Kaoru Ishikawa

Auch Kaoru Ishikawa (1915–1989) zählt zu den Pionieren im japanischen QM: Er ent-wickelte ein Gruppenarbeitskonzept zum QM, das auf dem Faktor Freiwilligkeit beruht. Ishikawa begann zudem, Anfang der 1950er-Jahre Konzepte der Gruppenarbeit zu inte-grieren, welche seit 1962 offiziell als Qualitätssicherungs-Zirkel bekannt sind. Hieraus ergab sich für ihn u. a., dass die Aktivität von Qualitätszirkeln – nach schon kleineren Anpassungen an die jeweiligen Rahmenbedingungen – weltweit erfolgreich implemen-tiert werden können (vgl. Kamiske et al., 2011, S. 44).

Ishikawa stellte außerdem Werkzeuge zusammen, die die Arbeit von Qualitätszirkeln unterstützen sollten. Ein bekanntes Werkzeug ist z. B. das Ursache-Wirkungs-Diagramm (auch Ishikawa-Diagramm genannt).

Aufbauend auf den Arbeiten von Deming, Juran und Feigenbaum sowie eigenen Erfah-rungen entwickelte Ishikawa das Konzept der Company-Wide Quality Control (CWQC). Dieses umfasst alle qualitätsrelevanten Aktivitäten innerhalb eines Unternehmens und bezieht die Mitarbeiter aller Hierarchiestufen mit ein (vgl. Schmidt, 2010, S. 10). Es las-sen sich folgende Kernaussagen zusammenfassen:

• „Qualität ist wichtiger als kurzfristiger Gewinn

• Kundenorientierung der Qualitätspolitik im gesamten Produktentstehungs-prozess

• Aufbau von Kunden-Lieferanten-Beziehungen im gesamten Unternehmen

• Verwendung von Daten und Fakten mit Hilfe statistischer Methoden

• Berücksichtigung von humanitären und sozialen Gesichtspunkten

• Einbeziehung und Mitwirkung sämtlicher Mitarbeiter, vom Management bis zur ausführenden Ebene

• Einführung von Qualitätszirkeln auf allen Hierarchieebenen.“

(Schmidt, 2010, S. 10)

Von Ishikawa stammt aber auch das Null-Fehler-Programm, das ursprünglich für die Herstellung von Raketen für das Militär entwickelt wurde (vgl. Kapitel 2.5).

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1 Geschichte des Qualitätsmanagements

Zusammenfassung

Der Ursprung des QM liegt schon viele Jahre zurück, denn Qualität ist kein neuer Begriff und gute Qualität keine neue Anforderung. Beim Herstellen, Handeln und Tauschen von Waren waren die Menschen bereits im Mittelalter auf eine Qualität angewiesen, die be-stimmten Anforderungen genügte.

Der Ursprung von systematischer Qualitätssicherung und QM liegt in der Industrie. Im Rahmen dessen stand im QM alleinig die Produktqualität im Vordergrund. Qualität hieß zur damaligen Zeit, dass ein Produkt fehlerfrei und möglichst lange nutzbar ist. Da da-mals die Nachfrage nach den verschiedenen Gütern größer war als das Angebot, konnte sich ein Käufer jedoch nicht allzu kritisch mit der Qualitätsfrage auseinandersetzen.

Walter A. Shewart, William E. Deming, Philip B. Crosby, Joseph M. Juran. Walter Ma-sing und Armand V. Feigenbaum gelten als Wegbereiter, die das heutige Verständnis des Qualitätsmanagements wesentlich beeinflusst haben. Im Alltag des heutigen QMs fin-den wir Instrumente wie den Qualitätszirkel (nach Ishikawa), den PDCA-Zyklus (nach Deming) oder die Phasen der Qualitätsverbesserung (nach Juran) wieder. Die Kernaus-sagen der dieser Qualitätswissenschaftler sind auch heute noch Basis für das QM. Cros-by erkannte schon früh, dass QM Führungsaufgabe ist und der Erfolg dessen immer von der Managementebene eines Unternehmens beeinflusst wird. Der Ansatz der kontinu-ierlichen Verbesserung (nach Deming und Juran) ist in vielen modernen QM-Systemen fest verankert und damit ein klares Erfordernis für eine Zertifizierung. Ähnlich ist es mit den TQC-Kriterien (nach Feigenbaum).

Innerhalb der QM-Geschichte entwickelte sich die Erkenntnis, dass gute Qualität bes-tens geeignet ist, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Die Unternehmen integrierten das „neue“ Qualitätsbewusstsein schnell und setzen alles daran, die Qualitätsansprüche der Kunden zu erfüllen.

Die Wissenschaften der Pioniere sind in Deutschland noch gar nicht so lange bekannt. Durch verschiedene Auflagen sind Unternehmen heute dazu verpflichtet, QM einzufüh-ren. Dies gilt beispielsweise für die Industrie oder die Lebensmittelbranche. In diesen Be-reichen werden strenge Prüfungen durchgeführt.

Das Gesundheits- und Sozialwesen hingegen agiert noch verzögert. Auch wenn QM vor-geschrieben ist, wird es in der realen Arbeitswelt noch nicht wirklich gelebt.

Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1.1 Ordnen Sie die Aussagen den Namen des jeweiligen QM-Pioniers zu:

Aussagen:

1. Die systematische und kontinuierliche Qualitätsverbesserung erfolgt in drei Schritten. Diese Schritte sind Qualitätsplanung, Qualitätsregelung, Qualitäts-verbesserung. Diese Aussage traf …

2. Die 14 Managementprinzipien sowie der Ansatz der kontinuierlichen Verbes-serung stammen von …

3. … gilt besonders in Deutschland als Pionier des QM.

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Geschichte des Qualitätsmanagements 1

QUMAH01 11

4. Fehlervermeidung und Korrekturmaßnahmen führen zur maximalen Qualität, so lautet das Fazit von …

5. Die Theorie von … sagt aus, dass sämtliche Unternehmensvorgänge zur Erfül-lung von Kundenbedürfnissen beitragen und jeder Mitarbeiter für die Qualität verantwortlich ist.

6. Gruppenarbeit und Qualitätszirkel wurden schon vor vielen Jahren von … ent-wickelt.

7. … veröffentlichte ein Standardwerk zur statistischen Qualitätssicherung.

Namen:

a) Shewhart

b) Deming

c) Crosby

d) Juran

e) Masing

f) Feigenbaum

g) Ishikawa

1.2 Wer hat das Pareto-Prinzip auf die Qualitätssicherung übertragen? Erklären Sie kurz die Wirkung des Prinzips.

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12 QUMAH01

2

2 Modelle im Qualitätsmanagement

Nach der Bearbeitung dieses Kapitels kennen Sie die Qualitätsdimensionen nach Donabedian und können diese auf die Praxis übertragen. Ebenso sind Ihnen die Kernaussagen der Modelle von Grönroos sowie Meyer und Mattmüller bekannt. Sie kennen die wesentliche Aussage des GAP–Modells und können den fünf GAPs Beispiele zuordnen. Außerdem sind Sie vertraut mit den vier Phasen der kontinu-ierlichen Verbesserung nach Deming.

Modelle sind theoretische Ansätze und bilden Sachverhalte ab, indem sie diese verkür-zen und sich auf das für die Praxis Relevante beschränken. Qualitätsmodelle dienen also der Entwicklung von praktischen Werkzeugen zur Qualitätssicherung. Man unterschei-det allgemeine und spezielle Qualitätsmodelle (vgl. Gerull, 2014, S. 44). Obwohl es eine Fülle verschiedener Modelle gibt, beschränken wir uns innerhalb dieses Studienheftes auf die für das Gesundheits- und Sozialwesen relevanten. Diese liefern den Rahmen, in dem die verschiedenen Aspekte der Dienstleistungsqualität im Gesundheits- und Sozi-alwesen systematisch dargestellt werden. Sie richten den Blick nicht nur auf die Ergeb-nisbetrachtung der Prozesse, sondern öffnen ihn für die Voraussetzung und Umsetzung der jeweiligen Leistung (vgl. Gerull, 2014, S. 72).

In Kapitel 1 wurden die wesentlichen Pioniere des Qualitätsmanagements benannt und vorgestellt. Neben ihren Ansätzen gibt es heutzutage zahlreiche weitere Konzepte und Modelle zum Qualitätsmanagement, die teilweise wesentlich von den im Kapitel 1 ge-nannten Personen beeinflusst wurden. Im Folgenden werden die zentralen Modelle des modernen QM nacheinander betrachtet, wobei der Ansatz von Avedis Donabedian den Anfang machen soll.

2.1 Dimensionen der Qualität von Donabedian

Die Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen ist durch den amerikanischen Medizin-professor und Qualitätsforscher Avedis Donabedian (1919–2000) wesentlich geprägt worden. Bereits 1966 befasste er sich mit der Qualität ärztlicher und pflegerischer Leis-tungen und differenzierte den Qualitätsbegriff wie folgt:

„Qualität der Gesundheitsversorgung ist das Ausmaß, in dem die tatsächliche Versorgung mit vorausgesetzten Kriterien für gute Versorgung übereinstimmt.“ (Donabedian (1966), zitiert nach Böcker, 2005, S. 8)

Donabedian formulierte drei wesentliche Qualitätsdimensionen der Gesundheitsversor-gung, die seither in der Praxis Anwendung finden (vgl. Gerull, 2014, S. 72):

Nach seinem Verständnis wird die Qualität einer medizinischen oder pflegerischen Dienstleistung maßgeblich von diesen drei Dimensionen beeinflusst.

• Structure = Strukturqualität (auch Potenzialqualität genannt)• Process = Prozessqualität• Outcome = Ergebnisqualität (oder auch Produktqualität)

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Modelle im Qualitätsmanagement 2

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Beispiel 2.1:

Die technische Ausstattung eines OP-Saals ist genauso bedeutend für die Durchfüh-rung mikro-invasiver Operationen wie eine dementsprechende Qualifikation des Operateurs. Damit der Patient keine Komplikationen erleidet, sind routinierte, stan-dardisierte OP-Verfahren ebenso von Bedeutung.

Strukturqualität

Die Strukturqualität bezieht sich auf die organisatorischen, sachlichen und persönlichen Voraussetzungen und beschreibt die Rahmenbedingungen, die für die Dienstleistung im Einzelfall gegeben sind bzw. gegeben sein müssen. Sie beschreibt sowohl die personellen als auch die materiellen Ressourcen:

1) Zu den materiellen oder sachlichen Rahmenbedingungen zählen neben technischer Ausrüstung die baulichen Rahmenbedingungen, die Infrastruktur sowie die Räum-lichkeiten und vorhandenen Arbeits- sowie Hilfsmittel.

2) Kenntnisse, Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen sowie der Aus-, Weiter- und Fortbildungsstand des Personals sind nur einige Beispiele für personelle Ressourcen im Rahmen der Strukturqualität.

Darüber hinaus sind noch die organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen zu nennen. Dazu gehören z. B. Konzepte und/oder rechtliche sowie vertragliche Bestim-mungen. Zur Dimension der Strukturqualität zählen zudem die Zugangs- und Nut-zungsmöglichkeiten des Produkts bzw. der Dienstleistung durch den nachfragenden Kunden – hier den Patienten (vgl. Gerull, 2014, S. 73).

Beispiel 2.2:

Herr Schumacher leidet an Arthrose in seinem rechten Hüftgelenk. Der niedergelas-sene Orthopäde empfiehlt eine Operation und den Einsatz eines künstlichen Hüftge-lenkes. Gemeinsam mit dem Patienten sucht er eine passende Klinik. Kriterien für seine Auswahl sind die Qualifikation und Erfahrung der operierenden Unfallchirur-gen sowie die Lage, Erreichbarkeit und Ausstattung der Klinik. Am Ende entscheidet er sich für das St.-Josef-Krankenhaus, das in der Nähe seiner Wohnung liegt und nach seinen Recherchen über eine moderne Ausstattung sowie erfahrene Ärzte ver-fügt, und vereinbart einen Termin für die Vorbereitungsuntersuchungen.

Übung 2.1:

Versuchen Sie die einzelnen Aspekte des Beispiels 2.1 den Qualitätsdimensionen nach Donabedian zuzuordnen, bevor Sie weiterlesen.

Übung 2.2:

Überlegen Sie: Welche Kriterien der Strukturqualität wären Ihnen persönlich bei der Wahl eines Krankenhauses für sich selbst oder einen Angehörigen besonders wich-tig?

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2 Modelle im Qualitätsmanagement

Prozessqualität

Prozessqualität bezieht sich darauf, wie Leistungen erbracht werden. Hier wird die Ge-samtheit aller Aktivitäten, die im Verlauf der tatsächlichen Erstellung des Produkts voll-zogen werden, beschrieben. Bezogen auf das Bespiel 2.2 bedeutet dies, dass neben den Rahmenbedingungen auch Verfahrensanweisungen, Konzepte, Standards oder Bestell-verfahren für Instrumente vorhanden sein müssen, um eine erfolgreiche OP durchfüh-ren zu können.

In der Praxis umfasst die Prozessqualität alle ärztlichen, pflegerischen und administra-tiven Tätigkeiten, die entweder direkt oder indirekt an dem Versorgungsprozess beteiligt sind. Besonders hervorzuheben sind hier die Schnittstellen innerhalb eines Krankenhau-ses, aber auch mit Kostenträgern oder Lieferanten. Weitere Beispiele für die Prozessqua-lität können Leitfäden zur Durchführung von Beratungen, der Ablauf der medizinischen Versorgung, die Handhabung von Pflegestandards und Vorschriften, das Aufnahmever-fahren u. v. m. sein (vgl. Gerull, 2014, S. 73).

Beispiel 2.3: Herr Schumacher I

Nach dem Einsatz des künstlichen Hüftgelenks ist bei Herrn Schumacher standard-mäßig eine Reha-Maßnahme vorgesehen. Sie soll ihm helfen, schnell wieder agil und selbstständig zu werden und sicherstellen, dass er in sein altes Wohnumfeld zu-rückkehren kann. Für die Organisation ist die Sozialarbeiterin Frau Schulze zustän-dig. Die Planung und Realisierung des Übergangs vom St.-Josef- Krankenhaus in die Reha-Klinik ist ein wichtiges Qualitätskriterium für den Heilungs- bzw. Rehabilita-tionsprozess, denn Zeitverzögerungen können negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf haben. Frau Schulze hat die richtigen Ansprechpartner der koope-rierenden Reha-Kliniken zur Hand und hat schnell einen Platz für Herrn Schuma-cher organisiert. Außerdem kümmert sie sich um den Ablauf der Verlegung sowie den Transport. Dank der guten Arbeit von Frau Schulze und den dadurch reibungs-losen Übergang vom St-Josef-Krankenhaus in die Reha-Klinik kommt es zu keinerlei Beeinträchtigung des Heilungsprozesses, und Herr Schumacher kann bald wieder nach Hause.

Ergebnisqualität

Im Gesundheitswesen geht es immer um den Patienten. Das Ergebnis einer Behandlung bezieht sich daher häufig auf die Veränderungen des gegenwärtigen und zukünftigen Gesundheitszustandes des Patienten, im Zusammenhang mit dem vorausgegangenen medizinischen, d. h. ärztlichen, pflegerischen und administrativen Handeln.

Bei einer Operation lässt sich das Ergebnis meistens leicht anhand greifbarer Kriterien messen – z. B. „Blinddarm entfernt“ oder „Operationswunde reizlos“. Aber auch die ein-gehaltene Verweildauer, schnelle Organisation einer Weiterversorgung in einer Reha- oder Pflegeeinrichtung sowie die Zusammenarbeit mit dem Hausarzt können Kriterien der Ergebnisqualität sein.

Im Wesentlichen wird die Ergebnisqualität von den Patienten selbst bewertet: Die Zu-friedenheit mit dem Service und die Lebensqualität nach der Behandlung sind dabei ent-scheidende Aspekte. Weiterhin zählt aber auch, ob getroffene Vereinbarungen oder Ver-sprechen eingehalten werden können. Eine gute Ergebnisqualität trägt zum guten Ruf des Unternehmens, in diesem Fall der Praxis oder Klinik, bei.

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Modelle im Qualitätsmanagement 2

QUMAH01 15

Beispiel 2.4: Herr Schumacher II

Herr Schumacher leidet an massivem Übergewicht. Glücklicherweise ist das St.-Jo-sef-Krankenhaus erfahren in der Behandlung von übergewichtigen Patienten und es kommt zu keinen übergewichtsbedingten Komplikationen. Herr Schumacher erhofft sich, nach der Hüft-OP wieder lange Spaziergänge mit seinem geliebten Hund ma-chen zu können.

Der Unfallchirurg hat die Operation zwar nach den gängigen Standards und dem Stand der Wissenschaft vorgenommen und damit die Hüftgelenksproblematik ge-löst, die weiteren Beschwerden, die durch das Übergewicht entstehen, können aber dadurch nicht gelindert werden. Dafür müsste der Patient selbst aktiv werden und an Gewicht abnehmen.

Die Qualitätsdimensionen nach Donabedian und auch das Qualitätsverständnis lassen sich auf reproduzierbare Dienstleistungen im pflegerischen und medizinischen Bereich beziehen. Eine Übertragung auf interaktive Prozesse war zunächst nicht vorgesehen (vgl. Gerull, 2014, S. 73).

2.2 Qualitätsmodell nach Grönroos

Christian Grönroos vertritt in seinem Modell zur Dienstleistungsqualität die Ansicht, dass die Einschätzung der Qualität von Dienstleistungen immer abhängig ist von dem Vergleich der erwarteten und der tatsächlich erhaltenen Dienstleistung. Das Resultat dieses Beurteilungsprozesses nennt Grönroos erfahrene Dienstleistungsqualität (vgl. En-gelke, 1997, S. 94 f.).

Grönroos unterscheidet bei dieser erlebten Qualität auf Seiten des Kunden zwei Katego-rien: die technische Qualität und die funktionale Qualität (vgl. Engelke, 1997, S. 95).

Die technische Qualität („Was erhält der Nachfrager?“) stellt die objektive Dimension dar und beschreibt den Umfang der erhaltenen Leistung. Einflussfaktoren auf die tech-nische Qualität sind die maschinelle Ausstattung, die EDV, das Know-how oder die tech-nische Problemlösungsfähigkeit (vgl. Abbildung 2.1).

Die funktionale Qualität („Wie erhält der Nachfrager ein Produkt/eine Leistung?“) hin-gegen umfasst die subjektive Einschätzung bzw. Zufriedenheit. Zu den Einflussfaktoren gehören die Haltung und Einstellung, aber auch das Betriebsklima, der Kundenkontakt, die Erreichbarkeit oder das Erscheinungsbild. Abbildung 2.1 zeigt dieses Verständnis bildlich (vgl. Engelke, 1997, S. 95).

Qualität ist nicht rein ergebnisorientiert zu betrachten/bewerten. Sie hängt zudem wesentlich von den strukturellen und prozessualen Rahmenbedingungen ab, wie Do-nabedian es in seinem Konzept der Qualitätsdimensionen verdeutlicht.

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2 Modelle im Qualitätsmanagement

Abb. 2.1: Modell nach Grönroos (Engelke, 1997, S. 94)

In der funktionalen Qualität sah Grönroos schon damals das Potenzial, sich über diese von Konkurrenten abzugrenzen. Daher gewichtete er die funktionale Qualität im Ver-gleich zur technischen Qualität wesentlich stärker.

Die Qualitätsbeurteilung wird aber nicht nur von diesen beiden Dimensionen beein-flusst. Nach Grönroos spielt auch das Image des Unternehmens eine ganz entscheidende Rolle. Denn dieses spiegelt die verschiedenen Meinungen, Vorstellungen, Sympathien und Antipathien der Kunden wider (vgl. Engelke, 1997, S. 95).

Beispiel 2.5: Herr Schumacher III

Herr Schumacher wurde erfolgreich an der Hüfte operiert. Es entstanden nach der Operation keine Komplikationen und der gesamte Behandlungsverlauf beschränkte sich auf einen angemessenen Zeitrahmen. Auch die Verlegung in die Reha verlief zü-gig und reibungslos. Objektiv betrachtet ist also die Qualität der Versorgung gut, da der medizinische Verlauf den Erwartungen entsprochen hat.

Auf der chirurgischen Station hat sich Herr Schumacher allerdings nicht wohl ge-fühlt. Nicht genug, dass er das Zimmer mit einem übel riechenden Mitpatienten tei-len musste, das Essen war auch noch ungenießbar. Immer pappiges Brot und lauwar-mes Mittagessen. Ein Blick in das Privatzimmer am Ende des Ganges ließ das Gefühl aufkommen, dass er als gesetzlich Versicherter eine Versorgung zweiter Klasse er-hält. Als er das Krankenhaus verlässt, ist Herr Schumacher also insgesamt unzufrie-

Übung 2.3:

Überlegen Sie sich jeweils ein Beispiel für eine technische Qualitätsdimension sowie für eine funktionale Qualitätsdimension aus ihrem Arbeitsalltag.

Erfahrene DienstleistungErwarteteDienstleistung

ErhalteneDienstleistung

Image

Technische Problem-lösungs-Fähigkeit

TechnischeQualität

MaschinelleFähigkeitenKnow-how

Computer-Systeme

FunktionaleQualität

Haltung, Ein-stellung

Betriebs-klima

Benehmen

Erscheinung

DienstleistungsorientierteGrundeinstellung

Erreichbar-keit

Kunden-kontakt

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Modelle im Qualitätsmanagement 2

QUMAH01 17

den. Denn obwohl er das Haus zwar wegen der medizinischen Versorgung an sich weiterempfehlen würde, wiegen die anderen Umstände so schwer, dass er selbst nicht noch einmal dieses Krankenhaus wählen würde.

Im Beispiel 2.5 überwiegt die negative funktionale Qualität der eigentlich guten techni-schen Qualität. Für die Erbringer einer Dienstleistung heißt das in der Konsequenz, dass sie beide Dimensionen ernst nehmen müssen.

In dem Modell von Grönroos finden sich auch die Dimensionen nach Donabedian wie-der (vgl. Kapitel 2.1.): So bildet die Strukturqualität die genannten Einflussfaktoren auf die beiden genannten Qualitätsdimensionen ab. Aus ihnen lassen sich wiederum Pro-zess- und Ergebnisqualität ableiten (vgl. Engelke, 1997, S. 95).

2.3 Qualitätsmodell nach Meyer und Mattmüller

Auch das Qualitätsmodell von Anton Meyer und Roland Mattmüller baut auf den drei Dimensionen nach Donabedian auf und verbindet diese mit den Kategorien von Grön-roos. Ihre Kritik an dem Modell nach Donabedian liegt darin, dass ein wesentlicher As-pekt keine Berücksichtigung findet: Die Perspektive der Patienten/Bewohner/Klienten. Die Struktur – bzw. Potenzialqualität wird von Meyer und Mattmüller also um diesen Blickwinkel erweitert. In den bisher vorgestellten Modellen wurde die Seite des Leis-tungserbringers mit den individuellen Eigenschaften berücksichtigt. Den Blick nun auf den Einfluss, die Fähigkeit und Bereitschaft des Kunden zu lenken, ist neu. Das heißt, dass nicht nur der Dienstleister, sondern auch Kunden die Prozessqualität beeinflussen. Dabei können beide die Qualitätsbeurteilung positiv, negativ oder neutral beeinflussen (vgl. Engelke, 1997, S. 96 f.).

Tab. 2.1: Modell nach Meyer und Mattmüller (vgl. Engelke, 1997, S. 96)

Die technische Qualitätsdimension beschreibt das „Was?“ und die funktionale Qua-litätsdimension beschreibt das „Wie?“ einer erbrachten Dienstleistung. In die Beur-teilung der Qualität fließt das Image des Leistungserbringers wesentlich mit ein.

Qualitätsdimensionen Technische Qualität

(WAS ?)

Funktionale Qualität

(WIE ?) Subqualitäten

Potenzialqualität Gebäude, Raumausstat-tung, technische Geräte, Zertifizierung, Aus-, Fort- und Weiterbildung, usw.

Bekanntheit, Optik, Aus-sehen und Persönlichkeit des Personals, Referenzen, Auszeichnungen, usw.

Prozessqualität Technische Fertigkeiten, formaler Ablauf, Zeit-dauer, usw.

Atmosphäre, Klima, Un-ternehmenskultur, Er-reichbarkeit, usw.

Ergebnisqualität Funktion des Produkts, Nachhaltigkeit, usw.

Erklärung der Dienstleis-tung, Zufriedenheit, Nachbetreuung, usw.

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2 Modelle im Qualitätsmanagement

Wie Tabelle 2.1 zeigt, bezieht sich dieses Modell auch auf das in Kapitel 2.2. beschriebe-ne Modell von Grönroos. Die Bedeutung der Subqualitäten bzw. Teilqualitäten hängt unmittelbar mit der Art der Dienstleistung zusammen. Nach Meyer und Mattmüller ist die Prozess- und Ergebnisqualität höher zu bewerten als die Struktur- bzw. Potenzial-qualität. Darüber hinaus bedeutet eine hohe Strukturqualität nicht, dass Prozess- und Ergebnisqualität ebenso hoch sind.

Auch in der Ergebnisqualität stellen Meyer und Mattmüller einen Unterschied heraus: Ihr Modell differenziert das prozessuale Endergebnis von der Folgequalität. Das prozes-suale Endergebnis liegt unmittelbar nach Erbringen der Dienstleistung vor. Die Folge-qualität hingegen beschreibt die Wirkungen des Dienstleistungsergebnisses für den Nachfrager. Die Folgequalität ist als langfristiges Qualitätsziel anzusehen und wird den Kunden zum Teil erst dann bewusst, wenn die Wirkung der eigentlichen Dienstleistung nachlässt (vgl. Engelke, 1997, S. 97 ff.).

Beispiel 2.6: Knie-OP

Herr Schmidt wird am Knie operiert: Aus seiner Sicht setzt sich das unmittelbare und spürbare Resultat aus den objektiven Aspekten der OP-Naht, dem Verband, dem Grad der Schmerzen sowie einer Bewegungseinschränkung zusammen. Der Chirurg hat die OP nach Standard erfolgreich durchgeführt und es kam zu keinen Komplika-tionen (= prozessuales Endergebnis).

Nach sechs Wochen kann Herr Schmidt sein Knie wieder belasten und beginnt be-reits vorsichtig mit sportlichen Aktivitäten. Die früheren Beschwerden sind nach der OP nicht mehr aufgetreten und er fühlt sich wieder dynamisch und fit (= Folgequa-lität).

Wie das Beispiel 2.6 zeigt, ist die Folgequalität von sehr subjektiven Einschätzungen des Nachfragers (hier Herr Schmidt) geprägt. Gleiches kann allerdings auch für das prozes-suale Endergebnis gelten – hier könnte auch der Chirurg zufrieden/unzufrieden mit sei-ner Technik sein, obwohl seine Kollegen anderer Meinung sind.

2.4 Das GAP-Modell

Das GAP-Modell von Ananthanarayanan Parasuraman, Valerie A. Zeithaml und Leo-nard L. Berry wurde in den 1980er-Jahren entwickelt und hat das Verständnis der Dienstleistungsqualität maßgeblich beeinflusst. Es basiert auf dem Gedanken, dass eine Dienstleistung dann als gut bezeichnet werden kann, wenn die Erwartungen an die Dienstleistung mit der tatsächlich erstellten Dienstleistung übereinstimmen. Ist das

Übung 2.4:

Versetzen Sie sich in die Rolle der Kunden: Sie möchten sich einen neuen Pullover kaufen. Welche Erwartungen muss dieser erfüllen?

Welche Konsequenz hat es, wenn Ihre Erwartungen nicht erfüllt werden?

Die Prozessqualität bildet die Wechselwirkung zwischen den Fähigkeiten und der Bereitschaft von Anbieter sowie Nachfrager einer Dienstleistung ab.

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Modelle im Qualitätsmanagement 2

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nicht der Fall, entsteht eine Lücke (im Englischen „gap“) zwischen Erwartung und Rea-lität. Das GAP-Modell nennt fünf Stellen, an denen sich solche Lücken bilden können (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 138):

• GAP 1: Zwischen Kundenerwartung und Wahrnehmung der Dienstleistungs-qualität durch den Anbieter

Kunde und Anbieter haben unterschiedliche Vorstellungen von der Qualität der Dienstleistung. Diese Lücke kann nur geschlossen werden, wenn sich einerseits der Anbieter mit den Anforderungen seiner Zielgruppe/Kunden vertraut macht. Ande-rerseits hat sich der Kunde ausführlich über die angebotene Dienstleistung mit allen ihren Rahmenbedingungen zu informieren. Weiterhin förderlich dafür, die GAP 1 möglichst klein zu halten, ist eine persönliche Kommunikation über wenige Hierar-chiestufen (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 139).

Beispiel 2.7:

Die Krankenhausleitung glaubt, dass die Patienten besseres Essen möchten, ob-wohl diese sich engagiertes Pflegepersonal wünschen.

• GAP 2: Zwischen den wahrgenommenen Kundenanforderungen und dem Er-reichen der Qualitätsstandards

Der Anbieter kennt in diesem Fall die Erwartungen und Anforderungen seiner Ziel-gruppe, ist allerdings nicht in der Lage, diese zu befriedigen. Gründe dafür können knappe Ressourcen oder spezifische Marktbedingungen sein. Sparkurse von Unter-nehmen können sich ebenso in Form einer GAP 2 bemerkbar machen.

Beispiel 2.8:

Die Krankenhausleitung hat erkannt, dass die Patienten sich engagiertes Pflege-personal wünschen. Der Arbeitsmarkt gibt allerdings nicht ausreichend qualifi-ziertes Personal her.

Um diese Lücke zu schließen, ist eine strukturierte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Leistungsvermögens zwingend erforder-lich. Dem gegenüber steht aber auch die Tatsache, dass das Unternehmen festlegen muss, welche Anforderungen es erfüllen möchte (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 139).

• GAP 3: Zwischen den spezifizierten Qualitätsstandards und der Leistungsaus-führung

Der Dienstleister hat die Kundenerwartungen erkannt und Standards definiert. Al-lerdings können diese bei der konkreten Umsetzung der Dienstleistung nicht reali-siert werden. Die GAP 3 kann auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sein, beispielsweise auf mangelnde Kenntnisse beim Personal, unzureichende Einarbei-tung, fehlende Befugnisse, Rollenkonflikte, fehlende Technologien und Hilfsmittel u. v. m.

Beispiel 2.9:

Die Krankenhausleitung hat zu Beginn des neuen Monats 15 neue, motivierte Pflegekräfte eingestellt. Der Stellenschlüssel auf den Stationen ist ausgereizt und die Mitarbeiter sind zufrieden. Leider mussten aufgrund der hohen Ausgaben für die Suche, Einstellung und Einarbeitung des Personals an anderer Stelle Einspa-

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20 QUMAH01

2 Modelle im Qualitätsmanagement

rungen getroffen werden: Von drei Lastenaufzügen ist nur ein Aufzug intakt, so-dass Transportfahrten von Patienten, dem Essen aus der Küche sowie Material-lieferung nur mit längeren Wartezeiten möglich sind.

Besonders Beispiel 2.9 zeigt, dass nicht nur die personellen Rahmenbedingungen stimmen müssen. Die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen kön-nen genauso auf die Befriedigung der Anforderungen bzw. die Umsetzung der Stan-dards wirken (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 139).

• GAP 4: Zwischen der Leistungsausführung und der an den Kunden gerichteten Kommunikation

Hier geht es um ein Problem, das vielen beispielsweise im Zusammenhang mit Wer-bung, besser gesagt Werbeversprechen bekannt sein dürfte: Der Kunde erhält eine andere Leistung, als ihm versprochen wurde.

Auf Seiten des Dienstleistungsanbieters gibt es unzählige Möglichkeiten, das eigene Unternehmen nach außen perfekt darzustellen. Das Management muss sich bewusst mit diesen auseinandersetzen und eine mögliche GAP 4 einkalkulieren. Es gilt also abzuwägen, welche Darstellung nach außen auch langfristig einen Nutzen hat (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 139).

Beispiel 2.10:

Im Werbeprospekt und auf der Homepage des Krankenhauses Nord in Kratzen-berg finden sich schöne, farbenfrohe Fotos von einer Station und den Patienten-zimmern. Es sind ausschließlich Einzelzimmer abgebildet, die über eine moderne Ausstattung und ein eigenes Bad verfügen.

Herr Müller entscheidet sich aufgrund dieser Bilder dafür, seine Knie-Operation in diesem Krankenhaus durchführen zu lassen. Als er den ihm zugeteilten Bett-platz in einem Dreibettzimmer bezieht – mit Badezimmer auf dem Flur –sind seine Erwartungen enttäuscht.

Aber auch Kunden können sich vor dem Auftreten von GAP 4 schützen, indem sie Werbebeiträge kritisch hinterfragen und ihre Erwartungen dadurch nicht zu hoch ansiedeln. Das Berufen auf persönliche Erfahrungen kann hierbei hilfreich sein: Im Beispiel 2.10 hätte Herr Müller seinen Hausarzt nach einer Empfehlung fragen oder recherchieren können, ob Freunde/Angehörige bereits in diesem Krankenhaus be-handelt wurden.

• GAP 5: Zwischen der wahrgenommenen und der erwarteten Dienstleistungs-qualität

Die fünfte mögliche Lücke bezieht sich auf Differenzen zwischen erwarteter und tat-sächlicher Dienstleistung und grenzt sich deutlich von den anderen vier GAPs ab. Die bisher beschriebenen Lücken lassen sich mehr oder weniger durch den Dienst-leister beeinflussen, die GAP 5 hingegen ist beim Kunden selbst begründet. Dieser erwartet zwar eine bestimmte Dienstleistung, ist sich aber seiner eigenen Erwartun-gen nicht bewusst. GAP 5 ist aus Sicht des Dienstleistungserbringers besonders schwer zu erfassen, da er die unbewussten Erwartungen des Kunden nicht einschät-zen kann. Als Dienstleister ist man außerdem der Schwierigkeit ausgesetzt, dass Kundenerwartungen und -wahrnehmung sich stetig verändern.

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Modelle im Qualitätsmanagement 2

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Die Qualität einer Dienstleistung ist davon abhängig, ob die unbewussten Erwartun-gen geringer oder höher waren als die bewussten. Zusätzlich kann die Wahrneh-mung der Qualität von Komponenten aus dem Umfeld des Kunden beeinflusst wer-den (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 139).

Zur besseren Verständlichkeit der verschiedenen GAPs kann man das GAP-Modell auch grafisch darstellen (vgl. Abb. 2.2):.

Abb. 2.2: Das GAP-Modell (vgl. Schmitt; Pfeiffer, 2015), S. 138)

Nur wenn der Anbieter einer Dienstleistung die Lücken so klein wie möglich hält, kann er eine gute, also qualitativ hochwertige Dienstleistung erbringen.

Übung 2.5:

Erinnern Sie sich an eigene Erfahrungen mit erwarteten und tatsächlich wahrge-nommenen Dienstleistungen. Formulieren Sie ein bis zwei Beispiele für die GAP 5. Versuchen Sie dabei, jeweils ein Beispiel aus der Sicht des Kunden und eines aus der Sicht des Dienstleisters zu finden.

Gap 1

Gap 2

Gap 3

Gap 4Gap 5

Kun

deA

nbie

ter

DiverseEinflussfaktoren

ErwarteteLeistung

ErlebteLeistung

ErbrachteLeistung

VersprocheneLeistung

Spezifikation der Leistung (Qualität)

ErmittelteKundenerwartungen

Marketing,Vertrieb

Gap Gap

Gap

Gap

Gap

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2 Modelle im Qualitätsmanagement

2.5 Die Null-Fehler-Philosophie

Die Null-Fehler-Philosophie ist ein Ansatz aus der Rüstungsindustrie der USA der 1960er-Jahre. Der Manager eines Rüstungsanbieters versprach dem amerikanischen Mi-litär eine einsatzfähige, fehlerfreie Rakete in einem um einen Monat verkürzten Liefer-zeitraum. Aufgrund des zeitlichen Drucks dieses und weiterer Versprechen wies der Ma-nager die Mitarbeiter direkt an, beim ersten Produktionslauf fehlerfrei zu arbeiten. Was so einfach klingt, fruchtete in diesem Fall (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 26).

So wurde der Unternehmensführung die Rolle der Mitarbeitermotivation in Zusammen-hang mit der Fehlervermeidung bewusst und es wurde ein Programm entwickelt, wel-ches Mitarbeiter motivieren sollte, die Arbeit richtig zu machen – das sogenannte Null-Fehler-Programm, welches zu einer Philosophie wurde. Die Mitarbeiter sollten ein Be-wusstsein dafür entwickeln, dass dieser maximale Qualitätsanspruch der einzig akzep-tierte sei. Erst später wurde die Null-Fehler-Philosophie konkretisiert, indem Maßnah-men zur Identifikation von Ursachen von Qualitätsproblemen bzw. von Fehlern hinzugefügt und Fehlervermeidungsstrategien implementiert wurden.

Ein bekannter Vertreter dieser Philosophie war Phillip B. Crosby. Der vertrat, dass Feh-lerfreiheit nicht nur technisch realisierbar, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht durchaus erstrebenswert ist (vgl. Schmitt et al., 2015, S. 25 f.). Die Null-Fehler-Philoso-phie zielt auf fehlerfreie Produktion ohne Ausschuss und Nacharbeit ab. Laut Crosby hatten sich viele Unternehmen Praktiken angeeignet, die dieser Zielsetzung entgegen-standen. Die Festlegung von Fehlerquoten, das Akzeptieren von Nacharbeit sowie die Einstellung, dass die Fertigung von Qualität Kosten verursacht, sind nur einige Beispiele die er anführte. Crosby formulierte daraufhin vier Eckpunkte, die ein unternehmeri-sches Umdenken zur Folge haben sollen (vgl. Brüggemann; Bremer, 2015, S. 8):

• Qualität ist die Übereinstimmung mit Anforderungen

• Grundprinzip für Qualitätserzeugung ist Vorbeugung

• Null Fehler gelten als Standard/Normalfall

• Maßstab sind die Kosten für die Nichterfüllung von Anforderungen.

Crosbys Null-Fehler-Theorie hatte zum Ziel, dass eine kontinuierliche Fehler-Vor-beugung schon beim ersten Versuch eine richtige Produktion sicherstellt.

Die Null-Fehler-Philosophie eignet sich für standardisierte Leistungen bzw. Produk-te, die in großen Mengen produziert werden. Im Gesundheits- und Sozialwesen fin-det sie Anwendung bei medizintechnischen Produkten oder auch Arzneimitteln. Ein Fehler bei diesen Produktgruppen kann erhebliche Auswirkungen für den Patienten haben und vielleicht sogar lebensgefährlich sein.

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2.6 Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung

Der bereits erwähnte Qualitätswissenschaftler William E. Deming setzte wider das Be-streben der Massenproduktion den Kunden in den Mittelpunkt des Handelns. Deming sorgte mit seinen Ansichten für eine Revolution in der japanischen Industrie, besonders in den Bereichen Qualität und Produktivität. Er entwickelte eine Qualitätsphilosophie, die auf 14 Managementprinzipien beruht (vgl. Deming, 1986, S. 23 f.):

1. Schaffen Sie einen feststehenden Unternehmenszweck mit der Zielsetzung der stän-digen Verbesserung von Produkt und Dienstleistung.

2. Nutzen Sie die neue Philosophie, um wirtschaftliche Stabilität sicherzustellen.

3. Beenden Sie Notwendigkeit und Abhängigkeit von Vollkontrollen.

4. Machen Sie keine Geschäfte auf Basis des niedrigsten Preises.

5. Suchen Sie nach Problemursachen, um die Abläufe in Produktion und Dienstleis-tung sowie alle anderen Aktivitäten im Unternehmen kontinuierlich zu verbessern.

6. Schaffen Sie moderne Trainingsmethoden und ermöglichen Sie Wiederholungstrai-nings direkt am Arbeitsplatz, die konkret auf die Arbeitsaufgabe abgestimmt sind.

7. Setzen Sie moderne Führungsmethoden ein, die den Menschen und Maschinen hel-fen sollen, ihre Arbeit besser auszuführen.

8. Fördern Sie effektive Kommunikation und nutzen Sie andere Mittel, um die Atmo-sphäre innerhalb des gesamten Unternehmens zu verbessern.

9. Beschränken Sie die Abgrenzung der einzelnen Bereiche voneinander.

10. Verzichten Sie auf Aufrufe, Plakate und Ermahnungen.

11. Beseitigen Sie Vorgaben, die zahlenmäßige Quoten (Standards) und Ziele für die Ar-beitnehmer festlegen.

12. Beseitigen Sie Hindernisse, die erschweren, dass Arbeitnehmer und Vorgesetzte auf ihre Arbeit stolz sind.

13. Entwickeln Sie ein Ausbildungsprogramm und ermuntern Sie zur Selbstverbesse-rung.

14. Definieren Sie die dauerhafte Verpflichtung des Top-Managements zur kontinuierli-chen Verbesserung von Qualität und Produktivität.

Deming macht den Erfolg eines Unternehmens zwingend von einem umfassenden Qua-litätsmanagement abhängig. Innerhalb des QM müssen nicht nur die Produkte, sondern insbesondere auch die Prozesse und Mitarbeiter abgebildet sein. Seiner Aussage nach be-dingt der Markterfolg eines Unternehmens automatisch die Sicherung der Arbeitsplätze.

Um diese Theorie anschaulicher darzustellen, kann man sie in einer Grafik zusammen-fassen: dem sogenannten Deming-Zyklus (später auch PDCA-Zyklus). Die Abkürzung PDCA steht für Plan-Do-Check-Act. Der Zyklus zeigt den immer wiederkehrenden Pro-blemlösungsprozess in vier Schritten.

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24 QUMAH01

2 Modelle im Qualitätsmanagement

Abb. 2.3: Der PDCA-Zyklus nach Deming

Zielsetzung des PDCA-Zyklus ist die systematische Sicherstellung hoher Qualität sowie die kontinuierliche Verbesserung. In der ersten Phase (Plan) geht es darum, den Istzu-stand zu analysieren. Es wird also eine Veränderung oder Maßnahme geplant mit dem Ziel der Optimierung. Die Zielsetzung muss dabei sowohl messbar und realistisch als auch anspruchsvoll sein. Alles andere würde im Arbeitsalltag zu Frustration führen und damit zu keiner Verbesserung (vgl. Schmitt, 2015, S. 29).

In der zweiten Phase (Do) wird die geplante Maßnahme/Veränderung realisiert. Dies muss nicht immer im vollen Umfang stattfinden. Bei größeren Veränderungen macht es Sinn, innerhalb eines Unternehmens Pilotbereiche auszuwählen und dort beispielhaft zu intervenieren (vgl. Schmitt, 2015, S. 30).

Die dritte Phase (Check) überprüft jetzt die durchgeführte Maßnahme oder Verände-rung, bewertet also den neu erreichten Istzustand und zieht den Vergleich zur Ur-sprungsbewertung (aus der ersten Planphase). Zielsetzung dieser dritten Phase ist die Evaluation, ob die Maßnahme erfolgreich war. Ist sie nicht als erfolgreich zu bewerten, werden innerhalb dieser Phase mögliche Korrekturmaßnahmen eingeleitet (vgl. Schmitt, 2015, S. 30).

Die Phase vier (Act) ist für den Arbeitsalltag die entscheidende Phase. Denn nun wird festgelegt, ob die Veränderung oder die Maßnahme in den routinierten Alltag überführt werden soll – ob beispielsweise ein Standard entstehen soll. Die Entscheidung basiert auf den Ergebnissen der dritten Phase. Natürlich kann an dieser Stelle der Prozess auch abgebrochen werden, wenn die Maßnahme in Bezug auf die kontinuierliche Verbesse-rung als nicht zielführend bewertet wird (vgl. Schmitt, 2015, S. 30).

2.7 Total Quality Management

In der Philosophie des Total Quality Management (TQM) ist die ständige Qualitätsver-besserung eine Aufgabe, die von der Geschäftsleitung als Unternehmensziel vorgegeben wird und daher auch von dieser verantwortet werden muss. Die Qualität wird als stra-tegisches Unternehmensziel angesehen (vgl. Brüggemann; Bremer, 2015, S. 7).

Beschäftigt man sich mit TQM, stellt man fest, dass es keine revolutionären oder bisher gänzlich unbekannten Elemente enthält. Es ist lediglich ein Modell, in dem systematisch und konsequent die bisher vorgestellten Methoden angewendet werden. Es geht dabei von einer Unternehmenskultur aus, die klar auf Qualität und Kundenzufriedenheit aus-

Act Plan

Check Do

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Modelle im Qualitätsmanagement 2

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gerichtet ist. TQM ist also in das gesamte Unternehmen integriert und zeichnet sich durch folgende charakteristische Merkmale bzw. Ansatzpunkte aus:

• Kundenzufriedenheit

• Mitarbeiterzufriedenheit

• Nutzen für die Gesellschaft

• Qualität

• Zeit

• Kosten

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass TQM die umfassendste Qualitätsstrategie dar-stellt. Denn die Zufriedenheit aller Anspruchsgruppen (Kunde, Mitarbeiter und Gesell-schaft), aber auch die Einflussfaktoren Qualität Zeit und Kosten werden berücksichtigt (vgl. Abb. 2.4 und Brüggemann; Bremer, 2015, S. 179).

Abb. 2.4: Total Quality Management (Brüggemann; Bremer, 2015, S. 180)

In der Praxis besteht TQM im Wesentlichen aus vier Bestandteilen:

• Managementverpflichtung und Vorbildfunktion

• Qualitätsmanagementsystem

• Qualitätswerkzeuge

• TQM-Bausteine

Total Quality Management ist eine Führungsmethode in einer Organisation, die auf der Mitwirkung aller ihrer Mitglieder basiert. Sie stellt die Qualität in den Mittel-punkt. Zufriedene Kunden sichern den langfristigen Geschäftserfolg.

• Unternehmenspolitik, -ziele• Qualitätspolitik, -ziele• Führungsstruktur, -qualität• Team- und Lernfähigkeit• Verantwortlichkeit

• Qualität der Produkte undWerkstoffe

• Qualität und Fähigkeit derProzesse und Anlagen

• Qualität der Arbeit• Qualität des Unternehmens

• Bereichs- und funktions-übergreifend

• Kundenorientierung• Einbeziehung aller

Unternehmensangehörigen• Gesamte Kunden-

Lieferanten-Kette

StändigeVerbesse-

rung

T Q

M

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2 Modelle im Qualitätsmanagement

Erst durch das richtige Zusammenwirken dieser vier Elemente in allen Bereichen des Unternehmens wird TQM realisiert. Wichtig an dieser Stelle ist insbesondere die Ver-pflichtung zu TQM durch das Management. Dabei geht es um mehr als nur die Vorbild-funktion. Die Qualitätspolitik wird gelebt, die Leitung führt das Unternehmen mit kla-ren Zielen und setzt sich u. a. für Aus-, Fort- und Weiterbildung ein.

Hat eine Unternehmensleitung sich für TQM entschieden, übernimmt sie damit im We-sentlichen zwei Verpflichtungen (vgl. Brüggemann; Bremer, 2015, S. 181):

• Ständige Begleitung und Förderung des TQM-Prozesses im gesamten Unternehmen

• Vorbildfunktion bezogen auf die kontinuierliche Qualitätsverbesserung im täglichen Auftreten und Handeln

Beispiel 2.11:

Eine Qualitätsphilosophie eines Uniklinikums im Sinne des TQM könnte wie folgt lauten:

„Qualität ist ein strategischer Erfolgsfaktor und damit integraler Bestandteil der Un-ternehmenspolitik des Universitätsklinikums Ulm. Eine hohe Qualität dient dem Wohl der Patienten, ist Motivation für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und um-fasst eine ökonomische Ressourcennutzung.

Daraus ergeben sich die wesentlichen Grundsätze der Qualitätspolitik des Universi-tätsklinikums Ulm:

• Patienten- und Zuweiserorientierung

• Mitarbeiterorientierung

• Prozessorientierung

• Ergebnisorientierung“

(Universitätsklinikum Ulm, 2010, S. 661)

Zusammenfassung

Zu den verschiedenen Modellen und Philosophien innerhalb des QM gehören zunächst die verschiedenen Dimensionen nach Donabedian. Die Struktur- bzw. Potenzialqualität beschreibt die Rahmenbedingungen, in denen eine Dienstleistung erbracht wird. Inner-halb der Prozessqualität wird abgebildet, wie eine Dienstleistung erbracht wird. Die Er-gebnisqualität bezieht sich auf den Erfolg/das Ergebnis einer Dienstleistung, was eine sehr subjektiv geprägte Dimension darstellt.

Das Modell nach Grönroos unterscheidet zwei andere Dimensionen, nämlich die tech-nische und die funktionale Qualitätsdimension. Die entscheidenden Leitfragen sind hier „Was erhält der Kunde?“ (technische) und „Wie wird eine Leistung erbracht?“ (funktio-nale).

Das Qualitätsmodell von Meyer und Mattmüller baut auf den Dimensionen nach Dona-bedian sowie auf Grönroos auf, berücksichtigt aber erstmalig auch die Perspektive des Kunden und stellt seinen Einfluss auf die Qualitätseinschätzung einer Dienstleistung he-

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raus. Die Dimension der Ergebnisqualität wird in diesem Modell zusätzlich in ein un-mittelbares Ergebnis und die Folgequalität aufgespalten. Die Folgequalität ist dabei im-mer als langfristige Perspektive zu sehen.

Das Modell von Parasuraman, Zeithaml und Berry eröffnet eine neue Perspektive auf das Verständnis von Qualität. Ihr GAP-Modell beschreibt, dass die Qualitätsbeurteilung einer Leistung immer davon abhängt, welche Erwartungen auf welche tatsächlichen Leistungen treffen. Zwischen der erwarteten und der erhaltenen Dienstleistung können fünf verschiedene Arten von Lücken/GAPs entstehen.

Die Idee der kontinuierlichen Verbesserung und der PDCA-Zyklus von Deming stellen zwei weitere wichtige Modelle dar. Insbesondere Letzterer hat bis heute eine hohe Rele-vanz in der Welt des QM und lässt sich auf viele Bereiche anwenden. Ebenso praktisch sind die 14 Managementprinzipien von Deming, die QM als Führungsaufgabe nochmal betonen.

Die Philosophie des TQM baut schließlich auf dem Verständnis von QM als Manage-mentaufgabe auf setzt, die Vorbildfunktion der Leitung voraus und bezieht das QM auf alle Bereiche eines Unternehmens. Damit kombiniert es im Prinzip die anderen Modelle zu einem umfassenden Ansatz.

Aufgaben zur Selbstüberprüfung

2.1 Wie lauten die drei Dimensionen der Qualität nach Donabedian? Erläutern Sie jede Dimension kurz und nennen Sie ein passendes Beispiel.

2.2 Was ist die Kernaussage des Modells nach Grönroos?

2.3 Wie unterscheidet sich das prozessuale Endergebnis von der Folgequalität?

2.4 Skizzieren Sie den PDCA-Zyklus nach Deming und beschreiben Sie in eigenen Worten die vier Schritte.

2.5 Von welchem Grundgedanken geht das GAP-Modell aus?

2.6 Welche besondere Anforderung besteht gegenüber dem Management, wenn ein Unternehmen TQM als Grundlage für das QM nimmt?