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Grundzüge der Neuzeitlichen Wundversorgung

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Page 1: Grundzüge der Neuzeitlichen Wundversorgung

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P R A K T I S C H E E R G E B N I S S E . GRUNDZOGE DER NEUZEITLICHEN

WUNDVERSORGUNG. Y o n

Pr iva tdozen t Dr. W. vow GAZA, Assis tent der Klinik. Aus der Chlrurgischen Klinik der Universit~it G6ttingen. (Direktor Prof. Dr. STICH.)

Die folgenden Zeilen sollen den Arzt, der drauBen in der Praxis die Wundversorgung t~tig betreiben will, bekannt machen mit der neuzeitlichen Technik der Wundumschneidung und Naht, wit sie nach dem heutigen Stande der Wissenschaft an den grofen chirurgischen Anstalten gefibt wird. Natur- gem/tl3 sind die Grenzen der wundiirztlichen Tiitigkeit in der Praxis enger gesteckt, und der Arzt muB bei der groBen Ver- antwortung dem Verletzten und sich selbst gegenfiber diese Grenzen genau kennen. Ein wesentlicher Tell der Auf- gabe dieser Zeilen ist es schlieBlich, auf die Fehler hiilzuweisen, die h~ufig bei der Wundversorgung begangen werden und fernerhin auf die Ge]ahren aufmerksam zu machen, die uilter besonderen Umst/tnden dem Patienten und dem Arzte nach der sachgem/~13en Wundversorgung drohen.

Vorbereitung des Arztes ffir die Wundversorgung: Wer frische Wundeil versorgen will, mug die Technik des asep- tischen und antiseptischen Vorgehcns behel-rschen. Wer c i te Geburt aseptisch leiten kann, wird fiber diese Technik verffigen. Einfach und ffir alle F/tlle ausreichend ist die nachsteheilde Desinfektionsvorschrift ffir die H/tnde des Operateurs.

Ffinf Minuten lang Bfirsten der tt/inde und Unterarme mit Seife, danach Reinigen des Unternagelraums und des Nagelfalzes; weitere 5 Minuten Reinigen der Hgnde mit Seife und Wurzelbfirste; Abtrocknen mit einem groben, wom6glic h sterilisiertem Handtuch; weitere 5 Minuten Desinfektion in 7o proz. Alkohol (in praxi wohl Brennspiritus). - - Anziehen eines Operationsmantels oder einer sterilisierten weigen Schfirze.

Die Alkoholwaschung kann ersetzt werden dutch Waschen der H/tnde mit Lysoform, Sublimat oder Sublamin. Zur Incision eines groBen heiBen Abscesses, zur Rippenresektion sollen Gummi- handschuhe angezogen werden, damit die H/inde nicht mit dem infekti6sen Material besehmutzt werden. Geschieht dies doch einmal, so ist die nachtr~Lgliche, unmittelbar angeschlossene Des- infektion ebenso wichtig wie die vorherige vor einer weiteren Operation.

Die Haut dee Patienten wird mit i0 proz. Jodtinktur bestrichen, besser 2 real mit 5 proz. An empfindlichen Hautstellen, Gesicht, Genitalien und bei Kindern, besonders aber bei rotblonden Indi- viduen ersetze man den Jodtinkturanstrich durch Abreiben mit Alkohol (einige Minuten lang). Der Jodtinktur gleichzusefzen ist der 5 proz. Thymolspiritus.

Das Instrumentarium ffir die gew6hnlichen Zufallswunden muB eine Reihe yon Instrumenten unbedingt umfassen. In der ambu!anten Praxis bew~hrt es sich, in einer kleinen Hand- tasche oder Kiste ein fertiges Inst rumentar ium bereit zu halten. Die Instrumente und Verbandstoffe werden aul3erhalb der Arbeitszeit sterilisiert und verpackt. Ben6tigt werdeil einige kleine Winkeltfieher oder ein gr6Beres Lochtuch zum Ab- decken, I kleines viereckiges Tuch ffir Instrumente, i steriler Operationsmantel, I F1/ischchen mit Jodtinktur, i Gummi- binde zur Blutleere, I IRekordspritze (5 ccm), I feine kurze und i - - 2 kr/tftigere und lgngere Kanfilen, Novocain (Pulver zu 1/2 g oder in Tabletten) Ifir i proz. LSsuilg zur Leitungs- an/isthesie, 1--2 Sch~lchen (Eierbecher) fflr die Novocain- 15sung, I (2 )k l e ine gebauschte Messer, i Knoehenmesser, i (2) Scheren, 2 chirurgische Pinzetten, 6 Gef/tBklemmen. I Deschampsche Uilterbindungsnadel, I Sonde, I Korn- zange, I kleiner automatischer Wundsperrer, LIsTONsche und LtJERsche Knochenzange, IRippenschere, I gerader Knochenmeigel, 6 kleine scharfe NadelI1 zur Sehnennaht, 4 mitt lere Nadehl zur Hautnaht , I einfacher Nadelhalter, Catgut, N/thseide oder Zwirn, Tupfer, Verbandstoffe; 2 Hand- bfirsten, I Flasche mit Spiritus (7 ~ proz., u. U. Sublimat- tablet ten oder Lysoform start des Spiritus), I Operations- schfirze aus wasserdichtem Stoff oder weiBem Baumwoll- stoff (evtl. Gummihandsclauhe und Opel-ationsmantel), Nar-

kosebesteck (I Kieferklemme, I Zungenzange, I Stieltupfer, I Maske).

Bei Operationen in topographisch schwer fibersichtlichen K6rpergegenden lege man neben den Operationstisch einen aufgeschlagenen anatomischen Atlas, um sich gegebenenfalls fiber die Topographie yon Nerven, Sehnen u n d Gef/tBe orien- tieren zu k6nilen.

Wir unterscheiden: I. Die Jrische Wunde, die mit Keimen nur erst impr/tgniert ist, noch nicht Ms infiziert bezeichnet werden kann. Dieses erste Stadium umfaBt 6--8 Stundeil nach der Ver!etzung.

2. Die diltere, prak• immer bereits in]izierte Wunde. Auch wenn Wuilden nach io Stundeil oder sp/iter noch nieht infiziert aussehen, soll man sie doch als bereits infiziert betrachten. Man n/iht solche Wunden am besteil nicht mehr oder nur unter besonderen VorsichtsmaBregeln (s. u.).

Die Behandlung der Wunde im 3. oder aranulationsstadium gehSrt nicht eigeiltlich mehr

in das Gebiet der Wundversorgung, well man in diesem Stadium nur selten aktiv chirurgisch vorgeht. Hier Bat die sachgem/tl3e Wundbehandlung einzusetzen, fiber die an anderer Stelle zu reden sein wird.

Die Circumcision oder Wundumschneidung. Nach den grundlegenden Untersuchungen ~'RIEDRICHS ist die Wunde in den ersten Stunden nicht infiziert. Die Keime sitzen nur in den oberfl/tchlichen Wundschichten. Es ist daher m6glich, dutch sorgf/tltige Ausschneidung der Wund- r/tnder und nachfotgende Naht auch stark verschmutzte Wunden zur unmittelbaren Vereinigung zu bringen. Tausendf/tltige Erfahrung zeigt, dab die Ergebnisse der FRIEDRICHscheii Versuche sich auch auf die P rax i s der Wundversorgnng fibertragen lassen. Wir dfirfen und sollen alle ]rischen Weiehteilwunden durch diese Behandluilg, d. h. durch Ausschneidung des Wundrandes auf 1--2 mm anJrischen und primdr verngihen. Die Naht soll an Mien Ge- weben, die verletzt sind, vorgenommen werden, also unter Umst/tnden an Sehnen, Gelenkkapsel, Nerven und Haut.

Ist eine Wunde bereits fiber das prim/tre Stadium der ersten 6--8 Stunden hiilaus; so soll der praktische Arzt die Umschneidung und Naht nicht mehr vornehmen.

Vorbereitung zur Operation. Der Kranke muB horizontal gelagert werden. Bei Handverletzungen muB der Arm auf cinen klcinen Tisch, bei Verletzungen des Kopfes dieser auf ein kleines Kissen gelegt werden.

Alle gr6Beren Wunden an den Extremit~ten mfissen, wenn irgend m6glich, in absoluter Blutleere vorgenommen werden. Am Oberarm darf nur die Gummibinde, am Ober- schenkel kann der ESMARCHsche Schlauch angelegt werden. Bei Fingerver!etzungen geniigt die Umspritzung mit Adre- nalin-Novocain, um das Gewebe so gut wie blutleer zu machen. Das gleiche gilt ffir die Wundeil der Kopfschwarte, des Ge- sichts und kleinere Wunden des Rumples.

In jedem Falle ist vollkommene SchmerzbetSubung im Operationsgebiet vorzunehmen. Die allergr6Bte Mehrzahl der Wunden 1/tl3t sich durch Umspritzung mi t Adrenalin- Novocain oder durch Leitungsan/tsthesie schmerzunempfindo lich machen. Nur in Ausnahmef~illen smite zur Wundver- sorguilg die Allgemeinnarkose mit Ather angewandt werden.

Bei jeder Wundversorgung muB der gallze Wundgrund einwandfrei zur ~bersicht gebracht werden. Es ist aufler- ordentlich geJiihrlich, sich mit halben Maflnalumen zu begni~gen und Verletzungen von Nerven, Sehnen, Gelenkkapseln oder des Hirnsch/tdels zu iibersehen. Gentigt das Auseinander- halten der Wundr/tnder m i t Wundhaken (Selbstsperrer) nicht, um einwandfrei die Verletzung tieferer Teile auszu- sehlieBen, so mfissen HiIJsschnitte angelegt werden, und man spare hier ja nieht mit einigen Zentimetern. Unbedingt crfordel-lich ist die genfigende Ubersicht bei den Verletzungen der Sch/tdelschwarte. Eine einfache Verl/tngerung der Wunde schafft hier die n6tige Klarheit, ob der Knochen verletzt ist. Auch bei Verletzungen in der N/the yon Gelenken schcue

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man einen langen Erweiterungsschnitt nicht, besonders .wenn tiefe Wundtaschen vorhanden sind. Diese mfissen breit gespaltet werden, damit eine Verletzung der Gelenk- kapsel nicht fibersehen wird.

Die Technilr der Wundumschneidung ist nicht schwierig. Man faBt mit einer chirurgischen Pinzette den Wundrand und schneider die gequetschten I-tautr/inder i bis 2, ja bis zu 5 mm weir weg. Sind die tieferen Vgeichteile verschmutzt, so mfissen auch diese bis ins gesunde Gewebe hinein weg- geschnitten werden. Nur ausnahmsweise sollen glattrandige Schnittwunden unmit te lbar vern~ht werden. Man bedenke, dab auch das glatteste scbneidende Ins t rument Schmutz- teile mit in die Tiefe nehmen kann.

Infizierte Wunden -- und als solche sind alle Wunden jenseits des 6-Stunden-Intervalls zu betrachten -- sollen in der Praxis nicht gen/iht werden. Es besteht immer die Gefahr der WundtieJeninJektiOn, die den Verletzten in schwere Gefahr bringen kann.

Fingerverletzungen. Es sind die h/iufigsten Verletzungen der /irztlichen Praxis fiberhaupt. Es sei bier darauf hin- gewiesen, dab bei Maschinenverletzungen die Wunden zwar mit Schmirgel, Ol ,end Kohle meist arg verschmutzt sind, dab aber diese Verschmutzung im bakteriologischen Sinne als auBgrordentlich harmlos anzuseben ist. Im Maschinen- schmirgel sitzen ja keine Bakterien in nennenswerter Menge, jedenfalls keine pathogenen Keime. Wir k6nnen also bei Maschinenverletzungen -- und das gleiche gilt fiir kohle- impr/ignierte Wunden -- /iul3erst sparsam mit den verletzten Weichteilen umgehen und brauchen nur den /iuBersten Wundrand zu umschneiden ( i - - 2 m m ) . Die Heilung ist meist eine sehr glatte. s liegen die Verh~ltnisse bei Verletzungen mit scharfschneidenden Messern usw., wo der Wundrand sehr glatt ist und die Gewebe nicht schwer ge- quetscht sind. Ist aber eine Wunde mit JErde, Stra]3en- oder Treppenstaub beschmutzt so sei man mit der Umschneidung riicksichtsloser und mit dem vollkommenen WundschluB sehr viel vorsichtiger. Bei allen mit Erde, StraBenstaub, Mist usw. verschmutzten Wunden, besonders auch bei den unscheinbarsten Holzsplitter- und Dornverletzungen ist die In]elction yon Tetanusantitoxin vorzunehmen.

B e i Fingerverletzungen muB man m i t der Therapie individualisieren. Ein Musiker (Geiger) braucht jeden ein- zelnen Finger der linken Hand. Man wird, wenn irgend mSglich, auch fast vollkommene abgeschnittene Gliedanteile durch sorgf/iltigste Technik zu erhalten suchen. In anderen Berufen spielt die Erbal tung eines Fingergliedes vim weniger eine Rolle als die auf die Gebrauchsf/ihigkeit zugeschnittene praktische Wundversorgung, die den Verletzten m6glichst schnell wieder arbeitsf/ihig macht.

Ist ein Fingerglied durch Beilhieb oder durch Maschinen- verletzung quer abgeschnitten, und zwar der Knochen in gleicher H6he wie die Haut, dann muB der Knochen so welt entfernt werden, dab er yon gesunder Haut bequem fibern/iht werden kann. Wer in der Wundversorgung der Fingerver- letzungen bereits Erfahrung besitzt, mag versuchen, durch einen Visierlappen den Knochenstumpf zu decken, ohne von ibm etwas zu opfern (nach KLAPP kleine dorsal oder volar liegende Incision und Hinfiberziehen der t t au t fiber den IZnochen mit einigen N/ihten). Neuerdings ist vor- geschlagen, nach Anfrischnng eine abgeschnittene Zehenbeere frei zu transplantieren (Mi~LLER-Marburg).

Ist bei Fingerverletzungen ein Gelenk erOJJnet und verschmutzt, so nehme man den Knorpel mit weg und decke die Gelenkwunde mit einwandfreien Weichteilen. Sind Sehnen verletzt, so prfife man bereits vor der Injekfion yon Novocain sehr eingehend die Beuge- und Streckf/ihigkeit aller Fingerglieder~ Die sorgf/~ltigste prim/ire Sehnennaht ist unbedingt zu fordern. Ist die Sehne welt zurfickgeschlfipft, so suche man durch entsprechende Beuge- oder Streckstel- lung des Fingers die Sehnenenden einander zu n/ihern. Unter Umst/inden mache man Ubersichtsschnitt im Ls der Sehnen. Auch durch Ausstreichen des Muskels vom Rumpf her kann man welt zurfickgeschliipfte Sehnen vorbringen.

Die Sehnenn/ihte werden mit feiner Seide vorgenommen, 2-- 3 N/ihte miissen festsitzen (Sehnennaht yon WlL~S).

Bei Verletzungen des Daumens bedenke man, dab der Daumen zum Zugreifen (Opposition) ffir die Funkt ion der Hand auBerordentlich bedeutsam ist. Man sei daher am Daumen so konservativ wie nu t m6glich und opfere nur den unbedingt n6tigen L/ingenanteil. Ist der ganze Daumen yerlorengegangen, so kann sp/iter dutch Spaltung des Raumes zwischen dem Metacarpus I und I I wieder ein Greiforgan geschaffen werden. Unter Umst/inden muB durch eine plastische Operation ein neuer Opponens geschaffen werden.

Relativ h/iufig sind Schnittverletzungen fiber der Beuge- seite des Handgelenkes. Dabei sind gar nicht selten auch bei kleiner /iul3erer Hautwunde eine Reihe von Sehnen und der Nervus ulnar is und medianis mit verletzt. Auch kann natfirlich die Arteria radialis oder ulnaris durchschnitten sein. Gerade bei diesen Verletzungen ist genaues anatomisches Vorgehen unbedingt angezeigt (daneben gelegter Atlas) : Ubersichtsschnitt in der L/ingsrichtung nach proximal und evtl. distal, sorgf/iltige Naht der Sehnen und der Nerven. Letztere lassen sich im allgemeinen leicht durch Naht der bindegewebigen scheide versorgen.

t3r Verletzungen der Streckseite des Handgelenkes durch- trenne man, wenn die proximalen Sehnenstfimpfe nicht zu Gesicht kommen, das Lig. carpi dorsale. Es wird hinterher mit Catgutn/ihten wieder vereinigt.

Wie auf dem ttandriicken und in der Handbeuge, so werden auch auf dem F~[3riicken bei kleinen /iuBeren Verletzungen gar nicht selten in der Tiefe scharf vorspringende Sehnen durch schneidende Instrumente in gr6Berer Anzahl durch- schnitten (z. ]3. durch Beilhieb). Hier gelten" dieselben Regeln bezfiglic h des anatomischen Vorgehens'und der tlilfsschnitte,.

Verletzungen grSflerer Gelenlce, wie des TUB-, Knie- und Ellenbogengelenkes, kommen relativ h/iufig, z. B. durch Beilhieb oder durch schwere Maschinengewalt, zustande. H/iufig sind es koml~lizierte Gelenkfrakturen. Die Versorgung dieser Verletzungen drauBen in der Praxis ist nieht ohne GeJahr. Gerade bei Gelenkverletzungen i s t ein sicheres fibersichtliches Arbeiten unter Assistenz unbedingt zu for- dern.

Es entspricht heute einer groBen, besonders im Kriege erworbenen Erfahrung, dab bei einer offenen Gelenkverletzung zur Verhiitung des Eindringens der Infektion yon auBen eine anBerordentlich sorgf/iltige Umschneidung aller ver- letzten Weichteile vorgenommen werden muB und daft die Ge- lenkkapsel slcher dutch Naht verschlossen wird, wenn nicht anders durch plastische Deckung mit Naehbarweichteilen oder frei transplantierter Fascie. Es wird sich ffir den prak- tischen Arzt daher wohl in der Ilauptsache darum handeln, daft er Gelenkverletzungen erkennt und sie rechtzeitig einer chirurgischen Anstalt zur Versorgung fiberweist. Die E r k e n n u n g einer Gelenkverletzung ist in der Mehrzahl der F/ille leicht durch den AbfluB der glasigen Synovial]li~ssigkeit.

Bei Gelenkverletzungen muB wegen der grogen, ffir den Patienten drohenden Gefahren, die Wundversorgung auch noch im sp/iteren als im ersten 6-Stunden-Stadium vor- genommen werden. Die Hauptsache bei. der Versorgung ist bei ~Llteren Gelenkverletzungen der VerschluB der Ge- lenkkapsel. Man wird aber auctl die Weichteile noch um- schneiden, ganz besonders wenn sie verschmutzt sind, und kann versuchen, sie wenigstens teilweise zu n/ihen. Da bei den /ilteren Gelenkwunden die Infektionskeime meist schon in das Gelenk eingedrungen sind, mug man versuchen, mit antiseptischen Mitteln die Infektion des Gelenkes zu besei-

t igen. Es scheint, als ob wir einerseits im Phenolcampher (nach PAYR), der Vuzinspi~lung oder Rivanolspiilung (nach t~LAPP ) Methoden besitzen, eine beginnende Ge!enkinfektion zu coupieren. Leider haben Gelenkeiterungen die Neigung, die synovialen Membranen phlegm6n6s zu durchbrechen und in weiten, r6hrenf6rmigen Abscessen zu beiden Seiten in die Extremit/it fortzukrieclaen. Kommt es zu einer solchen Kapselphlegmone, so muB das Gelenk aufgemacht und drainiert werden, entweder in der alten typischen Weise

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634 durch vordere Drainage oder durch hintere Drainage (PAYR, L~AWt~N, KROH USW.).

Verletzungen der Kop]sehwarte. Aueh fiber diese Ver- letzungen ist etwa dasselbe zu sagen wie fiber die Verletzungen grol3er Gelenke. Unter anscheinend harmlosen fiuBeren Ver- letzungen verbirgt sieh gar nicht selten eine Verletzung des Periosts, des Knoehens, der Dura und des Gehirns. Es ist demnaeh grundialsch, eine Kopfschwartenwunde naeh oberfl/ichlicher Revision etwa zu tamponieren oder gar zu n/~hen. Die sehr infektionsempfindlichen R/~ume in der vielleicht angebrochenen D@loe des Knochens k6nnen osteomyelitiseh erkranken. Es kann sich ein subduraler AbsceB, unter Umst~nden ein Hirnabsce3, entwickeln. Es mul3 also gefordert werden, dab auch bet Kopfsehwarten- verletzungen die Wunde (nach vorherigem Rasieren der Umgebung) sorgf/~ltigst revidiert wird, dab der meist ge- quetschte Wundrand angefrischt wird und danach grfind- lich auf eine Verletzung des Periosts, auf einen auch noch so ]einen Knoehensprung usw. gefahndet wird. Ist das Periost sicher nicht verletzt, so kann man nach sauberer Wund- toilette die Kopfschwarte in den ersten 6--IO Stunden ver- n/ihen. Ist aber das Periost vom Knochcn weggerissen, oder liegen weitere Komplikationen vor, so mug der Knochen weggemeil3elt werden, die Diploe und die Dura revidiert werden. Gar nicht selten werden in einem allerfeinsten Knochenspalt, der bet der Verletzung wetter geklafft hatte, Haar- oder Schmutzteile eingeklemmt. Das Ubersehen dieser Komplikation ist wegen der fast sicheren Entwicklung der Tiefeninfektion meist yon delet~ren Folgen begleitet. Ha t man radikal verschnitten, so kann in den ersten Stunden die Haut auch fiber dem verletzten Knochen und fiber der verletzten Dura vernght werden. Will man sicher gehen, go lege man in die Nah twinke l ein kleines Drain. Mtere Sch/idelverletzungen sind zu tamponieren oder zu drainieren.

Die radikale und einwandfreie Versorgung einer Kopf- schwarten-, ja auch einer Knochen- und Duraverletzung stellt keineswegs ungew6hnlich hohe Anforderungen all das technische K6nnen des Arztes. Sie l ~ t sich schliel31ich so- gar ohne jede Assistenz durchffihren. Aber es gilt natfirlich aueh hier das Postulat: Wer solche lebensgef~hrlichen Ver- letzungen versorgt, muff gri~ndlich operieren und die Naeh- behandlung sachgemgifi dureh]i~hren k6nnen. Einige chirur- gische Erfahrung geh6rt immerhin bet Verletzungen mit Knochenbeteiligung schon dazu.

Gesiehtsverletzungen. Wie auf der Kopfschwarte, so heilen auch Verletzungen im Gesicht, an den Ohren und den Augen- lidern wegen der ausgezeichneten Blutgefggversorgung in diesen Gegenden meist tiberraschend gfinstig. Die Wider- standsf/~higkeit gegen die Infektion ist hier eme verh/iltnis- m~Big groBe. Man kann daher -- und aus kosmetisehen Gri~nden ist das ja dringend erwfinscht versuchen, Gesichts- verletzungen aueh auBerhalb des 6-Stunden-Intervalls zu versorgen. Besonders bet Verletzungen der Lider sind auch im I.~ektionsstadium Situationsn~hte angezeigt. Bet fief- gehenden Verletzungen der Wangengegend achte man auf eine Verletzung des Ductus parotideus, der am besten, wenn er durchschnitten ist, in die Mundh6hle neu implantiert wird. Die Naht des Ganges ist unsicher.

Verletzungen am Halse. Die Verletzungen am Halse sind besonders um emlger Komplikationen willen wichtig. Bet Stiehverletzungen oder Selbstmordverletzungen kann die Trachea. oder der Kehlkop] verletz~ sein. Die l?;rkennung dieser Komplikationen ist meist einfach. Schwieriger ist schon besonders bet engem ~uBeren Wundkanal. die Er- kennung einer Oesophagusverletzung. H/~ufig flieBt jedoch der Sehleim des Pharynx oder Oesophagus aus der Wunde nach auBen ab. Solche Verletzungen geh6ren wegen der Gefahr der tiefen Ha!sphlegmone nnd der Mediastinitis m eine chirurgische Anstalt und in dauernde Beobachtung.

Aul3erordentlieh gef~Lhrlich ist das Ubersehen einer Oeso- phagusverletzung (besonders bet Stichverletzungen). Die Nah~ der ~uBeren. Wunde bedingt bet Nichterkennung dieser Verletzung so gut wie sicher den t6dlichen Ausgang. Also

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auch hier genaueste Wundrevision bet klarer anatomiseher Ubersieht und unbedingt Assistenz.

Brustlcorbverletzungen. Die praktisch am hSmfigsten vor- kommenden Brustkorbverletzungen geschehen durch Stich oder Schug. Aueh hier ist es ~vie am Hals und bet Ver- letzungen des Seh~dels nicht ohne weiteres zu entscheiden, ob eine Verletzung tiefer Organe vorliegt, ob die Pleura, die Lunge und das Herz durch das Messer oder die Kugel mit verletzt sind. Diese schweren Verletzungen geh6ren unbedingt in eine chirurgische Klinik, wo entsprechend der Technik der Gelenkverletzungen die offene Pleurah6hle durch Naht zu versehliegen ist.

Die einfaehen Stichverletzungen des Thorax mit gleich- zeitiger Verletzung der Lunge k6nnen meist konservativ behandelt werden. Die Umschneidung und Naht der ~uf3eren Hautwunde sollte draugen in der Praxis nicht vorgenommen werden. Gar nicht selten werden Tuchfetzen mit in die Tiele gerissen, oder wom6glich ist ein Teil der Messerklinge abgebrochen und in der T i d e stecken geblieben.

Die einfachen Schul3- und Stichverletzungen des Thorax erfordern, wenn eine chirurgische Versorgung nicht in Frage kommt, in erster Linie Ruhe. Die Patienten mfissen mehrere Wochen das Bert hfiten. Der meistens vorhandene H~mato- thorax soll im Beginn nicht angerfihrt werden. Bet Ver- letzung gr613erer Lungengef~Be oder des Herzerm mug der Patient schnellstens einem Krankenhaus zugeifihrt werden.

Bauchverletzungen. Ffir die Bauchverletzung gilt noch viel mehr wie Ifir die Brustkorbverletzungen di~ Forderung, auch schon beim leisesten Verdacht auf Mitverletzung innerer Organe die Patienten sofort dem Krankenhaus zu fiberweisen. In den ersten Stunden ist die Prognose auch bet schweren Verletzungen der Leber, Milz und des Magendarmkanalsl wenn operativ vorgegangen wird, relativ gfinstig. Jenseits des 6--lO-Stunden-Intervalls verschlechtert sich die Prognose, besonders bet Darmverletzungen, immer mehr und mehr. Der Arzt mul3 also auch hier in erster Linie die Diagnose der inneren Bauchverletzungen und die Indikation zu einem operativen Eingrifi stellen.

Die sog. PJgihlungsverletzungen. Verletzungen der Damm- gegend, welche durch Auffallen aui einen eisernen Zaun,. auf Forkenstiele usw. entstehen, sind relativ h~ufig kompli- ziert durch gleichzeitige Verletzung der Harnr6hre nnd des Mastdarms. Auch bier ist die sofortige Uberffihrung in das Krankenhaus unbedingt zu fordern. Durch Zuwarten wird in der Mehrzahl der F531e eine Urin- oder Kotphlegmone mit ihrer fiblen prognostischen Bedeutung verschuldet.

Komplizierte Frakturen. Ist bet einem Knochenbruch die /~uBere Haut mitverletzt, so muB auch hier die klassische Wundversorgung in den ersten Stunden unbedingt vor- genommen werden. Kann die Umschneidung der Haut- wunde und prtm/ire Naht in diesem Intervall vorgenommen werden, so heilt die Fraktur meist genau so glatt wie eine subcutane Fraktur. SpieBt die Spitze eines Fragmentes durch die Haut vor. so mug der Knochen durch Abs/igen- AbmeiBeln oder Abkneifen mit der LuERschen Hohlmeil3el- zange angefrischt und danach reponiert werden. Gerade bet komplizierten Frakturen ist die Ruhigstellung durch den [gefensterten) Gipsverband unbedingt notwendig. Einen Streckverband in solchen F/illen anzulegen, k6nnen wir nur widerraten.

Die Gefahren der primiiren Wundversorgung und Naht. Infizieren sich die Gewebe in der Tiefe unter der genS.hten Haut, so drohen dem Verletzten yon dieser Infektion aus nicht unbetrXchtliche Gefahren. Abgesehen davon, dab der anatomische Effekt der Naht infolge des Durchschneidens der FS~den (an den Sehnen usw.) vernichtet wird, k6nnen sich schwere Wundinfektionen in der Tie le ausbreiten und das Leben des Patienten in Gefahr bringen. Daher mug der Arzt, welcher Verletzungen in der oben angegebenen Weise versorgt hat, seine Patienten genau beobachten, die Umgebung des Verletzungsherdes, Temperaturanstieg und Puls genau kontrollieren und bet eintretender Infektion enrsprechend eingreifem -Bet einer leichten Infektion geniigt es h~ufig, einige F/iden zu ziehen und einem vielleicht in-

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fizierten Hgmatom oder Serom znm AbfluB zu verhelfen. Bei schwerer Wundinfektion mit hohem Fieber werden am besten alle F/~den entfernt und die Wundtaschen weit aufgemacht.

Aus der grogen Reihe der prim/ir versorgten Verletzungeu werden immer eillige zur Infektion kommen. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des Wundarztes, diese T~e/enin/ektion beizeiten zu erlcennen und ihren ge~/ihrlichen Folgen zu be- gegnen.

Die Ge/ahren der Sehienung und Ruhigstellung. Da alle i'uhiggestellten Gewebe nnd Organe sehr sehnell atrophieren nnd da insbesondere Gelenke schnell versteifen, Muskeln, Und Sehnen schnell Iunkt ionsuntf icht ig werden, so darf die zur Erzielung einer sicheren und prims Heilung so unbedingt nStige Ruhigstellung der verletzten Glieder nur so lange wie unbedingt n6tig angeordnet werden. Vor allen Dingen diirfen gesunde Anteile (Nachbarfinger, Naehbar- gelenke) nur so kurze Zeit wie irgend m6glich geschient werden. Die Fingergelenke, die zu den Fingern geh6rigen Sehnen, das Ellenbogen- und Schultergelenk versteifen wie alle fibrigen Gelenke schon in sehr kurzer Zeit. Es mug daher so frfihzeitig wie m6glich mit Bewegungsfibungen begonnen werden. Diese Bewegungsfibungen muI3 der Arzt selber vornehmen, nur dann ist mit Sicherheit der h6chstmSgliehe Grad yon Beweglichkeit an den verletzten und benaehbarten Gliedanteilen zu erzielen. Unbedingt zu unterlassen ist bei Verletzung z. B. eines Fingers das Miteinbinden benach- barter Finger oder der ganzen Hand iiir 15roger als einige Tage. Ein schwerer Kunstfehler ist das Aufbinden aller Finger i n Streckstellung anf einem Brett. Nur allzu hS.ufig sehen wit in den chirurgischen Anstalten Patienten mit einer relativ harmlosen Verletzung, bei denen durch wochenlanges Tragen des Armes in der Mitella das Ellenbogen- nnd Schul- tergelenk weitgehend versteift ist. Es ist ein Kleines, diese nichtverletzten Gelenke durch einfache gymnastische Ubungen vor d e r Versteifung zu bewahren.

Wichtig ist, dab die Extremit/itenanteile, deren Versteifung nicht verhindert werden kann, in die richtige Lage gebracht

werden. Die Finger sollen im allgemeinen in leichter B~uge- stellung, der Daumen in Opposit ionsstellung, das Hand- gelenk in Streckstellung, der Unterarm in Mittelstellung zwischen Pro- und Supination, das Ellenbogengelenk in rechtwinkliger und das Schultergelenk in Abduktionsstellung versteifen. A n der unteren Extremit/tt muB bei Verletzten, die lange im Bert liegen, der Gefahr des Spitzful3es durch einen Biigel, der den Druck der Bettdecke wegnimmt; vor- gebeugt w e r d e n . Der Ful3 darf nur in rechtwinkliger Stel- lung, das Knie- und Hiiftgelenk mfissen in gestreckter Stel- lung versteifen.

Der Arzt muf3, wenn er frische Verletzungen sachgem/iB versorgen will, nachstehenden Anforderungen gerecht werden k6nnen :

i. Frische Wunden sind mit einwandfreier Asepsis griind- lich zu revidieren, und der Wundgrund muB tibersichtlich zur Darstellung gebracht werden. Die Wundr/inder und alle in der Tiefe verletzten Gewebe sollen grtindlich umschnitten und genXht werden.

2. In der Nachbehandlung ist auf Vers der Temperatur und des Pulses, auf eintretende Schmerzen ge- nau zu achten. Die einsetzende Wundtiefeninfektion mug wegen der Gdahren fiir den Patienten unbedingt erkannt und entsprechend behandelt werden.

3. Versteifungen der betroffenen und der benaehbarten Gliedanteile mug durch sachgem/il3e orthop/idische Wund-: nachbehandlung vorgebeugt werden.

4. Drohen Versteifungen yon Gliedanteilen oder Ge- lenken, so sollen sie in der fiir die Funkt ion des Gliedes giin- stigsten Stellung erfolgen.

5. LXI3t sich die notwendige Versorgung einer Wunde aus irgendwelchen Griinden drauBen nicht durchffihren, so muB der Arzt den Verletzten so schnell wie m6g!ich einer chirurgischen Anstalt zuftihren lassen, damit die .Wund- nmschneidung u n d N a h t o d e r sonstige MaBnahmen im 6--Io-Stunden~Stadium noch vorgenommen werden kann.

(SFFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. DIE KINDERFORSORGE DER LANDESVERSICHE- RUNGSANSTALTEN UND IHRE HYGIENISCHE BE-

DEUTUNG. V o n

Geheimrat BIELEFELDT-L/ibeck.

Mit Runderlal3 vom I 7. November 1919 -- Amtliche Nach- richten des Reichsversicherungsamts 19:9, S. 438 -- empfiehlt das Reichsversicherungsamt ffir die t3ehandlung tuberkulSser Lungenkranker Richtlinien, die es im Einvernehmen mit dem deutschen Zentralkomit~e zur ]gek/~mpfung der Tuberkulose, mit Vertretern von Landesversicherungsanstalten und mit t leilstgttengrzten aufgestellt hat. Es sollte dadurch An- regung gegeben werden, den Kampf gegen die Tuberkulose mit erhShtem Nachdruck und noch besserem Erfolge fort- zuffihren. Unter Ziffer VI dieser Richtlinien wird auch die Bek/impfung der Lungentuberkulose im Kindesalter er6rtert. Wenngleich, so heiBt es dort, diese Fiirsorge in erster Linie Sache des Staates und der Gemeinden sei, so lasse es doch die Bedeutung einer frfihzeitigen Ermittelung und vor- beugenden Behandlung tuberkul6ser oder tuberkulose- bedrohter Kinder erwiinscht erscheinen, dab auch die Tr/iger der Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung, solange ihnen nicht das Gesetz die Handhabe zu einer weiteren Bet/itigung auf diesem Arbeitsfelde biete, wenigstens im Rahmen der w167 I274 und I277 der Reichsversicherungs0rdnung sich daran beteiligen. Diese F, mpfehlung wird dann durch Ziffer VII auch auf tuberkul6se Erkrankungen anderer Art, also bei Kindern vor a l lem auf Knochentuberkulose ausgedehnt.

Ist hiernach seit 1919 das Reichsyersicherungsamt 6ffent- lich Ifir eine Ausdehnung der HeilffirsorgemaBnahmen der

Versicherungstr/iger auf Kinder eingetreten und hat dariiit diesen Magnahmen autoritativen Riickhalt gegeben, so haben doct/ die Bestrebungen selbst unter Ffihrung der Landes- versicherungsanstalt der Hansest/idte s c h o n i m Jahre i912 bei einer allj/ihrlich zunehmenden Zahl yon Versich6rungs- anstalten eingesetzt. Das Reichsversicherungsamt abe t I /a t te dieses Vorgehen der Versicherungstr~iger nicht nur ~%voht- wollend und grogziigig geduldet; sondern im Stillen so+cohl wie in einzelnen EntschlieBungen ausdrficklich gef6rdert. So ist es z u erklS.ren, dab gegenfiber ,,einem" Versicherungs: tr/iger im Jahre 1912 und vieren im Jahre 1913 schon 14 Ver- sicherungsanstMten und eine Kasseneinrichtung im ~allre 1915 ftir eine nach vielen Hunderten z/ihlende Scli~a~'von kranken Kindern helfend und heilend eintreten konnten. Diese Zahlen sind dann yon Jahr zu Jahr weiter gestiegen, so dab 1918 8i8o, 1919 13 588 und I92O 25 668 Kindern eine sachgem/il3e gesundheitliche Ffirsorge seitens der Tr/iger der Invalidenversicherung zuteil wurde. Dabei kommt als besonders wertvoll in Betracht, dab die Dauer der Heilmal3- nahmen dem Bediirfnis des einzelnen Falles angepaBt werden konnte, wie dies ja auch bei der Heilffirsorge fiir Erwachsene yon jeher der Ubung der Invalidenversicherung entspricht. Nach einer amtlichen Zusammenstellung des Reichsver- sicherungsamts haben sich im Jahre 192o bereits s/imtliche Landesversicherungsanstalten und 5 Pensionskassen (Kassen- einrichtungen) -- offenbar infolge der~ amtlichen Anregung des Reichsversicherungsamts aus dem Jahre 1919 -- an der Kinderffirsorge beteiligt. Es wurden I92o hergegeben 64o ooo M. fiir Sguglinge, 4 24I ooo M. ffir 23233 gr6gere Kinder, die in Kinderheilst~tten, WMderholungsst/itten, Lungenheilst~tten, Krankenh~usern, B/idern usw. Unter-