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Grundzüge der Relativitätstheorie, 7. Auflage

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  • ALBERT EINSTEIN

    Grundzge der Relativittstheorie

  • ALBERT EINSTEIN

    Grundzge derRelativittstheorie

    7. AuflageMit 6 Abbildungen

    123

  • Das Umschlagbild zeigt Albert Einstein bei einer Vorlesungam College de France im Jahre 1922.

    Abdruck aus A. Pais, ,,Raffiniert ist der Herrgott . . . . Albert Einstein.Eine wissenschaftliche Biographie (Vieweg, Braunschweig, 1986).

    Das Original befindet sich im Einstein-Archiv, Princeton, USA.

    Unter dem gleichen Titel ursprnglich erschienen beiFriedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH

    1990 6. Auflage Nachdruck 1956 The Hebrew University of Jerusalem, Israel

    ISBN 978-3-540-87846-9

    DOI 10.1007/978-3-540-87847-6

    e-ISBN 978-3-540-87847-6

    Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

    detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    2009, 2002 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

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    Gedruckt auf surefreiem Papier

    9 8 7 6 5 4 3 2 1

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  • Vorwort zur 1. Auflage der

    "Vier Vorlesungen ber Relativittstheorie"

    In der vorliegenden Ausarbeitung von vier Vortrgen,die ich an der Universitt Princeton im Mai 1921 gehal-ten habe, wollte ich die Hauptgedanken und mathema-tische Methoden der Relativittstheorie 'zusammen-fassen. Dabei habe ich mich bemht, alles wenigerWesentliche wegzulassen, das Grundstzliche aber dochso zu behandeln, da das Ganze als Einfhrung fr allediejenigen dienen kann, welche die Elemente der hhe-ren Mathematik beherrschen, aber nicht allzuviel Zeitund Mhe auf den Gegenstand verwenden wollen. AufVollstndigkeit kann diese kurze Darlegung selbstver-stndlich keinen Anspruch machen, zumal ich die feine-ren, mehr mathematisch interessanten Entwicklungen,welche sich auf Variationsrechnung grnden, nicht be-handelt habe. Mein Hauptziel war es, das Grundstz-liche in dem ganzen Gedankengang der Theorie klarhervortreten zu lassen.

    Januar 1922

    Vorbemerkung zum Anhang 11

    A. EINSTEIN

    Fr diese Auflage habe ich die "Verallgemeinerungder Gravitationstheorie" unter dem Titel "Relativi-stische Theorie des nichtsymmetrischen Feldes" vlligneu bearbeitet. Es ist mir nmlich gelungen - zumTeil unter Mitarbeit meiner Assistentin B. KalIfman -die Ableitungen sowie die Form der Feldgleichungenzu vereinfachen. Die ganze Theorie gewinnt dadurchan Durellsichtigkeit, ohne da ihr Inhalt eine nderungerfllrt.

    ()ezemher 1954 A. EINSTEIN

  • Inhaltsverzeichnis

    Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik. . 5

    Spezielle Relativittstheorie. .. .... 27

    Allgemeine Relativittstheorie. . . . . 57

    Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 78

    Anhang I

    Zum "kosmologischen Problem". . . . . . . . . . . 107

    Anhang 11

    Relativistische Theorie des nicht~ymmetrischenFeldes . 131

    Namen- und Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . 164

  • Baum und Zeit in der vorrelativistisehen Physik

    Die Relativittstheorie ist aufs engste verbunden mitder Theorie von Raum und Zeit. Deshalb soll mit einerkurzen Untersuchung des Ursprungs unserer Ideen vonRaum und Zeit begonnen werden, obwohl ich wei, daich mieh dabei auf strittiges Gebiet begebe. Alle Wissen-schaft, sei es Naturwissenschaft oder Psychologie, suchtin gewisser Weise unsere Erlebnisse zu ordnen und inein logisches System zu bringen. Wie hngen die ge-lufigen Ideen ber Raum und Zeit mit dem Charakterunserer Erlebnisse zusammen 1

    Die Erlebnisse eines Menschen erscheinen uns als ineine Erlebnisreihe eingeordnet, in welcher die einzelnenunserer Erinnerung zugnglichen Einzelerlebnisse nachdem nicht weiter zu analysierenden Kriterium des"Frher" und "Spter" geordnet erscheinen. Es be-steht also fr das Individuum eine Ich-Zeit oder sub-jektive Zeit. Diese ist an sich nichts Mebares. Ichkann zwar den Erlebnissen Zahlen zuordnen, derart,da dem spteren Erlebnis eine grere Zahl zugeordnetwird als dem frheren, aber die Art dieser Zuordnungbleibt zunchst in hohem Mae willkrlich. Ich kannjedoch die Art dieser Zuordnung weiter fixieren durcheine Uhr, indem ich den durch sie vermittelten Erlebnis-ablauf mit dem Ablauf der brigen Erlebnisse vergleiche.Unter einer Uhr versteht man ein Ding, welches ab.zhlbare Erlebnisse liefert und noch andere Eigenschaf-ten besitzt, von denen im folgenden die Rede sein wird.

    Verschiedene Menschen knnen mit Hilfe der Spracheihre Erlebnisse bis zu einem gewissen Grade miteinandervergleichen. Dabei zeigt sich, da gewisse sinnliche

  • 6 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    Erlebnisse verschiedener Menschen einander entspre-che~, whrend bei anderen ein solches Entsprechen nichtfestgestellt werden kann. Jenen sinnlichen Erlebnissenverschiedener Individuen, welche einander entsprechenund demnach in gewissem Sinne berpersnlich sind,wird eine Realitt gedanklich zugeordnet. Von ihr,daher mittelbar von der Gesamtheit jener Erlebnisse,handeln die Naturwissenschaften, speziell auch derenelementarste, die Physik. Relativ konstanten Erlebnis-komplexen solcher Art entspricht der Begriff des physi-kalischen Krpers, speziell auch des festen Krpers.Die Uhr ist auch ein Krper bzw. ein krperlichesSystem in diesem Sinne. Zum Wesen der Uhr gehrtauerdem, da die an ihr gezhlten gleichartigen Teil-vorgnge der Erlebnisfolge als einander gleich angesehenwerden drfen.

    Begriffe und Begriffssysteme erhalten die Berechti-gung nur dadurch, da sie zum berschauen von Erleb-niskomplexen dienen; eine andere Legitimation gibtes fr sie nicht. Es ist deshalb nach meiner berzeugungeiner der verderblichsten Taten der Philosophen, dasie gewisse begriffliche Grundlagen der Naturwissen-schaft aus dem der Kontrolle zugnglichen Gebiete desEmpirisch-Zweckmigen in die unangreifbare Hhe desDenknotwendigen (Apriorischen) versetzt haben. Dennwenn es auch ausgemacht ist, da die Begriffe nichtaus den Erlebnissen durch Logik (oder sonstwie) abge-leitet werden knnen, sondern in gewissem Sinn freieSchpfungen des menschlichen Geistes sind, so sind siedoch ebensowenig unabhngig von der Art der Erlebnisse,wie etwa die Kleider von der Gestalt der menschlichenI.Jeiber. Dies gilt im besonderen auch von unseren Be-griffen ber Zeit und Raum, welche die Physiker -von Tatsachen gezwungen - aus dem Olymp des Aprioriherunterholen muten, um sie reparieren und wiederin einen brauchbaren Zustand setzen zu knnen.

    Wir kommen nun zu den rumlichen Begriffen undUrteilen. Auch hier ist es unerllich, die Beziehung

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 7

    der Erlebnisse zu den Begriffen streng ins Auge zufassen. Auf diesem Gebiete scheint mir POINCARE dieWahrheit besonders klar erfat zu haben in der Dar-stellung, welche er in seinem Buche: "La science etl'hypothese" gegeben hat. Unter allen Vernderungen,welche wir an festen Krpern wahrnehmen, sind die-jenigen durch Einfachheit ausgezeichnet, welche durchwillkrliche Bewegungen unseres Krpers rckgngiggemacht werden knnen; POINCARE nennt sie "nderun-gen der Lage". Durch bloe Lagennderungen kannman zwei Krper "aneinander anlegen". Das Funda-ment der Geometrie (Kongruenzstze) bezieht sich aufdie Gesetze, welche jene Lagerungsmglichkeiten be-herrschen. Fr den Raumbegriff scheint uns folgendeswesentlich. Man kann durch Anlegen von KrpernB, 0 ... an einen Krper A neu Krper bilden, wirwollen sagen, den Krper A fortsetzen. Man kann einenKrper A so fortsetzen, da er mit jedenl anderen Kr-per X zur Berhrung kommt. Wir knnen den Inbegriffaller Fortsetzungen des Krpers A als den "Raum des!(rpers A" bezeichnen. Dann gilt, da alle Krper sich"iln Rauln des (beliebig gewhlten) Krpers A" befin-den. Man kann in diesem Sinne nicht von dem "Raum"schlecllthin, sondern nur von dem "zu einem Krper Agehrigen Raum" reden. Allerdings spielt im Alltags-leben der Krper Erdkruste eine so dominierende Rollein der Beurteilung der Lagenverhltnisse der Krper,da er zu dem ernstlich nicht zu verteidigenden Begriffdes Raumes (schlechthin) gefhrt hat. Wir wollen aber,um diesen verhngnisvollen Irrtum auszuschlieen, nllrvon ,-,Bezugskrper" oder "Bezugsraum" reden. Erstdie allgemeine Relativittstheorie hat eine Verfeinerungdieses Begriffes ntig gemacht, wie wir spter sehenwerden.

    Ich ,viII nicht nher auf diejenigen Eigenschaften desBezugsraumes eingehen, welche dazu gefhrt haben,als Element des Raumes den Punkt einzufhreIl undden Raum als Kontinuum aufzufassen. Ebensowenig

  • 8 RaUID und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    will ich zu analysieren versuchen, durch welche Eigen-schaften des Bezugsraumes der Begriff der stetigenPunktreihe oder Linie gerechtfertigt sei. Sind aber dieseBegriffe nebst ihrer Beziehung zum festen Krper deiErlebniswelt gegeben, so ist leicht zu sagen, was unterder Dreidimensionalitt des Raumes zu verstehen ist,nmlich die Aussage: Jedem Punkt lassen sich dreiZahlen Xl' x2 und Xa (Koordinaten) zuordnen, derart,da diese Zuordnung umkehrbar eindeutig ist, und dasich Xl' x2 und Xa stetig ndern, wenn der zugehrigePunkt eine stetig Punktreihe (Linie) beschreibt.

    Die vorrelativistische Physik setzt voraus, da d!eLagerungsgesetze idealer fester Krper der euklidischenGeometrie gem seieIl. Was dies bedeutet, kann z. B.wie folgt ausgedrckt werden. Zwei an einem festenKrper markierte Punkte bilden eine Strecke. Einesolche kann in mannigfacher Weise gegenber demBezugsraume ruhend gelagert werden. Wenn nun diePunkte dieses Raumes so durch Koordinaten Xl' X 2, Xabezeichnet werden knnen, da die Koordinatendiffe-renzen L1xl , L1x2 , L1xa der Streckenpunkte bei jederLagerung der Strecke die nmliche Quadratsumme

    82 = L1x~ + L1x: + L1xi (1)liefern, so nennt man den Bezugsraum EUKLIDisch unddie Koordinaten kartesischeI). Es gengt hierfr sogar,diese Annahme in der Grenze fr unendlich kleine Strek.ken zu machen. In dieser Annahme liegen einige weni-ger spezielle enthalten, auf die wir ihrer grundlegendenBedeutung wegen aufmerksam machen wollen. Erstensnmlich wird vorausgesetzt, da man einen idealenfesten Krper' beliebig bewegen knne. Zweitens wirdvorausgesetzt, da das Lagerllngsverhalten idealer festerKrper in dem Sinne unabhngig vom Material desKrpers und von seinen Ortsnderungen ist, da zwei

    1) Diese Relation D1U gelten fr beliebige Wahl des Anfangs-punktes und der Richtung (Verhltnis L1x]: Lix2 : .L1xs) der Strecke.

  • Rannl und Zeit in der vorrelativistischen Physik 9

    Strecken, welche einmal zur Deckung gebracht werdenknnen, stets und berall zur Deckung gebracht werdenknnen. Diese beiden Voraussetzungen, welche frdie Geometrie und berhaupt fr die messende Physikvon grundlegender Bedeutung sind, entstammen natr-lich der Erfahrung; sie beanspruchen in der allgemeinenRelativittstheorie allerdings nur fr (gegenber astro-nomischen Dimensionen) unendlich kleine Krper undBezugsrume Gltigkeit.

    Die Gre 8 nennen wir die Lnge der Strecke. Damitdiese eindeutig bestimmt sei, mu die Lnge einer be-stimmten Strecke willkrlich festgesetzt, z. B. gleich 1gesetzt werden (Einheitsmastab). Dann sind die Ln-gen aller brigen Strecken bestimmt. Setzt man die x,linear abhngig von einem Parameter

    x. = a. + b.,so erhlt man eine Linie, welche alle Eigenschaften derGeraden der euklidischen Geometrie besitzt. Speziellfolgert man leicht, da man durch n-maliges Abtrageneiner Strecke 8 auf einer Geraden eine Strecke von derLnge n s erhlt. Ein~ Lnge bedeutet also das Ergeb-nis einer lngs einer Geraden ausgefhrten Messung mitHilfe des Einheitsmastabes ; sie hat ebenso wie diegerade Linie .eine vom Koordinatensystem unabhngigeBedeutung, wie aus dem Folgenden hervorgeht.

    Wir kommen nun zu einem Gedankengang, der inanaloger Weise in der speziellen und allgemeinen Rela-tivittstheorie eine Rolle spielt. Wir fragen: Gibt esauer den verwendeten kartesischen Koordinaten nochandere gleichberechtigte 1 Die Strecke hat eine vonder Koordinatenwahl unabhngige physikalische Be-deutung, ebenso also auch die Kugelflche, welche manerhlt als Ort der Endpunkte aller gleichen Strecken,welche man von einem 'beliebigen Anfangspunkt desBezugsraumes aus abtrgt. Sind sowohl x. als auch x;(11 von 1 bis 3) kartesische Koordinaten unseres Bezugs-raumes, so wird die Kugelflche in bezug auf jene

  • 10 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    beiden Koordinatensysteme durch die Gleichungen aus-gedrckt:

    ~ Llx~ = konst. (2)

    ~ LlX~2 == konst. (2a)Wie mssen sich die x; aus den Xv ausdrcken, damit dieGleichungen (2) und (2a) quivalent seien ~ Denkt mansich die x; in Funktion der Xv ausgedrckt, so kaDIl manfr gengend kleine L1x" nach dem TAYLoRschen Satzesetzen:

    A' :--, ox; A 1 02X ; A ALJXv == L ~ LJX~ + -2 I.: () () LJXo< LJXp

    Ot, uX", Ot,{J XOt, x{J

    Setzt man dies in (2a) ein und vergleicht mit (1), so siehtman, da die x; lineare Gleichungen der Xv sein mssen.Setzt man demgem

    oderx~ == a" + }; bViX XiX

    iX

    (3)

    (3a)

    so drckt sich die quivalenz der Gleichungen (2) und(2 a) in der Form aus

    ~ L1x;2== 2 ~ L1x: (A von den L1xv unabhngig). (2b)

    Hieraus folgt zunchst, da A eine Konstante sein mu.Setzt man zunchst == 1, so liefern (2b) und -(3a) dieBedingungen

    (4)

    wobei ~(JI.{J == 1 oder ~(J(P == 0 ist, je nachdem LX == oder(X =1= . Die Bedingungen (4) heien Orthogonalittsbe-dingungen, die Transformationen (3), (4) lineare ortho-gonale Transformationen. Verlangt man, da 8 2 == I.: L1x;fr jedes Koordinatensystem gleich dem Quadrat derLnge sei und da stets mit dem gleichen Einheitsma-stabe gemessen werde, so mu == 1 sein. Dann sinddie linearen orthogonalen Transformationen die einzi-gen, welche den bergang von einem kartesischen

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 11

    Koordinatensystem eines Bezugsraumes zu einem ande-ren vermitteln. Man erkennt, da bei Anwendung sol-cher Transformationen die Gleichungen einer Geradenwieder in die Gleichungen einer Geraden bergehen.Wir bilden noch die Umkehrung der Gleichungen (3a),indem wir beiderseits mit b"i multiplizieren und ber vsummieren. Man erhlt

    ~ bvfJ L1x; = ~ b"", b"fJ L1x", = ~ ~OJ.fJ L1xOJ. = Llxp (5),,~ '"

    Dieselben Koeffizienten b vermitteln also auch die in-verse Substitution der L1x.,. Geometrisch ist b"or. derKosinus des Winkels zwischen der x;-Achse und derxor.-Achse.

    Zusammenfassend knnen wir sagen: In der eukli-dischen Geometrie gibt es (in einem gegebenen Bezugs-raume) bevorzugte Koordinatensysteme, die karte-sischeri, welche auseinander durch lineare orthogonaleTransformation der Koordinaten hervorgehen. In sol-chen Koordinaten drckt sich der mit dem Mastabmebare Abstand 8 zweier Punkte des Bezugsraumes inbesonders einfacher Weise aus. Auf diesen Begriff desAbstandes lt sich die ganze Geometrie grnden. Inder gegebenen Darstellung bezieht sich die Geometrieauf wirkliche Dinge (feste Krper), und ihre Stze sindBehauptungen ber das Verhalten dieser Dinge, welchezutreffend oder auch unzutreffend sein knnen.

    Gewhnlich pflegt man die Geometrie so zu lehren,da eine Beziehung der Begriffe zu den Erlebnissennicht hergestellt wird. Es hat auch Vorteile, dasjenige,was an ihr rein logisch und von der prinzipiell unvoll-kommenen Empirie unabhngig ist, zu isolieren. Derreine Mathematiker kann sich damit begngen. Er istzufrieden, wenn seine Stze richtig, d. h. ohne logischeFehler aus den Axiomen abgeleitet sind. Die Frage, obdie euklidische Geometrie wahr ist oder nicht, hat frihn keinen Sinn. Fr unseren Zweck aber ist es ntig,den Grundbegriffen der Geometrie Naturobjekte zuzu..

  • 12 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    ordnen; ohne eine solche Zuordnung ist die Geometriefr den Physiker gegenstandslos. Fr den Physikerhat es daher wohl einen Sinn, nach der Wahrheit bzw.dem Zutreffen der geometrischen Stze zu sprechen.Da die so interpretierte euklidische Geometrie nichtnur Selbstverstndliches, d. h. durch Definitionen logischBedingtes ausspricht, erkennt man durch folgende ein-fache berlegung, welche von HELMHOLTZ herrhrt:

    Zwischen n Punkten des Raumes gibt es ~ n (n - 1)

    Abstnde 8pv ; zwischen diesen und den 3 n Koordinatenbestehen die Relationen

    8;1' = (x1(p)- X 1 (v)2 + (x2 (p) - X 2(v)2 + A d n (n - 1) GI h I h dus lesen 2 eIC ungen assen SIC le

    3 n Koordinaten eliminieren, aus welcher Elimination

    d n (n - 1) 3 GI h h dmln estens 2 - n elC ungen ZWISC en en

    81lv folgen mssen l ). Da die 81lf1 mebare Gren sind,die ihrer Definition nach voneinander unabhngig sind,brauchen diese Beziehungen zwischen den 8pv apriorinicht zu bestehen.

    Aus dem Vorhergehenden zeigt sich, da die Trans-formationsgleichungen (3), (4) fr die euklidische Geo-metrie eine fundamentale Bedeutung besitzen, indemsie den bergang von einem kartesischen Koordinaten-system zu einem anderen beherrschen. Das kartesischeKoordinatensystem zeichnet sich dadurch aus, da sichin bezug auf jedes solche der mebare Abstand 8 zweierPunkte durch die Gleichung

    82 = E L1x:

    ausd:r.ckt. Sind K(x.,) und Kix;) zwei kartesische Koor-

    n (n - 1)1) In Wahrheit sind es 2 - 311, + 6 Gleichungen.

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 13

    dinatensysteme, so gilt

    E Llx: = E LlX;2 Die rechte Seite ist der linken identisch gleich ver-

    mge der zwischen x' und x bestehenden linearen ortho-gonalen Transformationsgleichu.ngen, und die rechteSeite unterscheidet sich von der linken nur dadurch,da die Xv durch die x~ ersetzt sind. Man drckt diesenSachverhalt durch die Aussage aus: E Llx: ist eineInvariante bezglich linearer orthogonaler Transfor-mationen. Offenbar haben in der euklidischen Geo-metrie nur solche (und alle solche) Gren eine objektive(von der besonderenWahl des kartesischen Systems unab-hngige) Bedeutung, welche sich durch eine Invariante(bezglich linearer orthogonaler Koordinaten) aus-drcken lassen. Hierauf beruht es, da die Invarianten-theorie, welche sich mit den Strukturgesetzen der In-variante beschftigt, fr die analytische Geometrie vonBedeutung ist.

    Als zweites Beispiel einer geometrischen Invariantenenne ich die Gre eines Volumens. Dasselbe drcktsich in der Form aus:

    v = JJJdx} dX2 dXa In der Tat ist nach dem JACoBIschen Transformations-satze

    fff I , d' fff o(x~, x~, x;)dXl dX2 Xs = o(x1 , x2, xa) dX1 dX2 dXa ,wobei der Integrand im letzten Integral die Funktional-determinante der x; nach den Xv bedeutet, welche nach(3) gleich der Determinante Ibp..1 der Substitutions-koeffizienten b..or. ist. Bildet man die Deterlninante der~PI1. der Gleichung (4), so erhlt man unter Anwendungdes Multiplikationstheorems der Determinanten

    1 = 1~l1.pl = 117 b"", b"pl = Ibpvl2 ; Ibp ,,' = I. (6).,

  • 14 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    Beschrnkt man sich auf diejenigen Transformationen,\velche die Determinante + 1 haben 1) (und nur solchegehen aus stetiger nderung des Koordinatensystemshervor), so ist also V eine Invariante.

    Die Invariante ist aber nicht die einzige Form, welchegestattet, von der speziellen Wahl der kartesischen Ko-ordinaten unabhngige Aussagen zum Ausdruck zubringen. Andere Ausdrucksmittel sind die Vektorenund Tensoren. Es handle sich z. B. um die Aussage,da Punkte mit den (laufenden) Koordinaten X" aufeiner Geraden liegen. Dann gilt

    X" - A., = B" ('V von 1 bis 3) .Ohne Beschrnkung der Allgemeinheit kann hierbei

    EB:=lgesetzt werden.

    Multipliziert man die Gleichungen mit bfJ " [vgl. Glei-chungen (3a) und (5)] und summiert ber 'P, so erhltman

    wobeiXp - Ap= Bp,

    B = E bfJ" B" ; A p= E bfJf1 A"" "

    gesetzt ist. Dies sind die Gleichungen der Geraden be-zglich eines zweiten kartesischen KoordinatensystemsK'. Sie haben dieselbe Form wie die Gleichungen be-zglich des ursprnglichen Koordinatensystems; eszeigt sich also, da die Gerade eine vom Koordinaten-system unabhngige Bedeutung hat. Formal betrachtetberuht dies darauf, da sich die Gren (x" - A,,) - B"transformieren wie Streckenkomponenten Llx". Den In-

    1) Es giht also zweierlei kartesische Koordinatensysteme,welche man als "Rechtssysteme" und "Linkssysteme" be-zeichnet. Der Unterschied zwischen heiden ist jedem Physikerund Ingenieur gelufig. Interessant ist, da man Rechts-systeme bz,v. Linkssysteme an sich nicht geometrisch defi-nieren kann, wohl aber die Gegenstzlichkeit beider Typen.

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 15

    begriff dreier Gren, die fr jedes kartesisclle Ko-ordinatensystem definiert sind und sich transformierenwie Streckenkomponenten, nennt man einen Vektor.Verschwinden die drei Komponenten eines Vektors inbezug auf ein kartesisclles Koordinatensystem, so ver-schwinden sie auch fr jedes andere, weil die Trans-formationsgleichungen homogen sind. So kann man dieBedeutung des Vektorbegriffes erfassen, ollne auf diegeometrische Veranschaulichung rekurrieren zu mssen.Das geschilderte Verhalten der obigen Gleichung derGeraden drckt man so aus: Die Gleichung der Ge-raden ist bezglich linearer orthogonaler Transforma-tionen kovariant.

    Nun soll kurz gezeigt werden, da es geometrischeRealitten gibt, die auf den Begriff des Tensors fhren.Es sei Po Mittelpunkt einer Flche zweiten Grades, p.ein beliebiger Punkt der Oberflche, EI' seien die Pro-jektionen der Strecke Po - P auf die Koordinaten-achsen. Dann ist

    ~ ap " ~p ~. = 1 ,t""

    oder - wie wir von nun an in allen analogen Fllenunter Weglassung des Summenzeichens schreiben wol-len, indem wir festsetzen, da die Summation berzweimal auftretende Indizes selbstverstndlich sei -

    app ~p E" = 1die Gleichung der Flche. Die Gren ap.., bestimmendie Flche bis auf die Lage des Mittelpunktes in bezugauf das gewhlte kartesische Koordinatensystem voll-stndig. Aus dem bekannten Transformationsgesetzder Ev [Gleichung (3a)] fr lineare orthogonale Trans-formationen findet man leicht fr die ap'v das Trans-formationsgesetz 1)

    a~'f = bap b'fv ap "

    1) Die Gleichung a~'f g~ g; = 1 lt sich vermge (5) durcha~T bp.a bVT: ~a gT: = 1 ersetzen, woraus die Behauptung unmittel-bar folgt.

  • 16 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    Dies Transformationsgesetz ist homogen und vom erstenGrade in den a,."". Die apv nennt man vermge diesesTransformationsgesetzes Komponenten eines Tensorsvom zweiten Range l ) (letzteres wegen der Zwei-Zahlder Indizes). Verschwinden smtliche Komponenten ap,veines Tensors in bezug auf ein kartesisches System, soverschwinden sie auch in bezug auf jedes andere kar-tesische System. Die Flche zweiten Grades wird ihrerForm und Lage nach durch diesen Tensor (a) dargestellt.

    Es lassen sich Tensoren von beliebig hohem Range(Indexanzahl) analytisch definieren. Es erweist sich alsmglich und zweckmig, Vektoren als Tensoren vomRange 1, Invarianten (Skalare) als Tensoren vom Rangeo anzusehen. Mit Rcksicht darauf lt sich die Auf-gabe der Invariantentheorie dahin formulieren: Nachwelchen Gesetzen lassen sich aus gegebenen Tensorenneue bilden 1 Diese Gesetze wollen wir nun betrachten,um sie in der Folge anwenden zu knnen. Dabei han-delt es sich zunchst nur um die Tensoren bezglichlinearer orthogonaler Transformationen, wie sie denbergang von einem kartesischen System zu einemanderen desselben Bezugsraumes beherrschen. Da dieGesetze im ,ganzen von der Dimensionszahl unabhngigsind, wollen wir letztere vorlufig unbestimmt lassen(Dimensionszahl n).

    Definition. "Venn ein Gebilde bezglich jedes kar-tesischen Koordinatensystems eines Bezugsraumes vonn Dimensionen durch n'" Zahlen A pvQ ((X = Zahl derIndizes) definiert ist, so bilden diese die Komponenteneines Tensors vom Range (x, wenn ihr Transformations-gesetz

    ist.Bemerkung: Aus dieser Definition folgt, da

    Ap,vQ ... B p Ov DQ

    (7)

    (8)

    1) In der neueren Literatur wird der "Rang" eines Tensorshufig mit "Stufe" bezeichnet.

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 17

    eine Invariante ist, falls (B), (0), (D)... VektoreIlsind.. Umgekehrt kann der Tensorcharal{ter von (A)gefolgert werden, wenn bekannt ist, da die obige Bilrltlng fr beliebige Wahl der Vekt.oren (B), (C) llS"~.auf eine Invariante fhrt.

    Addition und Snbtraktion. Durch Addition undSubtraktion entsprechender Komponenten von Ten-soren gleichen Ranges entsteht wieder ein Tensor vongleichem Range:

    (9)

    Beweis aus der obigen Definition des Tellsors.Mtlltiplikation. .Lt\.us einem Tensor vom Range(X

    lInd einem Tensor vom Range {J erhlt man einen Ten-sor vom Range (X + (J, indem man alle Komponentendes ersten mit allen Komponenten (les zweiten multi.pliziert:

    (10)

    (12)

    Verjngung. Aus einem Tensor vom RangelX er-hlt man einen Tensor vom Range (X - 2, indem manzwei bestimmte Indizes einander gleich setzt und berdiesen nunmehr einheitlichen Index summiert:

    Te ... = A ppo ... (= E A pJlo .. .) (11)I"

    Beweis:

    A~PQ = bIet" bl"fl bQy A~flY = ~(J{,{J bOY A(J{,fly ..= bQy A(J{,(Xy

    Zu diesen elementaren Rechnungsregeln tritt noch dieder Tensorbildung (Erweiterung) durch Differentiation

    T _ oAp"o ...P"(1 ~ - ~

    UX41

    Wenn (A) ein Tensor vom RangelX ist, so ist (T) einTensor vom Range lX + 1-. Der Beweis folgt aus denTransformationsgleichungen (3a) und (5), aus welch

  • 18 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    letzteren man schliet:

    ~_~.ox(X_b ~OX~ - OX'" ox; - v(x oX

    tx

    (13}

    Gem diesen Rechnungsregeln lassen sich aus Ten-soren (bezglich linearer orthogonaler Transformatio-nen) neue ableiten.

    Symmetrieeigenschaften der Tensoren. Ten-soren heien symmetrisch bzw. antisymmetrisch bezg-lich zweier ihrer Indizes p und 'V, wenn die beiden Kom-ponenten, die aus der Vertauschung der Indizes p und'V auseinander hervorgehen, einander gleich bzw. ent-gegengesetzt gleich sind.

    Bedingung der Symmetrie: A pv (? = A VJl ()Bedingung der Antisymmetrie: A pv (? = - A VPQ

    Satz: Der Charakter der Symmetrie bzw. Antisymme-trie besteht unabhngig von der Koordinatenwahl,durch welchen Satz er erst wirklich Bedeutung erhlt.Be\veis aus der Definitionsgleichung der Tensoren.

    Spezielle Tensoren.

    I. Die Gren ~Q(J [Gleichung (4)] sind Tensorkom-ponenten (Fundamentaltensor).

    Be,veis: Setzt man in die rechte Seite der Trans-forlllationsgleichungen A~v = bill" b,}p A",p fr A",pdie Gren ~"' (= I bzw. = 0, je nachdem lX = oder lX =1= ), so erhlt man

    A~v = bpCl. bvCl. = ~pv Die Berechtigung des letzten Gleichheitszei-

    cllens erhellt, wenn man (4) auf die inverse Sub.stitution (5) anwendet.

    II. Es gibt einen bezglich aller Indexpaare anti-symmetrischen Tensor (~pvQ .)' dessen Rang cxgleich der Dimensionszahl n ist, lInd dessen Kom-ponenten gleich + I oder - 1 sind, je nachdenl

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 19

    ft V e . eine gerade oder ungerade Permutationvon 1 2 3 ... ist.

    Beweis mit Hilfe des oben bewiesenen SatzesIb~al = 1.

    Diese wenigen einfachen Stze bilden - wie sich in1folgenden zeigen wird - dell invariantentheoretischenApparat fr den Aufbau der Gleichungen der vor-relativistischen Physik und der speziellen Relativitts-theorie.

    Wir 11aben gesehen, da es fr die rumliche Be-schreibullg in der vorrelativistischen Physik eines Be-zugskrpers bzw. Bezugsraumes und in diesem eineskartesischen Koordinatensystems bedarf. Wir knnendiese beiden Begriffe in einen verschmelzen, indem wiruns das kartesische Koordinatensystem als ein kubischesStabgerst denken, welches aus lauter Stben von derL11ge 1 aufgebaut ist. Die Gitterpunkte dieses Ge-rstes haben ganzzahlige Koordinaten. Da die Stbeeines solchen Gitters alle die Lnge 1 haben, folgt ausder Fundamentalbeziehung

    S2 = L1x~ + L1x~ + L1x: .Zur zeitlichen Beschreibung bedrfen wir ferner einerEinl1eitsuhr, die etwa im Anfangspunkt unseres karte-sischen Koordinatensystems (Stabgerstes) aufgestelltsei. Findet irgendwo ein Ereignis statt, so knnen wirihm drei Koordinaten X" und einen Zeitwert t zu-schreiben, wenn von dem Ereignis feststeht, welche Uhr-zeit t der im Koordinatenursprung befindlichen Uhr ihmgleichzeitig sei. Wir geben damit der Aussage der Gleich-zeitigkeit distanter Ereignisse (hypothetisch) eine ob-jektive Bedeutung, whrend oben nur von der Gleich-zeitigkeit zweier Erlebnisse eines Subjekts die Redewar. Die so festgelegte Zeit ist jedenfalls unabhngigvon der Lage des Koordinatensystems im Bezugsraume,also eine Invariante bezglich der Transformation (3).

    Die vorrelativistische Physik postuliert, da die ihreGesetze ausdrckenden Gleichungssysteme mit Bezug

  • 20 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    (14)

    auf die Transformation (3) kovariant seiell, ebenso \viedie Relation der EUKLIDischen Geometrie. Es wird da-durch die Isotropie und Homogenitt des Raumes zumAusdruck gebrachtl). Wir wollen nun die wichtigstenphysikalischen Gleichllngen von diesem Gesiclltspurikteaus betrachten.

    Bewegungsgleichungen des Massenpunktes

    d2xrn--~ = Xdt2 t'

    (dx.,) ist ein Vektor, dt, also auch ~ eine Invariante,

    I (dXv) V k b t d (d2Xv) a so (jj eIn e tor; e enso zeIgt man, a dt

    2eIn

    Vektor ist. Allgemein ndert der Differentiationsprozenach der Zeit den Tensorcharakter nicht. Da m. eineInvariante it (Tensor nullten Ranges), so ist auch

    (m d;;:) ein Vektor oder Tensor ersten Ranges (nachdem Satz von der ueren Multiplikation der Tensoren).Hat also die Kraft (Xv) Vektorcharakter, so gilt dies

    auch fr die Differenz (m d;~ ~ X.). Die Bewegungs-gleichung gilt also auch fr jedes andere kartesische

    1) Allerdings knnte man z. B. auch in dem Falle, da es imRaume eine physikalisch bevorzugte Richtung gbe, die physi-kalischen Ge'setze durch Gleichungen zum Ausdruck bringen,welche bezglich der Transformationen (3) kovariant sind; einesolche Darstellung wre aber in diesem Falle eine unzweck-mige. Gbe es nmlich eine bevorzugte Richtung, so wre esim Interesse der Einfachheit der Naturbeschreibung zweck-mig, das Koordinatensystem zu dieser Richtung in bestimm-ter Weise zu orientieren. Ist aber umgekehrt keine Richtungdes Raumes vor anderen physikalisch bevorzugt, so ist es un-logisch, die Naturgesetze so zu formulieren, da die Gleich-,vertigkeit verschieden orientierter Koordinatensysteme ver-borgen bleibt. Wir \verden diesen Gesichtspunkt bei der spe-ziellen und allgemeinen Relativittstheorie wieder antreffen.

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 21

    Koordinatensystem des Bezugsrau~es. Fr den Fall,da die Krfte konservativ sind, ist der Vektorcharaktervon (XII) leicht erkennbar. Denn dann existiert einepotentielle Energie f/J, welche nur von den Punkt-abstnden abhngt, also eine Invariante ist; dann ist

    der Vektorcharakter der Kraft X" = - 0-;;$ eine FolgeUXv

    unserer allgemeinen Stze (Erweiterung eines Tensorsvom Range 0).

    Durch Multiplikation mit dem Tensor ersten Rangesder Geschwindigkeit erhlt man ferner die Tensor-gleichung

    (d2xv _ X ) dxp,' == 0

    m dt2 v dt

    Durch Verjngen und Multiplikation mit dem Skalar dterhlt man die Gleichung der kinetischen Energie

    (m q2)

    d -2- == Xvdxv

    Bezeichnet man mit ~., die Differenz der Koordinatendes materiellen Punktes und derjenigen eines raumfestenPunktes, so haben die ~, Vektorcharakter. Offenbar

    d2xv d2~" d d BI h1st dt2 = dt2 ,so a man le ewegungsg eIC. ungen

    des Punktes auch schreiben kann

    d2~f1

    m dt2 - X., = o.

    Multipliziert man diese Gleichung mit ~Il' so erhlt maneine Tensorgleichung

    (m d;~" - x,,)~,. = o.Durch Verjngen des linksstehenden Tensors und

    Bilden des zeitlichen Mittels gelangt man zum Virial-satz, worauf wir nicht nher eingehen. Durcll Ver-

  • 22 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    tauschung der Indizes und nachfolgende Subtraktionerhlt man nach einfacher Umformung den Momenten-satz

    (15)

    Bei dieser Darstellung wird es offenbar, da die Mo-mente von Vektoren nicht wieder Vektoren, sondernTensoren sind. Wegen des antisymmetrischen Charak-ters gibt es aber nun nicht neun, sondern nur drei selb-stndige Gleichungen dieses Systems. Die Mglichkeit,antisymmetrische Tensoren z\veiten Ranges im Raumevon drei Dimensionen durch Vektoren zu ersetzen, be-ruht auf der Bildung des Vektors

    1AI' = 2 Aal: ~al:1'

    Durch Multiplikation des aIltisymmetrischen Tensorszweiten Ranges mit dem oben genannten speziellenantisymmetrischen Tensor ~ und doppelte Verjngungentsteht ein Vektor, dessen Komponenten denen desTensors numerisch gleich sind. Es sind dies die soge-nannten axialen Vektoren, deren Komponenten sichbeim bergang von einem Rechtssystem zu einemLinkssystem anders transformieren als die Llxvo DieAuffassung der antisymmetrischen Tensoren z,veitenRanges als Vektoren im Raume von drei Dimensionenhat den Vorteil einer gewissen Anschaulichkeit; abersie wird der eigentlichen Natur der betreffenden Grennicht so unmittelbar gerecht wie die Tensorauffassung.

    Wir betrachten zweitens die Bewegungsgleichungenkontinuierlich verbreiteter Massen. e sei die Dichte,u" die Geschwindigkeitskomponenten als Funktion derKoordinaten und der Zeit, ferner X" die Volumkraftbezogen auf die Masseneinheit, Pva die Flchenkraftauf eine Flche senkrecht zur a-Achse in der Richtungder wacheenden x,. Dann sind die Bewegungsglei-

  • Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik 23

    chungen nach NEWTONS Gesetz

    du." 0PJla Xe-d =--~-+e ."t uXab du" d B hl T 1 h dwo el dt Ie esc eunlgung eInes el c ens 1st, as

    zur Zeit t die Koordinaten x" besitzt. Drckt man dieseBeschleunigullg durch partielle Differentialquotientenaus, so erhlt man nach Division mit e

    OU" + ou" Ua = _ -.!... oPva + X" . (16)ot oXa e oXaEs ist zu zeigen, da diese Gleichung eine Bedeutung

    hat, die unabhngig ist von der speziellen Wahl deskartesischen Koordinatensystems. (UJI) ist ein Vektor,

    1 h OUJI OUJI. T Ra so auc at. OXa

    1st eIn ensor zweIten anges,

    ~u, UT ein Tensor dritten Ranges; durch VerjngunguXanach den' Indizes (1, T entsteht das zweite Glied derlinken Seite. Das zweite Glied der rechten Seite hatunmittelbar Vektorcharakter. Damit auch das ersteGlied der rechten Seite Vektorcharakter habe, mu P.'a

    ein Tensor sein; dann entsteht O;va durch ErweiterunguXa

    und Verjngung, hat also Vektorcharakter, auch nach

    Multiplikation mit dem reziproken Skalar ~. Dae

    pJI(J Tensorcharakter besitzt, sich also gem den Glei-chungen

    P~lI = b",(J!. b"/l Pt1'IJtransformiert, wird in der Mechanik durch Integrationjener Gleichungen ber ein unendlich kleines Tetraederbewiesen. Dort wird auch durch Anwendung des Mo-mentensatzes auf ein unendlich kleines Parallelepipedbewiesen, da P"a = Pa" ist, da also der Tensor derFlchenkrfte ein symmetrischer Tensor ist. Aus dem

  • 24 Raum und Zeit in der vorrelativistischen Physik

    Gesagten geht hervor, da man mit Hilfe der obigenRegeln der Gleichung mit einem Blicke ansehen kann,da sie mit Bezug auf rumliche Orthogonaltransfor-mationen (Drehungstransformationen) kovariant ist,bzw. nach welchen Regeln sich die auftretenden Grentransformieren mssen, damit dies der Fall sei.

    Die Kovarianz der Kontinuittsgleichung

    oe + o(e u,,) = 0 (17)ot ox"

    bedarf nach dem Vorhergehenden keiner besonderenErluterung.

    Auch diejenigen Gleichungen, welche die Druck-komponenten in Abhngigkeit vom Zustande der Ma-terie ausdrcken, wollen wir auf ihre Kovarianz prfenbzw. sie mit Hilfe der Kovarianzforderung aufstellenfr den Fall einer kompressiblen viskosen Flssigkeit.Bei Vernachlssigung der inneren Reibung wird einDruck p skalaren Charakters vorhanden sein, der nurvon Dichte und Temperatur der Flssigkeit abhngigsein wird. Der Beitrag zum Drucktensor ist dann offen-bar gleich

    P~p" ,

    wobei ~P" der spezielle symmetrische Tensor ist. DieserTerm wird auch im Falle der viskosen Flssigkeit vor-handen sein. In diesem Falle werden aber noch Termevon Flchenkrften vorhanden sein, die von den rum-lichen Ableitungen der u" abhngen. Von dieser Ab-hngigkeit nehmen wir an, da sie linear sei. Da derCharakter eines symmetrischen Tensors verlangt wird,kommt nur die Bildung

    lX (OUIA + OU,,) +~IA. OU/I 11;.Hieraus folgt, da die Lagerungsgesetze starrer Kr-

    per in bezug auf K' nicht bereinstimmen mit den Lage-rungsgesetzen der "Krper gem der euklidischen Geo-metrie. Ordnen wir ferner auf der Peripherie und imZentrum des Kreises je eine von zwei gleich beschaffenenUhren an (mit K' rotierend), so geht - von K aus be-urteilt - die Uhr an der Peripherie langsamer als dieUhr im Zentrum. Dasselbe mu auch - von K' ausbeurteilt - stattfinden, wenn wir die Zeit auf K' nichtganz unnatrlicher Weise definieren wollen (nmlichso, da die in bezug auf X' geltenden Gesetze explizitevon der Zeit abhngen). Es lt sich also Raum undZeit nicht in der Weise in bezug auf K' definieren, wiewir es in der speziellen Relativittstheorie in bezug aufdie Inertialsysteme getan haben. Nach dem quivalenz-prinzip ist aber X' auch als "ruhend"es" System aufzu-fassen, in bezug auf welches ein Gravitationsfeldherrscht (Zentrifugalfeld, Feld der CORIoLIs-Krfte). Wirkommen also zu dem Resultat: das Gravitationsfeld

    1) Diese Betrachtungen setzen allerdings voraus, da dasVerhalten von Stbchen und Uhren nur von der Geschwindig-keit, nicht aber von der Beschleunigung abhnge, oder wenig-stens, da der Einflu der Beschleunigung den der Geschwin-digkeit nicht aufhebe.

  • Allgemeine Relat.ivittstheorie 63

    beeinflut bzw. bestimmt die metrischen Gesetze desraumzeitlichen Kontinuums. Wenn die Geometrie dieLagerungsgesetze der (idealen) festen Krper ausdrckensoll, so ist sie im Falle der Anwesenheit von Gravitations-feldern nicht euklidisch.

    Der hier vorliegende Fall ist analog demjenigen, wel-cher bei der (zweidimensionalen) Beschreibung vonFlchen eintritt. Es ist auch hier unmglich, auf derFlche (z. B. einer Ellipsoidflche) Koordinaten einzu-fhren, denen eine einfache metrische Bedeutung zu-kommt, whrend auf der Ebene die kartesischen Koordi-naten Xl' x2 unmittelbar mit einem Einheitsmastabgemessene Lngen bedeuten. GAUSS hat in der Flchen-theorie die Schwierigkeit dadurch berwunden, da erbeliebige, an sich nur die Stetigkeitszusammenhngeausdrckende krummlinige Koordinaten auf der Flcheeinfhrte und diese dalln erst zu den metrischen Eigen-schaften der Flche in Beziehung setzte. Analog fhrenwir in der allgemeinen Relativittstheorie beliebigeKoordinaten Xl' X 2, Xa, x4 ein, welche die Raumzeitpunktederart eindeutig numerieren, da raumzeitlich benach-barten Ereignissen benachbarte Werte der Koordinatenzugeordnet werden; sonst soll diese Koordinatenwahlbeliebig sein. Wir werden dem Relativittsprinzip in"\\Teitestem Sinne dadurch gerecht, da wir den Gesetzeneine solche Form geben, da sie bezglich jedes der-artigen (vierdimensionalen) Koordinatensystems gelten,d. h. da die sie ausdrckenden Gleichungen bezglichbeliebiger Transformationen kovariant sind.

    Der wichtigste Vergleichspunkt der GAussschenFlchentheorie und der allgemeinen Relativittstheorieliegt in der Metrik, auf welche die Begriffe beider Theo-rien in der Hauptsache sich sttzen. Im Falle derFlchentheorie ist GAUSS' Gedankengang der folgende.Die ebene Geometrie lt sich auf den Begriff des(physikalisch bedeutsamen, weil mit starren Mastbenunmittelbar mebaren) Abstandes ds zweier unwesent-lich naher Punkte grnden. Bei passender (kartesischer)

  • 64 Allgemeine Relativittst.heorie

    Koordinaten"\\'alll ist dieser Abstand dureIl die }"ormelds2 = dx~ + dx~ gegeben. Auf diese Gre lassen sicl1die Begriffe der Geraden als der krzesten Linie(~ Jds = 0), der Strecke, des Kreises, des Winkelsgrnden, aus denen sich die EUKLIDische Geometrie derEbene aufbaut. Die Geometrie auf einer anderen, stetiggekrmmten Flche lt sich analog entwickeln, \vennman beachtet, da ein infinitesimal kleiner Teil derFlche bis auf relativ unendlich Kleines als eben betrach-tet werden kann. Auf einem solchen kleinen Flchen-stck gibt es kartesische Koordinaten Xl' X 2 , und dermit einem Mastab gemessene i\bstand z,veier Punkteauf ihm ist durch

    ds2 == dX~ + dX:gegeben. Fhrt man auf der Flclle beliebige krumm-linige Koordinaten Xl' x2 ein, so sind die dX1 , dX2linear durch die dx1 , dX2 ausdrckbar. Es gilt deshalbberall auf der Flche

    ds2 = gll dx~ + 2 gl2 dx] dX2 + g22 dx: ,\vobei die gll' g12' g22 durch die Natur der Flche und

  • Allgemeine Relativittstheorie 65

    len R"elativittstheorie als gltig anzusehen haben. Eswird also die unmittelbar mit Einheitsmastben und-uhren mebare Gre

    dX~ + dX: + dX: - dX:oder auch das Negative dieser Gre

    ds2 = - dX~ - dX: - dX: + dX: (54)eine fr zwei benachbarte Ereignisse (Punkte des vier-dimensionalen Kontinuums) eindeutig bestimmte In-variante sein, wenn nur berall mit Einheitsmastben(bzw". Uhren) operiert wird, die sich als einander gleichherausstellen, wenn man sie zusammenbringt und anein-ander anlegt (bzw. ihren Ablauf vergleicht). Hier istdie physikalische Voraussetzung wesentlich, da dierelative Lnge zweier lVlastbe bzw. die relative Gang-geschwindigkeit zweier Uhren im Prinzip unabhngigist von ihrer Vorgeschichte. Diese Voraussetzung istaber in der Erfahrung sehr sicher begrndet; wre sienicht zutreffend, so knnte es keine scharfen Spektral-linien geben, da die einzelnen Atome desselben Elemen-tes sicherlich nicht die gleiche Vorgeschichte haben,und da es bei Annahme relativer Variabilitt der Einzel-gebilde je nach der Vorgeschichte auch ungereimtwre anzunehmen, da die Masse bzw. Eigenfrequenzender einzelnen Atome desselben Elementes jemals einan-der gleich gewesen wren.

    In endlicher Ausdehnung sind die zeitrumlichen Ge-biete im allgemeinen nicht GALILEISch, so da sich dasGravitationsfeld durch keine Koordinatenwahl frendliche Gebiete fortschaffen lt. Es gibt also auchkeine Koordinatenwahl, fr welche in endlichen Gebie-ten die metrischen Verhltnisse der speziellen Relativi-ttstheorie obwalten. Immer aber besteht zu zwei be-nachbarten Punkten des Kontinuums (Ereignissen) dieobige Invariante ds. Diese lt sich aber in beliebigenKoordinaten ausdrcken. Bercksichtigt man, da sichdie lokalen dX" linear durch die Koordinatendifferen-

  • 66 Allgemeine Relativittstheorie

    (56)

    ds2 == gp" dxp dx" . (55)Die Funktionen gp" beschreiben in bezug auf das

    ge\vhlte willkrliche Koordinatensystem sowohl dienletriscllcn Verhltnisse im raumzeitlichen Kontinuumals auch das Gravitationsfeld. Wie in der speziellenRelativittsthcorie 11at man zeitartige und raumartigeLinienelemente im vierdimensionalen Kontinuum zuunterscheiden, bei der von uns bevorzugten Zeichen-\\t~ahlilabenzeitartige Linienelenlente reelles, raumartigeimaginres ds. Zeitartige ds knllen unmittelbar durcheine passend gewhlte Einheitsuhr gemessen "\verden.

    Nach derr. Gesagten ist es klar, da die Formulierungder allgenl{ inen Relativittstlleorie eine Verallgemei-11crung der Invarianten- Ulld Tensorentheorie zur Vor-allssetzung llat; man fragt nach dem Bau derjenigenGleichungell, \\relclle bezglich beliebiger Punkttransfor-matiollen H.ovariant sind. Der so verallgemeinerte Ten-sorkalkl ,vurde von den Mathematikern lange vor derRelativittstheorie cntwickelt. Zuerst dehnte RIEMANNden GAussschen Gedallkengang auf Kontinua beliebigerDimensiollszahl aus; er hat die pllysikalische Bedeutungdieser VerallgelneiIlcrung der Geometrie EUKLIDS mitprophctiscllern Blic}( vorausgese)lcll. Dann folgte derAusbau (ler 1'llcoric in Forln des Tensorkalkls insbeson-(lere durcll RICCI und LEVI-CIVITA. Eine kurze Dar-legung der \yiclltigstell llierller gellrigen mathemati-schen Begriffe und Operationen mge hier Platz finden.

    Wieder bczeichnen wir vier (als Funktionen der x,in bezug altf jedes Koordinatensystem definierte) Grenals KompolleIlten Av eines (kontravarianten) Vel{tors,,,~enn sie sich bei I{oordinatennderung transformieren,,,ie die J{oordinatendifferentiale dx". Es gilt also

    ox'Alt' == _J1. A".

    ox"Auer diesen kontravarianten Vektoren gibt es aber

    tiale dx" ausdrcken lassen mssen, so erhlt man ds 2 inder Form

  • Allgemeine Relativittstheorie 67

    auch kovariante. Sind B" die Komponenten eineskovarianten Vektors, so soll die Transformationsregelgelten I ox"

    Bp = ~B". (57)uXp

    Die Definition des kovarianten Vektors ist so gewhlt,da er zusammen mit einem kontravarianten einenSkalar bilden kann nach dem Schema

    cp = B" A" (ber 'V summiert) .Es ist nmlich

    B' AI" = ox", ox; B A = B A'"If, ~ I ~ ~ ~.

    uX,." uXp

    Speziell sind die Ableitungen ~gJ eines Skalars gJ Kom.uXa

    ponenten eines kovarianten Vektors, der mit den Koor

    dinatendifferentialen den Skalar ~gJ dx", bildet; manuX~

    erkennt an diesem Beispiel die Natrlichkeit der Defi-nition des kovarianten Vektors.

    Auch hier gibt es Tensoren von beliebigem Range, diebezglich jedes Index kovariallten oder kontravariantenCharakters sein knnen, welcher Charakter wie bei Vek-toren durch die Stellung des Index bezeichnet \vird.So bezeichnet beispielsweise A~ einen Tensor zweitenRanges, der bezglicll des Index p kovarianten, bezg-lich des Index 'V kontravarianten Charakters ist. DerTensorcharakter bedeutet das Bestehen der Transfol'-mationsgleichung ox ox'

    A~' = _cx _" A~. (58)dXpl oXJJ

    Tensorbildung durch Addition und Subtraktion vonTensoren gleichen Ranges und gleichen Charakters wiebei der Invariantentheorie der orthogonalen linearenSubstitutionen, z. B.

    A; + B; = O~ . (59)Beweis des Tensorcharakters von 0; auf Grund von (58).

  • 68 Allgemeine Relativitt~theorie

    Tensorbildung durch Multiplikation unter Wahrungder Charaktere der Indizes ebenfalls wie bei der Inva-riantentheorie der linearen orthogonalen Transforma-tionen. Beispiel:

    (60)

    Der Beweis fliet direkt aus dem Transformationsgesetz.Tensorbildung durch Verjngung bezglich z"\\Teier

    Indizes von verschiedenem Charakter. Beispiel:

    (61)

    Der Tensorcharakter von A;aT bedingt den Tensor-charakter von BaT. Beweis:

    Auch hier hat die Symmetrie- und Antisymmetrie-Eigenschaft eines Tensors bezglich zweier Indizes vomgleichen Charakter invariante Bedeutung.

    Damit ist alles Wesentliche ber die algebraischenEigenschaften der Tensoren gesagt.

    Der Fundamentaltensor. Aus der Invarianz vonds2 bei beliebiger Wahl der dx. im Zusammenhang mitder mit (55) vertrglichen Symmetriebedingung folgt,da die gpv Komponenten eines symmetrischen kova-rianten Tensors sind (Fudamentaltensor). Man denkesich nun die Determinante g der gpv gebildet, auerdemdie durch g dividierten, zu den einzelnen gp" gehrigenUnterdeterminanten gPV gebildet, deren Kovarianz-charakter zunchst noch unbekannt ist. Dann ist

    gpt1. gpfJ = ~~ (= 1 bzw. = 0, je nachdem lX = oder lX =1= ) (62)

    Bildet man die unendlich kleinen Gren (kovarianteVektoren)

    (63)

  • Allgemeine Relativittstheorie 69

    multipliziert mit gpfJ und addiert ber p, so erhlt manmit Rcksicht auf (62)

    dxp = gtt d~p . (64)Da die Verhltnisse der d~p frei \vhlbar und die dxpso,vie die d~JJ Vektorkomponenten sind, so folgt daraus,da die gfJp Komponenten eines kontravarianten Tensorssind!) (kontravarianter Fundamentaltensor). Hierausfolgt vermge (62) auch der Tensorcharakter von ~~ (ge-mischter Fundamentaltensor). Vermittelst des Funda-mentaltensors kann man statt Tensoren mit kovariantemIndexcharakter solche mit kontravariantem Indexcha-rakter einfhren und llmgekehrt. Beispiele:'

    All = gtt~ A(JA p = gp A~T a av TJl, = g p,v

    Volulinvariante. Das Volumenelement

    Jdx! dX2 dXa dX4 = dxist }{eine Invariante. Denn es ist nacll dem JACOBIschcnSatze

    dx' = 1dx~ I dx dxv(65)

    Man kann aber dx zu einer Invariante ergnzen. Bildetman nmlich die Determinante der Gren

    , ox~ oxpgpv =~~g~p,

    uxp UXv

    so erhlt man nach zweimaliger Anwendung des Multi-

    ax'1) Multipliziert man (64) mit _CI , summiert ber und

    aXfJersetzt die d~p durch Transformation auf das gestrichene 8y-

    , ax~ ax: fJ 'stern, so erhlt man dxCl = - - gP d~a. Hieraus folgtax", aXfJdie Behauptung, da nach (64) gleichzeitig dx: = ga~' d~~ geltenmu, und zwar heide Gleichungen fr jede Wahl der d~~.

  • 70 Allgemeine Relativittstheorie

    plikationssatzes der Determinanten

    g' = Ig;.1 = I~:~rIgp.1 = I~::r2g Hieraus folgt die Invariante

    Vg' dx' = vidx (66)Bildung von Tensoren durch Differenzieren.

    Erwiesen sich die algebraischen Operationen zur Tensor-bildung hnlich einfach als bei dem Spezialfall der In-varianz gegenber linearen orthogonalen Transforma-tionen, so sind im allgemeinen Falle die invariantenDifferentialoperationen leider betrchtlich komplizierter.Es liegt dies an folgendem. Ist A~ ein kontravarianterVektor, so sind dessen Transformationskoeffizientenax'~ ~ nur dann vom Orte unabhngig, wenn die Trans-uxpformation eille lineare ist. Dann transformieren sich die

    Vektorkomponenten Ap + o:p dx(% in einem benach-uX",

    barten Punl{te ,vie die A~ selbst, woraus dann derVektorcharakter des Vektordifferentials und der Tell-

    h k aAlt fIS d b d ax~ .sore ara. ter von -a-.- 0 gt. In a er Ie ~- varia-x'" uxp

    bel, so gilt dies nicht mehr.Da es jedoch auch im allgemeinen Falle invariante

    Differentialoperationen an Tensoren gibt, erkennt manam befriedigendsten auf folgendem zuerst von LEVI-CIVITl und WEYL eingeschlagenen Wege. Es sei (All)kontravarianter Vel{tor, dessen Komponellten in bezugauf das Koordinatensystem der x., gegeben seien. PI undP2 seien zwei infinitesimal benachbarte PUllkte des KOII-tinuums. Fr die infinitesimale Umgebung des PllnktesPI gibt es nach unseren Betrachtungen Koordinaten-systeme der X"' fr ,velche sich das Kontinuum eukli ..disch verhlt (bei imaginrer X4-Koordinate). SeienAti) die Komponenten des Vektors im Punkte PI.

  • Allg~meine Relativittstheorie 71

    Denke ich mir im Punkte P2 unter BenutzuIlg desLokalsystems der Xv einen Vektor mit denselben Koor-dinaten abgetragen (Parallelvektor durch P2), so istdieser Parallelvektor eindeutig bestimmt durch denVektor im Punkte PI und die Verschiebung. Wirnennen diese Operation, deren Eilldeutigkeit aus demFolgenden hervorgehen wird, die Parallelverschiebungdes Vektors A# von PI nach dem infinitesimal benach-barten P2. Bilden wir die vektorielle Differenz desVektors (All) iIn Punkte P2 und des dllrch Parallelver-sclliebung aus PI in P2 erhaltenen Vektors,. so erhaltenwir einen Vektor, der als Differential des Vektors (AlL)fr die gegebene Verschiebung (dx.,) aufgefat werdenkann.

    Diese Vektorverschiebung lt sich natrlich auchvom Koordinatensystem der Xv aus betrachten. Sind Avdie Koordinaten des Vektors in PI' Av + l5 Av dieKoordinaten des ber die Strecke (dx,,) nach P2 parallelverschobenen Vektors, so verschwinden in diesem Falledie l5Av nicht. Von diesen Gren (die nicht Vektor-charakter haben) wissen wir, da sie linear und 110mo-gen von den dxv und von den Av abhngen mssen."Vir setzen demgem an

    (67)

    Da die Gren gp." alle metrischen Eigenscllaften eIesKontinuums bestimmen, mssen sie auch die Grenr:p bestimmen. Betrachtet man die Invariante desVektors A", nmlich das Quadrat seines Betrages

    g,.u, All A" ,

    welcher eille Invariante ist, so darf siell diese bei Parallel-verschiebung des Vektors nicht ndern. Man hat also:

    o = l5(gpv AP A")

    - agil" All AI' dx +g All t5AI' + g AI' t5AIl- ox" (X P" p'"

  • 72 Allgemeine Relativittstheorie

    (68)

    oder nacll (67)

    (agil" T'P r fJ ) AP At' d - 0ax

    iX

    - gp[J .I. "IX - g"fJ pIX XIX -

    Bei der Symmetrie des Klanlmerausdruckes bezg-licll der Indizes p, und v kann diese Gleichung bei belie-biger Wahl der Vektoren (AP) Ulld (dxt') nur dann gelten,,venn die Klammer fr alle Indexkombinationen ver..scllwindet. Durch zyklische Vertauschung der Indizesp, v, (X erhlt man so im ganzen drei Gleichungen, ausdellen man mit Rcksicht auf die Symmetrieeigenschaftder .r;v erhlt:

    \\Tobei llach CHRISTOFFEL die Abkrzung eingefhrt ist

    (I';] =;- (Ogp~ + ogp~ _ Ogpp) . (69)2 ox., oXIl oX",

    Multipliziert man (68) mit g"'U und addiert ber (x,so erhlt man

    ['U = _~ gUO( (?JJl~ + ~qVfX _ ag,l!.) = {ttl'} (70). "V 2 ~ ~ 0 (j ,uX., uXp XIX

    wobei {t~} die CHRIS1.'OFFELschen Symbole zweiter Artsind. Damit sind die Gren r aus den gpv abgeleitet.Die r;" sind symmetrisch in bezug auf die unteren beidenIndizes. Dies folgt aus der Symmetrie des Fundamen-taltensors gu.[J. Die Gleichungen (67) und (70) bilden dasFundament fr die folgenden berlegungen.

    Erwei terung der Tensoren1). Ist (AP + ~ All)der von Pt nach P2 infinitesimal parallel verschobeneVektor, (All + dA1l) der Vektor (All) im PUllkte P2-' so istdie Differellz dieser beiden

    dAJl - ~AJl = (oAP + r::~ A~) dXaoXa1) In der neueren Literatur allgemein als "kovariante Dif-

    ferentiation" bezeichnet.

  • Allgemeine Relativit"tstheorie 73

    (72)

    ebenfalls ein Vektor. Da dies bei beliebiger Wahl derdxo der Fall ist, so ist

    AP.a = oAP + r:", A'" (71), oXaein Tensor, den ,vir als die Er\veiterung des Tensorsersten Ranges (Vektors) bezeichnen. Durch Verjngendieses Tensors erhlt man die Divergenz des kontra-varianten Tensors All. Dabei hat man zu bercksichti-gen, da gem (70)

    F f1 1 OlJ' oga" 1 0 vipa = 2"g ox

    p= vi OX

    p

    Setzt man ferner(73)

    "teIche Gre wir mit WEYL als kontravariante Ten8or-dichtel) ersten Ranges bezeichnen, so folgt, da

    omp2{ = - (74)oxp

    eine skalare Dichte ist.Wir erhalten das Gesetz der Parallelversclliebung fr

    den kovarianten Vektor Bp , indem wir festsetzen, diesesoll so vorgenommen werden, da bei dem Akt derParallelverschiebung der Skalar

    ffJ = AI' BI'

    ungendert bleibt, da also

    AI' ~Bp + BI' c5AIlbei jeder \Vahl von (All) versch'\\'indct. lVlan erhlt so

    ~Bp = r;a B(}!. dXa (75)1) Dieser Ausdruck rechtfertigt sich dadurch, da All Yu dx

    = mll dx Tensorcharakter hat. Jeder Tensor verwandelt sichdurch ~It11tiplizieren mit yu in eine Tensordichte. \Vir ver,venden fr Tensordichten groe gotische Buchstaben.

  • 74 Allgemeine Relativittstheorie

    Hieraus ergibt sicl1 fr die Erweiterung des kovarian-ten Vektors auf demselben Wege, der zu (71) gefhrthat,

    (76)

    (77)

    Durch Vertauschllllg der Indizes ft und (J und Subtrak-tion erhlt man den antisymmetrischen Tensor

    (jBp (jBalfi,.a = oX

    a- ox,.

    Die Er\,reiterung von Tensoren Z\Veitell Ulld hllerenRanges findet man nach dem Verfahren, nacll welchem(75) abgeleitet ist. Sei z. B. (A aT) ein kovarianter Tensorzweiten Ranges. Dann ist Aal" E a Fl" ein Skalar, wenn Eund F Vektoren sind. Dieser Ausdruck darf durch die~-Verschiebung nicht gendert werden; formuliert malldies, so erhlt man mit Benutzung von (67) ~AaT unddaraus die gesuchte Er"\\reiterung

    Damit das allgemeine Bildungsgesetz der Erweiterungder Tensoren klar heraustrete, seien noch zwei analogableitbare Erweiterungen hingeschriebeIl :

    A T (jA~ F(X AT F T A(Xa;(} == OX - (1e (X + (X(} a (79)(!

    Aa~!1 = o~aT + r:!1 A"T+ r:!1 Aa". (80)(!

    Das allgemeine Bildullgsgesetz sprillgt in die Augell.'Vir leiten aus diesen Formeln einige andere ab, welchefr die physikalisclle An,vendung der Theorie vonInteresse sind. .

    Fr den Fall, da Aal" antisymmetriscll ist, folgtdurch zyklisclle Vertauschung und Addition der i11 allen

  • Allgemeine Relativittstheorie 75

    (84)

    (83)

    (81)

    (82)

    Indexpaaren antisymmetrische Tensor

    A _ oAoT + OAT~ + oA~aOT~ -

    ox~ OX(1 oXl'Setzt man in (78) fr Aal' den Ftlndamentaltensor gOT

    ein, so verschwindet die rechte Seite identisch; analogesgilt fr (80) bezglich gOT; d. h. die Erweiterungen desFundamentaltensors verschwinden. Da dies so seinmu, erkennt man im lokalen Koordinatensystem un-mittelbar.

    Fr den Fall, da Aal' antisymmetrisch' ist, erhltman aus (80) durch Verjngung nach T und e

    a o210T21 =-.OXT

    Im allgemeinen Fall folgen aus (79) und (80) durchVerjngung nach T und e die Gleichungen

    (\'{ 021: _ T1~ {\y~t = -- .I. o(j :a~

    a OX~

    ma= oma + r:p' mP .oXa

    Der RIEMANNsche Tensor. Ist eille vom PunkteP des Kontinuums nach den1 Punkte G reichende Kurvegegeben, so kann man einen in P gegebenen Vektor APlngs der gegebenen Kurve parallel bis G verschieben.Ist das Kontinuum ein euklidisches (allgemeiner: sindbei passender Koordinatenwahl die gpv konstant), sohngt der als Resultat dieser Verschiebung in G erhal-tene Vektor nicht ab von der Wahl der P und G verbin-denden Kurve. Sonst aber hngt das Ergebnis vomVerschiebungs,vege ab. In diesem Falle erleidet einVektor also dadurch eine Vernderung L1AP (seinerRichtung, nicht seiner Gre), da er von einem PunkteP einer geschlossenen Kurve aus lngs der Kurve nach Pzurckgefhrt wird. Diese Vel{tornderung

    LJAP = c ~AP

  • 76 Allgemeine Relativittstheorie

    6

    wollen wir berechnen. hnlich wie bei dem Satz VOllSTOKES ber das Linienintegral eines Vektors ber einegeschlossene Kurve lt sich das Problem reduzierenauf das der Integration ber eine geschlossene Kurvemit unendlich kleinen Lineardimellsionen; auf diesenFall beschrnken wir uns.

    Man hat zunchst nach (67)

    L1AP = - Pr:fJ A tX dxp Dabei ist r:p der Wert dieser Gre in dem variabeln

    Punkte G der ~ntegrationsbahn. Setzt man ~P = (xp)G- {xp)p und bezeichnet man den Wert von r:fJ in P mit

    r:{J, so hat man gengend genau

    TYP _ pp + '0r:{J 1:".1 tX{J - .1 tX{J ~ ~.

    ux"

    Ferner bedeutet AtX den Wert, welcheraus A4 durch Parallelverschiebung lngs

    }t'ig. 4- der Kurve von P bis G wird. Es istnun aus (67) leicht zu beweisen, da

    A p - AI' "Ton der ersten Ordnung unendlich klein ist,whrend der Wert von L1AP fr eine Kurve von unend-lich kleinen Abmessungen erster Ordnung unendlichklein von zweiter Ordnung ist. Deshalb begeht maneinen Fehler nur von zweiter Ordnung, wenn man setzt

    Setzt man diese Werte fr r:p und A tX in das Integralein, so erhlt man bei Beschrnkung auf unendlichKleines zweiter Ordnung

    LlAIJ = - (O~:fJ - r:fJ r:) A a 1> E'" dEfJ. (85)Die aus dem Integral herausgezogenen Gren beziehensich auf den Punkt P. Zieht man vom Integranden

  • Allgemeine Relativittstheorie

    12" dW' ~) ab, so erhlt man

    ~ ~(~.. d~ - ~ d~")

    77

    Dieser alltisymmetrische Tensor zweiten Ranges !"'Pcllarakterisiert das durch die Linie gelegte Flchen-element nach Gre und Lage. Wre die Klammer-gre in (85) antisymmetrisch in den Indizes lX und ,so knnte man aus (85) deren Tensorcharakter schlieen.Man kann dies llerbeifhren, indem lIlan die Summa-tionsindizes lX und in (85) vertauscht und die so ent-standene Gleichung zu (85) addiert. Man erhlt

    2 LtAIl = - R~exfJ A a f~P , (86)wobei

    B Il - arC(I arcp r Jl P(} pp P(} (8"',)aCf. - - -~-- + -~-- + (}cx.l ofJ - .I. (} .I. Gex uXp uX",

    Aus (86) folgt nun der Tensorcharakter von R~Cf.;es ist der RIEMANNsche Krmmungstensor vom viertenRange, auf dessen Symmetrieeigenschaften wir nichteinzugehen brauchen. Sein Verschwinden ist die 11in-reichende Bedingung dafr, da das Kontinuum (abge-sehen von den Realittseigenschaften der zu ,vlllendenKoordinaten) ein euklidisches ist.

    Durch Verjngung des RIEMANNschen Tensors nacllden Indizes ~ erhlt man den symmetrischen Tensorzweiten Ranges

    ar:" r'" pp ar;", F'" ppR p " = - -~- + pp.L"(I + -~- - Jl.".1. cxfJ. (88)

    uX(I uX"

    Die letzten beiden Glieder verschwinden, wenn das Koor-dinatensystem so gewhlt wird, da g = konst. AusRp " kann man den Skalar

    (89)bilden.

  • 78 Allgemeine Relativit.tstheorie (Fortsetzung)

    Geradeste (geodtische) Linie. Man kann eineLinie konstruieren, deren aufeinanderfolgende Ele-mente durch Parallelverschiebung auseinander hervor-gehen (geradeste Linie). Es ist dies die natrliche Ver-allgemeinerung der Geraden der euklidischen Geometrie.Fr eine solche Linie gilt

    ~ (dX",) = _ p", dxOf, du ds .1 Cf, fJ ds x fJ

    Die linke Seite ist durch ~x: ds zu ersetzenl ), so daman hat s

    d2xp F,P dx" dx, - 0ds2 + Ol,fJ ds ds - (90)

    Dieselbe Linie erhlt man, wenn man diejenige Liniebildet, welche das Integral

    Jds oderzwischen z,vei Punkten zu einem Extremum macht(geodtische Linie).

    Allgemeine Re,lativittstheorie (Fortsetzung)

    Wir sind nun im Besitze der mathematischen Hilfs-mittel zur Formulierung der Gesetze der allgemeinenRelativittstheorie. Es soll fr diese Darstellung nichtsystematische Geschlossenheit erstrebt werden, sonderndie einzelnen Resultate und Mglichkeiten sollen schritt-weise aus dem Bekannten und auseinander entwickeltwerden. Eine derartige Darstellung ist die dem provi-

    1) Der Richtungsvektor in dem benachbarten Kurvenpunkteentsteht durch Parallelverschiebung um das Linienelement (dxp)aus dem Richtungsvektor jedes betrachteten Punktes.

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 79

    (90)

    sorischen Stand unserer Kenntnisse am besten ange-messene.

    Die Be"\\regung eines materiellen Punktes, auf welchenkeine Krfte ,virken, ist nach dem Trgheitsprinzipeine geradlinig-gleichfrlnige. Im vierdime11sionalenKontinuum der spezielle11 Relativittstheorie (mit reellerZeitkoordinate) ist dies eine relle gerade Linie. Dienatrliche, d. h. einfachste Verallgemeinerung der gera-den Linie, welche in dem Begriffssystem der allgemeinen(RIEMANNschen) Invariantentheorie sinnvoll ist, ist diegeradeste (geodtische) Linie. Wir werden demgemim Sinne des quivalenzprinzips anzunehmen haben,da die Bewegung des materiellen Punktes unter deralleinigen Einwirkung der Trgheit und Gravitatio11durch die Gleichung

    d2x" F." dx", dXfJ - 0

    ds2 + txfJ ds ds-beschriebe11 sei. In der Tat geht diese Gleichung in dieder Geraden ber, wenn die Komponenten r:fJ desGravitationsfeldes alle verschwinden.

    Wie hngt diese Gleichung mit NEWTONS Bewegungs-gleichung zusammen 1 Nach der speziellen Relativitts-theorie haben bezglich eines Inertialsystems (bei reellerZeitkoordinate und geeigneter Wahl des Vorzeichensvon ds2 ) die gJJv sowie die gJJv die Werte

    -Iooo

    o-I

    oo

    oo

    -Io

    (91)

    d2xDie Bewegungsgleichung wird dann ds: = o. Wirwollen dies die ,,1. Nherung" fr das gtlv-Feld nennen.Bei Nherungsbetrachtungen ist es wie in der speziellenRelativittstheorie oft praktisch, sich einer imaginrenx4-Koordinate zu bedienen, da dann die gp.v in erster

  • 80 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    Nherung die Werte

    -1 0 0

    -~}0 -1 00 0 -10 0 0

    (91a)

    annehmen, welche in die Beziehung

    gpp = - ~pp

    zusammengezogen werden knnen. In zweiter Nherunghaben wir dann zu setzen

    g"'fI = - ~"fI + 1'". , (92)wobei die "pv als klein von der ersten Ordnung anzusehensind.

    Beide Glieder unserer Bewegungsgleichung sind dannklein von der ersten Ordnung. Vernachlssigt man Glie-der, die relativ zu diesen klein erster Ordnung sind, sohat man zu setzen

    ds2 = - E dx~ = dl2 (1 - q2) (93)reip = - {)pa [(X!] = - [(X:]

    _ 1 (arap 0""1' 01"") (94)- 2 oXp - exp - ex" Wir fhren nun noch eine Nherungsbetrachtung ineinem zweiten Sinne durch. Die Geschwindigkeit desMassenpunktes sei sehr klein gegen die Lichtgeschwin-digkeit. Dann wird ds mit dem Zeitdifferential dl

    . dX1 dX2 dxs dX4identisch. Ferner verschWinden di ' di ' di gegen ds Ferner wollen wir annehmen, da das Gravitationsfeldvon der Zeit so schwach abhnge, da die Ableitungender Ypv nach X4 vernachlssigt werden drfen. Dannreduziert sich die Bewegungsgleichung (fr I" = 1, 2, 3)auf

    (90a)

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 81

    Diese Gleichung ist mit NEWTONS Bewegungsgleichungeines Punktes im Schwerefeld in der Tat identisch, wenn

    man - Y; mit dem Potential der Schwerkraft identifi.

    ziert; ob wir das drfen, hngt natrlich von den Feld-gleichungen der Gravitation ab, d. h. davon, ob dieseGre in erster Nherung demselben Feldgesetz gengt,vie das Potential der Gravitation in NE'VTONS Theorie.Ein Blick auf (90) und (90a) zeigt, da die r:fJ die Rolleder Feldstrke des Gravitationsfeldes spiel~n. DieseGren haben nicht Tensorcharakter.

    Die Gleichung (90) drckt den Einflu von Trgheitund Gravitation auf den materiellen Punkt aus. DieEinheit von Trgheit und Gravitation drckt sich formaldadurch aus, da wohl die ganze linke Seite von (90)Tensorcharakter hat (in bezug auf beliebige Koordinaten-transformationen), nicht aber die beiden Glieder einzelngenommen, von denen man in Analogie zu den NEWTON-sehen Gleichungen das erste als Ausdruck der Trgheit,das zweite als Ausdruck der Gravitationskraft zu be-trachten htte.

    Das nchste Ziel, dem wir zustreben mssen, ist dasFeldgesetz der Gravitation. Dabei mu uns die POISSON-sclle Gleichung der NEwToNschen Theorie

    L1

  • 82 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    (95)

    greifendes Darstellungsmittel fr die Materie anzusehenist. In Wahrheit besteht ja die Materie aus elektrischenElementarteilchen und ist selbst als Teil, ja als derHauptteil des elektromagnetischen Feldes anzusehen.Nur der Umstand, da die wahren Gesetze des elektro-magnetischen Feldes fr sehr intensive Felder nochnicht hinreichend bekannt sind, z,vingt uns vorlufigdazu, die wahre Struktur dieses Tensors bei der Darstel-lung der Theorie unbestimmt zu lassen. Von diesemGesichtspunkt aus ist es heute das Gegebene, einenTensor T "''' zweiten Ranges einzufhren von vorlufigunbekannter Struktur, welcher die Energiedichte deselektromagnetischen Feldes und der sogenannten pon-derablen Materie einstweilen zusammenfat ; wir wollenihn im folgenden als "Energietensor der Materie" be-zeichnen.

    Gem unseren frheren Resultaten drckt sich derImpuls- und Energiesatz dadurch aus, da die Diver-genz dieses Tensors verschwindet [Gleichung (47a)].Die dieser Gleichung entsprechende allgemein kova-riante Gleichung werden wir auch"in der allgemeinenRelativittstheorie als gltig anzusehen haben. Be-zeichnet also (T",,,) den kovarianten Energietensor derMaterie, %~ die zugehrige gemischte Tensordichte, sohaben wir gem (83) zu fordern, da

    O - o%~ _ r.~ ~fJ- afJ L(XoX(X

    sei. Es ist zu bedenken, da es auer der Energiedichteder Materie auch eine Energiedichte des Gravitations-feldes geben mu, so da von einem Erhaltungssatzfr die Energie (bz,v. des Impulses) der Materie alleinnicht die Rede sein kann. Mathematisch drckt sichdies durch die Existenz des zweiten Gliedes in (95) aus,,velches be\virkt, da aus (95) 11icht die Existenz einerIntegralgleichung von der Form der Gleichung (49)gescillossen ,verden kann. Das Gravitationsfeld ber-

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 83

    tragt Energie und Impuls auf die "Materie", was durchdas zweite Glied in (95) ausgedrckt wird.

    Wenn es ein Analogon ~der POISsoNschen Gleichungin der allgemeinen Relativittstheorie gibt, so mu dieseine Tensorgleichung fr den Tensor gll" des Gravi-tationspotentials sein, auf deren rechter Seite derEnergietensor der Materie figuriert. Auf der linkenSeite der Gleichung mu ein Differentialtensor aus dengll" stehen. Diesen Differentialtensor gilt es zu finden.Er ist vllig bestimmt durch folgende drei Bedingungen:

    1. Er soll keine hheren als zweite Differential-quotienten der gp" enthalten.

    2. Er soll in diesen zweiten Differentialquotientenlinear sein.

    3. Seine Divergenz soll identisch verschwinden.

    Die ersten beiden dieser Bedingungen sind natrlichder POISsoNschen Gleichung entnommen. Da sich ma-tllematisch erweisen lt, da alle derartigen Differen-tialtensoren algebraisch (d. h. ohne Differentiation) ausdem RIEMANNschen sich bilden lassen, so mu jenerTensor von der Form sein

    Rp " + lX gp" R ,wobei Rp " und R durch (88) bzw. (89) definiert SiIld.Es lt sich ferner beweisen, da die dritte Bedingung

    verlangt, da (X den Wert - ~ erhlt. So ergibt sich

    als Feldgesetz der Gravitation die Gleichung

    1Rp" - 2 gp"R = -" Pp", (96)

    welche Gleichung die Gleichung (95) zur Folge hat.Hierbei bedeutet x eine Konstante, welche mit derGravitationskonstante der NEwToNschenTheorie zu-sammenhngt.

    Ich will im folgenden die physikalisch intereSSRlltenGesichtspunkte der Theorie aufzeigen, unter Ver'\Tcn-

  • 84 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    dung eines Minimums subtilerer mathematischer Me-thoden. Zuerst mu gezeigt werden, da die Divergenzder linken Seite wirklich verschwindet. Der Energie-satz der Materie lautet gem (83)

    o= a~%: - r:p %~ , (97)UX4

    wobeiQ-'(I - T '1'(1 1/-.,&l.,a - aTg V - g

    bedeutet. Die analoge Operation mu - auf die linkeSeite von (96) angewendet - zu einer Identitt fhren.

    In der Umgebung eines jeden Weltpunktes gibt esKoordinatensysteme, fr welche (bei imaginrer x4-Ko-ordinate) in dem betrachteten Punkte g",,, = gP" = - ~pv(= I bzw. = 0, je nachdem p =" oder p =1=") unddie ersten Ableitungen der gp" und g/lV verschwinden.Fr diesen Punkt wollen wir das Verschwinden derDivergenz der linken Seite verifizieren. In ihm ver-schwinden die Komponenten r:p, so da wir nur dasVerschwinden von

    a:jv- ggpa(Rpp - ~ gppR)]zu beweisen haben. Beim Einsetzen von (88) und (70)in diesen Ausdruck sieht man, da nur jene Gliederbrigbleiben, in welchen dritte Ableitungen der gp"auftreten. Da die gp,,, durch - ~p, zu ersetzen sind,so erhlt man nunmehr nur wenige Glieder, von denenman leicht sieht, da sie einander aufheben. Da diegebildete Gre Tensorcharakter hat, so ist ihr Ver-schwinden damit auch fr jedes andere Koordinaten-system bewiesen, natrlich auch fr jeden (vierdimen-sionalen) Punkt. Der Energiesatz der Materie (97) istalso eine mathematische Folge der Feldgleichungen (96).

    Um nun zu erfahren, ob die Gleichungen (96) mit derErfahrung vereinbar sind, mssen wir vor allem nach-sehen, ob sie in erster Nherung zur NEWToNschen

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 85

    Theorie fhren. Zu diesem Zweck haben wir dieseGleichungen nach mehreren Gesichtspunkten durchNherungen zu ersetzen. Wir wissen schon, da inGebieten von groer Ausdehnung (Planetens-ystem) mitgewisser Nherung die EUKLIDische Geometrie ltnd dasGesetz der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gelten.Dies kommt, wenn wir wie in der speziellen Relativitts-theorie die vierte Koordinate imaginr nehmen, daraufhinaus, da wir setzen

    g,."v = - ~,."v + Y,."v , (98)wobei die Y/lv gegen 1 so klein sind, da ,vir hherePotenzen der Y""J' (und ihrer Ableitullgen) vernac}l-lssigen knnen. Tun wir dies, so erfahren wir z,varnichts ber die Struktur des Gravitationsfeldes bzw.des metrischen Raumes in kosmischen Dimensionen,wohl aber ber den Einflu der nahen Massen auf diephysikalischen Erscheinungen.

    Bevor wir diese Nherung durchfhren, formen wir(96) um.. Multipliziert man (96) :mit gP,V (und summiertber p, und v), so erhlt man mit Rcksicht auf die ausder Definition der gP,V folgende Relation

    gpv gP,V = 4die Gleichung

    R = " gP,V T pli = " T .Setzt man diesen Wert von R in (96) ein, so erhlt man

    Rp,= - ,,(pp, - ~ gPll T) = - " T;lI. (96a)Die Durchfhrung der genannten Nherung ergibt frdie linke Seite

    _ ~ (CJ2yp, + CJ2y", 0< _ CJ2y",,,, _ CJ2yllO

  • 86 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    wobei gesetzt ist

    I 1 ~Ypv = YP" - 2 Y6(1 U Pf1 (99)

    Wir mssen nun beachten, da die Gleichung (96)fr beliebige Koordinatensysteme gilt. Wir haben dasKoordinatensystem bereits spezialisiert, indem ,vir das-selbe so whlten, da innerhalb des betrachteten Ge-bietes die gllv von den konstanten Werten - ~pv nurunendlich wenig abweichen. Diese Bedingung bleibtaber bei einer beliebigen infinitesimalen Koordinaten-transformation bestehen, so da wir die 'Yp" noch vier""'illkrlicllen Relationen unterwerfen drfen, die nurnicht gegen die Bedingung der Grenordnung der Y/-lVverstoen drfen. Wir verlangen nun, da das Ko-ordinatensystem so gewhlt werde, da die vier Re-lationen

    o _ oy~" _ oy,.." 1 0Ya_t1- OX" - ox" - 2 oXp

    gelten. Dann nimmt (96 a) die Form an

    a2Y/-lV 2 T*~= '" J.I.21uX~

    (100)

    (96b)

    Diese Gleichungen lassen sich in der aus der Elektro-dynamik bekannten Weise durch retardierte Potentialeauflsen; man erhlt in leicht verstndlicher Schreib-weise

    (101)

    Um nun zu sehen, in welchem Sinne die Theorie dieNEWToNsehe enthlt, mssen wir den Energietensor derMaterie genauer betrachten. Phnomenologisch be-trac.htet, setzt er sich aus dem Energietensor des elek-tromagnetischen Feldes uncl deIn der Materie im en-geren Sinne Zllsammen. Betrachtet ma.n die verschie-

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 87

    denen Bestandteile des Energietensors ihrer Gre nach,so folgt aus den Ergebnissen der speziellen Relativitts-theorie, da der Beitrag des elektromagnetischen Feldespraktisch verschwindet neben dem Einflu der ponde-rablen Energie. In unserem Masystem ist die Energieeines Grammes Materie gleich I, whrend die Energienelektriscller Felder dagegen vllig zurcktreten, ebensodie Deformationsenergie der Materie und selbst diechemische Energie. Wir erhalten deshalb eine fr un-sere Zwecke vllig ausreichende Nherung, wenn wirsetzen

    TIJ.I' = (1 dxp dxl' }ds ds

    ds2 = gp,v dxp. dx"

    (102)

    wobei (j die Ruhedichte, d. h. die mit Hilfe des Einheits-maes vom Standpunkt eines mitbewegten GALILEI-seIlen Koordinatel1systems gemessene Dichte der pon-derablen Masse im gewhnlichen Sinne bedeutet.

    Ferner beachten wir, da ,vir bei der von uns ge-troffenen Koordinatenwahl nur einen kleinen relativenFehler machen, wenn wir die g,."" durcl1 - ~IJ" ersetzen,so da zu setzen ist

    ds2 = - .E dx~ . (102a)

    Die bisherigen Entwicklungen gelten fr relativ zudem gewhlten quasi-GALILEISchen Koordinatensystembeliebig rasch bewegte felderzeugende Massen. Wirhaben es aber in der Astronomie mit Massen zu tun,deren Gesch\vindigkeiten relativ zum benutzten Ko-ordinatensystem stets sehr klein sind gegenber derLichtgeschwindigkeit, d. h. gegen 1 bei der von uns ge-troffenen Wahl des Zeitmaes. Wir gelangen daher zueiller fr fast alle praktischen Zwecke gengendel1Nherung, wenn wir in (101) die retardierten Potentialedurch die gewhnlichen (nicht retardierten) ersetzen,

  • 88 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    und wenn wir fr die felderzeugenden Massen setzen

    d~ _ dXa _ dxs _ 0 ~dXS4 = v=;I dl = Y 1. (103)ds-di-ds- ,

    Dann erhalten wir fr pp., und Pp., die Werte

    oooo

    oooo

    oooo

    (104)

    fr T den Wert (J, und endlich fr T;v die Werte(J

    2

    o

    o

    o

    o(J

    2

    o

    o

    o

    o(J

    2

    o

    o

    o

    o

    (J

    2

    (104a)

    (101 a)

    Aus (101) ergibt sich also

    " J(J dVoYll = 1'22 = 1'33 = - 4 n -r-

    _ +~J(JdVo1'44 - 4n -r-

    whrend alle brigen Ypv verschwinden. Die letztedieser Gleichungen in Verbindung mit Gleichung (90a)enthlt NEWTONS Theorie der Gravitation. Ersetzt manl durch 0 t, so hat man nmlich

    d2xp = "Os '!'-{J(JdVo}. (90b)dtS 81'& oXp r

    Man sieht, da NEWTONS Gravitationskonstante!{ mitder in unseren Feldgleichungen auftretenden Konstante ~

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    durch die Relation

    89

    " C2

    K = - (105)Sn

    zusammenhngt. Aus dem bekannten numerischen Wertfr K folgt demnach

    = 811: K = 811:' 6,67 10-8 = 1 86.10-27 (105a)~ c2 9 1020 '

    l\'!an sieht aus (101), da auch in erster Nherung dieStruktur des Gravitationsfeldes von derjenigen gemNEWTONS Theorie prinzipiell abweicht; es liegt diesdaran, da das Gravitationspotential tensoriellen undnicht skalaren Charakter hat. Da sich dies nicht lngstbemerkbar gemacht hat, kommt davon, da in die Be-wegungsgleichung des Massenpunktes in erster Nherungausschlielich die Komponente g44 eingeht.

    Um nun aus unseren Resultaten das Verhalten derMastbe und Uhren beurteilen zu knnen, hat manfolgendes zu beachten. Relativ zu einem kartesischenBezugssystem von unendlich kleinen Dimensionen undvon geeignetem Bewegungszustand (frei fallend und"rotationsfrei") gelten nach dem quivalenzprinzip dieMarelationen der euklidischen Geometrie. Man darfdies auch noch behaupten fr (relativ zu solchen) hin-reichend schwach beschleunigte lokale Koordinaten-systeme, also auch fr solche, welche relativ zu demvon uns gewhlten Koordinatensystem in Ruhe sind.Fr ein solches lokales System gilt (fr zwei benach-barte Punktereignisse)

    ds2 = - dX~ - dX: - dX~ + dT2 = - dS2 + dT2,wobei dS direkt mit dem Mastab, d'J' direkt mit einerrelativ zum System ruhend angeordneten Einheitsuhrgemessen ist (natrlich gemessene Lngen und Zeiten).Da ds2 andererseits in den fr endliche Rume benutztenKoordinaten Xv bekannt ist in der Form

    ds2 = gp,f1 dxp, dx, ,

  • 90 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    so hat man die Mglichkeit, die Beziehung zwischennatrlich gemessenen Lngen und Zeiten einerseits undden zugehrigen Koordinatendifferenzen andererseitszu bestimmen. Setzt man gem (102)

    ds2 = - (1 +4:f0' drVo) (dx~ + dx: + dx~)+ (1- :nfO'd

    rVO )dZ2 ,

    so erhlt man durch Spaltung dieses Ausdruckes in demrein rumlichen und rein zeitlichen Bestandteil mit hin-reichender Nherung

    1/dX2 + dX2+ dX2 = (1 +~f(] dVo )r 1 2 3 Sn rX Vdx~ + dx~ + dx: (106)

    dT = (1 - 8"nfO'~Vo )dZDer Einheitsmastab hat also die Koordinatenlnge

    1 - ~f 0' d Vo in bezug auf das von uns gewhlteSn r

    Koordinatensystem. Unsere besondere Koordinaten-wahl bringt es mit sich, da diese Koordinatenlngenur vom Orte, nicht aber von der Richtung abhngt.Bei anderer Koordinatenwahl wre dies anders. Un-abhngig von der Koordinatenwahl ist aber, da dieLagerungsgesetze starrer Stbe nicht mit denjenigender euklidischen Geometrie bereinstimmen; d. h. mankann es nicht durch geeignete Koordinatenwahl er-reichen, da die den Enden eines irgendwie gelagertenEinheitsmastabes entsprechenden Koordinatendiffe-renzen Llx1, -Llx2; Llxa stets die Relation Llx~ + Llx: ++ L1x~ = I erfllen. In diesen1 SillllC ist der Raumkein EUKLIDischer, sondern ein "gekrmmter". Aus derzweiten der obigen Relatio11en folgt, da dem Intervall

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 91

    zweier Schlge der Einheitsuhr (dT = 1) in unserem

    Koordinatenma die "Zeit" 1 + gUn J(J ~Vo entspricht.Die Ganggeschwindigkeit einer Uhr ist also desto ge-ringer, je mehr ponderable Massen in ihrer Nhe sind.Der Ablauf aller Vorgnge, die einen bestimmtenEigenrhythmus haben, wird also durch in der Umge-bung befindliche ponderable Massen verlangsamt. Sokann man schlieen, da die Spektrallinien, welche ander Sonnenoberflche erzeugt werden, gegenber denauf der Erde erzeugten entsprechenden eine relativeRotverschiebung um etwa 2 10-6 ihrer Wellenlngeerfahren mssen. Dieser wichtigen Konsequenz derTheorie schien anfangs die Erfahrung z'u ,vidersprechen ;die Ergebnisse der letzten Jahre machten aber dieExistenz dieses Effektes immer wahrscheinlicher, Ulldes ist kaum mehr zu bezweifeln, da die nchsten Jahreseine zuverlssige Besttigung bringen werden.

    Eine weitere wichtige, der Erfahrung zugnglicheKonsequenz der Theorie betrifft den Gang der Licht-strahlen. Relativ zu einem lokalen Inertialsystem istauch nach der allgemeinen Relativittstheorie dieLichtgeschwindigkeit berall die gleiche (= I bei demvon uns gewhlten natrlichen Zeitma). Das Gesetzder Lichtfortpflanzung in allgemeinen Koordinaten istalso auch der allgemeinen Relativittstheorie durch dieGleichung

    ds2 = 0

    charakterisiert. In der von uns untersuchten Nherungund bei der von uns getroffenen Koordinatenwahl istalso die Lichtgeschwindigkeit gem (106) durch dieGleichung

    (1 + 4Un J(J ~Vo) (dx~ + dx~ + dx~)= (1 - tn I (J ~Vo) dl2

  • 92 Allgemeine Relativittstheorie (:~"ortsetzung)

    (108)

    charakterisiert. Die Lichtgeschwindigkeit L ist also inunseren Koordinaten ausgedrckt durch die Gleichung

    L = Vdx~ + dx~ + dx~ = 1 _ ~f(J dVo (107)dl 411; r

    Hieraus kann der Schlu gezogen werden, da ein inder Nhe einer groen Masse vorbeistreichender Licht-strahl eine Ablenkung erfhrt. Denken wir uns dieSonne im Anfangspunkt des Koordinatensystems ge-lagert (Masse M), so wird ein in der Xl - xa-Ebene imAbstand Ll parallel zur xa-Achse vorbeistreichenderLichtstrahl im ganzen die Ablenkung

    +00

    cx = f ~ aL dXaL aXI-00

    nach der Sonne hin erleiden. Die Ausfhrung des In-tegrals ergibt

    ~M

    cx=2nLl

    Die Existenz dieser Ablenkung, welche fr Ll = Son-nenradius 1,7" betragen soll, ist bekanntlich durch dieenglische Sonnenfinsternis-Expedition von 1919 mitbemerkenswerter Nherung besttigt worden, und essind sorgfltige Vorbereitungen getroffen, um bei dertotalen Sonnenfinsternis von 1922 noch exakteres Be-obachtungsmaterial zu gewinnen. Es sei bemerkt, daauch dies Ergebnis der Theorie von der Willkr, welcheunserer Koordinatenwahl anhaftet, nicht berhrt wird.

    Hier ist der Ort fr eine Besprechung der dritten mitder Erfahrung vergleichbaren Konsequenz der Theorie,welche die Perihelbewegung des Planeten Merkur be-trifft. Die skulare nderung der Planetenbahnen istmit solcher Przision bekannt, da fr den Vergleichder Theorie mit der Erfahrung die von uns bisher be-trachtete Nherung nicht mehr gengt. Es ist vielmehrntig, auf die allgemeinen Feldgleichungen (96) zurck.

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 93

    (109)

    (110)

    zugehen. Ich bediente mich zur Lsung dieses Problemsder Methode sukzessiver Approximation. Seitdem istaber das Problem des zentral-symmetrischen statischenGravitationsfeldes von SCHWARZSCHILD und anderenstreng gelst worden; besonders elegant ist die Ablei.tung, welche H. WEYL in seinem Buche Raum-Zeit-Materie gegeben hat. Die Rechnung kann dadurchetwas vereinfacht werden, da man sie nicht direkt aufGleichung (96), sondern auf ein dieser quivalentesVariationsprinzip grndet; wir deuten dieselbe nur in-soweit an, als fr das Verstndnis der Methode ntig ist.

    Im Falle eines statischen Feldes mu ds2 die Formhaben

    ds2 = - da2 + J2 dx: }da2 = E Yoep dxoe dXfJ

    1-3

    wobei die Summation auf der rechten Seite der letztenGleichung nur ber die rumlichen Variabeln zu er-strecken ist. Die Zentralsymmetrie des Feldes bedingt,da die y,.,,, von der Form sein mssen

    ')Ioe/l = Jl ~oefJ + x xp /2, /l und sind hierbei Funktionen von

    r(= v'x~ + x: + x: )allein. Von diesen drei Funktionen kann wegen derapriori vollstndigen Willkr des Koordinatensystemseine willkrlich gewhlt werden; denn man kann stetsdurch eine Substitution

    ,X4 = x4x~ = F(r) x"'

    erreichen, da eine dieser drei Funktionen eine vorge-gebene Funktion von r' wird. Man kann deshalb anStelle von (110) ohne Beschrnkung der Allgemeinheitsetzen

    (1IOa)

  • 94 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    Damit sind die gp" durch die beiden Gren und fausgedrckt. Diese sind dann durch Einsetzen in dieGleichungen (96) als Funktionen von r zu bestimmen,indem man ztlnchst aus (109), (110a) die r;" berechnet.Es folgt

    pC1 I X C1 A' X 4X X{J + 2 r ~"'.1. I - - -. --------

    (X - 2 r I + r2(fr (x, , (1 = I, 2, 3)

    r~ - F 4X - P4 - 0 (110b)44 - 4fJ - .L t1.fJ -(fr (x, = 1,2,3)"

    F 4 - ~f-2 aj2 T4t1.4

    = _ ~f-2 aj24 (X - 2 ox" ' 2 ox.

    Die Feldgleichungen ergeben dann auf Grund diesesAnsatzes die SCHWARZSCHILDsche Lsung

    ds2 = ( 1 - ~) dl2

    - [ 1 ~4- + r2(sin2 {} dq;2 + d{}2)] (109a)

    wobei gesetzt ist

    X4 = lXl = r sin {} sin qJX~ = r sin {} cos qJX3 = r cos {}

    A="M4n

    (109b)

    M bedeutet die um den Koordinatenursprung zen-trisch symmetrisch gelagerte Sonnenmasse ; die Lsung(109a) gilt nur auerhalb dieser Masse, wo alle T p "versch,villden. Findet die Planetenbewegung in der

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    Xl - x2-Ebene statt, so ist (109a) durch

    ( A) dr2

    ds2 = I - - dl2 - - r2dqJ2r I_~

    r

    95

    (109c)

    zu ersetzen.Die Berechnung der Planetenbewegung sttzt sich

    auf Gleichung (90). Aus der ersten der Gleichungen(110b) und (90) folgt fr die Indizes 1,2,3

    ~(x",dxp _ xp dX",) = 0ds ds ds

    oder - integriert und in Polarkoordinaten ausge-drckt -

    . dq;r2 - = konst.

    ds(111)

    Ferner folgt aus (90) fr Jt = 4

    o= d2l +~ dr dx", dl = d2l +~ dr dl ,.ds2 r dxC!o ds ds ds2 r ds ds

    woraus durch Multiplikation mitr und Integration folgtdlr ds = konst. (112)

    In (10ge), (111) und (112) hat man drei Gleichungenzwischen den vier Variabeln s, r, l, qJ, aus welchen mandie Planetenbewegung auf demselben Wege ,vie in derklassischen Mechanik rechnerisch ableiten kann. Alswichtigstes Resultat ergibt sich hierbei eine skulareDrehung der Planetenellipse im Sinne der Umlauf-bewegung, welche pro Planetenumlauf im absolutenWinkelma

    (113)

  • 96 Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung)

    betrgt, wobei

    a die groe Halbachse der Planetenbahn in Zenti-metern,

    e die numerische Exzentrizitt in Zentimetern,c = 3 1010 die Vakuumlichtgeschwindigkeit,T die Umlaufdauer in Sekunden

    bedeutet. Dieser Ausdruck liefert die Erklrung fr dieseit hundert Jahren (seit LEVERRIER) bekannte Perihel-be,vegung des Planeten Merkur von etwa 42" in hundertJahren, welche die theoretische Astronomie bisher nichtin befriedigender Weise zu deuten vermochte.

    Es bietet keine Schwierigkeit, die MAXwELLscheTheorie des elektromagnetischen Feldes der allgemeinenRelativittstheorie einzugliedern, und zwar unter Ver-wendung der Tensorbildungen (81), (82) und (77). Istnmlich qJp ein als elektromagnetisches Viererpotentialzu deutender Tensor vom ersten Range, so kann maneinen elektromagnetischen Feldtensor qJp., definierendurch die Relation

    aqJp, alp.,({Jp" = dX- - dX (114)

    IJ p,

    Das zweite MAXWELLsche Gleichungssystem ist danndefiniert durch die hieraus resultierende Tensorgleichung

    d({Jpl1 + d({J"Q + d({JQf.I = 0 (114a)oXQ oXp ax"

    das erste MAXWELLsche Gleichungssystem durch dieTensordichtenrelation

    o~P"-- - ~IJ (115)OX" - ,

    wobei

  • Allgemeine Relativittstheorie (Fortsetzung) 97

    Setzt man in die rechte Seite von (96) den Energie-tensor des elektromagnetischen Feldes ein, so erhltman (115) fr den Spezialfall ~Jl == 0 als KOllsequcllzvon (96) durch Divergenzbildung. Diese Einordllullgder Elektrizittstheorie in das Schema der allgeIlleillellRelativittstheorie ist von vielen Theoretikern als uer-lich und unbefriedigend empfunden worden. Auchkonnte man auf diese \Veise das Gleichgewicht der einelektrisches Elenlentarteilchen konstituierenden Elel{-trizitt nicht begreifen. Es wre eine Theorie weit vor-zuziehen, welche das Gravitationsfeld und das elektro-magnetische Feld zusammen als eine Wesenseinheiterscheinen liee. H. WEYL und neuerdings TH. KALUZAhaben in dieser Richtung geistreiche theoretische An-stze gefunden, von denen ich jedoch berzeugt bin,da sie uns nicht der wal1ren Lsung dieses Kernpro-blems nher bringen. Ich will hier auf diese Fragennicht nher eingehen, sondern nur nocll dem soge-nannten kosmologischen Problem eine kurze berlegungwidmen, weil ohne dessen Erwgung die Betrachtungenber allgemeine Relativitt in gewissem Sinlle unbe-friedigend bleiben mssen.

    Unseren bisherigen auf die Feldgleichungen (96) ge-grndeten Betrachtungen lag die Auffassung zugrunde,da der Raum im groen ganzel1 GALILEIsch-EuKLIDischsei, und da dieser Charakter nur durch eingelagerteMassen gestrt sei. Diese Auffassung war sicher auchgereeiltfertigt, solange wir nur Rume von der Gren-ordnung der in der Astronomie gewhnlich betrachtetenRume ins Auge faten. Ob aber auch belIebig groeTeile des Weltalls quasi-EUKLIDisch sind, ist eine ganzandere Frage. l\'Ian macht sich dies leicht an dem schonmehrfach herangezogenen Beispiel der Flchentheorieklar. Wenn ein ins Auge gefates Stck einer Flchepraktiscll eben ist, so folgt daraus nicht, da die ganzeFlche die Grundgestalt einer Ebene habe; die Flchekn