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Hunderte Märkte in Österreich. Weil das Angebot an Ethno-Food bei großen Handelsketten wie Billa und Spar gering ist, haben von Zuwanderern betrie- bene Märkte regen Zulauf (im Bild: türkischer, ita- lienischer, jugoslawischer, arabischer und chinesi- scher Laden am Wiener Naschmarkt). Allein in der Bundeshauptstadt gibt es fast 300 solcher Märkte, Expertenschätzungen zufolge ist das Potenzial aber gut dreimal so hoch. Rund siebzig Prozent der Märkte werden von Türken betrieben, der Rest von Menschen aus dem früheren Jugoslawien und von Asiaten, darunter viele Chinesen. Österreichs Migranten wollen mehr Lebensmittel aus ihrer alten Heimat, doch das Angebot ist knapp. Ausgerechnet Zielpunkt, früher das große Sorgenkind der Branche, nutzt nun die Kaufkraft der Zuwanderer. häufig nicht einmal drei Meter lang sind, bietet Zielpunkt mehr als das Doppelte. Dem Unternehmen dürfte das nun sogar dabei helfen, nach verlustreichen Ge- schäftsjahren heuer wieder die Gewinn- zone zu erreichen. Lieber Italien. Die beiden heimischen Marktführer Billa und Spar nehmen das vorerst kampflos hin. „Der Anteil an Ethno- Food-Artikeln macht bei uns nur einen ge- ringen Prozentsatz des Sortiments aus“, sagt Rewe-International-Sprecherin Karin Nakhai offen. Allerdings würde das The- ma auch dort an Bedeutung gewinnen. „Die Produkte werden bei uns gebündelt angeboten und sind nicht einzelnen Wa- rengruppen zuzuordnen.“ Bei anderen Handelsketten verhält es sich nicht anders: Reisnudeln aus China oder Vietnam finden sich nicht bei den Teigwaren, sondern im asiatischen Regal. Nachholbedarf hat auch Spar. Das Salz- burger Handelsunternehmen setzt derzeit vor allem auf italienische Kost. Allerdings weniger, weil es hier so viele Migranten aus Italien gibt – es sind nur 29.000 –, son- dern weil Italo-Marken bei den Österrei- chern gut ankommen. Inklusive der vielen italienischen Brands gibt es bei Spar rund hundert verschiedene Ethno-Artikel. Da ist es kein Wunder, dass Super- märkte wie Aycan und Etsan enormen Zu- lauf haben. Ein Spaziergang am Wiener Naschmarkt zeigt, dass es Menschen in Scharen in die teils heruntergekommenen asiatischen, türkischen und jugoslawi- schen Läden zieht (siehe unten). Gusto auf die Heimat hat eben jeder. – SILVIA JELINCIC ABSATZSTARK. 700 Mio. Euro werden in Österreich mit Ethno- Food umgesetzt, sehr beliebt ist etwa Rauchfleisch nach bosnischer Rezeptur. 32 I 11 FORMAT 39 form1132_BU_Ethno.indd 39 10.08.2011 16:04:56 Uhr

GUSTO AUF HANDEL (Taste for trade)

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In the austrian magazin FORMAT it is pointed out, how important the purchasing power of the focus group "migrants" is in Austria.

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Page 1: GUSTO AUF HANDEL (Taste for trade)

Hunderte Märkte in Österreich. Weil das Angebot an Ethno-Food bei großen Handelsketten wie Billa und Spar gering ist, haben von Zuwanderern betrie-bene Märkte regen Zulauf (im Bild: türkischer, ita-lienischer, jugoslawischer, arabischer und chinesi-scher Laden am Wiener Naschmarkt). Allein in der Bundeshauptstadt gibt es fast 300 solcher Märkte, Expertenschätzungen zufolge ist das Poten zial aber gut dreimal so hoch. Rund siebzig Prozent der Märkte werden von Türken betrieben, der Rest von Menschen aus dem früheren Jugoslawien und von Asiaten, darunter viele Chinesen.

Österreichs Migranten wollen mehr Lebensmittel aus ihrer alten Heimat, doch das Angebot ist knapp. Ausgerechnet Zielpunkt, früher das große

Sorgenkind der Branche, nutzt nun die Kaufkraft der Zuwanderer.

Hunderte Märkte in Österreich.an Ethno-Food bei großen Handelsketten wie Billa und Spar gering ist, haben von Zuwanderern betrie-

häu� g nicht einmal drei Meter lang sind, bietet Zielpunkt mehr als das Doppelte. Dem Unternehmen dürfte das nun sogar dabei helfen, nach verlustreichen Ge-schäftsjahren heuer wieder die Gewinn-zone zu erreichen.

Lieber Italien. Die beiden heimischen Marktführer Billa und Spar nehmen das vorerst kamp� os hin. „Der Anteil an Ethno-Food-Artikeln macht bei uns nur einen ge-ringen Prozentsatz des Sortiments aus“, sagt Rewe-International-Sprecherin Karin Nakhai offen. Allerdings würde das The-ma auch dort an Bedeutung gewinnen. „Die Produkte werden bei uns gebündelt angeboten und sind nicht einzelnen Wa-rengruppen zuzuordnen.“ Bei anderen Handelsketten verhält es sich nicht anders: Reisnudeln aus China oder Vietnam � nden sich nicht bei den Teigwaren, sondern im asiatischen Regal.

Nachholbedarf hat auch Spar. Das Salz-burger Handelsunternehmen setzt derzeit vor allem auf italienische Kost. Allerdings weniger, weil es hier so viele Migranten aus Italien gibt – es sind nur 29.000 –, son-dern weil Italo-Marken bei den Österrei-chern gut ankommen. Inklusive der vielen italienischen Brands gibt es bei Spar rund hundert verschiedene Ethno-Artikel.

Da ist es kein Wunder, dass Super-märkte wie Aycan und Etsan enormen Zu-lauf haben. Ein Spaziergang am Wiener Naschmarkt zeigt, dass es Menschen in Scharen in die teils heruntergekommenen asiatischen, türkischen und jugoslawi-schen Läden zieht (siehe unten). Gusto auf die Heimat hat eben jeder.

– SILVIA JELINCIC

ABSATZSTARK. 700 Mio. Euro werden in Österreich mit Ethno-Food umgesetzt, sehr beliebt ist etwa Rauchfl eisch nach bosnischer Rezeptur.

32 I 11 FORMAT 39

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