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6 Natürlich | 2-2007 E in attraktiver Teenager mit lan- gen blonden Haaren verlässt die ausgelassene Strandparty, springt ins Wasser und schwimmt dem aufgehenden Mond entgegen. Dass jetzt etwas Schreckliches passieren muss, er- ahnt der Kinobesucher schon an der Musik, die sich zum Crescendo steigert. Hart, rhythmisch, wie der Herzschlag eines Menschen in Todesangst. Und dann passiert es: Das Wasser spritzt, man hört ein mahlendes Geräusch, das das Blut in den Adern erstarren lässt, und die Schreie des Mädchens, die in einem Gurgeln untergehen, als der Hai sein Opfer in die Tiefe zieht. Das war 1975 die Eröffnungs- szene des Filmes «Der Weisse Hai». Damit wurde ein Image geprägt, das die Haie als nimmersatte Fressmaschinen darstellt, die nichts anderes tun, als die Strände nach Menschenfleisch abzusu- chen. Haie haben den Menschen zu fürchten Den Haien brachte diese Popularität nichts als Ärger. Sie wurden Freiwild Haie – gejagte Jäger NATUR Haie durchziehen die Ozeane seit über 400 Millionen Jahren und sind unzweifelhaft die perfektesten Raubtiere im Meer. Heute jedoch sind die Jäger hauptsächlich Gejagte und einige Arten stehen bereits an der Schwelle zum Aussterben. Text: Kurt Amsler, Thomas Vogel Fotos: Kurt Amsler

Haie durchziehen die Ozeane seit über 400 Millionen Jahren ... · NATUR Haie – gejagte Jäger Haie durchziehen die Ozeane seit über 400 Millionen Jahren und sind unzweifelhaft

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Ein attraktiver Teenager mit lan-gen blonden Haaren verlässt dieausgelassene Strandparty, springtins Wasser und schwimmt dem

aufgehenden Mond entgegen. Dass jetztetwas Schreckliches passieren muss, er-ahnt der Kinobesucher schon an derMusik, die sich zum Crescendo steigert.Hart, rhythmisch, wie der Herzschlageines Menschen in Todesangst. Und dannpassiert es: Das Wasser spritzt, man hörtein mahlendes Geräusch, das das Blut inden Adern erstarren lässt, und die Schreiedes Mädchens, die in einem Gurgeln

untergehen, als der Hai sein Opfer in dieTiefe zieht. Das war 1975 die Eröffnungs-szene des Filmes «Der Weisse Hai».

Damit wurde ein Image geprägt, dasdie Haie als nimmersatte Fressmaschinendarstellt, die nichts anderes tun, als dieStrände nach Menschenfleisch abzusu-chen.

Haie haben den Menschen zu fürchten Den Haien brachte diese Popularitätnichts als Ärger. Sie wurden Freiwild

Haie – gejagte JägerNATUR

Haie durchziehen die Ozeane seit über 400 Millionen Jahren

und sind unzweifelhaft die perfektesten Raubtiere im Meer.

Heute jedoch sind die Jäger hauptsächlich Gejagte und einige

Arten stehen bereits an der Schwelle zum Aussterben.

Text: Kurt Amsler, Thomas Vogel Fotos: Kurt Amsler

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Haie – gejagte Jäger NATUR

Gejagter Jäger

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Haie – gejagte JägerNATUR

von Hochseeanglern, verenden als Bei-fang der Hochseefischer, ihre Flossenlanden im Kochtopf oder sie bieten Stoffefür die asiatische Apotheke.

Das Milliardengeschäft mit Haiflos-sen expandierte in erschreckendem Aus-masse: Geschätzte 200 Millionen Haieziehen Fischer jährlich für die asiatischenMärkte an Land, schneiden ihnen dieFlossen ab und werfen den noch leben-den, aber nicht mehr schwimmfähigenHai zurück ins Wasser, wo er elendiglichzugrund geht. Das sind etwa 500000 Haiepro Tag oder rund 20000 jede Stunde.Folge dieser Massaker: Je nach Quellestehen 30 bis 70 Haiarten bereits auf derRoten Liste der bedrohten Tierarten.

Ein anderes Bild der angeblichen«Bestie» Hai zeichnen die Zahlen derHaiattacken auf Menschen: Obwohl dem«International Shark Attack File» (ISAF)in Florida weltweit jährlich zwischen 50und 75 Haiangriffe auf Menschen gemel-det werden, enden nur gerade fünf biszehn davon tödlich. Und das obschonjährlich über 20 Milliarden Menschenzum Baden, Schwimmen, Schnorcheln,Tauchen und Surfen in die Meere steigen.

Die Chance dabei von einem Haigebissen zu werden, liegt demnach bei1:200 Millionen. An einem Haibiss zusterben sogar bei 1:2 Milliarden. Es iststatistisch gefährlicher, sich unter einerKokospalme aufzuhalten, als in einer

von Haien bewohnten Meeresbucht zuschwimmen. Immerhin erschlagen her-abfallende Kokosnüsse jedes Jahr rund150 Menschen.

Doch jedes Mal, wenn ein Taucheroder ein Surfer von einem Hai angegriffenwird, überschlagen sich die Medien mitreisserischen Schlagzeilen und fordernjeweils den schnellen Tod der Bestie.

900000 Tonnen Hai jährlichIm Gegensatz dazu steht das stille Sterbender Haie – oder gar «Aussterben», wiees der Schweizer Haiforscher ErichRitter nennt –, ohne dass die Mediendavon Notiz nehmen. Mehrere 100 Mil-lionen Haie werden jährlich getötet. Um-gerechnet auf die durchschnittlichenTodesfälle durch Haibisse kommen aufeinen toten Menschen 20 Millionen vonMenschen getötete Haie.

Kein Wunder, haben doch nur geradeacht Länder den privaten und kommer-ziellen Fang von einzelnen Haien regle-mentiert. Der bedrohte grosse Weisse Haizum Beispiel ist nur in England, Aus-tralien, Kanada, Neuseeland, Südafrikaund den USA geschützt. Und das erst, seitwissenschaftliche Modelle die Fortpflan-zung dieser Art in Frage gestellt haben.

Weltweit ist also die Jagd auf Haieoffen und davon wird reger Gebrauchgemacht. Der weitaus grösste Marktfür Haiprodukte ist in den asiatischenLändern zu finden. An erster Stelle steht

Kostenloses UnterrichtsmaterialSeit September 2006 können Schulen und Lehrer kostenloses Unterrichtsmaterial für alleSchulstufen bei Sharkproject anfordern. Die Materialien sind sowohl für einzelne Unter-richtsstunden als auch für den Einsatz in Projektwochen geeignet. Der gesamte Lernstoffwurde von Pädagogen geprüft und ist so aufbereitet, dass er in allen Altersstufen einge-setzt werden kann. Ziel dieser Schulaktion ist gezielte Information von Schulkindern über Evolution,Biologie, Sinnesorgane, Ökologie und die Bedeutung sowie die Gefährdung der Haie und deren Wichtigkeit für das gesamte ökologische Gleichgewicht.

Das kostenlose Schul-Package beinhaltet:18-minütigen Einstiegsfilm zum Thema Hai, Präsentation mit über 150 Bildern undGrafiken, einen Leitfaden, der den Vortragenden durch die Präsentation führt und weiter-führend Hintergrundinformationen vermittelt, ein Exemplar der Sharkproject-Zeitung«Shark-News».Weitere Exemplare der «Shark-News» sowie die DVDs «Mit Haien sprechen» und«Angstzination» können zusätzlich vergünstigt bezogen werden bei:Sharkproject e.V., Frankfurterstrasse 111b, D-63067 Offenbach, [email protected]

Auf dem Weg zur Ausrottung: Für kulinarische Leckerbissen und die Apotheke verenden jährlich 200 Millionen Haie

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der Handel mit den Flossen. Sie werdenzu Potenz fördernden Mitteln, Medizinund der Haiflossensuppe verarbeitet. Umdiesen Markt zu befriedigen, wurdenim Jahre 2004 über 900000 Tonnen Haigefangen. Nicht eingerechnet in diesenStatistiken der UN-Welternährungsorga-nisation (FAO) sind die Zahlen der welt-weiten Fänge durch Sportangler.

Selbst Schutzgebiete sind nutzlosDie Fischereiindustrie geht hier mit einercleveren Strategie ans Werk: Dort wo dieFangflotten selber nicht agieren können,werden durch Agenten die einheimischenFischer zur Jagd auf Haie motiviert. Dasist für die Einheimischen leicht verdien-tes Geld, mit viel weniger Arbeitsaufwandund Kosten als der traditionelle Fischfang.

Von dieser Fischerei bleiben auchdie schönsten Naturparadiese und Tauch-plätze der Welt nicht verschont. DasRote Meer, das grosse Barrierriff von Aus-tralien, Polynesien, der Pazifik, die Küs-ten Afrikas, die Karibik, Indonesien,Philippinen, Taiwan, aber auch dasFerienparadies Malediven, das zusam-men mit Indien und Sri Lanka etwa20 000 Tonnen Haiflossen exportiert.

Selbst in den Schutzgebieten derGalapagos-Inseln fallen jedes Jahr einegrosse Anzahl Haie der illegalen Fischereizum Opfer. Die berühmten Hammerhai-Schulen bei den Inseln Wulf und Darwinsind bedrohter denn je.

Wissenschafter schätzen, dass dieBestände einiger Haiarten weltweit um80 Prozent zurückgegangen sind. Ob-schon für den Weissen Hai keine exak-

ten Zahlen bekannt sind, besteht gleich-wohl Einigkeit darüber, dass die heutigeAnzahl nicht mehr ausreicht, um diePopulation aufrechtzuerhalten.

Nach Thuna und Marlin nun der HaiMitschuldig an der Dezimierung vonHaien sind auch die Sportangler und dieReiseindustrie, die mit Erfolg Hai-Angler-reisen anbietet. So gilt der Hai an derAngel vielerorts als ultimativer Nerven-kitzel. Begonnen hat das eigentlicheHaijagdfieber in den 70er-Jahren, als dieBestände der Thunfische, Marline undSchwertfische zurückgingen. Schätzungenzufolge haben sogenannte Sportfischerdie geschlechtsreifen Schwertfische desAtlantiks in den letzten 15 Jahren umzwei Drittel reduziert. «98 Prozent allerSchwertfische, die momentan an Long-lines gefangen werden, sind juvenil, alsonoch nicht geschlechtsreif», heisst es dazuin einem Bericht von Shark Info.

In den USA, wo die Sportfischerei seitden 60er-Jahren boomt, wurden Hai-fangclubs gegründet und Hai-Turniereveranstaltet, in denen es darum ging,innert Rekordzeit ein möglichst grossesTier zu fangen. Da für die gelandetenHaie kein weiterer Verwertungszweckbestand, enden sie oft im Abfall. 1990sollen Sportfischer allein an der Ost-küste der USA 2,5 Millionen Haie gefan-gen haben, vor allem Blauhaie (Prionaceglauca) und Sandbankhaie (Carcharhinusplumbeus). An der US-Westküste stelltedie Fischereibehörde ein Jahr später fest,dass Sportfischer rund sechsmal mehrZebrahaie (Triakis semifasciata) fingenals die Berufsfischer.

(K)ein lukratives GeschäftLaut der amerikanischen Fischerei-behörde verkauften Sportfischer Ende der1990er-Jahre jährlich Haifleisch im Wertvon 1,3 Millionen Dollar. Dieser Betragsteht jedoch in krassem Missverhältniszum Aufwand: Denn, um zu diesem Re-sultat zu kommen, investierten sie 200Millionen Dollar für Boote, Mieten undGerätschaften.

Welche ökologischen Auswirkungendas Sportfischen auf Haie haben kann,zeigt das Beispiel des Weissen Hais inSüdaustralien. Weisse Haie fressen See-

hunde und kontrollieren so deren Popu-lation. Weil Sportfischer den WeissenHai zu stark dezimierten, wuchs dieSeehundpopulation unkontrolliert. Sieüberfrassen deshalb die Fisch- und Krebs-gründe und eliminierten ihre eigeneNahrungsbasis. Fazit: Wildhüter musstenSeehunde abschiessen.

Die Heilmittelindustrie hat im Haiebenfalls eine neue Einnahmequelle ent-deckt. Seit einigen Jahren wird welt-weit Haiknorpelpulver gegen Krebs undArthrose verkauft. Die Mittel sind bewie-senermassen nutzlos, doch der Glaubeder betrogenen Patienten verhilft denHerstellern zu Milliardenumsätzen.

Fortsetzung auf Seite 12

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Haie – gejagte Jäger NATUR

So helfen Sie dem HaiUm Haien auch in Zukunft eine Chance zu

geben, ist ein Verzicht auf Produkte, die

aus Haien gefertigt werden, ein Muss. Die

Unterstützung von Organisationen, die sich

für den Haischutz einsetzen, ist sicher

der effizienteste Weg, den gejagten Jägern

zu helfen. Schreiben kann man auch an

Reiseunternehmen, die Haifangtrips an-

bieten, und sie auffordern, sich nicht weiter

an der Ausrottung einer für das Ökosystem

des Meeres wichtigen Tierart zu beteiligen.

Ultimativer Nervenkitzel: Je grösser der gefischteHai, desto grösser das Ego des Fischers

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Haie – gejagte JägerNATUR

Die zehn wichtigsten Haiarten

Weisser Hai(Carcharodon carcharias)Der wahrscheinlich mehr als sieben Meter Längeerreichende Hai lebt weltweit in den Küsten-gewässern der meisten gemässigten und einigertropischer Regionen. Ostatlantik: Mittelmeer undMadeira bis Südafrika. Westatlantik: Neufund-land bis Kuba und nördlicher Golf von Mexiko,Brasilien bis Argentinien. Indischer Ozean:Südafrika, Seychellen. Westpazifik: Sibirien bisPhilippinen, Australien bis Neuseeland. Zentral-pazifik: Marshall-Inseln und Hawaii. Ostpazifik:Golf von Alaska bis Golf von Kalifornien, Panamaund Chile. Steht im Moment auf Liste drei, dasheisst lokal geschützt in Australien. Da der Haibiologisch eigentlich schon als ausgestorben gilt,wäre ein weltweiter Schutz des Tieres nur eine späte Rechtfertigung – vielleicht aber auchRettung in letzter Sekunde. Lokal geschütztwerden die Tiere bereits auch partiell in Süd-afrika, Malta und den USA.

Indopazifischer Zitronenhai(Negaprion brevirostris)Die bis zu drei Meter messenden Zitronenhaiesind weit verbreitet im Zentral- und im West-pazifik sowie im Indischen Ozean: Südafrika,Mauritius, Seychellen, Madagaskar, Rotes Meerostwärts bis Pakistan, Indien, Sri Lanka, Vietnam,Malaysia, Indonesien, Neuguinea, Australien(Queensland, Westaustralien, nördliches Aus-tralien), Neukaledonien, Philippinen, Palau,Marshall-Inseln, Tahiti.

Walhai(Rhincodon typus)Der mit bis 14 Meter Länge grösste lebende Fisch ist zu finden auf den Seychellen, Thailand,Christmas Island und in allen tropischen undsubtropischen Ozeanen der Welt, insbesondere in dem tropischen Westaustralien. Ernährt sich von Plankton.

Grosser Hammerhai(Sphyrna mokarran)Global in tropischen und warm gemässigtenMeeren. Eine Haiart, deren Bestand sich in denletzten Jahren drastisch reduziert hat. Ursachendafür sind Überfischung, Sportfischerei und der sogenannte Beifang. Kann bis sechs Meterlang werden.

Riesenhai (Cetorhinus maximus)Lebt in allen gemässigten und kalten Meeren. Riesenhaie sind passive Planktonfresser, was be-deutet, dass sie das Wasser nicht aktiv einsaugen,sondern lediglich über ihre Kiemen gleiten lassen.Pro Stunde werden etwa 2000 Tonnen Wasserfiltriert. Können bis 12 Meter gross werden.

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Haie – gejagte Jäger NATUR

Ammenhai(Ginglymostoma cirratum)Westlicher Atlantik: Rhode Island bis hinunterins südliche Brasilien, einschliesslich Bermuda,Golf von Mexiko, Bahamas, Kuba und Karibik.Ostatlantik: Kapverdische Inseln bis in dastropische Westafrika und auch schon vor derAtlantikküste Frankreichs gesichtet. Ostpazifik:von Kalifornien bis Ecuador. Diese Art fehlt imMittelmeer. Sehr häufig in den flachen Gewässern (ein MeterWassertiefe) der Karibik und den Florida Keys.Erreicht maximal vier Meter Länge und kannhäufig in Aquarien gesehen werden. Liegt meistbewegungslos am Boden.

Blauhai(Prionace glauca)Der wahrscheinlich am weitesten verbreiteteKnorpelfisch: global in allen tropischen undgemässigten Meeren. Westatlantik: Neufundlandbis Argentinien. Zentralatlantische Inseln:Azoren, St. Paul’s Rocks. Ostatlantik: Norwegenbis Südafrika, Mittelmeer (bis in die nördlicheAdria, fehlt aber im Schwarzen Meer). IndischerOzean: Südafrika und südliches Arabisches Meer(fehlt im Roten Meer und im Arabischen Golf ) bisIndonesien, Japan, Australien, Neukaledonienund Neuseeland. Zentralpazifische Inseln.Ostpazifik: Golf von Alaska bis Chile. Kannbeinahe vier Meter lang werden.

Weissspitzen-Riffhai(Triaenodon obesus)Weit verbreitet in einem Grossteil des tropischenIndopazifiks. Indo-West- und Zentralpazifik.Südafrika und Rotes Meer bis Pakistan, Indien,Sri Lanka, Burma, Indonesien, Vietnam, Taiwan,Riukiu-Inseln, Philippinen, Australien (Queens-land, Nord- und Westaustralien), Neuguinea. Weitverbreitet bei den Inseln Ozeaniens (Polynesien,Melanesien, Mikronesien), nördlich bis Hawaiiund südwestlich bis zur Pitcairn-Inselgruppe.Ostpazifik: Cocos, Galapagos, Revilla, Gigedo,Panama und Costa Rica. Meist nicht grösser als 1,6 Meter.

Quelle: www.projectaware.org, www.hai.ch

Gewöhnlicher Dornhai(Squalus acanthias)Hält sich weltweit in antitropischen Gegendenauf. Urvater der Schillerlocke und von «Fish andChips». Einst der häufigste Hai der Meere undheute seltene und teure Delikatesse. Ein Schutzdes kleinwüchsigen nur gut einen Meter grossenTieres wäre dringend angebracht, damit sich die Populationen erholen können.

Bullenhai(Carcharhinus leucas)Der im Schnitt 2,25 Meter grosse Fisch lebt inallen tropischen und subtropischen Meeren. Amhäufigsten ist er nahe an kontinentalen Küstenund in Flussmündungen zu finden. Ostatlantik,Mauretanien bis Südafrika. Kann sogar Hundertevon Kilometern im Süsswasser flussaufwärtsschwimmen.

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Geschäftstüchtiger Forscher«Sharks don’t get cancer» oder in derdeutschen Ausgabe «Warum Haie gegenKrebs immun sind», lautete der Titel desBuches von William I. Lane, das Anfangder 1990er-Jahre den Run auf Haiknorpelins Rollen brachte. Wie der Biologe Alex-ander Godknecht, Präsident der Hai-schutzorganisation «Shark Foundation»in einem Artikel ausführte, basiere dasBuch auf einer Untersuchung von For-schern des Massachusetts Institute ofTechnology (MIT) von 1983. Die Studiestellte fest, dass Knorpel von Kälbern undHaien die Blutversorgung und somit –

indirekt – das Wachstum von Tumorenbeeinträchtige. Unter Zitierung nichtimmer lupenreiner Quellen pries LaneHaiknorpel als Allheilmittel gegen Krebs.

Ein cleverer Schachzug des geschäfts-tüchtigen Agro-Biochemikers. Lane warnämlich Präsident der amerikanischenFischmehl-Handelsvereinigung und un-tersuchte im Auftrag der damaligenReagan-Administration Investitionsmög-lichkeiten in die Fischindustrie vonGuinea. Ein wirksames Krebsmittel ver-sprach ein Milliardengeschäft – auch fürLane, der selbst Inhaber einer der gröss-ten Firmen für Haiprodukte war. Um

sicherzustellen, dass der Rubel weiterrollt, schob er 1996 ein zweites Buchnach: «Sharks still don’t get cancer» (Haiekriegen immer noch keinen Krebs).

Doch bereits 1998 bewies ein unabhän-giges Team von Krebsforschern der CancerTreatment Research Foundation in Arling-ton Heights, Illinois, in einer mehrereMonate dauernden Studie, dass Haiknorpelbei schwerkranken Krebspatienten wederdas Wachstum des Krebses verlangsamtenoch die Genesung positiv beeinflusste.Dennoch verkaufen sich solche Präparateimmer noch glänzend.

Darum beisst ein HaiMitleid mit der «Bestie» Hai kennt derMensch nicht. Und niemand findet etwasdabei, die Haie zu dämonisieren. Das hatder Mensch schon immer getan und Haieschien es in unendlicher Zahl zu geben.Und schon seit jeher gilt der grosse WeisseHai als Menschenfresser (siehe Erlebnis-bericht auf Seite 14/15). Das Killerimageist seit dem Film «Der Weisse Hai» undseinen drei Sequels endgültig nichtmehr von ihm weg zu kriegen, auch wennweltweit jährlich nur gerade zwei bisdrei Menschen von ihm verletzt werden.

Weshalb Haie auch hin und wiedereinen Menschen anknabbern, versuchtder Haiforscher Erich Ritter herauszu-finden. Und obwohl ihm bei seinenExperimenten ein Bullenhai einen Teilder linken Wade herausbiss – «ein Test-biss», wie Ritter sagte –, lässt der um-triebige Forscher nichts auf die grossenFische kommen.

Haie beissen seiner Ansicht nach nichtgrundlos in einen Menschen. Es sind min-destens drei von fünf auslösenden Fak-toren nötig: Lärm, Beutegeruch wie Blut,erhöhte Körperspannung, panikartigeBewegungen oder starke Reflexion anhellen Gegenständen. Gefährdet seiendeshalb vor allem verletzt im Wassertreibende Menschen, Unterwasserjäger,die ihre Beute am Gurt mitführen, oderSurfer, die auf ihrem Brett paddeln undvom Hai mit einer Robbe oder Meeres-schildkröte verwechselt werden.

Das Zusammentreffen aller fünf Fak-toren ist sehr selten und ist höchstensbei einem Schiffsunglück oder einem Flug-zeugabsturz ins Meer gegeben. In solchenSituationen ist die Gefahr, von Haien ver-letzt zu werden, jedoch sehr gross.

Haie – gejagte JägerNATUR

Deshalb stirbt der Hai ausFischereiDie Hai-Bestände an der Ostküste der USA sind in den letzten 15 Jahren massiv zurückgegangen.Die Zahl der Hammerhaie sank um 89 Prozent, die der Fuchshaie um 80 Prozent, die der WeissenHaie um 79 Prozent. Die Populationen der Ozeanischen Weissspitzenhaie, Tigerhaie, Blauhaie und Makos sanken um 70, 65, 60 beziehungsweise 40 Prozent.Kanadische Forscher melden einen Rückgang der Ozeanischen Weissspitzenhai-Population um 99 Prozent. Sie wurden in gewissen Regionen beinahe ausgelöscht.Haie werden nicht nur aktiv für ihr Fleisch, ihre Flossen oder Knorpel befischt. Millionen Haie ster-ben, als unverwertbarer Beifang, in den Netzen und Longlines der schwimmenden Fischfabriken.

FinningFinning wird das grausame Abschneiden der Flossen von Haien, oft noch bei lebendigem Leib, ge-nannt. Der Rumpf des Haies wird dann als überflüssiger Ballast über Bord geworfen. Die Haiflossenmachen nur rund 14 Prozent des Gesamtgewichtes eines Haies aus, bringen aber auf dem inter-nationalen Markt wesentlich mehr ein als Haifleisch, kostet doch ein Kilo Haiflossen in Asien imSchnitt über 100 US Dollar. Hongkong und Festland China dominieren den Haiflossen-Markt. 50 Prozent der weltweit gehandelten Haiflossen gehen in diesen Markt. 80 Prozent der in Hong-kong gelandeten Flossen gehen weiter auf das chinesische Festland. 2003 waren das 11 000 Ton-nen mit jährlichen Zuwachsraten von 5 Prozent.

UmweltWährend der über 400 Millionen Jahre ihrer Evolution kannten die Haie nur zwei Feinde — grössereHaie und Krankheiten. Kleine und neugeborene Haie sind besonders gefährdet. Um zu vermeiden,dass ihre Jungen grösseren Haien zum Opfer fallen, ziehen sich die meisten Haiweibchen zumGebären ins geschützte Flachwasser zurück. Diese Hai-«Kinderstuben» sind für grössere Haieschwer zugänglich und somit sicher für die Haibabys und kleine Haiarten. Diese Hai-«Kinder-stuben» werden durch die Zerstörung unserer Umwelt immer rarer. Zudem leben mehr als 80 Pro-zent aller Haiarten in Küstennähe und sind somit direkt den vielen Schadstoffen, die von unserenFlüssen ins Meer eingebracht werden, ausgesetzt.

Knorpel und KnorpelpräparateHaiknorpel soll angeblich gegen Krebs helfen. Dieser Glauben zementierte das Buch «Sharks don’tget cancer» von William I. Lane. Heute ist bewiesen, dass Haie genauso Krebs bekommen wie derMensch. 42 Krebsarten sind inzwischen bei Haien und verwandten Arten registriert. – Zusätzlichwird Hai-Knorpel auch als Nahrungsmittel-Zusatz verkauft – ohne jedoch bis heute den Nachweiserbracht zu haben, dass Hai-Knorpel irgendeine bessere Wirkung als pulverisierte Schweinsohrenhat. Nur, Schweine sind nicht bedroht. – Bis heute ist aber keine seriöse wissenschaftliche Studiebekannt, in der eine Haiknorpelkur nachweislich eine Wirkung auf menschlichen Krebs zeigte.

VorurteileHaie gibt es viel zu viele… Falsch: Viele Haiarten sind stark gefährdet und einige sogar vom Aus-sterben bedroht! Haie sind primitiv… Falsch: Haie sind nicht primitiv, sondern hochspezialisiert!Haie sind böse… Falsch: Haie sind wilde Tiere wie Löwen oder Wildschweine! Haie sind gross…Falsch: Die Mehrheit aller Haie ist eher klein! Haie fressen Menschen… Falsch: Menschen passennicht ins Nahrungsspektrum der Haie! Haie sind für das Ökosystem der Meere unwichtig… Falsch:Haie sind enorm wichtig für das marine Ökosystem! Haie sind Fressmaschinen… Falsch: Haie fres-sen nicht mehr, sondern of weniger als andere Tiere! (Quelle: Shark Foundation)

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Ein perfektes RaubtierDass sich Haie Booten nähern, hat dem-nach nichts mit Mordlust zu tun. Wirwissen heute, dass elektrische Felder,die durch Metall und Motoren erzeugtwerden, die Tiere anlocken. Ihre emp-findlichen Sinnesorgane lassen sie ver-muten, es gebe eine Beute. Denn Haiesind mit Sinnesorganen ausgestattet, dieihresgleichen suchen. Sie können Schall-wellen über Distanzen von über fünfKilometer auffangen und die Lärmquelleauf den Quadratmeter genau orten. Ge-rüche vermögen Haie selbst in homöo-pathischer Verdünnung aufzuspüren. Sieriechen einen Tropfen Fischextrakt ineinem etwa tausend Quadratmeter gros-sen und zwei Meter tiefen Becken.

Haie reagieren sehr empfindlich aufDruck und Wasserverschiebungen, wasin die Praxis umgesetzt einem perfektenTastsinn gleichkommt. Einzigartig inder Tierwelt ist die Tatsache, dass Haiein der Lage sind, die erhöhte Körper-spannung eines verwundeten oder inPanik geratenen Lebewesens zu registrie-ren, ja sogar dessen Herzschlag zu hören.Geleitet von solchen Wahrnehmungenfindet der Hai seine Beute selbst beiDunkelheit oder trübem Wasser.

Sein Körper besteht nur aus Muskelnund Knorpel, und dank seiner hydro-dynamischen Körperform kann er mitGeschwindigkeiten von über 60 Stunden-kilometern durchs Wasser ziehen. Zahn-probleme kennen die Tiere nicht. Das

sogenannte Revolvergebiss kann aussechs bis sieben Reihen messerscharferZähne bestehen. Bricht ein Zahn ab, rücktautomatisch der nächste nach. All das,verbunden mit einer über 400 MillionenJahre langen Entwicklungszeit, machtden Hai zum perfektesten Raubtier über-haupt. Er setzt aber seine Fähigkeitennur zum Nahrungserwerb ein und istweit davon entfernt, aus purer Mordlustzu töten.

Die Gesundheitspolizei des MeeresHaie spielen im marinen Ökosystem eineabsolute Schlüsselrolle. Sie stehen amEnde der Nahrungskette und kontrollie-ren ihrerseits andere Räuber, die sonstden Fischbestand, der auch uns Men-schen als Nahrung dient, ausrotten wür-den. Durch das Fehlen der Haie vermeh-ren sich auch Fische unkontrolliert, dar-unter auch kranke und schwache Tiere,deren Fortpflanzung jedoch für eine ge-sunde Population schädlich ist. Durchdas Wegbleiben ihrer natürlichen Feindesind auch im und am Wasser lebendeSäugetiere betroffen, wie die Beispiele inAustralien, aber auch Südafrika zeigen.

All das und vieles mehr beweist klar,wie wichtig die Haie für die Meere, wieauch für uns Menschen sind. Über 400Millionen Jahre haben die Haie überlebtund allen Veränderungen unserer Erd-geschichte getrotzt. Es ist mehr als nur

bedenklich, dass ein vom Menschengeprägtes Image, gepaart mit einemSuppenrezept und dem Glauben an hei-lende Kräfte, das Ende einer Tierart be-deuten könnte.

Die leider noch weit verbreitete Mei-nung, wir könnten auf die Haie ver-zichten, erweist sich nämlich als gefähr-licher Bumerang. Erich Ritter hat esauf den Punkt gebracht: «Wenn die Haiesterben, stirbt das Meer und wenn dasMeer stirbt, sterben die Menschen.» ■

Haie – gejagte Jäger NATUR

INFOB OX

Haischutzorganisationen• Shark Foundation, Dr. Alexander Godknecht

Blütenstrasse 4, 8057 Zürichwww.hai.ch, [email protected]

• Project Aware FoundationOberwilerstrasse 3, 8442 HettlingenTelefon 052 243 32 32, Fax 052 243 32 33www.projectaware.org, [email protected]

• Sharkproject e.V., Internationale Initiative zum Schutz und zur Erforschung der Haie e.V.,Frankfurter Strasse 111 b63067 Offenbach, DeutschlandTelefon +49 69 98 64 530Fax +49 69 98 64 53 30www.sharkproject.com, [email protected]

• Hailife-Kampagne, Postfach 16 7455006 Mainz, DeutschlandTelefon +49 6704 609, Fax +49 6704 95 93 [email protected]

Literatur• Ritter: «Mit Haien sprechen»

Verlag Kosmos, 2004, ISBN: 3-440098-07-9,Fr. 42.–

• Ritter: «Das Lächeln der Haie», Verlag Dr. Werner Steinert, ISBN 3-931309-07-x, Fr. 31.70

• Ritter/Brunnschweiler: «Körpersprache der Haie», Verlag Dr. Werner SteinertISBN 3-931309-08-8, Fr. 52.20

• Mojetta: «Haie – Biografie eines Räubers»Jahr Verlag, 2004, ISBN 3-86132-745-7, Fr.17.50

• Hennemann: «Fischführer Haie und Rochenweltweit», Jahr Verlag, 2001ISBN 3861325845, Fr. 60.40

• Cunningham-Day: «Sharks in Danger – GlobalShark Conservation Status with Reference to Management Plans and Legislation»englisch, Verlag Universal Publishers, 2001ISBN 1-58112-652-2, Fr. 45.–

Internet• www.iucnredlist.org (englisch)• www.sharkinfo.ch• www.elasmo.de• www.flmnh.ufl.edu/fish/sharks/isaf/

isafabout.htm (englisch, Internationale Stellefür Statistiken über Hai-Unfälle)

• www.haiwelt.de• www.haiseite.de

Material für Haiflossensuppe: Nur 14 Prozent eines Hais sind Flossen, der Rest wird als Abfall entsorgt

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Haai op die aas», ruft Andre Hart-man in kehligem Afrikaans undzeigt nach achtern, wo eine stahl-graue Rückenflosse die von Wind

und Wellen aufgewühlte Wasseroberflächedurchschneidet. Sicher mehr als zwei Meterdahinter schlägt das halbmondförmige Blattder Schwanzflosse und treibt den riesigengrauen, leicht braun gescheckten Körper aufuns zu.

Hai ans Boot heranführenMehr als drei Stunden lang haben wir in un-serem kleinen Boot ausgeharrt und in regel-mässigen Abständen immer wieder kleine

zerriebene Stücke von Thunfischleber insWasser geworfen. Niemand weiss, wie weitder Geruch von der Strömung weggetragenwurde, doch eines ist sicher; der GrosseWeisse vor uns hat ihn irgendwann in seineNase bekommen und ist ihm auf direktemWeg, wie ein Flugzeug dem Leitstrahl, zuunserem Boot gefolgt. Jetzt gilt es, das Tiernicht wieder zu verlieren. Dafür sorgt Andre,sicher der grösste Experte im Umgang mitWeissen Haien. Er kniet auf der kleinenPlattform am Heck und wirft dem Tier vor-sichtig ein grosses Stück Thunfisch vor dieNase, welches an einer dicken Leine befestigtist. Langsam zieht er diese wieder ein, wobei

der Hai, total auf den Köder fixiert, langsamaber sicher zum Boot folgt.

Hypnotiseur des grössten RaubtieresJetzt, wo der grosse kegelförmige Kopf fastden linken Motor berührt, taucht Andreseine Hand ins Wasser. Es scheint, der Hairealisiere erst jetzt die unmittelbare Nähedes Bootes, denn er leitet ein abruptesBremsmanöver ein. Dadurch steigt seinKopf direkt vor mir aus dem Wasser und ichblicke aus nur knapp einem Meter in seinriesiges Maul. Mehr als deutlich kann ichdie spitzen Fangzähne des Unterkiefers und

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Natürlich | 2-2007 15

Haie – gejagte Jäger NATUR

die grossen, messerscharfen Dreiecke desheruntergeklappten Oberkiefers sehen. Siegaben dem Tier vor Jahren den Namen:Carcharodon carcharius – der mit den ge-zackten Zähnen.

Andre wölbt die Hand um die Nase, alswolle er ihn streicheln. Der Hai legt seinenKopf noch weiter zurück und verharrt indieser Stellung, als stünde er mit demMenschen in einer geheimnisvollen Verbin-dung. Es herrscht absolute Stille, das einzigeGeräusch kommt aus meiner Kamera, dieBild für Bild einfängt, wie ein Mensch dasgrösste Raubtier auf unserem Planeten hyp-notisiert.

Bald ausgestorbenDer Augenblick scheint endlos. Tatsächlichdauert die Szene aber nur wenige Sekunden,bis Andre seinen Arm zurückzieht. EinigeHerzschläge lang schwebt der Hai in derLuft, bevor er seitlich ins Wasser zurück-sinkt. Noch kurz leuchtet sein weisser Bauchauf, dann verschwindet er in der grünblauenTiefe. Diese Reaktion der Weissen Haiestellen Wissenschafter vor neue Rätsel.

Ist es eine Art «tonische Immobilität»,verursacht durch die Körperspannung desMenschen, die von Haien millionenmal ver-stärkt spürbar ist? Überreizt das Magnet-feld des Menschen sein Gehirn oder ist er

ganz einfach verwirrt, weil seine Zähnenicht zu fassen kriegten, was ihm so naherschien?

Mein Job ist es aber nicht, das heraus-zufinden: Mit geht es darum, mit Bildernden Grossen Weissen ins rechte Licht zu set-zen und sein Image als Killer zu zerstören.Denn positive Werbung hat er dringend -nötig. Sonst kann es sehr bald sein, dassdieses Tier, das sechs Millionen Jahre unver-ändert überlebte, durch den Menschenweiterdezimiert wird, sodass unsere Kinderes in nicht einmal 50 Jahren nur noch imBilderbuch ansehen können.

Erlebnisbericht von Kurt Amsler