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1 Sprache – Denken – Wirklichkeit § 1: Die Ursprünge des linguistischen Relativismus Welches Verhältnis besteht zwischen menschlicher Sprache, menschlichem Denken und aussersprachlicher Wirklichkeit? – Diese Frage scheint auf den ersten Blick eine philosophische zu sein. Tatsächlich ist es in erster Linie der Philosoph Ludwig Witt- genstein, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Versuch einer Antwort liefert: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ 1 Für Wittgenstein ist Sprache folglich Ausdruck des Denkens – und darüber hinaus: Denn nach Wittgen- stein ist die Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken – von Wörtern und Sätzen – einzig durch ihren Gebrauch geprägt. Daher kann es keine Wirklichkeit und wohl auch kein Denken über den Sprachgebrauch hinaus geben 2 . Bemerkenswerterweise gibt sich Wittgenstein später weniger radikal: So benennt er die menschliche Spra- che in seinem Spätwerk „Philosophische Untersuchungen“ als „das Vehikel des Den- kens“, ordnet Sprache also dem Denken unter 3 . Parallel zur Philosophie besitzt jedoch auch die Sprachwissenschaft einen Zugang zum Thema „Sprache – Denken – Wirklichkeit“. Dieser ist allerdings zur selben Zeit pragmatischer. Dies lässt sich am Beispiel des amerikanischen Sprachwissenschaft- lers Benjamin Lee Whorf veranschaulichen. Nach Abschluss seines Studiums zum Chemieingenieur war Whorf in den 1920er Jahren als Inspektor für Brandverhütung im Dienste einer Versicherungsgesellschaft tätig. Hierbei beobachtete er unter ande- rem folgenden Fall (in deutscher Übersetzung): „ln einer Brennerei für Methylalkohol bestand die Isolierung der Destillierkolben aus einer Masse, die aus Kalkstein herge- stellt war und in der Brennerei ‘gerührter Kalkstein’ genannt wurde. Es wurde keiner- lei Vorsorge getragen, um diese Isoliermasse vor grosser Hitze oder Flamme zu schützen. Nach einiger Zeit griff das Feuer unter einem der Destilliergefässe auf den ‚Kalkstein’ über, der zum allgemeinen Erstaunen heftig brannte. Die essigsauren Dämpfe aus den Destillen hatten den Kalkstein (Kalziumkarbonat) in Kalziumazetat verwandelt. Wird dieses im Feuer erhitzt, so löst es sich unter Bildung des brennba- ren Azetons auf. Das unvorsichtige Verhalten, die Isoliermasse nicht gegen das Feu- er zu schützen, war (mangels besonderer Instruktionen!) durch den Gebrauch der Bezeichnung ‘Kalkstein’ herbeigeführt worden, weil dieser Name mit der Silbe ‘-stein’ endet und daher Unbrennbarkeit suggeriert.“ 4 1 Wittgenstein 1922, 5.6. 2 S. Vossenkuhl 2003, 142f. 3 Wittgenstein 1953, § 329. 4 Zitiert nach Whorf 1973, englisches Original aus Whorf 1941, 76: „In a wood distillation plant the metal stills were insulated with a composition prepared from lime- stone and called at the plant ‚spun limestone.’ No attempt was made to protect this

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Sprache–Denken–Wirkl ichkeit

§1:DieUrsprüngedesl inguistischenRelativismus

WelchesVerhältnisbestehtzwischenmenschlicherSprache,menschlichemDenkenundaussersprachlicherWirklichkeit?–DieseFragescheintaufdenerstenBlickeinephilosophischezusein.TatsächlichistesinersterLiniederPhilosophLudwigWitt-genstein,derzuBeginndes20.JahrhundertsdenVersucheinerAntwortliefert:„DieGrenzenmeinerSprachebedeutendieGrenzenmeinerWelt.“1FürWittgenstein istSprachefolglichAusdruckdesDenkens–unddarüberhinaus:DennnachWittgen-stein ist dieBedeutung von sprachlichenAusdrücken – vonWörtern undSätzen –einzig durch ihren Gebrauch geprägt. Daher kann es keineWirklichkeit und wohlauchkeinDenkenüberdenSprachgebrauchhinausgeben2.BemerkenswerterweisegibtsichWittgensteinspäterweniger radikal:SobenennterdiemenschlicheSpra-cheinseinemSpätwerk„PhilosophischeUntersuchungen“als„dasVehikeldesDen-kens“,ordnetSprachealsodemDenkenunter3.

Parallel zurPhilosophie besitzt jedoch auch dieSprachwissenschaft einenZugangzumThema„Sprache–Denken–Wirklichkeit“.Dieser istallerdingszurselbenZeitpragmatischer.DieslässtsichamBeispieldesamerikanischenSprachwissenschaft-lersBenjaminLeeWhorf veranschaulichen.NachAbschluss seinesStudiums zumChemieingenieurwarWhorf inden1920erJahrenalsInspektorfürBrandverhütungimDiensteeinerVersicherungsgesellschafttätig.Hierbeibeobachteteerunterande-remfolgendenFall(indeutscherÜbersetzung):„lneinerBrennereifürMethylalkoholbestanddieIsolierungderDestillierkolbenauseinerMasse,dieausKalksteinherge-stelltwarundinderBrennerei‘gerührterKalkstein’genanntwurde.Eswurdekeiner-lei Vorsorge getragen, um diese Isoliermasse vor grosser Hitze oder Flamme zuschützen.NacheinigerZeitgriffdasFeueruntereinemderDestilliergefässeaufden‚Kalkstein’ über, der zum allgemeinen Erstaunen heftig brannte. Die essigsaurenDämpfeausdenDestillenhattendenKalkstein (Kalziumkarbonat) inKalziumazetatverwandelt.WirddiesesimFeuererhitzt,solöstessichunterBildungdesbrennba-renAzetonsauf.DasunvorsichtigeVerhalten,dieIsoliermassenichtgegendasFeu-er zu schützen, war (mangels besonderer Instruktionen!) durch denGebrauch derBezeichnung‘Kalkstein’herbeigeführtworden,weildieserNamemitderSilbe‘-stein’endetunddaherUnbrennbarkeitsuggeriert.“4

1 Wittgenstein1922,5.6.2 S.Vossenkuhl2003,142f.3 Wittgenstein1953,§329.4 ZitiertnachWhorf1973,englischesOriginalausWhorf1941,76:„Inawooddistillationplantthemetalstillswereinsulatedwithacompositionpreparedfromlime-stoneandcalledattheplant ‚spunlimestone.’Noattemptwasmadetoprotectthis

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Derartige anekdotische Beobachtungen waren fürWhorf der Beleg, dass SpracheunsereWahrnehmungderWirklichkeitundunserDenkenbeeinflusst,wennnichtgarbestimmt.

DabeiwarBenjaminLeeWhorfbeileibenichtderersteSprachwissenschaftler, derzugunsteneinesengenVerhältnissesvonSprache,DenkenundindirektWirklichkeitplädierte. So gelangte bereits knapp ein Jahrhundert zuvorWilhelm vonHumboldtzurAnsicht,Sprachesei „durchauskeinblossesVerständigungsmittel,sondernderAbdruck des Geistes und der Weltansicht des Redenden“5. In der Folge kamenFranzBoasundEdwardSapirzuähnlichenErgebnissen.6

RückblickendsindderartigeVersucheunterdemEtikettder„Sapir-Whorf-Hypothese“indieWissenschaftsgeschichteeingegangen:DemnachsinddiemenschlicheWahr-nehmungbzw.InterpretationderWirklichkeitunddasmenschlicheDenkennichtob-jektiv, sondern stets relativ.Denn sie sind durch die jeweilige individuelleSprachebeeinflusst (moderateFormderHypothese imSinneeines„linguistischenRelativis-mus“)odergardurchdiesebestimmt(extensiveFormderHypotheseimSinneeines„linguistischenDeterminismus“)7. IndenWortenvonBenjaminLeeWhorf: „Wearethusintroducedtoanewprincipleofrelativity,whichholdsthatallobserversarenotledbythesamephysicalevidencetothesamepictureoftheuniverse,unlesstheirlinguisticbackgroundsaresimilar,orcaninsomewaybecalibrated.“8Dabeiseiver-einfachendangenommen,diedemIndividuumunterliegendensprachlichenStruktu-ren(bzw.indenWortenvonWhorfdie„linguisticbackgrounds“)seiennebstanderenFaktorendurchdiejeweiligekulturelleUmgebung(alsTeilderWirklichkeit)geformt.Folglich setzt die Theorie einen Kreislauf voraus: „Kultur (als Teil derWirklichkeit)

thiscoveringfromexcessiveheatorthecontactofflame.Afteraperiodofuse,thefirebelowoneof thestillsspread to the ‘limestone;’which toeveryone’sgreatsur-priseburnedvigorously.Exposuretoaceticacidfumesfromthestillshadconvertedpartofthelimestone(calciumcarbonate)tocalciumacetate.Thiswhenheatedinafiredecomposes, forming inflammableacetone.Behavior that tolerated fireclose tothecoveringwasinducedbyuseofthename‘limestone,’whichbecauseitendsin‘-stone’impliesnon-combustibility.“5 Humboldt1973(1827),23.6 S.dieDetailsbeiKoerner1992.7 Für die Zwecke diesesBeitrags genügt diese imText oben gewählte, ober-flächliche Formulierung der Sapir-Whorf-Hypothese. Eine vertiefte Diskussion überdieFormulierungderHypotheseundihrerformalenBestandteilefindetsichbeiLucy1997,294f.8 Whorf1940,214.

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formtSprache.→SprachebeeinflusstDenken.→DenkenverändertKultur (alsTeilderWirklichkeit).→Kultur(alsTeilderWirklichkeit)formtSprache→…“9

§2:Relativismus/DeterminismusversusNativismus

DieAttraktivitätder„Sapir-Whorf-Hypothese“inihrerursprünglichenFormistbisheu-teungebrochen.Allerdingsnahmdas linguistische Interessean ihrseitden1950erJahrenzunächstmerklichab.DenndasAufkommendeslinguistischenNativismus–das inersterLiniedurchdieArbeitenvonNoamChomskygefördertwurde– führtezu einem Umdenken: Gingen der linguistische Relativismus bzw. Determinismusnoch davon aus, die durch die umgebende Kultur geformte Sprache eines Indivi-duumsbeeinflussebzw.bestimmeseinDenken,sonahmderNativismuseineradi-kaleGegenpositionein:Spracheistangeboren,undihreuniversalenStrukturenwer-denwährenddesSpracherwerbsaktiviert.DaherkönnenkulturelleEinflüssegrund-sätzlich nicht in dieSprache bzw. ihreStrukturen eindringen und damit auch nichtdasDenkeneinesIndividuumsprägen.

AusheutigerWartehatsichdasBlattallerdingswiedergewendet:Gegendenlingui-stischenNativismusbzw.gegendasvonihmpostulierteKonzepteinerangeborenenUniversalgrammatiksindvorallemindenletzten20JahrengewichtigeStimmenlautgeworden.Es isthiernichtderPlatz,nurannäherndüberdieKontroversezu infor-mieren10.FürdieZweckediesesBeitragsisteinzigzweierleirelevant:

• Schwer zu bestreiten bleibt aufGrund empirischerHinweise, dass imSinnedeslinguistischenNativismuszumindesteingrammatischesVerarbeitungssy-stemangeboren ist.UmnureinendieserHinweisezunennen: IneinerVer-suchsreihe erwarben Lernende grammatische sowie ungrammatische (derUniversalgrammatik natürlicherSprachennicht entsprechende)Regeln einerihnenzuvorunbekanntenFremdsprache.InderFolgewurdensiemitSätzeninderentsprechendenFremdsprachekonfrontiert. ImFallevongrammatischgebautenSätzenergabsich – imGegensatz zuungrammatischenSätzen –

9 InWirklichkeitäussernsichsowohlEdgarSapirwieBenjaminLeeWhorfeherdiffus zumVerhältnis zwischenSprache undKultur. Zwar nehmen die beidenEin-flüssevonSpracheaufdieumgebendeKulturan (s.Lucy1992a,19ff.bzw.63ff.),klammernjedochandereFaktorenaus,welchedieKultureinerGesellschaftkonstitu-ieren.Deroben imTextangenommeKreislaufwilldiesesMankoausgleichen.– ImÜbrigengeht dieserBeitrag nicht auf dieFrageein, ob unsereGedanken inFormvonSprachevorliegen.WieCasasanto2008,63ff.zeigt,hängtdieWhorf’scheFrage(„Beeinflusst Sprache unser Denken?“) zumindest nicht mittelbar mit der Frage„Denkenwir inSprache?“zusammen.S. füreineaktuelleÜbersichtzurDiskussionüber letztgenannte Frage Gleitman/Papafragou 2005, 637 sowie Boroditsky/Prinz2008,98ff.10 S.füreineaktuelleKritikamNativismusLevinson2003.

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beidenProbandeneineerhöhteAktivitätimSprachzentrumdesBroca-Areals.Daraus folgt: Das menschliche Hirn besitzt die angeborene Fähigkeit, un-grammatischstrukturiertevongrammatischstrukturiertenSequenzenzutren-nen11. Dieses angeborene grammatische Verarbeitungssystem umfasst zu-mindest die erforderlichen syntaktischenRegeln, umeinzelneElemente desLexikons miteinander zu verknüpfen und in eine Hierarchie zu bringen. EsscheintinderTierweltkeinerleiEntsprechungzufinden.

• VomererbtengrammatischenVerarbeitungssystem losgelöst istdasLexikonzubehandeln(wozugemäss jüngstergenerativistischerAuffassungauchdieMorphemegehören).EsisterstensinanderenRegionendesHirnszuveror-ten12. Und beruht zweitens auf anderen hierarchischen Strukturen als dasgrammatischeVerarbeitungssystem,dieansatzweisebereitsbeiPrimatenzufindensind13.

DieseTrennungvongrammatischemVerarbeitungssystemundLexikonbedeutetfürdiePlausibilitätder„Sapir-Whorf-Hypothese“Folgendes:DadasgrammatischeVer-arbeitungssystembisaufWeiteresangeborenunddamituniversalscheint,sindInter-ferenzen zwischen Sprache und Denken im Bereich der Syntax ausgeschlossen.Hingegenbleibensogenannte„Whorf’scheEffekte“imBereichdesLexikonsimwei-terenSinne–also imBereichder lexikalischenundmorphologischenKategorien–vorerstdenkbar.

§3:DieRückkehrder„Sapir-Whorf-Hypothese“

NichtzuletztaufGrundderzunehmendenZweifelam linguistischenNativismuser-fährtdie„Sapir-Whorf-Hypothese“seitden1980erJahreneinleisesComeback.Da-bei lässt sich der Versuch erkennen, die bislang theoretisch wie empirisch nurschwach gestützte Hypothese14 auf ein solides Fundament zu stellen. Charakteri-stischhierfürsind…

11 Mussoetal.2003,777f.:„Thisstandsasneurophysiologicalevidencethattheacquisitionofnewlinguisticcompetenceinadultsinvolvesabrainsystemthatisdif-ferentfromthatinvolvedinlearninggrammarrulesthatviolateUG.Morespecifically,ourresultsshowthatBroca’sareahasakeyroleintheacquisitionof ‘real’rulesoflanguage, independentof the linguistic family towhich the languagebelongs.“–S.zurBedeutungdesBroca-ArealszuletztSahinetal.2009.12 S. Indefrey/Levelt2004:So istanderProduktion lexikalischerElementev.a.derGyrusTemporalisMediusbeteiligt.13 S.Tallerman2009.14 S.Lucy1997,294:„Surprisingly,therehasbeenanalmostcompleteabsenceofdirectempiricalresearchthroughmostofthepresentcentury–perhapshalfado-zenstudiesuptoadecadeago…Theneglectofempiricalworkissoconspicuous

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a. einepräzisierteEingrenzungderHypothese15: ImRahmenderzentralenFrage„Wiebeeinflussteineindividuelle,natürlicheSprache16unsereInterpretationderWirklichkeitbzw.dasDenkendarüber?“steht…

• „Sprache“ für die lexikalisch-morphologischen Merkmale einer Sprache(wasimEinklangmitderobenin§2vorgenommenenEingrenzungsteht).

• „Denken“ fürdieunmittelbarenWahrnehmungen, fürdieEinordnungdie-serWahrnehmungennachindividuellenodersoziokulturellenMustern,fürdie Speicherung dieser eingeordneten Wahrnehmungen im Gedächtnis,fürInferenzenundfürästhetischeUrteile.

• „Wirklichkeit“füralltägliche,traditionelleundbesondereKontexte.

b. eine klare Typologie der unterschiedlichen Methoden, sich der Hypothesewissenschaftlichzunähern17:Hierzugehören…

• die Methode der strukturorientierten Annährung („structure-centered ap-proach“):Sieuntersucht,obundwiesichUnterschiedeinderlexikalischenundmorphologischenStrukturder jeweiligenEinzelsprachen(z.B.die le-xikalischeKategorie derBezeichnungen für die zeitlicheOrientierung) inder Interpretation der Wirklichkeit und im Denken der jeweiligen Spre-cher/innenniederschlagen.

• dieMethodederandenmenschlichenWahrnehmungsfeldernorientiertenAnnäherung („domain-centered approach“). Sie fragt nach, wie zentraleBereiche dermenschlichenWahrnehmung in den jeweiligen Einzelspra-chen realisiert sind (z.B. die lexikalischen Kategorien der Farbbezeich-nungenoderdieBezeichnungenfürdieräumlicheOrientierung)–undobzwischen unterschiedlicher Wahrnehmung und Struktur der jeweiligenEinzelsprachenEntsprechungenbestehen.

• die Methode der verhaltensorientierten Annäherung („behavior-centeredapproach“): Sie geht von unterschiedlichenVerhaltensweisen von indivi-duellenSprachgemeinschaftenausunduntersucht,obdieseunterschied-

thatitmustberegardedasoneofthecentralcharacteristicsofthisareaofresearch…“15 S.Lucy1997,294f.16 ImSinnevonLucy1996,37ff.stelltdie „Sapir-Whorf-Hypothese“ imeigentli-chen Sinne nicht die generelle Frage „Wie beeinflusst Sprache das menschlicheDenken?“(vonLucy,l.c.„semioticrelativity“genannt),sonderndieFrage„Wiebeein-flusstdievonunsgesprochene,natürlicheSpracheunserDenken?“ (vonLucy, l.c.„linguistic(orstructural)relativity“genannt).17 S.Lucy1997,295ff.

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lichenVerhaltensweisenmitUnterschieden inderStrukturder jeweiligenEinzelspracheneinhergehen.

c. dasBekenntniszurempirischenUntermauerungderHypothese:Dementspre-chendsolltenentsprechendeStudien…18

• dieEvidenzausmindestenszweiSprachengegenüberstellen.

• alsUntersuchungsgegenstandmindestenseineodermehrereübergeord-nete lexikalischeodermorphologischeKategorienderbetreffendenSpra-chen(gemäss§2)heranziehen.

• eine klar definierte aussersprachliche „Realität“ als Vergleichsmassstabverwenden.

• vom sprachlichen Untersuchungsgegenstand ausgehende VoraussagenüberdiekognitiveStrukturderbetreffendenSprecherinnenbzw.SprecheranaussersprachlichenVerhaltensweisenprüfen.

Geradeindenletzten20JahrensindzahlreicheStudienerschienen,diediesenAn-forderungengerechtwerden.Siebefassensich–nebstdenbereitsgenanntenlexi-kalischenKategorienderFarbbezeichnungenoderderBezeichnungenfürdieräum-lichesowiezeitlicheOrientierung–unteranderemmitdenmorphologischenKatego-riederZahl-undMassbezeichnungensowiedesgrammatischenGeschlechts19.

DiemethodischeVerbesserungunddieVielseitigkeitderStudienhatzubeachtlichenResultaten geführt. DieseResultate sind allerdings in ihrer Aussage überraschendkomplexundlassensichschweraufeinenNennerbringen.EineindeutigesUrteilzurGültigkeitder„Sapir-Whorf-Hypothese“liegtdaherbisjetztnichtvor20.ImFolgendensollderaktuelleWissensstandanhanddes repräsentativenBeispielsderZahl-undMengenbezeichnungenillustriertwerden.

§4:DasBeispielderZahl-undMengenbezeichnungen

Die Sprachen derWelt gehen zur Zahl- undMengenbezeichnung unterschiedlicheWege.SobesitzendieSprachen indoeuropäischenUrsprungswieetwadasDeut-scheoderEnglischeeinegrammatischeKategorie „Numerus“undbezeichneneineMehrzahlobligatorischdurcheinPluralaffix (z.B.dt.Sg.dieFrau→Pl.dieFrauen;engl.thestone→Pl.thestones)21.Sieunterscheidendemnachkonsequentzwischen

18 S.Lucy/Gaskins2001,258f.19 S.füreinerepräsentativeÜbersichtBoroditsky2003.20 S.dasUrteilvonBoroditsky2003,917:„Somestudieshaveclaimedevidencetotheaffirmative…,whileothersreportevidencetothecontrary…“21 EinenÜberblicküberdieunterschiedlichenNumerussystemeindenSprachenderWeltunddiehistorischeEntwicklungliefertLehmann2002,50ff.–Esseinach-getragen,dassdieobligatorischeBezeichnungdesPluralsamEndederSprachent-

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zählbarem Individualbegriff (z.B. dt.Reiskorn) und nicht zählbarem Mengenbegriff(z.B. dt.Reis). Folglich sind dieBegriffe in ihremLexikon in derRegel hinsichtlichFormbzw.Gestaltsemantischdefiniert.

AndereSprachenkennenkeineobligatorischePluralbezeichnung.HierzugehörtdasyukatekischeMaya – eine am östlichen Zipfel derHalbinsel Yucatan gesprocheneIndianersprache. Das Yukatekische kennt zwar ein Pluralaffix -o'ob’: vgl. z.B. Sg.pèek „Hund“→Pl.pèek-o’ob’ „Hunde“22.DochwirddiesesPluralaffix fakultativundnur bei Begriffen für belebte Objekte verwendet. Eine Äusserung wie yàan pèek’té’elo’„dortdrübenisteinHund/sindHunde“ohnePluralaffixistimYukatekischenal-sogrammatisch.DabeiistdashinsichtlichdesNumerusneutralepèek„Hunde“eineArtMengenbezeichnung,vergleichbarmitdt.WildinAussagenwiedt.dortdrübenistWild.

Sprachen ohne oder mit nur eingeschränkter Pluralbezeichnung scheinen folglichkeinekonsequenteUnterscheidungzwischenzählbarem Individualbegriffundnicht-zählbaremMengenbegriffvorzunehmen.UmgekehrtsinddieBegriffe in ihremLexi-koninderRegelhinsichtlichMaterialbzw.Beschaffenheitsemantischdefiniert.

UmhinsichtlichdesNumerusdennochsemantischeKlarheitzuschaffen,greiftdasYukatekische(wieandereSprachenähnlicherStruktur)zufolgenderStrategie:Wirdein–i.d.R.hinsichtlichdesNumerusneutrales–SubstantivinKombinationmiteinemZahlwortverwendet,ergänzteinNumeralklassifikatordasZahlwort:z.B.ka’-túulxib„zweiMänner“,ka’-p’éel tunich „zweiSteine“.DerNumeralklassifikatornimmtdabeiaufdieFormbzw.dieGestalt des folgendenBegriffsBezug:Sosteht -túul für „ei-genständige,losgelösteGestalt“,-p’éelfür„dreidimensionaleGestalt“.EinSyntagmawieká’a-tz’iit kib’ „zweiKerzen“ zukib’ „Wachs“ stehtursprünglich für „zwei lange,dünne(Einheiten)Wachs“(Numeralklassifikator-tz’iit).DamitentsprichtesfunktionaleinemdeutschenSyntagmadesTypuszweiGläserWasserzuWasser23.

Ausgehend von dieser Analyse und im Zusammenhang mit der „Sapir-Whorf-Hypothese“stelltsichfolgendeFrage:BeeinflussendiebeidenunterschiedlichenSy-stemezurBezeichnungvonZahlundMengediekognitiveStrukturihrerSprecher?–Inmehreren,den in§3beschriebenenAnforderungengenügendenStudienunter-suchteJohnA.Lucy(teilsinZusammenarbeitmitSuzanneGaskins)seitBeginnder90erJahredieseFrage24.HierbeistellteerdasVerhaltenvonSprecherndesYuka-

wicklungschwindenkann:soetwaimDeutschen,wodiePluralbezeichnunginFällenwie(Sg.)derWagen=(Pl.)dieWagenaufgehobenist.22 S.zurPluralbildungimYukatekischenausführlichLucy1992b,46ff.23 Weitere Entsprechungen vonNumeralklassifikatoren und deutschenSyntag-mennenntLehmann2000.24 Lucy1992b,85ff.sowieLucy/Gaskins2001.

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tekischen demjenigen vonSprechern desEnglischen gegenüber und ging von fol-gender,zweiteiligenHypotheseaus:

• Das Englische unterscheidet konsequent zwischen zählbarem Individualbegriffmit grammatischem Plural und nicht-zählbarem Mengenbegriff ohne grammati-schenPlural; indersemantischenStrukturseinesLexikonssindBegriffefolglichhinsichtlich ihrer Form bzw. Gestalt verankert25. Sollte sich die semantischeStrukturinderkognitivenStrukturniederschlagen,müsstenseineSprechermehrGewichtaufFormbzw.Gestalt sowieaufdieAnzahlderbeobachtetenObjektelegen.

• DasYukatekischeunterscheidetnurbeschränkt zwischenzählbarem Individual-begriff undnicht-zählbaremMengenbegriff.VieleNomina sindhinsichtlichFormbzw.Gestaltwenigbestimmt(fürdieSpezifizierungenwerdenNumeralklassifika-torenverwendet);indersemantischenStrukturseinesLexikonssindBegriffefolg-lichhinsichtlichihresMaterialbzw.ihrerBeschaffenheitverankert.SolltesichdieSprachstrukturinderkognitivenStrukturniederschlagen,müsstenseineSprechermehrGewichtaufMaterialbzw.BeschaffenheitderbeobachtetenObjektelegen–hingegenAnzahlundFormbzw.GestaltausserAchtlassen26.

IneinererstenVersuchsreihewurdendieProbandenmitAlltagsszenenkonfrontiert,wobeisiesichandieimBildgezeigtenTiere,Gerätebzw.MaterialienundderenAn-zahlerinnernmussten.IneinerzweitenVersuchsreiheerhieltendieProbandenDrei-ergruppenähnlicherObjektevorgesetzt,vondenen jeweilseinObjektalsReferenz

25 S. für die Annahme unterschiedlicher lexikalischer Strukturen Lucy 1992b,88f.:„…thedifferenceinpluralizationpatternsbetweenEnglishandYucateciscon-nectedtoacovertdifferenceinthefundamentalsemanticstructureoflexicalitemsinthe two languages.… In particular,manyEnglish lexical items seem to encode apresupposable unit as part of their inherent meaning, whereas corresponding Yu-cateclexicalitemsdonot.“26 S.einerseitszurFragederSensitivitätgegenüberderAnzahlvonbeobachte-tenObjektendieFormulierungLucy1992b,87:„Thus,inspeaking,Englishspeakersmustobligatorilyattendto,anddifferentiallysignal,numberwhereYucatecspeakersneednot.Ifthislinguisticpatterntranslatesintoageneralsensitivitytonumber(i.e.,oneversusmany)inothercognitiveactivities,thenEnglishspeakersshouldhabitu-allyattendtothenumberofvariousobjectsofreferencemorethanshouldYucatecspeakers.“–S.andererseitszurFragederSensitivitätgegenüberForm/Gestaltver-susMaterial/BeschaffenheitdieFormulierungbeiLucy/Gaskins2001,262: „If theselinguisticpatternstranslateintogeneralcognitivesensitivitytothesepropertiesofre-ferentsofthediscretetype,thenYucatecspeakersshouldattendrelativelymoretothe material composition of objects (and less to their shape), whereas Englishspeakers should attend relatively less to thematerial composition of such objects(andmoretotheirshape).“

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fungierte, diebeidenanderenmit demReferenzobjekt entwederForm/Gestalt oderMaterial/Beschaffenheit teilten.DieProbandenmussteninderFolgefestlegen,wel-chesderbeidenObjektedemReferenzobjektstärkerentspreche.DabeistellteLucyfest,dass…

• dieSprecherdesEnglischensichindererstenVersuchsreihejeweilsbesserandie genaue Zahl des Vorkommens erinnerten als die Sprecher des Yukateki-schen.DabeistiegderUnterschied inderBehaltensleistung,wenndieProban-dennach(unbelebten)Gerätengefragtwurden27.

• im zweitenVersuchdieSprecher desEnglischenalsEntsprechung zumRefe-renzobjekt mehrheitlich dasjenige Objekt wählten, das dem Referenzobjekt inForm/Gestaltentsprach–dieSprecherdesYukatekischenumgekehrtdasjenigeObjekt,dasdemReferenzobjektinMaterial/Beschaffenheitentsprach28.

DamitschiendievonLucyformulierteHypothesebestätigt:DiekognitiveStrukturderSprecherdesEnglischenbzw.YukatekischenwurdevonderjeweiligenSprachstruk-turbeeinflusst–womitauchdie„Sapir-Whorf-Hypothese“zumindestineinermodera-tenAuslegungbestätigtwar.

§ 5: Die „Sapir-Whorf-Hypothese“ – und die Zahl- undMengenbezeich-nungenaussprachhistorischerWarte

LucysInterpretationundseineErkenntnissegemäss§4sindbisheutekaumbestrit-ten29.SiescheinenvielmehrdurchweiterekontrastiveStudienzusätzlichbestätigt30.Die These, die Art undWeise der Zahl- undMengenbezeichnung in einer Einzel-sprache übe einenEinfluss auf dasDenken und dieWirklichkeitsinterpretation derSprecheraus, istallerdingsengmiteinersynchronenAuffassungvonSprachever-knüpft.Hingegen lässt sie die diachroneSichtweise unberücksichtigt,wonach jedenatürlicheSprachesich instetigemWandelbefindet.SollteeineSprachedasDen-kenihrerSprecherbeeinflussen,somüsstesichdiesesDenkenfolglichparallelzurSprache ebenso stetig verändern – eine Implikation, die von der „Sapir-Whorf-Hypothese“ausserAchtgelassenwird.

Bereits a priori scheint diese Implikation befremdlich. Sie wirkt umso problemati-scher, als Sprachwandel gerne völlig autonom innerhalb eines geschlossenen

27 ResultatebeiLucy1992b,104ff.28 ResultatebeiLucy1992b,136ff.29 S. etwazustimmendBoroditsky2003 (ib., 919: „These findings suggest thataspectsofgrammarcaninfactshapethewayspeakersofalanguageconceptualizetheshapesandmaterialsofobjects“)oderLevinson2003(ib.41:„Thesuggestionisthat the pattern in the grammar has far-reaching correlations with implicit mentalcategories“). 30 S.füreineaktuelleForschungsübersichtBarner/Inagaki/Li2009,329ff.

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Sprachsystemserfolgt.DieslässtsichanderEntstehungvonNumeralklassifikatorenimYukatekischenillustrieren31:

• KardinalzahlensindalsSubstantiveoderAdjektive indiegrammatischeStruktureinerEinzelspracheintegriert.

• Dabeigilt:JeadjektivischerderStatusdieserKardinalzahlenist,destoeherbenö-tigensieStützwörter.EntsprechendeStützwörtererscheinenzunächstinanapho-rischenKonstruktionen.EinSyntagmawie yukatekischHay-túul-e’x? „Wie vieleseid ihr?“–Óox-túul-o’n „Wirsinddrei (Mann)“ findetdabei indt.Wievieleseidihr?–WirsinddreiManneineexakteEntsprechung.SowohlderNumeralklassifi-kator-túulalsReferenzaufbelebteWesenimYukatekischenalsauchdt.Manndienen als Stützwort für das entsprechende Zahlwort. Dies lässt sich im Deut-schenübrigensauchdaranerkennen,dassManneineSonderformaufweist–derregulärePlurallautetdreiMänner,wärejedochinderAntwortWirsinddreiMän-nerungrammatisch32.

• AusgehendvombeschriebenenanaphorischenGebrauchgelangendieseStütz-wörterhinterKardinalzahlenauchinnicht-anaphorischeKontexte.SiewerdensozuNumeralklassifikatorenundbildenmitderKardinalzahleineKlassifikatorphra-se:vgl.yukatekischHe’lóox-túulmáak-a’„HiersinddreiPersonen“.

• Vorerst verfügt dieSprache über eineVielzahl semantisch und funktional diffe-renzierter Numeralklassifikatoren. Die fortschreitende Grammatikalisierung äu-ssertsichinderFolgeinderstarkenReduktiondieserVielzahl,wiesichgutamYukatekischenerkennen lässt:DasmoderneYukatekischesollnochknapp100unterschiedlicher Numeralklassifikatoren kennen33. Tatsächlich jedoch ist derenGebrauchinzwischenstarkgrammatikalisiert,sodassnurnochwenigelebendigsind.Sodient -túul inzwischenalsuniversalerNumeralklassifikatorbeibelebtenWesen, -p’éelbei unbelebtenObjekten. Zusätzlich lässt sich beobachten, dass-p’éelalsunmarkierteForminzwischenauchaufbelebteWesenreferierenkann.

DieseEntstehungvonNumeralklassifikatorenisteinsprachimmanenterProzessundfolgt einemoft beobachtetenGrammatikalisierungspfad: InmanchenSprachen ha-benKardinalzahlenadjektivischenStatusundkönnennichtselbständigimSatzste-hen.DaherbenötigensieStützwörter,ausdenendieNumeralklassifikatorenhervor-gehen.DiestrifftetwafürdieKardinalzahlenimYukatekischenzu–allerdingsnurfürdieeinheimischen.DenndieausdemSpanischenentlehntenKardinalzahlenbenöti-genwieimSpanischenselbstkeineNumeralklassifikatoren:z.B.cuatroxib-o’b„vierMänner“mitausdemSpanischenentlehntenZahlwortcuatroohneNumeralklassifi-kator(versuskán-túulxibmiteinheimischemZahlwortkán-mitNumeralklassifikator).

31 S.fürdiefolgendeDarstellungLehmann2010.32 S.Lehmann2000,252.33 S.dieAuflistungbeiRomeroCastillo1961.

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FürdieBeurteilungder„Sapir-Whorf-Hypothese“führtdieseEinsicht inSprachwan-delprozessezufolgendemSchluss:Spracheverändertsichstetiginsprachimmanen-tenProzessenentlangoftzubeobachtenderGrammatikalisierungspfade.SollteeineEinzelsprache die kognitiven Strukturen ihrer Sprecher beeinflussen oder garbestimmen, so müssten sich diese kognitiven Strukturen parallel zur betreffendenEinzelsprachewandeln.Dieswürde letztlichbedeuten,dassdasmenschlicheDen-kendurchdenautonomenRhythmusvonSprachwandelbestimmtundquasidurchSprachwandelferngesteuertwäre–undsichdarüberhinausnurinnerhalbfestgeleg-terGrenzenundentlangbewährterWegeentwickelnkönnte.

DiediachroneSichtweise führtbeiAkzeptanzder „Sapir-Whorf-Hypothese“ letztlichalsozueinerweit radikalerenVorstellung,alssieohnehinbereitsvondersynchro-nenSichtweisegefördertwird:UnserDenkenistvoneinemvonderWirklichkeitab-gekoppeltenSystem,demSprachsystem,abhängig, inderzukünftigenEntwicklungvorbestimmtsowiestarkeingeschränkt.

§6:Sind„Whorf’scheEffekte“sprachgesteuert?

Angesichtsder radikalenVorstellung,wiesie in§5 formuliert ist,stelltsichdie fol-gendeFrage:Gestattendiein§4beschriebenenResultateeinealternativeInterpre-tation?–TatsächlichwerfenaktuelleStudienundVersuchsreihen in folgenderHin-sichteindifferenziertesLichtaufdie„Sapir-Whorf-Hypothese“.

Gehenwir,wieesetwadieBeobachtungenin§5nahelegen,davonaus,dassSpra-cheeingeschlossenesSystemdarstellt.IndiesemFallkönntendiein§4beschrie-benenBeobachtungensystembedingt sein.Hierbei ist auf einenVersuch vonMut-sumiImaiundDedreGentnerzuverweisen34.DieAutorenkonfrontiertenerwachse-neSprecherdesEnglischenundJapanischensowieKinderimAltervon2und4Jah-renmit–teilsungewöhnlichen–Referenzobjekten.DieReferenzobjektewarenkom-plexerGestalt,einfacherGestaltoderstelltenSubstanzendar. JedemReferenzob-jekt waren jeweils zwei ähnliche Objekte zugeordnet, die sich entweder inForm/Gestalt oder inMaterial/Beschaffenheit vom jeweiligen Referenzobjekt unter-schieden.DieReferenzobjekteselbstwurdenmitdenProbandenunbekanntenNon-sens-Begriffen (z.B. „blicket“)benannt.DieProbandenwurdennunzu jedemRefe-renzobjektgebeten,dasjenigederbeidenjeweilszugeordnetenObjektezunennen,aufdassichderNonsens-Begriff ihrerAuffassungnachebensowieaufdenRefe-renzbegriffanwenden lasse („Wo ist ‚blicket’enthalten?“).Hierbei zeigtesich,dass…

• dieSprecherdesEnglischenwiedesJapanischenbeinaheunabhängigvonderAltersklasseeinemReferenzobjekt komplexerGestaltmehrheitlich dashinsicht-lichForm/GestaltentsprechendeObjektzuordneten.

34 Imai/Gentner1997.

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• dieSprecherdesEnglischeneinemReferenzobjekteinfacherGestaltmehrheitlichdas hinsichtlich Form/Gestalt entsprechende Objekt zuordneten, sich hingegendie Sprecher des Japanischen unentschlossen zeigten. Dabei war die Bereit-schaft,dashinsichtlichForm/GestaltentsprechendeObjektzuzuordnen,inbeidenSprachgruppenbeiKindernimAltervon4Jahrenamgrössten.

• die Sprecher des Japanischen ab dem 2. Lebensjahr umgekehrt einem Refe-renzobjekt, das eine Substanz darstellte, tendenziell das hinsichtlich Materi-al/BeschaffenheitentsprechendeObjektzuordneten,sichhingegendieSprecherdesEnglischenabdem2.Lebensjahrunentschlossenzeigten.

DieseErkenntnissescheinenzunächstdie in§4vorgestelltenErgebnisseausdenVersuchenvonJohnA.Lucyzubestätigen:DieSprecherdesEnglischenklassifizie-ren Objekte in Anlehnung an die Struktur ihrer Muttersprache nach Form/Gestalt.Hingegen richten sich die Sprecher des Japanischen – das wie das YukatekischedenPluralpartiellbezeichnetundstattdessenübereinSystemvonNumeralklassifi-katorenverfügt–tendenziellnachMaterial/Beschaffenheit.

AllerdingsweichtderVersuchvonMutsumiImaiundDedreGentnerineinerwesent-lichenHinsichtvondenVersuchenvonJohnA.Lucyab:DasReferenzobjektistmiteinemdenProbandenunbekanntenNonsens-Begriffbenannt.Damiterfolgtdieas-soziativeZuordnungeinesObjektszumReferenzobjektauchaufeinerlinguistischenGrundlage. Hier setzt ein alternativer Deutungsversuch an: Demnach ist das vonMutsumi Imai und Dedre Gentner beobachtete Verhalten durch lexikostatistischenÜberlegungen bzw.Routinen der Probanden gesteuert35.DieArgumentation lautetwie folgt:DadasEnglischeübereineausgebautePluralflexion verfügt, bezeichnetdie Mehrzahl der englischen Substantive Zählbares bzw. besitzt das semantischeMerkmal[+zählbar].Esistdahernurfolgerichtig,dasseinSprecherdesEnglischeneinen ihm unbekannten Nonsens-Begriff mit etwas Zählbarem assoziiert und demReferenzobjektfolglichdashinsichtlichForm/GestaltdefinierteObjektzuordnet.Um-gekehrtverhältessichbeieinemSprecherdesJapanischen,indessenLexikoneineVielzahlderBegriffehinsichtlichNumerusneutralistbzw.dassemantischeMerkmal[+zählbar] nicht besitzt. Er assoziiert einen ihm unbekannten Nonsens-Begriff ten-denziellmiteinerMasseundordnetdemReferenzobjektfolglichdashinsichtlichMa-terial/BeschaffenheitdefinierteObjektzu36.DieseEffekteverstärkensich,wiedieEr-

35 S.zusammenfassendPapafragou2005,266ff.sowiezuletztBarner/Inagaki/Li2009.36 Vgl.Barner/Inagaki/Li2009,338: „… results favor thehypothesis thatcross-linguisticdifferencesinwordextensionareattributabletoonlinelexicalstatistics.Ac-cordingtothishypothesis,languagesshareauniversalontologyofindividuals.How-ever,whenspeakersofEnglishhearanovelambiguousnoun, theyassume it isacountnounandthereforeinferthatthewordmustindividuate.SpeakersofJapaneseandMandarin,however,donotacquireobligatorymass-countsyntax,andtherefore

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gebnissevonMutsumiImaiundDedreGentnerzeigen,jewenigereindeutigdasRe-ferenzobjektzuklassifizierenistbzw.jekomplexerdamitdiekognitiveAufgabewird:alsobeiReferenzobjekten,dieeineSubstanzdarstellen, sowie ingeringeremAus-massbeiReferenzobjekteneinfacher(unddamitwenigeindeutiger)Gestalt.Hinge-genverfahrendieSprecherbeiderSprachenbeieindeutigklassifizierbaren,daeinekomplexe Gestalt aufweisenden Referenzobjekten mehrheitlich gleich und ordnendemReferenzobjektjeweilsdashinsichtlichForm/GestaltentsprechendeObjektzu.

DavidBarner,ShunjiInagakiundPeggyListützendieselexikostatistischeTheseaufzweiempirischeBeobachtungen37:

• ErstensklassifizierenSprecherdesEnglischenunddesJapanischen ihnenver-traute Lexeme auf einerWortliste unabhängig von der jeweiligen Struktur ihrerMuttersprache beinahe einhellig als jeweils „zählbar“ oder „nicht zählbar(Masse)“.

• ZweitenszeigenmonolingualeSprecherdesEnglischenundbilingualeSprechervonEnglisch bzw.Mandarin – in einer identischenVersuchsanordnungwie beiMutsumiImaiundDedreGentner(s.o.)–kaumVerhaltensunterschiede.Wirdih-neneinReferenzobjektvorgelegt,dasmiteinem ihnenunbekanntenenglischenNonsens-Begriffbenannt ist,soordnenselbstSprechermitMutterspracheMan-darindemmitdemNonsens-BegriffbenanntenReferenzobjektmehrheitlichdashinsichtlichForm/GestaltentsprechendeObjektzu.

DarauslässtsichFolgendeserkennen:WerdendenProbandenihnenvertrauteLe-xemevorgelegt,sogreifensieaufidentischekognitiveKonzeptezurück.DieseKon-zeptehabenkeinerleiBezugzurbetreffendenSprachebzw.zu ihrerStruktur.Wer-dendenProbandenallerdingsObjektevorgelegt,dienichtalltäglichundzusätzlichmit einemNonsens-Begriff benannt sind, dann lassensichbei ihrerKlassifizierungdurch die Struktur der betreffenden Sprache leiten. Wie gezeigt, orientieren sichselbst Sprecher, derenMutterspracheMandarin (und damit eine Klassifikatorspra-che) ist, ingewissenFällenanderStrukturdesEnglischen.Soerkennensie inei-nemunbekanntenenglischenNonsens-Begriff – denstatistischenVerhältnissen im

donotmakesyntacticallymediatedinferencesaboutindividuation.“–S.ähnlichauchschonGleitman/Papafragou2005,644:„…anyEnglishspeakerequippedwithevenaroughsubjectiveprobabilitycountershouldtakeintoaccountthemassiveprepon-deranceofcountnounsovermassnounsinEnglishandconcludethatanewword,blicket,usedtorefertosomeindeterminatedisplay,isprobablyanewcountnounra-ther thananewmassnoun.Countnouns, in turn, tendtodenote individualsratherthanstuffandsohaveshapepredictivity”.37 Vgl.füranalogeBeobachtungenfernerLi/Dunham/Carey2009.

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englischen Lexikon folgend – ein Substantiv für Zählbares und ordnen demRefe-renzobjektfolglichdashinsichtlichForm/GestaltentsprechendeObjektzu38.

Damit scheint sich der oben geäusserteVerdacht zu bestätigen:Die vonMutsumiImaiundDedreGentnerbeobachteteVerhaltensweise istnichtdurchUnterschiedein der kognitivenStruktur der unterschiedlichenSprechergruppen bedingt, sonderndurchdielexikalischeundmorphologischeStrukturderbetreffendenEinzelsprachen.AusgehendvonderlexikalischenundmorphologischenStruktureinerEinzelsprachenehmendie jeweiligenSprecher jeweils Inferenzen vor,wenngewisseRahmenbe-dingungen – etwa ein nicht-alltägliches Referenzobjekt oder die CharakterisierungdurcheinenNonsens-Begriff–diekognitiveAufgabeerschweren39.SpracheundihreStruktursindfolglichalsReferenzrahmennützlich,wennsichdievorhandenenkogni-tivenKonzeptenichteinfachaufdieAufgabeübertragenlassen.Odereinfacherfor-muliert:DenkenverwendetSprache,umgedanklicheKonzeptefestzuhaltenundko-gnitiveAufgabenuntererschwertenBedingungenzulösen.

AprioriliessesichFolgendeseinwenden:DieseInterpretationdesVerhältnissesvonSprache und Denken ist vorerst einzig in Aufgaben belegt, die auf einer linguisti-schenGrundlageberuhen:soetwadieKlassifizierungvonLexemenaufeinerWortli-stehinsichtlichForm/GestaltoderMaterial/Beschaffenheit;fernerdieassoziativeZu-ordnungvonObjektenaneinmiteinemNonsens-BegriffbenanntesReferenzobjekt–waseinerEtikettierungderObjektemitdemNonsens-Begriffgleichkommt.Hingegenlässt sichdasPostulat,DenkennutzeSprache, nicht leichtfertig auf die in §4be-schriebenenResultatevonJohnA.Lucyübertragen.DennwiegezeigtberuhenLu-cysVersuchenichtaufeinersolchenlinguistischenGrundlage,sondernsetzeneinereine Erinnerungsleistung sowie die mechanische Zuordnung von sprachlich nichtspezifiziertenObjektenzueinemReferenzobjektvoraus.

DieserEinwandistabernurbedingtgültig.DennesstelltsichdieFrage,obderartigeVersuchsreihen überhaupt einer linguistischen Grundlage entbehren können. SomüssendieProbandendasErgebniseinerErinnerungsleistungverbalisieren.ZuvoristdenProbandendieAufgabezuerläutern,wasnuraufsprachlichemWegemög-

38 S. Barner/Inagaki/Li 2009, 340: „Our main argument is that nouns in Japa-nese,Mandarin,andEnglishshareauniversalontologyofindividuals,andthatwithinthisontology,therearenounsthatpermitmultipleinterpretations.Bythisview,countsyntaxandclassifiersdonotaddmeaningtonouns,butmerelyselectbetweenthemultiple interpretations that nouns permit. When nouns are novel, speakers bringpriorsyntacticknowledgetobear,andmakeinferencesabouttheirmeaningsbasedonstatisticsrelationsbetweensyntaxandsemantics.Oncewordsareknown,lexicalknowledge replaces inference in interpretation, and cross-linguistic differences dis-appear.”39 DiesesVerhalten könnte sich auch in den vonMihatsch2005beobachtetendiachronenWortbildungsphänomenenwiderspiegeln.

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lich ist40. In denWorten vonLi/Dunham/Carey2009, 518: „First, the sameexplan-ationgiventowhylanguagetypeeffectsareobservedonthelexicalprojectiontaskmayapplyequallytothesimilarityjudgmenttask.Thepragmaticcontextinwhichtheexperimenterpointstoanentity(‘Lookatthis;whichisthesame’)isnotallthatdif-ferentthan(‘Lookatthisblicket;whichistheblicket?’).Thedeicticpronoun‘this’,astheheadofthenounphrase,isservingasalinguisticstandinforanounlabel.Asaresult,thesimilarityjudgmenttaskmaybesubjecttothesamelexicalstatistics.“

Provisorisch soll daher die hier vorgetragene Interpretation auch auf dieResultatevonJohnA.Lucygemäss§4angewandtwerden.

§7:SprachealsMatrixfürdieKognition

Gemäss § 6 nutzt Denken Sprache, um gedankliche Konzepte festzuhalten undkomplexekognitiveAufgabenzulösen.IstdiesesPostulatkorrekt,solltendiefolgen-denbeidenAnnahmenzutreffen:

• Erstens solltenKinder unterschiedlicherMuttersprachen eine kognitiveAufgabeidentischlösen,sofernsiediefürdieAufgabenlösungerforderlichenlexikalischenundmorphologischenKategoriennochnichterworbenhätten.

• Zweitens sollten sichSprecher vonSprachen, in denendie für dieAufgabenlö-sungerforderlichen lexikalischenundmorphologischenKategoriennichtvorhan-den sind, bei der Lösung kognitiver Aufgaben unter erschwerten BedingungendeutlichschwerertunalsSprecher,derenSpracheüberdieerforderlichenKate-gorienverfügt.

TatsächlichlassensichbeideAnnahmenbestätigen:

• IneinemVergleichvonKindernmityukatekischerbzw.englischerMuttersprachezeigtsichbiszumAltervon7JahrendiegemeinsamePräferenz, festeObjektegemäss ihrer Form/Gestalt, verformbare Objekte gemäss ihres Materials/ihrerBeschaffenheitzuklassifizieren.ImAltervon9JahrenhingegenändertsichdasBildbeiyukatekischenKindern:Diesegebennunmehrauchbei festenObjektendemKriteriumMaterial/BeschaffenheitdenVorrang–währendenglischeKinderwiezuvorzwischenForm/Gestaltbeifestenbzw.Material/Beschaffenheitbeiver-formbarenObjektendifferenzieren41.DassdieseVeränderungbeiyukatekischenKindernerstimAlterzwischen7und9Jahreneintritt,scheintaufdenerstenBlicküberraschend.SchliesslicherwerbenyukatekischeKinderdasSystemderNume-ralklassifikatoren bereits im Alter von 2,5 Jahren. Allerdings ist dieses System

40 Lucy1992b,140: „For the first few triads, theoriginalwas indicatedand therespondentwasaskedwhether theoriginalwas ‘more like thisone[pointing to firstalternate]orthisone[pointingtosecondalternate]’.“41 Lucy/Gaskins2001,273ff.sowiedies.2003,478ff.

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sehrkomplex42,sodassanzunehmenist,dassKinderdasSysteminseinergan-zenBreiteerstJahrespäterbeherrschen43.HierfürsprichtdieBeobachtung,dassyukatekische Kinder das Pluralsuffix noch weit häufiger einsetzen, als es dieGrammatikvorsieht.–Eszeigtsichsomit,dassKinderenglischerundyukateki-scherMuttersprachesichbeiderKlassifizierungvonObjektensolangeidentischverhalten,bisdiebetreffendenlexikalischenundmorphologischenStrukturener-worbensindundbeherrschtwerden44.

• DasPirahã–eineIndianerspracheausdemAmazonasgebietBrasiliens–istdieeinzig bekannte natürliche Sprache, die keine Zahlwörter besitzt. StattdessenverwendendiePirahã-IndianerbeizählbarenObjektenrelativeBegriffe:hói„we-niger/kleiner“,hoí „rechtwenig/rechtklein“undbáagiso „genug“45.Versuchebe-legen,dassdiePirahã-IndianerdurchauseinKonzeptvonZahlundMengebesit-zen:LiegtvorihneneinebestimmteAnzahlvonGegenständen,sosindsieinderLage,andereGegenstände inderselbenAnzahlauszuwählen.DochsobalddieAufgabeneinezusätzlicheZähl-undGedächtnisleistungerfordern–etwadieGe-genständenachdemZeigenverborgenwerdenundinzunehmenderAnzahlvor-liegen–,dannscheiterndiePirahã-Indianerdaran,dieentsprechendeAnzahlan-dererGegenständevorzulegen.–DasBeispielderPirahãbelegtsomit,dassdaskognitiveKonzeptvonZahlundMengezwarunabhängigvonSpracheexistiert,Sprache jedochdasSpeichernunddieVerarbeitungvonZahlenwesentlichun-terstützt,wennnichtgarermöglicht46.

42 S.Stephany2002,21: „Thestructureof the transnumeral languageYucatecMayaseemstoinfluencetheacquisitionofnominalnumberintwoways:Ontheonehand, numbermarking emerges rather late, probably due to its optionality.On theotherhand,ittakesaratherlongtimetobemastered,whichisnotsurprisinginviewof thecomplexityofnumbermarkingbynumerals,classifiersandanounoptionallycarryingapluralsuffix.“43 S. für diese Annahme Lucy/Gaskins 2001, 277: „Seven-year-old Yucatec-speakingchildrenreliablyuseclassifierswhencounting,drawappropriatesemanticdistinctionsamongthemincomprehensiontasks,andwilljudgeanumberconstruc-tionlackingthemasfaulty.However,theyfallfarshortofhavingcommandofthefullrangeofclassifiersincomprehensionandtheirrangeinproductionisnarrowerstill.“44 In eine ähnliche Richtung weisen die in § 6 dargestellten Ergebnisse vonImai/Gentner 1997. Allerdings erfolgt die Auseinanderentwicklung von japanischenundenglischenKindernimAlterzwischen2und4JahrenunddamitdeutlichfrüheralsimFallevonyukatekischenundenglischenKindern.45 Franketal.2008,820f.–S.fernerdie(etwasskeptische)DiskussionbeiNe-vins/Pesetsky/Rodrigues2009,386f.46 Franket al. 2008, 823: „… the caseofPirahã suggests that languages thatcanexpresslarge,exactcardinalitieshaveamoremodesteffectonthecognitionof

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SprachebietetfolglicheingeeignetesInstrument,gedanklicheKonzeptefestzuhaltenundkomplexekognitiveAufgabenzustrukturieren.Allerdingsmüssendieerforderli-chenlexikalischenundmorphologischenKategorieneinerEinzelspracheersterwor-benundbeherrschtwerden47–soferndieseüberhauptvorhandensind.

Die bisherigen Überlegungen führen zu einer Absage an die „Sapir-Whorf-Hypothese“. Nicht Sprache bestimmt unser Denken, sondern unser Denken nutztSprache bzw. die von ihr zur Verfügung gestellten lexikalischen und morphologi-schenStrukturen.DadiesevonSprachezuSprachevariieren,bietetjedenatürlicheSprache unterschiedliche Möglichkeiten. Während beispielsweise „Pluralsprachen“wie das Englische oder Deutsche dieWahrnehmung von Zahlenverhältnissen unddieKategorisierungnachForm/GestalteinesObjektserleichtern,bieten „Klassifika-torsprachen“wiedasYukatekischeoderJapanischedasgeeigneteInstrumentariumzurKategorisierungnachMaterial/BeschaffenheitdesbetreffendenObjekts48.DabeischränkteineSprachediekognitivenFähigkeitenihrerSprecherinnenundSprechernichteinoderprägtdieseirreversibel.AllenfallsführtdieroutinierteundökonomischeVerwendungder voneinerSpracheangebotenenAusdrucksmöglichkeitenzueinerAdaptation der kognitiven Strukturen der Sprecherinnen und Sprecher – ganz imSinnedesvonDanSlobinvorgeschlagenen „Thinking forspeaking“49.Beientspre-

theirspeakers:Theyallowthespeakerstorememberandcompareinformationaboutcardinalitiesaccuratelyacrossspace,time,andchangesinmodality.“47 IndiesemZusammenhangzeigtAthanasopoulos2006,dassdieFähigkeitenvonSprechendenmitzunehmendemGradderSprachbeherrschungwachsen.Dem-nachnähertensichbilingualeSprecherjapanischerMutterspracheinihrerFähigkeit,aufähnlichenBilderneinerSerieUnterschiede inderAnzahlderabgebildetenWe-senundGegenständefestzustellen,umsostärkerdenSprechernenglischerMutter-sprachean,jebesserihreEnglischkenntnissewaren.48 Vgl.Barner/Inagaki/Li2009,339: „Languages,weassert,donotalterprefer-encesbetweenconstruals,butratherdifferinwhethertheyprovideobligatorysyntac-ticmechanismsforselectingbetweenthem.Somelanguagesprovidesyntaxforse-lectingamongconstruals (likemass-countsyntax inEnglish),andsome languagesdonotmakesuchanobligatorydistinction(likeJapaneseandMandarin).“49 Slobin1996,76: „Inmyownformulation: theexpressionofexperience in lin-guistictermsconstitutesthinkingforspeaking–aspecialformofthoughtthatismo-bilizedforcommunication.Whatevereffectsgrammarmayormaynothaveoutsideoftheactofspeaking,thesortofmentalactivitythatgoesonwhileformulatingutter-ancesisnottrivialorobvious,anddeservesourattention.Weencounterthecontentsofthemindinaspecialwaywhentheyarebeingaccessedforuse.Thatis,theactiv-ity of thinking takes on a particular quality when it is employed in the activity ofspeaking. Intheevanescenttimeframeofconstructingutterances indiscourseonefits one’s thoughts into available linguistic frames. ‘Thinking for speaking’ involves

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chendemTrainingistesdenSprecherinnenundSprechernjedochstetsmöglich,vondendie jeweiligeSprachecharakterisierendenStrukturenbewusstAbstandzuneh-men50.

FüreinesolcheAbstandsnahmebestehtinderKommunikationspraxisallerdingswe-nigVeranlassung.DenndielexikalischenundmorphologischenStrukturenvonSpra-chebietenaucheineffizientesMittel,einederkomplexestenkognitivenAufgabenzulösen:dieWahrnehmungbzw.KonstruktionvonWirklichkeit.NeueempirischeStudi-enzurkategoriellenWahrnehmungvonFarbewerfenhieraufeinpräziseresLicht51:Demnach erfolgt die kategorielle Wahrnehmung zweier sprachlich differenzierterFarben(alsoetwadt.grünversusblau)besondersraschüberdasrechteGesichts-halbfeld,das indie linkeHemisphäredesGehirnsunddamit indie fürdieSprach-verarbeitung zuständigen Zentren projiziert. Sind die Farben hingegen sprachlichnichtdifferenziert,gehtderGeschwindigkeitsvorteil verlorenbzw. reagiertdas linkeGesichtshalbfeld gar schneller. DasGleiche gilt übrigens auch, wenn der ProzessderkategoriellenWahrnehmungvoneinersprachlichenAufgabebegleitetwird.Dieerfolgreiche Arbeit des rechten Gesichtshalbfeldes ist also von den lexikalischenStrukturenimBereichderFarbbezeichnungenabhängigundlässtsichdurchsprach-licheAktivitätenblockieren.ImIdealfalldurchläuftdabeizumindestdieHälfteunsererWahrnehmungeinenlinguistischenFilter.DabeihabenSpracheundihreStrukturenselbst nur symbolischeBedeutung; denndieBedeutungeiner sprachlichenÄusse-rungwirdautopoietischdurchdasIndividuumselbstzugewiesen.Darausfolgt,dassanderKonstruktionvonWirklichkeitzumindestdievomrechtenGesichtshalbfeldan-gesteuertenRegionendesGehirnsbeteiligtsind.

§8:Zusammenfassung

DiebisherigenAusführungengestattendiefolgendenSchlüsse:

• DerGeltungsbereichder„Sapir-Whorf-Hypothese“mussaufdenBereichderlexi-kalischenundmorphologischenKategorieneingeschränktwerdenunddarfSyn-taxnichtumfassen(§2).

• Methodische Stringenz und interdisziplinäre Forschungsansätze führen in den1990erJahrenzueinerRückkehrder„Sapir-Whorf-Hypothese“(§3).DiedadurcherzieltenResultate–etwaanhanddesBeispielsderZahl-undMengenbezeich-nung–scheinenaufdenerstenBlickeinenEinflussdersprachlichenaufdieko-gnitivenStrukturenzubelegen(§4).

• Betrachtetmandie „Sapir-Whorf-Hypothese“allerdingsausdemBlickwickelderSprachwandeltheorie,führtdieszurradikalenThese,wonachmenschlichesDen-

pickingthosecharacteristicsofobjectsandeventsthat(a)fitsomeconceptualizationoftheevent,and(b)arereadilyencodableinthelanguage.“50 S.dieErfahrungenvonJanuary/Kako2007,424f.51 ÜbersichtbeiRegier/Kay2009.

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keninseinerEntwicklungdurchautonome,vonanderenSystemenabgekoppelteSprachwandelprozessegesteuertwerde.DieseThesescheintschwerakzeptabel(§5).

• Hingegenhatsich inden letztenJahreneineAlternativerklärungetabliert:Dem-nachsind„Whorf’scheEffekte“(wiediein§4beschriebenen)durchlexikostatisti-sche Routinen gesteuert und daher sprachimmanent. Nicht Sprache prägt dasDenken,sonderndasDenkennutztSprache(§6).

• Die lexikalischenStrukturenundgrammatischenKategorien sind folglich Instru-ment, Wahrnehmungen effizient zu strukturieren und bei der Konstruktion vonWirklichkeiteinzusetzen(§7).

AusheutigerSicht istdie„Sapir-Whorf-Hypothese“somit inFragegestellt.Ohneje-den Zweifel hat sie aber den Weg zu einer fruchtbaren Annäherung zwischenSprach-undKognitionswissenschaftengewiesen.

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