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Grenzwert-Strategie Halbierung des c W -Wertes scheint möglich Ganz allmählich nähert sich der Luftwiderstand von Pkw dem Wert c W = 0,25. Jedoch so zögerlich, dass man meinen könnte, diese Zahl bilde eine von der Physik vorgegebene Grenze. Im Folgenden wird gezeigt, wie diese schein- bare Hürde überwunden werden kann. Die damit erreichbare Verbrauchsminderung lässt sich steigern, wenn man den Widerstandsabbau durch konsequenten Leichtbau und einen optimal angepassten Triebstrang flankiert. TITELTHEMA ATZ 01I2009 Jahrgang 111 16 Aerodynamik

Halbierung des cw-Wertes scheint möglich

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Grenzwert-Strategie

Halbierung des cW

-Wertes

scheint möglich

Ganz allmählich nähert sich der Luftwiderstand von Pkw dem Wert cW = 0,25. Jedoch so zögerlich, dass man meinen könnte, diese Zahl bilde eine von der Physik vorgegebene Grenze. Im Folgenden wird gezeigt, wie diese schein-bare Hürde überwunden werden kann. Die damit erreichbare Verbrauchsminderung lässt sich steigern, wenn man den Widerstandsabbau durch konsequenten Leichtbau und einen optimal angepassten Triebstrang flankiert.

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1 Einleitung

Um die Fahrzeugaerodynamik ist es ziem-lich still geworden. Vorbei die Zeiten, in denen die Aerodynamik Emotionen weck-te, heftige Kontroversen mit dem Design austrug. War es nicht die Aerodynamik, der wir die Steigerung der Fahrleistung-en zu verdanken haben? Hat sie nicht we-sentlich zur Senkung des Verbrauchs bei-getragen? Und heute?

Zwar sind die Aerodynamiker nicht untätig gewesen; alle möglichen De-tails wurden verbessert, so zum Bei-spiel die Windgeräusche oder die Ver-schmutzung. Aber der Abbau des Luft-widerstandes, der Leitgröße der Fahr-zeugaerodynamik, ist zum Stillstand gekommen.

Trotz des großen Aufwandes, der bei jeder Neuentwicklung dem cW-Wert ge-widmet wird, ist seit etwa zehn Jahren kein Fortschritt erzielt worden. Zwar wurde mit dem Audi A2 ein Datum ge-setzt, Bild 1; mit ihm wurde erstmals mit einem Serienauto cW = 0,25 erreicht (mit welchen Mühen, hat Dietz [1] dokumen-tiert). Inzwischen sind einige Fabrikate diesem Wert nähergekommen, jedoch unterboten wurde er bis jetzt noch nicht. Man könnte meinen, cW = 0,25 stelle eine Asymptote dar. Dass das keineswegs zu-trifft, wurde mit Prototypen wiederholt nachgewiesen.

Eine derartige Stagnation hat es schon einmal gegeben. In der Zeitspanne von 1960 bis 1975, in der sich die Pontonka-rosserie durchsetzte, schien cW ≈ 0,4 eine Grenze zu bilden. Zwar konnte sie mit einzelnen Typen überwunden werden – als Beispiele seien der Citroën DS 19 und der NSU Ro 80 genannt – das aber um den Preis sehr eigenwilliger Formen, die kaum wandelbar waren.

Erst durch die Anwendung zweier Strategien, die mit den Schlagworten Detail- und Formoptimierung gekenn-zeichnet sind, kam damals die Entwick-lung wieder in Bewegung. Die Arbeitshy-pothese dieser Optimierungen war es, die Strömung um die einzelnen gegen-einander abgrenzbaren Bereiche des Fahrzeugkörpers so weit wie möglich auf elementare Mechanismen zurückzufüh-ren [2]. Was damit erreicht wurde, fasst Tabelle 1 zusammen.

2 Die Grenzwert-Strategie

2.1 Die Philosophie der Grenzwert-StrategieDer dieser Strategie zugrunde liegende Gedanke besteht darin, dass in einem ersten Schritt für jeden dieser Bereiche derjenige Wert des Widerstandes ermit-telt wird, der ohne Rücksicht auf techni-sche Realisierung überhaupt zu errei-

Der Autor

Dr.-Ing. Wolf-Heinrich Hucho ist beratender Ingenieur

und technisch-wissen-

schaftlicher Publizist

in Schondorf sowie

Herausgeber des

Vieweg-Teubner-Buchs

„Aerodynamik des

Automobils“.

Bild 1: Fast scheint es so, als sei mit cW = 0,25 die Untergrenze des cW-Wertes für Serien-Pkw erreicht (Diagramm VW)

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chen ist. Im folgenden zweiten Schritt werden dann technisch realisierbare Maßnahmen entwickelt, mit denen man diesem Wert möglichst nahe kommt. Das Ergebnis vorweg: Gegenüber den „Optimierungen“ lassen sich weitere ΔcW ≈ 0,150 gewinnen. Wie dies möglich ist, soll anhand einiger Beispiele konkreti-siert werden.

2.2 Der Unterboden Im Idealfall wäre die Unterseite eines Fahrzeuges vollkommen glatt und wür-de nicht durch offene Hohlräume unter-brochen. Der Luftwiderstand dieser ebe-nen Platte ist reiner Reibungswiderstand, der eingehend erforscht worden ist.

Die Ergebnisse sind im klassischen Plattendiagramm zusammengefasst, das mit Bild 2 reproduziert wird [3]. Wie der auf die benetzte Oberfläche bezoge-ne Beiwert cf des Reibungswiderstandes in einen cW-Wert umgerechnet wird, ist im Kasten in Bild 2 oben rechts ange-schrieben.

Der cW-Wert der ursprünglich stark zerklüfteten Unterseite wurde seinerzeit von Carr (1983) zu cW ≈ 0,08 angegeben, Bild 3 oben. Um den Wert im Plattendia-gramm abzubilden, musste dessen Ordi-nate um eine ganze Größenordnung auf-gestockt werden.

Der Bugspoiler war ein erstes Mittel, diesem hohen Widerstand entgegenzu-wirken. Später machte ihn die abschnitts-weise geglättete Unterseite wieder über-flüssig, Bild 3 Mitte und unten. Auch mit dem „Aeroboden“ bleibt zur hydraulisch glatten Platte noch immer ein beträcht-licher Abstand. Vermutlich ist dieser auf die Hohlräume zurückzuführen, die für den Freigang der Räder und zur Wärme-abfuhr vom Abgasstrang nötig sind. Die-se Lücken zu schließen, ist technisch durchaus möglich; ob sich das in der Se-rie lohnt, ist Sache einer Kosten/Nutzen-Analyse und des Vergleichs mit Möglich-keiten, den Widerstand durch andere Maßnahmen zu reduzieren.

2.3 Die RäderDen Beitrag der Räder zum Widerstand herabzusetzen, erweist sich als beson-ders schwierig. Wegen der Notwendig-keit, die Bremsen zu kühlen, darf auf die Durchströmung des Rades nicht verzich-tet werden. Der Vorschlag, das Volumen des Radhauses so klein wie möglich zu

Tabelle 1: Strategien für die Entwicklung von Pkw-Formen

Entwicklungsstrategie Erreichtes / Mögliches ΔcW

Beispiel

Detailoptimierung (1970) 0,100 VW Golf I: cW

von 0,51 auf 0,41

Formoptimierung (1980) 0,100 Audi 100 III: cW

= 0,30

Grenzwert (200?) 0,150 ?

Bild 2: Das „klassische“ Plattendiagramm mit einer Erweiterung für den Unterboden von Fahrzeugen

Audi 80 (1985)

Unterseite „normal“

Audi A8 Unterseite

weitgehend glatt [4]

Audi R8 Unterseite extrem

glatt mit 3D-Elementen [5]

Bild 3: Von der zerklüfteten („rauhen“) Unterseite zum glatten „Aeroboden“

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machen (ist von Cogotti 1983 untersucht worden [6]), kann nur in Grenzen befolgt werden (verschiedene Radgrößen und Reifenbreiten, Schneeketten).

Die Räder werden schräg (auch „schie-bend“ genannt) angeströmt, was aus der Verdrängungswirkung des Fahrzeugkör-pers folgt. Bei den Vorderrädern kom-

men örtliche Schiebewinkel bis zu 15° vor [7] – mit der Folge, wie aus Bild 4 her-vorgeht, dass sich der cW-Wert der Räder mehr als verdoppelt [9]. Auch bei den Hinterrädern ist die Zuströmung schräg, bis zu 10° auswärts. Verfügt das Fahr-zeug jedoch über einen Diffusor, so er-folgt die Anströmung der Hinterräder schräg von außen. Auf der Innenseite der Räder bildet sich dann ein Totwasser, das die Strömung im Diffusor stört und die-sen unwirksam macht. Dabei steigt der Widerstand der Hinterräder steil an.

Ob sich die Schräganströmung der Rä-der durch Anbringen von Vorkörpern mil-dern lässt, ist noch immer offen. Eine Al-ternative bietet eine Kühlluftführung, wie von Wolf und Preiss [10] erdacht. Mit der seitlichen Abdeckung der Hinterräder, die man früher immer wieder einmal sah, sind die Designer nie zurechtgekommen. Vielleicht versuchen sie es wieder einmal; bei Fronttrieblern entfällt das Argument Schneeketten. Mit Δ cWR ≈ 0,020 ist das Po-tenzial der Räder zur Reduktion des Wi-derstandes konservativ geschätzt.

Bild 4: Zu-nahme des Widerstan-des eines Rades bei Schrägan-strömung [8]

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2.4 Das HeckAuch das Heck bietet sich für eine Grenz-wertbetrachtung an. Wiederum kann man dabei auf seit langem bekannte Er-gebnisse zurückgreifen, wie in Bild 5 dar-gestellt ist, das zeigt, wie der Widerstand eines stumpfen Körpers durch Manipula-tion seines Totwassers abgebaut werden kann [11, 12]. Wie man sich dem dort an-gegebenen Idealwert von Δ cW = -0,105

technisch nähern kann, dafür zeigt Bild 6 Ansätze. Die „Attika“ ist immer wieder einmal am Nutzfahrzeug untersucht worden, aber die Reduzierung des Kraft-stoffverbrauchs um 2 % bis 4 % wog den konstruktiven Mehraufwand offenbar nicht auf.

Mit einwärts gebogenen Flächen, Bild 6 Variante d, scheint sich die Strömung noch stärker bündeln zu lassen als mit

der Stufe, Variante b. Als attraktiv hat sich der „Fluid tail“ nach Morelli und Di Giusto [13] erwiesen, Variante e, vor al-lem im Zusammenwirken mit einer ak-tiven Maßnahme: Der Nachlauf der Hin-terräder wurde mit Luft aufgefüllt, die von den als Radialgebläse ausgeführten Hinterrädern gefördert wurde. Damit wurde verhindert, dass der sich am Heck bildende Ringwirbel an seiner Unterseite „aufgebrochen“ wird und so ein huf-eisenförmiges Längswirbelpaar bildet. Im Windkanal wurde an einem dieserart ausstaffierten Fiat Punto, Bild 7, eine Wi-derstandsminderung von Δ cW/cW = 18 % nachgewiesen.

2.5 Windschutzscheibe, A-Säule und SpiegelAuch bei einer gut durchgebildeten Form bleibt bei fast allen Pkw ein Bereich üb-rig, der strömungsmechanisch alles an-dere als perfekt ist: die A-Säule samt Au-ßenspiegel, die im Zusammenwirken mit der Windschutzscheibe gesehen wer-den müssen. Die Strömung in diesem Be-reich, links im Schema in Bild 8, hängt von zwei Parametern ab: dem Neigungs-winkel und dem Radius r. Der Fall = 90°, also die senkrecht stehende Front, ist eingehend erforscht worden; das Er-gebnis ist, ebenfalls schematisch rechts in Bild 8 skizziert: Es gibt einen „optima-len“ Radius (r/b)opt, über diesen hinaus der Widerstand nicht weiter abnimmt. Wie die Verhältnisse für die geneigte Windschutzscheibe ( < 90°, gestrichelte Kurve) aussehen, ist bis heute unbe-kannt.

Bei den vergleichsweise kleinen Ra-dien r, wie sie derzeit zur Anwendung kommen, bildet sich der bekannte A- Säulenwirbel. Dieser ist Teil eines „Hufei-

Bild 5: Verringerung des Widerstandes eines stumpfen Körpers durch Eingriffe in dessen Totwasser [10]

Bild 6: Möglichkeiten zur Beeinflussung des Totwassers hinter einem Vollheck. a) ohne Maß-nahme; b) Attika; c) Attika mit Stufe; d) Attika ein-wärts; e) Fluid tail [12]

Bild 7: Fiat Punto mit „Fluid tail“ [12]

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senwirbels“, wie in Bild 9 skizziert. Dieser induziert einen Abtrieb AWS, der seiner-seits mit einem induzierten Widerstand Wi WS gekoppelt ist und zwar quadratisch nach Gl. (1):

Wi WS A2WS Gl. (1)

Mit einer geeignet gewölbten Windschutz-scheibe (großes r) lässt sich der A-Säulen-wirbel und somit dessen Beitrag zum Widerstand (unbekannter Größe) Wi WS vermeiden (dazu die Anmerkung, dass sich die in Bild 8 schematisierte Variati-on geometrischer und strömungsmecha-nischer Parameter Radius, Winkel, Rey-nolds-Zahl hervorragend als Benchmark für CFD-Codes eignet). Den Designern öffnet sich damit die Möglichkeit, Alter-nativen zur immer flacher geneigten Windschutzscheibe zu versuchen – die Produzenten der Windschutzscheiben werden von dem Vorschlag weniger be-geistert sein.

Es bleiben die Spiegel, die kein aero-dynamisches Problem mehr sein sollten. Im Zeitalter von Video und Display sind sie ein Anachronismus. Auf den toten Winkel, mit dem sie den Fahrzeuglenker im Ungewissen lassen, kann gerne ver-zichtet werden.

Bild 8: Umströmung der A-Säule; „optimale“ Werte für Radius r und Neigungswinkel , schematisch

Bild 9: Wirbelsystem an der A-Säule. „Hufeisenwirbel“, Abtrieb AWS und induzierter Widerstand Wi WS

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3 Saldo

Nach der beschriebenen Strategie wur-den die für den Widerstand maßgeb-lichen Elemente eines Pkw analysiert; das Ergebnis ist in Tabelle 2 zusammenge-fasst (weitere Einzelheiten in [14]).

ΔcW

____ cW0 =

0,150 _____ 0,320 = 0,47 Gl. (2)

Die Reduzierung des cW-Wertes eines Vollheckfahrzeuges in der Golf-Klasse um Δ cW = 0,150 erscheint machbar. Be-zogen auf cW = 0,32 – was ein sehr guter Wert für ein kompaktes Vollheck ist – bedeutet das nach Gl. (2) eine Verbesse-rung um 47 %.

Dazu muss angemerkt werden, dass Δ cW = 0,150 den Grenzwert für einen Vollheck-Pkw mit vorgegebenem Kisten-maß (Länge : Höhe : Breite) darstellt. An ihn kann man sich Schritt für Schritt herantasten, von einer Generation zur nächsten, je nach Geschick des Designs und nach der Relation von Kosten zu Nutzen.

Wie viel Kraftstoff sich damit sparen lässt (Δb), kann anhand Gl. (3) und Gl. (4) ermittelt werden, wenn die mit Null in-dizierten Werte diejenigen vor der Redu-zierung des Widerstandes sind:

Δb ___ b0 =

ΔcW ____ cW0 Gl. (3)

= f [VF(t)] Gl. (4)

Der Faktor hängt davon ab, in welchem Zyklus die Bewertung erfolgt. Für den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) gilt = 0,25 (nach [15]). Die mit zirka 32,5 km/h unrealistisch niedrige Durch-schnittsgeschwindigkeit des NEFZ hat den Einfluss der Aerodynamik auf den Verbrauch auf bürokratischem Weg mar-ginalisiert.

Einige Fahrzeughersteller haben Un-tersuchungen darüber angestellt, wie die von ihnen gefertigten Fahrzeuge in Kun-denhand bewegt werden. Nach [16] ist der Faktor zwei bis dreimal so hoch wie im NEFZ. Einen Vergleich verschiedener Praktiken der Verbrauchsbestimmung bietet Tabelle 3. Der hier aufgezeigte Grenzwert für die Reduzierung des Luft-widerstandes von Vollheck-Pkw ver-spricht demnach einen Minderverbrauch von im Mittel zirka 30 % (Dieses Resultat ist mit dem einschränkenden Vorbehalt

zu versehen, dass es nur von einem ein-zigen OEM vorliegt. Von zwei weiteren gab es den inoffiziellen Kommentar, dass sie ähnliche Ergebnisse erzielt hätten; diese sind aber bis jetzt noch nicht veröf-fentlicht.).

4 Folgerungen und Vorschlag

Bei dieser Abschätzung wurde lediglich die Hinterachse derart angepasst, dass die Elastizität (die Zeit für die Beschleu-nigung von 60 km/h auf 120 km/h bleibt unverändert) im vierten Gang unverän-dert bleibt. Weitere Änderungen wur-den am Fahrzeug nicht vorgenommen. Will man jedoch das Potenzial einer Min-derung des Luftwiderstandes zur Sen-kung des Verbrauchs voll ausschöpfen, so bieten sich zwei weitere Schritte an (auch das ist seit langem bekannt): Die installierte Leistung ist so weit zu redu-zieren, dass eine maßvoll begrenzte Höchstgeschwindigkeit nicht überschrit-ten wird, wenigstens aber, dass diese ge-genüber dem Vorgängermodell unver-ändert bleibt. Diese kleinere Antriebs-leistung wird vom Kunden jedoch nur dann akzeptiert, wenn das Beschleuni-gungsvermögen darunter nicht leidet. Daraus folgt zwingend, dass – zweiter

Schritt – die Fahrzeugmasse entspre-chend abgebaut werden muss. Diese den cW-Wert-Abbau „flankierenden“ Maß-nahmen sind bei der obigen Abschät-zung des Minderverbrauchs unberück-sichtigt geblieben.

Als Konsequenz aus den hier vorge-legten Überlegungen wird der folgende Vorschlag gemacht: Entwicklung und Bau eines verbrauchsoptimalen Pkw mit – einem dem Grenzwert nahen Luftwi-

derstand– bei konsequentem Leichtbau und– optimal darauf abgestimmtem Trieb-

strang. Als Vorbild für die Durchführung könnte das Projekt Unicar dienen.

Literaturhinweise

[1] Dietz, S.: A2 – Ein Meilenstein der Fahrzeug-

aerodynamik. In: ATZ/MTZextra 2000, S. 80-91

[2] Hucho, W.-H.: Aerodynamik des Automobils,

5. Auflage, Wiesbaden: Vieweg Verlag, 2005

[3] Schlichting, H.; Gersten, K.: Grenzschicht-

Theorie, 9. Auflage, Berlin Heidelberg: Springer

Verlag, 1997

[4] Lührmann, L.; Zimmermann, K.; Zörner, C.: Der neue

Audi A6 – Aerodynamik und Aeroakustik. In: ATZ/

MTZextra März 2004, S. 34-42

[5] Hackenberg, U.; Dick, M.; Isgen, D.: Der Audi R8 –

Rennsporttechnik für die Straße. In: ATZ 109

(2007), S. 98-113

Maßnahme ΔcW aero

ΔcW real

Chassis

glatte Unterseite 0,030 0,015

Heckdiffusor 0,025 0,025

Räder 0,025 0,020

Heck 0,100 0,060

Kühler 0,020 0,020

A-Säule und Spiegel 0,010 0,010

Summe ∑Δ cW

0,210 0,150

Tabelle 2: Mögliche Maßnahmen zur Reduktion des cW-Wertes bei einem Vollheck-Pkw mit einem Ausgangswert von cW 0 = 0,320

im Zyklus ø-Geschwindigkeit km / h Faktor Δ b / b0

NEFZ 34 0,25 -12 %

1 / 3 Mix 76 0,40 -19 %

kundenrelevant

(nach Reiser et al.)≈ 60 0,5 bis 0,75 -0,24 bis -0,35

Tabelle 3: Mögliche Minderung des Verbrauchs, Δ b/b0

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[6] Cogotti, A.: Aerodynamic characteristics of car

wheels., in M.A. Dorgham (Hrsg.): Impact of

Aerodynamics on Vehicle Design, Vol. SP 3,

Inderscience Enterprises, St. Hekier, Jersey, 1983,

S. 173-196

[7] Aronson, D.; Brahim, S. B.; Perzon, S.: On the

Underbody Flow of a Simplified Estate, in SAE,

Warrendale, PA, 2000, S. 91-96

[8] Pfadenhauer, M.: Diplomarbeit TU München, 1975

[9] Pfadenhauer, M.: Hochleistungsfahrzeuge, in

W.-H. Hucho (Hrsg.): Aerodynamik des Automobils,

5. Auflage, Wiesbaden: Vieweg Verlag, 2005,

S. 453-551

[10] Wolf, T.; Preiss, M.: Auslegung widerstandsarmer

Kühlluftkonzepte am Beispiel des neuen Porsche

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[11] Mair, W. A.: The Effect of a Rear-mounted Disc on

the Drag of a Blunt Based Body of Revolution,

Aeronautical Quarterly, Vol. XVI 4, 1965, S. 350-360

[12] Hucho, W.-H.: Aerodynamik der stumpfen Körper,

Wiesbaden: Vieweg Verlag, 2002

[13] Morelli, A.; Di Giusto, N.: A New Step in Auto-

mobile Aerodynamics – Performance Improve-

ments and Design Implications., International

Conference Vehicles and System Progress, Ed. The

Ministry of General and Professional Education,

Volgograd, Russia 1999

[14] Hucho, W.-H.: Luftwiderstand – eine Halbierung

des cW

-Wertes erscheint möglich, 16. Aachener

Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik.,

Vol. 2, Vka/ika, Aachen 2007, S. 1621-1647

[15] Woll, T.: Verbrauch und Fahrleistungen, in

W.-H. Hucho (Hrsg.): Aerodynamik des Automobils,

5. Auflage, Wiesbaden: Vieweg Verlag, 2005,

S. 123-155

[16] Reiser, C.; Zellbeck, H.; Härtle, C.; Klaiß, T.:

Kundenfahrverhalten im Fokus der Fahrzeug-

entwicklung. In: ATZ 110 (2008), S. 684-692

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