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Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

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Page 1: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation
Page 2: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

LEHRBÜCHER UND MONOGRAPHIEN

AUS DEM GEBIETE DER

EXAKTEN WISSENSCHAFTEN

MATHEMATISCHE REIHE

BAND 14

Page 3: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

HANDBUCH DER

LAPLACE-TRANSFORMATION

BAND I

THEORIE DER LAPLACE-TRANSFORMATION

VON

GUSTAV DOETSCH

ORD. UNIVERSITÄTSPROFESSOR, FREIBURG I. BR.

SPRINGER BASEL AG 1950

Page 4: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

ISBN 978-3-0348-6985-0 ISBN 978-3-0348-6984-3 (eBook)

DOI 10.1007/978-3-0348-6984-3

Nachdruck verboten. Alle Rechte, insbesondere

das der Übersetzung in fremde Sprachen und der Reproduktion

auf photostatischem Wege oder durch Mikrofilm, vorbehalten

Copyright 1950 by Springer Basel AG

Ursprünglich erschienen bei Verlag Birkhäuser AG., Base!l950

Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1950

Page 5: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

VORWORT

Seit dem Erscheinen meiner Monographie "Theorie und Anwendung der Laplace-Transformation» im Jahre 1937, die zum erstenmal weiteren Kreisen den Zugang zu dieser mit so vielen Gebieten in Beziehung stehenden Materie eröffnete, hat sich die Laplace-Transformation dem Kanon derjenigen mathematischen Disziplinen eingegliedert, die etwa wie die Funktionentheorie nicht bloß von den Mathematikern, sondern auch von den Ingenieuren und Physikern laufend be­nutzt werden. In allen Teilen der Welt werden heute bereits eigene Vorlesungen über die Laplace-Transformation gehalten, und in fast allen Kultursprachen sind Bücher über sie erschienen, die sich allerdings vorwiegend auf das heute wichtigste Anwendungsgebiet, die Theorie der Randwertprobleme, beschränken.

Angesichts dieser gesteigerten Bedeutung der Laplace-Transformation und des inzwischen angewachsenen Stoffes schien es geboten, eine Darstellung zu unternehmen, die die neueren Erkenntnisse berücksichtigt und die früheren weiter ausgestaltet. Das brachte eine starke Vergrößerung des Umfangs mit sich, die zu einer Teilung des Werkes in zwei Bände zwang, von denen der eine der Theorie, der andere den Anwendungen gewidmet sein soll. Den ersten lege ich hiermit vor.

Gegenüber der früheren Monographie ist vor allem die Beschränkung auf den Riemannschen Integralbegriff (der jetzt übrigens allgemeiner gefaßt ist als ehe­dem) fallen gelassen worden, so daß auch die Teile der Theorie, die notwendig das Lebesguesche Integral erfordern, zur Darstellung gelangen konnten. Abgesehen von diesen Teilen sind aber die Beweise fast durchweg so geführt, daß der Leser je nach Vorbildung an den einen oder den anderen Integralbegriff denken kann. An den wenigen Stellen, wo der mit dem Lebesgueschen Integral erbrachte Beweis für das Riemannsche nicht gültig ist, wurde er für dieses gesondert geführt, mit Rücksicht auf die Ingenieure, denen der Lebesguesche Begriff nicht geläufig ist.

Was den inhaltlichen Unterschied gegenüber dem Buch von 1937 angeht, so ist zunächst einmal im Hinblick auf die im Lauf der Zeit aufgetauchten Anwen­dungen das frühere Material durchgehend erweitert und vertieft worden. Bei­spielshalber sei verwiesen auf die stärkere Berücksichtigung der zweiseitigen Laplace-Transformation, oder auf die Abschnitte über die Faltung, oder auf das komplexe Umkehrintegral, bei dem jetzt die Auswertung durch Deformation des Integrationsweges und Residuenrechnung so ausführlich behandelt ~ird, daß die Praktiker, die diese Operationen mit besonderer Vorliebe verwenden, hier eine solide Grundlage für die Methode vorfinden; ferner auf die Parsevalsehe Glei­chung mit ihren vielfältigen Auswirkungen, die früher sehr stiefmütterlich be­handelt worden war. Weiterhin wurden selbstverständlich aus den seit 1937 erschienenen Arbeiten die theoretischen Resultate übernommen. Schließlich ent­hält das Buch eine Anzahl von in sich abgeschlossenen Partien mit neuen Ergeb­nissen, die ich infolge der Ungunst der Kriegs- und Nachkriegszeit bisher nicht

I

veröffentlicht habe, so die Darstellung des Partialintegrals Je-sr F(T) dT durch 0

ein komplexes Integral über die Laplace-Transformierte, womit die Grundlage für das bisher kaum behandelte "Konvergenzproblem » geschaffen ist und woraus sich zum Beispiel neue Formeln für die Partialsummen von Dirichletschen Reihen ergeben (5. Kapitel), ferner eine ziemlich erschöpfende Theorie der analytischen

Page 6: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

6 Vorwort

Fortsetzung der Laplace-Transformierten durch arithmetische Mittel (9. Kapitel) sowie die Mehrzahl der Sätze Abelscher Art für das komplexe Umkehrintegral (15. Kapitel), die die Grundlage für neue asymptotische Methoden im zweiten Band abgeben werden.

Auf Lücken in dem heutigen Wissen über die Laplace-Transformation ist mit dem Stichwort «Problem>~ hingewiesen, um die Aufmerksamkeit auf diese un­gelösten Fragen zu lenken.

Diejenigen als Hilfsmittel gebrauchten Sätze, die nicht zu dem dem Durch­schnittsleser geläufigen Fundus gehören, sind in einem «Anhang" zusammen­gestellt. Durch die Verweise auf diesen erhalten die Beweise eine sichere Grund­lage, während der Text selbst von allem Beiwerk entlastet wird.

Das Buch hat die Laplace-Transformation im eigentlichen Sinne, nicht die Laplace-Stieltjes-Transformation, zum Gegenstand. Immerhin gebe ich, um die Benutzer in den Stand zu setzen, auch die mit letzterer arbeitenden Abhand­lungen zu verstehen, eine vollständige Darstellung der hierzu notwendigen Sätze über das Stieltjes-Integral, und führe den Leser bis zu dem fundamentalen Satz,

00

daß sich das Laplace-Stieltjes-lntegral J e-•t d4>(t) vermittels des eigentlichen 00 0

Laplace-lntegrals in der Form s J e-•t 4>(t) dt- 4>(0) darstellen läßt. Wer sich 0

für die Hauptdomäne der Laplace-Stieltjes-Transformation, nämlich die Be­ziehung zum Momentenproblem und den vollmonotonen Funktionen interessiert, möge zu dem Buch von Widder greifen.

Das Manuskript ist in den Jahren 1946-48, also in der Zeit tiefster Hoffnungs­losigkeit in Deutschland und unter den schwierigsten Lebensbedingungen ent­standen. Wenn selbst nordamerikanische Forscher in ihren Veröffentlichungen darüber klagen, daß ihnen infolge der Kriegs- und Nachkriegsumstände die Literatur nicht vollständig zur Verfügung gestanden habe, so trifft dies für den Europäer erst recht zu. Es ergeht daher die Bitte an die Fachgenossen, durch Zusendung von Arbeiten dem Verfasser die Möglichkeit zu etwaigen Ergänzungen im zweiten Band zu geben.

Mein Dank gilt Herrn Albert Birkhäuser, der in einer Zeit, da in den am Krieg beteiligt gewesenen Ländern die Drucklegung wissenschaftlicher Werke auf die größten Schwierigkeiten stößt, durch Erweiterung seines Verlages der mathe­matischen Wissenschaft die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Schweiz er­schlossen und so auch das Erscheinen des vorliegenden umfangreichen Werkes ermöglicht hat.

Freiburg i. Br. (Deutschland) Riedbergstr. 8 Dezember 1949

Gustav Doetsch

Page 7: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Inhaltsverzeichnis

I. TElL

Grundlegende analytische und funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace -Transformation

1. Kapitel: Allgemeines über lineare Funktionaltransformationen und Grundbegriffe der Funktionalanalysis 19

§ 1. Lineare Funktionaltransformationen . . . . . . . . . 19 § 2. Allgemeine Funktionaltransformationen . . . . . . . 22 § 3. Der Grenzbegriff im unendlichvieldimensionalen Raum 23

2. Kapitel: Allgemeine analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation . . . .. . . . . . . . . . . . . . 29

§ 1. Der zugrunde gelegte Integralbegriff . . . . . . . . . . . . 29 § 2. Definition und Konvergenzeigenschaften des Laplace-lntegrals 32 § 3. Laplace-T,l-ansformation und Laplace-Transformierte. . . . 43 § 4. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 § 5. Die numerische Berechnung einer Laplace-Transformierten . 52 § 6. Die Birichletsche Reihe als Laplace-Integral . . . . . . . 53 § 7. Die zweiseitige Laplace-Transformation und die Mellin-Transfor-

mation. Die Fourier- und die 91-Transformation. . . . . . . . 59 § 8. Die Laplace-Transformation in Gestalt eines Stieltjes-Integrals . 61 § 9. Die im wesentlichen eindeutige Bestimmung der L-Funktion

durch die I-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2 § 10. Anwendungen des Eindeutigkeitssatzes . . . . . . . . . . . SO § 11. Die Abbildung einer linearen Substitution der Variablen in der

L- oder I-Funktion . . . . . . . . . . . . . . 85 § 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion . . 87 § 13. Die Abbildung der Differentiation der L-Funktion. 98 § 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften . 104 § 15. Die Abbildung der Faltung zweier Originalfunktionen 121 § 16. Die Abbildung weiterer Operationen an der L-Funktion 131

3. Kapitel: Allgemeine funktionentheoretische Eigenschaften der durch die Laplace-Transformation erzeugten Funk-tionen . . . . . . . . . . . . . . . . 141

§ 1. Gleichmäßige Konvergenz des Laplace-Integrals 141 § 2. Holamorphie der I-Funktion . . . . . . . . . 144

Page 8: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

8 Inhaltsverzeichnis

§ 3. Die Holomorphiehalbebene von f(s) • • • • • • • • • • • • • 151 § 4. Existenz einer Singularität auf der Konvergenzgeraden in spe-

ziellen Fällen . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . 153 § 5. Verhalten von f(s) bei Annäherung an einen Konvergenzpunkt 156 § 6. Verhalten von f(s) bei Annäherung an s = oo 162 § 7. Die Ordnung von f(s) auf Vertikalen . 177 § 8. Die Beschränktheitshalbebene von f(s) . . . 180

li. TEIL

Die Umkehrung der Fourier- und Laplace-Transformation,

die Parsevalsehe Gleichung und verwandte Probleme

.J.. Kapitel: Die komplexe Umkehrformel. . . . . . . . . . . 191

§ 1. Fouriersches Integraltheorem und Fourier-Transformation . . 191 § 2. Erster Satz über die Umkehrung der {absolut konvergenten)

Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 § 3. Zweiter Satz über die Umkehrung der (absolut konvergenten)

Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 § 4. Die komplexe Umkehrformel für die absolut konvergente Laplace­

Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 § 5. Die komplexe Umkehrformel für die einfach konvergente Laplace­

Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 § 6. Die Differentiation der komplexen Umkehrformel . . . . . . . 221 § 7. Deformation des Integrationsweges im komplexen Umkehrintegral 223

5. Kapitel: Formeln für das Partialintegral der Laplace-Trans-formation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

§ 1. Darstellung des Partialintegrals derLaplace-Transformation durch ein komplexes Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

§ 2. Über das Konvergenzproblem der Laplace-Transformation . . . 237 § 3. Anwendung: Formeln für die Partialsummen von Dirichletschen

Reihen mit einem Beitrag zum Konvergenzproblem dieser Reihen 239

6. Kapitel: Die Parsevalsehe Gleichung. . . . . . . . . . . . . 245

§ 1. Die Parsevalsehe Gleichung für die Fourier-Transformation . . . 245 § 2. Die Parsevalsehe Formel für die Laplace-Transformation und der

quadratische Mittelwert von f(s) auf Vertikalen 251 § 3. Die Umkehrformel zum Faltungssatz 255 § 4. Die Laplace-Transformation eines Produkts 257

7. Kapitel: Bedingungen für die Darstellbarkelt einer Funktion als Laplace-Transformierte. 259

§ 1. Das Darstellungsproblem . • . • . 259 § 2. Bedingungen für die Darstellbarkeit . 260

Page 9: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Inhaltsverzeichnis 9

§ 3. Die Berechnung des komplexen Integrals für meromorphe I-Funk­tionen durch Residuenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . 267

8. Kapitel: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transfor-mation . ..... . 285

§ 1. Berechnung der L-Funktion aus den Werten der I-Funktion für große reelle s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 8 5

§ 2. Berechnung ·der L-Funktion aus den \Verten der Ableitungen hoher Ordnung von f(s) für große reelle s 290

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung . . . . 296

III. TEIL

Eine Verallgemeinerung der Laplace-Transformation

9. Kapitel: Die Cesaroschen arithmetischen Mittel des Laplace­lnte~rals und die _2(kl-Transformation. . . . . . . . 311

§ 1. Die (C, k)-Mittel für Funktionen . . . . . . . . . 311 § 2. Die (C, k)-Mittel des Laplace-Integrals. Die _2(kl-Transformation

und ihre Konvergenzhalbebene . . . . . . . . . . . . . 314 § 3. Funktionentheoretische Eigenschaften der _2(k)_ Transformierten . 330 § 4. Darstellung des (C, k)-Mittels von E{F} durch ein komplexes

Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 § 5. Anwendung auf das Konvergenzproblem von _2(k){F} . 343 § 6. Der Faltungssatz für die _2(k)_ Transformation . . . . 350

IV. TEIL

Die Laplace-Transformation spezieller Klassen von Funktionen

10. Kapitel: Die Laplace-Transformation der ~anzen Funktionen vom Exponentlaitypus . . . . . . . . . 355

§ 1. Die den L-Funktionen vom Exponentialtypus entsprechende Klasse von I-Funktionen . . . . . . . . . . . . . 355

§ 2. Analytische Fortsetzung der I-Funktion durch Drehung des Integrationsweges in der t-Ebene . . . . . 362

§ 3. Bestimmung des Konvergenzgebietes von _2('1'l{F} durch die Singularitäten von f(s) . . . . • . . . . . . • . . . . . 371

§ 4. Der Zusammenhang zwischen dem Anwachsen von F(t) für t + oo und den Singularitäten von f(s) • . . . . • . • . 378

§ 5. Das Borelsche Summabilitätspolygon, das Antipolygon und die verallgemeinerten Borel-Polygone . . . . . . . . . . . . . . 380

§ 6. Die Abbildung des Produkts und die Faltungssätze in den Klassen 21, und a, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

Page 10: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

10 Inhaltsverzeichnis

11. Kapitel: Die zweiseitige Laplace-Transformation bzw. Mellin-Transformation von analytischen Funktionen 403

§ 1. Die 1!11-Transformation von Funktionen, die in einem Streifen analytisch sind und Exponentialabschätzungen genügen 403

§ 2. Die Mellin-Transformation von Funktionen, die in einem Winkel­raum analytisch sind und Potenzabschätzungen genügen . . . . 408

§ 3. Die Abbildung des Produkts und die Faltungssätze in den Klassen mu und 0 11 bzw. ~ und b . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

§ 4. Anwendung der Mellin-Transformation in der Funktionentheorie 415

12. Kapitel: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L2 • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 419

§ 1. Hilfssätze über die Planchereisehe Fourier-Transformation und die Funktionsklasse ~2 • • • • • • • • • • • • • • • • • 420

§ 2. Funktionen aus ~2 als Laplace-Transformierte von Funktionen aus L 2(0, oo) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422

§ 3. Metrisierung der Räume L 2(0, oo) und ~2• Korrespondenz zwischen mittelkonvergenten Reihen für F(t) und absolut konvergenten Reihen für f(s) als Konsequenz der Parsevalsehen Gleichung . . 432

§ 4. Korrespondenz zwischen Orthogonalfunktionen im Intervall 0 :<:: t < oo und solchen im Intervall - oo < y < + oo als Kon-sequenz der verallgemeinerten Parsevalsehen Gleichung 434

§ 5. Verallgemeinerte Parsevalsehe Gleichung, Umkehrformel zum Faltungssatz, Laplace-Transformierte eines Produkts und Cauchy-sche Formel für Funktionen aus L 2(0, oo) . . . . . . . . . . 437

§ 6. Eine Umkehrformel für die Laplace-Transformation, die die Werte von f(s) auf der reellen Achse benutzt . . . . . . . . . . . . 438

§ 7. Ein Vergleich zwischen Potenzreihen, fastperiodischen Funk­tionen (Dirichletschen Reihen) und der Laplace-Transformierten hinsichtlich Umkehrformel und Parsevalscher Gleichung . . . . 442

V. TEIL

Abelsche und Taubersehe Sätze

13. Kapitel: Abelsche Sätze über das Verhalten der Laplace­Transformierten an einer singulären Stelle im End-lichen .......... ·. . . . . . . . . . . . . 455

§ 1. Asymptotisches Verhalten bei Annäherung in einem Winkelraum an eine singuläre Stelle auf der Konvergenzgeraden . . . . . . 455

§ 2. Anwendungen: Singuläre Integrale. Vergleich zwischen verschie­denen Summationsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . 461

§ 3. Vollständige Charakterisierung einer auf der Konvergenzgeraden liegenden Singularität der Laplace-Transformierten 466

§ 4. Abelsche Sätze für die zweiseitige Laplace-Transformation und die Mellin-Transformation . . . . . . . . . . . 471

Page 11: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Inhaltsverzeichnis 11

14. Kapitel: Abelsche Sätze über das Verhalten der Laplace­Transformierten für s -+ oo . . . . . . . . . . . . . 4 7 3

§ 1. Verhalten fürs-+ oo in einem Winkelraum auf Grund von Voraus­setzungen über das asymptotische Verhalten von F(l) für t-+ 0 . 473

§ 2. Verhalten für s-+ oo in einer Halbebene auf Grund von Voraus­setzungen über die Ableitungen von F(t) . . . . . . . . . . . 477

§ 3. Verhalten für s-+ oo, wenn F(l) in einem Intervall rechts von 0 verschwindet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481

15. Kapitel: Abelsche Sätze für das komplexe Umkehrinte~ral. 485

§ 1. Verhalten des komplexen Umkehrintegrals für t-+ ± oo auf Grund gleichmäßiger Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . 485

§ 2. Verhalten für 1-+ + oo, wenn /(s) links, und für t-+- oo, wenn f(s) rechts vom Integrationsweg eine isolierte singuläre Stelle besitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488

§ 3. Verhalten für t-+ + oo auf Grund des asymptotischen Verhaltens von f(s) an einer Stelle links vom Integrationsweg . . . . . . . 494

§ 4. Verhalten des Umkehrintegrals mit winkeiförmigem Integrations-, weg für t-+ oo auf Grund des asymptotischen Verhaltens von /(s) im Scheitelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496

§ 5. Verhalten des Umkehrintegrals für t-+ 0 auf Grund des asym-ptotischen Verhaltens von /(s) fürs-+ oo in einer Halbebene . 502

16. Kapitel: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation 505

§ 1. Taubersehe Sätze reeller Art . . . . . . . . 505 § 2. Taubersehe Sätze funktionentheoretischer Art 524

Anhang

Formeln . . . 531 Ungleichungen 532 Reelle Analysis 532 Das uneigentliche Riemannsche Integral 535 Das Lebesguesche Integral . . . . . . 538 Grenzübergang unter dem Lebesgueschen Integral. 539 Grenzübergang unter dem Riemannschen Integral. 540 Darstellung von Doppelintegralen durch iterierte einfache Integrale. Ver-

tauschung von Integralen. . . . . . . . . . . 541 Integration einer Reihe über ein unendliches Intervall 542 Allgemeine Sätze über das Integral . . . . . . . 542 Abgeschlossenheit und Vollständigkeit von Folgen. 544 Funktionentheorie . . . . . . . . . . . . . . . 545

Literarische und historische Nachweise Bücher über die Laplace-Transformation Literaturverzeichnis . Sachregister . . . . . . . . . . . . .

549 561 563 577

Page 12: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

13

Bezeichnungen

1. Ist z = x + i y (x, y reell), so wird gesetzt:

x = 9lz, y = Jz;

ist z = r ei 'P (r, T reell), so wird gesetzt:

r = I z I , T = arc z.

2. Der Winkelraum I arc (z- z0 ) I ~ 1p (Bogenmaß) wird mit 5!13(z0 , 1p) be­zeichnet. Unterliegt der positive Winkel 1p der Beschränkung 1p < T, so wird dies durch die Bezeichnung 5!13(z0 , 1p < 'P) zum Ausdruck gebracht. Meist treten Winkelräume auf, bei denen 1p < n/2 sein muß. Diese sind also durch 5!13(z0 , 1p < n/2) zu bezeichnen.

3. Die Symbole 0, OL ttnd o. a) Ist eine beliebige (auch komplexwertige) Funktion f(x) und eine positive

Funktion g(x) für x ~X definiert, und gibt es eine positive Konstante K derart, daß

ist, so schreibt man: lf(x) I ~ K g(x) für x ~X

f(x) = O(g(x)) für x ~X

[<<f(x) ist höchstens von der Größenordnung von g(x)>>]. Will man die Stelle X, von der an die Abschätzung gilt, nicht genauer an­

geben, so schreibt man: f(x) = O(g(x)) für x-+ oo.

Gilt die Abschätzung I f(x) I ~ K g(x) in der Umgebung einer Stelle x0 im Endlichen, z. B. für x0 < x ~ x0 + 1, so schreibt man analog:

f(x) = O(g(x)) für x0 < x ~ x0 + 1, oder kürzer: für x-+ x0 •

Entsprechend ist, wenn f(z) eine Funktion der komplexen Variablen z bedeutet, eine Aussage wie z. B.

f(z)=O(g(lzJ)) für z-+z0 in W(z0 ,1p)

dahin zu verstehen, daß I f(z) i ~ K g(l z J) gilt, wenn z einer gewissen Umgebung von z0 in 5!13(z0 , 1p) angehört.

b) Ist f(x) reellwertig und

f(x) ~ - K g(x) für x ~ X, so schreibt man:

f(x) = OL(g(x)) für x ~ X, oder kürzer: für x -+ oo

Page 13: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

14 Bezeichnungen

[<(/(x) ist linksseitig höchstens von der Größenordnung von g(x) >>]. Entspre­chend, wenn die Relation in einer Umgebung einer Stelle im Endlichen statthat.

c) Gilt für die (eventuell komplexwertige) Funktion f(x):

f(x) 0 f"" · ·~- -+ ur x -+ oo g(x) '

so schreibt man : f(x) = o(g(x)) für x -+ oo

[<(/(x) ist von geringerer Größenordnung als g(x) >>]. Entsprechend, wenn die Grenzwertrelation für x-+ x0 gilt.

0- und o-Relationen dürfen fortlaufend und abwechselnd gebraucht, aber nur von links nach rechts gelesen werden, wie z. B.:

x = O(x2) =~ o(e"') = O(eh) für x -+ oo.

4. Asymptotische Darstellung einer Funktion durch eine andere. Die Funktionen f(z) und g(z) der reellen oder komplexen Variablen z seien

in einer gewissen Umgebung einer Stelle z0 (die auch oo sein kann) mit even­tueller Ausnahme von z0 definiert, z. B. in einem \Vinkelraum mit dem Scheitel z0 • In der Umgebung sei g(z) =!= 0. Gibt es eine Konstante A derart, daß

Jiz)~ -+A g(z) '

wenn z innerhalb der Umgebung gegen z0 strebt, so schreibt man:

f(z) ~ A g(z) für z-+ z0 •

Für A ~~ 0 ist die Relation gleichbedeutend mit /(z) = o(g(z)).

5. Die charakteristischen Abszissen der Laplace-Transformation.

cx Abszisse absoluter Konvergenz. ß Abszisse einfacher Konvergenz. y Abszisse gleichmäßiger Konvergenz. X Abszisse der Holomorphie. 'YJ Abszisse der Beschränktheit. 'YJ-x 0-x-Abszisse: f(x + i y) = o(J y 1-x) für x ~ "'a. + e. H Abszisse endlicher Ordnung, H = lim "'a.. ßk Abszisse der Konvergenz von ß(kl{F}. B Abszisse der Konvergenz von ß(ool{F}, B = lim ßk·

00 k-+00

x 2 Quadratabszisse: J e~ 2a:t JF(t)J 2 dt konvergent bzw. +oo 0

z.1n J lf(x + i y) !2 dy beschränkt für x ~ x2 + e. -00

Page 14: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Vt-rweise 15

Verweise

Auf einzelne Paragraphen wird mit Angabe der Kapitel- und Paragraphen­nummer verwiesen. Beispiel: 1. 2 bedeutet 1. Kapitel, § 2. Die Kapitelnummern sind in den Titelköpfen der linken, die Paragraphennummern in denen der rechten Seiten zu finden.

Sätze und Formeln sind innerhalb jedes Paragraphen durchnumeriert. Ver-wiesen wird auf sie wie in folgenden Beispielen :

Satz 1 [2. 3] bedeutet Satz 1 in 2. 3, Formel1.2 (3) bedeutet Formel (3) in 1.2. Kleine hochgestellte Zahlen beziehen sich auf die literarischen und historischen

Nachweise am Schluß des Buches. Die dort durch Autor und Nummer zitierten Arbeiten finden sich in dem Literaturverzeichnis.

Mit dem Stichwort <<Tabellen>> wird auf das S. 561 angeführte Buch <<Tabellen zur Laplace-Transformation und Anleitung zum Gebrauch>> ver­wiesen.

Page 15: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

I. TEIL

Grundlegende analytische und funktionentheoretische

Eigenschaften der Laplace-Transformation

Doetsch I/2

Page 16: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

19

1. KAPITEL

ALLGEMEINES ÜBER LINEARE FUNKTIONAL­

TRANSFORMATIONEN UND GRUNDBEGRIFFE

DER FUNKTIONALANALYSIS

§ 1. Lineare Funktionaltransformationen

Grundlegend für die Analysis und Geometrie sind die linearen Transfor­mationen des 11r-dimensionalen Raumes, in dem jeder Punkt durch n Koordinaten x1 , ... , x,. oder durch den Vektor I mit x1 , ... , x .. als Komponenten festgelegt ist. Eine solche Transformation hat die Gestalt

(1) (p = 1, ... , n)

oder abgekürzt in symbolischer Form

(2) lJ = T(I);

das soll heißen: Der durch den Vektor I charakterisierte Punkt wird durch die lineare Transformation Tin den durch l) charakterisierten Punkt übergeführt. T ist vollständig bestimmt durch die Matrix II k,...l!. Statt von Transformation spricht man auch von einer Abbildung des I-Raumes auf den l)-Raum, wobei man sich die beiden Räume als verschieden oder auch als zusammenfallend vorstellen kann.

.. b

Es liegt nahe, in (1) die Summe}; durch ein Integral f ... dt zu ersetzen. •=1 a

An die Stelle der für die endlich vielen Indizes v = 1, ... , n definierten Kom-ponentenreihe x. hat dann eine für die unendlich vielen Werte a ~ t ~ b defi­nierte Funktion F(t) zu treten, an die Stelle der von zwei Indizes abhängigen Matrix II k,...ll eine Funktion K(s, t) von zwei Variablen und an die Stelle von y,.. eine Funktion f(s), wodurch man folgende Bildung erhält:

b

(1') f(s) = /K(s, t) F(t) dt a

oder symbolisch

(2') f(s) = X{F(t)},

Page 17: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

20 1. Kap.: Grundbegriffe der Funktionalanalysis

was wir in Analogie zu oben so ausdrücken: Jede Funktion F(t) (für die das Integral einen Sinn hat) wird durch die Transformation ;r, die durch den Kern*) K(s, t) charakterisiert ist, in eine Funktion f(s) übergeführt.

Was uns bei (1') an der Analogie zu (1) noch fehlt, ist die geometrische Aus­drucksweise, die sich in den Worten Punkt, Raum, Abbildung ausspricht. Will man diese geometrischen Vorstellungen, die ja viel Suggestives in sich tragen, übernehmen, so braucht man sich nur die durch die unendlich vielen Werte F(t) (a ~ t ~ b) bestimmte Funktion F (und ebenso/) als Punkt eines unendlich­vieldimensionalen Raumes zu denken, was natürlich anschaulich noch weniger möglich ist als die Vorstellung eines n-dimensionalen Raumes mit n > 3. Im­merhin kann man sich wenigstens von einem Ursprung unendlich viele Koor­dinatenachsen ausgehend und auf jeder einen der unendlich vielen Funktions­werte als Komponente abgetragen denken, wodurch ein bestimmter Raum­punkt festgelegt wird. Die Transformation ;r kann dann auch als eine Abbildung des F-Raumes auf den /-Raum gedeutet werden.

Diese Art, sich eine Funktion geometrisch als Punkt eines unendlichviel­dimensionalen Raumes vorzustellen, ist in der modernen Mathematik gang und gäbe geworden, und weitere Beispiele von Abbildungenzweier solcher Räume aufeinander lassen sich in beliebiger Anzahl bilden: Stellt man etwa neben die Gesamtheit aller differenzierbaren Funktionen F die Gesamtheit ihrer Ablei­tungen F', so liegt auch nichts anderes als eine Abbildung des F-Raumes auf den F'-Raum vor.

Man nennt jede solche Abbildung oder Transformation eines Funktionen­raumes in einen anderen eine Funktionaltransformation oder Funktional­operation. Hat sie insbesondere die von (1') und auch dem Beispiel f = F' offenkundig erfüllte Eigenschaft

(3)

{Ä.1 , Ä.2 komplexe Zahlen), so heißt sie linear, wobei allerdings der Sprachgebrauch schwankt: Manchmal werden nur solche Transformationen mit der Eigenschaft (3), die außerdem in dem S. 28 zu erörternden Sinn stetig sind, als linear be­zeichnet, während dann die anderen distributiv oder additiv genannt werden.

Diese linearen Funktionaltransformationen sind am weitesten durchforscht, und unter ihnen wiederum die von der Gestalt (1'), die sog. lntegraltrans­formationen. Durch Spezialisierung des Kerns K(s, t) und der Integrations­grenzen a, b erhält man bestimmte Transformationen, von denen hier die­jenigen erwähnt seien, die sich als besonders fruchtbringend herausgestellt haben. Sie tragen die Namen der Forscher, die sie zuerst in größerem Umfang verwendet haben. Als Kerne treten bei ihnen diejenigen Funktionen auf, die auch sonst in der Analysis die fundamentale Rolle spielen: die Exponential­funktion, die Potenz, die gebrochen lineare Funktion, die trigonometrischen Funktionen, die Bessel-Funktionen.

*) Dieser Ausdruck stammt aus der Theorie der Integralgleichungen.

Page 18: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Lineare Funktionaltransfonnationen

Laplace-Transformation 00 +OO

f(s) = j e-st F(t) dt bzw. j e-st F(t) dt; 0

Mellin-Transformation 00

f(s) = J z•-l F(z) dz; 0

Hilbert- oder Stieltjes-Transformation

+oo

f(s) = J {f~ dt ; -00

Fourier-Transformation +oo

f(y) = ./ e-iy" F(x) dx; -oo

Fouriersehe Kosinustransformation

00

f(y) = /cosy xF(x) dx; 0

F ouriersche Sinustransformation

00

f(y) = j sin y x F(x) dx ; 0

Hanke!-Transformation

00

-00

f(y) = fJ.. (2 Vy~) F(x) dx. 0

21

Als lineare Funktionaltransformationen kann man auch die bekannten Rei­hentypen wie Potenzreihe

Fourier-Reihe

Dirichletsche Reihe

00

f(z) =}; a., zn ; n-0

+oo f(x) =}; a., e-in:.:;

n""' -oo

00

f(s) =}; a., e- J.ns

n-0

auffassen, denn durch sie wird die Folge {a.,}, d.h. eine nur für ganzzahlige Werte der Variablen definierte Funktion a(n) in eine Funktion f(z) übergeführt.

Page 19: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

22 1. Kap.: Grundbegriffe der Funktionalanalysis

§ 2. Allgemeine Funktionaltransformationen

Wir sind oben zum Begriff der linearen Integraltransformation durch die Anknüpfung an die projektive Transformation (1), d.h. an die lineare Funktion gelangt. Den Begriff der allgemeinen Funktionaltransformation erhält man, indem man von dem allgemeinen Funktionsbegriff oder, was dasselbe ist, von dem Begriff der Zuordnung ausgeht. Die einfachste Funktion ist die reelle Funktion einer reellen Variablen y = tp(x), die den Punkten einer x-Geraden (Dimension 1) die Punkte einer y-Geraden zuordnet. Die nächste Stufe ist die komplexe Funktion einer komplexen Variablen, die den Punkten einer Ebene (Dimension 2) die Punkte einer Ebene zuordnet. So fortschreitend kann man schließlich auch den Begriff einer <(Funktiom bilden, die den Punkten eines unendlichvieldimensionalen Raumes, von denen jeder eine gewöhnliche Funk­tion vorstellt, wiederum die Punkte eines unendlichvieldimensionalen Raumes zuordnet. Diese <(Funktiom ist nichts anderes als der allgemeine Begriff der Funktionaltransformation. Bei dieser Art der Herleitung wird insbesondere die Schreibweise f = X{F} einleuchtend, da sie in unmittelbarer Analogie zu der Schreibweise y = tp(x) einer gewöhnlichen Funktion steht: An die Stelle der unabhängigen und abhängigen Variablen x und y sind die FunktionenFund f getreten, an die Stelle des den funktionalen Zusammenhang symbolisierenden Zeichens 9' das Zeichen X.

Wenn man von dieser Seite an die Funktionaltransformation herankommt, pflegt man andere Bezeichnungen einzuführen, die wir aber in der Folge nicht verwenden wollen: In Analogie zu der Bezeichnung <( Punktfunktion » für die klassische Funktion, die von den Punkten einer Geraden, Ebene usw. abhängt, spricht man bei der von Funktionen abhängenden Funktionaltransformation von Funktionfunktion oder, wenn man sich das Argument durch eine Kurve (Linie) repräsentiert denkt, von Linienfunktion entsprechend der französischen Bezeichnung fonction de lignes und der italienischen funzione di linee.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß noch ein anderer funktionaler Zusammenhang häufig auftritt: die unabhängige Variable ist eine Funktion (variiert also in einem unendlichvieldimensionalen Raum}, die abhängige Variable ist eine reelle oder komplexe Zahl (ein Punkt im ein- oder zweidimen­sionalen Raum). Beispiele hierfür sind: die einer Funktion in einem Intervall zugeordnete obere Grenze; oder der Wert ihres bestimmten Integrals; oder das Integral ihres Quadrats. Eine solche Zuordnungwird ein Funktional genannt.

Der Teil der Mathematik, der von den Funktionalen und den Funktional­transformationen handelt, heißt Funktionalanalysis. Sie ist natürlich noch viel ausgedehnter als die gewöhnliche Analysis. Der Wert dieser verhältnis­mäßig jungen Wissenschaft, die erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als eigene Disziplin betrieben wird, ist nun aber weniger darin zu erblicken, daß sich in ihr ein Gebiet besonders allgemeiner und abstrakter Spekulation auftut, als vielmehr in ihrer Fähigkeit, einerseits eine Fülle von bekannten Problemen an der richtigen Stelle einordnen und dadurch einer sachgemäßen Behandlung zuführen zu können, andererseits ganz von selbst zu neuen «vernünftigen»,

Page 20: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Der Grenzbegriff im unendlichvieldimensionalen Raum 23

d. h. mit den früheren in organischem Zusammenhang stehenden Problemen hinzuleiten.

In diesem Buch werden wir es nur mit Funktionaltransformationen und zwar mit einigen speziellen Integraltransformationen zu tun haben. Wir er­wähnen noch folgende Bezeichnungen: Die Funktion F, auf die die Transfor­mation ausgeübt wird (das Argument), heißt Objektfunktion, die zugeord­nete f (der Wert) die Resultatfunktion. Deutet man die Transformation anschaulich als Abbildung, so spricht man auch von Original- und Bildfunk­tion. Die verschiedenen speziellen Funktionaltransformationen, wie Laplace-, Fourier-Transformation usw., werden wir durch verschiedene Fraktur- (goti­sche) Buchstaben an Stelle des allgemeinen Symbols X auseinanderhalten, wie .Q für Laplace-Transformation, !J für Fourier-Transformation usw. Wir werden dann bei der mit .Q bezeichneten Transformation die Objektfunktion kürzer L-Funktion, die Resultatfunktion I-Funktion nennen, entsprechend für die anderen Buchstaben. - Die Menge der Funktionen, für die X definiert ist, heißt der Objektraum oder Objektbereich*), die Menge der hieraus durch X entstehenden Funktionen der Resultatraum oder Resultatbereich (später kürzer L-Raum und l-Raum usw.).

§ 3. Der Grenzbegriff im unendlichvieldimensionalen Raum**)

Der unendlichvieldimensionale Raum, in dem unsere Funktionaltransfor­mationen definiert sind, wird immer aus den Funktionen einer bestimmten Klasse bestehen, wie z.B.: die in einem bestimmten Intervall stetigen oder in einem gewissen Sinn integrierbaren Funktionen. Um in einem solchen Raum eine Analysis ähnlich der Analysis der reellen und komplexen Funktionen auf­bauen zu können, muß man zunächst über den Begriff des Grenzwertes ver­fügen, mittels dessen sich dann die weiteren Begriffe wie Stetigkeit usw. definieren lassen. Der Grenzbegriff ist äquivalent dem Begriff des Häutungs­punktes; letzterer läßt sich definieren, wenn man über den Umgebungsbegriff verfügt, und dieser wiederum, wenn in dem Raum der Begriff der Entfernung zweierPunkte (Länge, Abstand, Distanz) definiert ist. Wir übergehen hier die Mögl.ichkeit, in einem Raum nur die Existenz eines Grenzbegriffs1 oder nur eines Umgebungsbegriffs2 zu postulieren. Dagegen wollen wir uns etwas näher mit Räumen befassen, in denen ein Abstandsbegrif/3 definiert ist, weil derartige Räume später vorkommen werden und wir hier Gelegenheit erhalten, einige Begriffe einzuführen, die wir in Zukunft brauchen.

In Analogie zu der Definition des Abstandes d zweierPunkte (x1 , ••. , x .. ). (y1 , ... , y .. ) im n-dimensionalen euklidischen Raum durch

.. d2 = .E (x.- Y.)2

•-1

*) In der Variationsrechnung ist hierfür der Name •Feld• üblich. **) Dieser Paragraph kann bei einer ersten Lektüre überschlagen werden.

Page 21: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

24 I. Kap.: Grundbegriffe der Funktionalanalysis

wird man zunächst daran denken, den Abstandzweier Punkte ft(x), Mx) im Funktionenraum durch

b

d2 = jl/1(x) -/2(x}l 2 dx a

zu definieren. Dies setzt zum mindesten die Existenz dieses Integrals in irgend­einem Sinn voraus, ist also nur für bestimmte Klassen von Funktionen mög­lich. Wir werden später an Beispielen sehen, daß noch ganz andere Arten der Definition von d denkbar sind, und lassen deshalb die Frage ganz offen, wie d definiert ist, begnügen uns vielmehr mit der Annahme, daß d = d(/1 , / 2} für je zwei Funktionen des Raumes als reelle Zahl definiert sei.

Ein Raum, in dem der Abstand d(/1 , / 2} je zweierPunkte /1 ,/2 definiert ist, heißt ein metrischer Raum, wenn d folgende Eigenschaften besitzt:

1. d(/1 , / 2) > 0 für / 1 * /2 ;

2. d(f, f) = 0;

3. d(/1, /2) = d(/2, /1);

4. d(/1 , / 2} ~ d(/1 , / 3} + d(/2 , / 3}, die sogenannte Dreiecksrelation.

Diese Eigenschaften werden postuliert, damit man mit d rechnerisch so operie­ren kann wie mit dem gewohnten Abstand im euklidischen Raum. - Man sagt auch, durch die Definition der Größe d sei dem Raum eine Metrik aufgeprägt oder der Raum sei metrisiert. -Der Abstand eines Punktes f vom Nullpunkt, d.h. von der Funktion= 0, heißt die Norm 1!111 von f: d(f, 0) = JJ/JJ.

Es hat sich als zweckmäßig herausgestellt, den Begriff der Konvergenz von dem des Grenzwertes zu trennen und folgendermaßen zu definieren: Eine Folge von Punkten / 0 , / 1 , / 2 , ••• heißt konvergent, wenn

lim d(/11, fq) = 0 p,q--+oo

ist, wo limd in dem aus der reellen Analysis bekannten Sinn zu verstehen ist. In euklidischen Räumen von endlich vielen Dimensionen ist es nun so, daß

bei Erfüllung dieser Bedingung die Folgekraft des Cauchyschen (inneren) Kon­vergenzkriteriums gegen einen bestimmten Punkt f des Raumes konvergiert, d. h. es gibt einen Punkt f, so daß

lim d(/11, /} = 0 11--+00

ist. Das braucht aber in einem metrischen Raum nicht der Fall zu sein I (Die Stelle, gegen die die / 11 konvergieren wollen, ist gewissermaßen leer, gehört jedenfalls nicht zum Raum.) Trifft es doch zu, so heißt f der Grenzwert der / 11 für n -+oo:

f= lim fn· ....... 00

Page 22: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Der Grenzbegriff im unendlichvieldimensionalen Raum 25

Hat ein Raum die Eigenschaft, daß jede konvergente Folge auch gegen einen Punkt in ihm konvergiert, so heißt er vollständig. (So ist z. B. der n-dimen­sionale euklidische Raum vollständig.)

Mittels des Grenzwertbegriffs läßt sich nun der Begriff des Häufungs­punktes, ·der für die Operationen der Analysis fundamental ist, definieren: Ein Punkt I heißt Häutungspunkt einer beliebigen Menge von Raumpunkten, wenn diese eine gegen I konvergierende Teilfolge enthält.- Während nach dem Bolzano-Weierstraßschen Satz in einem n-dimensionalen euklidischen Raum jede unendliche Menge mindestens einen Häufungspunkt besitzt, ist dies in einem metrischen Raum nicht notwendig der Fall*), wie wir an Beispielen sehen werden.- Hat eine Menge von Punkten aber die Eigenschaft, daß jede unend­liche Teilmenge einen zu der Ausgangsmenge gehörigen Häufungspunkt besitzt, so heißt sie kompakt. Insbesondere kann der zugrunde gelegte Raum selbst kompakt sein.

Wir führen nun die Metrisierung für einige Räume durch, die später eine Rolle spielen werden.

1. Der Raum bestehe aus der Klasse der im abgeschlossenen Intervall (0,1> stetigen reellen Funktionen. Wir metrisieren ihn durch die Definition

d(l1, 12) = Max l11(x) -l2(x)l­o~x~p

Die von d verlangten ersten drei Eigenschaften sind offenkundig erfüllt, aber auch die vierte, denn bedeutet x0 einen Punkt, in dem l11(x) -l2(x) I sein Maximum annimmt, so gilt:

Max l/1(x) -/2(x)l = l/l(xo) -/2(xo)l = l/l(xo) ·- fa(xo) + fa(xo) - /2(xo)i

~ l/l(xo)- fa(Xo)l + l/2(xo)- fa(xo)l

~ Max l/1(x)- /3(x)l + Max l/2(x) -/3(x)!.

Ist eine Folge fn(x) in unserem jetzigen Sinn konvergent, d.h.

lim Max l/71(x) - fq(x) I = 0, p,q~oo O;§;x~l

so konvergiert sie auf Grund des Cauchyschen Konvergenzkriteriums im ge­wöhnlichen Sinn, d.h. punktweise gegen eine Funktion f(x), und zwar gleich­mäßig. Es ist also

lim Max lfn(x) - f(x)i = 0.

---------------- --·-----··----·--·-------·- ----··· ···---------·-

*) Die Beweise der grundlegenden Sätze der gewöhnlichen Analysis, die in einem n-dimen­sionalen euklidischen Raum operiert, z. B. der Beweis für die Existenz des Minimums einer in einem abgeschlossenen Intervall unterhalb halbstetigen Funktion, beruhen auf der Konstruktion eines Häufungspunktes. Daher lassen sich diese Beweise nicht auf unendlichvieldimensionale Räume übertragen. Hieraus erklärt es sich, daß in der Variationsrechnung, die ja nichts anderes als die Behandlung des Extremumproblems im Funktionenraum darstellt, die Existenzfrage so schwierig ist'.

Page 23: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

26 1. Kap.: Grundbegriffe der Funktionalanalysis

Da die Grenzfunktion einer gleichmäßig konvergenten Folge von stetigen Funk­tionen selbst stetig ist, so gehört f(x) zum Raum, und es ist

lim d(fn, /) = 0. n->oo

Jede in unserem jetzigen Sinn konvergente Punktfolge konvergiert somit gegen einen Punkt des Raumes, dieser ist also vollständig. Dagegen ist er nicht kom­pakt, denn z.B. die Menge der Funktionen sin nn x (n = 1, 2, ... ) hat offenbar keinen Häufungspunkt.

2. Der Raum bestehe aus der Klasse der (reell- oder komplexwertigen) Funktionen f(x) in einem Intervall (a, b), die folgende Bedingungen erfüllen: Ist das Intervall endlich, so sei f(x) daselbst meßbar; ist das Intervall einseitig oder zweiseitig unendlich, so sei f(x) in jedem endlichen Teilintervall meßbar. Ferner sei lf(x) IP mit einem bestimmten p ~ 1 im Intervall (a, b) im Lebesgue­schen Sinn summierbar*). (Im Falle eines unendlichen Intervalls braucht f(x)

00

selbst in (a, b) nicht summierbar zu sein. So ist z. B. j dxj(1 + x)P für jedes 00 0

p > 1 vorhanden, j dxj(1 + x) aber nicht.) Dieser Raum pflegt mit LP(a, b) 0

bezeichnet zu werden. Er wird metrisiert durch die Abstandsdefinition

Von den Abstandspostulaten ist 3. ohne weiteres erfüllt, 1. und 2. ebenfalls, wenn man Funktionen, die sich nur auf einer Nullmenge unterscheiden (<<äqui­valent>> sind), nicht als verschieden rechnet, wie in der Lebesgueschen Theorie

b b *) Existiert in einem endlichen Intervall J lf(x) IP dx (p > 1), so existiert auch J l!(x) I dx,

a a denn nach der Hölderschen Ungleichung (Anhang Nr. 10) ist

b

l l -+-=1. p q

Weil für die Existenz von J f(x) dx notwendig und hinreichend ist, daß f(x) in (a, b) meßbar und a

lf(.:r) I in (a, b) summierbar ist (Anhang Nr. 30), so ist unter den obigen Voraussetzungen im Falle des endlichen Intervalls /(x) in (a, b) summierbar.

Da aus der Existenz von J lf(x) IP dx in einem unendlichen Intervall die Existenz in jedem endlichen Teilintervall folgt, so ergibt sich, daß unter den obigen Voraussetzungen im Falle des un­endlichen Intervalls f(x) in jedem endlichen Teilintervall summierbar ist.

In der Literatur wird bei der Definition von LP(a, b) oft überflüssigerweise statt der Meßbar­keit die Summierbarkeit von f(x) in dem endlichen Intervall (a, b) bzw. in jedem endlichen Teil­intervall des unendlichen Intervalls (a, b) vorausgesetzt.

Page 24: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Der Grenzbegriff im unendlichvieldimensionalen Raum 27

üblich. Postulat 4. für den Spezialfall l 3 (x) = 0 ist eine Folge der Minkowski­schen Ungleichung (Anhang Nr. 11)

woraus es sich auch allgemein ergibt, wenn 11 und 12 durch 11 - Ia und 12 - Ia ersetzt werden.

Konvergenz einer Punktfolge im Raum LP(a, b) in unserem jetzigen Sinn lim d(l'll,lrz) = 0 ist genau das, was man sonst in der gewöhnlichen Analysis

p, f/-+00

<<Konvergenz einer Funktionenfolge im Mittel der Ordnung p )) nennt. Eine solche mittelkonvergente Folge konvergiert stets gegen eine Funktion l(x) aus LP(a, b), wofür wir schreiben können:

b

lim J Jl .. (x)- l(x) JP dx = 0, n-+oo a

so daß der Raum LP(a, b) vollständig ist6• Dagegen ist er nicht kompakt. Gehört 11 zu L'P(a, b) (p > 1) und 12 zu Lrz(a, b}, wo lfp + lfq = 1 ist, so

gehört 11 • ls zu L 1(a, b), man kann also das dem inneren Produktzweier Vek­toren I(x1 , ... , x .. ) und lJ(y1 , ... , y .. ):

n

I·l) =Ex. Y. •-1

b

entsprechende Integral j l 1(x) l 2(x) dx bilden, das man auch das innere Pro-a

dukt der beiden Funktionen nennt, und es gilt die Höldersche Ungleichung

die zum Ausdruck bringt, daß, wie im Raum von endlich vielen Dimensionen, das innere Produktzweier Vektoren dem Absolutbetrag nach höchstens gleich dem Produkt der Längen der Vektoren (Abstand des Endpunktes vom Null­punkt) ist.

Von besonderer Bedeutung und formaler Einfachheit ist der Raum L 2(a, b), der sog. Hilbertsche Raum. Seine Abstandsdefinition

b

/Jft(x)- l2(x)! 2 dx a

ist das genaue Analogon zur Definition des Abstandes im euklidischen Raum. Konvergenz im Mittel der Ordnung 2 wird oft auch <<quadratische Mittelkon­vergenz)> oder schlechtweg <<Mittelkonvergenz)> genannt. Bei der Bildung des

Page 25: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

28 I. Kap. : Grundbegriffe der Funktionalanalysis

inneren Produkts haben hier die beiden Funktionen in demselben Raum zu liegen, und die Höldersche Ungleichung geht für p = 2, also q = 2, über in die klassische Cauchy-Schwarzsche Ungleichung

Man kann auch die entsprechenden Räume von Funktionen betrachten, deren Absolutbetrag in p-ter Potenz im Riemannschen Sinn eigentlich oder uneigentlich integrierbar ist. Sie entbehren aber der wichtigsten Eigenschaft: der Vollständigkeit, und daher sind die meisten der für die Räume LP gültigen Sätze, in denen Grenzübergänge vorkommen, für sie nicht richtig.

An den obigen Beispielen erkennt man, daß manche von den Konvergenz­begriffen für Funktionenfolgen, die sich im Laufe der Zeit eingebürgert haben (wie z.B. gleichmäßige Konvergenz oder Mittelkonvergenz), sich dadurch als ganz naturgemäß einstellen, daß man einem Funktionenraum eine Metrik auf­prägt. Man sieht zugleich, daß der gewöhnliche klassische Begriff der punkt­weisen Konvergenz, der eine Folge von Funktionen fn konvergent nennt, wenn an jeder einzelnen Stelle x die Zahlenfolge f n(x) konvergiert, nicht aus dem Kon­vergenzbegriff der Funktionalanalysis durch Einführung einer Metrik ent­springt. Das liegt daran, daß der klassische Konvergenzbegriff die Funktion nicht als Individuum sieht, sondern sein Augenmerk auf jeden einzelnen ihrer Werte richtet. Da nun aber die punktweise Konvergenz für viele Probleme unentbehrlich ist, ergeben sich bei Verwendung funktionalanalytischer Metho­den für diese Probleme allerlei kompli..:ierte Vorkommnisse, die in metrisierten Räumen nicht auftreten. Beispiele hierfür werden wir später kennenlernen.

Stetigket't einer Funktionaltransformation

Eine Funktionaltransformation X heißt an einer Stelle F, wo sie definiert ist, stetig, wenn für jede Folge Fn, die gegen F konvergiert, gilt:

lim X{ Fn} = X{ lim Fn} = X{ F} oder lim X { F - Fn} = 0 . n->-oo n->-oo

Sie heißt schlechthin stetig, wenn sie an jeder Stelle ihres Definitionsbereichs stetig ist. Ist der Objektraum und der Resultatraum metrisiert, so ist der Limes­begriff in dem S. 24 definierten Sinn zu verstehen. X heißt also dann an der Stelle F stetig, wenn für jede Folge Fn mit d(Fn, F) + 0 gilt: d(fn, /) + 0.

Sind die Räume nicht metrisiert, so muß angegeben werden, in welchem Sinn limFn und lim X{Fn} = lim fn gemeint ist*), z.B. im Sinn der punkt­weisen Konvergenz. Wir werden später an Beispielen sehen, daß eine Funktional­transformation je nach Art des zugrunde gelegten Limesbegriffs stetig oder unstetig sein kann (S. 432).

*) Ist in einem Raum der Grenzbegriff definiert, so sagt man, es sei in ihm eine Topologie ein· geführt. Der Raum heißt dann topo/ogisch.

Page 26: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

29

2. KAPITEL

ALLGEMEINE ANALYTISCHE EIGENSCHAFTEN

DER LAPLACE-TRANSFORMATION

§ 1. Der zugrunde gelegte Integralbegriff

Die Integrale kann man sich in der folgenden Darstellung je nach Interesse und Kenntnissen als Riemannsche oder als Lebesguesche denken. Da es sich meist um Integrale über unendliche Intervalle handeln wird und die Integrale, wenn es Riemannsche sind, oft auch in endlichen Intervallen nur im uneigent­lichen Sinn existieren werden, ist eine präzise Festlegung der zugelassenen Funktionen notwendig.

Wir bezeichnen eine reelle oder komplexe Funktion F(t) der reellen Variablen t als J -Funktion, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt:

a) Bei Zugrundelegung des Riemannschen Integralbegriffs

1. F(t) ist im Intervall 0 ~ t < oo oder - oo < t < + oo definiert bis auf isoliert liegende Ausnahmestellen (die sich also im Endlichen nicht häufen können).

2. Die Funktion F(t) ist in jedem endlichen Teilintervall T1 ~ t ~ T2

eigentlich integrabel bis auf höchstens endlich viele Stellen, wo sie absolut uneigentlich integrabel ist (Anhang Nr. 24). Das hat zur Folge, daß nicht nur

T, T,

J F(t) dt, sondern auch j I F(t) I dt im eigentlichen oder uneigentlichen Sinn T, T 1

existiert*). Im ganzen Definitionsintervall 0 ~ t < oo bzw. -oo < t < +oo gibt es also höchstens abzählbar unendlich viele Stellen absolut uneigentlicher Integrabilität, die isoliert liegen und nach der Größe bzw. nach der Größe des Absolutbetrages geordnet werden können.

*) Nach Ausschließung jener Ausnahmepunkte durch kleine Intervalle ist F{t) in der Rest­menge von T1 ~ t ~ T2 eigentlich integrabel, also beschränkt, und die Beiträge, die durch diese Ausschließungsintervalle zu dem Integral über IF(tJI geliefert werden, können durch Zusammen­ziehen dieser Intervalle beliebig klein gemacht werden. Damit lassen sich diese Stellen in den Beweisen unschädlich machen. Dies für den mehr aufs Praktische gerichteten Leser, der sich durch die obige allgemeine Formulierung nicht abschrecken lassen darf. Funktionen, wie etwa 1/Vi{l- t), die bei t = 0 und t = 1 nicht beschränkt und nicht im eigentlichen Sinn integrierbar sind, lassen sich auch in den praktischen Anwendungen nicht entbehren.

Page 27: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

30 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Ein Integral über das vollständige Definitionsintervall 0 ~ t < oo bzw. -oo < t < +oo ist als uneigentliches Integral in dem Sinne

00 W +OO 0 ~

J = lim J bzw. I = lim I + lim J 0 ru--+ooo -oo rul-+oo_w, rol_,..ooo

zu verstehen (vgl. Anhang Nr. 22). In bezug auf den Grenzübergang w + oo braucht das Integral nicht absolut zu konvergieren.

b) Bei Zugrundelegung des Lebesgueschen Integralbegriffs

1. F(t) ist im Intervall 0 :::;;; t < oo oder -oo < t < +oo definiert (der Funktionswert kann auch oo sein).

2. Die Funktion F(t) ist in jedem endlichen Teilintervall T1 ~ t ~ T2 T,

summierbar im Lebesgueschen Sinn, was zur Folge hat, daß neben J F(t) dt T, T1

immer auch J IF(t) I dt existiert (Anhang Nr. 26). T,

Ist ein Integral über das ganze Definitionsintervall, z. B. 0 ~ t < oo, zu erstrecken, so gibt es beim Lebesgueschen Integral zwei Möglichkeiten: Ent­weder ist die zu integrierende Funktion in 0 :::;;; t < oo summierbar; dann

00 00

existieren die Integrale J F(t) dt und J IF(t) I dt unmittelbar, können aber auch 0 0

w w

als Grenzwerte lim J F(t) dt und lim J IF(t) I dt aufgefaßt werden. Oder aber m-+oo 0 (1)-+00 0 oo

F(t) ist in 0 ~ t < oo nicht summierbar; dann existiert J F(t) dt nicht unmittel-o w

bar, sondern ist (Existenz dieses Grenzwertes vorausgesetzt) durch lim J F(t) dt W-+00 0

00 w

zu definieren; in diesem Fall existiert J I F(t) I dt und lim J I F(t) I dt sicher 0 W-+00 0

nicht. Beide Möglichkeiten lassen sich dadurch zusammenfassen, daß unter 00 w

J F(t) dt immer lim J F(t) dt verstanden wird; sie unterscheiden sich dadurch, 0 w-o-oo 0

daß im ersten Fall das Integral absolut konvergiert, im zweiten Fall nicht (Anhang Nr. 27).

Eine häufig benutzte Eigenschaft der ]-Funktionen ist die folgende: Satz 1. Ist F(t) eine ]-Funktion und ist jF(t) I in 0 ~ t < oo summierbar,

00 00

d.h. existiert J IF(t) I dt, so ist auch F(t) in 0 ~ t < oo summierbar, d. h. J F(t) dt 0 0

existiert unmittelbar. ., Beweis: Es existiert lim j IF(t) I dt, also auf Grund des Cauchyschen

w--;..oo 0

Page 28: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ l. Der zugrunde gelegte Integralbegriff 31 w

Konvergenzkriteriums (vgl.Anhang Nr.23) auch lim J F(t)dt. Daher würde, wenn W-+00 0

-+-00

F(t) in 0 ~ t < cx:> nicht summierbar wäre, J F(t) dt im Sinne eines uneigent­o 00

liehen Integrals existieren. Dann könnte aber J IF(t) I dt nicht vorhanden sein (Anhang Nr. 27). o

Satz 2. Jede ]-Funktion im Riemannschen Sinn ist auch eine ]-Funktion im Lebesgueschen Sinn.

Beweis: Ist F(t) in T1 ~ t ~ T2 eigentlich Riemann-integrabel, so ist F(t) dort auch summierbar. Ist aber F(t) etwa an der Stelle T1 (und nur an dieser) absolut uneigentlich Riemann-integrabel, so existiert

Ta

lim J IF(t) I dt, ,. ...... 00 T 1 + (1/n)

T,

wo J ein eigentliches Riemannsches Integral ist, das auch als Lebesguesches in T1 + (lfn)

der Form T. f F .. (t) dt mit F .. (t) =

T,

0 für T1 ~ t ~ T1 + (1/n)

IF(t) I für T1 + (1/n) ~ t ~ T2

geschrieben werden kann. Es ist

F .. (t) ;;;;;; 0, F .. (t) mit n monoton wachsend und lim F .. (t) = IF(t) I· T•

n-+oo

Da die Folge/ F .. (t) dt konvergiert, also beschränkt ist, ist IF(t) I in T1 ~ t ~ T2

~ ~

summierbar (Anhang Nr. 34). Es existiert daher lim J IF(t) I dt und somit auf <1-->-0T,+<I T,

Grund des Cauchyschen Konvergenzkriteriums auch lim J F(t) dt. Wäre nun <1-->-0 T 1 +<! T•

F(t) in T1 ~ t ~ T2 nicht summierbar, so würde doch J F(t) dt als uneigentliches T1 -+T1

Integral existieren. Dann könnte aber J IF(t) I dt nicht konvergieren (An-hang Nr. 27). T,

Im Falle des Intervalls 0 ~ t < cx:> spielen diejenigen ]-Funktionen eine besondere Rolle, die in jedem endlichen Intervall 0 < T1 ~ t ~ T2 , also mit eventueller Ausnahme der Umgebung des Nullpunktes, beschränkt sind, wie z.B. 1/Vt. Diese sollen ] 0 -Funktionen heißen.

Summe und Differenzzweier ]-Funktionen ist wieder eine solche, das Pro­

dukt jedoch im allgemeinen nicht. So ist z.B. 1/Vi"in 0 ~ t < cx:> eine ]-Funk­tion, 1/Vt· 1/Vt = 1ft aber nicht, weil diese Funktion bei t = 0 weder eigent­lich noch uneigentlich Riemann-integrabel und auch nicht im Lebesgueschen Sinn summierbar ist.

Page 29: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

32 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Dagegen ist das Produkt aus einer ]-Funktion und einer in jedem endlichen Teilintervall beschränkten ]-Funktion wieder eine ]-Funktion.

In Zukunft werden prinzipiell alle Funktionen, über die integriert wird, als ]-Funktionen vorausgesetzt, auch wenn es nicht ausdrücklich bemerkt wird.

Die meisten Beweise dieses Buches gelten sowohl für Riemannsche wie für Lebesguesche Integrale. Mit Rücksicht auf solche Leser, insbesondere Prak­tiker, die den Lebesgueschen Integralbegriff nicht kennen, werden wir an den wenigen Stellen, wo die beiden Integralbegriffe eine verschiedene Beweis­technik erfordern, beide Beweisarten durchführen. - Manche Sätze, insbeson­dere über Mittelkonvergenz, lassen sich überhaupt nur für Lebesguesche Inte­grale aussprechen. Dies wird dann im Text ausdrücklich vermerkt.

§ 2. Definition und Konvergenzeigenschaften des Laplace-Integrals

Vorläufig ist das Grundintervall, in dem die vorkommenden Funktionen definiert sind, immer 0 ~ t < oo. Ist F(t) eine ]-Funktion, so ist für jedes komplexe s auch e-st F(t) eine solche, da e- 81 in jedem endlichen Intervall beschränkt ist. Es existiert also für jedes endliche T

T

j e-st F(t) dt und 0

T

( le- 81 F(t)l dt. 0

Gibt es ein reelles oder komplexes s0 derart,- daß der Grenzwert

w

lim J e-••1 F(t) dt W---+00 O

existiert, so heiße F(t) eine L-Funktion. Dazu ist notwendig und hinreichend, daß man zu jedem c, > 0 ein Q = Q(c,) =;; 0 so wählen kann, daß

(1) j'e_s,t F(t) dt < c,

w,

für jedes Wertepaar w1 , w2 mit Q ~ w1 < w2 ist (Anhang Nr. 23). - Die Ge­samtheit aller L-Funktionen, für die s0 nicht immer dieselbe Zahl zu sein braucht, heißt L-Raum oder L-Bereich.

Der Wert oo "'

J e-s,t F(t) dt = lim / e- 5• 1 F(t) dt 0 w~oo U

heißt das <<Laplace-Integral6 von F(t) für den Parameterwert s0 )>. Ein besonderer Fall ist der, daß das Laplace-Integral absolut konvergiert,

d.h. daß "' "' ,

lim J I e- 5• 1 F(t) I dt = lim Je- ms, ·I IF(t)i dt w----+00 0 w-+OO 0

Page 30: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Definition und Konvergenzeigenschaften des Laplace·lntegrals 33

existiert (Anhang Nr. 24 und Satz 1 [2.1]). Dazu ist notwendig und hinrei­chend, daß man zu jedem e > 0 ein Q = .Q(e) > 0 so bestimmen kann, daß

a>s

(2) j e-iRs,·t IF(t) I dt < e für D ~ W1 < W2

ist. F(t) heißt dann eine L.-Funktion. Der folgende Satz gibt eine ausgedehnte Klasse von Funktionen an, für die

das Laplace-Integral für unendlich viele Parameterwerte absolut konvergiert. Satz 1. Ist F(t) von einer Stelle an beschränkt:

IF(t)l:::;; c für t ~ T,

so ist das Laplace-Integral für jeden Parameterwert s0 mit 9ts0 > 0 absolut kon­vergent.

Beweis: Ist s0 eine feste Zahl mit 9ts0 > 0, so ist für ro2 > ro1 ~ T:

w, w, w,

und diese Schranke ist für alle hinreichend großen ro1 (und ro2 > ro1) beliebig klein.

Deutet man den Parameters als komplexe Variable in einers-Ebene, so

konvergiert das Laplace-Integral r e- Bt F(t) dt für eine beschränkte J-Funk-ö

tion mindestens in der (offenen) Halbebene 9ts > 0, und zwar sogar absolut. Es kann aber in einem noch umfangreicheren Gebiet absolut konvergieren; so ist es z. B. für F(t) = e-t offenkundig für 9ts > -1 absolut konvergent:

~ ~ ~ J J e-(s+l)t e-•t e-t dt = e-(s+llt dt = ---"­

s+1 0 0 0

1

s + 1 für 9t(s + 1) > 0.

Es ist leicht einzusehen, daß jedes in einem Punkt s0 absolut konvergente Laplace-Integral sofort in einer ganzen Halbebene konvergiert. Es gilt nämlich:

Satz 2. Ist ein Laplace-Integral in einem Punkt s0 absolut konvergent, so ist es in der abgeschlossenen Halbebene 9ts ~ 9ts0 absolut konvergent.

Beweis: Für 9ts ~ 9ts0 ist

<01 Ws J I e-st F(t) I dt = J I e-(s-s,)t e-s,t F(t) I dt w, w,

Ws Ws

= Je -8l(s-s,)t I e-s,t F(t) I dt ~ J I e-•,t F(t)! dt .

.... w,

Wenn die Bedingung (2) für s0 erfüllt ist, so erst recht fürs.

Doetsch 1/3

Page 31: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

34 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Hieraus ergibt sich, daß das genaue s-Gebiet, in dem das Laplace-Integral absolut konvergiert, immer eine Halbebene ist, die in ausgearteten Fällen auch die ganze Ebene ausfüllen oder zu nichts zusammenschrumpfen kann. Denn entweder ist das Integral mit absolut genommenem Integranden für jedes reelle sunddamit nach Satz 2 für jedes komplexes, also in der ganzen s-Ebene kon­vergent oder für kein reelles sunddamit für kein komplexes s, also nirgehds konvergent, oder es gibt mindestens ein reelles s, für das es konvergiert, und ein reelles s, für das es nicht konvergiert. In diesem Fall kann man alle reellen s restlos in zwei nichtleere Klassen K1 und K2 einteilen: K1 enthält die reellen Divergenz-, K 2 die reellen Konvergenzpunkte. Jedes s1 aus K 1 ist kleiner als

s

Fig.l

jedes s2 aus K2 , denn wäre einmal s1 > s2 (s1 = s2 kann nicht vorkommen), so würde nach Satz 2 das Integral in s1 kon­vergieren, weil es in s2 konvergiert. Die Klasseneinteilung definiert also einen Dedekindschen Schnitt und damit eine reelle Zahl oc, die selbst zu K1 oder zu K2 gehören kann. An jeder komplexen Stelle s mit 9ls < oc divergiert das Integral, denn es gibt ein s1 aus K1 mit 9ls < s1 < oc, und aus der Konvergenz in s würde erst recht die in s1 folgen; an jeder Stelle s mit 9ls > oc konvergiert das Integral, denn es gibt ein s2 aus K2 mit oc < s2 < 9ls, und die Konvergenz in s2

zieht die in s nach sich. Damit haben wir: Satz3. Dasgenaue Gebiet absoluter Konvergenz des Laplace­

Integrals ist eine offene oder abgeschlossene Halbebene 9ls > oc bzw. 9ls ~ OC, wobei OC auch gleich -00 oder +oo Sein kann.

Der Rand 9ls = oc kann nur entweder ganz (wie bei der Funktion F(t) = 1/(1 + t2); oc = 0) oder gar nicht (wie bei der Funktion F(t) = 1; oc = 0) zum Gebiet absoluter Konvergenz gehören. Eine teilweise Zugehörigkeit gibt es nicht, da mit s0 auch jeder Punkt mit 9ls = 9ls0 ein Punkt absoluter Kon­vergenz ist.

oc heißt die Abszisse absoluter Konvergenz, das Gebiet 9ls > oc bzw. 9ls ~ oc die Halbebene absoluter Konvergenz des Laplace-Integrals.

Wir fragen nun, wie das Gebiet von s-Werten aussieht, wo das Laplace­Integral nicht notwendig absolut, sondern einfach konvergiert (Anhang Nr. 24). Dazu schicken wir einen Satz voraus, den wir im Hinblick auf spätere Zwecke allgemeiner formulieren, als es hier nötig wäre.

(3)

Satz 4. Wenn G(t) = o(tk) mit k ~ 0 ist, so ist das Integral

00

j sk+l e-st G(t) dt 0

in jedem Winkelraum ID.\(0, 1p < n/2)*) gleichmäßig konvergent.

*) Siehe das Verzeichnis der Abkürzungen S. 13.

Page 32: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Definition und Konvergenzeigenschaften des Laplace-Integrals 35

Beweis: Zu jedem e > 0 gibt es ein w > 0, so daß I G(t) I < e tk für t ~ w ist. Dann gilt für (.0 ~ (.01 < Wa und jedes s in m mit Ausnahme von s = 0:

w, w, I sk+I e-•t G(t) dt ~ elslk+I I e-!Jls·t tk dt

"'• 00 00

< elslk+I I e-!Jls·t tk dt = elslk+1 j e-u ( -;,5 t ~: 0 0

= e F(k 1) (-~)k+l ~ e _E__(k + l) + \Rs - cosk+1'1'

unabhängig von s. Für s = 0 aber ist die Abschätzung trivialerweise erfüllt. Bemerkung: Aus dem Beweis sieht man, daß für die Aussage über die.

Gleichmäßigkeit der Konvergenz die Anwesenheit des Faktors sk+l wesent­lich ist (nämlich für kleine I s J). Ferner ist wichtig, daß der Faktor sk+l unter dem Integral steht, denn dadurch wird fürs= 0 der Integrand gleich 0 und

00

das Integral konvergent, während Je-at G(t) dt für s = 0 natürlich nicht zu 0

konvergieren braucht. - Nimmt man den Punkts= 0 von der Aussage aus, so kann man den Faktor sk+1 vor das Integral setzen.

Nunmehr beweisen wir den folgenden Satz, der für die ganze Theorie des Laplace-Integrals von grundlegender Bedeutung ist:

Satz 5 (Fundamentalsatz)7. Konvergiert ein Laplace-Integralfür s0 :

00 I e-'o 1 F(t) dt = f0 ,

0

so konvergiert es in jedem Winkelraum W(s0 , tp < n/2) gleichmäßig. Insbesondere konvergiert es also für jedes s der offenen Halbebene 9ts > 9ts0 • Wird

(4) t

j e-•·"F('r)do=tP(t) für t~O 0

gesetzt, so läßt sich das Laplace-Integralfür jedes s mit 9ts > 9ls0 durch folgendes andere:

(5) 00

(s - s0) I e- (s-s,)t tP(t) dt 0

und für 9ts > 9ts0 und s = s0 durch

(6) 00

fo+ j (s-s0)e-<s-s,)t[t/>(t)-fa]dt 0

Page 33: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

36 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

darstellen. Die in (5) und (6) vorkommenden Integrale konvergieren für 9ts > 9ts0

absolut, das in (6) konvergiert gleichmäßig in jedem W(s0 , tp < n/2). Beachte zu der letzten Aussage die Bemerkung zu Satz 4. Beweis: Durch partielle Integration (Anhang Nr. 42) folgt für beliebiges

komplexes s: w .,

J e-•tF(t)dt= J e-(s-s.)te-••1F(t)dt

0 0

., Q)

= e- (s-s.Jt c])(t) + (s- s0) je- (s-s.Jt c])(t) dt

0 0 w

= e- (s-s.)w c])(w) + (s - s0) Je- (s-s.)t c])(t) dt.

0

Addiert man hierzu die Gleichung

so ergibt sich:

w

0 = /o(1- e-(s-s.)w)- (s- So)/ e-(s-s.)t fodt,

0

w w

J e-st F(t) dt = /0 + e-(s-s.)w [c])(w)- /0] + J (s- s0) e-(s-s.)t [c])(t)- f0] dt. 0 0

Wegen c])(w) -+ /0 für w -+ oo konvergiert der zweite Summand auf der rechten Seite für w -+ oo in der Halbebene 9ts ~ 9ts0 (I e- (s-s.J w I ~ 1) gleichmäßig und zwar gegen 0, und der dritte Summand nach Satz 4 (mit k = 0 und s- s0

an Stelle von s) gleichmäßig im Winkelraum W, also die linke Seite gleichmäßig in m und zwar gegen

00 00

j e-•t F(t) dt = / 0 + j (s- s0) e- (s-s.)t [c])(t) - / 0] dt. 0 0

Das ist der Ausdruck (6), der für s = s0 und für jedes s mit 9ls > 9ts0 gilt, da man jedes solches in einen Winkelraum Weinfassen kann. Läßt man den Punkt s0 weg und betrachtet nur 9ts > 9ts0 , so ist

00

(s- so) Je- (s-s.)t /o dt

0

konvergent und gleich /0 , so daß sich (6) auf (5) reduziert. - Die Funktionen c])(t) und c])(t) - / 0 sind für t ~ 0 stetig und haben Grenzwerte für t-+ oo, sind also beschränkt, so daß die Integrale (5) und (6) nach Satz 1 für 9l(s- s0) > 0 absolut konvergieren.

Aus der Tatsache, daß die Konvergenz des Laplace-Integrals in einem Punkt s0 die Konvergenz in der offenen Halbebene 9ls > 9ts0 nach sich zieht, ergibt sich nun wörtlich wie bei der absoluten Konvergenz:

Page 34: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Definition und Konvergenzeigenschaften des Laplace·lntegrals 37

Satz 6. Das genaueGebiet der (einfachen) Konvergenz des Laplace-Integrals ist eine Halbebene 9ts > ß, deren Rand 9ts = ß ganz, teilweise oder gar nicht zum Konvergenzgebiet gehören kann. ß kann auch -oo oder +oo sein.

ß heißt die Konvergenzabszisse, das Gebiet 9ts > ß mit Einschluß der eventuellen Konvergenzpunkte auf 9ts = ß die Konvergenzhalbebene, die Gerade 9ts = ß die Konvergenzgerade des Laplace-Integrals.

Daß tatsächlich auf dem Rand 9ts = ß alle Möglichkeiten des Konvergenz­verhaltens vorliegen können, zeigen folgende Beispiele: 1

a) F(t) = T+"t2

ß = 0; in allen Punkten der Geraden 9ts = 0 konvergiert das Laplace-Integral, sogar absolut. 1

b) F(t) = l+T

ß = 0; im Punktes= 0 divergiert das Laplace-Integral, in allen anderen Punk­ten mit 9ts = 0 (s = i y, y =1= 0 reell) konvergiert es, aber nicht absolut, denn

00 00 00

} . -i!lt_1_ dt = j' cosy t dt _ . j siny t dt e 1+t 1+t z 1+t '

0 0 0

und diese Integrale sind für y =1= 0 konvergent, wie ihre Darstellung durch unendliche Reihen erkennen läßt (vgl. Anhang Nr. 25).

c) F(t) = 1

ß = 0; in allen Punkten mit 9ts = 0 divergiert das Laplace-Integral. Um die Abszissen einfacher und absoluter Konvergenz festzustellen, kann man

sich offenbar auf reelles beschränken. Natürlich ist

ß~oc..

In den drei obigen Beispielen ist ß = oc.. Man könnte vermuten, daß dies immer zutreffe, sowie bei Potenzreihen die Kreise einfacher und absoluter Konvergenz (abgesehen von den Randpunkten) dieselben sind. Das ist aber nicht der Fall, es kann sehr wohl ß < oc. sein, so daß ein Streifen bedingter Konvergenz ß < 9ts < oc. existiert, wo das Laplace-Integral zwar konvergiert, aber nicht absolut. Wir wollen sogar durch Beispiele8 zeigen, daß in der Relation

-oo :::;;; ß :::;;; oc. ~ +oo

alle überhaupt denkbaren Fälle vorkommen können. Es sind deren 23 - 1 = 7, da das Gleichheitszeichen nicht an allen Stellen zugleich vorliegen kann.

1. -oo = ß = oc. < +oo

F(t) = e-t•

Das Laplace-Integral konvergiert offenbar für jedes s und zwar absolut.

Page 35: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

38 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

2. -oo = ß < oc < +oo

F(t) = et für 0 ~ t < loglog3,

F(t) = (-1)" et für loglogn ~ t < loglog (tt + 1), n= 3,4, ...

00

a) IF(t) I = et; das Integral J e- 8 tet dt konvergiert fürs> 1 und divergiert für s ~ 1, also ist IX = 1. o

b) Der absolute Betrag des Integrals in einem Intervall, wo F(t) konstantes Vorzeichen hat, berechnet sich unter Verwendung der Substitution t = loglog x, x = e•t zu

loglog (n+l) n+l dx n+l dx ],= J e-stetdt=f(logx)l-s--=J .

" loglogn ,. x log x ,. x (log x) 8

Die Funktion lf[x (log x) 8 ] nimmt für jedes reelles von einer Stelle an monoton gegen 0 ab, also ist ] 11 + 0 für n + oo und von einem gewissen n an ] 11 > fn+l, so daß die alternierende Reihe

IoglogS J e-st et dt - Ja+ ], - }5 + - ... 0

konvergiert; ihre Partialsumme s11 bis zum Glied ±],..hat also einen Grenzwert. Ist nun loglog n ~ w < loglog (n + 1}, so gilt

I! e-Bt F(t) dt - s .. I < ],. + 0,

w infolgedessen hat auch J e-st F(t) dt bei jedem reellen s für w-+ oo einen Grenz­

o wert (vgl. Anhang Nr. 25}; d.h. ß = -oo.

3. -oo = ß < oc = +oo

F(t) = e<lt2) et für 0 ~ t < Ioglog3,

F(t)=(-1) 11 e(lt2Jet für loglogn~t<loglog(n+1), n=3,4, ...

"" a) IF(t) 1 = e(112J•', und J e-st e(ll2)et dt konvergiert für kein s, also ist IX= + oo. 0

loglog(n+l) n+l dx n+l dx b} fn= J e-ste(ll2)•'dt= J (logx)-•xl'2 xlogx = J x112(Jogx)B+l

loglogn n n

Wie unter 2b) folgt, daß das Laplace-Integral für alle reellen s konvergiert, so daß ß = -oo ist.

4. -oo < ß = oc < +oo *)

F(t) = e"'

*) Hierfür wären schon die drei Beispiele a) bis c), S. 3i, brauchbar.

Page 36: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Definition und Konvergenzeigenschaften des Laplace-Integrals 39

Das Laplace-Integral ist für s > 0 konvergent, und zwar absolut, weil F(t) beschränkt ist. Also ist ß ~ ot:::;; 0. Fürs< 0 aber divergiert es, denn

foo t it• d 1 Joo e-s Vu e-• e t =- -=- (cosu + i sinu) du. o 2 o yu

Also ist p ~ 0 und folglich ß = ot = 0. - Das Integral hat die Eigentümlichkeit, auf der ganzen Konvergenzgeraden zu konvergieren, aber in keinem ihrer Punkte absolut. Denn für s = i .Y mit reellem .Y erhält man:

00 00 00 d J e-itlt+it• dt = e- öyl/4 J e>[t- (Y/2)]• dt = e- iy"/4 J ei" __ u_' o o ".,4 zJIU

und dieses Integral konvergiert. Dagegen ist wegen lei(,-llt+t•) I= 1 das Integral nicht absolut konvergent.

5. -oo < ß < cx < +oo

F(t)=(-1)"et für logn~t<log(n+1), n=1,2, ...

a) IF(t) I = et, also ot = 1. b) Für n ;:;;; 1 ist

log (n+ 1) n+ 1

],, = J e-•t et dt = J x-• dx. logn n

Für s > 0 nimmt x-• monoton gegen 0 ab, also ist 1 .. > 1n+l und 1,. + 0, so 00 00

daß J: (-1)" 1,. und folglich (vgl. 2b)) J e-•t F(t) dt konvergiert. - Fürs= 0 n-1 0

dagegen ist 1,. = 1 und daher Reihe und Integral divergent. - Folglich ist {J = 0.

6. -oo < ß < cx = +oo

F(t) = e•t für 0 ~ t <log log 3,

F(t) = (-1)" e•t für log log n ~ t ~log log (n + 1), n = 3, 4, ...

a) IF(t) I = e•t, also :x = + oo.

b) Für n ;:;;; 3 ist

Joglog(n+1) n+1 dx n+1 1 .. = J e-•t e•t dt = J (log x)-• x = J (log x)-(s+l) dx.

Joglogn ., X log X .,

Für s > - 1 nimmt der Integrand monoton gegen 0 ab, also ist, wie unter 5., das Laplace-Integral konvergent. Fürs= -1 dagegen ist J .. = 1, das Integral mit­hin divergent. Folglich ist {J = - 1.

7. -oo < ß = cx = +oo

F(t) = et•

Das Laplace-Integral konvergiert für kein s. Also ist {J = + oo.

Page 37: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

40 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Allgemeine Formeln für die Konvergenzabszisse ß Satz 79 • Wird

(J)

1 ;· lim sup -w log F(t) dt = Ä w~oo 0

gesetzt, so ist stets a) ß ~ Ä und b) Ä ~ Max (0, ß).

Also gilt: 1. Für Ä > 0 ist ß = Ä, für Ä ~ 0 ist ß ~ Ä.

2. Für ß ~ 0 ist Ä = ß, für ß < 0 ist Ä = 0.

00

Beweis: a) Ä sei endlich. Wir zeigen, daß I e-!A+c!)t F(t) dt für jedes 15 > 0 t 0

konvergiert. Setzen wir zur Abkürzung I F(-r) d-r = qJ(t), so folgt durch partielle 0

Integration (Anhang Nr. 42):

(J) (J) J e-!i.+cl)t F(t) dt = e-(A+cl)w qJ(w) + (Ä + 15) J e-(A+cl)t qJ(t) dt. 0 u

Von einer Stelle an gilt:

1 15 1 -1 log I qJ(t) I < Ä + 2-, also 1 qJ(t) 1 < e!A+(cl/2J t,

so daß

ist. Hieraus folgt, daß

e-(A+c!)w qJ(w) + 0 für w + oo

(J)

und daß I e-<A+c!)t qJ(t) dt für w +oo einen Grenzwert hat, so daß das gleiche (J) 0

für I e-(A+c!)t F(t) dt gilt. Also ist ß ~ Ä. -Ist Ä = -oo, so gilt derselbe Beweis 0

mit jeder beliebigen negativen Zahl A an Stelle von Ä, und es folgt ß :::;;: A, also ß = -oo. - Ist Ä = +oo, so ist die Aussage ß < Ä trivial.

ist

00

b) Es sei s0 > 0 und I e-••t F(t) dt konvergent. Mit 0

<P(t) = e-8oT F(-r) d-r 0

w w

qJ(w) = J e8ot e-•o 1 F(t) dt = e•ow <P(w)- s0 j e8o1 <P(t) dt. 0 0

Page 38: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Definition und Konvergenzeigenschaften des Laplace-Integrals 41

Da 4>(t) für t ~ 0 stetig ist und für t-+ oo einen Grenzwert hat, so ist

1 4>(t) 1 ~ c für t ;:;;; o, also*) ..,

lfP(w)l ~ Ce•o"' + Cs0 j e•otdt = C e"o"' + C (e'o"'- 1) ~ 2 C eBo"' 0

und folglich von einer Stelle an

lfP(w)l < e(•o+cl)w mit 15 > 0. Hieraus ergibt sich:

-lo-=g-'-'1 tp'-'-(_,ro)'-'--1 < s0 + 15, (J)

also Ä. s s0 + 15 für jedes 15 > 0.

Mithin ist Ä. ~ s0 • Ist die Konvergenzabszisse ß ;:;;; 0 und endlich, so kann s0

jede Zahl > ß bedeuten, und man erhält Ä. ~ ß. (Für ß = +oo ist diese Aus­sage trivial.) Ist ß < 0, so kann s0 jede Zahl > 0 bedeuten, so daß Ä. ~ 0 gilt. Es ist also allgemein Ä. ~ Max(O, ß).

Aus a) und b) ergeben sich die Behauptungen 1. und 2. folgendermaßen: 1. IstÄ. > 0, so liefert b): 0 < Ä. s Max (0, ß). AlsokannnichtMax (0, ß)=O,

sondern nur = ß sein. Aus ß s Ä. und Ä. ~ ß folgt ß = Ä.. - Für Ä. ~ 0 ist nur die Beziehung a) von Bedeutung. 2. Für ß;:;;; 0 liefert b): Ä. ~ ß, also zusammen mit a): A = ß. - Ist ß < 0, so ist das Laplace-Integral für s = 0 konvergent,

"' so daß I F(t) dt für w -+ oo einen Grenzwert besitzt und A offenkundig gleich 0 ist. 0

Einen anderen Beweis von Satz 7 liefern die Sätze 1 und 2 [2. 12]. 00

Satz810 • Unter der Voraussetzung, daß J F(t) dt existiert, werde 0

00

limsup ~ log jF(t) dt = /-' W-+00

"' gesetzt. Ist ß < 0, so ist ß = f.'·

Beweis: a) Wenn ß < 0 ist, so konvergiert das Laplace-Integral fürs= 0, 00 00

I F(t) dt und damit J F(-r) d-r = 1p(t) (t ;:;;; 0) hat also einen Sinn. Durch par-o t tielle Integration folgt:

"' "' "' / e-(p+cl) 1 F(t) dt = - e-(p+")t 1p(t) - (/-' + 15) j e-<p+")t 1p(t) dt 0 0 0

00 "'

= - e-<p+cl>"' 1p(w) + j F(-r) d-r- (/-' + 15) j e-<p+il)t 1p(t) dt. 0 0

*) Man beachte, daß die folgende Abschätzung nur für s0 > 0 richtig ist. Für s0 ~ 0 würde sich I tp(ro) I~ C und nicht IIJI(W) I~ 2 C es.w ergeben.

Page 39: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

42 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Von einer Stelle an gilt:

+ log I 1p(t) I < f.l + ~ , also I 1p(t) I < eiP+<"I2>ll mit c5 > 0,

so daß I e-<p+d)t tp(t) I < e-<<~12)1

ist. Hieraus folgt, daß

e-<p+d)w 1p(ro) + 0 für w + oo

w

und daß J e-<p+d)t'P(t) dt für w + oo einen Grenzwert hat, so daß das gleiche w 0

für J e-(p+d)t F(t) dt gilt. Also ist ß ~ f.l·

ist

0 00

b) Es sei s1 < 0 und J e-s,t F(t) dt konvergent. Mit 0

I

<l>(t} = J e-s, T F(-r:) d-r: u

00 00 00

1p(ro) = J c• 1 e-s, I F(t) dt = e'•1 <l>(t) - s1 J c•1 <l>(t) dt. w w w

Da <J>(t) für t ~ 0 stetig ist und für t + oo einen Grenzwert hat, so ist

I <I>(t) 1 ~ c für t ~ o ,

also zunächst wegen s1 < 0:

c•1 <J>(t) + 0 für t + oo und weiter

00

IVJ(ro)l ~ C e••w- s1 C J e'• 1 dt = 2 C e••w, w

folglich von einer Stelle an

Hieraus ergibt sich:

1 -- log I 1p(ro) I < s1 + c5, also p. ~ s1 + c5 für jedes c5 > 0. (I)

Mithin ist f.l ~ s1 • Ist die Konvergenzabszisse ß < 0, so kann s1 jede negative Zahl > ß bedeuten*), und man erhält f.l ~ ß. Mit dem Ergebnis unter a) zu­sammengenommen, liefert das f.l = ß.- Vgl. hierzu Satz 9 [2.12].

*) Ist ß ~ O, so gibt es überhaupt kein s1 der angenommenen Art.

Page 40: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Laplace-Transformation und Laplace-Transformierte 43

Satz 9. Die Konvergenzabszisse ß bestimmt sich allgemein aus den Zahlen A. und p, folgendermaßen: Für A. > 0 ist ß = A., für A. < 0 ist ß = p,, für A. = 0 ist ß = 0 oder = p,.

Beweis: Stellt sich A. > 0 heraus, so ist ß = A. nach Satz 7. Ist A. < 0, so ist ß ~ A. < 0 nach Satz 7, also ß = p, nach Satz 8. Ist A. = 0, so ist ß ~ 0 nach Satz 7, also entweder ß = 0, oder aber ß < 0, also ß = p, nach Satz 8. Die Ent­scheidung-kann man durch die Probe, ob s = p,/2 Konvergenz- oder Divergenz­punkt ist, herbeiführen.

Ersetzt man F(t) durch jF(t) J, so erhält man entsprechende Sätze über die Abszisse oc der absoluten Konvergenz.

Überkonvergenz

Die Aussage, daß E{F} genau in einer Halbebene konvergiert, gilt, wenn w

E{F} als lim J e-st F(t) dt verstanden wird, wobei w stetig gegen oo wandert. w~ooo

Wenn w nur eine gewisse Folge Wn (wn -+ oo) durchläuft, kann wie bei Potenz­und Dirichletschen Reihen << Überkonvergenz)> (Hyperkonvergenz) eintreten,

wn

d. h. lim J e-st F(t) dt kann in Gebieten, die über die Konvergenzhalbebene H--+-00 Q

hinausreichen, existieren. Problem: Die bisher in der Literatur behandelten Beispiele11 wurden aus

bekannten Beispielen Dirichletscher Reihen dadurch gebildet, daß diese als Laplace-Stieltjes-Integrale (siehe 2.8} geschrieben wurden. Es wäre erwünscht, daß auch für das gewöhnliche .2-Integral Beispiele sowie allgemeine Sätze zur Überkonvergenz aufgestellt würden.

§ 3. Laplace-Transformation und Laplace-Transformierte

Ist F(t) eine L-Funktion, so hat das Laplace-Integral in allen Punkten einer komplexen Halbebene, der Konvergenzhalbebene ~s > ß, einen Sinn, defi­niert also dort eine Funktion f(s):

00

f(s) = / e-•t F(t) dt für ~s > ß. 0

Es liegt hier eine Funktionaltransformation (S. 20) vor mit F als Objekt- und f als Resultatfunktion (S. 23), die Laplace-Transformation genannt wird und für die wir das Funktionalzeichen .2 einführen wollen:

f(s) = E { F(t) }.

Page 41: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

44 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation

Gelegentlich kann es nützlich sein, die Variable der Resultatfunktion an dem Transformationszeichen zum Ausdruck zu bringen, etwa in der Form

E,{F} oder E{F; s}.

Wenn es nicht die Rücksicht auf historisch überkommene Funktionsbezeich­nungen verbietet, wollen wir immer die Objektfunktion mit einem großen, die zugehörige Resultatfunktion mit dem entsprechenden kleinen Buch­staben bezeichnen, also z.B. F(t) und f(s), tP(t) und !p(s) usw.

Jede Funktion f(s), die bei der Laplace-Transformation als Resultatfunk­tion auftreten kann, die also das <<Bild>> einer L-Funktion ist, soll eine Laplace-Transformierte*) oder eine /-Funktion heißen. Die Gesamtheit aller I-Funktionen bildet den /-Raum oder /-Bereich. Ist F eine L4-Funk­tion, so heißtfeine /,.-Funktion.

Das Wort Laplace kürzen wir in Zukunft meist durch das Symbol E ab: E-Transformation, E-Integral, E-Transformierte.

In der älteren Literatur heißt F(t) fonction determinante13 und f(s) fonction generatrice14• In der deutschen technischen Literatur haben sich die Namen Oberfunktion für F(t) und Unterfunktion für f(s) eingebürgert15•

Den Akt der Zuordnung haben wir durch das Transformationszeichen E symbolisiert: E{F} = f. Denkt man sich die Zuordnung aller f zu allen F bereits fertig vollzogen, so nennt man den Zustand der Zuordnung je eines F zu einem I eine Korrespondenz und gebraucht dafür das Korrespondenz..: symboP6 ---·:

F o-of bzw. f o--• F.

Falls es zur Unterscheidung zwischen mehreren Transformationen notwendig sein sollte, kann man das Funktionalzeichen der betreffenden Transformation hinzufügen:

Das Symbol ist unsymmetrisch: der kleine leere Kreis steht auf der Seite der Objektfunktion, der ausgefüllte auf der Seite der Resultatfunktion**).

Die Verwendung des Funktionalzeichens E oder des Korrespondenzzeichens •-• an Stelle des explizit hingeschriebenen Integrals ist nicht bloß als Abkür­zung oder Äußerlichkeit anzusehen. Sie drängt den Benutzer der Transfor­mation auf suggestive Weise in eine Ideenrichtung, die ihm die Handhabung der Transformation viel geläufiger macht, weil sie von der Vorstellung des

*) Dieser Ausdruck wird in der Literatur auch noch in anderem Sinn gebraucht, nämlich für das durch die Laplace-Transformation vermittelte Abbild einer Funktionalgleichung (meist einer Differentialgleichung)12.

**) Manche Autoren gebrauchen für Korrespondenz das Zeichen ) oder~. Das erstere kommt aber schon in anderer Bedeutung in der Mengenlehre vor, und das letztere hat den Nachteil, sym­metrisch zu sein, so daß bei speziellen Funktionen nicht ersichtlich ist, welche die Objekt- und welche die Resultatfunktion ist, besonders dann, wenn man die Variablen einmal nicht mit t und s bezeichnet hat.

Page 42: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Beispiele 45

Ausrechnens eines Integrals ablenkt und den gedanklichen Zusammenhang zwischen den beiden Funktionsräumen hervorhebt.

Schon jetzt sei betont, daß die E-Transformation einem Raum von Funk­tionen, die nur für reelle t ~ 0 definiert zu sein brauchen und gewisse Inte­grabilitätseigenschaften erfüllen, einen Raum von Funktionen zuordnet, die gleich in einem Gebiet der komplexen Ebene definiert und, wie wir später sehen werden, sogar analytisch sind17.

§ 4. Beispiele

Wir wollen einige Laplace-Integrale, die häufig auftreten und die sich durch bekannte Funktionen darstellen lassen, ausrechnen. Dabei kommen Methoden vor, die man auch in anderen Fällen mit Erfolg anwenden kann, wie z. B. Reduktion auf bekannte Integrale; Zerlegung in Funktionen, deren Laplace­Integrale bereits bekannt sind; Verschiebung des Integrationsweges in der komplexen Ebene; Entwicklung in unendliche Reihen.

1. F(t) = 1 (<<Einheitsstoß)> in der Elektrotechnik)

00

j e-•t dt ist für 9is > 0 konvergent, und zwar absolut, für 9is ~ 0 divergent. 0

Es gilt

also

00 100 e-•t f e-st dt = --­s I

o /o

1

s '

E{1} = ~ für 9is>O.

2. F(t) = { ~ für 0 ~ t < a ( Sprungfunktion)

00

}~ e-st e-• 1 dt = - -s -

00

a a

für

1 = --- e-as s

3. F(t) = t'X

t"i;a

für 9is > 0.

trx ist bei nichtganzem oc eine vieldeutige Funktion. Jeder Zweig ist nur für 9ioc > -1 eine ]-Funktion (bei t = 0 eigentlich oder uneigentlich integrabel). Für diese oc-Werte ist trx aber auch eine L-Funktion, deren Laplace-Integral für 9is > 0 konvergiert, und zwar absolut, und für 9is < 0 divergiert. Für -1 < 9ioc < 0 konvergiert es auch noch für 9is = 0 außer s = 0.

trxsei nun der Hauptzweig (Anhang Nr.55). Die Substitution st=-r ergibt:

Page 43: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

46 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

wobei für s"'+1 der Hauptzweig zu nehmen ist und die obere Grenze s oo an­deuten soll, daß das Integral über den Strahl vom Nullpunkt der komplexen •-Ebene durch den Punkt s zu erstrecken ist. Für jeden Integrationsstrahl in der rechten Halbebene ist das Integral bekanntlich gleich F(a. + 1), also er­hält man:

für 9ts > 0 (9ta. > -1).

Die Bestimmung von sct+l, die zu der Bestimmung von t"' paßt, ist nicht ganz selbstverständlich und sei deshalb etwas ausführlicher dargetan. tcx ist definiert als ecxlogt, t ist in unserem .2-Integral reell. Unter dem Hauptzweigvon tcx ist der Zweig zu verstehen, bei dem logt für reelle t reell ist. Macht man die Substitution st = T, so ist arcT = arcs (weilt reell ist). Beschränkt mansauf die Halbebene \Rs > 0 und arc s auf den Bereich I arc s I < n/2, so ist auch I arc TI < nf2. Definieren wir in dem durch die Substitution s t = T entstandenen Integral T"' durch ecxlogT = ecx(Iog!TI + t'arcT), so muß man s"' durch ecxlogs = ecx(log!•l +t'arcs) definie­ren, damit in tcx = (T/s)"' = e"' (logT -Iogs) der Ausdruck logT - log s reell wird. Diese Bestimmung bedeutet aber wegen I arc s I < n/2, daß log s für reelle s reell, also s"' der Hauptzweig ist. - Würde man unter t"' einen anderen Zweige"' (logt+k • 2nt') verstehen, so müßte trotzdem in dem durch die Substitutions t = T entstandenen Integral T"' den Hauptzweig bedeuten, damit das Integral den Wert F(a. + 1) darstellt, es müßte also T"' = ecx (log !Tl + i arcT) mit I arc TI < nf2 gesetzt werden. Da­mit dann logT - log s = log(T/s) + k · 2 n i (- n/2 < arc s = arc T < n/2) wird, müßte log s = log I s I + i arc s - k • 2 n i gesetzt werden. Das ist auch deshalb klar, weil der Übergang vom Hauptzweig von tcx zu dem Zweigecx(Iogl +k • 2ni) eine Multiplikation von t"' mit ecxk • 2nt' bedeutet. Damit auch .2{t"'} denselben Faktor bekommt, muß man s"' mit e-cxk • 2ni multiplizieren, also vom Hauptzweig zu ecx(logl•l +iarcs-k·2ni) übergehen.

Wenn man schon weiß, daß f(s) = E{F} in der Konvergenzhalbebene ana­lytisch ist, kann man sich darauf beschränken, die Berechnung für reelle s durchzuführen, denn wenn eine analytische Funktion im Reellen gleich F(a. + 1)/s"'+1 ist, so gilt diese Darstellung im ganzen Holomorphiebereich.

Anwendung: Invarianten der E-Transformation

Unter einer Invariante der E-Transformation versteht man eine Funktion F(t), die sich bei Anwendung der E-Transformation bis auf einen konstanten Faktor A. * 0 reproduziert:

A. E{F} = F(s).

In der Sprache der Integralgleichungstheorie nennt man F(t) auch eine Eigen­funktion des Kernes e-•t im Intervall 0:::;;; t < oozum Eigenwert A.. MitF(t) hat offenbar C F(t) dieselbe Eigenschaft. Da die E-Transformation die Potenz t"' bis auf einen konstanten Faktor in die Potenzs-cx-l und t-cx-l in s"'verwandelt, vorausgesetzt, daß 9ta. > -1 und - 9ta. -1 > -1, d.h. -1 < 9ta. < 0 ist, so besteht die Aussicht, daß die Funktion

Page 44: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Beispiele 47

bei passender Wahl der Konstanten c1 , c2 eine Invariante darstellt. Wir schrei­ben statt dessen

und bilden /(s) = c1 T(1- ß) sf3-I + c2 T(ß) s- 13 •

Damit A.j(s) = F(s) ist, muß A. F(1 - ß) C1 = c2

A. F(ß) c2 = c1

sein. Dieses homogene Gleichungssystem für c1 , c2 hat dann und nur dann eine nichttriviale Lösung, wenn die Determinante verschwindet, d.h.

A. 2 F(ß) T(1 - ß) = 1 oder (Anhang Nr. 3)

Dann ist c1 beliebig, gleich c, und c2 = A. F(1- ß) c. Also ist jede Funktion der Gestalt

F(t) = c (rf3 + A. F(1 - ß) tß-I)

mit sinn ß = n A. 2 und 0 < 'R.ß < 1 eine Invariante der ~-Transformation. Man kann zeigen, daß es außer für A. = -1/Y~ keine weiteren gibt18. B merkens­werterweise ist keine dieser Funktionen in 0 ~ t < oo quadratisch Lltegrier­bar, so daß also im Raum L 2(0, oo) keine Invarianten existieren19•

Die Gleichung sinn ß = n A. 2 hat für jedes komplexe A. unendl1ch viele Lösungen, und zwar sind wegen

sinn ß = sinn (ß + 2) und sinn ß = sinn (1 - ß)

mit ß auch die Zahlen ß + 2 k und - ß + 2 k + 1 (k,= 0, ± 1, ± 2, ... ) Lösungen, womit alle erschöpft sind. In dem Streifen -1 ~ 'R.ß < + 1 liegt also sicher eine Lösung; befindet sie sich in dem Teilstreifen 0 < 'R.ß < 1, so ist sie für unsere Zwecke brauchbar; es gibt dann noch eine zweite brauch­bare Lösung 1- ß (die für ß = 1/2 mit der ersten zusammenfällt), die aber dieselbe Invariantenschar liefert. Liegt die Lösung aber in -1 ~ 'R.ß ~ 0, so liegt in 0 < 'R.ß < 1 keine Lösung, es gibt also zu dem betreffenden A. keine Invariante oder Eigenfunktion.

Für reelles A. =!= 0 gibt es stets eine Lösung mit 0 < 'R.ß < 1, und zwar ist sie für 0 < n A. 2 ~ 1 reell, für n A. 2 > 1 komplex mit 'R.ß = 1/2; denn setzen wir ß= (1/2)+ib, so ist sinnß=cosnib=coshnb, undcoshnb=nA.2

hat für jedes n A. 2 > 1 zwei reelle Lösungen b > 0 und- b, die zu ß1 = (1/2) +i b und ß 2 = 1/2 - i b = 1 - ß1 führen. Für A. = -1/Y~ wird ß = 1/2, und die

Page 45: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

48 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

obige Lösung liefert F(t) = 0. Man kann zeigen, daß in diesem Fall die Funk­tionen

F(t) = c ( F'(1/2) _ 2 lo~·t) V3Jt Vt

Lösungen sind, und zwar die einzigen.

4. F(t) = eat

eat ist für jedes komplexe a eine L-Funktion, deren .ß-Integral für m,s > 9ta konvergiert, sogar absolut, während es für 9ls ::::;; 9ta divergiert. Es ist

00 00 J e-(s-a)t .ß{e"t} = e-•t eat dt = - s- a

1

s- a für ms > 9ta. 0 0

5. F(t) = cosh a t bzw. sinh a t

Für beliebiges komplexes a ist

.ß{cosha t} = ~ .ß{eat + e-at} = ~ (-s-~-a- + -s-~-a-) = -s"• __ s_a"2

für ms > 9ta, 9ts > -9ta, d. h. für 9ls > i9ta 1;

.ß{sinh a t} = ~ .ß{eat- e-"t} = ~ (-s-~-a- - -s-~-a-) = -s2• __ a_a"2

für 9ls > l9tal. 6. F(t) = cosa t bzw. sina t

Für beliebiges komplexes a ist

.ß{cosat}=-21 .ß{eiat+e-iat}=-21 (s_!ia + 1 )- s . s + i a -- s2 + a 2 '

für 9ls > Max [9l(i a), 9l(- i a)] = Max [-Ja, Ja]= !Ja!.

7. F(t) = cos Vit 3J t

bzw. (x reell)

Unter Vt" ist hier und auch an allen späteren Stellen für t > 0 der positive Wert zu verstehen. - Das .ß-Integral konvergiert bei jedem reellen x für ms > 0 und divergiert für 9ls < 0. Setzen wir s als reell > 0 voraus, so ist20

00 00 +~

J COS X 1ft 2 J 1 1 J I i e-st ______ v_ •dt=- e-•u cosxu du=- e-•u e "'"du, 3JVt 3J 3J

0 0 -oo

Page 46: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Beispiele 49

da +OO 00

;· e-su' cos xu du= 2 f e-su' cos xu du -00 u

und +OO J e-su' sin xu du= 0

-00

ist. Weitere Umformung ergibt:

+OO

1 - 'I' f -['r: - < '/" ,;-))' 1 '/4 )~ ' -eX~S C ySU XZ-tS dU=--C-XS e-Vdv, n nVs -00

wobei das Integral über die durch den Punkt - (x/2 Vs) i laufende horizontale Gerade der komplexen v-Ebene zu erstrecken ist. Auf Grund des Cauchyschen

-w

J[

X· - 2~st

Fig. 2

JJI +w

IY

I

Satzes kann man statt dessen über die reelle Achse integrieren. Bildet man näm­lich aus diesen Horizontalen und den Vertikalen mit den Abszissen ± w ein Rechteck, so ist in den Bezeichnungen der Figur 2:

(e-v'dv= r + /+ (. i r'r rir rV

Bei wachsendem w streben die Integrale über II und IV gegen 0, da bei ihnen

ist, während die Länge des Integrationsweges konstant gleich I x l/(2 fs) ist. Da bekanntlich

+OO f e-v'av = v; -00

ist, so ergibt sich:

2 { cos x (t} = e -x'/45

nyt vns für s>O

und damit (vgl. die Bemerkung am Ende von 3.) für 9ts > 0.

Doetsch l/4

Page 47: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

50 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Die erhaltene ~-Transformierte spielt eine wichtige Rolle in der Wärme­leitungstheorie und wird dort mit x(x, s) bezeichnet. Ihre negative Ableitung nach x kommt ebenfalls in der Wärmeleitungstheorie vor und heißt dort tp(x, s):

tp(X, s) =- Oz(x, s) = X e-x'j4s • ox 2 v;-ss12

Differenziert man die oben gefundene Formel nach x, so bekommt man:

~{ sin: Vt } = tp(x, s) für 9ts > 0 (x reell)_

Da dieses ~-Integral für alle x offenkundig gleichmäßig konvergiert, so war die Differentiation nach x unter dem Integral erlaubt (Anhang Nr. 18).

8. F(t) = x(x, t) bzw. tp(x, t) mit X > 0

Wir betrachten die unter7. erhaltenen {-Funktionen jetzt als L-Funktionen21 •

Dazu leiten wir zunächst eine Hilfsformel ab. Die Substitution rx./tt = v liefert für rx. > 0:

00 00

J -[(at/u)-u]• d _ J IX -[v-(at/t')]' d e u- -v•e v. 0 0

Addiert man zu beiden Seiten die linke Seite, so erhält man

00 00

zj" e-[(at/U) -u]• du= I ( 1 + viX2) e-[(Otjv) -v]• dv

0 0 +oo =I e-w• dw = Vn .

-00

Damit hat sich ergeben:

(a)

(b)

00

I -((at/U)-u]1 d vn e U= - 2-

o 00

I 1 -[(at/v)-v]'d - vn rx. ---e v---v2 2 0

(: - v = w gesetzt)

(rx. ?. 0)'

(rx. > 0).

Mit Hilfe von Formel (a) findet man für x > 0 und s ~ 0:

Page 48: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Beispiele 51

Ebenso erhält man unter Verwendung von Formel (b) für x > 0 und s > 0: ro oo

~{X} =Je-st_l_ e-z'/41 dt = e-xVSj_l_ e-!Vst-<xf2 Vtl]' dt Jlnt Vnt

0 0

Dies gilt nachträglich auch für x = 0.- Läßt man fürs auch komplexe Werte zu, so ist unter Vs der Hauptzweig zu verstehen, da oben fürs ~ 0 der Wert Vs positiv war.

Für beliebiges reelles x können wir schreiben:

~f1p(x t)} = ~ e-lxl Vs für x =1= 0, 9ts ~ 0, l ' lxl

~{x(x,t)} = ~ e-lxl(s für alle x, 9ts > 0.

9. F(t) = logt

In dem Ausdruck für die Gammafunktion

CO

F(x) = r e-T T"'-1 dT (x > 0) ö

kann unter dem Integral differenziert werden: 00

F'(X) = je-TT"'-lJogTdT, 0

da das entstehende Integral in jedem endlichen Intervall 0 < x0 ~ x ~ x1

gleichmäßig konvergiert (Anhang Nr. 18). Speziell ist 00

F'(l) = f e-T logT dT. 0

Die Substitution T = s t mit s > 0 liefert:

also

00

F'(l) = J e-•t (log s +logt) s dt 0

00 ""

= s logs J e-• 1 dt + s J e-• 1 logt dt = logs + s ~{logt}, 0 0

~{logt}= r;I)- losgs für 9ts>O.

- F'(l) ist die Euler-Mascheronische Konstante 0,5772156649 ....

Page 49: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

52 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Die am häufigsten augewandte Methode zur Berechnung einer .2-Trans­formierten besteht darin, F(t) in eine unendliche Reihe zu entwickeln und die Transformation gliedweise anzuwenden. Da sich das Integrationsintervall ins Unendliche erstreckt, ist hierbei besondere Vorsicht nötig. In sehr vielen Fällen hat sich der im Anhang Nr. 41 angegebene Satz als zugkräftiges Hilfsmittel erwiesen, wovon das folgende Beispiel zeugt.

10. F(t) = &3(v, t)

Die elliptische Thetafunktion {}3 ist definiert durch

+OO 00

&a(v, t) = L: e2k:rtiv- k'n't = 1 + 2 L: e- k'n't cos 2 k n v, 9{t > 0. k~-co k~l

v kann jede komplexe Zahl bedeuten, wir beschränken uns aber auf reelle v. Da {}3 in v die Periode 1 hat, genügt es, 0 ~ v ~ 1 zu nehmen. Bildet man die .2-Transformation gliedweise, so erhält man wegen .2{e-k'n'1}= 1/(s+k2n2):

1 00 cos 2 k n v .2{&a(v, t)} = -s + 2 L: s+"k2 n2 für 9ls > 0.

k~l

Die Vertauschung von Summe und .2-Integral ist nach Anhang Nr. 41 gerecht­fertigt, weil die Reihe für &3 in jedem endlichen Intervall 0 < t0 ~ t ~ t1

gleichmäßig konvergiert - sie wird durch die Potenzreihe

00

1 + 2 L; (e-n't)k' k~l

majorisiert (0 < e-n't < 1) -,und weil

00

~ ~~ -3/s·t -k'n't\ 2 k \dt- ~ lcos2knvl ~ e e cos n v - ~--------··--k~l • k~l 9is + k2 n;2

u 00

für 9ls > 0 konvergiert, denn die Majorante .I; 1/(k2 n 2) ist konvergent. k-1

Die gewonnene Reihe läßt sich durch elementare Funktionen darstellen {vgl. 281):

.2{&a(v, t)} = cosh (2 v- 1) _Vj::_ für 0::::;; v ~ 1. V s sinh V s

§ 5. Die numerische Berechnung einer Laplace-Transformierten

Berechnet man /(s) =' .2{F} für reelles> 0 numerisch durch mechanische Quadratur, so werden wegen des starken Abklingens des Faktors e-•t für t + oo meist die Beträge aus dem Bereich großer t-Werte praktisch bedeutungslos,

Page 50: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Die Dirichletsche Reihe als Laplace-Integral 53 ""

d.h. j e-st F(t) dt ist für die numerische Berechnung dasselbe wie ein Integral 0 T

über ein endliches Intervall j e-st F(t) dt, und zwar ist T um so kleiner, je 0

größer s ist. Für verschiedenes-Werte kommen also ganz verschiedene t-Inter-valle zur Geltung, und die Werte von F(t) für große t, in denen sich vielleicht gerade die Besonderheit von F(t) ausspricht, haben überhaupt nichts zu be­sagen. Das gleiche gilt für die Berechnung von f(s) auf jeder Horizontalen der komplexen s-Ebene.

Anders verhält es sich bei der Berechnung von f(s) auf einer Vertikalen. Für s = x + i y (x = const) ist

00 00

f(s) =.! e- (x+ iy)t F(t) dt =I (cos y t- i sin y t) e-ret F(t) 4t. 0 0

Der Dämpfungsfaktor e-"' t ist hier für alle s derselbe, das praktisch zur Geltung 00

kommende t-Intervall also auch. Berechnet man j näherungsweise etwa nach 0

der Rechteckformel unter Zugrundelegung der Teilpunkte t == n t0 (n = 0, 1, 2, 0 0 .) : 00

f(x + i y) R:j };(cosn t0 y- i sinn t0 y) e-nt,x F(n t0),

n~o

so ist cos n t0 y - i sin n t0 y periodisch in y mit der Periode 2 njt0 , so daß man f(x + i y) bloß für 0 ~ y < 2 njt0 zu berechnen braucht. Je kleiner die Spanne t0 gewählt ist, um so größer wird die scheinbare Periode von f(x + i y). In Wahrheit braucht natürlich von einer Periodizität von f(s) in der y-Richtung keine Rede zu sein. Wie wir später (Satz 1 [2.10]) sehen werden, kann eine E-Transformierte f(s) ::::0 überhaupt keine Periode haben.

§ 6. Die Dirichletsche Reihe als Laplace-Integral

Eine Dirichletsche Reihe hat die Gestalt*)

00

(1) 91(s) =};an e-Ans mit 0 ~ Ao < A1 < · · ·; An -+oo. n=O'

Man kann das E-Integral als ihr Analogon für kontinuierlich laufendes An auf­fassen. E-Integral und Dirichletsche Reihen weisen sehr viele Ähnlichkeiten auf, z. B. im Konverg:nzv.orhalten: beide sind in je einer Halbebene einfach und absolut konvergent, der Streifen bedingter Konvergenz kann beliebig breit sein. Auf der anderen Seite aber zeigen sie auch tiefgehende Verschiedenheiten (siehe 12. 7). ----------- --------------------------------------

*) Der Spezialfall Än = 11 ist mit der Potenzreihe äquivalent, in die er durch die Substitution e-• = z übergeht. Diese speziellen Reihen haben die Periode 2:n: i, was wir im Hinblick auf die Bemerkurig am Ende von § 5 hervorheben.

Page 51: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

54 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Jede Dirichletsche Reihe, die ein Gebiet einfacher Konvergenz besitzt, läßt sich als Produkt aus s und einem sogar absolut konvergenten 5!-Integral darstellen, wodurch viele Sätze über Dirichletsche Reihen ihre naturgemäße Erklärung finden (vgl. Satz 4 [4.4]).

Satz 122 • Die Dirichletsche Reihe (1) habe die Konvergenzabszisse a < =· Eine Treppenfunktiot~ A(t) werde folgendermaßen definiert:

A(t) = 0 für O~t<l.0 , falls 1.0 >o, n

A(t) =}; a. für An< t <J.n+l• ··~0

A(J.) = a 0 0 2 '

11-1

A(J.n) =}; a. + a2n •·~u

fiir n ~ 1 *).

a) Ist a ~ 0, so ist 00

cp(s) = s j e-• 1 A(t) dt für ms > a ~ 0, 0

b) Ist a < 0, so gilt fiir ms > 0 dieselbe Formel. Dagegen ist

"" cp(s) = cp(O) + s/ e-st [A (t) - cp(O)] dt für ms > a.

u

Die 5!-Integrale konvergieren absolut. Beweis: a) a ~ 0. Wir wenden die Formel der partiellen Summation (An-

hang Nr. 7) n n-1 n

}; c,. d,. = cn dn + };c. (d.- dv+l), cn =}; c., •·~U v~O v~O

bei beliebigem (J > 0 an auf

und erhalten für n ~ 1 :

n 1l tt-1

}; a,. =}; a. e- ~.,.<a+<>> . e'·,.<a+<>> = C n eln<a+M +}; C,. (eJ.,.(•J+<~> - e~.•+l (tJ+<~>). v~U v~O v~O

Da nach Voraussetzung n C = '\" a e-l.,,(a+ö)

n ~ v v~O

für n...:;.. = einen Grenzwert hat, so ist \ Cn\ ~ C = const und infolgedessen

------------------------------------

*) Die Normierung, daß die Funktion an den Sprungstellen gleich dem Mittelwert der Stufen­höhen sein soll, spielt für den Satz keine Rolle und wird nur für spätere Zwecke so gewählt.

Page 52: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Die Dirichletsche Reihe als Laplace-Integral 55

Wegen a + (J > 0 können wir dafür schreiben:

(2) I n I n-1 li a. ~ c e-'n(u+6) + c.!i (e"•·+1 (u+6)- ei .• (u+6))

= 2 c e-'n(u+ 6) - c e2•("+ 6) ~ 2 c e-'n(u+ 6) für n ~ 1.

Dies gilt nachträglich auch für n = 0, denn es war

n

Nach dieser Abschätzung setzen wir}; a,, =An und erhalten durch par-tielle Summation: v~o

n n-1 (3) }; a. e··i .• s =An e-i.ns +}; A. (e-i .• s- e-i.•+1 •)

v~O •-0 • 1 ;.,,~1 i.n

=An e-i.ns + s I A,, fe-st dt =An e-Äns + s I e-st A(t) dt. ··-O i.,, 0

Ist nun ms > a und wird 0 < (J < ms- a gewählt, so ergibt sich aus (2):

Da

so folgt ans (3) :

11

}; a,, e- i.,,s + 97(s) für n + =, •·~O

J.n

s/ e-•t A(t) dt + 97(s) für n +=. 0

Läßt man die obere Grenze des Integrals, statt sprungweise durch die An, stetig gegen =laufen, so ergibt sich derselbe Grenzwert, da nach (2) gilt*) :

(4) I A(t) I ~ 2 C e<u+6)t'

also (Anhang Nr. 25): ).11+ 1 CO I je-•tA(t):dt~2C je-<3ls-u-6)tdt+0 -'n ;.,.

für An + CXJ. Es ist daher 00

s I e-st A(t) dt = 97(s), 0

wobei das Integral wegen (4) für ms > a + (J und damit (b beliebig klein) für ms > (J absolut konvergiert.

*) Zunächst nur außerhalb der Sprungstellen; da aber der \'v"ert an den Sprungstellen zwischen dem Grenzwert von links und ,·on rechts liegt, so gilt es auch an diesen.

Page 53: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

56 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

b) a < 0. Wir wählen c5 > 0 so klein, daß noch a + c5 < 0 ist und wenden die Formel der partiellen Summation an auf (m ~ 0)

c = a e-Äm+l+•(a+d) d .. = eÄm+1+•·(a+c5): ., m+l+v ' ..

n n-1 "'a = c e'"m+l+n<a+c5) + "'c (e'"m+1+•(a+c5)- e'"m+2+•(a+c5)) ~ m+l+v n ~ ., • •-0 •-0

Da die Dirichletsche Reihe für a + c5 konvergiert und folglich

für alle m und n ist, so ergibt sich unter Berücksichtigung von a + c5 < 0:

wobei C von m und n J.mabhängig ist. Es ist also auch

(5) I ~ a ,,1 = I ~ a I < C e'"m+I (a+6) ::::;; C eAm(a+6) "'--' m+l+• "'--' JJ = - · •-0 p-m+l

~ 00

.E a" ist der Rest der wegen a < 0 konvergenten Reihe !p(O) = .E a", also p-m+l p-0

gleich !p(O) -Am. Nun verwenden wir Formel (3) und gestalten sie so um:

11-l = [An- !p(O)] e·Ans + !p(O)- !p(O) (1- e-J.,s) +}; [A.- !p(O)] (e-J.•s- e -A•+l ")

p~tJ

A,

= [An- !p(O)J e-Ans + !p(O) + s J [0- !p(O)] e-•t dt 0

fl-1 Äv:l

J.n

+ s}; j [A(t)- !p(O)] e-•t dt v~tJ A".

= [An- !p(O)J e-Ans + !p(O) + s fe-•t [A(t)- !p(O)] dt. I)

Hieraus ergibt sich unter Benutzung der Abschätzung (5) für An- !p(O) bei ms > (1 + c5 für n + =:

00 00 •

!p(s) =}; a. e-A.s = !p(O) + s j e-•t [A(t)- !p(O)] dt, •-0 ii

wobei das Integral wegen der aus (5) folgenden Abschätzung

jA(t)- !p(O) I ~ C e<a+<l)t

für 9ts > a + c5, also für 9ts > a absolut konvergiert.

Page 54: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Die Dirichletsche Reihe als Laplace-Integral

Beschränkt mansauf den Teilbereich 9ts > 0, so ist 00

s J e-st qJ(O) dt = qJ(O) 0

57

konvergent, so daß sich die Glieder mit !JI(O) aufheben und die unter a) gefun­dene Formel übrigbleibt.

Bemerkung: Für !JI(O) = 0 sind die unter a) und b) angegebenen Formeln identisch. Daß bei !JI(O) =1= 0 im Falle 1:1 < 0 für 9ts ~ 0 eine andere Formel auftritt als für 9ts > 0, liegt an dem Faktor s. Da die Dirichletsche Reihe ebenso wie das i!-Integral (siehe 3.2) in der Konvergenzhalbebene eine ana­lytische Funktion darstellt, kann die Gleichung

00 J e-st A(t) dt = JI..~S) 0

bei 1:1 < 0 für 9ts > 1:1 nur gelten, wenn !J!(s) für s = 0 verschwindet. Im Falle !J!(O) =1= 0 ist die Funktion !JI(s)js durch [qJ(s) - !J!(O)]fs zu ersetzen, die dadurch in s = 0 holomorph gemacht werden kann, daß man ihr ihren Grenzwert qJ'(O) beilegt (Anhang Nr. 53). Zu ihr gehört als L-Funktion A(t)- !JI(O).

Satz 1 besagt, daß das i!-Integral a) bzw. b) mindestens so weit konvergiert wie die Dirichletsche Reihe, sogar absolut. Es kann vorkommen, daß das Inte­gral weiter konvergiert als die Reihe, aber dann nicht mehr notwendig absolut. Ein Beispiel hierfür ist die Dirichletsche Reihe

(6) !JI(S) = 1: (- ~t-1 = t (-1)n e··Siog(n+1) = (1- 21-s)C(s)' P-1 n-0

wo C(s) die Riemannsche Zetafunktion "" 1

C(s) = J: --;s· P-1

bedeutet. Da C(s) in der ganzen Ebene bis auf den einfachen Pol s = 1 ana­lytisch ist (siehe S.412), so ist qJ(s) eine ganze Funktion, die Reihe (6) konver­giert aber nur für 9ts > 0 (denn für s > 0 strebt das allgemeine Glied absolut genommen monoton gegen 0 und hat abwechselndes Vorzeichen, für s < 0 wächst es über alle Grenzen). Bei diesem Beispiel ist Ä0 = 0 und

A(t) = { ~ für

für

log (2 k + 1) < t <log (2 k + 2) log (2 k + 2) < t <log (2 k + 3) (k = O, 1' 2' · · .).

Da A (t) beschränkt ist, konvergiert i!{ A} für 9ts > 0, aber nicht weiter, weil wegen C(O) = -1/2 (siehe S. 413) der Wert !JI(O) = 1/2 ist, also qJ(s)js in s = 0 einen Pol hat. Betrachten wir aber die Funktion A(t)- qJ(O), so ist

J 1/2 A(t)- !J!(O) = \

-1/2 oder kürzer

für log (2 k + 1) < t <log (2 k + 2) (k = 0, 1, 2, ... )

für log (2 k + 2) < t < log (2 k + 3)

A(t)- !p(O) = (-1)p-1 ~ für log v < t <log (v + 1), 'II = 1,2, ...

Page 55: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

58 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation 00

J e-•t [A(t)- IJ?(O)] dt konvergiertgenauso weit wie 0

log(v+1) log(v+l)

j; J e-st [A(t)- IJ?(O)] dt = ~ f (-1)''- 1 J e-st dt v=l Jogi' l'=l log1·

f ~ .f (-1)'-~Iog( 1 + n für S=0

l für s =1= 0 *).

Für 9ts > 0 ist die Konvergenz von vornherein bekannt, für s = 0 folgt sie daraus, daß die Reihe alternierende Vorzeichen hat und log [1 + (1 lv)] monoton gegen 0 strebt. Für 0 > s = - a lautet die Reihe

- 21a j; (-1)" [(v + 1)"- v"].

··-1 Nach dem Mittelwertsatz ist (v + 1)"- v" = a ~"- 1 (v < ~ < v + 1), so daß dieser Ausdruck bei a < 1 für wachsendes v monoton gegen 0 strebt. Unsere Reihe konvergiert also gewiß für a < 1, d. h. s > -1. Fürs= -1 aber diver-

00

giert sie, weil sie die Gestalt -1/2 I; (-1)" hat. Der Konvergenzbereich ist •-1

somit 9ts > -1.- DasE-Integral b) konvergiert daher weiter als die Dirichlet-sche Reihe.

Als Nebenergebnis, das für spätere Zwecke wichtig ist, notieren wir: Die Funktion

tp(s) - tp(O) für S=l=0

s

9?'(0) für S=0

ist eine ganze Funktion, die genau für 9ts > -1 durch em E-Integral dar-gestellt wird: oo

1p(s) = / e-• 1 B(t) dt,

wo 0

B(t) = (-1)"- 1 1/2 für log 1' < t <log (1• + 1), 1' = 1, 2, ... ,

ist. Man kann auch schreiben**)

B(t) = - + (-1)[el].

*) Für 9ts > 0 ist demnach l 00

tp(s) = tp(O) + 0 }.; (- 1)"-l [V-s- (1' + l)- 8 ]

~ v~l

= + + + [ c. - ~.) -( ~·' - ~.) + ( ~. - ~.)- + .. -]. so daß die Darstellungdurch ein,2-Integral auf eine Cmordnung der ursprünglichen Reihe hinausläuft.

**) Unter [x] wird die größte ganze Zahl ~ x verstanden, also z. B. [2,7] = 2.

Page 56: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Die zweiseitige Laplace-Transformation. Die Fourier-Transformation 59

Das i.!-Integral konvergiert für 9ts > 0 absolut, für --1 < 9ts ~ 0 aber nur bedingt.

Bei dem angeführten Beispiel konvergiert zwar E{ A (t) - IJ?(O) }, aber nicht i.!{ A (t)} weiter als die Dirichletsche Reihe. Man kann jedoch aus ihm ein anderes Beispiel ableiten, bei dem E{ A (t)} weiter konvergiert als die Reihe, indem man s durch s- 1 ersetzt und die für 9ts > 1 konvergente Reihe be­trachtet:

IJ?I(s) = (1- 22-•) '(s- 1) = 1:-(-~;i~;::._l = i'(-1)n (n + 1) e-slog(n+l).

v~l n~o

Hier ist .?.0 = 0 und

A,(t) ~ 1- 2 + · · · + (-1)" (n + 1) ~ j für log ( n + 1) < t < log ( n + 2) oder

n ' ? -;--=- (n gerade)

n+l - - 2--- (n ungerade)

für

für

log (2 k + 1) < t <log (2 k + 2) (k = 0, 1, 2, ... ) .

log (2 k + 2) < t < log (2 k + 3)

Ersetzen wir wie vorhin das Integral E{A 1(t)} durch eine unendliche Reihe, so lauten zwei konsekutive Glieder

log (2k+2) log (2k+3)

j + j e-•t A1 (t) dt log(2k+l) log(2k+2)

= k; 1 {[(2 k + 1)-•- (2 k + 2)-•]- [(2 k + 2)-•- (2 k + 3)-•J} für s =1= 0.

Die Glieder unterscheiden sich von denen im vorigen Beispiel nur durch den Faktor k + 1. Da die frühere Reihe für 9ts > -1 konvergierte, so konvergiert die jetzige für 9ts > 0, aber für 0 < 9ts ~ 1 nicht absolut. Also ist in diesem BeispielE{ A 1(t)} weiter konvergent als die Dirichletsche Reihe.

Man kann sogar Beispiele angeben, wo das E-Integral eine Halbebene ab­sol1t1er Konvergenz besitzt, während die zugehörige Dirichletsche Reihe überall dh}ergürt23•

§ 7. Die zweiseitige Laplace-Transformation und die Mellin-Transformation. Die Fourier- und die ~-Transformation

Wir haben dem i.!-Integral die Grenzen 0 und =gegeben und werden daran auch in der Folge, wenn wir von La place-Transformation schiechtweg sprechen, festhalten. Wie in § 6 erwähnt, steht dieses Integral in Analogie zur Dirichlet-

oo 00

sehen Reihe .E an e-)ns, die als Spezialfall die Potenzreihe .E an zn (z = e-•) ent-n~o n~o

hält. Neben diesen Reihentypen kommen in der Funktionentheorie auch die

Page 57: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

60 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation +oo +oo

Laurent-Reihe .E a11 z11 unddieDirichletscheReihe .E a .. e-An•mitÄ11 -+-+oo, n- -oo n- -oo

.L .. + -oo für n + oo vor. Ihnen entspricht ein ~-Integral, dessen Grenzen -oo und +oo sind. Wir bezeichnen die dadurch vermittelte Transformation als zweiseitige Laplace-Transformation mit dem Funktionalzeichen ~u:

+oo

f(s) = ( e-•t F(t) dt := ~u { F} . ., -00

Soll gelegentlich mit besonderer Betonung zum Ausdruck gebracht werden, daß nicht ~u, sondern die Transformation im früheren Sinn gemeint ist, so bezeichnen wir letztere als einseitige Laplace-Transformation mit dem Funktionalzeichen ~1 •

~u ist definiert als ... lim /e-•tF(t)dt,

wJ,wl~oo -wl

wobei die Grenzübergänge c.o1 + oo, c.o2 + oo unabhängig voneinander zu voll­ziehen sind.

00

So wie {in einer rechten Halbebene 9ts > ß1 , konvergiert ö

0 00

/e-•tF(t)dt= /e•tF(-t)dt -00 u

in einer linken Halbebene 9ts < ß2 • Beide Halbebenen haben entweder einen Streifen gemein (ß1 < ß2), oder sie schließen einander vollständig aus (ß1 > ß2),

oder ihre Randgeraden fallen zusammen (ß1 = ß2). Im ersten Fall besitzt ~11 einen Konvergenzstreifen ß1 < 9ts < ß2 ; im zweiten Fall existiert ~11 überhaupt nicht; im dritten konvergiert ~11 auf der ganzen Geraden 9ts = ß1

= ß2 oder in gewissen Punkten derselben oder nirgends. Ähnliches gilt für das Gebiet absoluter Konvergenz.

Eine Funktion F(t), für die ~11{F} in einem Streifen der s-Ebene konver­giert, heißt eine L11 -Funktion, die ihr zugeordnete Transformierte f(s) eine / 11 -Funktion.

Die .s:!u-Transformation kommt in der Literatur meist in der Gestalt vor, die sie durch die Substitution

e-t = z, F (-logz) = (l)(z) annimmt:

00

f(s) = / z•-1 (l)(z) dz. u

In dieser Form heißt sie Me1Un-Transformation24 und wird durch das Funk­tionalzeichen 9Jl bezeichnet:

f(s) = 9Jl{(l)(z)}.

Page 58: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Laplace-Transformation in Gestalt eines Stieltjes-Integrals 61

Eine Funktion <P(.z), für die rol{<P}in einem Streifen der s-Ebene konvergiert, heißt eine M-Funktion, die zugeordnete Funktion f(s) eine m-Funktion.

Ein wichtiger Spezialfall der ~u-Transformation ist der, daß der Para­meter s nicht in einer Ebene, sondern nur auf einer vertikalen Geraden s = x + i y (x fest) variiert:

+oo

f(x + i y) = j e-iyt [e-"'t F(t)] dt. -00

Setzt man e-"'t F(t) = G(t), f(x + 1: y) = g(y),

so nimmt die Transformation die übersichtlichere Gestalt +oo

g(y) = I e-ill t G(t) dt -00

an, wo t und y reelle Variable sind. In dieser Form heißt sie Fourier-Trans­formation25 und wird durch das Symbol ~ bezeichnet:

g(y) = ~{G}.

Alle diese Transformationen kommen schon in der klassischen Literatur vor. Ihnen hat sich in neuererZeiteine Transformation zugesellt, die dadurch ent­steht, daß man die Mellin-Transformation auf einer vertikalen Geraden be­trachtet, und zwar speziell auf der Geraden 9ts = 1/2 (so wie die Fourier­Transformation formal aus der ~11-Transformation durch Beschränkung auf die Gerade 9ts = 0 hervorgeht); sie heißt cn-Transformation26 :

00

«p(y) = j z- (l/2l +iy <P(z) dz = 91{<P}. 0

§ 8. Die Laplace-Transformation in Gestalt eines Stieltjes-Integrals

In der Analysis spielt neben dem Integral im Riemannschen und im Lebesgueschen Sinne das Stieltfessche Integral eine Rolle, und wir wollen jetzt kurz erörtern, wie man von der ~-Transformation in Gestalt eines solchen Integrals sprechen kann. Dazu schicken wir die Definition und einige grund­legende Eigenschaften des Stieltjesschen Integrals voraus, das eine Verall­gemeinerung des Riemannschen darstellt.

1p(t) und <P(t) seien reelle (endlichwertige) Funktionen, die in dem endlichen Intervall a < t ~ b definiert sind. In dem Intervall werden Teilpunkte ange-nommen:

a = t0 < t1 < · · · < tn = b

und in den Teilintervallen je ein Zwischenpunkt:

(v = 1, ... , n).

Page 59: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

62

Falls

2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation n

6 = L'P(T.) [(i)(t.)- (i)(t.-1)], •-1

unabhängig von der Wahl der Zwischenpunkte T., einen Grenzwert hat, wenn

!5 = Max {t.- t._1) 1~v.::=_n

gegen 0 strebt, so heißt dieser Grenzwert das Stieltjessche Integral der Funktimt 'P(t) hit~sichtlich der Belegungsfunktion (i)(t); es wird mit

b

j 'P(t) d(i)(t) a

bezeichnet. Das Riemannsche Integral entspricht dem Spezialfall (JJ(t) = t. - Speziell

für 'P(t) = 1 existiert das Integral für jedes (JJ(t}, und es ist

b J d(J)(t) = (JJ(b) - (i)(a). a

Sind 1p und (1) komplexwertig, so sollen sie in ihre reellen und imaginären Bestandteile zerlegt und das Produkt 1p{t) d(i)(t) formal ausmultipliziert wer­den. In der Folge sollen zunächst 1p und (1) immer reellwertig sein. Für zwei Belegungsfunktionen, die sich nur um eine additive Konstante unterschei­den, hat das Stieltjessche Integral denselben Wert.

Ist 1p beschränkt, so sei

M. = obere Grenze I von 1p{t) in t._1 < t ~ t •.

m. = untere Grenze

Dann kann man den Summen 6 die« Ober- bzw. Untersummen>>

.. S = J: M. [(i)(t.) - (JJ(t._1)],

•-1

.. s = J: m. [(i)(t.) - (JJ(t._1)]

•-1

an die Seite stellen. Ist (JJ(t) monoton zu- oder abnehmend (und infolgedessen beschränkt), so zeigt man leicht, daß S und s für !5-+ 0 immer Grenzwerte besitzen, die den Darbouxschen Integralen im Falle (JJ(t) = t entsprechen. Hier­aus ergibt sich sofort:

HUfssatz 1. Ist 1p(t) beschränkt 2end (i)(t) monoton in a ~ t ~ b, so ist die Bedingtmg

lim (S- s) = 0 6-+0 b

notwendig und hinreichend für die Existenz von J 1p(t) d(i)(t). a

Page 60: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Laplace-Transfonnation in Gestalt eines Stieltjes-Integrals 63

Dies entspricht beim Riemannschen Integral der Bedingung, daß der Grenz­wert der <•durchschnittlichen Schwankung•> von tp(t) (die sog. mittlere Schwan­kung) verschwindet.

Hilfssatz 1 läßt sich auf den Fall, daß C/>(t) von beschrä1~kter Variation ist, ausdehnen, weil jede solche Funktion die Differenzzweier monoton wachsen­den (oder auch monoton abnehmenden) Funktionen ist, die übrigens positiv gewählt werden können (vgl. Anhang Nr. 13).

Einen Fall, in dem das Stieltjes-Integral sicher existiert und der später für uns der einzige überhaupt vorkommende Fall sein wird, liefert der

HUfssatz 2. Ist tp(t) stetig ttnd C/>(t) von beschränkter Variation in a ~ t ~ b, b

so existiert J tp(t) dcf>(t). a

Beweis: Es genügt, den Satz für monoton wachsendes C/>(t) zu beweisen. Wegen der gleichmäßigen Stetigkeit von tp(t) im Intervall a ~ t ~ b kann man zu vorgegebenem e ein ()0 so wählen, daß

2l-I.- m,, < e für 0 < 00

ausfällt. Dann ist n

0 ~ S- s ~ e I: [C/>(t,.)- C/>(t._ 1)] = e [C/>(b)- C/>(a)] für 0 < 00 •

··~1

Da dies mit lim (5- s) = 0 gleichbedeutend ist, so folgt nach Hilfssatz 1 die <5->0

b

Existenz von j tp(t) dcf>(t) . a

HUfssatz 3. Ist tp(t) stetig und C/>(t) monoton wachsend, so gibt es einen Wert T mit a ~ T ~ b, so daß

b

/ tp(t) dcf>(t) = tp(-r) [C/>(b)- C/>(a)]

ist (Mittelwertsatz). Folglich ist

! ~ I ~ ! / tp(f) dcf>(t)

1

~ a~~~b Jtp(t) J j dcf>(t).

Beweis: Ist M die obere, m die untere Grenze von tp(t) in a ~ t ~ b, so ist für monoton wachsendes C/>(t)

11 n

m}; [C/>(t,.) - C/>(t,_1)] ~ 6 ~ M}; [C/>(t.) -- C/>(t._ 1)], ~~1 ·~1

also auch b

m [C/>(b)- C/>(a)] ~ /tp(t) dcf>(t) ~ M [C/>(b)- C/>(a)]. a

Page 61: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

64 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Es gibt also einen Zwischenwert f-t zwischen m und M, so daß

b

/ "P(t) d$(t) = f-t [$(b) - $(a)] a

ist. Da "P(t) stetig ist, wird f-t an einer Stelle -r von "P angenommen. Hilfssatz 4. Ist "P(t) stetig und $(t) von beschränkter Variation in a ~ t ~ b,

so gilt: b b

f "P(t) d$(t) ~/I "P(t) I dV(t)' a a

wo V (t) die totale Variation von $(t) im Intervall a ~ -r ~ t ist. Ferner ist

t

lJI(t) = f lp(i) d$(-r) a

itt a ~ t ~ b von beschränkter Variation.

b b

Für J I lp(t) I dV(t) schreibt man auch J! lp(t) \ I d$(t) I· a a

Beweis: Die erste Behauptung ergibt sich aus

n n

E "P(-r.) C<P(t.) - $(t.-ll J ~EI "P(-r.) I · I $(t.) - $(t.-lll v~J v~I

n

~EI"P(i,.)l [V(t.)- V(t,,_l)] v~I

durch den Grenzübergang b-+ 0, die zweite unter Benutzung der ersten aus

t,, t.

illJI(t,.) -lJI(t,,_l) I ~t t f lp(i) d$(-r) ~tt f I"P(i) I dV(-r) v-1 v-l

b

= j l·lJI(i) I dV(-r). a

b b

Hilfssatz 5. W mn J "P(t) d$(t) existiert, so existiert auch J $(t) dlp(t), und es ist a a

b b

j "P(t) d$(t) = lp(b) $(b) - "P(a) $(a) -/ $(t) dlp(t) a a

{partielle Integration). b

Beweis: Wir bilden die 6-Summe zu J $(t) dlp(t): a

n

6 = E<~>(-r.l [lp(t.)- lp(t.--~)J v~I

Page 62: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Laplace-Transformation in Gestalt eines Stieltjes-Integrals 65

und formen sie durch partielle Summation (Anhang Nr. 7) um. Wegen

}; [1p(t1,)- 1p(t1,_1)] = 1p(t)- 1p(a) /1~1

ergibt sich: n-l

6 = [1p(b)- 1p(a)] <P(Tn)-}; [1p(t,.)- 1p(a)] [<P(Tv+l)- <P(T,.)] ,.~I

n-1

0 = [1jJ(b)- 1jJ(a)] <P(T")- };1Jl(tv) [<P(Tv+1)- <P(Tv)J ··~1

= 1p(b) <P(b)- 1p(a) <P(a)- 1p(a) [<P(T1)- <P(a)].

tt-1

-}; 1p(t,.) [<P(Tv+l) - <P(T,,)]- 1p(b) [<P(b) - <P(Tn)J. v~l

Beziehen wir die beiden Terme 1p(a) [<P(T1)- <P(a)] und 1p(b) [<P(b)- <P(T")] in n-1

die Summe}; als erstes und letztes Glied ein, so stellt sie eine 6-Summe für b v~l

J 1p(t) d<P(t) dar: Die Teilpunkte sind a, T1 , T2 , ... , T"_1 , Tn, b, die Zwischen-a punkte a, t1 , ... , tn-l, b. Wenn das Maximum der Intervalle t1 - a, t2 - t1 ,

... , b- tn-l gleich !5 war, so ist das Maximum der Intervalle T1 - a, T2 - T1 ,

... , b- Tn höchstens 2 !5, strebt also mit !5 gegen 0. Dabei konvergiert die ge-b

nannte Summe gegen J 1p(t) d<P(t), weil dieses Integral nach Voraussetzung a

existiert. In der obigen Gleichung hat also die rechte Seite für !5-+ 0 einen Grenzwert, folglich auch die linke, womit sich die Behauptung ergibt.

Hilfssatz 6. Ist 1p(t) stetig und <P(t) ein Riemannsches oder Lebesguesches Integral*)

t

W(t) = C + ( F(T) dT (a ;;:;; c ;;:;; b), c'

b

so läßt sich J 1p(tj d<P(t) durch ein Riemamtsches bzw. Lebesguesches Integral aus-drücken: a

b b

/ 1p(t) d<P(t) = / 1p(t) F(t) dt. a a

Beweis: Beide Integrale existieren: das Stieltjessche, weil <P(t) von be­schränkter Variation ist (Anhang Nr.lS); das Riemannsche bzw. Lebesguesche,

*) Es versteht sich von selbst, daß F(t) als ]-Funktion vorausgesetzt wird.

Doetsch I /5

Page 63: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

66 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation

weil tp(t) stetig ist. Es ist nach Definition, wenn wir speziell r. = t. nehmen:

b tv J tp(t) dl/>(t) = lim j; tp(t,.) J F(t) dt = lim 6. a <)_,.() v-1 t,•-1 ,j_,.IJ

Andererseits ist b t,,

6-! tp(t) F(t) dt = j; / [ tp(t,.) - tp(t)] F(t) dt, .; v-ltv::.!

also b h

6- j tp(t) F(t) dt ~ j; 1 M<a~ 1 I tp(t,.)- tp(t) I / IF(t) I dt.

a v-1 --·- --·- v t1•-l

Zu gegebenem e > 0 kann man wegen der gleichmäßigen Stetigkeit von tp(t) ein Ö0 so wählen, daß

I tp(t') - tp(t") 1 < e

ausfällt für je zwei Werte t', t" in a ~ t ~ b, die der Bedingung I t' - t" I < Ö0

genügen. Dann ist

b b

6- j tp(t) F(t) dt ~ e I IF(t) I dt für c'l < c'l0 •

a a

Das bedeutet: b

lim 6 =I tp(t) F(t) dt, .s-o a

womit die Behauptung bewiesen ist. Ist 1/>(t) kein Riemannsches oder Lebesguesches, sondern selbst wieder ein

Stieltjessches Integral, so gilt in analoger Weise: Hilfssatz 7. Sind tp1 (t) und tp2(t) stetig und 1/>(t) von beschränkter Variation

in a ~ t ~ b, und wird t

P(t) = C + J tp2(r) dl/>(r) (a ~ c ~ b)

gesetzt, so ist b b J "Pl(t) dP(t) =I "Pl(t) "P2(t) dl/>(t).

a a

Beweis: Das linke Integral existiert, weil P(t) nach Hilfssatz 4 von be­schränkter Variation ist; ebenso existiert das rechte. Analog zu dem vorigm Beweis ist

b tv J tp1(t) dP(t) = lim j; tp1(t.) I tp2(t) dt:P(t) = lim 6 a .s-o v-1 tv-1 .s-o

Page 64: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Laplace-Transformation in Gestalt eines Stieltjes-lntegrals

und nach Hilfssatz 4 b lv

6 -;"Pt (t) "P2(t) difJ(t) ;;::;; it tL I "Pt (t.) - "Pt (t) I . I "P2(t) I . I difJ(t) 1 tv

;;::;; Max jtp2(t)l j; Max I "Pt(t.) - tp1(t) I j I difJ(t) j a;Sf::':b v~l 1v-1;E_t~tv tv-1

nach Hilfssatz 3. Hieraus folgt wie bei Hilfssatz 6: b

lim 6 = / tp1{t) tp2(t) difJ(t). 6->-0 a

67

Das Stieltjessche Integral hat vor allem die Fähigkeit, einzelne Werte des Integranden tp(t) <lherausheben» zu können. Dazu braucht man für C/J(t) nur eine Sprungfunktion wie

C/J(t) _ { 0 für a ;;::;; t ;;::;; T - 1 für T < t;;::;; b

zu wählen. Dann sind in 6 alle Differenzen C/J(t.) - C/J(t._ 1) gleich 0, bis auf diejenige, deren Intervall den Punkt Tim Innern oder auf dem linken Rand enthält. Diese ist multipliziert mit dem Wert von tp(t) in einem Zwischenpunkt in dem Intervall. Ist tp(t) in T stetig, so strebt 6 offenkundig gegen tp( T), also gilt:

b

j tp(t) difJ(t) = tp(T). a

Daher lassen sich mit dem Stieltjesschen Integral viele illegitime Operationen, wie sie z. B. in der Quantenmechanik und der theoretischen Elektrotechnik üblich sind, in einer mathematisch einwandfreien Form darstellen. Wenn dort z. B. eine Funktion F(t) eingeführt wird, die überall verschwindet, aber an der

b

Stelle T unendlich ist so, daß J F(t) dt = 1 ist (Diracsche Funktion), und mit dieser Funktion die Gleichung a

b

j 1p(t) F(t) dt = 1p(T) a

in Anspruch genommen wird, so bedeutet dies, daß man in Wahrheit das Stieltjes­sche Integral mit der obigen Sprungfunktion verwendet, dies aber illegitimer­weise vermittels der Ableitung F(t) von (f>(t), die überall 0, nur an der Stelle T gleich oo ist, also nicht existiert, als Riemannsches bzw. Lebesguesches Integral schreibt.

Wir definieren nun

das Laplace-1 ntegral in Stieltjesscher Gestalt.

C/J(t) sei eine komplexe Funktion, die in 0 ;;::;; t < =definiert und in jedem end­lichen Intervall 0 ;;::;; t ;;::;; T von beschränkter Variation ist. Das ist dann und nur dann der Fall, wenn ihr Real- und Imaginärteil diese Eigenschaft hat. Nach Hilfssatz 2 existiert T

/ e-• 1 difJ(t) u

Page 65: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

68 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace· Transformation

für jedes T > 0 und jedes komplexe s. (Man beachte die S. 62 für komplexes 11' und (/>getroffene Konvention.) Wenn nun für ein gewisses s

T

lim r e-s t df/>(t) T->oo ti

existiert, so bezeichnen wir diesen Grenzwert mit

00

{1) fe-st df/>(t) 0

und nennen ihn das Laplace-Stieltjes-Integra127 von f/J(t): ~s{ (/> }.

Man zeigt auf genau dem gleichen Wege wie beim ~-Integral, daß mit s0

auch jeder Punkt s mit 91s > 91s0 ein Konvergenzpunkt und infolgedessen das Konvergenzgebiet des ~s-Integrals eine Halbebene ist.

Wird die totale Variation von f/J(t) im Intervall 0 ~ T ~ t mit V(t) bezeich­net, so heißt (1) absolut konvergent, wenn

00 00

Je-3/s·tdV(t) =Je-~ls·tidf/>(t)i 0 ll

konvergiert (vgl. Hilfssatz 4 für diese Bezeichnung). Ist speziell

t

f/>(t) = c + f F(T) dT, 0

so ist (Anhang Nr. 15) t

V(t) = jiF(T)i dT, 0

und nach Hilfssatz 6 00 00 f e- 9ls·t dV(t) = f e- »ls·t !F(t) I dt.

ll ll

Die jetzt definierte absolute Konvergenz stimmt also in diesem Fall mit der früher definierten überein.

Das Gebiet absoluter Konvergenz ist auch beim Es-Integral eine Halbebene. Der Bereich der Funktionen f(s), die sich als Es-Integral darstellen lassen,

ist größer als der Bereich der als E-Integral darstellbaren Funktionen. So ist e-As (A. > 0) kein E-Integral (siehe S. 80), wohl aber ein ~s-Integral mit der Sprungfunktion I 0 für O~t~A.

f/>(t) = l1 für t>A.. 00

Das bringt es mit sich, daß man eine Dirichletsche Reihe L; an e- Ans unmittelbar n~o

als ~s-Integral darstellen kann. Man braucht nur f/J(t) gleich der in Satz 1

Page 66: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Laplace-Transformation in Gestalt eines Stieltjcs-lntegrals 69

[2.6] definierten Funktion A(t) zu setzen, mit der einzigen Abänderung, daß A (A.0) = 0 im Falle A.0 = 0 sein soll. Dann ist

In Satz 1 [2. 6] wurde bewiesen, daß die Dirichletsche Reihe sich auch durch ein gewöhnliches E-Integral, multipliziert mit s und eventuell um eine Kon­stante vermehrt, darstellen läßt. Dasselbe wollen wir jetzt für jedes beliebige .1!5-Integral zeigen, wobei der Beweis dem von Satz 1 [2.6] vollständig parallel läuft, nur sind die Summen durch Integrale zu ersetzen. Der größeren Über­sichtlichkeit halber nehmen wir einen Teil der Erörterungen als besonderen Satz voraus.

00

Satz 1. Wmn J e-st d<P(t) iiir s0 = x0 + i y0 konvergiert, so ist 0

<P(t) = o(e .. •1) für x0 > 0,

<l>(t)- <P(oo) = o(e .. ' 1) für x0 < 0.

Beweis: Setzt man t

lf'(t) = fe-s,r d<P(r) (t ~ 0), II

so ist nach Hilfssatz 7

t t

(2) I e••r dlf'(r) = / e••r e-s,r d<P(r) = <P(t) - <1>(0). II II

Durch partielle Integration (Hilfssatz 5) ergibt sich:

t

<P(t)- <1>(0) = e5• 1lf'(t)- s0 /e••rlf'(r) dr. -' II

Da nach Voraussetzung lJ'( oo) existiert, können wir schreiben:

<J>(t) e-s,t = <1>(0) e-s,t + 'l'(oo) e-s,t + [lf'(t) -lf'(oo)] + lf'(oo) (1- e- 5" 1)

I

- s0 e- 5" 1 / es,r lf'(r) dr I)

(3) = <1>(0) e-s,t + lf'(oo) e-s,t + [lJ'(t) -lf'(oo)]

+ s0 e-s,t j es,r [lf'(oo) -lf'(r)] dr. ,,

Page 67: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

70 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Zu e > 0 gibt es ein T, so daß

!lf'(=)- lf'('r) I< e für T > T

ist. Setzen wir von jetzt an x0 > 0 voraus, so ist für t > T:

t t

e-s,t J e••r [lf'(=) - P(r)] dT ~ e e-x,t / ex,r dT T T

Mit T

fe••r [lf'(=) -lf'(<)] dT = C u

ist t

e-s,tj'.es,r [lf'(=) -lf'(<)] dT ::;; e-x, 1C + s-~- für t > T, - Xo

u

also für alle hinreichend großen t

t

e-s,t J es,r [lf'(=) - lf'(<)] dT ~ e ( 1 + -~). (I

Das bedeutet, daß der letzte Ausdruck auf der rechten Seite von (3) für t-* = gegen 0 strebt, wenn x0 > 0 ist. Da die anderen Ausdrücke gleichfalls gegen 0 streben, ist die erste Behauptung bewiesen.

00

Ist nun x0 < 0, so konvergiert J e-s 1 d(/>(t) auch fürs= 0, d. h. es existiert 00 (I

J d(/>(t) = lim [(/>( T) - (/>(0)] , und damit lim (/>( T) = (/>( =). Aus (2) folgt: 0 T-+oo T-+oo

00

(/>(=)- (/>(t) = J e••r dP(<). t

Partielle Integration ergibt: T

(/>( =) - (/>(t) = lim [ e•• T lf'(T) - e••t lf'(t) - s0 J e••r P(<) dT] T-+oo t

00

= -e•• 1P(t)- s0J e••rlf'(<) dT, t

weillf'(T)-* ~l'(=) und x0 < 0 ist; hierfür schreiben wir:

00

[(/>(t)- (/>(=)] e-s,t = [lf'(t) -lf'(=)J + s0 e-s,tj e••r [lf'(T) -lf'(oo)] dT. t

Page 68: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Laplace-Transformation in Gestalt eines Stieltjes-Integrals 71

Noch einfacher als vorhin zeigt man, daß das zweite Glied auf der rechten Seite für t + CXl gegen 0 strebt. Da auch das erste gegen 0 strebt, ergibt sich die Behauptung. oo

Satz 2. Wenn f(s) = J e-•t dt/>(t) für s0 = x0 + i y0 konvergiert und x0 =!= 0 0

ist, so ist f(s) für s = s0 und 9ts > 9ts0 auch durch ein Riemannsches S!-Integral darstellbar:

00 00

f(s) = s J e-st t/>(t) dt- t/>(0) = s J e-•t [t/>(t)- t/>(0)] dt für x0 > 0, 0 0

00

f(s) = s J e-•t [t/>(t)- t/>(CX>)] dt + t/>(CX>)- t/>(0) 0

00

=Sr e-•t [tf>(t) - t/>(0) - /(0)] dt + /(0) für Xo < 0. 0

Für 9ts > 9ts0 sind die S!,-lntegrale absolut konvergent. Beweis: Durch partielle Integration ergibt sich für beliebiges s:

T T J e-•t dt/>(t) = e-•T t/>(T) - t/>(0) + s J e-st t/>(t) dt. 0 0

Ist x0 > 0, so ist nach Satz 1 fürs= s0 und erst recht für 9ts > 9ts0

lim e-•T t/>(T) = 0, T-+oo

woraus die Behauptungen für x0 > 0 folgen. Für x0 < 0 ergibt sich durch partielle Integration:

T T J e-•t dt/>(t) = / e-•t d[t/>(t) - t/>(CX>)] ll II

T

= e-•T [t/>(T)- t/>(CX>)]- [t/>(0)- t/>(CX>)] + s./e-•t [t/>(t)- t/>(CX>)] dt. (I

Nach Satz 1 ist fürs= s0 und erst recht für 9ts > 9ts0

lim e-•T [t/>(T)- t/>(CXl}] = 0, T....,.oo

so daß die Behauptungen für x0 < 0 zutreffen. Die zweite Form für /(s) ergibt sich aus /(0) = t/>(CX>) - t/>(0).

Da t/>(t) von beschränkter Variation, also in jedem endlichen Intervall im Riemannschen Sinn eigentlich integrierbar ist, sind die darstellenden )!,-Inte­grale Riemannsche Integrale ohne Stellenuneigentlicher Integrabilität im End­lichen.

Page 69: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

72 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace·Transformation

Zu den Sätzen 1 und 2 vgl. die Sätze 1 und 9 [2.12] über das ~-Integral. Satz 2 zeigt, daß man mit folgender Abänderung des gewöhnlichen ~-Integrals:

00

f(s) = s J e-• 1 F(t) dt + C u

dieselbe allgemeinere Funktionsklasse wie durch das Laplace-Stieltjes-Integral darstellen kann, wenn man dabei sogar nur Funktionen F(t) von beschränkter Variation zuläßt.

§ 9. Die im wesentlichen eindeutige Bestimmung der L-Funktion durch die /-Funktion

Bei einer Potenzreihe und einer Dirichletschen Reihe bestimmen nicht nur die Koeffizienten eindeutig die dargestellte Funktion, sondern diese bekannt­lich auch umgekehrt eindeutig die Koeffizienten. Bei der L-Transformation bestimmt zwar die L-Funktion F(t) eindeutig die /-Funktion f(s); das Umge­kehrte gilt aber offenkundig nicht. Addiert man nämlich zu F(t) eine sogenannte N ullfunktion, d. i. eine]-Funktion N(t), deren bestimmtes Integral mit variabler oberer Grenze identisch verschwindet:

t

/N(-r) d-r =- 0, II

so bleibt f(s) ungeändert. Für Lebesguesche Integrale folgt dies daraus, daß bis auf eine Nullmenge (Menge vom Lebesgueschen Maße 0) N(t) =- 0, also auch e-st N(t) =- 0 ist; für Riemannsche Integrale*) ergibt es sich aus der durch partielle Integration gewonnenen Gleichung

00 t 00 00 t

/ e-st N(t) dt = e-• 1/N(-r) d-r + s fe-• 1 dt/N(-r) d-r. II II II II II

Zu jeder !-Funktion gehören also unendlich viele L-Funktionen, so daß die Abbildung des !-Raumes auf den L-Raum nicht eindeutig ist. Wir wollen nun aber zeigen, daß diese Vieldeutigkeit sehr harmloser Natur ist, daß sie sich nämlich in der eben aufgezeigten Möglichkeit schon völlig erschöpft.

Satz 1. Stimmen die zu zwei L-Funktionm gehörigen !-Funktionen in einer Halbebene überein, so unterscheiden sich die L-Funktionen nur um eine Null­funktion.

Kennt man zu einer !-Funktion eine zugehörige L-Funktion, so erhält man also alle anderen durch Addition einer beliebigen Nullfunktion. Rechnet man,

*} Da jedes Riemannsche Integral als ein Lebesguesches geschrieben werden kann, ist auch in diesem Fall bis auf eine Nullmenge N(l} =- 0. Jedoch kann hier nicht jede beliebige Nullmenge auf­treten, weil N(l} im Riemannschen Sinne integrierbar sein muß.

Page 70: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 9. Die eindeutige Bestimmung der L-Funkt10n durch die /-Funktion 73

wie in der Lebesgueschen Theorie üblich, zwei Funktionen, deren Integrale identisch gleich sind, als nicht verschieden, so ist die Abbildung durch die L-Transformation in beiden Richtungen eindeutig.

Satz 1 ist offenbar äquivalent mit Satz 2. Verschwindet die I-Funktion f(s) identisch, so ist jede zugehörige

L-Funktion F(t) eine Nullfunktion. Es ist nun bemerkenswert, daß man auch dann schon F(t) als Nullfunktion

nachweisen kann, wenn man von der /-Funktion /(s) nur voraussetzt, daß sie in einer parallel zur reellen Achse laufenden, äquidistanten Punktreihe ver­schwindet. Allerdings folgt dann aus F(t) = N(t), daß /(s) = 0 ist, so daß jene Voraussetzung nicht allgemeiner als die Voraussetzung /(s) = 0 ist. Trotzdem ist es aufschlußreich, daß man beim Beweis nur jene schwächere Voraussetzung braucht28•

Das angekündigte Resultat wird sich sehr einfach aus folgendem Satz er­geben:

Satz 3. Verschwinden sämtliche Momente*) einer stetigen Funktion 1p(x) i1~ ei1Mm endlichm Intervall (a, b):

b

j x'"1p(x) dx = 0 fiir fl = 0, 1, 2, ... , a

so ist ·1p(x) = 0. Bemerkung: Der Satz besagt für das sogenannte Momentenproblem, das die

Frage nach der Bestimmbarkeit einer Funktion durch ihre Momente stellt, offenbar folgenden Eindeutigkeitssatz: Das Momentenproblem im endlichen In­tervall ist, wenn überhaupt, so nur durch eine stetige Funktion lösbar. Ohne das Wort <<stetig>> ist der Satz natürlich falsch. Aber auch bei unendlichem Intervall verliert er seine Gültigkeit29.- Man kann den Satz auch dahin interpretieren, daß die Folge x~"(p = 0, 1, ... ) im Raum der in einem endlichen Intervall stetigen Funktionen vollständig ist (Anhang Nr. 50).

Beweis: 1p(x) kann komplexe Werte haben. Da aber die Momentenbildung eine lineare Operation ist und daher der Zerlegung von 1p in den reellen und imaginären Bestandteil die Zerlegung der Momente entspricht, so dürfen wir 1p(x) als reell voraussetzen. Nach dem Weierstraßschen Approximationssatz (Anhang Nr. 12) kann man bei beliebig vorgegebenem (J > 0 zu der stetigen reellen Funktion 1p(x) ein Polynom p6(x) finden, das sich von ihr im endlichen Intervall (a, b) um höchstens b unterscheidet:

1p(x) = Po(x) + (J &(x) mit I &(x) I ~ 1 für a ~ x ~ b.

Multiplizieren wir diese Gleichung mit ·1p(x) und integrieren von a bis b: b b b

/ 1p2(x) dx = _/p6 (x) 1p(x) dx + (J./ &(x) 1p(x) dx, a a a

*) Denkt man sich die Strecke o ~ a ~ x ~ b mit einer Masse der Dichte !p(X) belegt, so stellen die angeschriebenen Integrale die aus der Physik bekannten Momente der Masse in bezug auf den Nullpunkt dar.

Page 71: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

74 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

so verschwindet das erste Glied auf der rechten Seite, weil es eine Summe von Momenten von "P(x) ist. Aus der übrigbleibenden Gleichung folgt:

b b

/ "P2(x) dx;;;;; b/ I "P(x) I dx. a a

Wäre nun 'IJ'(x) =I= 0, so gäbe es eine Stelle und wegen der Stetigkeit eine ganze b

Umgebung, wo ! 1p(x) I > 0 ist. Es wäre also J l 'IJ'(x) J dx =1= 0, so daß man durch a

diese Zahl dividieren könnte. Das ergäbe die Relation

b b

b;;;::; / 'IJ'2(x) dx:/I"P(x)l dx, a a

die der Tatsache widerspricht, daß b ganz beliebig > 0, also auch kleiner als der rechts stehende positive Quotient gewählt werden kann. Es bleibt daher

nur die Möglichkeit "P(x) = 0. Satz 4 (Eindeutigkeitssatz). Verschwindet eine l-Ft$nktion f(s) in einer

unendlichen Folge von äquidistanten Punkten, die auf einer Parallelen zur reellen Achse liegen und nach rechts wandem:

/(s0 + n a) = 0

(s0 ein Konvergenzpunkt des 52-Integrals, a > 0, 1t = 1, 2, ... ), so ist jede zuge­hörige L-Funktio1t eine Nullfunktion.

Beweis: Nach dem Fundamentalsatz 5 [2. 2] ist für 9ls > 9ls0

mit

also

das heißt

Setzen wir

so steht da:

00

f(s) = (s - So) r e- (s-s,)t C/>(t) dt

0

t

C/>(t) = / e-s,r F(r) dt',

0

00

/(s0 + n a) = n a j e-nat C/>(t) dt = 0, 0

00

/ e-nat C/>(t) dt = 0 für n = 1, 2, ....

0

e-at =X,

1

log x t= --- -­(] ' (/>( _ lo! X)= 'IJ'(X)'

~~xn-l"P(x)dx=O für n=1,2, ... 0

Page 72: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

oder

Setzen wir

§ 9. Die eindeutige Bestimmung der L·Funktion durch die /-Funktion 1

/x" 1p(x) dx = 0 für f.1 = 0, 1, 2, .... tl

1p(O) = lim $(t) = f(s0), 1p(1) = $(0) = 0, 1-+oo

75

so ist 1p(x) im Intervall 0 ~ x ~ 1 stetig*), und nach Satz 3 ist 1p(x) = 0. Das bedeutet: t

$(t) =I e-s,r F(-r) d-c = 0. 0

t

Da e-s,r =1= 0 ist, folgt hieraus J F(-r) d-c = 0 (Anhang Nr. 45). 0

\Vill man den Eindeutigkeitssatz nur in der abgeschwächten Form des Satzes 2 beweisen, so kann man des Weierstraßschen Approximationssatzes entraten30 • Es genügt, zu zeigen, daß

00

tp(s) = /e- 51 4>(t) dt, 6

wo 4>(t) die obige Bedeutung hat und daher in t ~ 0 stetig und beschränkt ist, nicht identisch verschwinden kann, wenn 4>(t) =F 0 an einer Stelle t0 > 0 ist. Dabei dürfen wir voraussetzen, daß t0 > eist. Anderenfalls betrachten wir näm­lich die Funktion, die gleich 0 für 0 ~ t < e und gleich 4>(t - e) für t ~ e ist. Sie ist für t = t0 + e von 0 verschieden und hat die .!:!-Transformierte

00 00

(e-st 4>(t-e) dt = ees (e-su 4>(u) du= ees tp(s). ; o

Wenn diese Funktion=!= 0 ist, so gilt das gleiche für tp(s). Nach Satz 1 [3. 2] ist

also

00

tp(n)(s) = (- 1) n j'e-st in 4>(t) dt, 6

00

tp(n)(~) = (-1)n ((e-tft, t)n 4>(t) dt. 6

Die Funktion e-t/t, t hat ihr Maximum t0(e > 1 an der Stellet= t0 • Da 4>(t) in t0

stetig und im übrigen beschränkt ist, kann man n = n0 so groß wählen, daß der von der Umgebung von t 0 beigesteuerte Anteil des Integrals absolut genommen den Betrag des Restteiles übersteigt, so daß

tp (n,) ( ~:-) =!= 0

ist. Es kann also nicht tp(s) = 0 sein.

*) Das ist der Grund, warum wir nicht gleich von

00

f(s0 + na) = J e-nat [e-s,t F(t)] dt = 0

0

ausgegangen sind, sondern erst 4>(1) eingeführt haben. e-s, IF(t) braucht nicht stetig zu sein, wäh­rend 4>{1) diese Eigenschaft hat.

Page 73: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

76 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Bemerkungen: 1. Eine t-Funktion kann sehr wohl unendlich viele äqui­distante, auf einer Geraden liegende Nullstellen haben, ohne identisch zu ver­schwinden, wenn die Gerade nicht horizontal, sondern vertikal ist. Beispiel:

F(t)- [ :"

2.n

für

für

O~t~2n

t> 2n,

E{F} = le-(s-i)t dt = _!__- :-=--(s;i)2~- = fJ

l-e-2ns s-i

= 0 für s = -i, ± 2 i, ± 3 i, ....

2. Die Eigenschaft, daß das Verschwinden in einer horizontalen äquidistanten Punktreihe das identische Verschwinden der Funktion zur Folge hat, ist keines­wegs charakteristisch für die E-Transformierten, sondern kommt allen ana­lytischen Funktionen zu, die in einer Halbebene einer gewissen Wachstum~­beschränkung unterliegen. Siehe hierzu Satz 5 [11. 4].

3. Eine [-Funktion kann auf einer Horizontalen unendlich viele nichtäqui­distante Nullstellen haben. Beispiel*):

E{t- 1' 2 sin-H =V[ e- Vi!-s sin V2~ (<<Tabellem 5. 67).

Diese Funktion hat die reellen Nullstellen t = 2 k 2 n 2, k = 1, 2, ... 31•

Nicht für jede horizontale Punktfolge erzwingt also das Verschwinden VOil

/(s) in diesen Punkten das identische Verschwinden der Funktion. Man kann aber eine über die äquidistanten Punktfolgen weit hinausgehende Klasse von Folgen angeben, die nur dann Nullstellen von /(s) sein können, wenn f(s) = 0 ist.

Satz 532 • Wenn f(s) = E{F}in ei1ter horizontalen Punktfolge s0 , s1 , ••• (s0 ei-n Konvergenzpunkt, 9\s0 < 9\s1 < · · · ~ cx:>, 3sn = const) verschwindet, die so

00

langsam gegen cx:> strebt, daß I; 1fsn divergiert**), so istF(t) eine Nullfunktion und f(s) = 0. n~o

Beweis: Da s1 - s0 reell > 0 ist, stellt mit F(t) auch

Fl(t) =--1-e-s,J(s,-s.,)t F(--t -) sl- So sl- So

eine L-Funktion dar, deren Transformierte lautet:

00

= /e-((s,-s,)s+s,]r F(-r) d-r = / ((s1 - So) s +so)

iJ

*) \Vir verwenden von jetzt an manche 2-Transformationen, ohne ihre Ausrechnung durch­zuführen, und verweisen dann auf die «Tabellen".

**) Ist ein "n = 0, so ist das betreffende Glied aus der Summe wegzulassen.

Page 74: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ H. Die eindeutige Bestimmung der L-Funktion durch die /-Funktion 77

und fürs= 0 konvergiert. /1(s) verschwindet für (s1 - s0) s + s0 = S 11 , d.h. für

S = Sn- So= l' Sl- So n'

wo v0 = 0, 1'1 = 1; alle Vn reell mit l'o < v1 < · · · -+ oo.

Ferner ist

divergent. Nach Satz 5 [2. 2] ist

mit

also

Setzen wir

00

/1 (s) = s { e-st l.P1 (t) dt für 9ls > 0 II

t

lP1 (t) = ( Fr(r) dr, 0

00

/1 (vn) = Vn { e-••nt l.P1 (t) dt = 0 für n = 1, 2, .... (l

$ 1(-logx) = '1p1(x), '!f1(0) = lim l.P1(t) = fr(O), '!f1(1) = l.P1(0) = 0, 1--+oo

so ist 'lf1 (x) im Intervall 0 ~ x ~ 1 stetig und I r x''n-l '!f1(x) dx = 0 für n = 1, 2, ...

ll

oder mit V 11 - 1 = Pn-1:

1

/ xl'n.'!f1(x) dx = 0 für n = 0, 1, ... , ll

00

wo 0 = ,u0 < ,u1 < · · ·-+ oo und I; 1/,u"_ divergiert. Nun gilt aber ein zu Satz 3 n~l

analoger Satz, bei dem die ganzzahligen Exponenten p = 0, 1, 2, ... durch 00

beliebige Exponenten 0 = p 0 < ,u1 < · · · -+ oo mit divergenter Summe I; 1/ Pn n~l

ersetzt sind und den man wörtlich wie Satz 3 beweist, indem man eine ent­sprechende Verallgemeinerung des Weierstraßschen Approximationssatzes her­anzieht (Anhang Nr. 12). Infolgedessen ist '1p1(x) = 0, also l.P1(t) = 0, d.h.

t re-s,f(s,-s,)T F(-·-~) dr = 0, • sl- So 0

woraus sich ergibt (Anhang Nr. 45), daß F(t) eine Nullfunktion ist.

Page 75: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

78 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

In Satz 4 und 5 waren die Punktfolgen sn horizontal. Dies ist aber keines­wegs notwendig, damit man von f(s.,) = 0 auf f(s) = 0 schließen kann, wie fol­gender Satz zeigt, den wir ohne Beweis anführen:

Satz 633 • s0 sei ein Konvergenzpunkt von i?{F}= f(s). Wenn f(s) in einer Punktfolge sn (t~ = 1, 2, ... ) mit

9tsn ~ b > 9tso

verschwindet, dt:e die Eigenschaft hat, daß

(1) f(1 -[ Sn--So-3a I) n-1 Sn So+ a

für einen gewissen Wert a aus dem Intervall 0 < a < b - 9ts0 di'lJergiert, so ist F(t) eine Nullfunktion und f(s) = 0.

Hieraus ergibt sich z. B. : Satz 734 • Wenn E{ F} = f(s) in s0 konvergiert und f(s) in

s .. = s0 + b + n a ei'P ( b > 0, a > 0, I !p I< -i) verschwindet (also in einer nichtvertikalen äquidistanten Punktreihe), so ist f(s) = 0.

Beweis: Wir dürfen s0 = 0 nehmen. Ferner sei a = b/3. Dann ist

Sn - s0 -~ = n a e __ i_'P--,--sn- s0 + a (4/3) b + n a ei'P '

also s - s0 - 3 a 12 n2 a2 ;n- s0 + a = (16/9) b 2 + (8/3) b n a cos rp + n 2 a 2

und 1 I Sn- So- 3 a 12 _ (16/9) b2 + (8/3) b n a cos rp

- Sn- So -1- a - (16/9) b2 -1- (8/3) b n t:1 COS rp -1- n2 a2

> 2bnacosrp _ bcosrp -2 nz az-- -nu

für große n. Wegen

1 -I Sn - s0 - 3 a I > ----,---1---,;---.--sn - So + a 1 + I Sn - So - 3 a I

Sn- s 0 + a

b cos rp > _!J cos p__ na 2na

für alle hinreichend großen n ist (1) für cos II' =1= 0 divergent. - Daß der Satz für II' = ± :rc/2, cos II' = 0 tatsächlich nicht zutrifft, zeigt das S. 76 angeführte Beispiel.

Über das Verschwinden von f(s) in vertikalen Punktfolgen siehe Satz 16 [3. 6]. - Wie in 3. 2 gezeigt werden wird, ist f(s) = ~{F} in der Konvergenz­halbebene analytisch. Wenn eine in einem Gebiet G> analytische Funktion in einer Punktmenge verschwindet, die sich im Innern von G> häuft, so verschwindet sie identisch. Die in den Sätzen 4-7 vorkommenden Punktmengen sn häufen sich in oo, also in einem Randpunkt des Gebietes G>, so daß der Schluß nicht anwendbar ist. Nun sind aber verschiedene Sätze bekannt, die für eine in

Page 76: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ ll. Die eindeutige Bestimmung der L-Funktion durch die I-Funktion 79

einem Kreis analytische Funktion aus dem Verschwinden in einer sich gegen einen Peripheriepunkt häufenden Menge unter zusätzlichen Voraussetzungen auf das identische Verschwinden schließen. Bildet man die Konvergenzhalb­ebene von ~{F} konform auf einen Kreis ab (vgl. S.297), so kann man diese Sätze auf f(s) (und allgemeiner auf jede in einer Halbebene analytische Funk­tion) übertragen. Auf diesem Wege wird Satz 6 bewiesen sowie der folgende

Satz 835 • Wenn ~{ F} = f(s) die in einer Halbebene '.ns > IX > 0 liegenden Nullstellen Sn (n = 1, 2, ... ) hat und

für n-+oo

gilt (2 IX =F s.), so ist F(t) eine Nullfunktion und f(s) = 0.

Auswahl einer bestimmte1~ L-Funktion durch die Forderung der Stetigkeit

Satz 9. Gehören zwei L-Funl?tionen F 1(t) und F 2(t) zu derselben l-Funktion f(s), so stimmen sie an jeder Stelle t0 , wo siebeidestetig oder beide nach rechts oder beide nach links stetig sind, iiberein.

Beweis: Wäre z.B. F1(t0)- Fß0) > 0 und wären F1 und F2 beide in t0

nach rechts stetig, so hätte auch F1(t) - F2(t) diese Eigenschaft; es wäre also in einer ganzen rechtsseitigen Umgebung t0 ~ t ~ t0 + o von t0 ebenfalls

1,+6

F1(t)- F2(t) > 0 und daher j [F1(t)- F2(t)] dt > 0. Nun ist aber F1(t) -F2(t) t,

eine Nullfunktion, also ihr Integral über jedes Intervall gleich 0. Daher muß F1 (t0) = F2(t0) sein.

Sind F1 und F 2 an jeder Stellet ~ 0 nach derselben Seite stetig (ohne daß diese Seite an jeder Stelle dieselbe zu sein braucht), so sind sie völlig identisch. Dies ist insbesondere dann erfüllt, wenn beide Funktionen überall beiderseits stetig sind. Man kann also durch die Forderung, daß die L-Funktion an jeder Stelle nach einer vorgeschriebenen Seite oder nach beiden Seiten stetig sein soll, unter den unendlich vielen L-Funktionen eine bestimmte auswählen -falls es eine solche gibt.

Natürlich braucht unter den zu f(s) gehörigen L-Funktionen keine zu existie­ren, die überall in vorgeschriebener Weise stetig ist. So ist z. B. die Funktion

F(t) = J 0_ 1 l smT

für t = 0

für t > 0

zunächst eine ]-Funktion, weil sie beschränkt ist und nur die eine Unstetig­keitsstelle t = 0 besitzt, sodann auch eine L-Funktion, weil sie beschränkt ist. Zu ihrer l-Funktion kann es keine überall stetige oder auch nur überall nach rechts stetigeL-F unktion F1 (t) geben. Denn weil F (t) an jeder Stelle t> 0 stetig ist, könnten sich F und F1 höchstens an der Stelle t = 0 unterscheiden. Es ist aber offensichtlich unmöglich, Fan der Stellet= 0 stetig (nach rechts) zu machen.

Page 77: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

80 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation

§ 10. Anwendungen des Eindeutigkeitssatzes

Satz !36 • Eine 52-Transformierte f(s) :=::: 0 kann keine Periode besitzen. Beweis: Angenommen, es gälte für ein festes komplexes s0 und alle s in

einer Halbebene /(s) = f(s + s0),

dann wäre 00 00 00

./ e-st F(t) dt- Je- (w,)t F(t) dt =I e-st (1 - e- 8 " 1) F(t) dt:::::: 0, 0 0 0

also (1 - e-•·1) F(t) und damit (Anhang Nr. 45) auch F(t) eine Nullfunktion, also f(s) = 0.

Folgerungen: 1. Die Konstante c =F 0 ist keine ~-Transformierte, denn sie hat jede komplexe Zahl zur Periode.

2. Die Funktion eas (a beliebig komplex) ist keine 52-Transformierte, denn sie hat die Periode 2 n t:;a für a =l= 0 und jede beliebige Periode für a = 0.

3. Jede Funktion der Gestalt tp(ea•) ist keine ~-Transformierte. Also sind z.B. die Kreis- und Hyperbelfunktionen

sins = -A- [eis- (ei•)-1],

coss = -~ [eis + (ei•)-1],

- 2_. ei•- (ei.•)-1 tgs- i ei' + (ei-')-1'

sinhs = ~ [e•- (e•)-1],

1 coshs = 2 [e"+ (e•)-1],

e•- (e•)- 1

tghs = e• + (e•) 1

keine ~-Transformierten. Für die trigonometrischen Funktionen folgt das auch daraus, daß sie unendlich viele äquidistante reelle Nullstellen haben.

Bemerkenswert ist, daß die ~-Transformierte in Stieltjesscher Gestalt peri­odische Funktionen mit rein imaginärer Periode wie e-• darstellen kann (siehe S. 68), so daß auch

s ~{F}+ C

diese Eigenschaft hat (S. 72). In der Tat ist z.B. e-s= s ~{w}, wo W(t) = 0 für t ;;:;;; 1, = 1 für t > 1 ist.

Satz 2. Eine 52-Transformierte kann keine horizontale äquidistante Folge von c-Stelien (c =F 0) haben. (V gl. Satz 10 [2.12].)

Beweis: Man kann den Satz nicht so beweisen, daß man feststellt, /(s) - c hätte eine horizontale äquidistante Folge von Nullstellen, wenn /(s) eine solche von c-Stellen hätte. Denn weil c keine ~-Transformierte ist, so ist auch /(s) - c keine solche.- Vielmehr gehen wir so vor: Ist /(s0 + na) = c (n= 0, 1, ... ), so betrachten wir die Funktion

00

tp(s) = f(s) -f(s + a) = /e-st (1- e- 111) F(t) dt, !i

die eine ~-Transformierte ist. Es ist

tp{s0 + n a) = /(s0 + n a) -/(s0 + [n + 1] a) = c- c = 0.

Page 78: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 10. Anwendungen des Eindeutigkeitssatzes 81

Also ist nach Satz 4 [2. 9] q;(s) = 0, d.h. f(s) = f(s + a), was nach Satz 1 nur für f(s) = 0 möglich ist. Dies steht aber im Widerspruch zu c =1= 0.

EineMethode zur Ausrechnung bestimmter Integrale und unendlicher Reihen

Eine außerordentlich wirksame und weittragende Methode, bestimmte Inte­grale von komplizierter Bauart auszuwerten, ist die folgende: Das Integral enthalte einen Parameter t, sei also von der Gestalt

b

/ {/l(x, t) dx = F(t). a

Man wende die 1!-Transformation hinsichtlich t an, wobei es erlaubt sei, das 1!-Integral mit dem Integral nach x zu vertauschen:

b 00

/ dx / e-•t {/l(x, t) dt = .i.!{F} = f(s). a 0

Ist nun .i.!{ {/l(x, t)} = q;(x, s) eine so einfache Funktion, daß

b

/ ([J(X, s) dx a

sich auswerten läßt, so ist damit die Funktion f(s) gefunden. Kennt man eine der zu f(s) gehörigen 1!-Funktionen, so stimmt sie mit dem gesuchten Integral­wert F(t) an jeder Stelle überein, wo beide stetig sind.

Enthält das Integral keinen Parameter, hinsichtlich dessen sich die 1!-Trans­formation anwenden läßt, so ist es manchmal möglich, einen solchen künstlich einzuführen und zum Schluß das gesuchte Integral dadurch zu erhalten, daß dem Parameter ein spezieller Wert erteilt wird.

Wir wollen diese Methode durch zwei Beispiele illustrieren. Wir betrachten zunächst37

00

F(t) = / 1 : x 2 sin t x dx u

für t>O

(dies ist' eine Fouriersehe Sinustransformation, vgl. S. 21). Es ist fürs> 0*)

00 00

.i.!{F} = r--x __ .i.!{sin X t}dx = !--~--- x dx 1 + x2 1 + x2 s2 + x2

0 ~ 00 00

1 r dx s 2 ;· dx = 1 - s 2 • 1 + x 2-- 1--.52 s 2 + x 2

0 0

1 n s :r n 1 = -c=-52 ·z-- 1- s2. -z-= 2-T+-s'

*) Die Vertauschung der Integrale ist schwierig zu rechtfertigen; keines der im Anhang ange­gebenen Kriterien reicht hier aus.

Doetsch 1/6

Page 79: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

82 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Zu dieser l-Funktion gehört die stetige L-Funktion (n/2) e-1, also ist 00 r x . t d - :rr, -t f" t > o •. 1 + x 2 sm x x- -2 e ur .

0

Dies gilt tatsächlich für alle t > 0, da das Integral für t > 0 stetig ist (für t = 0 offensichtlich nicht). Es konvergiert nämlich für alle t ~ T > 0 gleich­mäßig, wie man durch partielle Integration feststellt:

lw' __ x~ sint x dx = _.!._ ( 001 2 cos tw1 --,---00-'"2--c2cc- cos tw 2)

1 + x 2 t 1 + w 1 1 + w2

für alle hinreichend großen w1 , w2 •

Ein Beispiel, bei dem der Parameter zum Zweck der Transformation erst eingeführt werden muß, wird durch das IntegraP8

:rt/2 I J,.(sin 2 &) J.(cos2 &) sin 2 "+ 1 &cos 2 •+I & d& 0

geliefert, wo],. die Bessel-Funktion

00 ( -1)n (z/2)P+2n J,.(z) =.I: n! rip, + l! + 1)-

n=U '

(~t> -+, v>- ~)

bedeutet. Hier liegt es nahe, einen Parameter r in folgender Weise anzubringen:

:re/2 I J,.(r 2 sin 2 &) J.(r2 cos 2 &) r 2 "+2 •+ 3 sin 2 "+ 1 & cos 2 v+ 1 & d& = F(r) 0

00 00

und nun nicht Je-sr F(r) dr, sondern J e-•r' F(r) dr zu bilden. Dann kann man 0 0

r und & als Polarkoordinaten deuten und durch r cos & = x, r sin & = y zu rechtwinkligen Koordinaten übergehen, wobei die Integration nach r von 0 bis oo und nach {}von 0 bis n/2 der Integration über die Viertelebene x > 0, y > 0 gleichkommt und r dr d& durch dx dy zu ersetzen ist. Dabei spaltet sich das Doppelintegral in das Produktzweier Integrale nach x allein und y allein, die als .2-Transformierte darstellbar sind und nach <<Tabellen» 2. 80 ausge­wertet werden können :

00 00 00 I e-sr' F(r) dr =I e-sx' J. (x2) x 2 v+ 1 dx. I e-sy' J,. (y2) y 2P+l dy 0 u u

00 00

=~I e-st J.(t) t'' dt · ~I e-st J,. (t) t" dt u u

Page 80: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 10. Anwendungen des Eindeutigkeitssatzes 83

F(v + !l z• F(p, + !) z1A zVi-- -(-.;;--.+1)•+(1/2). zVn -(;2+1)P+(l/2)

F(p, + !) F(v + !) F(p, + v + 1) z~A+v+(l/2l

z-V2n F(p, + IJ + i)-. ---zv~ -(s2 + i)l<+v+l

00

__ F{_p,+!) F(v+!) je-•'']. (r2)r2JJ+2v+2dr. zVz n F(p, + v +1) JJ+v+(l/2)

0

Schreibt man die Integrale als ~-Integrale (r2 = t) und wendet den Eindeutig­keitssatz an, so erhält man wegen der Stetigkeit der Funktionen:

n/2 J ~,(r2 sin 2 &) J.(r2 cos 2 &) sin 2 JJ+l & cos2•+l {} d& ()

F(!t + !) F(v + !) 2

--2V2 n F(p, + v + 1) r- JJJ+ v+ (l/2)(r ) '

woraus sich der Wert des ursprünglich gesuchten Integrals für r = 1 ergibt. Dieselbe Methode läßt sich auch zur Berechnung unendlicher Reihen ver­

wenden und wird uns von einem anderen Gesichtspunkt aus noch ausführlich im II. Band beschäftigen. Wir begnügen uns daher mit folgendem Beispiel, das insofern besonderes Interesse verdient, als wir neben dem bereits vorhan­denen Parameter noch einen zweiten künstlich einführen und dann die ~-Trans­formatiol'l zweimal nacheinander anwenden39• Es handelt sich um die Reihe

00

1 +I; [Ln(t) - Ln-1(t)J2, n~l

wo Ln(t) das Laguerresche Polynom

n (n) tv et dn Ln(t) = !i (-1)" v VT = n! dtri (tn e-t)

bedeutet. Ln(t) hat eine sehr einfache ~-Transformierte:

} 1 ( s- 1 )n ~{Ln (t) = 5- -s --- (<<Tabellen» 1. 58),

das Produktzweier Ln aber nicht. Daher führen wir noch einen weiteren Para­meter -r ein und betrachten die allgemeinere Reihe

00

F(t, -r) = 1 +I; [Ln(t) - Ln-1(t)] [Ln(-r)- Ln-1(-r)]. n-1

Transformation hinsichtlich t liefert bei Vertauschung von Summe und ~­Integral:

(

00 1 1 00

[( s _ 1 )n ( s - 1 )n-1] • e-•t F(t, -r) dt = s + s .f - 5 - - ---5 - [Ln(-r)- Ln-1(-r)J, u

Page 81: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

84 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

abermalige Transformation hinsichtlich -r: 00 00 I I e -st-n F(t, T) dt d-r

0 0

1 ~a> z·

Verfügt man über eine Tabelle von doppelten (zweidimensionalen) E-Trans­formierten40, so stellt man fest, daß die erhaltene Funktion die Transformierte der stetigen Funktion

I e1 für 0 ~ t ~ T eMin(t,T) = - -

\ eT für t > T

ist, was tnan auch leicht verifizieren kann. Die Transformierte dieser Funktion hinsichtlich t ist nämlich

T ~ (1-s)r 1 -ST (1-s) T 1 ! -st t dt I -st T dt e - T e e e e + e e = ---·- + e --- = ----·-- - ---• • 1- s s s (1- s) 1- s ' 0 T

die weitere Transformation hinsichtlichT liefert 1 1 s + a

-s-(_,-1---s)c--c-(a---1,--+--Sf- (1 --s}G s a (s + a- 1) Also ist

00

1 +I.: [Ln(t)- Ln-l(t)] [Ln(T)- Ln-1(-r)] = eMin(t,T) n~l

und speziell 00

1 +I.: [Ln(t) - Ln_1(t)J2 = e1

n~l

Da aus der expliziten Formel für Ln(t) folgt: t

Ln(t)- Ln_1(t) = -I Ln_1(x) dx, 0

kann man die erhaltene Summenformel auch so schreiben:

~ [/ Ln(x) dxr = e1 -1

(f, T ~ 0)

(t ~ 0).

(t ~ 0).

Für t < 0 gilt die Formel offensichtlich nicht, da die linke Seite positiv, die rechte negativ ist.

Page 82: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 11. Die Abbildung einer linearen Substitution der Variablen

§ 11. Die Abbildung einer linearen Substitution der Variablen in der L- oder I-Funktion

85

In diesem und den folgenden Paragraphen behandeln wir das Problem, wie sich gewisse Operationen, die man an der L-Funktion vornimmt, an der ent­sprechenden I-Funktion auswirken oder umgekehrt. Wir werden diese Opera­tionen und ihre Abbildungen im anderen Raum an späterer Stelle (II. Band) nochmals im Zusammenhang betrachten, wenn wir über weitere derartige Zu­sammenhänge verfügen, die abzuleiten wir jetzt noch nicht in der Lage sind.

Wir beginnen mit der einfachsten Operation an der L-Funktion, nämlich der linearen Substitution der Variablen t, indem wir aus einer L-Funktion F(t) die neue Funktion F1 (t) = F(a t- b) herstellen, wo a und b reell sind, so daß das Argument von F für reelle t reell ist. Damit a t- bin einem nach rechts unbegrenzten Intervall variiert, muß a > 0 sein. Es ist

00 00

E{F1} =I e- 81 F(a t- b) dt = ~ e- (bfa) s Je- (sfa) 1 F(t) dt. u -b

Für b > 0 ist F(t) in dem Intervall - b ;:::::;; t < 0 nicht definiert. Setzen wir aber fest, daß F(t) = 0 für t < 0 sein soll, so ist

00

f1 (s) = E{F1} = ~ e- (bfa)s J e-(sf'a)t F(t) dt =-} e- (bfa)sf(= ). u

Dies ist auch für b = 0 richtig. Für b < 0 ist

fl (s) = ~ e- (bfal s (Je- (sfal t F(t) dt- j:- (sfal t F(t) dt) (I 0

= ~ e-(bja)s(t(~)-j:-(sja)tF(t)dt). Wenn E{F} für 9ls > ß konvergiert, so ist in allen Fällen E{F1} für 9ls >aß konvergent. Das Ergebnis können wir so zusammenfassen:

Satz 1. Bildet man aus einer L-Funktion F(t) die neue Funktion

1F(a t- b)

F1 (t) = 0

für a t- b ~ 0

für a t- b < 0

im Falle a > 0, b ~ 0, so ist F1(t) eine L-Funktion, und für ihre l-Funk#on gilt:

fl(s) = ~ e-(bfa)sf(~)· Bildet man

F1(t) = F(a t- b)

im Falle a > 0, b < 0, so ist F1(t) eine L-Funktion und

fl(s) = -} e- (bfa) s ( f ( =) -;:- (sja)t F(t) dt).

Page 83: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

86 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

ltt fedem Fall ist ß{F1} für 9ts >aß konvergent, wenn ß{F} für 9!8 > ß kon­vergiert.

Wir führen jetzt eine analoge Substitution an der /-Funktion aus, indem wir f1(s) = f(c s + d) betrachten. Damit c s + d in einer sich nach rechts er­streckenden Halbebene variiert, wennsdasselbe tut, muß c > 0 sein. Dagegen kann d jede komplexe Zahl bedeuten. Existiert f(s) für 9ts > ß, so existiert f1(s) für 9ts > (ß- 9td)jc. Es ist

00 00

f1(s) = f(c s + d) =.! e-(cs+d)t F(t) dt =-}fe- 51 [ e- (dfc)t F U)] dt, 0 u

was wir so formulieren können: Satz 2. Bildet man aus einer I-Funktion f(s) die neue Funktion

f1(s) = f(c s + d), c > 0, d beliebig komplex,

so ist f1 (s) eine I-Funktion, und für ihre L-Funktion gilt:

~ (t) = ~ e- (dfc) t F ( :-) .

f1(s) existiert für 9ts > (ß- 9td)jc, wenn f(s) für 9ts > ß existiert. Der Fall b = 0 in Satz 1 besagt dasselbe wie der Fall d = 0 in Satz 2 (a = 1/c).

Eine Erweiterung für komplexes a bzw. c siehe in Satz 3 [10. 2]. Sieht man von dem Fall b < 0 in Satz 1 ab, so kann man sagen, daß die

lineare Substitution der Variablen in dem einen Funktionenraum sich in einer linearen Substitution und der Multiplikation mit einer Exponentialfunktion im anderen Funktionenraum widerspiegelt. Die aus Satz 2 folgende Formel

f(s + d) -f(s) •-o (e-dt- 1) F(t)

zeigt, daß die Bildung der Differenz Llf(s) = f(s + d) - f(s) mit der Spanne d sich an der L-Funktion in einer Multiplikation mit der Funktion e-dt- 1 äußert.

Einige einfache Beispiele: Aus 1 o-•1/s folgt, daß zu der Sprungfunktion

r 0 für t < b F 1 (t) = \ 1 für t ~ b

die /-Funktion e-b•js gehört.- Aus

folgt T(oc+ 1) -dtt"' -'---~ •--o e . (s + d)"'+l

(9i:x. > -1)

Page 84: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion 87

Die zweiseitige f!-Transformation

Man überzeugt sich leicht, daß hier folgende Sätze gelten: Satz 3. Wenn f!u{F} fürs= s0 konvergiert, so konvergiert f!u{F(a t- b)}

(a reell =t= 0, b reell) fürs= a s0 , und es ist

f!u { F(a t- b); s} = ~~I e- (bfa)s f!u { F(t); : }·

Satz 4. Wenn f!u{F} fürs= s0 konvergiert, so ist (c reell =t= 0, d beliebig komplex) fürs = (s0 - d)Jc:

§ 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion

Wir untersuchen jetzt, wie sich die transzendenten (d.h. mit Grenzübergän­gen verbundenen) Operationen der Integration und Differentiation einer L­Funktion F(t) an der zugehörigen /-Funktion f(s) widerspiegeln. Es wird sich zeigen, daß ihnen ganz elementare Operationen an f(s) zugeordnet sind, was für die Anwendungen der f!-Transformation von fundamentaler Bedeutung ist.

t

Satz 141 • Ist F(t) eine L-Funktion, so ist auch C/J(t) = J F(T)dT eine solche. 0

Wenn f!{F} für ein reelles s0 ~ 0 (einfach) konvergiert, so konvergiert f!{ C/J} im Falle s0 = 0 für 9ts > 0, im Falle s0 > 0 für s = s0 und 9ts > s0 , und es ist

f!{C/J(t)} = ~ f!{F(t)} f für 9ts > 0 im Falle s0 = 0, 1

d. h. !p(s) = - f(s) s

\für s = s0 und 9ts > s0 im Falle s0 > 0.

Außerdem ist

cf>(t) = f 0(1). wenn s0 = 0,

I o(e8' 1} für t +oo, wenn s0 > 0*),

so daß f!{ C/J} für 9ts > s0 sogar absolut konvergiert. Beweis: Im Falle s0 = 0 folgt die Gleichung f(s) = s IP(s) für 9ts > 0 aus

Satz 5 [2. 2], Formel (5). Daß die stetige Funktion C/J(t) beschränkt ist, ergibt -· -·----· -·---·-·-------·----------·-· ---------

1

*) Daß aus der Existenz von ß { F} die Abschätzungj F(T) dT = o(e8' 1) folgt, spielt in vielen Untersuchungen eine Rolle. 0

Page 85: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

88 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation 00

sich daraus, daß 1!-{F} für s = 0, d.h. j F(t) dt existiert, also C/J(t) für t-+ oo 0

einen Grenzwert hat. - Im Falle s0 > 0 setzen wir*)

und

X

P(x) = j e-s,t C/J(t) dt 0

G(x) = e5'"' P(x), H(x) = e5'"'.

(x > 0)

Dann ist G'(x) und H'(x) für x > 0 vorhanden [wegen der Stetigkeit von C/J(t)], H'(x) * 0, H(x) reell, H(x) -+ oo für x-+ oo (hierfür wird s0 > 0 ge­braucht) und

c:(.~) =!::_!so 1Jf + 1Jf') = --~ (so p + P') H(~ ~e~ ~

= s~- [ Soie-s,t C/J(t) dt + e-s,x C/J(x) l ~ ~d- ,-•·' <P(I{ + /' _,,, F(t) dl+ ,-., <P(x) l

" = __!_}·e-s,t F(t) dt.

So 0

Da 1!-{F} für s0 konvergiert, hat G'(x)JH'(x) für x -+oo den Grenzwert f(s0)js0 ,

folglich hat nach der de l'Hospitalschen Regel (Anhang Nr. 16) G(x)JH(x) den­selben Grenzwert:

" -~~;) = P(x) =je- s,t C/J(t) dt-+ : 0 f(s0),

0 das heißt

Die Gleichung . G(x) . G'(x) hm 7f(if = hm H'(x) ' %~00 X--+-00

das heißt lim P(x) = lim - 1 [s0 P(x) + P'(x)]

X-+00 X--+00 So

zeigt weiterhin, daß lim P'(x) = lim e-s,x C/J(x) = 0, x~oo x~oo

also C/J(x) = o(e5'"')

ist.

*) Benutzt man die beim Beweis von Satz 2 (2. 8] angewandte Methode, so ergibt sich der Satz auch für komplexes s0 mit 9ls0 > 0. Der folgende Beweis für reelles s0 > 0 ist deshalb be­merkenswert, weil er alle Behauptungen mit einem Schlage liefert und es nicht nötig macht, die Aussage 4>(t) = o(e'•1) vorab zu beweisen wie bei Satz 2 [2. 8].

Page 86: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion 89

Für jedes reelle s > s0 trifft die Voraussetzung erst recht zu, so daß die Gleichung cp(s) = f(s)Js auch für diese s gilt. Da, wie in 3. 2 gezeigt wird, /(s) und cp(s) analytische Funktionen sind, dehnt sie sich auf 9ts > s0 aus.

Bemerkungen: 1. Die Aussage (/J(t) = 0(1) bei s0 = 0 kann nicht zu o(1) verbessert werden. Denn wenn ~{F} fürs= 0 konvergiert, so heißt das, daß

t

j F(r) dr für t + oo einen Grenzwert hat, der natürlich nicht 0 zu sein braucht. 0 . t

Beispiel: F(t) = st~ t , J F(r) dr 7 n/2. 0

2. Dasselbe Beispiel zeigt, daß, wenn ~{ F} für s0 = 0 konvergiert, ~{ (/J} für s0 = 0 nicht zu existieren braucht.

3. Wenn aber~{ F} und~{ (/J} beide für s0 = 0 existieren, gilt die Gleichung t

/(s0) = s0 cp(s0), d.h. /(0) = 0. Denn wäre /(0) =F 0, so wäre / F(r) dr = (/J(t) t 0

+ /(0) =F 0, j (/J(r) dr könnte also für t + oo nicht konvergieren. 0

4. Für negative oder komplexe s0 mit 9is0 ~ 0 braucht der Satz nicht richtig zu sein. (Hierfür tritt der spätere Satz 9 an die Stelle von Satz 1.) So ist für

F(t) = e- 1, (/J(t) = 1- e- 1

~{F} für s0 > -1 konvergent,~{ (/J} aber nur für s0 > 0; und für

J 1 für 0 ~ t < 1 F(t) = 1 1

---- für t ::::: 1 t -

(/Jit) = J t ' 11 +logt

für O~t<1

für t ~ 1

ist ~{ F} für s0 = i y0 (y0 ~ 0) konvergent, ~{ (/J} aber nicht. - Vgl. jedoch die Bemerkung 2 zu Satz 2.

5. Wir werden später (S. 126) einen anderen Beweis für Satz 1 kennenlernen, aus dem der innere Grund für die Beschränkung s0 ~ 0 deutlich hervorgeht.

Satz 1 besagt, daß aus der Konvergenz von ~{F} fürs =c s0 > 0 auch die von~{ (/J} für s0 folgt. Das Umgekehrte gilt im allgemeinen nicht, wie das Beispiel

F(t) = e1 (sin t 2 + 2 t cos t2) , (/J(t) = e1 sin t 2

zeigt. ~{ (/J} konvergiert für s0 = 1, denn

00 00

! -t ( t . t2) dt ! sin u d e e sm = zj/~-,-- u, u u

dagegen existiert ~{ F} für s0 = 1 nicht, weil

00 00

j (sint2 + 2 t cost2) dt = J (sinu + 2 Vu cosu) 2~ U II

divergiert.

Page 87: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

90 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Daß dieses Vorkommnis nicht auf s0 > 0 beschränkt ist, zeigt das Beispiel

F(t) = eiet (1 + i t e1), <l>(t) = t e;'1•

Hier konvergiert 00 oo

~{<I>}= I e-•t t e;,t dt =I u- (s+ll logu eiu du 0 1

für ms > -1, während

00 00 00

~{F} = je-• 1 (1 + i t e 1) eiet dt = /u-(s+J) eiu du+ i Iu-"logu eiu du 0 1 1

nur für ms > 0 konvergiert. Der folgende Satz gibt die Bedingung für die Umkehrbarkeit von Satz 1 an.

t

Satz 2. Wenn ~{<I>} für die Funktion <J>(t) =I F(-r) d-r bei einem komplexen 0

s0 existiert, so konvergiert ~{F} für s0 dann und nur dann, wenn

<J>(t) = o(ellls,·t) für t-+ oo

ist. Es gilt dann für s = s0 und für 9ts > 9ts0 : f(s) = s q:>(s). (Im Falle s0 = 0 und 91 s0 < 0 ist also f(O) = 0.)

Beweis: Im Falle s0 = 0 ist der Satz trivial, denn Konvergenz von ~{ <1>} und ~{F} für s0 = 0 besagt, daß

"' I

I <J>(t) dt für w -+ oo und I F(-r) d-r = <J>(t) für t -+ oo 0 (1

Grenzwerte besitzen, während <J>(t) = o(e5• 1) = o(1) mit <J>(t) -+ 0 für t -+ oo "'

gleichbedeutend ist. Nun hat in der Tat, wenn lim I <J>(t) dt existiert, <J>(t) für w-+ooo

t -+ oo dann und nur dann einen Grenzwert, wenn <J>(t) -+ 0 für t -+ oo. Weiter ist /(0) = 0, also die Gleichung f(s) = s q:>(s) für s = 0 erfüllt. Für 9ts > 0 er­gibt sie sich wie bei dem nun folgenden Beweis für s0 =1= 0. Durch partielle Integration folgt für s0 =1= 0:

"' "' re-•• 1 <J>(t) dt = -- _ _!__ e-s,w <J>(w) + 2_ ;· e-s,t F(t) dt. • So So 0 0

"' Die linke Seite hat für w-+ oo den Grenzwert q:>(s0). Damit I e-s,t F(t) dt für

0

w-+ oo einen Grenzwert hat, ist notwendig und hinreichend, daß e-s,w <l>(w) für w-+ oo einen Grenzwert hat. Dieser kann aber nur 0 sein, weil sonst

00

I e-s,t <l>(t) dt nicht konvergieren würde. Also lautet die Bedingung: 0

Page 88: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion 91

zugleich ergibt sich: cp(s0) = f(s0)fs0• - Für jedes s =1= 0 mit 9\s > 9\s0 gilt die Ableitung der Gleichung cp(s) = f(s)fs erst recht. Ist 9\s0 < 0, so ist

CO

if>(t) = o(effis,·t) = o(1), d.h. J F(t) dt = f(O) = 0, 0

also die Gleichung f(s) = s cp(s) auch für s = 0 richtig. Bemerkungen: 1. Die Ableitung der Gleichung f(s) = s cp(s) ist nicht über­

flüssig und kann nicht durch Anwendung von Satz 1 ersetzt werden, da dieser die Gleichung nur für 9\s > 0 erschließt, während sie jetzt für s = s0 und 9\s > 9\s0 behauptet wird, auch wenn 9\s0 ~ 0 ist.

2. Die Ableitung zeigt zugleich in Ergänzung von Satz 1, daß, wenn E{F} und E{ (/)}für einen beliebigen komplexen Werts beide existieren, f(s) = s cp(s) ist.

Es sei noch darauf hingewiesen, daß aus Satz 1 und 2 ein neuer Beweis von Satz 7 [2. 2] folgt.

Aus Satz 2 ergibt sich: t

Satz 3. Wenn if>(t) = j F(r) dr eine L-Funktion ist, so ist F(t) dann uni nur 0

dann eine L-Funktion, wenn es ein reelles x0 gibt, so daß

ist*). Eine hinreichende Bedingung dafür, daß man von der Existenz von E{ (/)}

auf die von E{F} schließen kann, gibt folgender Satz: t

Satz 4. Wenn F(t) ;s 0 und E{ (/)} mit if>(t) = j F(r) dr für s0 > 0 kon-vergent ist, so existiert auch E{F} fürs= s0 . 0

Beweis: Mit den Bezeichnungen des Beweises von Satz 1 ist

X

G'(x) · = .2_ ;· e -s,t F(t) dt. H'(x) S0

0

Wegen F(t) ~ 0 kann G' fH' mit wachsendem x nur zunehmen, strebt also ent­weder gegen einen endlichen Grenzwert oder gegen +oo. Im letzteren Fall würde nach der de l'Hospitalschen Regel (Anhang Nr. 16) auch

X

G(x) =je-s,t if>(t) dt H(x)

0

gegen oo streben, was der Existenz von E{ (/)}für s0 widerspricht. Es muß also der erstere Fall vorliegen. Dieser ist aber damit gleichbedeutend, daß E{F} für s0 konvergiert.

*) Natürlich könnte man statt dessen auch IP(t) = O(ex• 1) schreiben, weil dann mit jedem größeren x0 : IP(t) = o(ex't) ist.

Page 89: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

92 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Diese Sätze kann man leicht auf iterierte Integration von F(t)

t Tn T2

Jarnj drn_ 1 .-. dr2j F(r1) dr1 = l/>n(t) (n ~ 1) 0 0 0

verallgemeinern, wofür wir symbolisch(/ drY F(r) schreiben. Bekanntlich ist

if>n(t) = (/drrF(r) = -(n ~ 1y1- / (t- r)n-1F(r) dr.

Satz 5. Ist F(t) eine L-Funktion, so ist auch l/>n(t) eine solche. Wenn .i.!{F} für ein reelles s0 ~ 0 (einfach) konvergiert, so konvergiert .1.!{ if>n} im Falle s0 = 0 für ~s > 0, im Falte s0 > 0 fürs= s0 und ~s > s0 , und es ist

Jl für ~s > 0 im Falle s0 = 0,

fiir s = s0 und ~s > s0 im Falle s0 > 0. 1

d.h. <rn(s) = ii f(s) s

Außerdem ist 1 O(tn- 1), wenn s0 = 0,

if>n(t) = \ o(e5• 1) für t + cx:>, wenn s0 > 0,

so daß .1.!{ if>n} für ~s > s0 sogar absolut konvergiert. Beweis: Der Satz braucht nur für n ~ 2 bewiesen zu werden. Ist s0 = 0,

so folgt zunächst aus Satz 1 für s0 = 0, daß .1.!{ f/>1} für jedes reelles> 0 kon­vergiert, hieraus weiter mit Hilfe von Satz 1 für s0 > 0, daß .1.!{ f/>2} für jedes reelles> 0 konvergiert; dasselbe gilt für .1.!{ f/>3} usw. bis hin zu .1.!{ if>n}, woraus es sich für alle ~s > 0 ergibt. Gleichzeitig erhält man

1 1 IP1(s) = -- f(s), IP2(s) = IP1(s), · · ·, s s

1 1 <rn(s) = -s- 1Pn-1(s) = ·:sn· f(s) für ~s > 0

und

Ist s0 > 0, so hat man fortgesetzt Satz 1 für s0 > 0 anzuwenden. Die Ab­schätzung für l/> n(t) ergibt sich am einfachsten so:

Durch partielle Integration folgt

t t

/ e-s,r if>n _1 (r) dr = e-s,t if>n (t) + s0 J e-s,r if>n (r) dr (n ~ 2). u 0

Da bereits bewiesen ist, daß die beiden Integrale für t + cx:> Grenzwerte haben und zwar 1Pn-1(s0) und 1Pn(s0), und daß 1Pn-1(s0) = s0 1Pn(s0) ist, so hat e-s,t if>n(t) den Grenzwert 0.

Page 90: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion 93

Satz 6. Wenn E{ <Pn} für ein beliebiges komplexes s0 existiert, so konvergieren E{<Pn_1}, ... , E{<P1}ttnd E{F}dann und nur dann auch fiir s0 , wenn gilt:

<P.(t) = o(e ins, "1) für t-+ oo (v = 1, ... , n).

Ist 9is0 > 0, so genügt es, daß <P1(t) = o(elRs,·t) für t-+ ooist. Es ist f(s) = snq;n(s) für S = So ttnd 9is > 9is0.

Beweis: Der Satz ergibt sich durch iterierte Anwendung von Satz 2. - Ist 9is0 > 0, so folgt aus <P1(t) = o(ems,·t): Zu e > 0 gibt es ein T > 0, so daß

T

~ (I <Pt(-r) I d-r + e [l

e9<s,·t _eins,· T

\Rso

Für alle hinreichend großen t ist T

/I <P1(-r) I d-r < e e::~t , u

also ? I <P (t) I :::::; __ ::_ e effis,. t

2 - \Rso ,

das heißt <P2(t) = o(ems,·t).

Dasselbe gilt für <P3(t), ... , <Pn(t). Satz 7. Wenn <Pn(t) eine L-Funktion ist, so sind <Pn_1(t), ... , <P1(t) und F(t)

dann und nur dann auch L-Funktionen, wenn für ein reelles x0 > 0 gilt:

Satz 8. Wenn F(t) ~ 0 und E{ <Pn} für s0 > 0 konvergent ist, so existieren auch E{ <Pn- 1}, •.. , E{ <1>1} und E{F} fürs= s0 •

Von dem Gesichtspunkt aus, daß die E-Transformation die Abbildung eines Funktionenraumes auf einen anderen bewerkstelligt, ist die Gleichung E{ <Pn} = E{F}fsn außerordentlich bedeutungsvoll. Sie besagt, daß der transzendente Prozeß der mehrfachen Integration einer L-Funktion sich bei der l-Funktion in einer ganz elementaren Operation widerspiegelt, nämlich in der Multiplikation mit einer Potenz mit negativem Exponenten.

Wenn man Satz 1 dahin interpretiert, daß er E{F} durch ein absolut kon­vergentes E-Integral über ein Integral von F(t) für 9is > s0 ausdrückt, falls s0 ~ 0 ist, so wird man fragen, ob eine ähnliche Darstellung auch für s0 < 0 möglich ist. Diese Frage beantwortet der folgende Satz:

Page 91: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

94 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Satz 9. Ist F(t) eine L-Funktion, deren 52-Integral 52{ F} = f(s) für ein reelles

s0 < 0 konvergiert, so ist auch 00

ii(t} = J F(r) dr t

eine solche. 52{ ci>} konvergiert für s = s0 und 9{s > s0 , und es ist

00

s 52{ cP} = - 52{F} + jF(t) dt II

= - 52{F} + /(0) = - 52{ F} + ~(0). Außerdem ist

ii(t) = o(e5' 1) für t + oo,

so daß 52{&} für 9{s > s0 sogar absolut konvergiert. oo

Beweis: Da 52{F} für s = 0 konvergiert, existieren / F(t) dt = /(0) und 00 0

J F(r) dr =, cP(t). Wir beweisen zunächst die Relation cP(t) = o(e5• 1). Mit t

ist

t

K(t) = J e-s,T F(r) dr (I

00 00 00

(/J(t) = J e5•T [e-s,T F(-r)] d-r = e5'T K(r) I - s0 J e5'T K(-r) dr: t t t

00

= - e5' 1 K(t) - s0 J e5'T K(r) dr, t

da K(-r) + /(s0) und e5'T + 0 für T + oo. Also ist

00

ii(t) e-s,t = /(s0) - K(t) + s0 e-s,t J e5'T [/(s0) - K(-r)] d-r. t

Zu e > 0 gibt es ein T, so daß

if(s))- K(-r) I< e für 1: ~ T ist. Für t ~ T ist

Also gilt:

So e-s,ttj"'?es,T [/(so)- K(-r)] d-r I ~ e e -s,t So jo:>es,T dr = e.

i'

00

s0 e-5•1je••T[/(s0}-K(-r)]dr+0 für t+oo. t

Page 92: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion

Da außerdem /(s0) - K(t) -+ 0 für t -+ oo, ergibt sich:

Durch partielle Integration erhält man:

t t

j e-sT F(-r) d-r = - e-•t i>(t) + i>(O) - s j e-ST i>(-r) d-r. u u

Für s = So und erst recht für ms > So ist

t

e-• 1 q;(t) -+ 0 und j e-ST F(-r) d-r-+ f(s) für t-+ oo. u

t

Also hat auch J e-sT i>(-r) d-r einen Grenzwert, und es ist 0

2{F} = - s 2{ i>} + i>(O).

{/>(0) kann durch /(0) ersetzt werden.

95

Bemerkungen: 1. Der Beweis läßt sichgenauso für komplexes s0 mit 9ts0 < 0 durchführen.

2. Versucht man den Beweis von Satz 1 nachzuahmen, indem man

X

P(x) = J e-s,ti>(t) dt, G(x) = e-s,xP(x), H(x) = e-s,x 0

setzt (damit wieder H(x) -+ oo für x-+ oo gilt), so wird

so daß der Beweis nur durchführbar ist, wenn bereits e-s,x (/>(x)-+ 0 für x-+oo bekannt ist.

3. Satz 9 hängt so mit Satz 8 [2. 2] zusammen wie Satz 1 mit Satz 7 [2. 2]. Wir sind jetzt in der Lage, den Satz 2 [2.10] wesentlich zu verallgemeinern. Satz 10: sn (n = 0, 1, ... )sei eineFolge von der Art, daß das Verschwinden

einer 2-Transformierten in sn ihr identisches Verschwinden nach sich zieht*). Dann gilt für jede 2-Transformierte f(s), daß nicht f(sn) = c sein kann (c eine beliebige Konstante =l= 0).

Beweis: Nach Satz 1 ist auch [/(s) - c ]js = 1p(s) eine 2-Transformierte. Wäre f(sn) = c, so würde folgen: 1p(sn) = 0, also 1p(s) = 0, d. h. /(s) = c =l= 0, was nach Satz 1 [2.10], Folgerung 1, unmöglich ist.

*) Siehe die Sätze 4-8 [2.9].

Page 93: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

96 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Die zweiseitige ~-Transformation

Für die ~u-Transformation läßt sich das Analogon zu Satz 1 nur unter

zusätzlichen Voraussetzungen über das Verhalten von t/>(t) im Unendlichen

beweisen. Es lautet: Satz 11. Wenn ~n{ F} für ein reelles sa > 0 konvergiert (es genügt, daß ~n{ F}

als Hauptwert + w

existiert), und wenn für

gilt:

lim I e-s,t F(t) dt co-oo -w

t

t/>(t) =I F(-r) d-r a

so konvergiert ~n { t/>} auch für s0 im Sinne eines H aupt·wertes, und es ist

~n{ tP; so}= __1._ ~n{F; so}· So

Außerdem ist

Beweis: Wir setzen +X

P(x) = I e -s,t t/>(t) dt -x

und G(x) = es,xlJI(x). H(x) = e5'x.

Dann ist

~:-~: - ,~ (,, 'P + 'l'') -}; [ '•/ ,-•·' <P(I) dt+ ,-•·• <P(x) + ,.,, <P(- x)]

- ,', [- , -•·' <P(I) ~ ~ + l'' _ _, F(t) dt+ '-•, • <P(x) + ,., • <P(- x)]

+x

1 ;· e-s,t F(t) dt + 2 es,x t/>(- x). so So

-x

Nach Voraussetzung hat G'(x)JH'(x) für x + = den Grenzwert~n {F; s0}/s0•

Da H(x) reell und H(x) +=für x + CXJ, ferner H'(x) * 0 ist, so folgt nach

der de l'Hospitalschen Regel, daß G(x)JH(x) denselben Grenzwert hat:

+x

lim i~~~- = lim P(x) = lim I e-s,t t/>(t) dt = +- ~11{F; s0},

x~oo x---+-oo x___,..oo 0 -x

das heißt

Page 94: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 12. Die Abbildung der Integration der L-Funktion 97

Weiterhin zeigt die Gleichung

G(x) . G'(x) lim H(if = hm H'(x) ,

x...,.oo x~oo

das heißt

lim lJ'(x) = lim __1.__ [sJ lJI(x) + lJ''(x)], X-+00 .X-+00 So

daß

lim lf''(x) = lim [e-s,.• cJ>(x) + es,x cJ>(- x)] = 0, X-+00 X--+00

also

lim e-s,x cJ>(x) = 0 X---+00

ist. Natürlich gibt es einen entsprechenden Satz mit s0 < 0, bei dem die Rollen

von t = +oo und t = -oo vertauscht sind: Satz 12. Wenn j!11{ F} für ein reelles s0 < 0 (zum mindesten als H auptwert)

t

existiert und für cJ>(t) =I F(-r) d-r: a

gilt, so konvergiert auch j!n{ cJ>} für s0 im Sinne eines Hauptwertes, und es ist

Außerdem ist cJ>(t) = o(e5' 1) für t-+ - oo.

Der folgende Satz gibt die notwendige und hinreichende Bedingung dafür an, daß aus der Existenz. von j!n{ cJ>} die von j!n{ F} folgt.

t

Satz 13. Wenn j!u{ cJ>} für die Funktion cJ>(t-) =I F(-r) d-r bei einem beliebigen a

komplexen s0 existiert, so konvergiert j!u{F} für s0 dann und nttr dann, wenn

cJ>(t) = o(effis,·t) für t-+ + oo und t-+- oo

ist. Es gilt dann

"'• Beweis: Für s0 = 0 ist der Satz richtig, denn dann besagt er: Wenn I cJ>(t) dt

"'• für (die unabhängigen Grenzübergänge) w1 -+ -oo, w2 -+ +oo einen Grenz-t,

wert hat, so hat I F(-r) d-r = cJ>(t2) - cJ>(t1) für t1 -+- oo, t2 -+ +oo dann und

Doetsch 1/7 t,

Page 95: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

98 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace·Transformation

nur dann einen Grenzwert, wenn <P(t1) -+ 0 für t1 + -oo, <P(t2) + 0 für t2 ++oo ist. - Für s0 9= 0 folgt durch partielle Integration:

~ ~ J e-s,t F(t) dt = e-s,w, <P(w2)- e-s,w, <P(ro1) + s0 J e-s,t <P(t) dt.

"'• "'•

Wenn j'e-••' <P(t) dt für ro1 -+ -oo, ro2 + +ooeinen Grenzwert hat, so besitzt ~ ~

wegen der Unabhängigkeit der Grenzübergänge j e-s,t F(t) dt dann und nur "'•

dann einen Grenzwert, wenn e-•·"'• <P(ro2) und e-s,w, <P(ro1) Grenzwerte haben. "'•

Diese können aber nur 0 sein, weil sonst j e-s,t <P(t) dt nicht konvergieren würde. "'•

Die Verallgemeinerung dieser Sätze auf iterierte Integration von F(t) ist unmittelbar zu bewerkstelligen.

§ 13. Die Abbildung der Differentiation der L-Funktion

Wenn F(t) eine L-Funktion ist, so braucht F'(t) keine solche zu sein, weil F'(t) nicht einmal notwendig eine ]-Funktion ist.

Beispiele: F'(t) = +; F(t) =logt,

F(t) = t-1 ' 2, F'(t) = - {- t-312.

Aber auch wenn F'(t) eine ]-Funktion ist, ist nicht notwendig F'(t) mit F(t) eine L-Funktion. Beispiel:

F(t) = e•' sin e•', F'(t) = e•' e1 (sin e•' + e•' cos e•'). Denn

00 00

je-• 1 e•1 sine•1dt= j(logu)-•- 1 sinudu 0 e

konvergiert für s > -1, weil dann (log u)-•- 1 monoton abnimmt, während

00 00 J e-•t e•' e1 (sinc•' + e•' cose•1) dt = J (logu)-• (sinu + u cosu) du 0 e

für kein s konvergiert, weil u (log u) -• von einer Stelle an gegen oo wächst. Wir setzen daher zunächst voraus, daß F'(t) eine L-Funktion ist, wonach

F'(t) selbstverständlich auch eine ]-Funktion sein muß. Dazu brauchte F'(t) nicht für t ;?; 0 durchweg zu existieren. Wir nehmen aber zunächst ausdrück­lich an, daß F'(t) für t > 0 existiert, während das für t = 0 nicht der Fall zu

Page 96: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 13. Die Abbildung der Differentiation der L-Funktion 99

sein braucht (Beispiel: F(t) = t112, F'(t) = t-1 ' 2/2 oder F(t) = tsin 1ft, F'(t) = sin (1/t) - (1/t) cos (1/t); F'(t) ist in beiden Fällen bis zum Nullpunkt [unei­gentlich absolut] integrabel, also eine /-Funktion). Dann ist mit festem T > 0

T

j F'(t) dt = F(T)- F(e) für jedes e > 0. 6

T T

Da j F'(t) dtexistiertundgleich lim J F'(t) dtist, existiertalso lim [F(T) -F(e)], 0 e~+Oe e-++0

d. h. es existiert

und es gilt:

lim F(e) = F0 ,

6~+0

t

/F'(""f) d-r: = F(t) - F0 •

ö

Man kann F(t) dadurch an der Stelle t = 0 stetig machen, daß man (unter eventueller Abänderung des dort vorhandenen Funktionswertes) F(O) = F0

setzt. Dann kann man schreiben:

t

jF'(-r:) d-r: = F(t) - F(O). 0

Wir wollen jedocl} mit Rücksicht auf spätere Anwendungen bei Randwert­problemen, wo der Nachdruck gerade auf der Existenz des Grenzwertes für t -+ + 0 liegt und der Funktionswert für t = 0 belanglos ist, an dem Grenzwert F0 festhalten*).

Nach diesen Vorbemerkungen ergibt sich aus Satz 1 [2.12], wenn man dort F(t) durch F'(t) ersetzt, unter Berücksichtigung von ß{F0} = F0fs für 9ts > 0 sofort folgender

Satz 1. Es sei F(t) für t > 0 differenzierbar und F'(t) eine L-Funktion. Dann ist auch F(t) eine solche. Der Grenzwert lim F(t) = F0 existiert. Wenn

l~+O

ß{ F'} für ein reelles s0 > 0 konvergiert, so konvergiert E{ F} auch für s0 , und es ist

(1) ß{F'} = s ß{F}- F0 = s f(s) - F0 für s = s0 und 9ts > s0 •

'Überdies ist

(2) F(t) = o(e8' 1) für t-+ oo,

so daß E{F} für 9ts > s0 sogar absolut konvergiert.

*) Würden wir zulassen, daß F'(t) auch an einer Stelle a > 0 nicht existiert, so würde daraus daß F'(t) eine ]-Funktion ist, folgen, daß die Grenzwerte !im F(t) = Fa-0 und !im F(t) = Fa+O

t t~a-0 t->-a+O existieren, und daß für t > a gilt: jF'(T) dl: = F(t) -Fa+O + Fa-0 -F0•

0

Page 97: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

100 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfom1ation

Bemerkung: Die Beschränkung s0 > 0 kann nicht gestrichen werden, wie die Beispiele in den Bemerkungen 2 und 4 zu Satz 1 [2.12] zeigen.

Durch wiederholte Anwendung des Satzes 1 oder aus Satz 5 [2. 12] erhält man folgende Verallgemeinerung:

Satz 2. Es sei F(t) für t > 0 n-mal differenzierbar und F(nl(t) eine L-Funk­tion. Dann sind auch F(t), F'(t), ... , p(n-1l(t) L-Funktionen. Es existieren die Grenzwerte

lim F(t) = F;,, lim F'(t) = F~, . .. , lim p(n-1l(t) = FJn- 1). 1_,. +0 I-> +0

Wenn ~{F(nl} für ein reelles s0 > 0 konvergiert, so konvergiert ~{F} auch für s0 ,

und es ist

(3) ~{F(n)} = sn ~{F(t)- [F. + _:§~ t + ... + Jb(~1_J_ tn-1]1 O 1! (n-1)! J

= sn f(s)- Fo sn-1_ F~ sn-2- ... - FJn-1)

für s = s0 und 9ls > s0 •

Überdies ist

(4) F(t) = o(e 5' 1), F'(t) = o(e5• 1), • •• , p(n- 1l(t) = o(e5• 1) fiir t-+ oo,

so daß ~{F}, ~{F'}, ... , ~{F(n- 1l} für 9ls > s0 sogar absolut konvergieren. Beweis: Da· p(nl(t) eine ]-Funktion ist, so existiert

T T J p(nl(t) dt = lim I p(nl(t) dt = lim [F(n- 1l(T)- p(n-1l(e)], 0 ·-o~ ._,.o

also auch lim F(n-1l(e) = F0(n-1l. Mit F(n-ll(O) = F0(n-l) ist F(n-ll(t) für t ~ 0 ._,.o

stetig, also eine ]-Funktion, so daß sich durch denselben Schluß die Existenz von lim p(n- 2l(e) ergibt. In gleicher Weise existieren die Grenzwerte für

• _,.o p(n-al(e), ... , F'(e), F(e).- Wir setzen

I t '· V

(/>.(t) =(/ dr) p(nl(r) (v = 1, 2, ... , n).

Dann ist (jj1(t) = p(n-1l(t) _ Fo(n-1) 1

(j)2 (t) = p(n-2l(t) _ pJn-2) _ Fo(n-1) t,

t t2 tn-1 (/> (t) = F(t) - F. - F.' --- - F." - - ... - F.o(n- 1) -,----:-:-;-n o o 1! o 2! (n- 1)!

Satz 5 [2.12], auf F(nl(t) an Stelle von F(t) angewandt, liefert die Behauptung. wenn man berücksichtigt, daß ~{t•jv!} = 1js•+1 für 9ls > 0 ist.

Bemerkungen: 1. Definiert man den Wert F(O) durch den Grenzwert F0 ,

so existiert für 1b ~ 2 nach Anhang Nr. 19 F'(t) an der Stelle 0 und ist gleich

Page 98: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 13. Die Abbildung der Differentiation der L-Funktion 101

F~, also in t = 0 stetig. Ebenso existieren F"(t), ... , F(n-1l(t) an der Stelle t = 0 und sind gleich ihren Grenzwerten, also stetig. Durch die Definition F(O) = F0 existieren somit im Falle n ~ 2 die Ableitungen F'(t), ... , F(n-1l(t) für t ;::;; 0 und sind stetig.

2. Sind infolge der Definition F(O) = F0 die Ableitungen F'(O), ... , F(n-1l(O) vorhanden und gleich F~, ... , FJn-1>, so lautet die Formel (3) des Satzes:

~{F(nl} = sn ~{F(t) - [F(O) + _!'(O) t + ... + _F(n-tl(Ol tn-1]}. 1! (n- 1)!

Der Ausdruck in eckigen Klammern ist der Anfang der Taylor-Reihe für F(t). Die Funktion F(t)- [ ... ] hat die Eigenschaft, daß ihr Wert und der ihrer n - 1 ersten Ableitungen für t = 0 verschwindet, während ihre n-te Ableitung gleich F(nJ(t) ist.

Die Formel für die ~-Transformation der n-ten Ableitung ist ebenso be­merkenswert wie die für das n-fache Integral: Sie zeigt, daß der transzendente Prozeß der n-maligen Ableitung der L-Funktion (vorausgesetzt, daß er nicht aus dem L-Raum herausführt) sich auf eine elementare Operation abbildet, nämlich Multiplikation der !-Funktion mit einer Potenz und Subtraktion eines Polynoms, dessen Koeffizienten von den «Anfangswerten)>*) der Funktion und ihrer Ableitungen, d. h. von den Werten an der Stelle 0 oder, besser gesagt, den Grenzwerten für t + 0 abhängen42• Gerade das Auftreten dieses Polynoms, das zunächst wie ein Schönheitsfehler aussieht, ist für die Anwendungen äußerst wichtig. Es hängt natürlich damit zusammen, daß das ~-Integral gerade von dem Wert t = 0 an erstreckt wird.

Satz 1 und 2 schlossen von der Existenz von ~{ F'} auf die von ~{ F} bzw. von der Existenz der ~-Transformation einer n-ten Ableitung auf die der E-Transformation aller Ableitungen niedrigerer Ordnung. Die folgenden Sätze machen unter zusätzlichen Voraussetzungen den umgekehrten Schluß.

Satz 3. Es sei F(t) für t > 0 differenzierbar und F'(t) eine ]-Funktion**), woraus die Existenz von lim F(t) = F0 folgt. Wenn ~{F} für ein beliebiges kom-

1-++0

plexes s0 existiert, so konvergiert ~{F'} für s0 dann und nur dann, wenn

(5) F(t) = o(ems·- 1) für t + oo

ist. Es ist dann ~{ F'} = s ~{ F}- F0 für s = s0 und 9ts > 9ts0 •

Beweis: Den Satz können wir nicht aus Satz 2 [2.12] dadurch ableiten, daß wir dort F durch F' und f/> durch F(t) - F0 ersetzen. Denn dann müßten wir die Konvergenz von ~{F(t) - F0} für s0 voraussetzen, und diese ist nur für 9ts0 > 0 mit der Konvergenz von ~{F} gleichbedeutend. Ebenso würde die Bedingung dann F(t) - F0 = o(ell!s• "1) lauten, was ebenfalls nur für 9ts0 > 0 mit F(t) = o(ell!s• "1) äquivalent ist.

*) Dieser Ausdruck stammt aus der Theorie der Differentialgleichungen. **) Ohne diese Voraussetzung wäre der Satz falsch. Gegenbeispiel: F(t) =logt, F'(t) = 1/t.

Page 99: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

102 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation (J)

Für s0 = 0 ist der Satz richtig, denn er sagt aus: Wenn lim I F(t) dt existiert, I w~ooo

so existiert lim I F'(r) dr = lim F(t)- F0 dann und nur dann, wenn F(t) + 0 t~oo 0 1--+oo

für t + oo. Es sei also s0 =!= 0. Dann folgt durch partielle Integration:

w (J)

(6) Je -s,t F'(t) dt = e -s,w F(w) - F0 + s0 / e -s,t F(t) dt. 0 u

w w

Bei Existenz von lim I e- s,t F(t) dt hat I e- s,t F'(t) dt dann und nur dann w~ooo 0

einen Grenzwert für w + oo, wenn e-s,w F(w) einen solchen hat. Dieser kann 00

aber nur 0 sein, weil sonst I e-s,t F(t) dt nicht konvergieren würde. Zugleich 0

folgt: ~{F'; s0} = - F0 + s0 ~{F; s0}. Schreibt man Gleichung (6) für s mit 9ls > 9ls0 an, so ist bei Bestehen von (5) erst recht e-sw F(w) = o(1), und da

w

lim I e-st F(t) dt existiert, folgt ~{F'; s} = -F0 + s ~{F; s }. w~ooo

Die Ableitung dieser Gleichung ist nicht überflüssig (vgl. die Bemerkung 1 zu Satz 2 [2.12]). Sie zeigt zugleich in Ergänzung von Satz 1, daß, wenn für irgendeinen komplexen Werts ~{F} und ~{F'} beide existieren, immer ~{F'} = s ~{F}-F0 ist.- Durch wiederholte Anwendung von Satz 3 ergibt sich:

Satz 4. Es sei F(t) für t > 0 11r-mal differenzierbar und F(nl(t) eine ]-Funk­tion, woraus die Existenz von lim F(•l(t) = F0(•) (v = 0, 1, ... , n- 1) folgt. Wenn

1~+0

~{F} für ein beliebiges komplexes s0 existiert, so konvergieren die ~{F(•l}, v = 1, ... , n, für s0 dann und nur dann, wenn

(v = 0, 1, ... , n -1)

gilt. Für 9ls0 > 0 genügt es, daß F(n- 1l(t) = o(eiR-<•· 1) ist. Es besteht die Gleichung ~{F(n)} = sn ~{F}- F0 sn- 1 - .. ·- F0(n-1) fürs= s0 und 9ls > 9ls0 •

Für 9ls0 > 0 folgt aus F(n-1l(t) = o(eiR-<·· 1), daß F(•l(t) = o(eiR-<•· 1), v = 0, 1, ... , n- 2, ist (vgl. den Beweis zu Satz 6 [2.12]).

Satz 5. Es sei F(t) für t > 0 n-mal differenzierbar und F(nl(t) eine ]-Funk­tion. Wenn F(t) eine L-Funktion ist, so sind die F(•l(t), v = 1, ... , n, dann und nur dann auch L-Funktionen, wenn für ein reelles x0 > 0 gilt:

F(n-ll(t) = o(ex• 1) für t + oo.

Satz 6. Wenn F(t) für t > 0 n-mal differen-.ierbar, F(n) (t) eine J -FU?~ktion und

ist, so folgt aus der Konvergmz von ~{F} für s0 > 0 auch die von ~{F(•l}, 'V= 1, ... , 1~.

Page 100: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 13. Die Abbildung der Differentiation der L-Funktion 103

Beweis: Wir setzen

t t•-l = p<n-v)(t) _ F. (n-v) _ F. (n-v+l) __ ••• _ F.(n-1) _____ _

o o 1! o (v-1)!.

Da für s0 > 0 die Konvergenz von ß{ IP.}mit dervon ß{F<n-•)} gleichbedeutend ist, so folgt Satz 6 aus Satz 8 [2.12], angewandt auf p<nl(t) an Stelle von F(t).

Den Spezialfall n = 1 kann man auch so formulieren: Wenn F(t) für t > 0 differenzierbar und monoton und F'(t) eine ]-Funktion ist, so folgt aus der Kon­vergenz von ß{F} für s0 > 0 die von ß{F'} für s0 •

Verallgemeinerung des Begriffs der Differenzierbarkeit

Im Rahmen der Lebesgueschen Theorie ist es sinnvoll, eine Funktion F(t) dann differenzierbar zu nennen, wenn es eine Lebesguesche ]-Funktion F(l)(t) gibt, so daß 1

F(t) = F(O) +I F<1l(r) dr: 0

ist. F(t) besitzt dann fast überall eine Ableitung im gewöhnlichen Sinn, die fast überall gleich F(l)(t), also zu F(l)(t) äquivalent ist.

Man sieht unmittelbar aus den Herleitungen der Sätze dieses Paragraphen, daß man sie auf diesen allgemeineren Begriff von Ableitung erweitern kann. Wir begnügen uns damit, diese Erweiterung für Satz 1 auszusprechen.

Satz 7. F(t) habe eine Ableitung F(l)(t) im Lebesgueschen Sinn:

t

F(t) = F(O) +I p(ll(r:) dr: (t ~ 0), 0

und F(l)(t) sei eine L-Funktion. Dann ist auch F(t) eine solche. Wenn ß{F<1l} für ein reelles s0 > 0 konvergiert, so konvergiert ß{ F} auch für s0 , und es ist

ß{F(l)} = s ß{F}- F(O) für s =So und ms > 9lso.

Oberdies ist F(t) = o(es" 1) für t-+ =,

so daß ß{F} für 9ls > s0 sogar absolut konvergiert. Dieser Satz zeigt, daß Formel (1) auch dann noch gilt, wenn z.B. an iso­

lierten Stellen F' nicht existiert, aber F stetig ist. Das ist für die Anwendungen, insbesondere auf Differentialgleichungen, wichtig. - Ist F' überall vorhanden bis auf eine Stelle t0 > 0, wo F unstetig ist, aber Grenzwerte von links und rechts besitzt, so gilt, wie man leicht feststellt:

(5) ß{F'} = s ß{F} - F(O)- e- 1o• [F(t0 + 0) - F(t0 - 0)].

Page 101: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

104 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation

Die zweiseitige ß-Transformation

Wendet man Satz 11 [2.12] auf F' an Stelle von Fan, so erhält man eine Aussage über ß 11 {F(t)- F(a)}, die sich, wenn nicht gerade F(a) = 0 ist, nicht in eine Aussage über ß 11{ F} umwandeln läßt, weil ß 11{ F(a)} nicht konvergiert. Wir beweisen daher für die ß 11-Transformation statt dessen auf selbständigem Wege folgenden

Satz 843 • WennF(t) für -oo < t < +oo ditlerenzierbar und F'(t) eine]­Funktion ist, wenn weiterhin für ein beliebiges komplexes s0 =1= 0

F(t) = o(e!lls··') für t-+ ± oo

ist, so folgt aus der Existenz von ß 11{F'; s0} die von ß 11{F; s0} und umgekehrt, und es ist

Beweis: Durch partielle Integration folgt für s0 =1= 0:

~ ~ I e-s,t F'(t) dt = e-s,w, F(w2) - e-s,w, F(w1) + s0 I e-s,t F(t) dt.

"'• Hieraus ergibt sich die Behauptung.

Bemerkung: Für s0 = 0 ist der Satz nicht richtig. Gegenbeispiel:

F(t) ~ l : _,1, für t = 0,

F'(l) ~ I 0 für t= 0,

für t=t=O, ~ -1/11 (~ -1) für t=t=O. Te t2 e t2 ,

Hier ist F(t) = o(1) für t-+ ± oo und

"'• .211{F'; 0} = lim I F'(t) dt = lim [F(w2)- F(w1)] = 0

w1 ~- oo, w1 -+ +oo w1 -+- oo, w1 -+ +oo "'•

+oo

vorhanden, während ß 11{F;0}= jF(t)dt nicht existiert, weil F(t) sich für t-+ ± oo wie 1/t verhält. -oo

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften

1. Begritt der Faltung

Wie schon früher erwähnt, steht das ß-Integral in Analogie zur Dirichlet­schen Reihe und deren Spezialfall, der Potenzreihe. Sind zwei Potenzreihen

00 00

q?1(z) =}; a,. z", 912(z) =}; b,. z" n-0 n-0

Page 102: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften 105

für I z I < r konvergent, so sind sie dort auch absolut konvergent, können also gliedweise nach der Cauchyschen Regel multipliziert werden:

oo n

IPt(z) IP2(z) =}; };a. b,._.zn. n-u •-U

Das Produkt ist wieder eine Potenzreihe mit den Koeffizienten

(1) n

Cn =}; a. b,._. = a0 bn + a1 b,._ 1 + · · · + a,. b0 • v-0

Schreibt man die Indizes 0, 1, ... , n auf einen Streifen Papier und faltet ihn in der Mitte, so kommen gerade diejenigen Indizes zur Deckung, deren Glieder miteinander zu multiplizieren sind. Daher heißt eine Bildung wie der Ausdruck für c,. eine Faltung.

Handelt es sich um zwei Laurent-Reihen, die zur zweiseitigen 2-Transfor­mation in Analogie stehen:

+oo +00

<p1(z) = }; a,. z", <p2(z) = }; bn zn, tl=-00 n"" -oo

so ist das Produkt in einem gemeinsamen Konvergenzgebiet r1 < I z I < r2 wie­der eine Laurent-Reihe mit den Koeffizienten

(2) +oo

c,. = }; a. b,._ •. v= -oo

Auch diese Bildung heißt Faltung. Das obige Ergebnis kann man, wenn man die Potenz- bzw. Laurent-Reihe

als eine Funktionaltransformation auffaßt (vgl. S. 21), so aussprechen: Der F altung zweier Objekt/unktionen, d. h. zwei er Koeffizientenfolgen, entspricht das Produkt der Resultat/unktionen, d.h. der Potenzreihen bzw. Laurent-Reihen.

Wir werden nun sehen, daß ein analoger Zusammenhang sich bei der 2r und 2u-Transformation wiederfindet, allerdings nicht in derselben Allgemein­heit, was damit zusammenhängt, daß das 2-Integral nicht absolut zu konver­gieren braucht. Dazu schicken wir eine Betrachtung über die zu (1) und (2) analogen Bildungen bei Integralen voraus, die offenbar lauten:

I

(3) F(t) = ( F1(-r) F2(t- -r) d-r -' 0

bzw. +00

(4) F(t) = ( F1(-r) F2(t - -r) d-r. -00

Wir nennen sie Faltungsintegrale oder auch kurz Faltungen von F1 und F2 •

(Französisch <<composition•>, englisch <<convolution•> oder <<resultant>>; manche

Page 103: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

106 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation

amerikanische Autoren gebrauchen auch das deutsche Wort «Faltung».) (3) ist in (4) als Spezialfall

enthalten. Wir schreiben F(t) symbolisch als Produkt, verwenden aber als Mal­zeichen ein Sternchen: F1 •F2 • Wenn es nicht aus dem Zusammenhang her­vorgeht, welche Sorte von Faltung gemeint ist, bringt man die Integrations­grenzen über und unter dem Sternchen zum Ausdruck:

(5)

(6)

t

j F1(-r) F2(t- -r) d-r = F1 ~ F2 ,

0

-oo

Soll das Argument t, für das die Faltung zu bilden ist, hervorgehoben werden, so schreiben wir F1 * F2(t). - Die Schreibweise der Faltung als symbolisches Produkt wird sich als äußerst übersichtlich bewähren, besonders wenn die Fal­tung mehrmals hintereinander angewendet wird.

Das symbolische Faltungsprodukt ist kommutativ, denn die Substitution t - T = u ergibt:

In der Gestalt von Stieltjes-Integralen sehen die Faltungen so aus:

t

(7) J f/J2(t- •) df/>1(-r), 0

+00

(8) ! f/J2(t- •) df/>1(-r). -oo

t

Wenn (7) existiert und f/>1(0) = f/>2(0) = 0 ist, so ist (7) gleich J f/>1 (t - -r) df/>2(-r); 0

wenn (8) existiert, f/>2(t) beschränkt und f/>1(t) + 0 für t + ±oo ist, so ist (8) +oo

gleich j f/J1(t- -r) df/>2(-r), die Faltung also kommutativ. Dies ergibt sich aus -00

Hilfssatz 5 [2.8]. Die Faltung ordnet sich einer aus der Theorie der Integralgleichungen be­

kannten, allgemeineren Integralbildung unter. Sind zwei Funktionen zweier

Page 104: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften 107

Variablen F1(x, y), F2(x, y) in einem Quadrat a ~ x ~ b, a ~ y ~ b definiert, so heißt die neue Funktion

b

(9) F(x, y) = f F1(x, .;) F2(.;, y) d.; a

ihre Komposition zweiter Art*). Ist speziell

d. h. verschwinden die Funktionen oberhalb der Diagonalen von (a, a) nach (b, b), so hat die Integralbildung die Gestalt

X

F(x, y) =.! F1(x, .;) F2(.;, y) d.;, y

die Komposition erster Art heißt und bei Integralgleichungen mit variablen Grenzen auftritt, so wie die Komposition zweiter Art bei solchen mit festen Grenzen44• - Hängen weiterhin die beiden Funktionen F1 , F2 nur von der Dif­ferenz der Variablen ab:

wobei

sei, so bekommt die Komposition erster Art die Form

x x-y

F(x, y) = / F1(x- .;) F2(.;- y) d.; = / F1(r) F2(x- y- r) dr. y 0

Das ist die Faltung (3) für den Wert t = x- y. Die Faltung (4) geht aus der Komposition zweiter Art für

hervor. b

*) Liegt die Integralgleichung .P(x) = G(x) + J K(x, y) .P(y) dy mit der Unbekannten .P(x) a

und dem Kern K(x, :V) vor, so· heißen die durch Komposition gebildeten Funktionen b

Kv(x,y) = jK(x,;)Kv-I(;,y)d;, K 0 =.K (v= 1,2, ... )

die iterierten Keme. a Der Komposition von Funktionen entspricht übrigens im Bereich der Zahlfolgen die lllulti­

plikation von Matrizen. Denn unter dem Produkt zwei er 11-reihigen Matrizen II aa,ll und II bikll ver­n

steht man die Matrix ill: aii b;kll, eine Bildung, die offenbar zu (9) in Analogie steht. i~I

Page 105: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

108 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

2. Existenz

Die Faltung F1 * F2 braucht nicht für alle t zu existieren. Ist z. B. F1(t) = t- 112 , t

F2(t) = jt- 1j- 112, so divergiert F 1 ~ F2 für t = 1, weil für t = 1 die Unendlich-

keitsstelle der Ordnung 1/2 von F2 mit der ebensolchen von F1 zusammentrifft und eine Unendlichkeitsstelle der Ordnung 1 entsteht:

1

Fl * F2(1) = / r:-1/2 r:-1/2 dr:; 0

oder für F1 (t) = F2{t) = I t j- 112 divergiert F1 ~{: F2 für alle t, weil das Integral im Unendlichen nicht konvergiert.

Man kann aber eine Anzahl von Fällen angeben, in denen F1 * F2 für alle t existiert. Es sind das die folgenden*) (der Fall a bezieht sich immer auf Funk­tionen im Intervall 0 ~ t < oo, b auf solche im Intervall - oo < t < oo).

Fall1 a: F1(r:) ist in jedem endlichen Intervall 0 ~ r: ~ t beschränkt:

Fall 1 b: F1(r:) ist für aller: beschränkt:

und**) +<X>

/ jF2(r:)j dr: < oo. -· 00

Fall 2a: F{ und F22 sind ]-Funktionen in 0 ~ t < oo. Fall2b: Es ist***)

+oo +oo

/ jFl(r:) 12 dr: < 00' I IF2(r:) \2 dr: < 00.

-00 -00

Fall 3a: F1 und F2 sind ] 0-Funktionen. Wir beweisen im folgenden gleich etwas mehr als bloße Existenz.

t + 00

Satz 1. In allen drei Fällen existiert F1 * F2 bzw. F1 * F2 für alle t ~ 0 bzw. 0 -00

- oo < t < + oo. In den Fällen 1a und 2a ist F1 i F2 in jedem endlichen Inter­

vall 0 ~ t ~ T beschränkt und strebt gegen 0 für t --?- 0. In denFällen 1 b und 2 b +oo

ist F1 _ ~ F2 für alle t beschränkt.

*} Es sei daran erinnert, daß gemäß der VerabredungS. 32 F 1 undF2 immer als ]-Funktionen vorauszusetzen sind.

**} Nach Satz 1 [2.1] ist dann F2(t} in -oo < t < +oo summierbar. + oo ***} Ff und F~ sind danneo ipso ]-Funktionen. Denn aus der Eidstenz von J !F(T} !2 dT folgt

~ -00

die von J !F(T)!2 dT; ferner ist F als ]-Funktion meßbar, also auch F 2• Folglich ist F 2 in T,

1J. ~ T~ T2 summierbar (Anhang Nr. 30}.

Page 106: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften 109

Beweis: la. Es ist F1 t F2 offenkundig vorhanden und in 0 ~ t ~ T:

t T

IF1 ~ F2l ~ Me I1F2(-r:) I d-r: ~ MT I IFz(T) I d-r: · u u

t Ferner ist F1 ~ F2 + 0 für t + 0, weil für t + 0 die Größe M1 nicht zunimmt

t

und j I.F;(-r:) I d-r: + 0. 0

lb. Es ist +oo

IF1:*:F2I ~MI IF2(-r:)ld-r:. -oo

2a. Nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung (Anhang Nr. 9) ist

t 12 t t I F1(-r:) F2(t- -r:) d-r: ~I jF1(-r:) 12 dr: I IF2(t- -r:) 12 d-r: 0 i u u

t t

= IIF1(-r:)l 2d-r:IIF2(-r:)l 2d-r:. 0 u

Hieraus folgen alle Behauptungen. 2b. Es ist

+oo 12 +oo +oo

_[ Fl(-r:)F2(t--r:}d-r:i ~_[ IF1(-r:)l2d-r:_[ jF2(-r)l2d-r;.

3a. Ist

11\(-r:) I ~ M1 für ~ ~ -r: ~ t, F2(-r:) ~ M2 filr ~ ~ T ~ t,

so existiert für t > 0 sowohl t/2 I Fl(-r:) F.it- -r:) d-r:

u

t

als auch I F1(-r:) .F;(t- -r:) d-r:. t/2

folglich auch F1 ~ F2 •

Für ]0-Funktionen strebt die Faltung im allgemeinen nicht gegen 0 für t + 0. So ist z.B.

t 1

t -1/2 i t -1/2 = I T -1/2 (t - -r:) -1/2 d-r: = I u -1/2 (1 - u) -1/2 du

0 u

( 1 1) T 2(1/2) .. = B 2, 2 = rrf) = :~t fur t > 0,

Page 107: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

110 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

also die Faltung für alle t > 0 eine Konstante =1= 0 und ihr Grenzwert für t-+ 0 auch; und

t 1

r2/3~t-2/3= J T-2/3(t-T)-2f3dT=rl/3 J u-2/3{1-u)-2/Sdu

0 0

= _!'~(1/3) t -1/3 F{Z/3) '

so daß die Faltung für t-+ 0 gegen oo strebt. Wir werden später (Satz 4) sehen, daß die Faltung zweier ] 0-Funktionen

wieder eine ] 0-Funktion ist. Soviel über diese speziellen Fälle. Im allgemeinen Fall gilt:

Satz 240 • a) F1 ~ F2 existiert für fast alle t ~ 0 und ist eine ]-Funktion im

Lebesgueschen Sinn. b) Ist +oo +oo J jF1(t) I dt < oo, I jF11(t) 1 dt < oo,

-00 -00

so existiert F(t) =' F1 ~*: F11 für fast alle t. Außerdem ist F(t) eine ]-Funktion im

Lebesgueschen Sinn, und es ist +oo .r IF(t) I dt < 00.

-00

Beweis: Wir beweisen zunächst b), und zwar auf dem Weg über ein Doppel­integral. Die Funktion von zwei Variablen

ist in der ganzen (t, -,;)-Ebene definiert. Bestimmt man die Funktion (/>1 durch

n.. ( ) - J jF1(T) I, ~1 T - l 0,

so ist

wenn F1(T) endlich, wenn IF1{T) I = oo,

I~(T) I mit (/>1(-,;) und I G(t, -,;)I mit F(t, -,;) = (/>1(-,;) I F11(t- T) I

äquivalent (d.h. bis auf eine Nullmenge gleich), weil die Unendlichkeitsstellen von F1 eine Nullmenge bilden. Es ist*)

+oo +oo +oo +oo +oo +oo I d-,; / F(t, T) dt = I (/>t(T) d-,; J IFil(t- T) I dt = J (/>1(T) d-,; . .r IFil(t) I dt. -oo -oo -00 -00 -00 -00

+oo +oo

Folglich existiert J d-,; J F(t, T) dt und daher, weil G(t, -r) als Produkt von meß--oo -oo

barenFunktionenebenfallsmeßbarist,nachdemSatzvonFubini(AnhangNr.37)

*) Die Einführung von 4>1 war notwendig, um den Faktor 4>1 von r abspalten und vor das innere Integral setzen zu können, was nur für endliche Werte einen Sinn hat.

Page 108: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften 111

auch II G(t, -r) dt d-r, erstreckt über die ganze (t, -r)-Ebene. Nach demselben +OO

Satz existiert dann I G(t, -r) d-r = F1 :•:F2 für fast alle t, d.h. mit Ausnahme -00

einer Nullmenge e. Ferner ist, wenn a die ganze t-Achse bedeutet, das über die (t, -r)-Ebene erstreckte Integral von G(t, -r) gleich

+oo

J dt J G(t, T) d-r' a-e -oo

so daßF1 • F2 über die t-Achse summierbarund damit auch absolut summierbarist. Um a) zu beweisen, setzen wir bei festem T > 0

+oo

f 0 'P.(t) = \ ~(t)

fürt<O fürO~t~T

fürt>T (v = 1, 2}.

Dann ist I I "P,.(t) I dt < oo, und folglich existiert nach dem eben Bewiesenen -oo

die Faltung 'P1 : .. : 'P2 , die für 0 ~ t ~ T mit F1 g F2 übereinstimmt, für fast

alle t und ist eine ]-Funktion. Da T beliebig ist, ergibt sich a). Bemerkung: Sind F1 und F2 speziell Riemannsche ]-Funktionen, so ist die

Faltung eine Lebesguesche, aber nicht notwendig Riemannsche ]-Funktion.

3. Stetigkeit

Daß die Faltung F1 • F2 , auch wenn sie für alle t existiert, im allgemeinen nicht notwendig stetig ist, zeigt das Beispiel:

10 fürt<o F1(t) = F2(t) = r 1' 2 für 0 < t ~ 1

lo fürt>1. +OO

Für t ~ 0 ist F1 _*00 F2 gleich 0, für 0 < t ~ 1 gleich 11: (vgl. S.109), also in t = 0 unstetig.

Wir zeigen nun aber: Satz348 • In denFällen Ta und 2a ist die Faltung für alle t ~ 0, im Falle 3a

für alle t > 0*) stetig,· in den Fällen Tb und 2b ist die Faltung für alle t gleich­mäßig stetig.

Beweis: 1a. Für t = 0 ist die Behauptung nach Satz 1 richtig. Für t > 0, d > 0 ist

t+d t D0(t, d) = F1 " F2 - F1 " F2 u u

t t+d

= J Fl(T) [F2(t + d- T) - F2(t- -r)] d't' + J Fl(T) F2(t + d - T) d-r' u

*) Nicht notwendig für t = 0, siehe das Beispiel S. 109.

Page 109: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

112 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

also t 6

ID0(t, t5) I ~Mt (IF2(u + t5)- F2(u) I du+ M;+ 6 (IF:iu) I du. 0 0

Nach Anhang Nr. 47 strebt der erste Summand rechts für t5 + 0 gegen 0, das gleiche gilt für den zweiten, weil M, + 6 für t5 + 0 nicht zunimmt. - Für t5 < 0 verläuft der Beweis ähnlich.

lb. Es ist +00

+~ +oo ~ D(t, t5) = F1 _*00 F2(t + t5) - ~ _*00 F2 (t) = j F1(t") [F~(t + t5- -r) - F2(t- -r)] d-,;,

-00

also +oo

I D(t, t5) I ~MI IF2(u + t5)- F2(u) I du. -00

Nach Anhang Nr. 47 strebt D(t, t5) für t5 + 0 gegen 0, unabhängig von t. 2b. Nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung (Anhang Nr. 9) ist

+OO +OO

ID(t, t5) 12 ~I IFl(-r) 12 d-,; I IF~(t + t5- -,;)- FAt- -,;) 12 d-,; -oo -oo

+CO +00 =I IF1(-r) 12 d-r I IF2(u + t5)- F2(u) 12 du. -00 -00

Nach Anhang Nr. 48 strebt die rechte Seite für t5 + 0 gegen 0, unabhängig von t. 2a. Folgt aus 2b in derselben Weise wie Satz 2. a) aus Satz 2. b). 3a. Mit 0 < t0 < t und t5 > 0 zerlegen wir D 0(t, t5) folgendermaßen:

4 t 1+6

D 0(t, t5) =I+ IF1(-r) [F2(t + t5 - -r) - F~(t - -r)] d-,; + j F1(-r) F2(t + t5 - -,;) d-,;. 0 10 t

Wir schränken t0 und t5 von vornherein so ein, daß t- t0 und t + t5 in einem festen Intervall liegen, das den Nullpunkt ausschließt, z.B. tj2 ~-,; ~ t + 1. Da F1 und F2 ] 0-Funktionen sind, ist in diesem Intervall

während

ist. Damit erhalten wir folgende Abschätzung:

t, t- t.

I D 0 (t, t5) I ~2M:< j IF1(-r) I d-r + m1(t0) j IF~(u + t5) - F2(u) I du u 0

6

+ M 1/ IF2(u) I du. u

Page 110: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften

Ist e > 0 vorgegeben, so wählen wir t0 so klein, aber fest, daß

t.

2M._ {IF1(r)l dr< { ti

113

ausfällt. Damit liegt auch m1(t0) fest. Dann bestimmen wir !50 > 0 so, daß nach Anhang Nr. 47

1-t.

ml(to) r IF2(u + b) - F2(u) I du<-~ für b < bo il

und zugleich

ist. Dann gilt:

.~.

Ml r IF2(u) I du<-; <i

D0(t, b) < e für 0 < b < o0 •

d. h. D0(t, b) + 0 für b + + 0. - Ein ähnlicher Beweis ist für b < 0 zu führen.

Satz 4. Die Faltung F(t) = F1 6 F2 zweier ]0-Ftmktionen ist wüder eine ] 0-

Funktion. Beweis: Nach Satz 2 istFeine ]-Funktion. Da F nach Satz 3 für t > 0

stetig ist, muß F in jedem Intervall 0 < T1 ~ t ~ T2 beschränkt sein. Übrigens ist F immer eine ] 0-Funktion im Riemannschen Sinn. Zu­

nächst istFeine ] 0-Funktion im Lebesgueschen Sinn, so daß F(t) im Intervall 0 ~ t s T summierbar ist. Infolgedessen existiert

T

lim r IF(r) I dr, 1->-0 i

T

das Integral J im Lebesgueschen Sinn verstanden. Wegen der Stetigkeit von t T

F(r) kann es aber auch als Riemannsches geschrieben werden, so daß /!F(r)j dr 0

als uneigentliches (eventuell auch eigentliches) Riemannsches Integral existiert. Die ] 0-Funktionen bilden hinsichtlich der Addition und der Faltungs­

multiplikation einen Ring, aber keinen Körper, weil nicht jede ] 0-Funktion als Faltung zweier ] 0-Funktionen darstellbar ist, z. B. wenn sie für t > 0 Unstetigkeitsstellen besitzt.

4. Das assoziative Gesetz +oo

Satz5. ll mn J IF~(t)i dt (v = 1, 2, 3) existiert, so existiermF1 :*: (F2 :*:F3)

-00

tmd (F1 + :" F2} + *00 F3 fast überall, tmd es ist fast überall -oo -oo

Doetsch I 8

Page 111: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

114 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation

d. h. die F altung mit unendlichem Intervall ist unter den genannten V oraussetzun-gen assoziativ. +.oo

Beweis: Nach Satz 2. b) existiertF(t) =F2 •Fa fast überall und j IF(t) I dt -oo

konvergiert, so daß auch F1 * F = F1 * (F2 *Fa) fast überall existiert; das Gleiche gilt von (F1 * F2) *Fa. - Wenn F1 * (F2 * F3) für eint existiert, so ist

+00 +OO

Ei.* (F2 * F3) = ./ F1(-r) d-r ./ F~((t- -r) - u) F3(u) du -00 -00

+oo +oo

= ./ F3(u) du ./ F1(-r) F2((t- u) - -r) d-r -00 -00

wobei die Vertauschung der Integrationsreihenfolge für fast alle t erlaubt ist, weil das Integral für fast alle t konvergent bleibt, wenn man von allen Funk­tionen die absoluten Beträge nimmt, und weil F1(-r) F2(t- T - u) F3(u) bei festem t als Funktion von-rundumeßbar ist (Anhang Nr. 39 und 29).

Nach dem Muster des Beweises von Satz 2. a) ergibt sich aus Satz 5:

Satz 6. F1 ~ (F2 ~F3) und (F1 ~F2) *Fa existieren fast überall, und es ist fast überall

d.h. die Faltung mit endlichem Intervall ist assoziativ. Ein F altungsprodukt mit beliebig vielen Faktoren

hat auf Grund des assoziativen Gesetzes auch ohne nähere Angabe über die Reihenfolge der auszuführenden Integrationen einen eindeutigen Sinn. - Zur Abkürzung setzen wir

F• · · · •F = F*". ~

1 ..

Die Faltung mit der Konstanten 1 im endlichen Intervall bedeutet einfach Integration mit variabler oberer Grenze:

I

F 6 1 = ./ F(-r) d-r. 0

Die t~t-fach iterierte Integration (S. 92) kann also in der Form F• 1*" geschrie­ben werden.

Satz 5 und 6 sagen die Existenz von F1 * F2 * F3 und die Gültigkeit des assoziativen Gesetzes unter den allgemeinsten Voraussetzungen nur fast überall

Page 112: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften 115

aus. In den für die Anwendungen wichtigsten Fällen kann man beides für alle t behaupten. + oo

Satz 7. Wenn/ IFP(t)i dt (v = 1, 2, 3) existiert und 1. eine von den drei -~

+~

Funktionen F.(t) für alle t beschränkt ist oder 2. alle drei Integrale / IFP(t)i 2 dt -00

existieren, so existiere1~ F1 + *00 (F2 + *00 Fa) und (F1 + *00 F2 ) +*00 Fa für alle t und sind -oo -oo -oo -oo gleich. Beweis: 1. Ist F1 beschränkt, so ist, da F(t) = F2 *Fa nach Satz 2. b) ein

+CO ]-Funktion mit konvergentem / IF(t)i dt ist, F1 * (F2 *Fa) nach Satz 1 und 3

-00

für alle t vorhanden und stetig; ferner ist F1 * F2 nach Satz 1 beschränkt, also (F1 * F2) *Fa nach Satz 1 und 3 für alle t vorhanden und stetig. Da die beiden Faltungsprodukte nach Satz 5 fast überall gleich sind, so müssen sie wegen der Stetigkeit für alle t übereinstimmen. - Der Fall, daß Fa beschränkt ist, läßt sich auf den Fall, daß der erste Faktor beschränkt ist, zurückführen, denn nach dem kommutativen Gesetz ist

Ist schließlich F2 beschränkt, so sind F2 *Fa und F1 * F2 beschränkt, also F1 * (F2 *Fa) und (F1 * F2) *Fa für alle t vorhanden und stetig, und damit identisch. + oo

2. Existiert / !F.(t)j 2 dt (v = 1, 2, 3), so ist F1 * .Z..~ nach Satz 1 beschränkt, -00

also (F1 * F2) *Fa für alle t nach Satz 1 und 3 vorhanden und stetig. Das gleiche gilt für F1 * (F2 *Fa)· Also sind beide Ausdrücke identisch.

Satz 8. Wenn eine von den drei Funktionen in jedem endlichen Intervall 0 ~ T ~ t beschränkt" ist oder F~ (v = 1, 2, 3) ]-Funktionen sind oder alle drei Funktionen ]0-Funktionen sind, so existieren F1 ~ (F2 ~Fa) und (F1 ~ F2) ~Fa für alle t > 0 und sind gleich.

Beweis: Für die beiden ersten Voraussetzungen sind die Beweise zu denen von Satz 7 analog. Sind F1 , F2 und Fa / 0-Funktionen, so ist F1 •F2 nach Satz 4 eine ] 0-Funktion, also (F1 * F2) *Fa nach Satz 1 und 3 für alle t > 0 vorhanden und stetig. Das gleiche gilt für F1 * (F2 *Fa). Also sind die beiden Ausdrücke identisch.

5. Differenzierbarkeil Die Faltung ist im allgemeinen, auch an den Stellen, wo sie stetig ist, nicht

differenzierbar, wie folgendes Beispiel zeigt:

{ r 1' 2 für 0 < t ~ 1 F1(t) = e- 112 für t > 0, F~(t) = O > für t 1. Hier ist

{ für O<t~1. F. ~F; - :r& v--1 o 2 - :re- 2 arctg t- 1 für t > 1.

Page 113: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

116 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transfonnation

Diese Funktion ist für t = 1 nicht differenzierbar, weil dort die Ableitung nach links gleich 0, die nach rechts gleich - oo ist.

Wenn aber, abgesehen von gewissen Nebenbedingungen, wenigstens eine der gefalteten Funktionen eine integrierbare Ableitung besitzt, so ist die Fal­tung differenzierbar. Genaueres sagen die folgenden Sätze.

Satz 947 • F1(t) sei für t > 0 differenzierbar*), fiir t = 0 stetig, und F{(t) sowie F2(t) seien ]0-Funktionen**). An jeder Stelle t > 0, wo F2(t) die Ableitung von

I

rechts (links) von ( F2("r) d-r: ist [also z. B. an jeder Stelle, wo F2 nach rechts (links) ö

stetig ist], ist F(t) = F1 ~ F2 nach rechts (links) differenzierbar, und zwar ist***)

(10)

I

Ist F1(0) = 0, so ist die Voraussetzung F2(t) = ft- ( Flr) d-r: überflüssig. ü

Beweis: Weil F1(t) als stetige Funktion in jedem endlichen Intervall be­schränkt ist, existiert die Faltung F(t) für t ~ 0. Da auf Grund unserer Vor­aussetzung

ist, so gilt:

T

F1(-r) = /F{(u) dH + F1(0) ll

F(t) = /F2(t - -r) [/F{(u) d~e + F1(0)] d-r: 0 0

I T I

= /F2(t- -r) d-r: /F{(u) du+ F1 (0) /F2(-r) d-r:. 0 (I 0

Das iterie:rte Integral kann man in ein Doppelintegral über das Dreieck 0 ~ u ~ -r: ~ t der -r, tt-Ebene verwandeln, weil

I T

/ IF2 (t- -r) I d-r/ IF{(u) I du 0 0

existiert, und weil im Fall Riemannscher Integrale das Doppelintegral existiert, da der Integrand das Produkt zweier Faktoren ist, von denen jeder nur von

*) Für t = 0 braucht Fi nicht zu existieren, wie etwa in dem Beispiel F1(t) =: t 1i 2 •

**)Aus derTatsache, daßFi_(t) eine]-Funktion ist, folgt nach S.99, daß limF1(t) existiert. 1-++0

Die Stetigkeit von F1 in t = 0 bedeutet, ciaß als Funktionswert F1(0) dieser eo ipso vorhandene Grenzwert definiert ist.- Für t > 0 ist F1 als differenzierbare Funktion auch stetig.

***) F'(t) stimmt überein mit dem Wert, den man nach der bekannten Regel für die Ableitung eines Integrals nach einem Parameter erhält, der im Integranden und in den Grenzen vorkommt (Anhang Nr. 20). Doch ist diese Regel wegen der bei ihr üblichen Voraussetzungen (Stetigkeit und dergleichen) im obigen Fall nicht anwendbar.

Page 114: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften 117

einer Variablen abhängt und integrierbar ist, während im Fall Lebesguescher Integrale F2(t- T) F{(u) als Produkt von meßbaren Funktionen selbst meß­bar ist (Anhang Nr. 29). Durch die Koordinatentransformation

T= -y+t oder x=--r+u+t U=X-y y=-T +t

geht das Doppelintegral über in

JJ F2(y) F;(x- y) dx dy,

erstreckt über das Dreieck 0 ~ y ~ x ~ t. Dieses kann wiederum als iteriertes Integral

t "

/ax f F;(x- y) F2(y) dy ti t;

geschrieben werden, da das innere Integral als Faltung zweier / 0-Funktionen für alle x > 0 existiert. Es ergibt sich also:

t " t

F(t) = J dx fF; (y) F2(x- y) dy + F1(0) ./F2(-r) d-r. u 0 0

Hier kommt t nur noch als obere Integralgrenze vor. In dem Integral nach x ist der Integrand als Faltung von / 0-Funktionen für t > 0 stetig, dieses Inte­

l gral ist also für t > 0 differenzierbar und hat die Ableitung F; ~ F2 • Damit ist die Behauptung bewiesen.

Setzt man F1(t) als differenzierbar im Lebesgueschen Sinn (siehe S. 103) und F2(t) als/- (nicht notwendig / 0-) Funktion voraus, so sieht man, daß alle Schlüsse des obigen Beweises gültig bleiben, wenn man F{ durch F1(1l ersetzt;

" nur existiert jetzt das Faltungsintegral ( F1(1l(x- y) F2(y) dy nicht für alle x,

u sondern nur für fast alle x. Es gibt aber eine zu ihm äquivalente Funktion

t

q'}(x), so daß das obige Doppelintegral in der Gestalt / q'}(x) dx und damit F(t) in der Form ö

t t

F(t) = J q'>(x) dx + F1(0) J F2(-r) d-r u u

geschrieben werden kann. Das bedeutet, daß F(t) im Lebesgueschen Sinn differenzierbar ist und daß seine Ableitung zu q')(t) + F1(0) F2(t) und damit zu F111 l * F2 + F1(0) F2(t) äquivalent ist. Damit erhält man:

Satz 1048 • F1(t) sei im Lebesgueschen Sinn für t > 0 differenzierbar, d.h. es gebe eine ]-Funktion F1(1l, so daß

(11) t

F1(t) = F1(0) + /F1(1l(-r) d-r ti

Page 115: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

118 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace·Transformation

ist. F2(t) sei eine ]-Funktion. Dann ist die für alle t ~ 0 existierende Faltung t

F(t) = F1 ~ F2 fast überall differenzierbar, und ihre Ableitung ist äquivalent mit

der fast überall existierenden Funktion F1(l) i F2 + F1(0) F8(t).

Für die Faltung mit unendlichem Intervall beweisen wir:

Satz 11. F1 (t) sei für alle t differenzierbar. F{ (t) und F8(t) seien J -Funktionen, +oo +oo

für die J IF{(t) I dt und J IF2(t) I dt konvergieren. Die für alle t existierendeFaZ--oo -oo

tung F(t) = F1 + *00 F2 ist an einer Stelle t differenzierbar mit der Ableitung F{ + *00 F8 , -oo -oo

wenn diese Funktion durchweg existiert und in t stetig ist. Wenn F{ oder F2 be-+oo +oo

schränkt ist oder r IF{(t) 12 dt und r IFa(t) 12 dt existieren, ist dies für alle t er-

füllt. - Öo - Öo

Beweis: Da oo I

j F;(.,;) d.,; = lim j F;(.,;) d.,; = lim [F1(t) - F1(0)] 0 t-oo 0 1-oo

existiert, so existiert lim F1(t) und werde mitF1(oo) bezeichnet. Ebenso existiert t--.oo

der mit F1(- oo) bezeichnete lim F1(t). Da F1(t) als stetige Funktion in jedem t ....... -00

endlichen Intervall beschränkt ist und für t + ± oo Grenzwerte besitzt, ist

F1(t) für alle t beschränkt, so daß F(t) für alle t existiert (siehe Satz 1). Mit

T

F1(T) = F1(- oo) + J F;(u) du -00

ergibt sich: +oo T +oo

F(t) = j F2(t- T) d.,; J F;(u) du+ F1(-oo) j F2(.,;) d.,;.

-00 -00 -oo

Das iterierte Integralläßt sich mit analoger Begründung wie in Satz 9 in ein

Doppelintegral über die Halbebene u ~ T verwandeln und geht durch dieselbe

Koordinatentransformation wie dort in das Doppelintegral

j j F2(y) F;(x- y) dx dy,

erstreckt über die Halbebene x ~ t über. Dieses kann in das iterierte Integral

I +oo

j dx J F;(x- y) F2(y) dy -00 -00

übergeführt werden, weil das innere Integral nach Voraussetzung für alle x

existiert. Also ist I +oo +oo

F(t) = j dx j F;(y) F2(x- y) dy + F1(- oo) j F2(.,;) d.,;,

-oo -oo -oo

Page 116: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 14. Die Faltung und ihre allgemeinen Eigenschaften 119

woraus sich die Behauptung durch Differentiation nach t in Verbindung mit Satz 1 und 3 ergibt.

Aus der letzten Formel können wir als Nebenresultat noch entnehmen, daß unter der Voraussetzung

+oo +oo

.! IF{(t) I dt < 00. r IF2(t) 1 dt < 00 •'

-00 -oo

folgende Beziehung gilt*): +oo

(12} F(- oo) = F1(- oo) .! F2(-r) d-r, -00

woraus man durch Ersatz von t durch -t erhält:

+oo

(13} F(+ oo) = F1(+ oo) .! F2(-r) d-r. -00

Durch eine ähnliche Überlegung wie beim Übergang von Satz 9 zu Satz 10 ergibt sich:

Satz 12. F1(t) sei für alletindem Sinne differenzierbar, daß es eine ]-Funk-tion F1<1 l gibt, so daß 1

F1(t) = F1(- oo) + .! F1<1l(-r) d-r -00

ist. F2(t) sei eine ]-Funktion, und

+OO

/ IF1<1l(t)1 dt und -00 -00

seien vorhanden. Dann ist die für alle t existierende Faltung F(t) = F1 ~*: F2 fast überall differenzierbar, und ihre Ableitung ist äquivalent mit der fast überall

existierenden Funktion F1 <1l ~ *: F2 •

Diese Sätze lassen sich in zwei Richtungen verallgemeinern, nämlich für Ableitungen höherer Ordnung und für mehrfach wiederholte Faltung. Wir begnügen uns damit, die Verallgemeinerungen von Satz 9 zu beweisen. Daher

sind in Satz 13 und 14 alle Faltungen im Sinne von F1 ~ F2 zu verstehen. Satz 13. F1(t) sei n-mal und F2(t) (n- 1)-mal für t > 0 differenzierbar

(n ~ 2). F1<nl(t) und F2(t) seien fo-Funktionen. F1(0), F{(O), ... , p<n- 1l(O) seien durch die sicher vorhandmen Grenzwerte**) lim F1 (t), ... , lim F< n- 1l (t) definiert.

1-->-+0 1-->-+0

*) Die Gleichung (12) läßt sich leicht direkt auch unter folgenden allgemeineren Voraussetzun­gen beweisen: F 1(t) sei in -· oo < t < + oo beschränkt, !im F 1(t) = F 1(- oo) vorhanden und

+OO t__".-00

J IF2(t)jdt < oo. Vgl. hierzu die Umkehrung 527. -00

**) Vgl. S. 99.

Page 117: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

120 2. J{ap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Dann ist F(t) = F1 • F2 für t > 0 n-mal differenzierbar, utJd zwar ist

F<nl (t) = Fi"l • F2 + F1 (0) FJn -tl (t) + F{ (0) FJ"- 2l (t) + · · · + Fr-tl (0) F2(t).

Beweis: Wir bemerken vorab, daß Ffn-ll(t), ... , F'(t), F(t) als Integrale für t ~ 0 stetig und daher ] 0-Funktionen sind und daß F2(t) als mindestens einmal differenzierbare Funktion (n- 1 ~ 1) für t > 0 stetig ist. Nach Satz 9 ist daher

F'(t) = F; • F2 + F1(0) F2(t),

F"(t) = F;' • F2 + F{(O) F2(t) + F1(0) F;(t),

Bemerkung: Wendet man den Satz auf F1(t) = t• (v = 0, 1, ... , n- 1) an, so ergibt sich:

Daher ist

Satz 1449• Fiir t ~ 0 sei F0(t) stetig, F1(t), ... , F.(t) (1• ~ 1) einmal differen­zierbar uni F{(t), ... , F:(t) stetig. Dann gilt für die Funktion

F(t) = F0 • F1 • • • • • F,. :

F(n) ) - { Fo• (Ft• ... •F,.)(n) für n = 0, 1, .. . , V- 1 (t - F0 • (/<~ • · · · • F,)<•·l + F0 (t) F1(0) ... F,.(O) fiir n = v*)

und speziell

F<"l(O) = { 0 .f~(O) .f~(O) ... F,.(O)

für 1J = 0, 1, ... , v - 1 f-ür tJ = v.

Beweis: Für v = 1 ist der Satz in Satz 9 enthalten. Angenommen, Satz 14 _sei für v- 1 (v ~ 2) richtig. Dann ist er auf tP(t) = F1 • · • • •F. anwendbar und besagt, daß die Ableitungen tP'(t), .. . , tJ>f•-ll(t) existieren, daß insbesondere

und tP(O) = tP'(O) = · · · = tJ><•- 2l(O) = 0 und tJ><•-tl(O) =F1(0) ... F.(O)

--------------------*) Hiermit wirdzugleich behauptet, daß die Ableitungen (F1 • • • • • F.)(n), n = 1, ... , v, existie­

ren und integrierbar sind.

Page 118: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 15. Die Abbildung der Faltung zweier Originalfunktionen 121

ist. Wir behaupten zunächst, daß auch fj)(•l(t) existiert, denn nach Satz 9 ist

Wenden wir nun Satz 9 auf F(t) = F0 * (/) an, so ergibt sich:

F'(t) = F0 * C/>' + C/>(0) F0(t) = F0 * C/>'.

Abermalige Anwendung von Satz 9 liefert

F"(t) = Fo* (/)" + C/>'(0) F0(t) = Fo * (/)",

F(v -1) (t) = Fo * cp(v- 1) + fj)(v- 2) (0) Fo(t) = Fo * cJ>(•• -1) '

F(v) (t) = F0 * cp(v) + cJ>(v - 1) (0) F0(t) = Fo * cJ>(v) + F1 (0) ... F.(O) Fo(t).

Für t = 0 ergibt sich, da F0 (t) bis zum Nullpunkt stetig ist:

Der Satz ist also, wenn für v-1, so auch für v richtig. Damit ist er bewiesen.

§ 15. Die Abbildung der Faltung zweier Originalfunktionen

Wir beweisen nun verschiedene Analoga zu den S. 105 angeführten Sätzen über Potenz- bzw. Laurent-Reihen. Sie werden unter mannigfachen Voraus­setzungen aussagen, daß

ist, wobei ~ die ein- oder zweiseitige ~-Transformation bedeutet. Wir nennen jeden Satz, der eine Formel von diesem Typus behauptet,einenFaltungssatz50•

Ein solcher Satz besagt, daß der transzendente Prozeß der Faltung im L-Raum sich im l-Raum in dem elementaren Prozeß der Multiplikation widerspiegelt.

Wir leiten zunächst einen sehr allgemeinen Satz für die ~u-Transfor­mation ab.

Satz l. Wenn ~n{F1} und ~n{F2} für einen Wert s0 absolut konvergieren,

so existiert F1 :*: F2 für fast alle t, ~n{F1 :;.: F2} konvergiert für s0 absolut, und es ist

Page 119: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

122 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Beweis: Nach Satz 2 [2.14] existiert

+oo

(1) (e-••t F1) :~ (e-••t F2) = J e-s,T F1(-r) e-s,(t-T) F2(t- -r) d-r -oo

+oo

= e-s,t J F1(-r) F2(t- -r) d-r = e-s,t (F1:~F2) *) -oo

für fast alle t, und +oo

/ I e-s,t (F1 :~Fa) I dt -00

existiert, d.h. i!n{F1 :~F2 ; s0} konvergiert absolut. Ferner ergibt sich unter

Verwendung von (1):

+oo +oo +oo

.! e-s,t (F1 :~ F2) dt = .! dt.! e-s,T F1(-r) e-s,(t-T) F2(t- -r) d-r -oo -oo -oo

+oo +oo J d-r e-s,T F1(-r) J e-s,(t-T) F2(t- T) dt -oo -oo

+oo +oo

= J e-s,TF1(-r)d-r·J e-•·"F2(u)du, -oo -oo

wobei die Vertauschung der Integrationsreihenfolge nach Anhang Nr. 39 er.:. laubt ist, weil

+oo +oo

/ d-r I e-s,T F1(-r) I J I e-s,(t-T) F2(t- -r) I dt -00 -oo

+oo +oo

= I I e-s,T F1(T) I d-r ·/I e-s,u F2(u) I du -oo -oo

konvergiert und e-•, T F1(-r) e-s,(t-T) F2(t- -r) als Produkt von meßbaren Funk­tionen meßbar ist (Anhang Nr. 29).

Verschwinden F1 und F2 für t < 0, so geht i!u in 1!1 und F1 ~~ F2 in F1 ~ F2

über; außerdem folgt aus der absoluten Konvergenz von i!1{F; s0} die von i!1{F; s} für 9is ~ 9is0 • Man erhält also:

*) Die Formel zeigt, daß mit einer der links und rechts stehenden Faltungen stets auch die andere existiert. Das wird z.B. bei Satz 3 gebraucht werden.

Page 120: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 15. Die Abbildung der Faltung zweier Originalfunktionen 123

Satz 2. Wenn ~1{F1} und ~1{F2} für einen Wert s0 absolut konvergieren, so t

existiert F1 t F2 für fast alle t ~ 0 *), ~1{ F1 * F2} konvergiert für 9ts ~ 9ts0

absolut, und es ist

~1{F1 ~ F2) = ~1 {F1} • ~1{F2} für 9ts ~ 9ts0 •

Bemerkung: Sind F1 und F2 Riemannsche ]-Funktionen, so muß im allge­meinen das iterierte Integral ~{F1 * F2} doch im Lebesgueschen Sinn genom­men werden, da es im Riemannschen nicht zu existieren braucht.

Beschränkt man nun die Funktionen F1 und F2 bzw. e-s.t F1 und e-s.t F2

auf die S. 108 eingeführten Fälle, so kann man nach Satz 1 [2.14] unter Be­achtung von Formel (1) in den Sätzen 1 und 2 den Passus «fast alle t)> durch <<alle t)> ersetzen. Da die so entstehenden Faltungssätze gerade diejenigen sind, die in den Anwendungen am häufigsten gebraucht werden, seien sie noch eigens formuliert.

Satz 3. Wenn ~u{F1} uiul ~n{F2} für einen Wert s0 absolut konvergieren und entweder

eine der beiden Funktionen e-s.t F1(t), e-s. 1 F2(t) beschränkt ist, oder

+oo +OO J jF1(t) 12 dt und / .JF2(t) 12 dt existieren, oder -CXl -CXl

+oo +oo J e-2 j)ls •• t jF1(t) 12 dt und J e-2 j)ls •• t IF2(t) 12 dt existieren, -CXl -CXl

+CXl { +CXl } so existiert F~_*o., F2 für alle t, ~11 F1 _*o., F2 konvergiert für s0 absol·ut, u1ul es ist

Satz 4. Wenn ~1{F1} und ~1{F2} für einen Wert s0 absolut konvergieren und entweder

eine der beiden Funktionen F1(t), F2(t) in jedem endlichen Intervall 0 ~ t ~ T beschränkt ist, oder Fl(t) und F22(t) ]-Funktionen sind, oder F1(t) und F2(t) ]0-Fzenktionen sind,

t t so existiert F1 ~ F2 für alle t ~ 0, ~1{F1 ~ F2} konvergiert für 9ts ~ 9ls0 absolttt, und es ist

Bemerkung: Setzt man F1 * F2 = F(t), so kann das Integral ~{F} in Satz 3 und 4 stets als Riemannsches aufgefaßt werden. Denn nach Satz 3 [2.14] und

*) Das war schon durch Satz 2 [2. 14] bekannt.

Page 121: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

124 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Formel (1) ist F(t) in den in Satz 3 und 4 vorliegenden Fällen für alle t bzw. für t > 0 (je nachdem es sich um ~n oder ~1 handelt) stetig, so daß dieselbe Überlegung wie bei Satz 4 [2.14] Platz greift. - Satz 3 und 4 bleiben also richtig, wenn man alle Integrale im Riemannschen Sinn versteht, was im Hin­blick auf die Bemerkung zu Satz 1 und 2 besonders hervorgehoben sei.

Von großer Bedeutung für die Anwendungen ist es, daß die Sätze 2 und 4 fast vollständig aufrechterhalten werden können, wenn nur eines der beiden ~-Integrale ~r{Fr} und ~ 1{F2} absolut konvergiert, während das andere be­dingt konvergent sein darf; lediglich die Aussage, daß die Konvergenz von ~r{Fr * F2} absolut sei, kommt in Wegfall. - Dieses Resultat ist das Analogon zu dem Satz von Mertens, daß das Cauchysche Produkt einer absolut und einer einfach konvergenten Reihe einfach konvergiert.

Satz 55r. Wenn ~r{Fr} für s0 absolut und ~1{F2} für s0 einfach konvergiert.,

so existiert Fr~ F2 für fast alle t ~ 0, ~r{Fr ~ F2} konvergiert für s0 einfach*), und es ist

Beweis: Es genügt, den Satz für s0 = 0 zu beweisen. Denn wenn er hierfür richtig ist, so brauchen wir ihn im allgemeinen Fall nur auf e-s,t Fr(t), e-s, 1 F2(t) und

[vgl. Formel (1)] anzuwenden. - Für s0 = 0 lautet die Voraussetzung:

'XJ t 00 t

/.\Fr(<)\ d< = lim / \F1(<) \ do und (F2(<) d< = lim /F2(<) do tJ t--+oo;-; ,; t---+~r,

existieren, und die Behauptung: Es ist

t t t

lim /F1 * }~(<) d< = lim /Fr(<) do · lim /F2(<) d-r t--+"Xl 0 t--+oo 0 t---+ooj,

oder kürzer lim ( .r; * F2 * 1) = lim (F1 * 1) · lim (F2 * 1) .

t __,. 00

Es sei zunächst t

B1{F2 ; 0} = lim /F2(<) d< = lim (F2 * 1) = 0. t--+oo;) t---+ oo

Dann kann man zu c > 0 ein T so wählen, daß

jF2 * 1\ < c für t ~ T

*) Die Integrale sind im Lebesgueschen Sinn zu verstehen.

Page 122: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 15. Die Abbildung der Faltung zweier Originalfunktionen 125

ist; ferner gibt es eine Konstante M so, daß

I F2 * 11 < M für alle t ~ 0

ist. Für t > T haben wir:

T

IFl * F2 * 11 ~ J Fl(t- T) [F2 (T) * 1] dT + I Fl(t- T) [F2(T) * 1 ]dT u t

t 00

~ M (IF1(u) I du+ c / \F1(u) I du. t.:_T U

00

Da J \F1(u)l du existiert, so können wir durch eventuelle Vergrößerung von T 0

erreichen, daß t,

/ IF1(u) I dtt < c für jedes Wertepaar t2 > t1 ~ T r.

ausfällt. Für alle t ~ 2 T ist t- T ~ T, also

IF1 * F2 * 11 ~ c ( M +)':'\F1(u) I du) für alle t ~ 2 T.

Das bedeutet: lim (F1 * F2 * 1) = 0,

1->oo

womit die Behauptung für diesen Spezialfall bewiesen ist. Ist nun

so ist E1{F2(t) -/2(0) e- 1} für s = 0 und 9{s > 0 konvergent und gleich E1{F2}- [/2(0)/(s + 1)], also gleich 0 fürs= 0. Nach dem soeben Bewiesenen ist demnach.

Da E1{F1} und E1{ e- 1} beide fürs= 0 absolut konvergieren, so ist nach Satz 2

Addieren wir diese Gleichung zur vorigen, so erhalten wir:

Beschränkt man F1 und F2 auf die in Satz 4 eingeführten Klassen, so erhält man auf dieselbe Weise wie dort einen Satz, der sowohl für Lebesguesche als auch für Riemannsche Integrale gilt.

Page 123: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

126 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Satz 6. Wenn .e1{F1} für s0 absolut und .e1{F2} für s0 einfach konvergiert, und wenn entweder

eine der beiden Funktionen F1(t) und F2(t) in jedem endlichen Intervall 0 ~ t ~ T beschränkt ist oder F12 und Ff ]-Funktionen oder F1 und F2 ] 0-Funktionen sind,

t t so existiert Fl ~ F2 für alle t ~ 0, .ei{Fl ~ F2} konvergiert für So und ms > mso einfach, und es ist

.ei{Fl * F2} = .ei{Fl} . .ei{F2} für So und ms > mso.

Aus Satz 6 ergibt sich ein neuer und sehr durchsichtiger Beweis für Satz 1 [2.12] und seine Verallgemeinerung, Satz 5 [2.12]. Zunächst bemerken wir, daß die Darstellung eines n-fach iterierten Integrals durch ein einfaches (S. 92) auf Grund der assoziativen Eigenschaft der Faltung eine Selbstverständlichkeit wird. Denn da die Integration von 0 bist gleichbedeutend mit der Faltung mit der Konstanten 1 ist, so läßt sich die n-malige Integration von 0 bis t dar­stellen durch

Nun ist aber tn-1 1*" =------

(n -1)!

(n ~ 1 ganzzahlig).

(n ~ 1).

wie man leicht unmittelbar nachrechnet. Man kann diese Formel aber auch auf Grund des Faltungssatzes 4 einsehen, denn aus diesem folgt:

1 I en-1 } .e{l*"}=[.e{1}]"=-sn-=.e\(n- 1}T für ms>O,

woraus sich auf Grund des Eindeutigkeitssatzes die fragliche Formel ergibt. Wir haben damit ein erstes, triviales Beispiel für eine Anwendungsmöglichkeit der Faltungssätze: Wenn man eine Faltung auszurechnen hat, so bildet man statt dessen das Produkt der .e-Transformierten und sucht zu diesem die Original­funktion. Diese Methode wird uns weiterhin in komplizierteren Fällen noch gute. Dienste leisten. - Das n-fach iterierte Integral, das S. 92 mit (f>,.(t) bezeichnet wurde, läßt sich also als Faltung schreiben:

en-1 ([>,. (t) = F(t) • (n _ 1)T .

.e{t"-1} konvergiert für ms > 0 absolut, außerdem ist t"- 1 in jedem endlichen Intervall beschränkt. Wenn nun .e{F} für s0 ~ 0 einfach konvergiert, so ist nach Satz 6

Page 124: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 15. Die Abbildung der Faltung zweier Originalfunktionen 127

und zwar für 9ls > 0 im Falle s0 = 0 und für s = s0 und 9ls > s0 im Falle s0 > 0. Das ist der Hauptinhalt von Satz 5 [2.12]. Man ersieht aus diesem Be­weis besonders deutlich, woher die Gültigkeitsbeschränkungen hinsichtlich s stammen: Sie rühren daher, daß ~{tn-I} nur für 9ls > 0 (absolut) konver­giert*).

t Nach dieser Abschweifung kehren wir zu den Faltungssätzen über F1 t F2

zurück. Satz 6 läßt sich nicht weiter in der Richtung verbessern, daß man etwa für beide Integrale ~{F1}und ~{F2}nur einfache Konvergenz voraussetzen könnte. Gegenbeispiel: Die Besselfunktion

verhält sich für große positive t wie V2!(;t) cos [t- (n/4)] (Anhang Nr. 8), so daß ro ro

j fo(t) dt konvergiert, nicht aber / !J0(t) I dt. Das bedeutet, daß ~1{J0(t)} für 0 0

s = 0 bedingt konvergiert. Wäre der Faltungssatz auch für bedingt konver­t

?ente ~rintegrale richtig, so müßte ~1{10 t J0} für s = 0 konvergieren. Nun 1st aber

]0 ~ ] 0 = sint,

also ~1{]0 * fo} für s = 0 nicht konvergent. - Die merkwürdige Faltungs­formel für ]0 , die wir hier benutzt haben, ergibt sich wieder am einfachsten aus dem Faltungssatz 4, denn für 9ls > 0 ist ~1{J0} absolut konvergent und

1 ~~{Jo} =v----=-,

s 2 + 1

also

~1{10 * Jo} = -v-= 1 - • -v--=;= = 2 +1 1 = ~{ Sin t}.

s2 + 1 s2 + 1 s

Um also Faltungssätze für einfach konvergente ~1-Transformationen aus­sprechen zu können, müssen weitere Voraussetzungen hinzugenommen wer­den. In der Reihenlehre gibt es neben dem Satz von Cauchy über das Produkt zweierabsolut konvergenten Reihen und dem Satz von Mertens über das Pro­dukt einer absolut und einer einfach konvergenten Reihe noch den Satz von Abel:

*) Auf ähnliche Weise kann man Satz 9 [2. 12] aus Satz 3 ableiten, indem man dort F 1(t) = F(l) für t ~ 0, = 0 für t < 0; F 2(1) = 0 für t ~ 0, = I für t < 0 setzt. Allerdings erhält man den Satz nur für absolut konvergentes E{ F }.

Page 125: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

128 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace·Transformation 00 00

Sind zwei Reihen .E an und .E bn einfach konvergent und ist die nach der n-0 n-0

Cauchyschen Regel gebildete Reihe

00

}; Cn mit Cn = ao bn + al bn-1 + · · · +an bo n-0

einfach konvergent, so ist

00 00

Der Beweis ist sehr einfach: Die Reihen }; an zn und .E bn zn sind für n=O n=O

1=1 < 1 absolut konvergent, also ist für lzl < 1:

00 00 00

}; an zn ·1: bn zn =}; Cn zn. n=ll n=O n=O

00

Nun besagt der Abelsche Stetigkeitssatz, daß aus der Konvergenz von .E an oo n=O

folgt: .E an zn hat einen Grenzwert, wenn z durch reelle Werte gegen 1 strebt, n=O oo

und zwar .E an. Aus der vorausgesetzten Konvergenz von n=O

00 00 00

}; an, };bn, }; Cn n=O n=O n=ll

folgt also durch den Grenzübergang z + 1:

00 00 00

};an ·};bn = };cn. n=IJ n=O n=O

Für die .2rTransformation gilt nun das Analogon zum Abelschen Satz: t

Satz 752 • Sind.21{F1}, .21{F2} und E1{F1 ti F2} für dasselbe s0 einfach ko,tver-gent, so ist

Beweis: Der eben angeführte Beweis für Potenzreihen läßt sich nicht un­mittelbar übertragen, da aus der Konvergenz von .21{F} für s0 nicht die ab­solute Konvergenz für ~s > ~s0 folgt. Wir können aber nach Satz 5 [2. 2] jedes einfach konvergente .2rlntegral in ein absolut konvergentes umformen und dann einen ähnlichen Gedankengang wie oben anwenden. Unter Verwen­dung der Faltungssymbolik können wir Satz 5 [2. 2] so aussprechen:

Page 126: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 15. Die Abbildung der Faltung zweier Originalfunktionen 129

Ist E1{F} für s0 einfach konvergent, so ist für 9ts > 9ts0 :

00 t

E1{F} = (s- s0) fe-•t dtfe••(t-r) F(-r) d-r = (s- s0) E1{e••t ~ F}, 0 0

wobei das Erlntegral auf der rechten Seite absolut konvergiert. Wir setzen nun F = F1 * F2 und falten beiderseits mit e5• 1:

Nach dem eben angeführten Satz ist E1{e"• 1 *F1} ebenso wie E1{e"• 1} für 9ts > 9ts0 absolut konvergent; E1{F} und E1{F2} sind für 9ts > 9ts0 einfach konvergent; ferner ist e•• 1 und nach Satz 1 [2.14] auch e•• 1 * F1 in jedem end­lichen Intervall beschränkt. Folglich können wir auf beide Seiten den Faltungs­satz 6 anwenden und erhalten:

oder, abermals nach dem obigen Satz:

das heißt

Nun gilt für die ErTransformation das Analogon zum Abelschen Stetigkeits­satz (Satz 1 [3. 5]), daß aus der Konvergenz von E1{ F} an der Stelle s0 folgt: .il1{F; s}+E1{F; s0}, wennshorizontal gegen s0 strebt. Der Grenzübergang s + s0 liefert also die Behauptung.

Bemerkung: Man hätte die Gleichung F = F1 * F2 auch zweimal mit e"•1

falten:

und dann den Satz 4 anwenden können. Der Beweis von Satz 7 zeigt, daß die Faltung von F1 * F2 mit e"• 1 das

Aggregat reif zur Aufspaltung durch die E1-Transformation, wenigstens für 9ts > 9ts0 , macht, so daß folgendes mitbewiesen ist:

Satz 8. Sind .il1{F1} und E1{F2} für s0 einfach konvergent, so ist

Statt e•• 1 kann man auch andere Funktionen zur Faltung verwenden, um die Aufspaltung zu ermöglichen, z. B. die Konstante 1.

Doetsch 1/9

Page 127: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

130 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Satz 9. Wenn ~1{F1} und ~1{F2} für ein reelles s0 ~ 0 einfach konvergieren,

so ist

Beweis: Es ist

Nach Satz 1 [2.12] ist ~1 { 1 * F1} für ~s > ~s0 absolut konvergent und gleich

~{F1}/s; ~{F2} ist für ~s > ~s0 einfach konvergent; außerdem ist 1 * F1

als Integral stetig und daher in jedem endlichen Intervall beschränkt. Also

liefert Satz 6 die Behauptung. Aus den Sätzen 2, 5, 8, 9 folgt: Satz 10. Die Abszissen der absolutm Konvergenz von ~1{F1} und ~1{F2}

seien mit cx.1 bzw. cx.2 , die der einfachen Konvergenz mit ß1 bzw. ß2 bezeichnet. Dann gilt: Die Abszisse absoluter Konvergenz von

die Abszisse einfacher Konvergenz von

Bei Reihen gelingt es durch Verallgemeinerung des Summenbegriffs ver­

mittels Einführung des arithmetischen Mittels der Partialsummen (Cesarosche

Summabilität), auch bei zwei bedingt konvergenten Reihen der Cauchyschen

Produktreihe stets einen Sinn zu verleihen. Analog werden wir später (9. 6)

durch eine Verallgemeinerung der ~-Transformation immer von der Transfor­

mierten der Faltung sprechen können, auch wenn die ~-Integrale der beiden

Funktionen nur bedingt konvergieren. Als Anwendung von Satz 9 beweisen wir folgenden Satz über die Faltung

mit endlichem Intervall: t

Satz 1153 • WennF1 Ö F2 für alle t > 0 eine Nullfunktion*) ist und ~1{F1} und

~1{F2} irgendwo einfach konvergüren, so ist mindestens eine der Funktimten

F1 , F2 eine N ullfunktion.

*) V gl. S. 72.

Page 128: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 16. Die Abbildung weiterer Operationen an der L-Funktion 131

Beweis: Ist F1 •F2 eine Nullfunktion, so ist 1 •F1 •F2 = 0, also i!{l •F1 •F2}

= 0 für alle s. Wählen wir ein reelles s0 ~ 0, wo i!{F1} und i!{F2} beide kon­vergieren, so ist nach Satz 9

Ist i!{F1} = 0 für 9ts > 9ts0 , so ist F1 nach Satz 2 [2. 9] eine Nullfunktion. Ist i!{F1} $ 0, so benutzen wir die Tatsache, die wir in Satz 1 [3. 2] kennen­lernen werden, daß eine ß-Transformierte eine analytische Funktion ist; aus ihr folgt, daß es ein Intervall s1 ~ s :::;;;: s2 gibt, wo i!{F1} * 0 ist. i!{F2} muß nach der obigen Gleichung in diesem Intervall und damit als analytische Funktion in der ganzen Halbebene 9ts > 9ts0 verschwinden, woraus folgt, daß F2 eine Nullfunktion ist.

Man wird sofort vermuten, daß die Bedingung der Existenz von i!{F1} und i!{F2},die eine Voraussetzung überdas Verhalten vonF1 undF2 im Unendlichen darstellt, für den Satz überflüssig ist, da das Faltungsintegral immer nur über ein endliches Intervall erstreckt wird. In der Tat gilt sogar folgender Satz, mit dem sich diese Vermutung beweisen läßt:

Satz 1254• Wenn F1 ~ F2 für ein endliches Intervall 0 < t ~ c eine N ullfunk­tion ist, so ist F1 in 0 :::;; t ~ a und F2 in 0 ~ t :::;; b eine Null/unktion, wobei a + b = c ist.

Die naheliegende Idee, diesen Satz dadurch auf den vorigen zurückzuführen, daß man .Fi(t) = F;(t) = 0 für t > c setzt, scheitert daran, daß dann wohl.Fi •F2

für 0 < t ~ c und für t ~ 2 c eine Nullfunktion ist, aber nicht notwendig für c < t < 2 c. Die bisher vorliegenden Beweise für Satz 12, der eigentlich ein Satz der allgemeinen Analysis ist und mit der .{!-Transformation nichts zu tun hat, beruhen trotzdem auf der 2-Transformation, machen aber Gebrauch von funk­tionentheoretischen Sätzen, deren Kenntnis wir hier nicht voraussetzen können.

§ 16. Die Abbildung weiterer Operationen an der L-Funktion

Jeder Operation an der L-Funktion muß eine gewisse Operation an der l-Funktion entsprechen; es kann bloß vorkommen, daß diese Operation im Bildbereich so kompliziert ist, daß kein Interesse für sie besteht. Den funda­mentalen Operationen der Integration, Differentiation und Faltung im L­Bereich entsprechen ganz elementare Operationen im l-Bereich, und ein großer Teil der Bedeutung, die die ß-Transformation für die Mathematik hat, beruht auf dieser Tatsache. Wir wollen als Beispiele für viele andere Operationen, deren Bilder heute bekannt sind und die sich in den «Tabellen~> S. 75-80 zu­sammengestellt finden, zwei in den Anwendungen häufiger vorkommende be­handeln, bei denen die Operationen im Originalbereich ziemlich kompliziert, die im Bildbereich aber auffallend einfach sind.

Page 129: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

132

(1)

2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

1. Die Abbildztng der Banket-Transformation

Die Hankel-Transformation ist folgendermaßen definiert:

00

<P(t) = j ].(2 Vtr) F(r) dr = ~(•l{F} 0

(v > -1),

wobei oo (- 1)n (z/2)•+ zn

],(z) =n!; n! T(v + n + 1)

die Bessel-Funktion erster Art ist und das Integral für alle reellen t > 0 konver­

gieren soll. Sie weist viele Analogien mit der Fouriersehen cos- und sin-Trans­

formation auf (vgl. S. 21), mit der sie für v = -1/2 und v = + 1/2 wegen

f-t/2(z) =V n2z cosz, ft;2(z) =V n2z sinz

im wesentlichen übereinstimmt. Wir beweisen zunächst: Satz 155 • Wenn F(r) für t > 0 eine H anket- Transformierte $(t) mit v > - 1 *)

und t•l2 F(t) fiir ~s > s0 (reell) eine S!.-Transformierte t{s) besitzt, so hat t•l2 $(t)

für ~s > 0 eine S!.-Transformierte (j(s), und zwischen t{s) und p(s) besteht die

Relation

(j ( s) = s" ~ 1 f ( +) ( ~s > 0, ~ ~ > So) ·

Beweis: Die Grundlage bildet die folgendeS!.-Transformation ( <<Tabellem4. 74) :

(2) S!.{ t••/2 ]., (2 V d)} = s::21 e- T/s (v > -1, r > 0, ~s > 0).

Wendet man nämlich auf t•/2 $(t) die S!.-Transformation an und vertauscht

rechter Hand das S!.-Integral mit dem Integral nach r, so ergibt sich**):

00 00

= /F(r) dr S!.{t''/2 !. (2 v;i)} = s''~ 1 r e-Tjs r''/2 F(r) dr

0 0

= _1_ S!, lt••/2 F(t). ~l = _!__f-(2-). s•'+ 1 l ' s I s•+ 1 s

*) Man kann die folgenden Ableitungen leicht auf komplexes v mit \Rv > -1 erweitern.

**) Der springende Punkt ist, daß man es mit einer Funktion [oben 1"12 fv (2 (tT)] zu tun hat,

deren .~!-Transformierte eine Exponentialfunktion [oben (T• 12jsV+1 ) rT 18] enthält, so daß man wieder

gerade auf die Gestalt einer 2-Transformation kommt. Hierauf beruhen die meisten der "Operationen •

in den «Tabellen» S. 75-80. Die Funktionen, die bei der .~!-Transformation auf Exponentialfunk­

tionen führen, finden sich in den «Tabellen», Abschnitt 4, S. 105-115; sie können als Kerne für die

Ausgangstransformation (oben Hanke!-Transformation) dienen.

Page 130: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ I6. Die Abbildung weiterer Operationen an der L-Funktion 133

Es handelt sich also nur darum, die Integralvertauschung zu legitimieren. Dazu bemerken wir zunächst, daß das Integral (2) in jedem endlichen Intervall 0 < T1 ~ T ~ T2 gleichmäßig konvergiert. Denn aus der Reihendarstellung für J.(z) folgt

J.(z) = O(z•) für z-+ 0,

und aus der asymptotischen Darstellung für z-+ =(Anhang Nr. 8)

J.(z) = O(z-112) für z-+=.

Es gibt also eine Konstante A., so daß*)

ist. Damit haben wir (0 < t1 < t2 < =):

~ t2 I I e-•t t•12 1.(2 V T t) I dt < A. 2" T·12 / e- 'iJts·t t• (1 + 2 V;t") -[(1/2) +•l.at. ~ ~

Wir zeigen, daß die rechte Seite für 0 < T1 ~ T ~ T2 unter einer von T unab­hängigen Schranke liegt. Im Hinblick auf T"'2 müssen wir y ~ 0 und y < 0, und im Hinblick auf (1 + 2 V T t) -[(1/2) +•I die Fälle (1/2) + y ~ 0 und (1/2) + y > 0 auseinanderhalten. Erinnern wir uns, daß von vornherein Y > -1 war, so er­gibt sich folgende Fallunterscheidung:

t, I le-•tt•12 J.(2VTt)l dt I,

t,

A.2" T12 ( e-llls·t t• (1 + 2 VT2 t) -!112 +•) dt für -1 < Y ~- ~ t:

t,

< A. 2" T12 I e-ll'ls·t t• (1 + 2 V Tl t) -(112 +v) dt für - -} < 'jl < 0 t,

t,

A.2•T12 (e-ll'l•·tt•(1+2VT1 i)-!112 +•)dt für Y~O. t:

Ist 9ts > 0, so konvergieren die rechtsstehenden Integrale für t1 -+ 0, t2 -+ <X>, 00 00

also konvergiert/! e-• 1 t•l2 ].(2V:rt) I dt und damit erst recht J e-• 1 t•l2 ].(2 Vrt) dt 0 0

gleichmäßig in 0 < T1 ~ T ~ T2 (für festes s mit 9ts > 0).

*) z/(I + z) verhält sich für z-+ 0 wie z, für z -+oo wie I; I + z verhält sich für z -+oo wie z und für z -+ 0 wie I.

Page 131: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

134 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Daraus folgt, daß man dieses uneigentliche Integral auch nach Multipli­kation mit einer ]-Funktion F(1:) in dem lntervall7:1 ~ 1: ~ 1:2 in der Weise nach 1: integrieren kann, daß man unter dem Integralzeichen integriert, d.h. die Integrale nach 1: und t vertauscht:

T1 oo oo T1

(4) I F(1:) d1: I e-•t t•12 ].(2 V 1: t) dt = ./ e-•t t"'2 dt I ].(2 V t 1:) F(1:) d1: T1 0 0 T1

oder nach (2): 00 T~ T3

(5) I e-•t ev/21 1.(2 ~) F(7:) dl: = s•~ 1 I e- •I• l:•/2 F(7:) dl: (9ts > 0). Ü T1 T1

t. Wegen der gleichmäßigen Konvergenz vonfe-st t•/2 ].(2 V• t) dt für t1 + 0,

t, t 2 + oo in -r1 s T S -r2 sind diese Funktionen von T für -r1 ~ T ~ -r2 und alle Parameter t 1 , t 2 gleichartig beschränkt. Ist F(t) eine Lebesguesche ]-Funktion, so folgt die Vertauschbarkeit nach Anhang Nr. 32. Ist F(t) eine Riemannsche ]-Funktion, so kann man zunächst die endlich vielen in -r1 ~ T::;; -r2 liegenden Stellen uneigentlicher Integrabilität in kleine Intervalle i einfassen. In der Rest­menge ist F(-r) eigentlich integrabel, also beschränkt, so daß durch die Multi-

t, plikation mit F(-r) die gleichmäßige Konvergenz von J nicht gestört wird. Daher

t, ist bei Integration über die Restmenge die Integralvertauschung erlaubt, was man so ausdrücken kann

., 00 00 [ •• ] .[-j F(-r) d-,; j e-• 1 t•/2 ],.(2 VT"t) dt = j r•t p/2 dt .[-j ].(2 VIT) F(•) d• .

Für den auf ein Intervall i bezüglichen Ausdruck auf der linken Seite erhalten wir:

00

/F(-,;) d-,;_/e-st t•/2 ].(2 VTI) dt = s•~l j e-•Js -,;•·/2 F(•) d-,; + 0, i 0 i

wenn i sich auf den Punkt uneigentlicher Integrabilität zusammenzieht, da e -Tts -,;•1 2 in i beschränkt ist; für den auf i bezüglichen Ausdruck auf der rechten Seite ergibt sich wie S. 133 z. B. für -1 < v ~ - 1/2:

00

~J r'i1ts·W' 2 dt JA. 2• (t •)•' 2 (1 + 2 ViT)-l(I/2J+•IIF(•) 1 d• 0 i

00

~ A. 2• ·~' 2 J e-'ifts·t t• (1 + 2 V•2 t)-[(I/2)+•ldt · J IF(•)i d-,; = const J IF(-,;) I d• + 0, 0 i i

wenn die Ausdehnung von i verschwindet. Zieht man also die i auf die Punkte uneigentlicher Integrabilität zusammen, so erhält man Gleichung (4).

Page 132: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 16. Die Abbildung weiterer Operationen an der L-Funktion 135

Nun haben wir in Gleichung (5) noch den Grenzübergang T1 -+ 0, T2 -+ oo auszuführen. Die rechte Seite hat nach Voraussetzung den Grenzwert

00 _1_/ -rfs v/2p( ) d __ 1_,-(_!_) s•+l e T T T- s•+t s '

0

wenn s =!= 0 und 9t (1/s) > s0 ist. Da ferner ~(•l{F}= tP(t) existiert, kann die linke Seite in der Form geschrieben werden:

Je-•t t•l2 (tP(t)- ]1.(2 Vt T) F(T) dr -[].(2 Jfh) F(r) aT) dt (9ts > 0) 0

II II r,

Wir setzen 00 00 r e-•t t•12 dt (!.(2 Vi~) F(T) dT = q(T2)

(I ;a

und behaupten, daß q(r2) -+ 0 für T 2 -+ oo. Nach (5) ist für 0 < T~ < T;:

00

00 7 11

q(T;')- q(T2) = J e-• 1 t•12 at j ]..(2 Vh} F(-r) dr o r~

T~' 1 •·

= ---- j e -•fs r•·/2 F(r) d-r s•+l

;; (9ts > 0).

Da I e -•fs T•/2 F(T) dT für 9t(1Js) > s0 konvergiert, kann man zu e > 0 ein 0

w > 0 so bestimmen, daß bei 9ts > 0 und 9t(1/s) > s0 für alle r;' > r; > w die rechte Seite, absolut genommen, kleiner als e ausfällt, also auch die linke. Nach dem Cauchyschen Konvergenzkriterium bedeutet dies, daß q(r2) -+ 0 für T2 -+ oo, wenn 9ts > 0 und 9t (1/s) > s0 • Ebenso beweist man, daß

00 ••

je-• 1 t"12 at/ J.(2Vi-~)F(T)aT-+0 für T1 -+0. 0 0

Da die linke Seite von (5) gewiß einen Grenzwert hat, so folgt nunmehr, daß 00

dieser gleich I e- 81 t•l2 tP(t) dt ist, wenn 9ts > 0 und 9t{1/s} > s0 ist. 9t{1/s) > s0

0 bedeutet für s0 > 0 das Innere des Kreises über (0, ljs0 ), für s0 < 0 das Äußere des Kreises über (1Js0 , 0) als Durchmesser, für s0 = 0 die Halbebene 9ts > 0. Der Durchschnitt mit 9ts > 0 ist also für s0 > 0 der Kreis über (0, 1js0), für s0 ;:;,;; 0 die Halbebene 9ts > 0. Im ersteren Fall existiert 2{ t•l2 tP(t)} für reelle s > 0, die beliebig nahe an 0 liegen, also auch für die ganze Halbebene 9ts > 0. Damit ist Satz 1 bewiesen.

Page 133: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

136 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Ehe wir aus Satz 1 eine Abbildungseigenschaft der l!-Transformation ab­leiten, wollen wir auf eine bemerkenswerte Eigenschaft der Ranket-Transfor­mation aufmerksam machen, die unmittelbar aus Satz 1 folgt. Wenn die Hankel­Transformierte if>(r) selbst wieder eine Hankel-Transformierte G(t) besitzt, so hat, da t•i2 if>(t) für 9ls > 0 die l!-Transformierte ;p(s) besitzt, nach Satz 1 auch t•l2 G(t) für 9ls > 0 eine l!-Transformierte g(s), und es gilt:

g(s) = 5 .~ 1 <P(-~-) (9ls > 0).

Nun folgt aber aus der durch Satz 1 gelieferten Gleichung

daß umgekehrt auch - 1 -(1) f(s) = s•+l ffJ s

und somit g (s) = f(s),

d.h. nach dem Eindeutigkeitssatz

G(t) = F(t) + Nullfunktion

ist. Dieses Ergebnis können wir so formulieren: Satz 256 • Wenn

(v > -1}

und f)(•l{ if>} existieren und außerdem t•l2 F(t) eine l!-Transformierte besitzt*), so ist

f>(•l{ if>} = F(t) + Nullfunktion,

d.h. die zweimalige Anwendung der Ranket-Transformation führt auf die Aus­gangs/unktion zurück, oder anders ausgedrückt: Die Umkehrung der Ranket­Transformation wird durch sie selbst bewerkstelligt, sie ist also eine involutorische Transformation.

Der involutorische Charakter der f>(•l-Transformation erklärt sich beim obigen Beweis daraus, daß die durch die l!-Transformation gelieferte Bildglei­

chung q;(s) = 1js•+l i(1js) trivialerweise involutorisch ist. Wenn wir nun Satz 1 als eine Abbildungseigenschaft der l!-Transformation

deuten wollen, so ist es störend, daß in der f>(•l-Transformation die Funktion F(t), in der l!-Transformation aber t•/2 F(t) vorkommt. Wir werden daher die f>(•l-Transformation in der Gestalt

00

t•l2 if>(t) = t•l2 .fr-•12 ].(2 Vt~) · r''12 F(r) dr 0

*) Dies bedeutet eine Voraussetzung über das Verhalten von F(t) bei t = 0 und t = oo.

Page 134: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 16. Die Abbildung weiterer Operationen an der L-Funktion 137

schreiben und -,;•12 F(-,;) bzw. t•12 tP(t) gleich neuen Funktionen setzen, die wir der Einfachheit halber wieder F(t) bzw. tP(t) nennen. Dann kann man Satz 1 unter Heranziehung von Satz 2 in folgender Form aussprechen:

Satz 3. F(t) sei eine L-Funktion und ~{ F} = f(s) fiir 9ls > s0 konvergent. Bildet man aus F(t) eine andere Funktion tP(t) vermittels

00

(6) t/J(t) = t•12 J 7:-v/2 1.(2 Vt-;) F(-,;) d-,; (v > -1), u

wobei die Existenz dieses Integrals fiir alle t > 0 vorausgesetzt wird, so ist auch tP(t) eine L-Funktion und ~{ tP} = <p(s) fiir 9ts > 0 konvergent; zwischen den !-Funktionen f(s) und <p(s) besteht die Beziehung

(7) <p(s) = s•~ 1 1( ~) oder f(s) = s•~ 1 <r( +). Es gilt auch umgekehrt

(8) 00

F(t) = t"'2 r 7:_.,2 1.(2 Vh") t/J(-,;) d-,;. 5

vorausgesetzt, daß das I ntegralfiir alle t konvergiert. Der auf F(t) durch (6) ausgeübte transzendente Prozeß spiegelt sich im

!-Bereich in der elementaren gebrochen rationalen Substitution (7) wieder. Man kann das so ausdrücken: Die durch die Hankel-Transformation gelieferte Abbildung wird durch die Laplace-Transformation <<algebraisiert•>. Es sei hier nebenbei bemerkt, daß die Hankel-Transformation sich auch noch auf andere Art algebraisieren läßt, nämlich durch die 91-Transformation (siehe 2. 7). Es ist 57

00 00 00 00

91{~(·{F}}= jz-(1/2)+ iy dzj 1.(2 Vn) F(-,;) d-,; = J F(-,;) d-,; jz-(1/Z)+iy ].(2 v7: z) dz u 0 u u

r(-"-:t:!_ .L i y) oo r(-"-:t:!_ + -i y) = r( .!~ , . ) j-,;-(1/2) -iy F(-,;) d-,; = -r-(·;!1---. -) 91{F;- y},

-2--ty 0 -2--ty

also, wenn 91{F} = /(y) und 91{ ~(•l{F}} = ip(y) gesetzt wird:

V r(~+iy) V V r(•;_!-+iy) V

<p(y) = -r( v+ 1 . ) /(- y) oder /(y) = -r--(-~+i ----:---) <p(- y). -2--ty 2--ty

Einige Anwendungen von Satz 3

1. Für F(t) = cos IX t ist f(s) = sf(s2 + ot 2), also für v = 0:

s - __!__ 1 I s - _1 ___ 1 __ - ~ I__!__ sin ..!.} <p( ) - s (1/s 2) + cx 2 - cx 2 s 2 + (1fcx 2) - I cx cx (IX =!= 0).

Page 135: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

138 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Folglich ist «P(t) = 1/rr. sin tfrr. bis auf eine Nullfunktion, die hier identisch ver­schwindet. Damit erhält man aus (6) die Formel

00

! ]0(2 ~) cosoc T d-r =..!. sin _!___ ot ot

(rr-=1=0). 0

2. Für F(t) = sinoc t ist f(s) = rr.f(s 2 + rr- 2), also für v = 0:

und folglich nach (6): 00 r V-- 1 t

] 0(2 tT) SinOt T dT =- COS--· ot ot

lJ (IX =I= 0).

Diese Formel ist gleichbedeutend mit (8), angewendet auf den vorigen Fall. 3. Für F(t) = ]0(t) ist /(s) = 1/Vl +s2, also für v = 0:

1 1 1 } tp(s) = s V1 + (1fs2) = V1 + s2 = -2{Jo(t)

und folglich nach (6): 00 r fo(2 ~) fu(T) dT: = fo(t).

,;

J0(t) ist also eine Invariante der ~<0l-Transformation. Nach dem Vorigen gilt das gleiche für cos t + sin t und allgemeiner für cos rr. t + (1/oc) sin tjoc.

2. Die Abbildung der 1p-Transjormation

Die S. 50-51 behandelte, in der Wärmeleitungstheorie vorkommende Funktion 1jJ (x, t) = Xe- %'{4.t I (2 vn- t 3' 2) hat eine besonders einfache Exponen­tialfunktion zur .2-Transformierten:

-2{1J'(x, t)}= e-.ds für x > 0. Daher ist formal

00 0C1 00 00

je-st dtj 1p(x, t) F(x) dx = j F(x) dx fe-st 1p(x, t) dt u u 0 0

00

= { e- Vs x F(x) dx = .2{F; Vs}. ll

Page 136: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 16. Die Abbildung weiterer Operationen an der L·Funktion 139

Diese Umformung läßt sich in analoger, nur etwas einfacherer Weise legitimie­ren wie die in der vorigen Nummer, wenn man voraussetzt, daß F(t) eine E-Transformierte besitzt. Dann ist nämlich das Integral

00

/ 1p(x, t) F(x) dx = (/>(t), u

das wir die 1p-Transformation nennen wollen, für alle t > 0 eo ipso konvergent; denn wennsein reeller Konvergenzpunkt von E{F}ist, so ist in

oo oo x e - x'/4 t I 'f'(X, t) F(x) dx =I vn eBIIJ [e-'IIJ F(x)] dx 2 :n, t3f2

0 u

(t > 0)

der Faktor vor der eckigen Klammer eine von einer Stelle an monoton abneh-oo

mende, positive Funktion von x, das Integral also mit j e-siiJ F(x) dx konver­o

gent (Anhang Nr. 44). Außerdem ist E{ 1p(x, t)} in jedem endlichen Intervall 0 < x1 ~ x ~ x2 gleichmäßig konvergent. Wir erhalten also folgenden Satz:

Satz458 • Ist F(t) eine L-Funktion, so ist auch ihre für alle t > 0 existierende 1p-Transjormierte 00

(9) (/>(t) = / 1p(x, t) F(x) dx 0

eine L-Funktion,· zwischen den !-Funktionen f(s) utul <p(s) besteht die Beziehung

(10) <p(s) = /(ys),

muer JIS den Hauptzweig verstanden. Dem komplizierten Übergang von F zu(/> im L-Bereich entspricht also im

!-Bereich die einfache algebraische Substitution von s durch Vs. Die Umk-ehrung von Satz 1 gilt nicht: Wenn <p(s) = E{ (/>}ist, so braucht

<p(s 2) keine !-Funktion zu sein, mit anderen Worten: die Integralgleichung (9) braucht im L-Bereich keine Lösung zu haben. Gegenbeispiel:

aber <p(s 2) = tC'ts ist nach S. 80 keine !-Funktion.

Anwendung von Satz 4

Für F(t) = ]0 (oc t) ist /(s) = l!V s2 + ~. also

1 f e -r~.•t l <p(s) = y' = E 1•'-==-f . s2+or.s ynt

(oc > 0);

Page 137: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

140 2. Kap.: Analytische Eigenschaften der Laplace-Transformation

Nach (1) ist demnach

oder explizit:

00 -a.•t J 1p(x, t) ]0(rx. x) dx = Vit 0

00 J x e-"''141 ] 0(rx. x) dx = 2 t e-rx•t, 0

was sich in die ~-Transformation

umformen läßt.

00 J e-sT fo(rx. Jfi) d-r = ! e-«'/4s

0

Page 138: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

141

3. KAPITEL

ALLGEMEINE FUNKTIONENTHEORETISCHE

EIGENSCHAFTEN DER DURCH DIE

LAPLACE-TRANSFORMATION ERZEUGTEN FUNKTIONEN

§ 1. Gleichmäßige Konvergenz des Laplace-Integrals

Wir werden jetzt zeigen, daß jede ~-Transformierte eine analytische Funk­tion darstellt. Wie bei unendlichen Reihen ist auch bei uneigentlichen Inte­gralen die gleichmäßige Konvergenz das fundamentale Hilfsmittel zum Nach­weis von Regularitätseigenschaften der dargestellten Funktion, wie Existenz von Grenzwerten, Stetigkeit, Differenzierbarkeit usw. Wir schicken deshalb eine Untersuchung über die gleichmäßige Konvergenz des ~-Integrals voraus.

Die einzige ganz allgemeine Aussage, die sich hierüber machen läßt, ist bereits in dem Fundamentalsatz (Satz 5 [2. 2]) enthalten. Sie lautet:

Satz 1. Ist s0 ein Konvergenzpunkt von ~{F}, so konvergiert ~{F} in iedem unendlichen Winkelraum*) ID3(s0 , 1p < :rc/2) gleichmäßig.

s0 kann jeden inneren Punkt der Konvergenzhalbebene, aber auch jeden Punkt ihrer Randgeraden bedeuten, wo ~{F} konvergiert.

Aus Satz 1 folgt: Satz 2. ~{F} konvergiert in iedem beschränkten, ganz im Innern der Kon­

vergenzhalbebene gelegenen Bereich**) gleichmäßig. Denn ein solcher Bereich kann in ein Rechteck im Innern der Konvergenz­

halbebene und dieses wiederum in einen .Winkelraum ID3 eingeschlossen werden. Es ist zu beachten, daß ein Winkelraum ID3{s0 , 1p < :rc/2) keine Vertikale

~s = x0 und erst recht keine Halbebene 9ts ~ x0 ganz enthält, so daß also allgemein über die gleichmäßige Konvergenz in einer Halbebene nichts ausge­sagt werden kann. Es gilt.aber:

Satz 3. Ist ~{F} auf einer Geraden 9ts = x0 gleichmäßig konvergent, so ist es auch in der Halbebene 9ts ~ x0 gleichmäßig konvergent.

Beweis: Nach Vorapssetzung gibt es zu jedem e > 0 ein D = D(e), so daß für alle reellen y

w,

j e-(x.+iy)t F(t) dt < e für w2 > w1 ~ D

w.

*) Siehe Bezeichnungen urid Abkürzungen S. 13. **) Eine zusammenhängende offene Punktmenge nennen wir ein Gebiet, die aus einem Gebiet

einschließlich Randpunkte bestehende abgeschlossene Punktmenge einen Bereich.

Page 139: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

142 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace·Transformierten

ist. Nach dem zweiten Mittelwertsatz der Integralrechnung (Anhang Nr. 43) ist für x ;?; x0 :

.... .... "' .fe- (z+ irlt F(t) dt = fe- (x-x,Jt e- (x, +irlt F(t) dt = e- (x- x,>"'•/e- (x,+ irlt F(t) dt,

w, w, "'•

wo weinen gewissen Wert zwischen w1 und w2 bedeutet. Also ist für x;?; x0 ,

beliebiges reelles y und w2 > w1 ;?; [}:

"'• ./ e- (H iy) t F(t) dt :::;;; e- (x- x,) D e ~ e.

"'•

womit die Behauptung bewiesen ist. Auf Grund von Satz 3 kann man in derselben Weise wie bei der absoluten

und der einfachen Konvergenz die Abszisse y gleichmäßiger Konvergenz des E-Integrals definieren von der Art, daß E{F} bei X> r für 9ls;?; X gleich­mäßig, bei X< f' für 9ls;?; X nicht gleichmäßig (eventuell überhaupt nicht) konvergiert. Gibt es keine Vertikale, auf der E{F} gleichmäßig konvergiert, so ist r = + 00 zu setzen.

Die Halbebene gleichmäßiger Konvergenz 9ls > y hat einen ande­ren Charakter als die früher definierten Halbebenen einfacher und absoluter Konvergenz. Während letztere genau das Gebiet darstellten, in dem E{F} ein­fach bzw. absolut konvergiert, gilt das Entsprechende bei der Halbebene 9ls > y im allgemeinen nicht. Ist nämlich ß < y, so kann man an die Halb­ebene 9ls;?; X> r ein Rechteck aus dem Streifen ß < 9ls ~X anhängen, worauf E{F} nach Satz 2 auch in diesem vergrößerten Bereich gleichmäßig konvergiert.

Es lassen sich spezielle Beispiele konstruieren, bei denen E{ F} in der ganzen Ebene konvergiert, aber auf keiner Vertikalen (und infolgedessen in keiner Halbebene) gleichmäßig59• Nach Satz 2 kann die Ungleichmäßigkeit der Kon­vergenz nur von Punkten mit beliebig großer Ordinate verursacht sein.

Es gibt eine Reihe von wichtigen

Spezialfällen,

in denen eine Halbebene gleichmäßiger Konvergenz existiert.

Satz 4. Ist E{F} in s0 absolut konvergent, so konvergiert es in der Halbebene 9ls ;?; 9ls0 gleichmäßig.

Dies folgt aus dem Beweis von Satz 2 [2. 2]. - Hieraus ergibt sich: Satz 5. Bezüglich der verschiedenen Konvergenzabszissen gilt:

Page 140: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Gleichmäßige Konvergenz des Laplace-Integrals 143

Satz 660. Es sei F(t) ~ 0 und für t ~ T monoton gegen 0 abnehmend*). Dann konvergiert 2{F} gleichmäßig für 9ts ~ 0 mit eventueller Ausnahme eines be­liebig kleinen Gebietes um s = 0. Die Konvergenz ist dann und nur dann in der vollen Halbebene 9ts ~ 0 gleichmäßig, wenn 2{f} in s = 0 konvergiert.

Beweis: Mit s = x + i y ist für x ~ 0 und w2 > w1 ~ T nach dem zweiten Mittelwertsatz der Integralrechnung (Anhang Nr. 43):

Ws Wz

./ e-•t F(t) dt =I e- "1 (cosy t- i sin y t) F(t) dt

ro' w"

= e- xw, F(w1} I cos y t dt- i e- xw, F(w1} /sin y t dt,

wo w' und w" gewisse Werte zwischen w1 und w2 sind. Für y =1= 0 ist also

w,

/ e-•t F(t) dt ~ 2 e- xw, F(w1) I; I :o;;; !~~j~) . w,

Strebt nun F(t) gegen 0 für t + oo, so kann man für alle x ~ 0 und alle I y I ~ y0 , wo y0 > 0 beliebig klein ist, diese Majorante dadurch beliebig klein machen, daß man w1 oberhalb einer hinreichend großen Zahl wählt. 2{F} konvergiert also in den beiden Viertelebenen x ~ 0, I Yl ~ y0 gleichmäßig; in dem Streifen x ~ x0 > 0, I y I < y0 konvergiert aber 2{ F} sicher gleich­mäßig, weil dieser in einen von einem Konvergenzpunkt s0 ausstrahlenden Win­kelraum W(s0 , 1p < n/2) eingeiaßt werden kann (Satz 1). Die Gleichmäßigkeit der Konvergenz ist also in der Halbebene 9ts ~ 0 mit Ausnahme einer beliebig kleinen Umgebung von s = 0 gesichert.

Ob in dieser die Konvergenz auch noch gleichmäßig ist oder nicht, hängt lediglich davon ab, ob 2{F} in s = 0 konvergiert oder nicht. Ist nämlich 2{F} in s = 0 konvergent, so ist es wegen F(t) ~ 0 auch absolut konvergent, also nach Satz 4 in 9ts ~ 0 gleichmäßig konvergent. Ist aber 2{F} ins= 0 nicht konvergent, wie z.B. für F(t) = 1/(1 + t), so kann es natürlich erst recht nicht in 9ts ~ 0 gleichmäßig konvergieren.

Satz 7. F(t) sei für t > 0 diflerenzierbar. Ist 2{F'} für 9ts ~ x0 > 0 gleich­mäßig konvergent, so gilt dasselbe für 2{F}. Ist 2{F'} für 9ts ~ 0 mit even-­tueller Ausnahme einer Umgebung I s I < (! von s = 0 gleichmäßig konvergent una F(t) + 0 für t + oo, so konvergiert 2{ F} gleichmäßig für 9ts ~ 0 mit Ausnahme von lsl < (!.

*) Daß in diesem Fall eine Halbebene gleichmäßiger Konvergenz existiert, ist selbstverständ­lich, da i!{ F} offenbar für 9ts ~ x0 > 0 absolut konvergiert. Der Satz gibt aber eine genauere Be­stimmung des Gebietes gleichmäßiger Konvergenz.

Page 141: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

144 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

Beweis: Durch partielle Integration ergibt sich:

Ist ~{F'} für 9\s;;;; x0 > 0 gleichmäßig konvergent, so schätzen wir für 9\s ;;;; x0 so ab:

Nach Satz 1 [2.13] ist

Ferner strebt nach Voraussetzung j'~-st F'(t) dt gleichmäßig in 9\s;;;; x0 gegen

0 für w1 , w2 -+ CXJ. Daraus folgt die erste Behauptung. Ist ~{F'} für 9\s;;;; 0 mit Ausnahme von I s I < e gleichmäßig konvergent,

so schreiben wir für 9\s ;;;; 0, I s I ;;;; e:

Ist F(t) -+ 0 für t -+ =, so ergibt sich die zweite Behauptung.

§ 2. Holomorphie der /-Funktion

Satz 1. f(s) = ~{F} ist im Innern der Konvergenzhalbebene 9\s > ß holo­morph, d. h. a1~ jeder Stelle im komplexen Sinne beliebig oft differenzierbar, und zwar ist jede Ableitttng wieder ein ~-Integral:

00

(1) f(n)(s) = (-1)n I e-st tn F(t) dt (9\s > ß), 0

das durch Differenzieren von ~{F}unter dem Integralzeichen entsteht. Wir geben für diesen wichtigen Satz zwei Beweise.

Page 142: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Holomorphie der !-Funktion 145

Erster Beweis (mit funktionentheoretischen Methoden) 61 : Wir zeigen zu­nächst*):

Ein ß-Integral mit endlicher oberer Grenze oc > 0

"' /"'(s) =I e-•t F(t) dt

0

ist in der ganzen s-Ebene holomorph, stellt also eine ganze Funktion dar62, und d-ie Ableitung ist

"' /~(s) =- le-•t t F(t) dt.

0

Für beliebige komplexe s und h gilt:

"' "' D(h) = lx~-+ ~- /ot(s) +I e-•t t F(t) dt =I e-•t ( e-"~- 1 + t) F(t) dt.

0 0

Wegen : e-ht_l ' I ( 1 ht h2t2 )I I ____ + tl = h t2 - - - + --- + • • · 1 h 2! 3! 4! :

~ 'h' t2 (1 + ~~\ t + J!!_r,t2 + ···)

jhjt2elhlt~Jhjoc 2 elhlot für O~t;;;;;oc

ist "'

JD(h) J ~ elillsiot jhj oc2 elhl"'l jF(t) J dt + 0 für Jh I+ 0, 0

womit die Behauptung bewiesen ist. Wendet man das Ergebnis auf /~(s) an, so ergibt sich, daß auch /~(s) in der

ganzen Ebene holorrtorph und seine Ableitung so darstellbar ist:

"' j~'(s) =I e-•t t 2 F(t) dt,

0

usw.; allgemein ist "'

j~nl(s) = (-l)n I e-•t tn F(t) dt. 0

----------

*) Diesen Satz über die «endliche» .!!-Transformation könnte man natürlich auch dadurch beweisen, daß man e-s t in eine in 0:;;;;; t:;;;;; a. gleichmäßig konvergente Potenzreihe entwickelt und sie nach Multiplikation mit F(t) gliedweise integriert. Zur Rechtfertigung hat man aber für Lebesgue­sche Integrale den tiefliegenden Satz inAnbang Nr. 32 anzuwenden, und bei Riemannschen Integralen zunächst die Punkte uneigentlicher Integrabilität von F(t) durch kleine Intervalle auszuschließen, damit F(t) in der Restmenge beschränkt ist, wodurch der Beweis umständlich wird. Demgegenüber ist der folgende Beweis ganz elementar und glatt.

Doetsch 1/10

Page 143: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

146 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

Ist nun .2{F} = f(s) für ~s > ß konvergent, so betrachten wir die Funk­tionenschar frx.(s) für alle oc. > 0. Nach Satz 2 [3.1] strebt sie für oc.-+ oo in jedem in ~s > ß liegenden Rechteck R gleichmäßig gegen f(s). Nach dem Weierstraßschen Doppelreihensatz in erweiterter Form (für Scharen mit kon­tinuierlichem Parameter, Anhang Nr. 56) ist also /(s) in R holomorph und dort

~ 00

f(n)(s) = lim f~n)(s) = lim (-1)n I e-•t tn F(t) dt = (-1)n /e-• 1 tn F(t) dt. cx-+oo «--""00 0 Q

Da sich jeder innere Punkt der Konvergenzhalbebene in ein Rechteck Rein­schließen läßt, ist Satz 1 bewiesen.

Bemerkung: Für den Beweis der Holomorphie von /(s) hätte auch der gewöhnliche Weierstraßsche Satz (oc. ganzzahlig = v) ausgereicht, nicht aber für den Beweis der Formel für j(n)(s), da er nur

• f(n) (s) = lim ( -1)n / e-•t tn F(t) dt

V--+00 0 geliefert hätte.

Zweiter Beweis (ohne Benutzung funktionentheoretischer Hilfsmittel) 63 : Es sei s ein fester Punkt im Innern der Konvergenzhalbebene, also ~s > ß. Wir setzen ~s - ß = 3 ~ und

ß+g=s0 , also ~(s-s0)=2g>o.

Mit t

f/J(t) =I e-s,T F(-c) d-c (t ~ 0) 0

ist nach dem Fundamentalsatz (Satz 5 [2. 2]) :

00

f(s) = (s- s0) I e- (s-s,)t f/J(t) dt. 0

Wir zeigen, daß man die Differentiation des Integrals unter dem Integral­zeichen ausführen darf, und daß also

00 00

(2) f'(s) =I e-(s-s,)t f/J(t) dt- (s- s0) fe-(s-s,)t t f/J(t) dt = <p(s) 0 0

ist. Dazu wählen wir einen Nachbarpunkts + h von s mit ihl < g und bilden

D(h) = f(s + ~- f(s)_ _ <p(s)

100 ':"' ( -111 1 ) = e- (s-s,)t (e-ht- 1) f/J(t) dt + (s- s0) je- (s-s,)t e h- + t f/J(t) dt.

0 0

Page 144: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Holomorphie der I-Funktion 147

l/>(t) ist für t ~ 0 stetig und hat für t-+ oo den Grenzwert /(s), ist also be­schränkt:

\if>(t)J ;5;, M für t ~ 0. Ferner ist

le-"t -11 =I-!!!_+ 1z2t2 -~~+-···I :;:;;; JhJ t (1 + _l!tj_:+ t~e~ + ···) ' 1! 2! 3! - 1! 2!

und nach S. 145

Folglich ist 00 00

JD(h) J;?; JhJ M/e-w t e;1 dt + Js- s0 JJhJ M J e-W t 2 e;1 dt u 0

=JhJM(j~-;1 tdt+\s-s0 J.l>; 1 t 2 dt)-+0 für JhJ-+0, u 0

womit (2) bewiesen ist. Nun haben wir noch (2) auf (1) für n = 1 zurückzu­führen. Dazu formen wir den zweiten Summanden

00

/ [- (s- s0) t e- (s-s,)t] l/>(t) dt 0

durch partielle Integration um, wobei wir

t . 1 1

- (s- So) I· e- (s-s,)T d-r = -- e- (s-s,)t + t e- (s-s,)t- --• S -50 S-S0 0

benutzen, und erhalten

f'(s) = --.ß!L + (---~ e- (s-s,)t + t e- (s-s,)t- _1_) l/>(t) loo S-S0 S-S0 S-50 0

00 -! (---~ e- <s- s,)t + t e- <s- s,)t- _1 __ ) e-c,t F(t) dt. S-S0 S-50

0

Wegen l/>(t) -+ f(s0 ) und 9i(s - s0) = 2 ~ > 0 ist

e-<s-s,)tlf>(t)-+0 und te-<s-s,)tif>(t)-+0 für t-+oo.

Page 145: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

148 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace·Transformierten

Also ergibt sich: 00

f'(s) = _M_- J(s_oL_- - 1-- j'e-•tF(t) dt S-S0 S-S0 S-S0 •

II

00 00 00 -J e-•t t F(t) dt + -5 -~s;;/ e-s,t F(t) dt = - /e-•t t F(t) dt. 0 0 u

Wendet man die so gewonnene Differentiationsregel auf das für 9'ls > ß als konvergent erkannte ~-Integral für f'(s) an, so erhält man Formel (1) für n = 2, usw.

Bemerkung: Aus Satz 1 in Verbindung mit Satz 1 [2.12] ergibt sich, daß aus der Existenz von ~{F} für fedes positive x0 > ß folgt:

t

(-r:n F('r:) d-r: = o(ex• 1) für t + oo. 0

Als holomorphe Funktion ist f(s) um jeden inneren Punkt s0 der Konver­genzhalbebene in eine Reihe nach Potenzen von s- s0 entwickelbar:

00 oo /(n)( ) oo ( 1)" •

f(s) =I: nTo__ (s- So)"= I:-~-,- (s- So)" I e-s,t tn F(t) dt. n=O n=O 0

Die Koeffizienten sind bis auf den Faktor (-1)"/n! die Momente von e-s,t F(t) im Intervall (0, oo):

00

M,. = ftn [e-s,t F(t}] dt, 0

also 00 ( 1)"

f(s) =}; --~-,- Mn (s - s0)". n=U n.

Dieselbe Entwicklung erhält man, wenn in ~{F}

00 (- t)" e-st = e- (s-s,)t e••t = e••t ~ ____ (s _ s )" .t..J 1l! 0

n=O

gesetzt und gliedweise integriert wird. Wir wollen die Formel (1) dazu benutzen, um bei reellem F(t) einen Zusam­

menhang zwischen der Anzahl der Zeichenwechsel von F(t) und der von f(s) für reelle s abzuleiten. Wir sagen, die reelle Funktion F(t) habe n Zeichen­wechsel für t > 0, und zwar an den Stellen t1 , ••• , t,. mit

0 < tl < t2 < ... < t,.'

Page 146: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Holamorphie der /-Funktion 149

wenn F(t) in 0 < t < t1 , ebenso in t1 < t < t2 usw., schließlich in t > tn kon­stantes Vorzeichen hat, und wenn diese Vorzeichen alternieren. Wenn F(t) stetig ist, was aber nicht notwendig der Fall zu sein braucht, so ist F(tv) = 0, v= 1, ... , n.

Satz 264 • Wenn die reelle Funktion F(t) für t > 0 n Zeichenwechsel hat, so hat f(s) = E{F} für die reellen s der Konvergenzhalbebene höchstens n verschiedene Nullstellen, also auch höchstens n Zeichenwechsel. Das gleich!: gilt für alle Ab­leitungen von f(s).

Bemerkung: Man beachte, daß wir bei der (nicht notwendig stetigen) Funk­tion F(t) von Zeichenwechseln, bei der holomorphen, also stetigen Funktion f(s) von Nullstellen sprechen. Bei einer Nullstelle von f(s) braucht nicht not­wendig ein Zeichenwechsel vorzuliegen, aber umgekehrt bedingt jeder Zeichen­wech.sel von f(s) eine Nullstelle.

Beweis: Die Funktion

H(t) = {t1 - t) ... (tn - t) F(t),

wo die tv die Stellen des Zeichenwechsels von F(t) sind, ist dauernd ~ 0 oder dauernd :;5 0. Denn in den Intervallen tv < t < tv + 1 haben die beiden Funk­tionen (t1 - t) ... (tn- t) und F(t) konstantes Vorzeichen. Beim Durchgang durch ein tv wechseln beide das Vorzeichen, ihr Produkt behält also sein Vor­zeichen.

Setzen wir

p(-t) =: (tl- t) ... (tn- t) = (-t)n + Cn-1(-t)n-l + ··· + Cl(-t) +Co,

so ist nach Formel {1):

Hätte nun f(s) mehr als n verschiedene Nullstellen, so besäße h(s), da das Poly­nom p(t) in lauter reelle Linearfaktoren zerfällt, nach der Verallgemeinerung des Rolleschen Satzes (Anhang Nr. 21) mindestens eine Nullstelle. Da aber H(t) konstantes Vorzeichen hat, ist h(s) =1= 0. Also kann f(s) höchstens n Nullstellen haben. - Da tk F(t) dieselbe Anzahl von Zeichenwechseln hat wie F(t), so folgt aus

(k=1,2, ... ),

daß auch f(kl(s) höchstens n Nullstellen besitzt. Bemerkung: Wenn F(t) z.B. in 0 < t < t1 positiv und in t1 < t < t2 gleich 0

ist, so kann man {t1 , t2) als ein neues Intervall und t1 als Stelle eines Zeichen­wechsels rechnen. Man kann aber mit demselben Recht das Intervall (t1 , t2)

zu (0, t1) hinzunehmen und (0, t2) als Intervall konstanten Vorzeichens an­sehen. Die letztere Art liefert natürlich die schärfere Aussage, da bei ihr die Anzahl der Zeichenwechsel von F(t) reduziert wird. - Dasselbe gilt, wenn F(t)

Page 147: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

150 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

in (t1 , t2) eine Nullfunktion beliebigen Vorzeichens ist, da man sie dann iden­tisch gleich 0 setzen kann, ohne f(s) zu ändern. - Hieraus folgt:

Satz 3. Alle )!-Transformationen mit endlichen Grenzen

b

je-•tF(t) dt, a

bei denen F(t) in a ~ t ~ b analytisch ist, stellen ganze Funktionen f(s) dar, die

auf der reellen Achse - = < s <+=samt ihren Ableitungen höchstens endlich viele Nullstellen haben.

Denn eine in a ~ t ~ b analytische Funktion hat dort höchstens endlich viele Nullstellen und Zeichenwechsel*).

Beispiel: Es ist (<<Tabellen>> 4. 28)

b

je-•t sinß t dt = sz-}jji [e-as (ß cosß a + s sinß a)- e-bs (ß cosß b + s sinß b)].

a

Zwischen t = 0 und t = 2 n/ ß hat sin ß t (ß > 0) einen ZeichenwechseL Also hat

e-as (ß cosß a + s sinß a)- e-bs (ß cosß b + s sinß b)

für ß > 0, 0 ~ a < b ~ 2 n/ß auf der ganzen reellen Achse höchstens eine Nullstelle.

Die beim Nachweis der Holomorphie von f(s) gewonnene Formel (1} bringt eine grundlegende Abbildungseigenschaft der )!-Transformation zum Ausdruck.

Sie besagt, daß, wenn f(s) eine !-Funktion ist, auch jede Ableitung eine solche ist, und daß dem Übergang von f(s) zu f<n>(s) im !-Bereich der Übergang von F(t) zu (- t)n F(t) im L-Bereich entspricht.

Es ist zu beachten, daßdie Umkehrungnichtrichtig ist: Wenn f'(s)einel-Funk­

tion ist, so braucht f(s) keine zu sein. Gegenbeispiel: f(s) = log s, f'(s) = 1/s. Daß log s keine l-Funktion ist, folgt am einfachsten aus Satz 1 [3. 6].

Daß die )!-Transformation eine Funktion F(t), die nur für reelle Werte der

Variablen definiert zu sein braucht und gewisse Integrabilitätseigenschaften

haben muß, auf eine analytische Funktion f(s) abbildet, d.h. auf eine Funktion, über die sich sehr weitgehende Aussagen machen lassen (wie z. B. Gültigkeit

des Cauchyschen Satzes), kann man zu vielen wichtigen Anwendungen aus­

nutzen, die wir später behandeln werden, wenn uns weitere Hilfsmittel zur

Verfügung stehen. So kann man z. B. bei einer analytischen Funktion, wenn ihr Wachstum in einem Winkelraum gewissen Beschränkungen unterliegt,

schon auf ihr Verschwinden schließen. Hat nun F(t) eine Eigenschaft, aus der

eine solche Wachstumsbeschränkung für f(s) folgt, so muß f(s) = 0 und damit

auch F(t) = 0 sein, wenn F stetig ist. In anderen Anwendungen wiederum

1

*) Im Komplexen kann /(s) unendlich viele Nullstellen haben, wie z. B. J e-s t dt = (1-e- 5 )/s.

Diese Funktion hat die Nullstellen 2 11 n i, 11 = ± 1, ± 2, . . . . u

Page 148: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Die Holomorphiehalbebene von f(s) 151

schließt man von dem Verhalten der Funktion f(s) in der Umgebung einer sin­gulären Stelle (ein Begriff, der nur für analytische Funktionen definiert ist) auf das Verhalten von F(t) für t + oo. (Ähnlich verwendet man ja auch Potenz­und Dirichletsche Reihen, insbesondere in der analytischen Zahlentheorie, um an der dargestellten analytischen Funktion die Eigenschaften der in weitem Umfang beliebigen Koeffizientenfolge abzulesen.)

§ 3. Die Holomorphiehalbebene von/(s)

Eine Potenzreihe stellt in ihrem Konvergenzkreis eine analytische Funktion dar, und eine in einem Kreis um z0 analytische Funktion 91(z) ist dort in eine Reihe nach Potenzen von z- z0 entwickelbar. Bei E-Integralen gilt nur das Analogon zum ersten Teil dieser Aussage: Zwar stellt ein E-Integral in der Konvergenzhalbebene eine analytische Funktion f(s) dar; daß aber nicht jede in einer Halbebene analytische Funktion durch ein E-Integral darstellbar ist, wurde bereits S. 80 erkannt: Die Funktionen ea•, sins, coss, die sogar in der ganzen Ebene analytisch sind, lassen sich nicht alsE-Integrale darstellen. (Die Verhältnisse liegen hier ebenso wie bei Dirichletschen Reihen.)

Es ist zu unterscheiden zwischen dem E-Integral und der dadurch dargestell­ten analytischen Funktion, die einen größeren Existenzbereich haben kann. Der Klärung dieser Frage dienen die folgenden Erörterungen.

Es kommt (genau wie bei Potenzreihen) vor, daß die Konvergenzhalbebene von E{F} der natürliche Existenzbereich der dargestellten Funktion f(s) ist. Wäh­len wir z.B.

also F(t) = [Vt],

F(t) = k für k2 ~ t < (k + 1)2 (k = 0, 1, ... ) ' so ist für ms > 0 :

00 (k + 1)' 00

E{F}=.E J e-•tkdt=! .L'k(e-k'•-e-(k+1l'•) k-0~ k=1

1 ~k -k's ~(k 1} -k's 1 ~ -k'•-j(} =-~ e -~ - e =-~ e - s. 5 k=1 k=1 5 k=1 00

Die Potenzreihe .E ?!'' ist bekanntlich nicht über den Einheitskreis hinaus ana­k=1

lytisch fortsetzbar, also die Dirichletsche Reihe für f(s) nicht über die Gerade 9ls = 0. f(s) ist übrigens eine Thetafunktion: Wird

gesetzt, so ist

00

1 + 2 .E e-k'n'T cos2 k:n v = -&3(v, T) k-1

Page 149: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

152 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

In allen anderen speziellen Beispielen aber, die wir bisher berechnet haben, besaß zwar f(s) auf der Konvergenzgeraden Singularitäten verschiedener Natur, z.B. einen Pol wie l!{t}= 1fs2, oder eine Verzweigungsstelle wie E{1p(x, t)} = e-sJis, oder eine wesentliche Singularität, verbunden mit Verzweigung wie

0 { COSX Jlt} __ 1_ - (x'/4s) .c nVt - Vns- e

usw., im übrigen aber war die Funktion /(s) über die Konvergenzgerade hinaus fortsetz bar. Es kann sogar der Fall eintreten, daß /(s) auf der Konvergenzgeraden überhaupt keine Singularität im Endlichen besitzt (in Analogie zu den Dirichlet­schen Reihen und im Gegensatz zu den Potenzreihen) und daß auch keine Singularitäten in beliebiger Nähe der Konvergenzgeraden liegen, so daß /(s) über diese hinaus in eine größere Halbebene, unter Umständen sogar in die ganze Ebene fortgesetzt werden kann65• Ein Beispiel hierfür haben wir bereits S. 58 in der dort mit 1p(s) = E{ B} bezeichneten Funktion kennengelernt, wo E{ B} nur für 9ts > -1 konvergierte, während die dargestellte Funktion in der ganzen Ebene existierte. Ein besonders übersichtliches Beispiel ist das folgende:

F(t) = -ne1 sinne1 •

Durch zweimalige partielle Integration findet man:

w Iw w

j e-•t (- n et sinn e1) dt = e-81 cosn et I + s je-•t cosn et dt u 10 0

"' = 1 + e-•w cosn ew + ~je- (s+l)t (n e1 cosn et) dt

0

= 1 + e-•w cosn eOJJ + ~ (e- (s+l)t sinn et I~+ (s + 1) ie- (s+l)tsinn e1 dt)

(J)

= 1 + e-•w cosn ew + .!.. e- (s+ l)w sinn ew + s (s + 1) je- (s+l)t sinn e1 dt. n; n;

0

Alle Glieder haben für ro + oo einen Grenzwert, wenn 9t(s + 1) > 0 ist, mit Ausnahme des zweiten, das nur für 9ts > 0 einen Grenzwert besitzt. Also konvergiert E{F} genau für 9ts > 0*), und es ist

00 00

je-•t (- n et sinn et) dt = 1- s(sn~ l)je- (s+ 2l 1 (- n et sinn et) dt,

0 u

*) Absolute Konvergenz liegt übrigens nur für 9ls > 1 vor, denn 00 00

n; J r (lRs-1)1 jsinn; etl dt = n;llls J u- 9ls jsin uj du 0 n

00

hat denselben Konvergenzcharakter wie J u -IRs du. n

Page 150: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Existenz einer Singularität auf der Konvergenzgeraden 153

d.h. f(s) = 1 - 5 (s ~ l) f(s + 2). :n;

Vermittels dieser Funktionalgleichung läßt sich f(s) aus der Halbebene 9is > 0 in die Halbebene 9is > -2, aus dieser in die Halbebene 9is > -4 usw., also in die ganze Ebene fortsetzen.

Auf Grund der Tatsache, daß f(s) = .s:!{F} in einer die Konvergenzhalbebene als echten Teil umfassenden Halbebene analytisch sein kann, hat es einen Sinn, folgende Definition aufzustellen:

Es sei X die untere Grenze derjenigen reellen x, die die Eigenschaft haben, daß f(s) für 9is > x (in allen endlichen Punkten) holomorph ist. Dann heißt X die Holomorphieabszisse und 9is >X die Holomorphiehalbebene von f(s). -Es ist x ~ ß.

Wenn X =1= - oo ist, so liegt entweder auf 9is =X mindestens eine singuläre Stelle von f(s) im Endlichen, oder es liegen singuläre Stellen in beliebiger Nähe links von der Geraden 9is = X; diese häufen sich dann im Unendlichen, weil ein auf 9is = X liegender endlicher Häutungspunkt selbst eine singuläre Stelle wäre.

Wir werden später (10.3) sehen, daß mindestens eine singuläre Stelle auf der Konvergenzgeraden 9is = ß im Endlichen liegt, wenn f(s) ins= oo holo­morph ist. Wenn also die Konvergenzgerade im Endlichen frei von Singulari­täten ist, so muß f(s) notwendigins = oo singulär sein. Der Punkts= oo liegt aber auf der Konvergenzgeraden. Rechnet man, wenn man von der Konver­genzgeraden spricht, den Punkts= oo mit dazu, so kann man also in diesem Sinne doch sagen, daß auf der Konvergenzgeraden immer mindestens eine sin­guläre Stelle liegt.

Im folgenden Paragraphen werden wir weitere Fälle kennen lernen, in denen auf der Konvergenzgeraden ein singulärer Punkt im Endlichen liegt, so daß die Holomorphiehalbebene mit der Konvergenzhalbebene zusammenfällt.

In gewissen Fällen kann f(s) durch Drehung des Integrationsweges (siehe 10.2), in anderen Fällen durch Anwendung von Summationsmethoden (siehe S.328 und 9.5)66 über die Konvergenzhalbebene hinaus fortgesetzt werden.

§ 4. Existenz einer Singularität auf der Konvergenzgeraden in speziellen Fällen

Bei Potenzreihen zieht bekanntlich die Positivität der Koeffizienten die Singularität des positiven Punktes des Konvergenzkreises nach sich. Ganz ent­sprechend gilt bei .s:!-Integralen:

Satz 167 • Hat .s:!{F} = f(s) eine Kon:Jergenzabszisse ß =1= ±oo uni ist

F(t);;;;O für t;;;;T;;;;O,

Page 151: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

154 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

so ist der reelle Punkt der Konvergenzgeraden, also s = ß, eine singuläre Stelle der Funktion f(s), d.k.f(s) ist übers= ß kinaus nickt fortsetzbar.

Beweis: Ohne Beschränkung der Allgemeinheit können wir annehmen, daß F(t) durchweg ~ 0 ist. Denn in

oo T oo

je-• 1 F(t) dt = je-• 1 F(t) dt + je-•t F(t) dt 0 0 T

ist der erste Summand eine ganze Funktion (S. 145), kann also hinsichtlich der Singularitäten im Endlichen außer Betracht bleiben, während im zweiten

00

Summanden, der auch als J e-•t F(t) dt mit F(t) = 0 für 0 ~ t ~ T geschrie-o

ben werden kann, F(t) ~ 0 ist. - Angenommen, f(s) wäre in s = ß holomorpht Dann ließe sich f(s) an einer reellen Stelle s = ß + p (p > 0) in eine Potenz­reihe entwickeln:

die noch in einer links von ß hinreichend nahe gelegenen Stelle s = ß - q (q > 0) konvergieren würde:

f(ß- q) = f f(",<P,+ Pl (- q- P)". n=O n.

Nun ist für 9ts > ß: 00

folglich

jt"l(s) = ( -1)" ( e-•t t" F(t) dt, u

00 00

f(ß- q) =Ln\ je- (ß+Plt t" F(t) (q + P)" dt. n=O 0

Alle vorkommenden Größen sind positiv, also kann man Summe und Integral vertauschen (Anhang Nr. 41):

00 00

f(ß- q) = je-(ß+Plt F(t) L [t(q:t)]" dt 0 n=O

00 00

=je- !ß+Plt F(t) e!q+Plt dt =je- (ß-qJt F(t) dt.

0 0

~{F} wäre also entgegen der Voraussetzung noch links von ß konvergent. Satz 2. Ist F(t) komplex: F(t) = F1(t) + i F2(t), und ist

Page 152: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Existenz einer Singularität auf der Konvergenzgeraden 155

haben ferner .ß{F} = f(s) und .ß{F1} = f1(s) dieselbe Konvergenzabszisse ß =1= ± oo, so ist der reelle Punkt der Konvergenzgeraden eine singuläre Stelle von f(s).

Beweis: Wäre f(s) für I s - ß I < e holomorph:

00

f(s) = J: c., (s - ß)" für 1 s - p 1 < e. c., = c~ + i c!. n=O

so wäre für reelle s : 00

f1(s) = 9tf(s) =I; c~ (s - ß)", n=O

wobei diese Reihe für reelle und damit auch für komplexe s mit I s - ß I < e konvergieren würde, so daß fl(s) für I s- ß I < e holomorph wäre. Das kann aber nach Satz 1 nicht der Fall sein.

Satz 3. Hat .ß{F} = f(s) eine Konvergenzabszisse ß =1= ± oo und gehören die Werte von F(t) einem Winkelraum der komplexen Ebene mit dem Scheitel 0 und einer Offnung < :rc an, so ist der reelle Punkt s = ß der Konvergenzgeraden ein singulärer Punkt von f(s).

Beweis: Man kann annehmen, daß der Winkelraum die positiv reelle Achse zur Winkelhalbierenden hat, da man sonst diesen Fall durch Multiplikation von F(t) mit einer komplexen Konstanten, wodurch an den Singularitäten von f(s) nichts geändert wird, erreichen kann. Wird nun F = F1 + i F2 gesetzt, so ist

Die Konvergenzabszisse ß1 von .ß{F1} ist daher mindestens gleich der von .ß{jF21} und damit auch der Konvergenzabszisse ß2 von .ß{F2}:

Nun muß aber

sein, und mindestens eine der beiden Abszissen ß1 , ß2 muß gleich ß sein. Also ist auf jeden Fall ß1 = ß, und wir befinden uns in den Voraussetzungen von Satz 2.

Die Sätze 1-3 liegen ziemlich an der Oberfläche. Etwas tiefer liegt schon folgender Satz, den wir ohne Beweis anführen:

Satz 46s. Wird F(t) = r(t) ei"('l gesetzt und gilt von einer Stelle an r(t) ~ 0,

während ~f = o(1flog t) für t +oo ist, so kann f(s) nicht übers= ß hinaus fort­

gesetzt werden.

Problem: Genügt in Satz 4 die Voraussetzung ~f = o(1) 69 ?

Page 153: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

156 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transfonnierten

§ 5. Verhalten von /(s) bei Annäherung an einen Konvergenzpunkt

Ist s0 ein Punkt im Innern der Konvergenzhalbebene von E{F}, so ist die Funktion f(s) dort holomorph, also stetig, so daß /(s) gegen f(s0 ) konvergiert, wenn s zweidimensional gegen s0 strebt. Fraglich ist also bloß das Verhalten von f(s) für s + s0 , wenn s0 ein Konvergenzpunkt auf der Konvergenzgeraden

von E{F} ist. Ist f(s) in s0 holomorph, so liegt derselbe Fall wie vorher vor. Ist darüber aber nichts bekannt, so ist f(s) nur in einer halbkreisförmigen (kei­ner vollen) Umgebung rechts von s0 definiert. Wir können nun keineswegs zeigen, daß /(s) + f(s0), wenn s zweidimensional innerhalb dieser halbkreis­förmigen Umgebung gegen s0 strebt, d.h. daß f(s) sich für alle hinreichend nahe an s0 liegenden Punkte s der Halbebene 9ts > 9ts0 beliebig wenig von f(s0) unterscheidet. Vielmehr gilt in Analogie zu dem Abelschen Stetigkeitssatz für. Potenzreihen in seiner Stolzsehen Verallgemeinerung (Anhang Nr. 60) nur folgende eingeschränkte Aussage:

Satz F 0 • Ist E{F} = f(s) im Punkte s0 konvergent, so strebt f(s) gegen f(s0 ),

wenn s innerhalb des Winkelraums W(s0 , 1p < n/2) zweidimensional gegen s0

strebt*). I nsbesonr:lere ist also f(s) + f(s0), wennseindimensional gegen s0 längs eines Strahles strebt, der mit derpositiv reellen Achse einen Winkel oc mit I oc I< n/2 bildet_

Beweis: Nach Satz 1 [3.1] ist E{F} in Wgleichmäßig konvergent; man kann also zu e > 0 ein w > 0 so bestimmen, daß für alles in W

00

(1) (e-st F(t) dt e <3, . w

insbesondere auch 00

(2) (e-s,t F(t) dt < -~ "

3 w

w

ist. Ferner ist j e-•t F(t) dt nach S. 145 eine ganze Funktion, also in s0 stetig, 0

so daß man ein <5 > 0 so finden kann, daß

w w

(3) je-• 1 F(t)dt-je-•• 1 F(t)dt <; für Js-s0 J<<5 0 u

ausfällt. Dann ist aber

w w 00 00

J/(s) -f(s0) J = j e-•t F(t) dt- j e-s,t F(t) dt + je-•t F(t) dt -Ie-s,t F(t) dt

(4) 0 () w w

~ je-•tF(t)dt-./e-•• 1 F(t)dt + (e-• 1 F(t)dt + je-•• 1 F(t)dt\ <e () 0 ·w w \

*) Siehe Anhang Nr. 52.

Page 154: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Verhalten von f(s) bei Annäherung an einen Konvergenzpunkt 157

für alle s, die zugleich im Winkelraum W und im Kreis I s - s0 I < 15 liegen. Satz 1 ist nicht umkehrbar, d. h. aus der Existenz von lim f(s) im zwei- oder

S---+-S0

eindimensionalen Sinne folgt nicht notwendig die Konvergenz von 2{F} in s0 •

Gegenbeispiel: 2 { sin t} = 1j(s2 + 1) strebt gegen den Grenzwert 1, wenn s beliebig gegen 0 konvergiert, aber 2 { sin t} ist fürs= 0 nicht konvergent.

Im Falle absoluter Konvergenz läßt sich Satz 1 so verschärfen: Satz 2. Ist 2{F} = /(s) im Punkte s0 absolut konvergent, so strebt f(s) gegen

/(so), wenn s innerhalb der Halbebene ms ~ mso zweidimensional gegen So strebt. Insbesondere ist also f(s) -+-/(s0), wenn s eindimensional gegen s0 längs eines Strahles strebt, der mit der positiv reellen Achse einen Winkel IX mit I lXI;;:;; n/2 bildet.

Beweis: Nach Satz 4 [3.1] ist 2{F} in ms ~ ms0 gleichmäßig konvergent, also gelten (1) und (2) für alles in ms ~ mso. (3) bleibt unverändert, also gilt ( 4) für alle s' die zugleich in ms ~ mso und I s - So I < 15 liegen.

Eine Ergänzung für einen Grenzfallliefert folgender Satz: Satz 3. Es sei F(t) reell und ~ 0, x0 reell. Ist 2{F} = f(s) für alle reellen

s = x > x0 konvergent, aber für x0 divergent*), so ist

lim f(x) = + oo. X-+X0 + 0

Beweis: Es ist für ein beliebiges w > 0 und für x > x0 :

00 w w

f(x) = / e- xt F(t) dt ~I e- xt F(t) dt =I e- x,t e- (x- x,)t F(t) dt 0 0 0

w

~ e-(x-x,)w.! e-x,t F(t) dt.

0

Ist eine beliebige Zahl Q > 0 vorgegeben, so kann man w so groß wählen, daß

w I e-x,t F(t) dt > 2 Q 0

ist. Mit diesem festen w ist e- (x -x,) w > 1/2

für alle x zwischen x0 und einer gewissen Zahl x1 > x0 . Also ist

f(x) > Q für x0 < x < x 1 •

-----------T

*) Es kann dann nur !im je- x,t F(t) dt = +oo oder, kurz ausgedrückt, f(x0) = +oo sein. T-+ro U

In diesem Fall sagt man, E{ F} sei in x0 «eigentlich divergent». Sinnvoller wäre es, von «uneigent­T

licher Konvergenz" zu sprechen, weil J gegen den uneigentlichen Punkt +oo konvergiert. u

Page 155: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

158 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

Das bedeutet: f(x) + = für x + x0 + 0.

Bemerkung: Der Satz läßt sich bei beliebigem komplexen F(t) auf IF(t) I 00

anwenden und zeigt, daß j I e-•t F(t) I dt + = für 9ts + 9ts0 , wenn E{F} für 0 00

ms > 9tso absolut konvergiert, während J I e-•·t F(t) I dt divergiert. 0

Satz 4. Ist E{F} für 9ts = x > x0 absolut konvergent und

00 /e-'d IF(t) I dt < M für x > x0 ,

0

so ist E{F} für ms = Xo absolut konvergent. 00 00

Beweis: Wäre je- x,t IF(t) I dt divergent, so müßte nach Satz3 j e-"'t IF(t) I dt 0 0

für x + x0 über alle Grenzen wachsen, könnte also nicht beschränkt sein.

Anwendungen 00

1. Berechnung von Integralen der Form j F(t) dt 00 0

Manchmal weiß man, daß J F(t) dt konvergiert, ohne den Wert unmittel-o 00

bar berechnen zu können. Dann kann es vorkommen, daß j e-•t F(t) dt = f(s) 0

ziemlich leicht in geschlossener Form darstellbar ist und daß man auf Grund von Satz 1 das gesuchte Integral als lim f(s) erhalten kann. Als Beispiel führen

s~o 00 wir den Fall F(t) = ]0(t) an. Nach S. 127 ist j ]0(t) dt konvergent, der Wert

0

läßt sich aber nicht durch gliedweise Integration der Potenzreihe für ]0 (t) berechnen. Dagegen ist dies nach Anhang Nr. 41 für E{J0}, wenigstens zunächst fürs> 1, möglich:

00 ( -1)n {( t )2n} 00 ( -1)n (2 n)! E{Jo(t)} =n~ Tn!)2 E 2 =n~ (n!)2 2zn • 5zn+1

1 ~ (-1/2) 1 1 = _.::;.. (s-2)n = _ (1 + s-2)-112 = , sn=O n s ~

wobei wir die Formel in Anhang Nr. 4 benutzt haben. Wegen der Holamorphie von E{Jo} gilt dies im ganzen Konvergenzgebiet 9ts > 0. Der Grenzübergang s + 0 liefert 00

/ ] 0(t) = 1. 0

Dieselbe Methode ist bei den Besselschen Funktionen J.(t) anwendbar.

Page 156: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Verhalten von f(s) bei Annäherung an einen Konvergenzl?unkt 159

Als weiteres Beispiel wollen wir das Fourier-Integral

00

(- 1 < (X < 0' y ~ 0)

00 00

berechnen. Da es gleich j (cos y t- i sin y t) t« dt ist und J cos y t · t« dt mit 0 00 0

y =1= 0 bei t = 0 für oc > - 1, bei t = oo für oc < 0, J sin y t · t« dt bei t = 0 0

für oc > - 2, bei t = oo für oc < 0 konvergiert, so ist unser Integral mit y ~ 0 für -1 < oc < 0 konvergent. Es kann als der Wert von E{t«} für den Punkt s = i y der Konvergenzgeraden aufgefaßt und demnach als

1. 0 {t«} 1. T(oc+l) Im~ =Im----

s-..iy s-+iy s« + 1

berechnet werden. Da für s«+ 1 der Hauptzweig zu nehmen, also

! y e+in/2 für

i y = I y I e - i n/2 für

zu setzen ist, so ergibt sich:

r T(oc+ 1) e-iu/2

00 «+1

Oje-iytt«dt= l ;(oc+l)

----'--:---:-"- e + i IY. n/2 1Yirx+ 1

y>O

y<O

für y>o

(-1 <(X< 0). für y<O

2. Abel-Poissonsche Summation von Integralen und Limitierung von Funktionm 00

Eine (divergente) Reihe I; an heißt nach dem Abel-Poissonschen Verfahren n~o oo

summierbar zum Werte l, wenn I; anzn für lzl < 1 konvergiert und für z+ 1 n=O

den Grenzwert l hat (Anhang Nr. 60). In Analogie zu diesem Verfahren.für 00

Reihen kann man folgende Definition aufstellen: Ein Integral J F(t) dt heißt 0

nach Abel-Poisson summierbar zum Werte l, wenn E{F} für 9ls > 0 konvergiert und

00

lim j t--•t F(t) dt = l s-->-+0 0

existiert. Nach dieser Definition ist

00

Jsintdt summierbar zum Wert 1, 0

00

/ cos t dt summierbar zum Wert 0. u

Page 157: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

160 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transfonnierten

Satz 1liefert den sogenannten Konsistenz- oder Permanenzsatz des Abel-Poisson-oo

sehen Summationsverfahrens: Wenn das Integral J F(t) dt konvergiert, so ist 0

das Summationsverfahren stets anwendbar und liefert den alten Integralwert. 00

Konvergenz einer Reihe .E a. ist gleichbedeutend damit, daß die Partial-" t'=O

summen sn = .E a. einen Grenzwert haben. Ist die Reihe im Falle der Diver-•=O

genz nach irgendeinem Verfahren <<summierban, so sagt man, die Folge der sn sei << limitierban. Geht man von einer Folge sn aus, ohne dabei an die Reihe

00

s0 + .E (sn- sn_1) zu denken, ist es angemessen, bei dem Verfahren Sn selbst n=1

in Evidenz zu setzen. Bei dem Abel-Poissonschen Verfahren braucht man dazu nur folgende Umformung vorzunehmen:

00 00 00 00 00

E anzn =so+ E (sn- Sn-1) zn = E Snzn- z_Esn-1zn-1 = (1- z),E Sn Zn. n=O n=l n=O n=l n=O

00

(Wenn .E Sn zn für I z I < 1 konvergiert, so zeigt diese Gleichungsreihe, von n=O oo

rechts nach links gelesen, daß auch .E an zn für I z I < 1 konvergiert. Ist umge-n=O

kehrt letztere Reihe konvergent, so folgt durch Cauchysche Multiplikation für lzl < 1:

1 00 00 00 00 00

1-z L an zn = L zn L an zn = L (ao + a1 + ... + an) zn = L Sn zn, n=O n=O n=o n=O n=O

00

woraus sich die Konvergenz von .E Sn zn ergibt.) Die Folge Sn ist also nach n-o OCJ

Abel-Poisson limitierbar zu nennen, wenn .E snzn für lzl < 1 konvergiert oo n=O

und (1 - z) .E sn zn für z + 1 einen Grenzwert hat. n=O oo

Gehen wir nun zu der obigen Übertragung auf Integrale J F(t) dt zurück, t 0

so entspricht der Partialsumme Sn das Integral IP(t) = J F("r) d-r: und der Limi-o

tierung von Sn die folgende Begriffsbildung (z durch e-s und 1- e-s durch den fürs+ 0 gleichwertigen Ausdrucks ersetzt): Die Funktion «P(t) heißt nach Abel-Poisson limitierbar für t + oo zum Werte l, wenn

00

s r e-st «P(t) dt ll

für ms > 0 konvergiert und für s + 0 gegen l strebt.

Page 158: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Verhalten von f(s) bei Annäherung an einen Konvergenzpunkt 161

Während nun aber die Limitierbarkeit von s,. völlig gleichbedeutend mit der 00

Summierbarkeit von }; a,. ist, gilt das Entsprechende bei Funktionen nicht11• n=O oo

Wohl fotgt aus der Summierbarkeit von J F(t) dt die Limitierbarkeit von fP(t) t 0

= J F(T) d-r, denn nach Satz 1 [2.12] ergibt sich aus der Konvergenz von E{ F} 0

für 9ts > 0 die von E{ fP} sowie die Gleichungs E{ fP} = E{F}, so daß mit E{F} auch s E{ fP} für s -+ 0 einen Grenzwert hat. Dagegen kann man, wenn man

t

von einer Funktion fP(t) ausgeht, von J F(-r) d-r nur sprechen, wenn fP(t) ein 0

Integral ist, und weiterhin folgt aus der Konvergenz von E{ fP} für 9ts > 0 nach Satz 2 [2.12] dann und nur dann die Konvergenz von E{F}, wenn fP(t)

t

= o(e"') für t-+ oo bei jedem (J > 0 ist, so daß die Limitierbarkeit von J F(-r) d-r 00 0

im allgemeinen nickt die Summierbarkeit von J F(t) dt nach sich zieht. (Würde 0 00

man, um diese Schwierigkeit zu beseitigen, die Summierbarkeit von J F(t) dt t 0

durch die Limitierbarkeit von fP(t) = J F(-r) d-r definieren, so würden gewisse 00 0

Integrale J F(t) dt, die vorher summierbar waren, es jetzt nicht mehr sein.) 0 I oo

Daß fP(t) = J F(-r) d-r tatsächlich limitierbar sein kann, ohne daß J F(t) dt 0 0

summierbar ist, zeigt das Beispiel:

fP(t) = e1' 2 sin e1 - sin 1, F(t) = ~ e1' 2 sin e1 + e<312l 1 cos e1•

E{ etf2 sin e1} ist für s = 0 konvergent, denn

00 00

/ e1' 2 sin e1 dt = J ~~~~~ du = c, 0 1

so daß E{ (/)}für 9ts > 0 konvergiert und für s -+ 0 gilt:

s E{ (/)} = s E{ e112 sin e1} - s E{ sin 1} -+ 0 · c - sin 1 = - sin 1.

Dagegen ist 00 00

E{e3' 21 cos e1} =je- [s- <312llt cose1 dt =J cos~- du u•-(1/2)

0 1

nur für 9ts > 1/2 konvergent, so daß dasselbe für E{F} gilt.

Doetsch I /11

Page 159: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

162 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace· Transformierten

§ 6. Verhalten von/(s) bei Annäherungans = = f(s) = ~{F} kann im Punktes== holomorph sein, wie z.B. ~{1} = 1js,

oder auch nicht, wie z. B. ~{rp(1, t)} = e- Vs. Im ersteren Fall konvergiert f(s) gegen denselben Wert f(=) (der übrigens, wie wir sehen werden, stets gleich 0 ist), wie auch immer s gegen =strebt, im zweiten Fall kann f(s) für s -+ =gegen verschiedene Grenzwerte oder auch überhaupt nicht gegen einen Grenzwert konvergieren, je nach der Art, in der das Streben von s gegen =

vor sich geht. So strebt z. B. e- Vs (unter Vs der Hauptzweig verstanden) auf allen Strahlen durch den Nullpunkt gegen 0, außer auf der negativ reellen Achse, längs deren überhaupt kein Grenzwert existiert. - Da f(s) = ~{F} mindestens in einer Halbebene 9ts > ß analytisch ist, kann man s sowohl in einem Winkelraum [13 (s0 , 1p < n/2) (also speziell auch auf nichtsenkrechten Strahlen) als in einer Halbebene 9ts > x0 (also speziell auch auf vertikalen Geraden) gegen =wandern lassen. Für den ersten Fall wird sich immer, für den zweiten in gewissen Fällen die Existenz eines Grenzwertes von f(s) (und zwar des Wertes 0) zeigen lassen.

1. Annäherung an s = = in einem Winkelraum

Satz 1. Ist s0 ein Konvergenzpunkt von ~{ F} = f(s), so konvergiert f(s) gegen

0, wenn s in einem Winkelraum [13 (s0 , 1p < n/2) zweidimensional gegen= strebt*).

Insbesondere konvergiert also f(s) gegen 0 auf jedem Strahl durch s0 , der mit der

positiv reellen Achse einen Winkel oc mit I oc I < n/2 bildet, und zwar gleichmäßig

für locl ~ 1p < nj2. Beweis: Wir setzen

T1 T2 oo

f(s)= /e-• 1F(t)dt+ /e-• 1 F(t)dt+ /e-• 1 F(t)dt

0 ~ ~

und wählen T1 so klein, daß

T 1 T 1 I e-•t F(t) dt ~ J IF(t) I dt < ; für 9ts ~ 0; 0 0

T2 so groß, daß nach Satz 1 [3.1]

00

( e-• 1F(t) dt < ; für alles in W; T,

schließlich x0 > 0 so groß, daß

T, T, I e-• 1F(t) dt ~ e-x,T, I IF(t) I dt < ; für 9ts ~ x0

Tt Tt

*) Siehe Anhang Nr. 52.

Page 160: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Verhalten von /(s) bei Annäherungans = oo 163

wird. Dann ist lf(s) I< e für alles in m mit~;;;;; Xo,

d.h. für alles in ID, die hinreichend weit rechts liegen. Statt dessen kann man offenbar auch von allen s in ID sprechen, die außerhalb eines hinreichend großen Kreises um s0 oder auch um 0 liegen.

Zusatz: Die Aussage von Satz 1 gilt auch, wenn s0 kein Konvergenzpunkt, sondern ein beliebiger Punkt der s-Ebene ist, weil jeder beliebige Winkelraum, dessen Schenkel einen Winkel < n/2 mit der positiv reellen Achse bilden, von einer gewissen Vertikalen an in einem Winkelraum ID(s0 , tp < n/2) liegt, wo s0 ein Konvergenzpunkt und tp ein geeignet gewählter Winkel ist.

Satz 1 gibt die Möglichkeit, von vielen analytischen Funktionen sofort zu entscheiden, daß sie keine l-Funktionen sind. So sind z.B. alle Potenzen s" mit 9ty ;;;;; 0 gewiß keine l-Funktionen, weil sie schon auf der reellen Achse fürs++ oo nicht gegen 0 streben*). Wir behaupten weiter:

Alle Exponentialfunktionen e- ,p. mit cx ;;;;; 1 sind keine l-Funktionen. Denn mit s = (! ei6 ist

Ist cx > 1, so kann man ein positives 8- < n/2 so wählen, daß n/2 < cx 8- < n wird. Dann ist cos cx 8- < 0, also für dieses 8-

Das gleiche gilt, wenn die Exponentialfunktion mit einer beliebigen Potenz multipliziert wird: s" e-•1"1.. - Für cx = 1 gilt der Beweis nicht; hier können wir auf die Folgerung 2 aus Satz 1 [2.10] zurückgreifen oder aber so schließen: Gäbe es eine Funktion F(t), so daß E{F} = e-• wäre, so würde nach Satz 1 [3. 2] durch Differentiation nach s folgen:

*) In letzter Zeit ist es gelungen, die.2-Transformation so zu erweitern, daß sie auch die Poten­zen sY mit,.,;;;;; 0 darstellen kann. Die klassische Analysis hat zum Gegenstand die Funktion. An deren Stelle tritt in einerneueren Theorie72 die Distribution, das ist ein lineares Funktional (siehe S. 22) T(<p), das im Raum der unbeschränkt oft differenzierbaren Funktionen <p definiert ist, die im Unendlichen gewissen Bedingungen genügen. Eine Funktion F(t) im alten Sinn wird in diesen Bereich von Funktionalen eingeordnet als das Funktional J F(t) <p(t) dt (so wie eine reelle Zahl r in das höhere Reich der komplexen Zahlen in Gestalt der komplexen Zahl r + 0 · i eingeordnet wird). Auf diese Weise gelingt es, Funktionen, deren Definition in der klassischen Analysis wider­spruchsvoll ist, wie die Diracsche Funktion ~(t) und ihre Ableitungen (vgl. S. 67), legitim in die Analysis einzubürgern. Definiert man nun die .2-Transformation in dieserneuen Analysis, so ist .2{~} =I, .2{~'} = s, .2{~"} = s2 usw72. In illegitimer Weise wurden diese Korrespondenzen schon früher in der elektrotechnischen Literatur in Anspruch genommen.

Page 161: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

164 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

Nach dem Eindeutigkeitssatz wäre also

t F(t) = F(t) + Nullfunktion, d. h. (t- 1) F(t) = Nullfunktion,

folglich F(t) selbst eine Nullfunktion (Anhang Nr. 45)*). Später (S. 263) werden wir feststellen, daß im Gegensatz dazu für 0 < oc < 1

die Exponentialfunktionen sämtlich l-Funktionen sind. Satz 2. Ist i!{F} = f(s) in s0 konvergent, so ist f(s) in fedem Winkelraum

W(s0 , 1p < :n/2) beschränkt. Beweis: Nach Satz 1 gibt es ein R so, daß für alles in m, die außerhalb

des Kreises um s0 mit R liegen, lf(s)j < 1 ist. Ferner gibt es nach Satz 1 [3.5] ein r < R so, daß für alles in m. die innerhalb des Kreises um So mit r liegen, lf(s) -f(s0)l < 1, also lf(s)l < lf(s0}1 + 1 ist. In und auf dem Rand des ring­förmigen Restes von m ist f(s) analytisch, also beschränkt. Also ist f(s) in ganz m beschränkt.

Den Beweis könnte man auch ohne Verwendung funktionentheoretischer Sätze rein analytisch so führen: Nach dem Fundamentalsatz 5 [2.2] ist

00

f(s) = (s - So) Je- (s -s,) 1 (/J(t) dt für ms > m_so 0

mit t

(/J(t) = j e-s,T F(-r:) d-r: und I (/J(t) I< M. 0

Also ist für alle von s0 verschiedenen Punkte mit I arc (s - s0) I ~ tp < :rt/2:

00

lf(s)l <Is-s IMje-iR(s-s,)tdt=M Js-sol ~___!!_____. o \n(s - s0) - cos 'P

0

Dieser Beweis liefert noch etwas mehr, nämlich für feden einzelnen Punkt mit ms > m.so die Abschätzung

lf(s)I<M Js-soJ. \n(s- s0)

Wir sind jetzt in der Lage, folgenden Satz zu beweisen: Satz374 • Wenni!{F(t)ft} für s0 konvergiert, so ist i!{F} = f(s) für ms > ms0

konvergent**), und es gilt:

00

i!{ Fi1_} = J f(a) M für S =So und m_s > m_so,

00

*) Dagegen läßt sich r• durch ein ~-Integral in Stieltjesscher Gestalt J r• t d4>(tj darstellen, siehe S. 68. 0

**) Nicht notwendig für s = s0 , denn z. B. ~{ sin tft} = arc tg 1/s konvergiert für s0 = 0, ~{ sin t} = 1/(s1 + 1) aber nicht.

Page 162: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Verhalten von f(s) bei Annäherungans = oo 165

wobei als Integrationsweg J"eder Strahl, der mit der positiv reellen Achse einen Winkel cx mit I cx I < ~12 einschließt, (oder eine äquivalente Kurve) genommen werden kann.

Beweis: Setzen wir

{F(t)} E 1 - = -qJ(s) (s = So und ms > mso),

so ist nach Satz 1 [3. 2]

/(s) = E{F} = ~~J'(s) für ms > ms0 •

Da qJ(s) auf jedem Strahl, der mit der positiv reellen Achse einen Winkel cx mit Jcxl < ~12 bildet, nach Satz 1 (Zusatz) gegen 0 strebt, ist bei Integration längs eines solchen Strahls

00 J f(a) da = 0 - qJ(s) = E{ Fit)}. s

Dies gilt zunächst für ms > 9tso. Da die rechte Seite auch fürs= So existiert. so hat sie nach Satz 1 [3. 5] einen Grenzwert für s + s0 , also auch die linke

00

J f(a) da existiert also zum mindesten als uneigentliches Integral und ist •• gleich -qJ(s0).

Der Satz besagt die Abbildungseigenschajt, daß dem Übergang von F(t) zu F(t)jt im L-Bereich der Übergang von der Funktion /(s) zu ihrem Integral im l-Bereich entspricht, und liefert eine Erweiterung des Satzes 1 [3.2], bei dem es sich um die Multiplikation von F(t) mit Potenzen von positivem Exponenten handelte, nunmehr nach der Seite der negativen Exponenten.

Besonders einprägsam ist Satz 3, wenn s0 = 0 sein kann und man ihn für s = 0 anschreibt : 00

Satz475 • Wenn J [F(t)jt] dt konvergiert, so ist E{F} = f(s) für 9ts > 0 kon­o

vergent, und es gilt: 00 00 ~ F(t) • j --t- dt = j f(s) ds.

0 0

Man kann also das schwieriger zu berechnende von den beiden Integralen durch das andere ausdrücken. So ist in dem Beispiel in Fußnote**), S.164,

"" / (sin tft) dt konvergent und f(s) = E { sin t} = 1/ (1 + s2), also 0

/

00sint ~~ ds l'oo :n: -- dt = ---- = arctgs = ---.

t 1 +s2 2 0 0 0

Page 163: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

166 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten 00

Ein weiteres BeispieF6 : J (sin 2 tjt 2) dt existiert, und es ist 0

also

0 { sin2 t} _ 1 l s2 + 4 ~ -t- - 4 og -s-2 -

00 00 00

/sin2t 1/ s2+4 1/ s 2 +1 -- dt = - log -- ds = - log ---- ds

t 2 4 s 2 2 s 2

0 0 0

(<<Tabellem 3.12),

1 ( s2 + 1 ) loo 1 n = 2 s log-s-2 - + 2 arc tg s 0 = 2 (0 + n - 0 - 0) = 2 .

00

Satz 3 enthält eine allgemein gültige Aussage über J f(a) da. Der folgende s s

Satz liefert in speziellen Fällen einen Ausdruck für ( f(a) da. Satz 5. Wenn ö

00 00

J ! I Ft(t) I dt F(t) dt und 0 0

konvergieren, so existieren

.ß{F} = f(s) für s = 0 und

und es gilt:

s

für 9ls > 0,

wobei dasIntegral J geradlinig oder längs einer äquivalentenKurve zu erstrecken ist. 0

Beweis: Da .ß{F} für s = 0 konvergiert, ist es für 9ls > 0 längs der Strecke Os nach Satz 1 [3.1] gleichmäßig konvergent, so daß in dem folgenden Integral die Reihenfolge der Integrationen vertauschbar ist:

s s 00 00 s 00

jf(a)da=Jdaje-aTF(-r)d-r=jF(-r)d-rje-aTd-r=jF(-r) 1-:-•T d-r 0 0 0 0 0 u

00 00 T

- /F('r) 1-e-•T d - ! F(T) d! -stdt -S -- T-S ---Te . T S T

0 0 0

00

Da J jF(-r)/-rl d-r konvergiert, so ist die Integrationsreihenfolge vertauschbar 0

(0 ~ t ~ T < oo): s 00 00

jf(a)da=sje-•tdt/ F;T) d-r. 0 0 t

Page 164: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Verhalten von /(s) bei Annäherungans = oo 167

Problem: Der Satz ist noch nicht der beste seiner Art, denn es gibt Fälle, in denen ~{F} = /{s) nur für ms > 0 existiert (aber bis s = 0 integrabel ist)

00

und J [F(t)Jt] dt divergiert {bei t = 0), während die Formel trotzdem richtig ist, 0

z. B. F(t) = cos t. Hier ist

00 00

/F(T) d -j·cosTd _ "t -- l'- -- T--Cl

T T (die Funktion Integralkosinus)

' t

und f(s) = sf(s2 + 1), also

s s ..

f(a) da = -- da= - -- = - log (s2 + 1) f f a 1 J du 1 a 1 + 1 2 u + 1 2 '

0 0 0

und es ist in der Tat, wie man auf andere Weise verifizieren kann:

~{-cit}= 21s log(s2+1) («Tabellen& 3. 28).

Es erhebt sich daher die Frage, ob man die scharfen Bedingungen von Satz 5 mildem kann.

In diesem Zusammenhang sei noch die Formel77

00 00

J e-s,t F1(t) /2 (s2 + t) dt = je-••., F 2(-r) fds1 + -r) d-r 0 0

erwähnt, die sich aus der Umformung

00 00 00 00

J e-s,t F1(t) dt Je- (s.+t)-r F2{-r) d-r = J e-• ... F2(-r) d-r Je- (s, +T)t F 1(t) dt 0 0 0 0

ergibt. Diese Integralvertauschung ist erlaubt, wenn a) eine von beiden Seiten absolut konvergiert (Anhang Nr. 39), also z.B.

00 00 Je- ifts,., IF1(t) I dt Je- (ifts. +t)-riF2{-r) I d-r: 0 0

konvergent ist. Das ist sicher erfüllt, wenn b) ~{F1} für s1 und ~{F2} für s,. absolut konvergiert.

Speziell für F2 = 1, s1 = s2 = 0 erhält man die Formel von Satz 4. Die Bedingung b) ist hier nicht erfüllt, die Bedingung a) verlangt, daß

konvergiert. Das ist eine schärfere Forderung als die in Satz 4 aufgestellte.

Page 165: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

168 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

2. Annäherungans = oo in einer Halbebene

Für eine E-Transformation, die eine Halbebene gleichmäßiger Konvergenz besitzt, läßt sich bedeutend mehr als im allgemeinen Fall aussagen. Bei ihr strebt f(s) = E{F}, grob gesprochen, nicht bloß nach rechts, sondern auch nach oben und unten gegen 0. Die Grundlage für diese Aussage bildet das aus der Theorie der Fourier-Reihen bekannte

Riemann-Lebesguesche Lemma: Ist F(t) eine ]-Funktion und T0 ~ t ~Tein endliches Intervall, so strebt der <<Fourier-Koeffizient)>

für I y I -+ oo gegen 0.

T

(e-illt F(t) dt t~

(y reell)

T T T,

Beweis*): Wir können T 0 = 0 nehmen, da j = /- j ist, und T > 0, T, 0 0

y > 0 und F(t) als reell voraussetzen. Das größte ganzzahlige Multiplum von njy, das in T enthalten ist, sein, also

T = n !!._ + <5 y '

0:::::::<5<-~. - y Dann ist

! n- 1 (k+l)njy T

j e-iyt F(t) dt =k~ f e-iyt F(t) dt + fe-iYt F(t) dt; 0 k njy n nfy

In den Summanden für k = 1, 3, 5, ... setzen wir t = u + (nfy):

(k+1)nfy knfy knfy J e-i11t F(t) dt = J e-iyu-in F( u +-~)du=- J e-iyt F(t + ;) dt k nfy (k -1) nfy (k -1) nfy

und vereinigen sie mit den Summanden für k = 0, 2, 4, ... Setzen wir

2m= In n-1

für n gerade

für n ungerade, so ergibt sich :

T

(1) (e-iyt F(t) dt 0

m- 1 (21+1)nfy nnfy T

=1J; f e-iyt[F(t)-F(t+ ;)]dt+ f e-iY 1 F(t)dt+ je-i11'F(t)dt, -O 2lnfy 2m:tfy nnjy

*) Wir bringen hier den Beweis, der in der Literatur für Lebesguesche Integrale durchgeführt zu werden pflegt78• Er gilt auch für Riemannsche Integrale, wenn man über den Satz in Anhang Nr. 47 verfügt. Da dieser für Riemannsche Integrale in den Lehrbüchern nicht bewiesen wird, geht man für Riemannsche Integrale sonst einen anderen Weg, wobei der Riemannsche Satz benutzt wird, daß die «durchschnittliche Schwankung• einer integrablen Funktion durch Verfeinerung der Inter­vallteilungbeliebig klein gemacht werden kann.

Page 166: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Verhalten von /(s) bei Annäherungans = oo 169

also T (2m-l)nfy nnfy T

j e-illt F(t) dt ~ j jF(t + ;) - F(t) I dt + j IF(t) I dt + jiF(t) I dt. 0 0 2mnfy nnfy

Das zweite Integral auf der rechten Seite hat ein Integrationsintervall von der Länge 0 oder nfy, das dritte ein solches von der Länge T- n(n/y) = !5 < nfy. Beide streben also für y + oo gegen 0. Das erste Integral vergrößern wir, in­dem wir

T

/IF(t + ;) - F(t)l dt 0

dafür schreiben, wobei wir F(t) für t > T etwa gleich 0 definiert denken. Nach Anhang Nr. 47 strebt dieses Integral für y + oo gegen 0, womit der Beweis vollendet ist.

Für unsere Zwecke brauchen wir das Lemma in erweiterter Gestalt, wes­halb wir folgende Verallgemeinerungen vornehmen.

Erste Verallgemeinerung des Riemann-Lebesgtteschen Lemmas: Der Fourier­Koeffizient mit variabler oberer Grenze

t

je-iyr F(-r) d-r

0

strebt für I y I + oo gleichmäßig in 0 ~ t ~ T gegen 0. Beweis: Ersetzen wir im vorigen Beweis T durch t mit 0 ~ t ~ T, so sind

in Gleichung (1) die Zahlen n und m von t abhängig, aber jedenfalls können wir das erste Integral auf der rechten Seite durch

T

(2) /iF(r+ f-) -F(r)l d-r [F(r) = 0 für r> T] 0

und das zweite und dritte zusammen durch

I

(3) jiF(-r) I d-r t,

abschätzen, wobei t0 < teineZahl ist, die von t um höchstens 2 nfy differiert. (2) strebt für y + oo unabhängig von t gegen 0. Was (3) angeht, so berück­

~

sichtigen wir, daß J IF(-r)! d-r eine im abgeschlossenen Intervall 0 ~ ~ ~ T 0

stetige, also gleichmäßig stetige Funktion von ~ist. Man kann daher zu vor-gegebenem e ein !5 so bestimmen, daß für je zwei Werte t0 und t mit 0 < t < t0 < b

t

(IF(-r) I d-r < e .., t,

Page 167: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

170 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transforrnierten

ausfällt. Für alle y, die so groß sind, daß 2 nfy < !5 ist, wird (3) kleiner als s unabhängig von t. Das bedeutet, daß auch (3) für y + oo gleichmäßig in 0 ~ t ~ T gegen 0 strebt.

Zweite Verallgemeinerung des Riemann-Lebesgueschen Lemmas: Die von einem Parameter x (x ~ x0) abhängige Funktion Hz(t) sei ein Integral:

t

Hz(t) = Hz(O) + J hz(T) d-c (0 ~ t ~ T),

wobei 0

T

IHz(T) I < Ml, jlhz(t) I dt < M2 für aUe 0

sein soU. F(t) sei eine ]-Funktion. Dann strebt der Fourier-Koelfizient der Funk­tionenschar Hz(t) F(t):

T

je-ht [4(t) F(t) dt 0

für I y I + oo gleichmäßig in x ~ x0 gegen 0. Beweis: Durch partielle Integration ergibt sich:

T T T t

J [4(t) [e-iyt F(t)] dt = Hz(T)je-iyr F(-c) d-c -fhz(t) dtje-iyr F(-c) d-c, 0 0 0 0

also

fe-tyt ~(t) F(t) dtl 0 I

T t T

~IH.,(T)I· je-iyrF(-c)d-c +Max je-•Y,.F(-c)d-c ·flhz(t)ldt 0 O~t~T 0 0

~ M1 fe-iyr F(-c) d-cl + ~ • Max I /e-iyr F(-c) d-c . 0 ' O~t~T lö

Nach dem Riemann-Lebesgueschen Lemma strebt der erste Summand rechts und nach der ersten Verallgemeinerung der zweite Summand unabhängig von x für I y I + oo gegen 0.

Setzen wir speziell t

~(t) = e-~t = 1- x Je-n d-c, 0

so sind bei beliebigem festen x0 die Voraussetzungen der zweiten Verallgemeine­rung erfüllt und wir haben damit das Ziel der bisherigen Betrachtungen er­reicht, nämlich:

Page 168: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Verhalten von f(s) bei Annäherungans = oo 171

Satz 679 • Bei endlichem T > 0 strebt

T T

fe-•t F(t) dt =I e-iyt e-"' 1 F(t) dt 0 0

für I y 1-+ oo gleichmäßig in x;::;; x0 gegen 0, wobei x0 beliebig, aber fest ist. Hieraus ergibt sich für das .ß-Integral mit der oberen Grenze oo: Satz 780 • Wenn E{F} = f(s) auf der Geraden 9\s = x0 gleichmäßig konvergiert,

so strebt f(s) mit s = x + i y für I y 1-+ oo gleichmäßig in x ;::;; x0 gegen 0; ins­besondere strebt f(s) auf jeder Vertikalen 9\s = x;::;; x0 gegen 0, wenn s nach oben oder unten wandert.

Beweis: Nach Satz 3 [3.1] ist E{F} für x;::;; x0 gleichmäßig konvergent, man kann also zu e > 0 ein T so bestimmen, daß

00

{e-•t F(t) dt < ~ für x;::;; x0

f

ist. Ferner gibt es nach Satz 6 ein Y derart, daß

T

je-•t F(t) dt < + für I y I > Y, x ;::;; x0

0

ausfällt. Dann ist

00

je-• 1 F(t) dt < e für IYI > Y, x;::;; x0 •

0

Bemerkungen: 1. Der Satz gilt auch, wenn E{F} auf der Geraden 9\s = x0

nur für alle hinreichend großen I y I, d. h. für I y I ~ Y, gleichmäßig konver­giert. Denn zunächst zeigt der Beweis von Satz 3 [3.1], daß dann E{F} auch für x ~ x0 , IYI ~ Y gleichmäßig konvergiert. Ferner kann man sich beim Beweis von Satz 7 von vornherein auf die y mit I y I ;::;; Y beschränken.

2. Satz 7liefert, auf ein festes x angewandt, eine Ausdehnung des Riemann­Lebesgueschen Lemmas auf ein Fourier-Integral mit unendlichem Intervall, die wir eigens formulieren wollen. Statt des Intervalls 0 ~ t < oo kann man offenbar auch das Intervall - oo < t < + oo nehmen.

Riemann-Lebesguesches Lemma für F ourier-1 ntegrale: Ist das F ourier-1 ntegral

+oo I e-iYt G(t) dt (y reell) -oo

für I y I ~ Y gleichmäßig konvergent, so strebt es für I y I -+ oo gegen 0. Aus Satz 1 und Satz 7 folgt: Satz 8. Wenn E{F} = f(s) auf der Geraden 9\s = x0 für I y I ~ Y gleichmäßig

konvergiert, so strebt f(s) gegen 0, wenn s in der Halbebene x ~ x0 zweidimen-

Page 169: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

172 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

sional gegen oo strebt*). Insbesondere konvergiert f(s) auf jedem Strahl, der ganz der Halbebene angehört, gegen 0, und zwar gleichmäßig für alle Richtungen; wei­terhin konvergiert f(s) gegen 0 für x + + oo gleichmäßig in y und für I y I +oo gleichmäßig in x.

Satz 9. Wenn ~{F} = f(s) auf der Geraden 9{s = x0 gleichmäßig konver­giert, so ist f(s) in der Halbebene 9{s ~ x0 beschränkt.

Beweis: Nach Satz 3 [3.1] ist ~{F} für 9ts ~ x0 gleichmäßig konvergent,

"' also f(s) stetig, weil / e-st F(t) dt in der ganzen Ebene holamorph (S. 145),

0 also stetig ist, und eine gleichmäßig konvergente Schar von stetigen Funk-tionen gegen eine stetige Funktion konvergiert**). Nach Satz 8 gibt es ein R, so daß lf(s) I ~ 1 für 9ts ~ x0 , lsl ~ R ist. In dem beschränkten Bereich 9ts ~ x0 , lsl ~Rist f(s) stetig, also beschränkt, folglich ist f(s) in der ganzen Halbebene 9ts ~ x0 beschränkt.

Die folgenden Sätze stellen lauter Anwendungen des Satzes 8 dar. Zunächst schicken wir einen allgemeinen funktionentheoretischen Satz voraus.

Satz 10. Ist die Ftmktion f(s) in der offenen Halbebene 9ts > x0 analytisch und in der abgeschlossenen Halbebene 9ts ~ x0 stetig, und konvergiert f(s) gegen 0, wenn s in 9{s ;;:; x0 zweidimensional gegen oo strebt, so ist f(s) durch das Cauchy­sche Integral über die Gerade 9ts = x0 darstellbar***):

-<o+ ioo J f(s) für 9ts > x0 V. p. _1__ I J.St!)__ da =

2 :rn . s - a l 0 für 9{s < Xo. x0 - too

Beweis: Setzt man aus dem Kreis vom Radius (! um den festen Punkt s und der von ihm auf der Geraden 9ts = x0 abgeschnittenen Strecke eine ge­schlossene Kurve (l: mit negativem Umlaufsinn zusammen (siehe die stark aus­gezeichnete Kontur in den Figuren 3), so ist nach der verallgemeinerten Cauchy­schen Integralformel (Anhang Nr. 54)

_1 . jM_ da = lf(s) 2:rn s-a 0

{!;

für 9ts > x0

für 9{s < x0 •

Auf dem Kreisbogenteil <l:1 von <l: ist a- s = (! ei 0 , 1&1 ~ &0 , da= i (! e;o d&, also

+0,

I I ~P::)a dal ~ r lf(e ei 0 } I d& ~ 2n. Max lf(e ei 0 ) I+ 0

<&, I - ·o, I o I,;; o, für (! + oo,

*) Siehe Anhang Nr. 52. **) Liegt die Geradeins = x0 im Innern der Konvergenzhalbebene, so folgt die Stetigkeit von

f(s) für ins~ x0 aus der Holomorphie, nicht aber, wenn ins = x0 die Konvergenzgerade ist. ***) Man beachte, daß die Randgerade ins= x0 in der Richtung von x0 - i oo nach x0 + i oo

die Halbebene ins > x0 im negativen Sinn umläuft. Daher steht im Nenner nicht a- s, sondern s-a.

Page 170: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Verhalten von f(s) bei Annäherungans = oo 173

so daß bei dem Grenzübergang (! + oo in der Cauchyschen Formel nur das Integral über die Vertikale 9ts = x0 übrigbleibt:

z,+i~s+iw J f(s) lim - 1 -. j __jJt!)_ da =

2nz s-u lo w--+oo z0 +i 3s- iw

Fig. 3

für 9ts > x0

für 9ts < x0 •

Hierin kann man noch die Integrationsgrenzen durch x- i w und x + i w ersetzen, denn die Beträge, um die sich die beiden Integrale unterscheiden, lassen sich abschätzen durch

I I o(l) ,3s l9ls- Xo r + O für w + oo

(die Länge des Integrationsweges ist l3s I, auf der Integrationsstrecke ist f(a) = o(l) für w + oo, und es ist ls- al ~ l9ts- x0 j).

Bemerkung: Entsprechend gelten die Cauchyschen Integralformeln für die Ableitungen f("l(s).

Satz 11. Ist E{F} = f(s) für 9ts = x0 gleichmäßig konvergent, so ist

1 xo/+ ioo f(u) -lf(s) V. P. -2-. -- da-

nz . s-u 0 Xg-100

für 9ts > x0

für 9ts < x0 •

Beweis: Dies folgt aus Satz 10 auf Grund von Satz 8 und der Stetigkeit von f(s) für 9ts ~ x0 (vgl. den Anfang des Beweises von Satz 9).

Wie wir später sehen werden (Satz 4 [5.1]), läßt sich dieser Satz wesentlich verbessern: Der Integrationsweg darf im Gebiet einfacher Konvergenz ver­laufen und kann sogar noch weiter nach links in die Holomorphiehalbebene verschoben werden.

Page 171: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

174 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

Satz 8 besagte, daß f(s) auf Vertikalen im Bereich gleichmäßiger Konver­genz gegen 0 strebt. Der folgende Satz gibt darüber Auskunft, wie f(s) = 2{F} sich auf den Vertikalen in der Halbebene einfacher Konvergenz verhält.

Satz 1281 • Ist ß die Konvergenzabszisse vo1~ 2{F}= f(s), so ist mit s = x+ i y in jeder Halbebene x ~ ß + e (s > 0 beliebig klein)

f(s) = o(l y I) für I y I ~ oo gleichmäßig in x.

Beweis: Da, wenn wir s0 = ß + (s/2) setzen, in dem Winkelraum 5ID(s0 , n/6) nach Satz 1 sowieso f(s) = o(1) gilt, so brauchen wir die Behauptung nur für

ß (; 0

"""2"""

Fig. 4

den Restteil m der Halbebene X~ ß + e zu beweisen. Nach dem Fundamental­satz 5 [2. 2] ist für x > s0 , also für x ~ ß + e

00

f(s) = (s - So) r e- (s- s,)t C/J(t) dt, 0

wobei das Integral für x ~ ß + e absolut, also gleichmäßig konvergiert. Daher ist nach Satz 8

00 J e-(s-s,)t C/J(t) dt = o(l) für IYI ~ oo gleichmäßig in x ~ ß + s; 0

ferner ist in m

5 1!~0 ~ sin ~ = ~, also ls- s0 l ~ 2lyJ.

Folglich gilt in 58, gleichmäßig in x: f(s) = o(iyi). Eine Vergröberung dieses Satzes lautet: Satz 13. In jeder Halbebene x ~ ß +eist f(s) = o(i s I) fürs~ oo.

Page 172: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Verhalten von f(s) bei Annäherung ans = oo 175

Problem: Es ist durch ein Beispiel zu zeigen, daß die Abschätzung /(s) = o(l y j) nicht verbessert werden kann, oder aber zu beweisen, daß allgemein f(s) = o(j y lk) mit einem k < 1 ist. Das Beispiel S. 179 lehrt, daß k ~ 1/2 ist.

Ein analoger Satz wie Satz 12 gilt für Dirichletsche Reihen: Satz 1482 • Ist a die Konvergenzabszisse der Dirichletschen Reihe

00

<p(s) = E a .. e--'n•, .. ~o

so ist in jeder Halbebene x ~ a + e (e > 0)

<p(s) = o(l y j) für I y I + oo gleichmäßig in x.

Beweis: Der Satz kann nicht unmittelbar durch Anwendung von Satz 12 auf die durch Satz 1 [2.6] gegebene Darstellung von <p(s) durch einE-Integral gewonnen werden, weil dies nur <p(s) = o(l s 12) liefern würde. - Offenbar ge­nügt es, anzunehmen, daß <p(s) kein absolutes Glied besitzt, also A.0 > 0 ist. Dann ist in der Bezeichnungsweise von Satz 1 [2.6]

A (t) = 0 für 0 ~ t < A.0

und folglich für 9{s > Max (a, 0) : 00

<p(s) = s j e-•t A(t) dt, .<,

wobei das Integral absolut konvergiert. Ist a0 eine reelle Zahl > Max (a, 0), so ist für 9{s ~ a0 :

00 00 00

j e-• 1 A(t) dt f e-(s-a,)t e-a,t A(t) dt ~ e-('i1ls-a,)Äoje-"•1 IA(t) I dt, .<, ~ ~

mithin I <p(s) I ~ const lsl e-('i1ls-a,)-<,,

Folglich ist in dem Winkelraum W (a0 , n/4)

<p(s) + 0 für lsl + oo

(im allgemeinen Fall <p(s) + Absolutglied). Der Satz braucht also nur noch für den Restteil ~ der Halbebene x ~ a + e, der nach Herausnahme des Winkelraumes W übrigbleibt, bewiesen zu werden. In ~ ist

00

<p(s) = s je-• 1 A(t) dt 0

00

für a ~ 0,

<p(s) = <p(O) + s j e-•t [A(t)- tp(O)] dt für a < 0, 0

Page 173: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

176 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transfonnierten

und in beiden Fällen strebt nach Satz 7 das Integral gegen 0 für I y I -+ oo, gleichmäßig in X. Da in m für alle hinreichend großen I y I

lsl < lxl + IYI < 2jyj + IYI = O(lyl)

ist, so ist der Satz bewiesen. - Wie man sieht, beruht der Beweis auf demselben Gedankengang wie der von Satz 12.

Satz 13 gibt uns endlich die Möglichkeit, den Eindeutigkeitssatz für die zweiseitige Laplace-Transformation zu beweisen.

Satz 1583 • Wenn f(s) = .ßu{F} in dem Streifen ß1 < x < ß2 (s = x + i y) konvergiert und verschwindet, so ist F(t) eine Null/unktion.

Beweis: Die Funktion 00

/l(s) = r e-Bt F(t) dt 0

ist für x > ß1 holomorph, und nach Satz 13 ist

ft(s) = o(jsl) für x ;;;;_ ß1 + Pa~A. Ebenso ist

0

f2(s) = J e- 8 t F(t) dt -00

für x < ß2 holomorph und

/ 2(s) = o(!sl) für x ~ ß2 - Pa~ {J1

Da in dem Streifen ß1 < x < ßa

f(s) = 0, also ft(s) = - / 2(s)

ist, so läßt sich ft(s) vermittels /2(s) in die ganze Ebene analytisch fortsetzen, 00

und es ist ft(s) = o(j s 1). Ist /1(s) =I; a,. s"', so ist nach der Cauchyschen Ko-effizientenabschätzung "- 0

Ia,.! ~ ~~),

wo M(r) das Maximum von lf(s) I für I s I = r ist, also für r-+ oo:

la,.l ~ 0r~) = o (-;,.1_ 1) = o(1) für n ;;;;_ 1,

so daß a,. = 0 für n -;;;;. 1, und folglich /1(s) = a0 ist. Da aber nach Satz 1 / 1(s) -+ 0 fürs-++ oo, so ist /1(s) = 0, also nach Satz 2 [2. 9]

t

jF("r)d-r:::O für t>O. 0

Page 174: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Die Ordnung von /(s) auf Vertikalen

Analog ergibt sich f2(s) = 0 und hieraus

I

/F(r)dr:=O für t<O. 0

177

Wie bei der i!rTransformation kann man auch bei der i!u-Transformation schon auf f(s) = 0 schließen, wenn f(sn) = 0 für gewisse Punktfolgen Sn ist. Wir führen ohne Beweis folgenden Satz an:

Satz 1684 • Wenn f(s) = i!n{F} in dem Streifen - oo < ß1 < x < ß2 < + oo konvergiert und wenn f(s) in einer Punktfolge Sn auf et"ner Vertikalet~ Sn= x0 +i Yn (ß1 < x0 < ß2 ; 1t = 0, 1, ... ) verschwindet, für die I Yn I + oo und

mit einem Ä. > nf(ß2 - ß1) divergiert, so ist f(s) = 0, und F(t) ist infolgedessen eine Nullfunktion;

Für eine äquidistante Punktfolge divergiert die Reihe nicht, das Verschwin­den in einer solchen zieht also nicht das identische Verschwinden von f(s) nach sich. In der Tat wurde ja S. 76 gezeigt, daß es i!1-Transformierte, die ein Spezialfall der i!u-Transformierten sind, gibt, die in vertikalen äquidistanten Punktreihen verschwinden, ohne identisch zu verschwinden.

§ 7. Die Ordnung von f ( s) auf Vertikalen

Satz 12 [3. 6] zeigt, daß f(s) = i!{F} auf jeder Vertikalen 9ts = x ( s = x + i y) im Konvergenzgebiet höchstens wie I y I für I y I + oo anwächst. Dies legt die Einführung folgender Begriffe nahe*): f(s) sei eine beliebige, für x > x0 holomorphe Funktiön (nicht notwendig eine l-Funktion). Ist x fest > x0 und Ä. eine beliebige reelle Zahl, so kann es sein, daß

(1)

ist oder nicht. Im ersteren Fall gibt es zwei positive Zahlen C und Y, die (außer von x) von Ä. abhängen, derart, daß

(2) lf(x+iy)I<CIYIA für IYI>Y

ist. Gilt (1) für Ä., so erst recht für jeden größeren Wert (man kann in (2) die­selben C und Y gebrauchen, wenn Y ~ 1 war). Gibt es also überhaupt ein Ä., für das (1) richtig ist, so existiert eine (leicht als Dedekindscher Schnitt oder

*) :VIan sieht leicht, daß es für das Folgende keinen wesentlichen Unterschied bedeutet, ob man o oder 0 verwendet. Denn es ist O(l y I~) = o{j y I; +"•) für jedes beliebig kleine e > 0.

Doetsch I /12

Page 175: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

178 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

als untere Grenze konstruierbare) Zahlf-t derart, daß (1) für A. >I' richtig, für ). <I' falsch ist; dabei kann I'= - cx:> sein, nämlich wenn (1) für alle A. richtig ist (A. <I' kommt dann nicht vor). - Gibt es kein A., für das (1) richtig ist, so setzen wir I'= +=. Die Zahl p, heißt die Ordnung*) von f(s) für 9ts = x. Ist I'< +=,so sagt man, daß f(s) für 9ts = x von endlicher Ordnung ist (also auch wenn I'= - = ist). - Offenbar ist

I'= limsup log lf(x + i y) I IYI~oo log jyj

Läßt man x in x > x0 variieren, so erhält man eine Funktion p,(x), die die Lindelöfsche !-'-Funktion heißt. Natürlich kann man sie auch definieren, wenn f(s) nur in einem Streifen x0 < x < x1 analytisch ist.

Die Funktion f-t(X) ist, soweit sie endlich ist, konvex**) und daher stetig. Denn sind x1 und x 2 zwei Stellen, zwischen denen f-t(X) endlich ist, so gilt für jedes e> 0:

also nach Anhang Nr. 57 für x1 ;;;:;; x;;;:;; x2 :

f(x + i y) = O(!Yik(xl), wo

ist. Mithin ist !-'(x) ;;;:;; k(x) und, da e beliebig klein sein kann:

Das ist die Behauptung. - Ist !-'(x) in einem Intervall < cx:> und an einer Stelle x1 gleich -cx:>, so ist durchweg f-t(X) = -=,weil man dann in dem Beweis !-'(x1) algebraisch beliebig klein wählen kann, wodurch auch !-'(x) beliebig klein wird.

*) Genauer sollte man sagen «Potenzordnung», denn der Begriff Ordnung kommt in der Funk­tionentheorie in vielfältiger Bedeutung vor. So werden die ganzen Funktionen, wenn man bei diesen von Ordnung spricht, nicht mit Potenzen, sondern mit Exponentialfunktionen verglichen.

**) Der Begriff «konvexe Funktion» wird in verschiedenem Sinne gebraucht. Wir nennen hier eine Funktion konvex, wenn in der graphischen Darstellung die Kurve zwischen zwei beliebigen Kurvenpunkten an keiner Stelle oberhalb deren geradliniger Verbindung liegt. Man kann das so ausdrücken: Die zu drei Abszissen xi < x2 < x3 gehörigen Kurvenpunkte bilden ein Dreieck von positivem Umlaufsinn und daher positivem Inhalt:

I xi x2 Xa

lp,(xi) p,(x2) p,(x3) ;;:;; 0.

1 1 1

Eine solche Funktion ist in jedem inneren Punkt ihres Definitionsbereiches stetig.

Page 176: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Die Ordnung von f(s) auf Vertikalen 179

Wir wenden diese Begriffe nun speziell auf I-Funktionen in der Holomor­phiehalbebene an. Aus Satz 12 [3.6] und Satz 9 [3.6] folgt, daß bei f(s) = ß{F}

für x > ß =Abszisse einfacher Konvergenz: p,(x) ~ 1,

für x > y =Abszisse gleichmäßiger Konvergenz: p,(x) ::;:;; 0

ist. Während für Dirichletsche Reihen, die eine Halbebene absoluter Konver­genz besitzen, stets p.(x) ~ 0 ist85, kann für ß-Transformierte, auch für solche

8 ~JJJ

tJ{x) X

1 1 2

8 X

p(x)

Fig. 5

mit absoluter Konvergenzhalbebene, p.(x) negativ sein, wie das Beispiel ß{t"'- 1/T(cx)} = s-« (ot > 0) zeigt. Es kann sogar vorkommen, daß durchweg ft(x) =- oo ist. So ist für ß{ tp(1, t)} = e-Vs (Vs = Hauptzweig, 9ts > 0):

In dem Teil der Holomorphiehalbebene, der über die Konvergenzhalbebene hinausragt, kann p.(x) beliebig groß sein, was wir am Beispiel der S. 58 defi­nierten l-Funktion

1tp(s) - tp{O)

tp(s) = s

tp'(O)

fürs =1= 0 "" (-lt-1 mit tp(s) = E v• = (1- 21 -•) C(s)

fürs= 0 •-l

Page 177: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

180 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

zeigen wollen. Betrachten wir zunächst die ,u-Funktion für 1p(s), so ist offenbar p(x) = 0 für x > 1, da die Dirichletsche Reihe für 1p(s) für 9ts > 1 absolut konvergiert, also 1p(s) dort beschränkt ist (man beachte die eben gemachte Bemerkung, daß ,u(x) ~ 0 sein muß). Mit Hilfe der Riemannschen Funktional­gleichung der C-Funktion (siehe S. 413) ergibt sich hieraus leicht, daß ,u(x) = (1/2) - x für x < 0 ist. Wegen der Konvexität von ,u(x) ist für 0 :::;; x ~ 1:

1 X 1 ,u(x) :::;; 2 - 2 , ,u(x) ;;;::: 0, ,u(x) ~ 2 - x*).

Die p-Funktion für 1p(s) ist überall um 1 kleiner, also

,u(x) = -1 für x > 1 ,

1 ,u(x) = - 2 - x für x < 0,

,u(x) ~ - ~ - ~ , ,u(x) ~ -1 , ,u(x) ~ - ~ - x für 0 :::; x ~ 1.

Bei diesem Beispiel ist in der Konvergenzhalbebene (~s > -1) p(x) ~ 1/2, dagegen in der Holomorphiehalbebene (die hier die ganze Ebene ausmacht) p(x) beliebig groß.

Für eine l!-Transformierte ist ,u(x) eine monoton abnehmende Funktion, d.h. für x > x0 ist p(x) ~ p(x0). Wählen wir nämlich ein x1 > x innerhalb der Konvergenzhalbebene, so ist p(x1) ~ 1, und der Punkt x, p(x) liegt somit sicher unterhalb der Verbindungsgeraden der Punkte x0 , p.(x0} und x1 , 1. Dadurch, daß man x1 hinreichend groß nimmt, kann man erreichen, daß diese Gerade beliebig wenig von der Horizontalen durch x0 , ,u (x0) abweicht, so daß ,u(x) < ,u(x0} + e für jedes e sein muß, woraus p(x) ~ ,u(x0) folgt.

Der Begriff der Ordnung wird später von besonderer Bedeutung werden, wenn es uns gelingen wird, aus .s:!{F} Ausdrücke abzuleiten, die über die Kon­vergenzhalbebene von .s:!{F} hinaus konvergieren (siehe 9. Kap.).

§ 8. Die Beschränktheitshalbebene von /(s)

Besitzt .s:!{F} = f(s) eine Halbebene gleichmäßiger Konvergenz (was z.B. sicher der Fall ist, wenn .s:!{F} irgendwo absolut konvergiert), so ist /(s) nach Satz 9 [3.6] in jeder echten Teilhalbebene beschränkt. Wir können nun ganz

*) Wenn die Riemannsche Vermutung richtig ist, daß alle nichtreellen Nullstellen von '(s) auf9ts = 1/2 liegen, ist p(x) = (1/2) - x für x < 1/2, p(x) = 0 für x ?; 1/286•

Page 178: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Beschränktheitshalbebene von f(s) 181

allgemein f(s) in seiner Holomorphiehalbebene ~s >X betrachten und fragen, ob es eine Halbebene ~s ~ x >X gibt, wo f(s) beschränkt ist:

(1) lf(s) I ~ C = C(x) für ~s ~ x.

\Venn das der Fall ist, so definieren wir als Beschränktheitsabszisse 'YJ von f(s) die untere Grenze aller x, für die (1) gilt. ~s > 'YJ heißt die Beschränktheitshalbebene von f(s). Natürlich braucht f(s) in dieser Halb­ebene selbst nicht beschränkt zu sein, sondern nur in jeder echten Teilhalb­ebene.

Problem: Es ist eine offene Frage, ob es ~-Transformierte gibt, die in keiner Halbebene beschränkt sind.

Was die Lage von 'YJ zu den anderen charakteristischen Abszissen von f(s) angeht, so gilt offenbar:

Satz 1. Es ist

Dagegen kann man über die Lage von 'YJ zu der Konvergenzabszisse ß nichts Allgemeines sagen. In der Tat läßt sich durch Beispiele87, deren Entwicklung hier zu weit führen würde, zeigen, daß alle drei Fälle 'YJ ~ ß vorkommen können. Hieraus folgt, daß es aussichtslos ist, etwa von der Beschränktheit von f(s) auf die Konvergenz von ~{F} schließen zu wollen. V gl. hierzu Satz 3 [9. 5].

Ist eine holamorphe Funktion auf dem Rand eines im Endlichen liegen­den Bereichs beschränkt, so liegt sie bekanntlich im Ionern unter derselben Schranke. Erstreckt sich der Bereich aber ins Unendliche, so gilt dies nicht mehr (Beispiel: e• in der Halbebene ~s ~ 0). Infolgedessen können wir von der Beschränktheit einer !-Funktion auf einer Vertikalen ~s = x nicht auf ihre Beschränktheit für ~s ~ x schließen. Wir gehen nun darauf aus, eine möglichst weite Voraussetzung hinzuzufügen, unter der der Schluß doch richtig wird. Dabei müssen wir nach Kräften die Tatsache ausnützen, daß f(s) bereits in jedem Winkelraum W(s0 , 1p < n/2), wo s0 ein Konvergenzpunkt, beschränkt ist (Satz 2 [3.6]). Dazu verhilft uns der folgende allgemeine funktionen­theoretische Satz.

Hilfssatz88 • f(s) mit s = x + i y sei in der Halbebene ~s >X holamorph und erfülle dort folgende Bedingungen:

1. lf(s)l ~ C auf x = x0 > X,

2. lf(s) I ~ K eiY/k mit k > 2 fiir x > x0 ,

3. lf(s) I ~ Cx im Winkelraum W(x0 , 1p) mit k ~ 2 ; < 1p < ~ .

Dam~ ist

lf(s) I ~ C in der Halbebene x ~ x0 •

Page 179: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

182 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

Beweis: Jeder der beiden Restwinkelräume, die durch Herausnahme von m3 aus der Halbebene .x ~ .x0 entstehen, hat einen Öffnungswinkel oc. = 11:j2-1p. Auf den Schenkeln ist f(s) nach 1. und 3. beschränkt, und zwar, da wir C1 ~ C annehmen dürfen, f(s) ~ C1 • Im Innern ist, wenn wir I s- .x0 I = r setzen:

oder, da nach der unter 3. gemachten Voraussetzung

k < n (n/2)-'IJ'

=-IX

ist, bei jedem beliebig kleinen e > 0 für alle r ~ r0 = r0(e)

lf(s) I ~ K e.,nfa..

Aus dem Satz in Anhang Nr. 58 folgt dann aber, daß in den beiden Restwinket­räumen lf(s)! ~ C1 und folglich in der ganzen Halbebene 9ts > .x0 : [f(s)[ ~ C1

ist, während auf dem Rand lf(s)! < C ~ C1 gilt. Wenden wir den Satz nun­mehr auf diese Halbebene, also auf einen Winkelraum der Öffnung 11:, an (es dürfte dabei sogar [f(s)! ~ K e"' im Innern sein), so erhalten wir lf(s)[ ~ C für 9ts ~ .x0 •

Hieraus ergibt sich nun für eine durch die E-Transformation erzeugte Funktion:

Satz289 • Auf einer im Innern der Holomorphiehalbebene von E{F} = f(s) ge­legenen Vertikalen sei f(s) beschränkt:

lf(s) [ :'SC für 9ts = .x0 >X·

In der H albebe1~e 9ts > .x0 sei

lf(s) I ~ K elrl k

mit festen, aber beliebig großen Konstanten K und k. Dann ist

l/(s) I ~ C in der ganzen Halbebene 9ts ~ x0 •

Beweis: Nach Satz 1 [3.6], Zusatz, strebt f(s) in jedem Winkelraum mJ(.xo, 1p < 11:/2) für s + 00 gegen 0, ist also in jedem solchen m beschränkt. Wenden wir den Hilfssatz an, so darf 1p beliebig nahe an 11:/2 liegen, k kann also beliebig groß sein.

Dieser Satz entscheidet die S. 181 angeschnittene Frage, soweit es sich um eine Gerade innerhalb der Konvergenzhalbebene handelt, vollständig, denn

Page 180: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Beschränktheitshalbebene von f(s) 183

rechts von einer solchen ist nach Satz 12 [3.6] f(s) = o(i yj) gleichmäßig in x, also reichlich lf(s) I~ K eiYI für ein gewisses K. Mithin gilt:

Satz 3. Ist f(s) = E{F} auf einer Vertikalen 9ts = x im Itmern der Konver­genzhalbebene beschränkt, so liegt if(s) I in der ganzen Halbebene 9ts ~ x unter derselben Schranke.

Zu dem S.181 genannten Problem können wir jetzt soviel sagen: Hat eine E-Transformierte keine Beschränktheitshalbebene, so ist sie entweder auf keiner einzigen Vertikalen beschränkt, oder, wenn sie auf einer Vertikalen beschränkt

z

Fig.6

ist, so muß diese außerhalb der Konvergenzhalbebene liegen. Ferner muß es dann zu jedem noch sogroßenKund k rechts von ihr Punkte (außerhalb der Konvergenzhalbeberie) geben, wo lf(s)l > K eiYik ist.

In der Folge beschäftigen wir uns ausschließlich mit dem Fall, daß f(s) = E{F} eine Beschränktheitshalbebene besitzt.

In der Beschränktheitshalbebene 9ts > 'fJ ist die Funktion

M(x) = obere Grenze von lf(s) I auf 9ts = x

definiert. Von den Eigenschaften dieser Funktion handeln die folgenden Sätze. Satz 4. Die Funktion IogM(x) ist konvex*), d.h. für 'fJ < x1 < x2 < x3 gilt:

logM(x1) logM(x2) logM(x3) ~0 oder M(x2y·-..-·~M(x1Y·-x,M(x3Y'-..-'.

1 1 1

Infolgedessen ist auch M(x) eine konvexe Funktion. Beweis: Satz 4 ergibt sich unmittelbar aus dem Dreigeradensatz (Anhang

Nr. 59). Daß aus der Konvexität von log M(x) die von M(x) folgt (aber nicht umgekehrt), sieht man anschaulich so ein: Die Kurve y = logM(x) liegt unter

*) Siehe die Definition 5.178, Fußnote **).

Page 181: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

184 3. 1\:ap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transfonnierten

ihrer geradlinigen Sehne y = a x + b. Bildet man z = eu, so liegt die Kurve z = M(x) unter der konvexen Kurve z = e" ea"', also erst recht unter der gerad­linigen Sehne.

Die Konvexität von logM(x) besagt viel mehr als die von M(x). Satz 590 • Ist F(t) ~ 0, so ist in der Konvergenzhalbebene von .i?{F} = f(s) die

Funktion log f(x) fiir reelle x konvex*). Beweis: Für 9ls = x ist

00

J/(s) J ~ je-"' 1 F(t) dt = f(x),

also M(x) = f(x). 0

Beispiel: .1?{ tp{~. t)} = e-"' Vs (V~= Hauptzweig), ~>o.

Die Funktion e-"' V% ist konvex, aber sogar ihr Logarithmus -oc. V x. Satz 6. Fiir f(s) = .i?{F} nimmt die Ftmktion M(x) monoton ab:

und zwar gilt entze;eder dauernd das Ungleichheitszeichen oder dauerni das Gleich­heitszeichen. - Daher nimmt auch log M(x) monoton ab.

Beweis: Ist J/(s)J ~ M(x1} für 9ls = x1 und /(s) für 9ls > x1 beschränkt, so sind die Voraussetzungen von Satz 2 reichlich erfüllt, also ist J/(s) I ~ M(x1)

für 9ls > x1 , mithin auch M(x2} < M(x1}. - Aus der Monotonie und der Kon­vexität von M(x) folgt leicht, daß, wenn das Gleichheitszeichen auch nur für ein einziges \Vertepaar x1 , x2 gilt, es dann immer gelten muß.

Problem: Gibt es !-Funktionen=\= 0, für die M(x) = const > 0 ist?

Satz 7. Besitzt .i?{F} = f(s) eine Halbebene gleichmäßiger Konvergem, so ist JJ(x) -+ 0 fiir x-+ oo.

Beweis: Dies ergibt sich unmittelbar aus Satz 8 [3. 6]. Problem: Da M(x) monoton fällt und ~ 0 ist, muß lim M(x) existieren

z...,.+oo

und ~ 0 sein. Kann der Fall lim M(x) > 0 tatsächlich eintreten? Die Frage z---+-+oo

ist zu bejahen, falls das vorige Problem positiv zu beantworten ist. Zum eingehenderen Studium von M(x) werden wir diese Funktion mit

bekannten Funktionen, die dieselben allgemeinen Eigenschaften haben, ver-

*) Daß im Falle F(t) ~ 0 die Funktion f(x) selbst konvex ist, ist trivial, denn es ist

00

t" (x) = J e-"' 1 t2 F(t) dt ~ 0. 0

Darüber hinaus ist offenbar f(x) vollmonoton, d. h.

Übrigens ist für jede vollmonotone Funktion f(x) auch log f(x) konvex91•

Page 182: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Bescbränktbeitshalbebene von f(s) 185

gleichen. Die einfachste Funktion, die monoton abnimmt und deren Logarith­mus konvex ist, ist h(x) = e-ru (oc > 0). Sie wird charakterisiert durch den Parameter- oc =log h(x)Jx. Es liegt also nahe, den Quotienten log M(x)Jx zu betrachten. Wir behaupten:

Satz 8. Für fede }!,-Transformierte, die eine Beschränktheitshalbebene besitzt, existiert lim log M(x)jx. Diese Zahl ist stets ~ 0:

X-->00

lim log M(x) =-V~ 0. X

X-->-00

Wir nennen v (~ 0) die BE!'schränktheitsordnung92 von f(s). Beweis: Daß v ~ 0 sein muß, ist klar, denn, wie oben bemerkt, konvergiert

M(x) für x-+ oo entweder gegen 0 oder eine Zahl> 0. Im letzteren Fall ist offenbar v = 0. Ist aber M(x) -+ 0, so ist von einer Stelle an log M(x) < 0, alsolimlog M(x)Jx, wenn vorhanden, ~ 0. - Wir setzen:

X-+ 'Xl

I im sup log M (x) = - v, X

X-->00

I . . f log M(x) Imin = -w.

X X-->00

Beide Größen können endlich(~ 0) oder gleich- oosein, und es ist- v ~ - w. a) w sei endlich. Dann gibt es nach der Definition von lim inf zu gegebenem

b > 0 unendlich viele Zahlen x1 < x2 < · · · -+ oo so, daß

log M(xn) < _ w + ~ I I M( ) < ( ~) X u, a SO og Xn - W + u Xn n

ist. In der graphischen Darstellung von y = log M(x) liegen also die Kurven­punkte mit den Abszissen Xn unterhalb der Geraden y = (- w + ~) x. Dann liegen aber wegen der Konvexität von log M(x) die Punkte an den Zwischen­stellen erst recht darunter, d.h. für x ~ x1 ist dauernd

logM(x) < -w+ ~. X

Daher muß . log M(x)

- v = hm sup ~ - w + ~ X

X-+00

und, da ~ beliebig klein ist, - v ~ - w sein. Zusammen mit - v ~ - w führt das zu -v = -w, d.h.lim log M(x)jx existiert.

X-+00

b) Es sei - w = - oo. Dann kann im vorigen Beweis - w + ~ durch jede Zahl - K (K beliebig groß) ersetzt werden, und es folgt: - v ~ - K, d. h. -v= -oo= -w.

Die Beschränktheitsordnung stellt nach ihrer Definition eine Eigenschaft der Größe M(x) dar, hängt also von dem Verhalten von f(s) auf den Vertikalen

Page 183: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

186 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace-Transformierten

9ts = x ab. Wir wollen nun zeigen, daß sie auch schon allein durch das Verhalten "I.!On f(s) für reelle s = x bestimmt ist. Ist F(t) ~ 0, so ist f(x) = M(x) (siehe Satz 5), im allgemeinen aber verhält sich f(x) ganz anders als M(x). Zwar ist f(x) -+-0 für x-+- oo (Satz 1 [3. 6]), aber f(x) oder I f(x) I oder 9tf(x) braucht nicht monoton gegen 0 zu streben: es gibt ~-Transformierte, die auf der reellen Achse reell sind und unendlich viele Zeichenwechsel haben, wie das Beispiel

F(t) = (:rt: t) - 1/2 cos ; t , f(s) = s-1/2 e-s•,. cos s112 (<<Tabellem 5.66)

zeigt. Es ist auch keineswegs notwendig lim log lf(x) lfx vorhanden, denn in diesem Beispiel ist x--+-oo

. log 1/(x) I hm sup -----·- = 0 X '

r . f loglf(x)l 1m1n x = -oo, X-->-00 X-->-00

weillog lf(x) I = -oo in den sich gegen +oo häufenden Nullstellen von f(x) ist. Es gilt jedoch: Satz 9. Wenn f(s) = ~{F} eine Beschränktheitshalbebene besitzt, so hängt die

Beschränktheitsordnung v mit den Werten von f(s) für reelles = x folgendermaßen zusammen:

-v = lim sup log 1/(x)l X x-+oo

Bemerkungen: 1. Die Größe

-V= lim sup log 1/(x) I X

X-->-00

existiert auch für solche f(s) = ~{F}, die keine Beschränktheitshalbebene be­sitzen, und ist ~ 0.

2. Nach Satz 9 kann man, wenn die Existenz einer Beschränktheitshalb­ebene für f(s) bekannt ist, die Beschränktheitsordnung schon allein aus den Werten von f(s) für reelle x errechnen, was eine bedeutende Erleichterung dar­stellt, da M(x) meist schwer festzustellen ist.

Beweis: a) V sei endlich. Ist ~ > 0 gegeben, so ist nach der Definition von - V für alle hinreichend großen x

log 1/(x) I <_V+ ~. X -

Deshalb und wegen der Existenz einer Beschränktheitshalbebene für f(s) kann man ein x0 ~ 0 so wählen, daß zugleich

lf(x)l < e[-V+{6/2)]x für und

lf(s) I< C für 9ts ~ x0

Page 184: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 8. Die Beschränktheitshalbebene von f(s) 187

ist. In der Viertelebene x ~ x0 ~ 0, y ~ 0 betrachten wir die Funktion

g(s) = e-[-V+(ß/2))s f(s).

Auf dem Rand y = 0 ist lg(s) I= lg(x) I< 1, auf dem Rand x = x0 ist lg(s) I ;;:;;e-[-V+(6/2lJx,c, also ist auf den Rändern lg(s)l ;;:;;const. In dem \Yinkel­raum dazwischen von der Öffnung n/2 ist

f c e-I-V+(6/2lll•l

lg(s) I;;:;; C e-I-V+(6/2)]x;;:;; \ C

also jedenfalls

I g(s) I ;;:;; const e*l'

für

für

-V+~<o 2

/) -V+ 2 ~0,

bei jedem noch so kleinen e > 0 für alle hinreichend großen I s 1. Nach dem Satz in Anhang Nr. 58 ist daher durchweg lg(s) I ;;:;; const, d. h.

lf(s) I ;;:;; const el- V+(6/2)]x ;;:;; e(- V+ß)x

für alle hinreichend großen x. Dasselbe gilt in der Viertelebene x ~ x0 , y;;:;; 0, also in der ganzen Halbebene x ~ x0 , woraus folgt:

und

M(x);;:;; e(-V+ö).~ für x ~ x0

-V= lim logM(x) :::;; -V+ (J X -

X-->-00

oder, da (J beliebig klein ist: -v;;:;;- V. Nun ist aber lf(x) I ;;:;; M(x), also von vornherein -V ;;:;; - v, so daß nur- V= - v sein kann.

b) V sei gleich+=· Dann ist in dem vorigen Beweis- V+ (b/2) durch -K zu ersetzen, wo K beliebig groß sein kann, und es folgt - v ;;:;; - K, also -V=-== -V.

Wir zeigen jetzt, daß die Aussage von Satz 9 nicht nur für die reelle Achse, sondern für jede beliebige Horizontale gilt.

Satz 10. Wenn f(s) = ~{F} eine Beschränktheitshalbebene besitzt, so hä·ngt die Beschränktheilsordnung v mit den Werten von f(s) auf einer beliebigen Hori­zo~ttalen y = y0 so zusammen:

r log lf(x+ i Yol I -v = tmsup x . X-->-00

Eine ~-Transformierte mit Beschränktheitshalbebene hat dem1tach die Eigen­schaft, daß

r logjf(x+iy0)[ tmsup x X-->-00

fiir alle y0 ~ 0 denselben Wert hat, also von y0 tmabhängig ist.

Page 185: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

188 3. Kap.: Funktionentheoretische Eigenschaften der Laplace·Transfonnierten

Beweis: Wir betrachten die E-Transformierte (vgl. Satz 2 [2.11])

<p(s) = E { e- i Y• F(t)} = f(s + i Yo) ·

Ihre M(x)-Funktion stimmt offenbar mit der von f(s) überein, also haben <p(s) und /(s) dieselbe Beschränktheitsordnung v. Wendet man nun Satz 9 auf <p(s) an, so ergibt sich:

-v=limsup logitp(x)l =limsup logif(x+iYoll. X X

x~oo x~oo

Wie wir später sehen werden (Satz 5 [14.3]), hängt die Beschränktheits­ordnung von f(s) auf einfachste Weise mit dem Verhalten von F(t) in der Um­gebung von t = 0 zusammen.

Page 186: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

II.TEIL

Die Umkehrung der Fourier- und Laplace-Transformation,

die Parsevalsehe Gleichung und verwandte Probleme

Page 187: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

191

4. KAPITEL

DIE KOMPLEXE UMKEHRFORMEL

§ 1. Fouriersches Integraltheorem und Fourier-Transformation

Die Laplace-Transformation 00

(1) f(s) = je-•t F(t) dt 0

ist das kontinuierliche Analogon zur Potenzreihe

00 00

(1') cr(z) = E an zn = E an e-n• n~o n~o

Letztere transformiert die Folge an, d.h. eine nur für ganzzahlige Argumente definierte Funktion, in die Funktion cp(z) (vgl. 1.1). Bei jeder Funktionaltrans­formation ist es wünschenswert, sie <<umkehren>), d.h. aus der Resultatfunktion die Objektfunktion durch eine Formel zurückgewinnen zu können. Bei der Potenzreihe geht das auf mehrere Arten, z. B. mittels der Taylorschen Formel an= cp(»l(O)/n!, auf die wir in 8.2 zurückkommen werden. Hier wollen wir zu­nächst an die Cauchysche Formel anknüpfen:

(2') an= Z~i /-z~(:)1 dz,

wo das Integral z. B. über einen im Konvergenzgebiet von (1') verlaufenden Kreis um den Nullpunkt zu erstrecken ist. Das Analogon für die Laplace­Transformation ist leicht zu erraten, wenn man die Substitution z = e-•, cp(e-•) = f(s) macht und schreibt:

Es lautet

(2) 1 •

F(t) = -2 ni} et• f(s) ds,

wobei der Integrationsweg eine im Konvergenzgebiet von (1) verlaufende ver­tikale Gerade der s-Ebene ist (die ja bei der Abbildung z = e-• dem Kreis

Page 188: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

192 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

um z = 0 entspricht). (2) gilt aber keineswegs so unbeschränkt für die in einer Halbebene wie (2') für die in einem Kreis analytischen Funktionen, die Fest­stellung von Gültigkeitsbedingungen wird vielmehr unsere Hauptarbeit sein. Die richtige Einstellung zu dieser Frage bekommt man, wenn man sich klar macht, daß (2') die an durch die Werte von q;(z) längs eines Kreises e = const (z = e ei0) ausdrückt, wo q;(z) eigentlich eine (komplexe) Fourier-Reihe ist:

00

(1~) q?((! eiO) =I: [an (!n] ein•~, n~O

und daß dementsprechend die Formel (2'), wenn man die Integrationsvariable z gemäß z = e eiO durch{} ersetzt, nichts anderes als die Formel für die Fourier­koeffizienten von q;(f} ei 0) darstellt:

+"

(2~) an en = 21nle-in0 q;(e eili) d{}. -n

Trägt man entsprechend der Tatsache Rechnung, daß in (2) nur die Werte von f(s) auf einer Vertikalen vorkommen, indem man s = x + i y, x = const setzt, so nehmen (1) und (2) die Gestalt an:

00

f(x + i y) =I [e-"' 1 F(t)] e-iyt dt, 0

+oo

e-a:t F(t) = ~1~ I eity f(x + i y) dy. Zn

-00

Diese Formeln sind ganz gleich gebaut wie (1~) und (2~)*). Wenn wir also fragen, ob sich die ~-Transformation (10) durch die Formel (20) umkehren läßt, so müssen wir darauf gefaßt sein, daß weniger eine Analogie zu den so ein­fachen Potenzreihen als zu den wesentlich komplizierteren Fourier-Reihen vor­liegt, und daß infolgedessen unsere Frage von derselben Schwierigkeit ist wie das Problem, wann bei der durch eine beliebige Koeffizientenfolge an definiertet~ trigonometrischen Reihe (1~) sich die Koeffizienten vermöge (2~) in Fourierscher Weise durch den Wert der Reihe ausdrücken lassen, d. h. wann die trigonometri­sche Reihe eine Fourier-Reihe**) ist.

Man kann unsere Frage in eine von alters her bekannte Formulierung ein­kleiden, indem man (10) in (20) einträgt:

+oo oo

(3) e-xt F(t) = 21n I eity dy le-iyr [e-xrF(r)] dr.

-00 0

*) Beim Vergleich hat man entsprechend der Substitution z =e-s, d.h. e ei 0 = e-x -ir, zu setzen: Q = e-x, 1} =- y.

**) Eine «trigonometrische Reihe" ist eine beliebige Reihe nach den Funktionen einO oder, was dasselbe ist, nach cosn {}und sinn 1'1; eine «Fourier-Reihe" ist eine trigonometrische Reihe, deren 1\oeffizienten mittels der Fouriersehen Formel (2~) aus einer integrablen Funktion gewonnen sind.

Page 189: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Fouriersches Integraltheorem und Fourier-Transformation 193

Dann sieht man nämlich, daß die Frage nach der Gültigkeit dieser Formel identisch ist mit der nach der Gültigkeit des Fouriersehen Integraltheorems93

[für die Funktion e-"' 1 F(t)] _ Dieses hat bekanntlich genau die Gestalt (3), nur daß das Integral nachTvon -cx:> bis +cx:> statt von 0 bis cx:>erstreckt wird. Auf diese Form wären wir gekommen, wenn wir statt von der einseitigen

+oo

Laplace-Transformation von der zweiseitigen/ e-st F(t) dt ausgegangen wären. +oo -oo

Dieser entspricht die Laurent-Reihe l: an zn, für die die Koeffizientenformel n=-oo

genau wie (2') lautet; analog hat die Umkehrformel für die zweiseitige Laplace-Transformation auch die Gestalt (2). Diese Erweiterung vermittelt uns über­haupt erst die richtige Einsicht: Die Formel (2) ist eigentlich die Umkehrung der zweiseitigen Laplace-Transformation; die einseitige stellt nur eine Verstüm­melung dar: bei ihr ist F(t) = 0 für -cx:> < t < 0, das Umkehrintegral muß also für t < 0 verschwinden.

In der elektrotechnischen Literatur, die sich mit der Anwendung der La­place-Transformation auf Einschaltprobleme befaßt (vgl. II. Band), wo es sich prinzipiell um die Er Transformation handelt, wird häufig der Fehler gemacht, daß auf eine Funktion f(s), die sich im Laufe der Rechnung ergibt und von der nur vermutet wird, daß sie eine EI-Transformierte sei, die Umkehrformel an­gewandt und im Falle der Konvergenz behauptet wird, die so erhaltene Funk­tion sei die vermöge E1 zu f(s) gehörige Originalfunktion F(t). Wie leicht das zu falschen Resultaten führen kann, wollen wir an einem Beispiel94 zeigen. Für die Funktion f(s) = e82 , die tatsächlich bei einem Einschaltproblem auftritt, hat die Umkehrformel mit x = 0 für jedes t ~ 0 einen Sinn und liefert:

+ioo +oo +oo

_1_. I et• e•' ds = _1_ I eity-J' dy = e-t'/4 I e-!(it/2)-yJ' dy 2nt 2n 2n

-ioo -oo -oc

+oo+i(t/2) I e-"' du. -oo+i(t/2)

Nach dem Cauchyschen Satz ist dieses Integral gleich dem über die reelle Achse erstreckten, weil die Integrale über die zwischen beiden Wegen zunächst eingeschalteten Vertikalstrecken, etwa bei ± u0 , für u0 + cx:> verschwinden:

±u.+i(l/2) 1/2 t/2 I e-"' du = i I e-(±u,+iv,t dv = e-"ilev' dv + 0 für u0 + cx:>, ±u, 0 0

+oo

Wegen / e-"' du= y;i erhalten wir also durch die Umkehrformel: -00

+ioo

1 I et• e•' ds = 1 -t'/4 ~ 2~e

-ioo Doetsch I! 13

Page 190: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

194 4. Kap.: Die komplexe T..:mkehrformel

Diese Funktion ist offenkundig eine L1-Funktion. Wendet man aber auf sie die 2 1-Transformation an, so erhält man nicht es', sondern (für jedes s)

00 00 00

~j·e-si-(I'/J) dt = ~~e-!s+(l/2)1' dt = ~ (e-"' dtt 2 Vn 2 V1i V1t •. '

0 0 s

wobei das Integral über den Horizontalstrahl von s nach rechts zu erstrecken ist. Für denjenigen, der darauf achtet, daß es' für s + + cx:> nicht gegen 0 strebt, was es als 2 1-Transformierte müßte, war der Mißerfolg vorauszusehen. Dagegen ist in der Tat

s' _ o { 1 - 12/4} e - ~li 2 Vn e .

Denn für reelle s ist

+OO J 00 ()l I 00 00 I _1_ I e-sl-1'/4 dt = _1_ !+ ;· = _1_ Je-sl-t'/4 dt +fesl-t'/4 dt

2y'n 2y'n l· J 2y'n I .1 -00 () -00 0 0

In den Formeln (10), (20) ist x ein fester Wert, d.h. die 2-Transformation wird statt in einer s-Ebene nur auf einer festen vertikalen Geraden betrachtet. Dadurch entsteht eine neue Funktionaltransformation, die, wenn wir im Sinn des eben Gesagten gleich an die zweiseitige 2-Transformation anknüpfen, bei Einführung neuer Buchstaben*) die Gestalt

+oo

(I) g(y) = j e-iY"' G(x) dx -00

hat, mit der Umkehrung +oo

(li) G(x) = 21n j ei"'ll g(y) dy.

-00

In diesen Formeln sind die Variablen x und y als reell anzusehen :

-cx:><x<+cx:>, -cx:><y<+cx:>.

(I) heißt, wie schon S. 61 erwähnt, Fourier-Transformation95 und soll das Funktionalzeichen (j erhalten (abgekürzt (j-Transformation):

g(y) = (j{ G(x)} = (j{ G(x); y}.

*) So wie bei der Laplace-Transformation die Buchstaben t und s, sind bei dieser Transfor­mation die Buchstaben x und y für die Variablen üblich.

Page 191: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Fouriersches Integraltheorem und Fourier-Transfonnation 195

Ihre Umkehrung (II) hat bemerkenswerterweise bis auf den Faktor 1/2 :n: genau die gleiche Gestalt*), nur ist der Kern e-i-u:~: durch den konjugierten eiz-u zu erset­zen. Einedurcheine Matrix II ai~cll definierte Transformation (vgl.1.1), deren Um­kehrung durch II aki II bewerkstelligt wird, d. h. II aiTc II · lla1ci II = E = Einheits­matrix, heißt unitär. Dementsprechend ist eine Integraltransformation mit dem Kern K(x, y) als unitär zu bezeichnen, wenn sie durch eine ebensolche mit dem Kern K(y, x) umgekehrt wird. Die Fourier-Transformation (mit dem Faktor 1/~) ist also unitär (wenigstens in den Funktionsräumen, in denen (I) wirklich durch (II) umgekehrt wird, siehe später).

Einige Beispiele von Fourier-Transformationen:

G(x) = e- lxl' g(y) = -1: yz ;

Ist die Funktion G(x) zunächst nur für x ~ 0 gegeben, so können wir sie da­durch für x < 0 definieren, daß wir sie als gerade Funktion fortsetzen. Dann fällt in

+CX> +OO

g(y) = j e-i-u:x: G(x) dx = / (cos y x- i sin y x) G(x) dx -00 -oo

der zweite Bestandteil weg, während der erste dem doppelten, von 0 bis oo er­streckten Integral gleich wird:

00

g(y) = 2 I cos y x G(x) dx. 0

g(y) ist dann auch eine gerade Funktion, so daß von (II) nur

1 00

G(x) =---;,_-I cos x y g(y) dy 0

übrigbleibt. Setzt man dagegen G(x) als ungerade Funktion fort, so erhält man:

00

g(y) = -2 i I sin y x G(x) dx, 0

. ".,

G(x) = ~ I sin x y g(y) dy. 0

*) Man kann (I) und (li) völlig gleichartig machen, indem man G(x) durch G(x)!V2n ersetzt und schreibt:

+oo +oo 1 ;· . g(y) = v- e-'Y'"G(x)dx, 2n; -00

1 • . G(x) =--= / e•xy g(y) dy.

V2n; • -00

\Vegen des Zusammenhangs mit der Laplace-Transfonnation, bei der der Faktor 11V2n nicht üblich ist, wählen wir für (I), (li) die obige Gestalt.

Page 192: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

196 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

In Abänderung der Konstanten (vgl. S. 195, Fußnote *) kann man statt dessen schreiben:

g(y) = vr jcos y X G(x) dx, G(x) = vr j'cos X y g(y) d)' I u 0

beziehungsweise

g(y) = 1 {2 fsin y x G(x) dx, vn-. u

Diese Transformationen, die sich auf Funktionen, die in 0 :::;;; x < oo definiert sind, beziehen, werden als Fouriersehe cos~ bzw. sin-Transfor;;iation bezeichnet. Sie stimmen mit ihrer Umkehrung genau überein und können wegen cos y :x = cos x y, sinyx = sin x y ebenfalls unitär genannt werden.

Nach dem Gesagten ist es naturgemäß, daß wir uns zunächst mit der Fourier-Transformation und der Frage nach der Gültigkeit ihrer Umkehrformel beschäftigen. Die Fourier-Transformation steht so zur Laplace-Transformation wie die Fourier-Reihe zur Potenz- (bzw. Laurent-) Reihe. Daß man die Fourier­Transformation, obwohl sie nur einen Spezialfall der Laplace-Transformation darzustellen scheint (Beschränkung von s auf eine vertikale Gerade), zum Gegenstand einer besonderen Betrachtung macht, ist geradesowenig verwun­derlich, wie daß man die Fourier-Reihen neben den Potenzreihen eigens stu­diert. Fast sämtliche Aussagen über die Laplace-Transformation beziehen sich nämlich auf das Innere der Konvergenzhalbebene, wie z.B. Holomorphie. Beim Einbetten des Fourier-Integrals (I) in der Gestalt (10) in ein Laplace-Integral (1) kann es aber vorkommen, daß die Gerade 9ls = x zur Randgeraden des Konvergenzgebietes wird, ja bei Vorliegen eines von - oo bis + oo erstreckten Integrals kann sogar der Fall eintreten, daß das zugehörige zweiseitige Laplace­Integral gar nicht in einem Streifen, sondern überhaupt nur auf der einen vertikalen Geraden konvergiert (vgl. S. 60). Die Theorie der Fourier-Trans­formation ordnet sich also in die der Laplace-Transformation als das Studium von deren Randverhalten ein, das genau wie bei Potenzreihen viel komplizierter als das Verhalten im Innern des Konvergenzgebietes ist.

Beispiel: Mit G(x) = sin~ xj(~ x) ist das Integral (I) für alle reellen y kon­vergent und liefert:

+oo oo J e-i'Ya: si:: X dx = ! r ~ COS y X sin~ X dx -00 u

Wegen (vgl. S. 165)

00

= _!__J_!__ [sin (~ + y) x + sin (~- y) x] dx. :n X

0

:n für c>O 00 2 r sinc X d _ 0 für C=O ---X-

• X u :n -- für c<O

2

Page 193: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

ergibt das:

§ 1. Fouriersches Integraltheorem und Fourier-Transformation

für IYI <n

für Y=±n

für IYI > n,

197

also eine Funktion, die in y = ± nunstetig ist. Betten wir das Fourier-Integral in ein zweiseitiges Laplace-Integral ein:

+oo J _ ( .. +; y) 1 sin n t dt e n t ,

-oo

so kann die Gerade x = 0 infolgedessen nicht im Innem des Konvergenz­gebietes liegen. Das Laplace-Integral konvergiert aber sogar weder rechts noch links von der Geraden x = 0.

Im Hinblick auf die nächsten Paragraphen sei noch folgende Bemerkung eingeflochten: Wir haben oben die Frage nach der Gültigkeit der Umkehrung (II) zu der Transformation (I) als Analogon zu der Frage, wann eine trigono­metrische Reihe eine Fourier-Reihe ist, dargetan, indem wir die Hintransfor­mation (I) zu der Bildung der Fourier-Reihe

+OO

g({}) = }; Cn ein/)

n= -oo

aus ihren Koeffizienten cn und die Rücktransformation (II} zu der Koeffizien­tenbestimmung aus der Funktion

+:t

Cn = /n Je-in !I g({}) d{}

-n

in Parallele setzten. Da aber (I) und (II) völlig gleich gebaut sind, so können wir geradesogut umgekehrt (I) zur Koeffizientenformel und (II) zur Fourier­Reihe in Parallele setzen, und dann steht unser Problem in Analogie zu der (sehr viel geläufigeren) Frage, wann sich eine Funktion, von der man die Fourier­Koeflizienten gebildet hat, vermöge der Fourier-Reihe aus diesen Koeffizienten ge­winnen läßt. Der Satz 1 des nächsten Paragraphen wird das genaue Analogon zu einer klassischen Antwort auf diese Frage sein, ja er wird sogar wörtlich dieselbe Bedingung verwenden, nur tritt, der Natur der Sache entsprechend, eine wei­tere Bedingung hinzu, die sich auf das Verhalten der Funktion im Unendlichen bezieht.

Zum Schluß sei erwähnt, daß es noch eine andere Quelle für die Umkehr­formel der Laplace-Transformation gibt, nämlich die Darstellung der Funk­tion f(s) = ~1{F} durch das Cauchysche Integral

z+ioo

f(s) = - 1-. j f(u) da 2n~ s-u

(9ts > x), z-ioo

Page 194: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

198 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

die nach Satz 11 [3.6] zum mindesten dann gilt, wenn f(s) = i:!1{F} auf 9la = x absolut oder gleichmäßig konvergiert (siehe auch den späteren, viel allgemeineren Satz 4 [5.1]). Wegen ~s > ~a = x ist

00

1 = f'e-(s-a)tdt s- G '

ti

also, falls die Vertauschung der Integrationsfolge erlaubt ist:

x+ioo oo oo x+ ioo

f(s) = 1 . I f(a) dale- (s-a)t dt =le-•1 dt - 1-. I e1a f(a) da 2:nt 2:nt '

x-ioo U o x-ioo

woraus sich nach dem Eindeutigkeitssatz

x+ioo

2 ~ i I e1a f(a) da= F(t) x-ioo

ergibt (wenigstens fast überall). Die Bedingungen, die man F(t) auferlegen muß, damit die obige Vertauschung der Integrationen gerechtfertigt werden kann, sind aber so einschränkender Natur, daß sich auf diesem Wege kaum brauch­bare Sätze ergeben. Dagegen werden ·wir diese Methode bei dem sogenannten Darstellungsproblem benützen (siehe Satz 5 [7.2]).

§ 2. Erster Satz über die Umkehrung der (absolut konvergenten) Fourier-Transformation

Damit man von der Fourier-Transformation und ihrer Umkehrung reden kann, muß zunächst einmal das Integral (I) von § 1 für alle y (oder zum wenigsten für fast alle y) konvergieren. Die einfachste Bedingung, die das

+OO

gewährleistet, ist die Konvergenz von J I G(x) I dx. Diese Voraussetzung wer--oo

den wir bei allen folgenden Sätzen über die Fourier-Transformation machen. +oo

Die 'fj-Transformierten g(y) vonFunktion~n G(x) mit konvergentem J IG(x)l dx -00

haben eine Reihe von ganz speziellen Eigenschaften. Sie sind beschränkt:

+oo

I g(y) I ~ I l G(x) l dx, -00

~<X

für alle y stetig (weil die ganzen Funktionen J e-iu"' G(x) dx (vgl. S. 145) -oc

gleichmäßig für alle y gegen g(y) konvergieren) und streben gegen 0 für I y! -+ =

Page 195: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Erster Satz über die t:mkchrung der Fourier-Transformation 199

(nach dem Riemann-Lebesgueschen Lemma, S. 171). Wenn ferner eine Folge G,.(x) im Mittel der Ordnung 1 gegen eine Funktion G(x) strebt (siehe 1. 3), so konvergieren die zugehörigen gn(Y) gleichmäßig gegen g(y) wegen

+oo

\g"(y)- g(y)\ ~ J \Gn(x)- G(x)\ dx-+0 für n-+-oo. -00

Metrisiert man also den Raum der G(x) durch die Distanzdefinition

...:_ 00

d(G1 , G2) = j \G1(x)- G2(x)\ dx -00

und den Raum der g(y) durch

d(g1 , g2) =obere Grenze \g1(y)- g2(y) \, -oo<y<+oo

so entspricht einer (im Sinne der Metrik) konvergenten G-Folge eine konver­gente g-Folge, d.h. die (J-Transformation ist im Raum der G(x) mit konver-

+oo

gentem / I G(x) I dx stetig. -00

Trotzdem läßt sich die Klasse der so entstehenden Funktionen g(y) leider nicht durch einfache innere Eigenschaften charakterisieren, wodurch der Fou­rier-Transformation in diesem G-Raum etwas Unbeholfenes anhaftet. Wir wer­den immer nur hinreichende, nicht notwendige und hinreichende Bedingungen für die Gültigkeit der Umkehrformel angeben können (siehe dagegen 12.1).

+00

Satz 196 • Es sei J I G(x) I dx konvergent, so daß g(y) = 0:{ G} fiir alle reelle1~ y -00

existiert. An jeder Stelle x, woG in einer Umgebung von beschränkter Variation*) ist, läßt sich G(x) aus g(y) durch die Umkehrformel

4-00

G(x+O)+G(x-0) = V.P. _1_ ;·· eixu g(y) dy 2 2 n .

-00

ge<cinmn. Ist G an der Stelle x zusätzlich stetig**), so liefert die Formel den­Wert G(x).

Zusatz: Die Bedingung der beschränkten Variation kann durch jede andere für die Konvergenz von Fourier-Reihen hinreichende Bedingung ersetzt wer-

*J .-\nhang Nr. 13 **) Eine stetige Funktion braucht nicht von beschränkter Variation zu sein, wie zum Beispiel

F(x) = x sin 1/x für x * 0, = 0 für x = 0 in der Umgebung von x = 0. Daher sind oben beide Be­dingungen erforderlich.

Page 196: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

200 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

den. Als besonders weittragend ist die von Du Bois-Reymond bekannt (die die obige, im wesentlichen auf Dirichlet zurückgehende umfaßt): Wenn

" 1 ;· 1p(u) = u [G (x + v) + G (x - v) - 2l] dv

0

in einem rechts an u = 0 anschließenden Intervall von beschränkter Variation ist, so findet Konvergenz statt; ist t so gewählt, daß 1p(u)-+ 0 für u-+ 0, so ist l der Grenzwert. Dieser Wert braucht natürlich nicht G(x) zu sein.

Beweis: Das Integral +oo

g(y) = I e-iy< G(~) d~ -00

konvergiert gleichmäßig für alle reellen y, also ist bei Integration über ein end­liches Intervall - Y ~ y ~ Y, auch nach Multiplikation mit der beschränkten Funktion ei"'Y, das Integral nach~ mit dem Integral nach y vertauschbar:

+Y +Y +oo +oo +Y

- 1-leixy g(y) dy = - 1-leixy dy1e-iy; G(~) d~ = -1-IG(~) d~leiy(x-<l dy 2 :n: 2 :n: 2 :n:

-Y -Y -oo -oo -Y +oo +oo

=-1-IG(~) eiY(x-.<)-e-iY(x-<) d~=_!_l sinY(x-.;) G(~)d~. 2 :n: z (x- ~) :n: x-.;

-00 -oo

Das letzte Integral zerlegen wir folgendermaßen:

+oo -X x--6 x+6 X oo

I =I + I +I +I +I· -oo -oo -X x-6 x+6 X

oo -X

Dabei sei 0 < () < 1, X > I x I + 1. Dann ist in I und I sicher I x - ; [ > 1, ferner lsin Y(x- m ~ 1, also für alle Y: X -oo

00 00 -X -X

I ~I IG(~)\ d~ und I ~I \G(~)\ a;. X X -00 -00

Daher können wir weiterhin bei gegebenem c: > 0 ein festes X so groß wählen, daß für alle Y

-X oo

_!_1+_!_1 <~ :n: :n: 3 -oo X

ausfällt. Ferner ist

x-6 x+X

J sin y (x- ~) G(~) d~ = j sin Yu G(x-u) du, X-~ U

-X 6

Page 197: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Erster Satz über die Umkehrung der Fourier-Transformation 201

also nach dem Riemannschen Lemma (S. 168), angewendet auf die Funktion G(x- u)ju in dem Intervall (b, x +X), das den Nullpunkt nicht enthält, so daß die Funktion eine J-Funktion ist:

x-ß

I -+0 für y-+ <Xl,

-\· ebenso

X

I -+0 für y-+ <Xl.

x~6

Für alle hinreichend großen Y ist demnach

Schließlich ist

(1)

nichts anderes als das aus der Theorie der Fourier-Reihen bekannte Dirichlet­sche Integral, von dem dort folgendes gezeigt wird: Bildet man für ein den Punkt x im Innern enthaltendes Intervall die Fourier-Reihe von G(x), so konver­gieren ihre Partialsummen dann und nur dann gegen einen Wert l, wenn (1) für Y -+ cx:> gegen l konvergiert, und zwar kann dabei b jeden positiven Wert be­deuten, solange x- b und x +bin jenem Intervall liegen. Dadurch, daß man unter geeigneten Voraussetzungen Konvergenz von (1) erzwingt, erhält man die bekannten hinreichenden Konvergenzkriterien für Fourier-Reihen. Man kann also sagen: \Venn für G(x) eines der Kriterien erfüllt ist, wonach die für G in einem endlichen Intervall gebildete Fourier-Reihe an einem inneren Punkt x gegen einen Wert l konvergiert, so strebt (1) gegen l. Es ist dann für alle hin­reichend großen Y:

also insgesamt y :

1 I. eixy g(y) dy _zll < e 2n

_•y

für alle hinreichend großen Y. Das besagt:

+Y +OO

1~im /n J eixy g(y) dy = l oder V.P. 21n j eixy g(y) dy = l.

~ 00 -Y -oo

Page 198: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

202 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

Das Kriterium, das am handlichsten ist und das wir deshalb oben in die Satzformulierung aufgenommen haben, lautet (Dirichletsche Bedingung) 97 :

Wenn G in einer beliebig kleinen Umgebung von x von beschränkter Varia­tion ist, so konvergiert die Fourier-Reihe [und damit das Integral (1)] gegen [G(x + 0) + G(x - 0)]/2. Ist G außerdem in x stetig, so ist G(x + 0) = G(x- 0) = G(x).

Bemerkungen: 1. Da es nur auf die Konvergenz von {1) ankommt und in diesem Integral{) beliebig klein sein kann, so folgt: Unter Voraussetzung der

+oo

Existenz von /I G(x) I dx hängt die Konvergenz des Umkehrintegrals an einer -00

Stelle x nur von dem Verhalten der Funktion G(x) in einer beliebig kleinen Nachbarschaft von x ab. Diese Aussage ist bei Fourier-Reihen als Riemann­scher Lokalisationssatz bekannt.

2. Bekanntlich gibt es sogar stetige Funktionen (in einem endlichen Inter­vall), deren Fourier-Reihe in einer abzählbaren, überall dichten Punktmenge divergiert. Setzt man eine solche Funktion außerhalb ihres Definitionsinter­valls gleich 0, so erhält man ein Beispiel einer Funktion mit konvergentem

+oo

/ I G(x) I dx, für die das Umkehrintegral in einer abzählbaren, in einem Inter--00

vall überall dicht liegenden Punktmenge divergiert. Beispiel: Macht man zur Lösung der Besselschen Differentialgleichung

den Ansatz y = z''{eizx T(x) dx,

ß

(v beliebig komplex)

wo das Integrallängs einer passend gewählten Kurve~ in der x-Ebene zu er­strecken ist, so zeigt es sich, daß T(x) = const (x2 -1)•-(1/2 ) sein muß und daß die Kurve zwei verschiedenen Typen angehören kann98• Die eine ist eine liegende Acht, die den Punkt x = + 1 im positiven, den Punkt z = -1 im negativen Sinn umläuft. (Auf den anderen Typ werden wir S. 228 zurückkommen.) Die Lösung der Differentialgleichung, die man auf diese Weise erhält und die die Bessel-Funktion erster Art der Ordnu1tg v heißt, hat, wenn man die Kon­stante so normiert, daß Übereinstimmung mit den anderen, sonst üblichen Definitionen dieser Funktion erzielt wird, die Gestalt (Hankelsches Integral 1869):

1 T((1/2) -1•) y= 2:n:i vn (;)"jeizx (x2 -1)'·-(l/2) dx =. ]..(z)

l1 ' . . 1 ) (z beheb1g, 2 - v 9= 0, -1, -2, ....

Für 9\(v -1;2) > -1, d.h. 9\v > -1/2 ist (x 2 - 1)''-(1/2 ) bis in die Punkte _;__ 1 hinein integrabel, man kann daher die Kurve~ auf die Strecke -1 ... + 1 zu-

Page 199: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Erster Satz über die Cmkehrung der Fourier-Transformation 203

zusammenziehen, wodurch das Integral unter Beachtung der Verzweigung des Integranden in ± 1 die Gestalt erhält (siehe auch Anhang Nr. 3):

-i-1

], ( ) 1 (-2:_·) •• /. eiz:x: (1- x2)''- (1i2l dx • z = \GT((l/2)+v)

(z beliebig, 9tv > - ~) . -1

Das ist eine leichte Umformung des bekannten Poissonschen Integrals99 für J.(z). Schreibt man

+1

v;-r(v+ ~)(n-·J..(y)= je-iU(1-x2)''-nl2ldx, -1

so erhellt, daß die links stehende Funktion die Fourier-Transformierte der Funktion

f (1- x2)''-(1i2l für lxl < 1 G(x) = l 0

für lxl ~ 1

+oo +1

ist. Da ( I G(x)! dx = r (l - x2)•- 012) dx konvergiert und G(x) für X =I= ± 1 -Öo -·1

stetig und von beschränkter Variation ist, so ergibt sich aus Satz 11°0 :

für I x! < 1

für lxl > 1.

Aus Satz 1 folgt ein Eindeutigkeitssatz für die absolut konvergente Fourier-Transformation: "_ 00

Satzl. HabenzweiFunkti01~en G1(x) und G2(x) mit konvergmtem / IG1(x)l dx +oo -oo

und ./I G2(x) I dx, die in jedem Intervall von beschränkter Variati01~ und t~ormiert -00

sind, d.h. G(x) = G(x+O);G(x-0) '

dieselbe 'i!j-Transformierte, so sind sie identisch. Beweis: G = G1 - G2 ist von beschränkter Variation und normiert, außer-

+oo

dem existiert /I G(x) I dx. Aus g(y) = 0 folgt nach Satz 1: G(x) = 0. -00

Die Gültigkeit der Umkehrformel konnten wir nur unter einschneidenden Bedingungen für G(x) nachweisen. Bekanntlich konvergiert nun aber auch bei einer divergenten Fourier-Reihe die gliedweise integrierte Reihe stets und lie­fert das Integral der Funktion. Für die 'ij-Transformation gilt analog folgendes:

Page 200: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

204 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel +oo

Satz3101 • Existiert/ I G(x) I dx, so läßt sich aus g(y) = (J{ G} das Integral von -oo

G(x) 1~ach der Formel

x +oo · 1 ;· ei~~:ll-1 1 G(~) d~ = v.P. z-n- _i ___ g(y) dy

., • y ll -oo

berechnen, die formal aus der Umkehrformel durch Integration unter dem Integral­zeichen hervorgeht. An federStetigkeitsstelle von G oder allgemeiner an feder Stelle,

X

u:•o G(x) die Ableitung des Integrals/ G(~) d~ ist, gilt also: u

+OO 1 d J ei~~:"-1 G(x) = ---- - V. P. ----,-- g(y) dy.

2 n dx z y -00

" Bemerkung: Da /G(~) d~ fast überall (im Lebesgueschen Sinn) differen-

o zierbar ist und die Ableitung fast überall gleich G(x) ausfällt, so gilt die letzte Formel fast überall.

Beweis: x sei ein fester Wert. Der Faktor (ei~~:ll- 1)/(i y) strebt für I y 1-+ oo gegen 0, für y + 0 gegen x, ist also beschränkt, so daß wir wie bei Satz 1 schließen können :

+Y +Y +oo

(2) _1_/ ei~~:v_1 g(y) dy = _1_ ( ei~"-=-L ;· e-ir~ G(~) d~ 2:t iy 2:t. zy

-Y -Y -oo

+oo +Y

! __ r G(~) d~ ;· ei~~~-=-~ e-iy; dy. 2n.. zy

-oo -Y

Die Funktionenschar

!+ Y iy(x-e) -iy~ w(~ Y) = e . -e dy

' • t y -Y

liegt für alle ~ und Y unter derselben Schranke 2 n. Denn zerlegt man das y ()

Integral in ( + ( und ersetzt in dem zweiten Summanden y durch - y, so u -V

ergibt sich:

l y iy(x-;) -iy~ w(~ Y) = e . -e

' t y

.?' -iy (x-e) ire dy +} !_ ____ -: __ -_e_ dy

-zy 0 ()

Y Y(x·-~) y; = 2! einy~~-~) + siny ~) dy = 2 r sinu du+ 2/ ~~:u du

0 y u 1t t)

Y(x-E)

= 2 ;· sinu du. u

-YE

Page 201: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Erster Satz über die Umkehrung der Fourier-Transformation 205 u, +oo

j sinufu du ist aber für alle u1 , 112 beschränkt, weil j sinujtt du konvergiert. ~ -00

Da ferner

so gilt:

(3) lim w(t Y) = W(~) = rl ~ n

x-; x

Y~oo

-2n

für

für

für

----=1- > 0, d.h. ·; < 1

~ > 0, X - ~ > 0, d. h. 0 < ~ < X

~<o. x-~<o, d.h. x<~<o. +oo

Zu (2) zurückkehrend können wir wegen der Konvergenz von j I G(.;) I d~ -00

und der Beschränktheit von w(t Y) zu gegebenem e > 0 ein X so groß, und zwar > I x I, wählen, daß für alle Y

-X oo

(4) 2~"' f + /:rc f w(~. Y) G(.;) de < : -"Oo x

ist. Ist nun zunächst G(~) eine ]-Funktion im Riemannschen Sinne, so hat sie im Intervall -X < .; < +X höchstens endlich viele Punkte x1 , x2 , ••• , Xq

absolut uneigentlicher Integrabilität. Wir können <5 > 0 so klein wählen, daß

I t 21n ·r~(.;, Y) G(.;) d.;l ~t xr61 G(.;) I d~ *} < : ·•-1 ·• I •-1 ·• I :r;-u I :r;-u

(5)

ausfällt. In den Intervallen X; - <5 ~ ~ ~ X; + <5 ändern wir die Funktion G(.;) ab und definieren sie dort gleich 0; die so entstehende Funktion heiße G0(.;). Durch eventuelle weitere Verkleinerung von <5 kann man erreichen, daß

(6) X X q X;+d

/G0{.;) d.; -J G(~) d.; =}; j G(~) d~ < : 0 (I ·- 1 X;-d

wird. Nunmehr schreiben wir (2) in folgender Gestalt:

+ }" X

- 1-/ .!!__~' ~ g(y) dy - fc(.;) d~ 2 TC t V

-Y . Ö

(7)

~ 1 ,'. _{w(<. Y) c,m •< _je,(<) dl;l + . 2 ,_ t, .z~(l;. Y) G(l;) •<

+ \-2 ~ _{ w(E. Y) G(l;) di; + -,'. jw(l;, Y) G(l;) dl;) + I jG,(I;) di; -i G(l;) di; I· *) Wegen Jw(;, Y)J ~ 2:rc.

Page 202: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

206 4. Kap.: Die komplexe Cmkehrformel

G0(~) ist in -X ~ ~ ~ +X eigentlich integrabel, also beschränkt, infolge­dessen liegt auch die Funktionenschar w(~, Y) G0(~) (Variable~' Parameter Y) für -X ~ ~ ~ +X und alle Y unter derselben Schranke. Da die für Y-+ = entstehende Grenzfunktion im Riemannschen Sinn integrabel ist, so ist nach dem Satz von Arzela (Anhang Nr. 35)

+X +X +X 1/ . 1. 1. lim 2 n w(~, Y) Go(~) d~ = zn I ~im w(~, Y) Go(~) d~ = "2 n I W(~) Go(~) d~.

Y-+oo _X -·x l-+oo -·x

Nach (3) ist für x > 0:

für x < 0:

W(~) = J 0 lzn

für ~ < 0 und ~ > x

für o< ~< x,

für ; > 0 und ~ < x W(~) = J 0 I - 2 n für x < ~ < 0,

also in beiden Fällen (man beachte, daß wir X> I x I gewählt haben):

+X X

21:. / W(~) G0W d~ = l G0(~) d~. -~ ~

Für alle hinreichend großen Y ist mithin

(8)

::\unmehr verfügen wir über Abschätzungen für alle vier Ausdrücke auf der rechten Seite von (7), nämlich der Reihe nach (8), (5), (4), (6), so daß wir sagen können: Bei unserer Wahl von X und (j ist für alle hinreichend großen Y

Da die linke Seite von X und (j unabhängig ist, bedeutet das:

+Y X 1 • eixy 1 ~'

lim ""Zn j i - g(y) dy = ./ G(~) d~. Y-+oo Y •

-Y 0

Bei Verwendung Lebesguescher Integrale kann man nach Abtrennung der -X oo

Integralteile I und I kürzer so schließen: Wegen der gleichmäßigen Be--co X

Page 203: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Zweiter Satz über die ümkehrung der Fourier-Transfonnation 207

schränktheit von w(~, Y) werden die Funktionen w(~, Y) G(~) durch die sum­mierbare Funktion 2 n \ G(~) I majorisiert, also kann man in

+X

2 ~.,.,; I w(~, Y) G(~) d~ -X

den Grenzübergang Y-+- = unter dem Integralzeichen ausführen (Anhang :Nr. 31).

Aus Satz 3 ergibt sich der allgemeinere Eindeutigkeitssatz: +oo

Satz4. HabenzweiFunktionenG1(x) undG2(x) mit konvergentem j I G1(x)! dx +oo -oo

und/ I G2(x) I dx dieselbe ij-Transformierte, so ist -oo

X X

/cl(~) d~ = /c2(~) d~. lj lj

G1 und G2 stimme1~ also fast überall (im Lebesgueschen Sinn) überein. Insbeson­dere sind sie a1~ jeder Stetigkeitsstelle gleich.

§ 3. Zweiter Satz über die Umkehrung der (absolut konvergenten) Fourier-Transformation

In Satz 1 [4. 2] wurde auf Grund einer Voraussetzung über G die Kon­vergenz des Umkehrintegrals (und zwar gegen den Funktionswert) erschlossen. In dem folgenden Satz wird diese Konvergenz vorausgesetzt und behauptet, daß der Grenzwert der Funktionswert G ist.

Satz 11°2 • Wenn +oo

1. / I G(x) I dx kotwergiert, so daß g(y) = f5{ G} für alle y existiert, -00 +oo

2. ](x) = 1/(2 n) / ei"'Y g(y) dy fiir ein bestimmtes x (zum mindesten als -00

Cauchyscher Hauptwert) existiert, 3. G an dieser Stelle x stetig ist,

so ist +OO 1 .

G(x) = (V.P.) 2.n j ei"'Y g(y) dy. -00

Beweis: Nach S. 200 folgt aus Voraussetzung 1:

+Y +OO

](x, Y) = _1_ I ei"'Y g(y) dy = ~ ;· sin Y(x- g) G(~) d~ 2n n x-g

-Y -~

x-1! x+l! oo

= ~ I + ~ I + : / = ]1(x, Y) + ]2(x, Y) + ]3(x, Y). -oo x-6 x.f:6

Page 204: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

208 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

] 1 + ]3 entspricht dem Fall, daß G(~) im Intervall x - (J < ~ < x + (J abge­ändert und = 0 gesetzt wird. Diese Funktion ist in der Umgebung von x von beschränkter Variation und in x stetig, also strebt ] 1 + ]3 nach dem Beweis von S. 200 für Y ~=gegen den Funktionswert, d.h. gegen 0. Nach Voraus­setzung 2. strebt ](x, Y) für Y ~=gegen einen Grenzwert J(x), also auch ]2, d.h.

X+6

] 2(x, Y) = ~ ( sin ~~~- ~l G(~) d~ ~ ](x) für Y ~ =· x:::6

Nun ist noch zu zeigen, daß auf Grund von Voraussetzung 3. ](x) = G(x) ist. Dazu bilden wir das arithmetische Mittel von ] 2 hinsichtlich Y*):

2Y 21" x.;.ö 1 ;· 1 /,. /. sin y ( x- ~)

m(x, Y) = 2 y ] 2(x, y) dy = 2 ;y- , dy --i=-T- G(~) d~ d b x:::ö

Dieses Integral ist ebenso wie das Dirichletsche IntegralS. 201 in der Theorie der Fourier-Reihen wohlbekannt, und zwar als Fejirsches Integral. Dort wird gezeigt, daß (bei beliebigem b) das Integral für Y ~=gegen G(x) strebt, wenn G an der Stelle x stetig ist. Also gilt:

m(x, Y) ~ G(x) für Y ~ =·

Wenn die Funktion J2(x, Y) gegen einen Grenzwert J(x) strebt, so konvergiert ihr arithmetisches Mittel m(x, Y) erst recht gegen diesen Grenzwert***), es ist also andererseits

m(x, Y) ~ ](x) für Y ~ =·

Folglich ist ](x) = G(x).

*) Wir integrieren bis 2Y und nicht bis Y, um später Brüche zu vermeiden. **) Da die Funktion

siny(x-~) ---------~ G(~)

x-~

in dem Rechteck 0~ y~ 2 Y, x-t'i~ ~~ x + ~ integrierbar ist und die beiden iterierten Integrale existieren, so sind sie gleich, d.h. die Vertauschung der Integrationen ist erlaubt.

***) Siehe Satz 1 [H.l] für den Spezialfall k = 0, k' = I.

Page 205: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrformel für die absolut konvergente .{!-Transformation 209

Zusatz: Allgemeiner kann man zeigen103, daß das Fejersche Integral gegen G(x) strebt, wenn ..

!/1 G(x + v) - G(x) I dv + 0 für u + 0. 0

Da diese Relation bei einer beliebigen integrierbaren Funktion fast überall er­füllt ist (Anhang Nr. 46). so strebt das Fejersche Integral fast überall gegen G(x), wenn x im Integrationsintervall variiert. Daraus folgt, daß das Umkehr­integral, wenn es für fast alle x eines Intervalls konvergiert, für fast alle x dieses Intervalls gegen G(x) konvergiert.

Satz 1 besagt, daß das Umkehrintegral, wenn es für eine aus G(x) durch eine absolut konvergente fj-Transformation gewonnene Funktion g(y) konver­giert, die Funktion G(x) liefert. Er besagt nicht, daß das Umkehrintegral, wenn es für eine beliebige Funktion g(y) konvergiert, eine Funktion G(x) liefert, von der g(y) die fj-Transformierte ist. Die sich hier erhebenden Fragen sind noch nicht sämtlich geklärt.

Satz 1 ist das Analogon zu dem bekannten Satz: «Wenn die Fourier-Reihe einer Funktion f(x) an einer Stetigkeitsstelle von f(x) konvergiert, so konvergiert sie gegen den Funktionswert. » Dessen Beweis verläuft ähnlich wie der von Satz 1: Zunächst gilt der Satz von Fejer, daß das arithmetische Mittel der Partial­summen einer Fourier-Reihe gegen den Funktionswert an jeder Stelle konvergiert, wo die Funktion stetig ist. (Dieser Satz ist eine Folge der oben benutzten Eigen­schaft des Fejerschen Integrals.) Wenn die Reihe aber konvergiert, so ist das arithmetische Mittel der Partialsummen gleich dem Summenwert.

Wenn man die gewöhnliche Konvergenz durch Konvergenz im Mittel (vgl. S. 27) ersetzt, so entspricht dem Satz 1 der folgende104 :

+ro Konvergiert J e-iva:G(x} dx für ro-+oo im Mittel der Ordnung p1 ;;;:::: 1 gegen

-ro eine (eo ipso zu LP, ( -oo, + oo) gehörige) Funktion g(y}, und konvergiert

+ro 1/(2 n) J eia:v g(y} dy im Mittel der Ordnung p2 ;?; 1 gegen eine (zu LP. ( -oo, + oo)

-w gehörige) Funktion ](x), so ist fast überall ](x) =G(x).

§ 4. Die komplexe Umkehrformel für die absolut konvergente Laplace-Transformation

Wir wenden nun die gewonnenen Ergebnisse über die Fourier-Transfor­mation auf die Laplace-Transformation an. Betrachtet man die zweiseitige E-Transformierte von F(t):

+oo

f(s) = f(x + i y) = J e-tvt [e-a:t F(t)] dt -00

auf der vertikalen Geraden x = const, so ist sie, wie schon in § 1 ausgeführt, nichts anderes als die fj-Transformierte von G(t) = e-a:t F(t). Jeder Satz über

Doetsch I /14

Page 206: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

210 4. Kap.: Die lmmplexe Umkehrformel

die Umkehrung der ty-Transformation liefert also einen Satz über die Um­kehrung der ß-Transformation, wobei als Umkehrungsformel folgende Glei­chung erscheint:

oder

+oo

e-xt F(t) = - 1- j' eity f(x + i y) dy Zn.

-00

-i-00

F(t) = -~ j' et(X+iy) f(x + i y) dy Zn • '

-00

wofür wir auch (x + i y = s) x+ioo

F(t) = --2 ~ i ./ e1• f(s) ds x-ioo

schreiben und damit meinen, daß das Integral über die Gerade x = const der komplexen s-Ebene zu erstrecken ist.

Man nennt diese Formel die komplexe Umkehrformel der Laplace-Trans­formation.

Aus Satz 1 [4.2] folgt: Satz 1. Die zweiseitige ß-Transformation f(s) = ßu{F} konvergiere absolut

fürs = x (reell) und damit für 91s = x, d. h.

+OO

j e-xt IF(t) I dt -00

existiere. IstFinder Umgebung einer Stellet von beschränkter Variation, so gilt für dieses t die Umkehrformel

(1)

IstFan der Stellet zusätzlich stetig, so wird der Wert F(t) geliefert. - Konver­giert ßu{F} in einem Streifen oc1 ::;:; 91s ~ oc2 absolut*), so darf x in (1) jeden Wert aus oc1 ~ x ~ oc2 bedeuten.

Wie man sieht, ist in dem Fall, daß ßu{F} in einem Streifen konvergiert, der Wert der rechten Seite in (1) von x unabhängig. Das kann man auch leicht unmittelbar beweisen, und zwar durch eine funktionentheoretische Schluß­weise, die für das Arbeiten mit der komplexen Umkehrformel charakteristisch ist und uns in der Folge fortgesetzt begegnen wird. In dem offenen Rechteck aus den Vertikalen 91s = x1 , 9is = x2 mit oc1 ~ x1 < x2 ~ oc2 und den Horizon­talen ,3s = ± y0 ist f(s) analytisch, im abgeschlossenen Rechteck stetig (Satz 2 [3. 5]), also ist nach dem verallgemeinerten Cauchyschen Satz (An­hang Nr. 54) Jets f(s) ds, erstreckt über den Rand, gleich 0. Auf den beiden

00 0 *) Dazu genügt die Konvergenz von J e-e<,t [F(t) I dt und J e-e<,t IF(t) I dt.

I) -00

Page 207: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrformel für die absolut konvergente .{!-Transformation 211

horizontalen Stücken ist I e t • I = e t"' (bei festem t) gleichmäßig für beliebiges y0 beschränkt, während /(s) + 0 für y0 + oo, gleichmäßig in x; denn nach

00 0

Satz 7 [3. 6] gilt das für die beiden Bestandteile von f(s), J und Je-'' F(t) dt, 0 -00

einzeln wegen der absoluten und damit gleichmäßigen Konvergenz. Die Weg­länge der Integrale über die Horizontalstücke ist konstant, daher streben die Integrale für y0 + oo gegen 0. Es bleibt also übrig:

oder s 1 +ioo x1 +ioo

V.P. / =V.P. j . X1 -iOO .x1 -ioo

In Satz 1 haben wir die in § 1 angekündigte, zur Koeffizientenformel für Laurent-Reihen analoge Formel erhalten. Wie bei dieser das Integral über jeden im Konvergenzring liegenden Kreis erstreckt werden kann, so bei der l!1r Transformation über jede im Konvergenzstreifen verlaufende vertikale Gerade.

Wenn .2u{F} keine Konvergenzpunkte besitzt, so können doch

00

.e+{F} = J e-•t F(t) dt = f+(s) für 9ts ~ oc1 ,

0 0

.e-{F} = J e-•t F(t) dt = t-(s) für 9ts ~ oc2

-oo

absolut konvergieren, wobei aber oc2 < oc1 ist, so daß die beiden Konvergenz­halbebenen keinen Streifen gemeinsam haben. Nun ist

{F für t 2 0} .e+{F}= .2u - , 0 für t < 0

also für ein normiertes (Anhang Nr. 13) F von beschränkter Variation

1 .x1 +ioo

{ F(t) für t ~ 0 V. P. 2ni ! et f+(s) ds = 0 mit X1 ~ oc1,

Xt-iOO für t< 0 analog

z0 +ioo { 0 für I> 0 1 V. P. 2ni .I e 1• t-(s) ds = mit X2 ~ oc2·

x2 -ioo F(t) für t ~ 0

Folglich ist*) l x,+ioo l .t:2 -+ ico

F(t) =V. P. Tir.T J ets f+(s) ds +V. P. -2-n-i J ets t-(s) ds X1 -iOO .X1 -ioo

*) Das gilt auch für t = 0, weil in der ersten Formel F(O) = F( + 0)/2, in der zweiten F(O) = F(-0)/2 zu setzen ist, so daß durch Addition der normierte Wert [F( + 0) + F(-0)]/2 erscheint.

Page 208: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

212 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

Durch die S. 60 angegebene Substitution geht Satz 1 in folgenden Umkehr­satz für die Mellin-Transformation über.

Satz 2. Die Mellin-Transformation q;(s) = ID1{4>} konvergiere absolut für s = x (reell) und damit für 9ts = x, d. h.

00 J zz-l I 4>(z) I dz 0

existiere. Ist 4> in der Umgebung einer Stelle z von beschränkter Variation, so gilt für dieses z die Umkehrformel

x+ioo

(2) -~{z+Ot;_~(z-O)_=V.P. 2~i / z-sq;(s)ds.

x-ioo

Ist 4> an der Stelle z zusätzlich stetig, so wird der Wert 4>(z) geliefert. - Konver­giert m{ q>} in ei·nem Streifen cx1 ;;;; 9ts ;;;; cx2 absolut, so darf X in (3) jeden wert

aus cx1 ;;;; x ;;;; cx2 bedeuten.

-f!i-+--+x".---

Fig. 7

Handelt es sich um die einseitige E-Transformation, so ändert sich gar nichts, als daß das E-Integral, wenn überhaupt irgendwo, so gleich in einer ganzen Halbebene absolut konvergent ist.

Satz 3105 • Die einseitige E-Transformation f(s) = E1 {F} kon1.'ergiere für x ~ cx (s = x + i y) absolut, d. h.

00

/e-at IF(t) I dt 0

existiere. Ist F in der Umgebung einer Stelle t ~ 0 von beschränkter Variation, so gilt für dieses t bzw. für t < 0 die Umkehrformel

(3) V.P.

für t> 0

für t = 0

für t < 0,

in der x jeden Wert ~ cx bedeuten kann. IstFan der Stellet zusätzlich stetig, so wird der Wert F(t) geliefert.

Der Wert F(+0)/2 für t = 0 (falls t = 0 ein erlaubter Wert ist) erklärt sich daraus, daß jetzt F(t) = 0 für t < 0 zu setzen ist, so daß F(- 0) = 0 ausfällt. - Bildet man das Umkehrintegral auch für t < 0, so muß es natürlich 0 liefern 106•

Page 209: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrformel für die absolut konvergente f-Transformation 213

Anwendungen von Satz 1 und 3

1. Setzen wir F(t) = 1 für t > 0, = 0 für t < 0, so ist f(s) = 1/s, und für jedes ot > 0, also für x > 0, sind alle Voraussetzungen von Satz 1 erfüllt. Wir erhalten damit für den sogenannten diskontinuierlichen Faktor folgende Dar­stellung:

I 1 für t> 0

x+ioo 1 • et• 1

(4) v.P.-2ni j -5-ds=rz- für t= 0 (x > 0). x-•oo O für t< 0

x+ioo z

(V. P. kann für t * 0 gestrichen werden, da J und J einzeln konvergieren, z x-ioo

übrigens nicht absolut.) Diese Formel findet vielfach, besonders in der analyti­schen Zahlentheorie, Verwendung. Man kann ihr eine etwas andere (namentlich in der technischen Literatur beliebte) Gestalt geben, indem man mit einer ähn­lichen Begründung wie s. 210 den Integrationsweg _ms =X auf die Gerade ms = 0 verschiebt; nur muß man dabei den Nullpunkt s = 0 vermeiden, weil dort etsfs nicht integrabel ist. Man umgeht ihn daher durch einen (beliebig kleinen) Halbkreis, wodurch der gesamte Integrationsweg die Gestalt eines Hakens bekommt, was dem Integral den Namen Hakenintegral eingetragen hat.

Geht man von l!1{t«} = F(ot+ 1)/scx+l (9tot > -1) aus, so ergibt sich (unter s<~+ 1 den Hauptzweig verstanden):

F für t> 0

z+ioo 0 bei 9tot > 0, ~ bei ot = 0, divergent

(5) V.P. B~.±.~ r ~ ds = bei -1 < 9tot < 0 und 9tot = 0, .3ot =!= 0 Zn~ scx+l

•. Z-JOO für t= 0

(9toc>-1, x>O) 0 für t<o.

(V. P. kann für t =1= 0 bei 9tot ~ 0 und für t = 0 bei 9tot > 0 gestrichen werden, z+ioo z

da/ und J einzeln konvergieren, für 9tot > 0 sogar absolut.) Auch hier kann z z-ioo

der Integrationsweg auf die Gerade 9ts = 0 verlegt werden, wenn bei 9tot ~ 0 der Nullpunkt. durch einen Halbkreis nach rechts umgangen wird. Für -1 < 9tot < 0 kann der Integrationsweg durch den Nullpunkt hindurch­geführt werden.

Da das Integral (5) auch für x < 0 konvergiert, ist es von Interesse festzu­stellen, was es in diesem Fall liefert. Dazu muß zunächst einmal festgelegt wer­den, welcher Zweig der bei nicht ganzem oc vieldeutigen Funktion scx+l gemeint sein soll. Wir brauchen diese Funktion jetzt auf einer Vertikalen mit der Abszisse

Page 210: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

214 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

x < 0. Daher setzen wir s = -Cf = e qni Cf (q = feste positive oder negative un­gerade Zahl) und definieren:

s<X+l = e(<X+l)qni Cf<X+l,

wo Cf jetzt auf der Vertikalen bei der Abszisse- x > 0 läuft und unter Cf<X+l der Hauptzweig verstanden werden soll. Durch die Substitutions= e qni Cf erhält man:

X.+l.ioo ets -x:;ioo e-lu ' . -x;ioo e(-I)G ----- ds = - / -~--- dCI = e-(<Xo!)qnr j ---- dCI. s<X+l • _ (eq"' Cf)<X+ 1 _ Cf<X+l

X-ioo -X+too -X-H)O

Das letzte Integralläßt sich nach (5) auswerten. Es ergibt sich:

(6)

V P F(oc_±_:L_)_ . . 2 :n; i

I 0 für t > 0

x+1.ioo et• 0 bei \Roc> 0, 1 -e-(<X+l)qni bei oc=O, divergent ----ds= 2 s<X+l l bei -1 < \Roc < 0 und \Roc = 0, 'Yoc * 0 für t = 0 x-ioo V

(\Roc > -1, x < 0) -e-(<X+l)qni t<X für t< 0.

2. Für beliebige komplexe v ist die Sesselsehe Funktion v-ter Ordnung J.(t) definiert durch

In der Reihenentwicklung der Funktion (t/2)• ]"(t) existiert für 2 ~· > -1, d. h. v > -·1/2 die E-Transformierte jedes Gliedes, und die gliedweise Trans­formation liefert:

E{(-L)•J.(t)} = E{ ~ (~1)k(t/2J2•·-i-2~-} _ ~- (-l)kF(2v+2k+l) -~ 2 • k~ k!F(v+k+l) -k~ k!F(v+k+1)22•+2ks2•+2k+l'

Nach Anhang Nr. 4 ist

(-l)kF(2v+2k+l) = ~ r(v+ 21)(-v-k(l/2)), k!F(v+k+1)4k y••

also für isl > 1:

E{(_!_)• ],(t)} = F(v+(l/2)) f;(-v-(1/2)) s-2•· = F(v+(l/2)) (1 +s-2)-•-(l/2) 2 • J/ns2•+I k~o k V:ns2•+I

= F{l·-;g/2)) (s2 + 1)-•·-(1/2).

Die gliedweise Transformation ist nach Anhang Nr. 41 für 9ts > 1 gerechtfer­tigt; denn nimmt man in der Summe von E-Integralen die Absolutbeträge (also 9ts statt s), so bleibt die entstehende Reihe konvergent; sie ist nämlich die Entwicklung von [1- (9ts)- 2]-•- (l/2). Da auf Grund der asymptotischen Entwicklung von J.(t) (Anhang Nr. 8) E{ (t/2)• J.(t)} sogar für 9ts > 0 konver­giert, und zwar absolut, ergibt sich somit:

für v > - __!___ 9ts > 0. 2'

Page 211: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrformel für die absolut konvergente .{!-Transformation 215

Diese Formelliefert wegen der Einfachheit der auftretenden .Q-Transformierten (man vergleiche die kompliziertere Formel für .Q{J.,(t)}) vom Standpunkt der .Q-Transformation aus den bequemsten Zugang zur Theorie der Funktion J.(t), weshalb sie hier ausführlich abgeleitet wurde.

Da, wie eben erwähnt, .Q{ (t/2)• J.(t)} für 9ts > 0 absolut konvergiert und ].(t) an jeder Stelle t > 0 von beschränkter Variation ist, so ergibt Satz 3:

v P _1_ r(v+.Q.J2))_ '"r+iooet' --- as_ __ =J(-J-f J,(t) für t > o • • 2 7t i v;· •. (s2 + 1)V+ (1/2) l

:<-too 0 für t < 0

(v>-{-. x>o).

Auf diese Darstellung von J.(t) durch ein komplexes Integral, die der aufS. 202 behandelten an die Seite zu stellen ist, werden wir S. 227 nochmals zurück­kommen.

3. Die Riemannsche Koeffizientenformel der Dirichletschen Reihen. Nach Satz 1 [2.6] läßt sich jede (ei.nfach konvergente) Dirichletsche Reihe als ab­solut konvergente .Q-Transformierte einer Funktion darstellen, die im wesent­lichen die Koeffizientensumme der Reihe und offenbar in jedem Intervall von beschränkter Variation ist. Infolgedessen kann man zur Umkehrung den Satz 3 benutzen und erhält so eine Darste.llung der Koeffizientensumme mittels der durch die Reihe dargestellten Funktion.

Satz 4107. Die Dirichletsche Reihe 00

<p(s) = E an e-Äns n-0

(0 ~ Ä.o < Ä.1 < ... +oo)

habe die Konvergenzabszisse 'f/· Dann läßt sich die Koeffizientensumme A(t) (siehe die Definition in Satz 1 [2. 6]) folgendermaßen durch <p(s) darstellen:

x+ioo

im Falle 'I'J ~ 0: A(t) = V.P. -2 1 . ( ets tp(s) ds 7t ~ s

x-.. ioo (7)

x+ioo

imFallen<O: A(t)-<p(O)=V.P.-1 -. /,. ets tp(s)-tp(O) ds 2 7€~ s

x-'"ioo

(x > 'I'J).

Man beachte, daß der Integrationsweg im Streifen bedingter Konvergenz verlaufen darf, ja daß die Dirichletsche Reihe überhaupt keine Halbebene absoluter Konvergenz zu besitzen braucht.

00

Speziell für Potenzreihen g(z) = E an zn (z = e- 8, Än = n) führt Satz 4 über n-0

eiae etwas umständliche Rechnung zu der Formel

m-l am 1 · g(z) 1 1+z };an+ -2- = -?-. / m+I -2 -1- dz

n=O - 7t ~ • Z Z

Page 212: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

216 4. Kap.: Die komplexe Umkehrfonnel

(das Integral erstreckt über einen Kreis um z = 0 mit e. wo e < 1 und e < Kon­vergenzradius von g), die man auf Grund von

unmittelbar einsieht.

Aus Satz 1 [4.3] ergibt sich: Satz 5. Eu{F} = f(s) bzw. E1{F} = f(s) konvergiere absolut fürs= x (reell).

Das Integral z+ioo r ets f(s) ds

z-·ioo

existiere für ein bestimmtes t, zum mindesten als Cauchyscher Hauptwert. An dieser Stelle t sei F stetig. Dann ist

z+ioo

F(t)=(V.P.)l~i f etsf(s)ds. z-.. ioo

Konvergiert Eu{F} in einem Streifen ot1 ~ 9ts ~ ot2 absolut, so kann in dieser Formel x jeden Wert in ot1 ~ x ~ ot2 bedeuten. Im Falle der E1-Trans­formation kann an die Stelle von x jeder größere Wert treten. Das folgt aus der bei Satz 1 angestellten funktionentheoretischen Überlegung.

Zu Satz 5 ist dieselbe Bemerkung wie zu Satz 1 [4. 3] zu machen: Er gilt nicht für eine beliebige Funktion f(s), sondern nur für eine solche, von der bekannt ist, daß sie durch die E-Transformation entstanden ist. Über die Frage, wie man es einer Funktion f(s) ansehen kann, daß sie eine E-Transfor­mierte ist, siehe 7. Kapitel.

Aus Satz 3 [4. 2] folgt: Satz 6. Ist Eu{F} = f(s) für ot1 ~ x:::::; ot2 bzw. E1{F} = f(s) für x ~ ot

absolut konvergent, so ist mit diesen x-Werten

I +OO .. 1 r eitll-1 . j e-n F('r) d-r: = V.P. -zn. -yy- f(x + z y) dy,

u -00

woraus sich F(t) an jeder Stetigkeitsstelle oder allgemeiner an jeder Stelle, wo F(t) I

die Ableitung von jF(-r:) d-r: ist (somit fast überall), berechnen läßt. I U I

Daßje-n F(-r:) d-r: an einer Stelle t, wo dfdt /F(-r:) d-r: = F(t) gilt, differen-o 0

zierbar zum Werte e-:rt F(t) ist, folgt aus der durch partielle Integration ent-stehenden Formel

t I I T

I e-n F(-r:) d-,; = e-"'IF(T) d-r: + x I e-n~ F(u) du. 0 u 0 0

Page 213: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrformel für die absolut konvergente E-Transformation 217

Satz 6 läßt sich leicht folgendermaßen verallgemeinem: Satz 7. Ist ßu{F} = f(s) oder ß 1{F} = f(s) fürs= s0 absolut konvergent, so ist

I lRs0 + ioo

J·e-s•T F('r:) dt: = V.P. -2~ J et(s-s,) -1 /(s) ds. :1u s-s0

0 lRs0 -ioo

Beweis: Es sei s0 = x0 + i y0 • Ersetzen wir F(t) in Satz 6 durch e-iy,t F(t), also /(s) durch f(s + i y0), so ist ß{ e-1"•1 F(t)} für s = x0 absolut konvergent, und die Formelliefert:

I +oo J e-x,T [e-i'JioT F(t:-)] dt: = V.P. -z1n J -~~~~~y- 1 f(xo + i Y + i Yo) dy 0 -00

oder mit s0 + i y = s:

t s0 +ioo

/ e-s•TF(t:)dt:=V.P.-1 ___ ;· el(s-s,)_1_f(s)ds. 2 nz . s-s0

0 S0 -iOO

s0 +ioo s0 +iw x0 +iw

Hierin kann man noch V.P. J =lim J durchlim J ersetzen. Denndie s0 -ioo s0 -iru ru---+-oo z0 -iw

s0 +iw s0 -iw

beiden Integrale unterscheiden sich um J und J . Hierin ist die Weglänge %0 +iw z0 -iw

konstant gleich I Yo I, und für den Integranden gilt nach Satz 7 [3. 6]:

I el(s-s,)_1 /(s)[::::;; e0+1 o(1) für IYI -*oo, 1 s-so IY-Yol

so daß diese Differenzen für ro """* oo verschwinden. Später (Satz 5 [5.1]) werden wir sehen, daß der auf die ßrTransformation

bezügliche Teil von Satz 7 nur ein Spezialfall eines viel allgemeineren Satzes ist: s0 kann jeder Punkt der Ebene, der Integrationsweg jede Vertikale in der Konvergenzhalbebene und sogar in einem Teil der Holomorphiehalbebene sein; absolute Konvergenz ist für ß 1{F} nicht erforderlich. - Dagegen werden wir die auf die ßu-Transformation bezügliche Aussage nicht verbessern.

Es sei noch darauf hingewiesen, daß man, wie aus Satz 1, so auch aus Satz5-7 Sätze über die Umkehrung der Mellin-Transformation ableiten kann, wobei in Satz 7, wenn man rT = C. e-1 = z, F(-logC) = (l)(C), f(s) = <p(s) setzt, die Formel

1 \Rs0 +ioo

l·cs,-tq;(C)dC=V.P.--21 . }. z-<s-s,)_ 1 <p(s)ds

•. nt s-s0 ms,-ioo

erscheint.

Page 214: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

218 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

§ 5. Die komplexe Umkehrformel für die einfach konvergente Laplace-Transformation

Den Sätzen des vorigen Paragraphen ist gemeinsam, daß sie nur auf solche F anwendbar sind, deren i!-Transformation ein Gebiet absoluter Konvergenz besitzt. Wir leiten nun Sätze ab, bei denen diese scharfe Einschränkung nicht notwendig ist.

Satz 11°8 • Ist i!1{F}= f(s) für ein reelles s = x0 ~ 0 einfach konvergent, so gilt für t ~ 0:

t x+ioo

/F(-r)d-r=V.P. 2 ~i .! e1• /~) ds (x beliebig > x0 ~ 0), 0 r-ioo

woraus man F(t) fast überall dtlrch Differentiation erhalten kann. Bemerkung: Diese Gleichung entsteht formal aus der Umkehrformel, indem

man sie unter der Voraussetzung ms =X> 0 unter dem Integralzeichen von -oo bist integriert und F(t) = 0 für t < 0 setzt. Dies macht auch verständlich, warum x > 0 sein muß. ·

Beweis: Nach Satz 1 [2.12] konvergiert .ß{F * 1} für ms > Xo ~ 0 absolut und ist gleich f(s)fs. Da F • 1 als Integral in jedem endlichen Intervall von be­schränkter Variation (Anhang Nr. 15) und für t ~ 0 stetig ist, liefert Satz 3 [4.4] die Behauptung.

Aus Satz 1 ergibt sich unmittelbar ein neuer Beweis für den Eindeutigkeils­satz der i!1-Transformation: Wenn f(s) = 0 ist, so muß F(t) eine Nullfunk­tion sein.

Für manche Anwendungen ist es störend, daß in Satz 1 x > 0 sein muß. Wenn man Wert darauf legt, mit dem Integrationsweg so weit nach links zu gehen, wie es die Konvergenz von .ß{F} erlaubt, muß man weitere Zusatz­voraussetzungen machen. Wir wählen diese so, daß nicht die integrierte Um­kehrformel wie in Satz 1, sondern die Umkehrformel selber in Erscheinung tritt. Dazu brauchen wir noch einen Hilfssatz, dem wir im nächsten Kapitel eine viel allgemeinere Form geben werden (Satz 2 [5.1]).

Hilfssatz: Ist i!1{F} = f(s) fürs= s0 einfach konvergent, so gilt für t ~ 0:

t z+ioo re-•·T F(-r) d-r = V.P. - 1 -. r et(s-s,) __}Rds • 2 :n:~ • S-S0 II :r-ioo

Beweis: Setzt man t

tP(t) = r e-S,T F(-r) d-r' ü

so ist nach Satz 5 [2.2] für 9ts > 9ts0 : 00

f(s) = (s- s0).re-(s-s,)l tP(t) dt,

0

(x beliebig> 9t.s0).

Page 215: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Umkehrformel für die einfach konvergente .{!-Transformation 219

wobei das ß-Integral absolut konvergiert. t/>(t) ist als Integral für t ;;:;; 0 stetig und in jedem endlichen Intervall von beschränkter Variation (Anhang Nr.15), folglich ist nach Satz 3 [4.4]:

z+ioo

e••t tf>(t) = V.P. - 1-. ( e1• _jj_s)_ ds 2:~u . s-s0

(x > 9ts0).

x-ioo

Satz 2109• ß 1{F}=f(s) habe eine Konvergenzhalbebene 9ts > ß. Längs der (einen) Geraden 9ts = x > ß sei f(s) so beschaffen, daß das Integral

x+ioo +oo

2 ~i j e 1•f(s)ds= 213f ea:t r eilltf(x+iy)dy=F*(t)

x-ioo -Oo

für alle t;;:;; T;;:;; 0 zum mindesten als Hauptwert konvergiert, und zwar in jedem endlichen Teilintervall gleichmäßig. Dann ist

t t

j F(-r) d-r =.! F*(-r) d-,; für t;;:;; T. T T

t

An jeder Stellet ;;:;; T, wo F(t) die Ableitung von ( F(-r) d-r ist, also insbesondere ö

an jeder Stetigkeitsstelle, ist F(t) = F*(t), d. h.

x+ioo

F(t) = (V. P.) z~T .r e1•f(s) ds. x-ioo

Bemerkungen: 1. Voraussetzung und Behauptung beziehen sich absichtlich nicht notwendig auf das ganze Intervall t 2 0, sondern ein beliebig weit rechts anfangendes Intervall. Dies ist für manche Anwendungen, z. B. in der Asym­ptotik, wichtig, wo die Aussagen sich nur auf <<große>> t beziehen.

2. Man beachte, daß im Gegensatz zu den Formeln in § 4 das Umkehrinte­gral über die eine bestimmte Gerade 9ts = x, auf die sich die Voraussetzung bezieht, zu erstrecken ist.

3. Man vergleiche mit Satz 2 den Satz 5 [4.4], der insofern spezieller ist, als er von ß{F} absolute Konvergenz verlangt, aber insofern allgemeiner, als er die Konvergenz des Umkehrintegrals nur für ein bestimmtest voraussetzt.

Beweis: Für T ~ 1: ::;; t konvergiert

x+ioo

(V. P.) 2 ~( r eTS f(s) ds x-ioo

gleichmäßig gegen die Funktion F*(-r) (die infolgedessen stetig ist), man kann also nach Multiplikation mit der beschränkten Funktion e-•••, wo ß < 9ts0 < x

Page 216: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

220 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

sei, unter dem Integralzeichen von T bist integrieren (Anhang Nr. 33, Zusatz, und Nr. 36):

t x+ioo t

/ e-s·TF*('r) d1: = (V. P.) 2 ~i / /(s) ds.r eT(s-s.) d1: T x-ioo T

.o:+ioo _ 1 r 8 t(s-sol-eT(s-s,) - (V.P.) -2 -. f(s) ds.

3U • S-S0 z-ioo

Nach dem Hilfssatz ist die rechte Seite wegen x > 9ts0 > p gleich

t T t

/ e-s.T F(1:) d1: -/ e-s.T F(1:) d1: =.! e-s.T F(1:) d1:, 0 o. T

also I I r e-s.T F*(•) d7: = r e-s.T F(•) d7: für t ~ T.

t r

Für 0 ~ 1: < T ist F*(•) nicht definiert. Setzen wir dort F*(•) = F(1:), so ist

t t

/e-soT F*(•) d-,; = .! e-soT F(-,;) d1: für t > 0, 0 0

was wir in der Form schreiben:

t

j e8•(t-T) [F*(•) - F(1:)] d1: = e8• 1 * [F*(t) - F(t)] = 0 für t > 0. I)

Hieraus folgt nach Satz 11 [2.15], da e8• 1 keine Nullfunktion ist, daß F*(t) - F(t) eine solche sein muß:

t .r [F*(•) - F(1:)] d1: = 0 für t > 0. 0

Das ist mit unserer Behauptung gleichbedeutend. - Da F*(t) für t ~ T stetig t

ist, ist J F*(•) d1: für t ~ T differenzierbar mit der Ableitung F*(t). Also ist T t

auch J F(1:) d1: dort differenzierbar mit der Ableitung F*(t). Überall, wo die T t

Ableitung von / F(•) d1: gleich F(t) ist, gilt demnach F(t) = F*(t). 0

Alle Sätze dieses und des vorhergehenden Paragraphen, die F(t) direkt durch die Umkehrformel darstellen, machen außer der Konvergenz von ~{F} noch weitere Voraussetzungen. Wird weiter nichts als die einfache Konvergenz

Page 217: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Die Differentiation der komplexen Umkehrformel 221

von E{F} vorausgesetzt, so ist nur Satz 1 anwendbar, der F(t) nicht durch die Umkehrformel, sondern (fast überall) durch Differentiation der formal unter dem Integralzeichen integrierten Umkehrformel darzustellen lehrt. Es gibt aber eine mit der bisherigen Umkehrformel nahe verwandte Formel, die ohne weitere einschränkende Bedingung F(t) (fast überall) unmittelbar, d. h. ohne nach­folgende Differentiation liefert, und die wir ohne Beweis wiedergeben. Siebe­zieht sich auf die Eu-Transformation.

Satz 3110• En{F} = f(s) konvergiere einfach in dem Streife?~ ß1 < ms < ß2•

Dann ist x+iw

1 j' . 2) F(t) = lim Zni et•(1 + -to 2 n f(s) ds W-+00 .

X-tw

für fast alle t bei jedem x in ß1 < x < ß2 und jedem ganzzahligen n ~ 1.

§ 6. Die Differentiation der komplexen Umkehrformel

Die Integration von Differentialgleichungen vermittels Laplace-Transfor­mation, die im II. Band dargestellt ist, läuft darauf hinaus, daß statt der ge­suchten Funktion F(t) zunächst ihre E-Transformierte f(s) bestimmt wird. Stellt man dann F(t) vermittels der komplexen Umkehrformel aus f(s) her, so erhebt sich, da naturgemäß gewisse Ableitungen von F(t) existieren müssen, die Frage, wie man die Umkehrformel nach t zu differenzieren habe. Im Hinblick auf dieses Problem mögen hier einige Betrachtungen Platz finden, die mehr formaler Natur sind, d.h. auf die Abgrenzung exakter Gültigkeitsbedingungen verzichten und nur das formale Funktionieren der vorgenommenen Operationen herausstellen.

Wenn man die Umkehrformel*) x+ioo

{1) F(t) = -21 . J et• f(s) ds

· nt x-ioo

unter dem Integralzeichen differenziert, so entsteht

x+ioo

(2) F'(t)= Z~i J et•sf(s)ds. X-tOO

Aber schon die einfachsten Beispiele zeigen, daß diese Gleichung im allgemeinen nicht richtig ist. So ist für F(t) = 1, f(s) = 1/s:

x+ioo

1 = --. ets_ ds 1 J 1 2nt s

(t> 0, x> 0) x-too

*) Das eventuell hinzutretende Zeichen V. P. lassen wir in der Folge der Kürze halber weg.

Page 218: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

222 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

[siehe Gleichung 4. 4 (4)], aber es ist keineswegs x+ioo

0=--. et•s-ds 1 I 1 2nz s '

~-ioo

denn das Integral divergiert. Der Grund, warum (2) nicht zutrifft, wird sofort klar, wenn man Satz 1 [2.13] heranzieht: Zu F'(t) gehört als ~-Transformierte die Funktion s f(s) - F 0 (wo F 0 = lim F(t) ist), so daß (2) richtig lauten muß:

t->+ 0

x+ioo

(3) F'(t)= 2 ~i I et•[sf(s)-F0]ds. x-ioo

Diese Gleichung ist tatsächlich für F(t) = 1 richtig:

x+oo 0 = - 1-. I et•(s 2_- 1) ds. 2nz s

x-ioo

Betrachtet man Gleichung (1) für sich, losgelöst von ihrer Beziehung zur ~-Transformation, so wird man schwerlich auf Gleichung (3) kommen, da kaum einzusehen ist, wie (3) aus (1) durch Differentiation entstehen soll. Erst die Tatsache, daß (1) die Umkehrformel der ~-Transformation ist, führt in Verbindung mit dem Gesetz ~{F'} = s f(s)- F 0 zwanglos zu (3). Die Wichtig­keit dieser Bemerkung wird bei der Integration von Differentialgleichungen vermittels ~-Transformation klar werden111•

Der umgekehrte Schritt von (3) zu (1) ist im Gegensatz zum Vorigen formal sehr leicht zu vollziehen, allerdings nur dann, wenn man im Auge behält, daß (1) eigentlich die Umkehrung der ~u-Transformation darstellt (siehe S. 193) und man daher F(t) auch als für t < 0 definiert, und zwar durch den Wert 0, an­sehen muß. Man kann dann Gleichung (3) von -oo bis t integrieren, muß aber berücksichtigen, daß infolge der genannten Definition die Ableitung F'(t) im

t

allgemeinen im Punkt t = 0 nicht existiert, so daß man an Stelle von j F'(t') d-c 0 t -oo

die Summe J F' (-c) d-c + j F' (-c) d-c im Sinne von bei 0 uneigentlichen Integralen -00 0

zu bilden hat, was 0 + F(t) - F 0 ergibt. Durch Integration von (3) über das Intervall -oo < 7: ~ t mit t > 0 erhält mim also, wenn man rechterband unter der Voraussetzung 9{s = x > 0 unter dem Integralzeichen integriert:

x+ioo 1 I ets F(t)- F 0 = -2-. -- [s f(s)- F0 ] ds nz s

x-too

== _21 . xl+iooets f(s) ds- Fo _21 . xl+ioo~ ds · nz · nz s

x-ioo x-ioo

x+ioo 1 ..

= 2 ni j et•j(s)ds-F0 ,

x---ioo

Page 219: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Deformation des Integrationsweges im komplexen Umkehrintegral 223

d.h. die Gleichung (1). Daß 9ts = x > 0 sein muß, stimmt wieder ausgezeichnet damit zusammen, daß auch das Gesetz l!{F'} = s f(s) - F 0 nur für 9ts > 0 gilt.

Das Auftreten von F 0 in (3) kann man auch folgendermaßen plausibel machen. Wenn l!{F'} = s f(s) - F 0 für s = x absolut konvergiert, so gilt auf der Geraden 9ts = x nach Satz 7 [3.6]:

sf(s) -F0 ~0 für JyJ ~oo.

Für F 0 =1= 0 kann also (2) wegen s f(s) ~ F 0 für s ~ x ± i oo sicher nicht kon­vergieren, wohl aber (3).

§ 7. Deformation des Integrationsweges im komplexen Umkehrintegral

Die Tatsache, daß f(s) eine analytische Funktion ist, gestattet es, in dem komplexen Umkehrintegral den Integrationsweg auf Grund des Cauchyschen Satzes mannigfaltigen Veränderungen zu unterwerfen. Einige besonders harm­lose Beispiele haben wir bereits kennengelernt: So konnten wir S. 210 den Integrationsweg im Gebiet absoluter Konvergenz von l!{F} beliebig parallel verschieben; ferner kqnnten wir in dem Beispiel S. 213 den Integrationsweg auf den Rand der Konvergenzhalbebene (die zugleich Holomorphiehalbebene war) verlegen, wenn dabei die dort gelegene Singularität in einem Halbkreis umgangen wurde (Hakenintegral). Man kann nun aber weiter, wenn man bei Parallelverschiebung des Integrationsweges an eine isolierte Singularität stößt, in deren Umgebung f(s) eindeutig ist, die Integrationsgerade über diese Sin­gularität hinweg ausbiegen oder eventuell sogar im Ganzen parallel verschieben, wenn man dafür das Residuum an der betreffenden Stelle in Anrechnung bringt, wofür wir in 5. 1 und 7. 3 Beispiele kennenlernen werden.

In den weitaus meisten Fällen sind aber die Singularitäten auf dem Rand der Holomorphiehalbebene solche, in deren Umgebung die Funktion f(s) nicht eindeutig ist, so daß von einem Darüberhinwegziehen des Integrationsweges und einem Residuum keine Rede sein kann. Hier gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder subtrahiert man von f(s) eine möglichst einfache, bekannte Funktion mit derselben Singularität, so daß die Differenz an der betreffenden Stelle wenigstens stetig (wenn auch im allgemeinen nicht eindeutig analytisch) wird und der Integrationsweg bis an diese Stelle (aber nicht weiter nach links) ver­legt werden kann- dieses Verfahren werden wir später bei der Benutzung des Umkehrintegrals zur Herstellung von asymptotischen Entwicklungen für F(t) kennenlernen. Oder aber man macht sich von dem Zwang, daß der Inte­grationsweg eine Gerade sein soll, völlig frei und deformiert den Weg so, daß er die Singularitäten nicht überschreitet, aber durch Gebiete läuft, wo z.B. be­sonders günstige Konvergenzbedingungen vorliegen. Dies ist ein Verfahren, das besonders in der technischen Literatur viel angewendet wird, und zwar

Page 220: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

224 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

hauptsächlich zu dem Zweck, um brauchbare Näherungsausdrücke (asympto­tische Entwicklungen) für die durch das komplexe Integral dargestellte Funk­tion zu erhalten. Meist wird es in der Weise gehandhabt, daß man den Weg zum einen Teil in ein Gebiet verlegt, wo der entsprechende Integralbeitrag möglichst klein, zum anderen in ein solches, wo er möglichst groß ist; dieser letztere wird dann als Näherungswert genommen. Nähere Einzelheiten ver­schieben wir auf die systematische Behandlung der asymptotischen Darstel­lungen (II. Band). Für den Augenblick begnügen wir uns mit der Ausführung der Deformation in einigen Beispielen, wodurch gewisse Vorteile für die betref­fenden Formeln erzielt werden.

Dazu schicken wir folgenden Satz voraus, den wir in der Folge noch oft gebrauchen werden. (Weitere Sätze dieser Art, in denen die Kreise durch Recht­ecke bzw. Parabeln ersetzt sind, ergeben sich aus den Beweisen zu Satz 2 und 3 [7. 3].)

Satz 1112• Es sei eine Schar von Halbkreisen SJn ums= 0 links von der imagi­nären Achse mit den Radien fln gegeben, wobei eo < f!I < ... fln + 00. Eine für 9ts :s;; 0 definierte holomorphe*) Funktion f(s) genüge auf dem Halbkreis mit f!n der Abschätzung

Dann ist !f(s)!~~n• WO~n+O für n+oo.

je 1•f(s) ds + 0 bei t > 0 für n +oo. -\in

Ist insbesondere auf jedem beliebigen linken Halbkreis Sj vom Radius e

so ist !f(s) 1 ~ ~(} mit~(!+ o für e +oo **),

.fe 1•f(s)ds+O beit>O für e+oo. (l

Liegen die Halbkreise rechts von der imaginären Achse, so gelten die entspre­chenden Behauptungen für t < 0.- Der Satz gilt auch, wenn es sich statt um die vollen Halbkreise um Teilbogen mit demselben Zentriwinkel handelt.

Beweis: Es ist, wenn s = e eiDgesetzt wird ({} = n/2 + ({J):

(3/2)n ,.

I Jet· f(s) ds I ~ ~n! el(}ncosiJ end{}= 15n enJ·e-l(!nsintp dgJ

-!.ln :n/2 U

:n/2

= 215n en}·e-l(!nsintp dgJ.

0

*) Es genügt, daß f(s) auf den Halbkreisen integrabel ist. **) Das bedeutet, daß f(s) in der linken Halbebene gegen 0 strebt, wenn s zweidimensional

gegen oo konvergiert.

Page 221: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Deformation des Integrationsweges im komplexen Umkehrintegral 225

Im Intervall 0 ~ cp ~ n/2 verläuft die Kurve y = sin cp oberhalb der Sehne, also ist

und folglich :r/2

1.~( et• f(s) ds I ~ 2 (jn f!n I e-ten(2/n) rp dcp

-II}

= 2 i)n \~;n) t n ~ 0 bei t > 0 für n ~ oo.

Die Behauptung für die Halbkreise rechts ergibt sich, wenn man s durch -s ersetzt.

Bemerkung: Ersetzt man s durchs- s0 , so sieht man, daß der Satz auch für Halbkreise um einen beliebigen Punkt s0 gilt.

Wir beginnen nun mit einem ersten Beispiel zu der oben angekündigten Deformation. Als Anwendung der komplexen Umkehrformel fanden wir S. 213 in etwas veränderter Bezeichnung:

X+ioo J trx-1 für t > 0 V.P. -2 ~i r et• s-"" ds = l F(cx)

x-·ioo 0 für t < 0 (1) (9toc > 0, x > 0).

Der Integrand hat im allgemeinen für s = 0 eine logarithmische Singularität. Wir betrachten nun die in Figur 8 stark ausgezeichnete geschlossene Kurve, bestehend aus horizontalen und vertikalen Strecken und Teilen der Kreise vom Radius w und e. Da e15 s-"" darin keine Singu­larität aufweist, ist das Integral über die Kurve gleich 0. Wir stellen nun fest, was entsteht, wenn w gegen oo strebt. Da s-a. für 9toc > 0 gleichmäßig hinsichtlich arc s für I s I ~ oo gegen 0 strebt, so ergibt sich aus Satz 1, daß die Integrale über die Bogen BC und FG für w ~ oo verschwinden. Was die Integrale über die horizontalen Stücke AB und GH angeht, so streben sie für w ~ oo offen­kundig gegen 0, da auf diesen Stücken e15 beschränkt ist und s-"" gleichmäßig gegen 0 strebt, während die Weglänge konstant ist. Im Grenzfall w ~ oo bleibt also nur das Integral über die Vertikale bei x und das über die Kurve CDEF übrig, wobei die Punkte C, F ins Unendliche gerückt sind. Beide zu­sammen ergeben 0, d.h. sie sind gleich, wenn man die Richtung der letzteren Kurve umkehrt. Daraus

II ---r.,-iru---1

X

-lw 6 H

Fig. 8

folgt, daß Formel (1), soweit sie sich auf t > 0 bezieht, richtig bleibt, wenn man den Integrationsweg durch die Kurve (i; von Figur 9a ersetzt, bei der der Kreis-

Doetsch I /15

Page 222: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

226 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

bogen einen beliebigen Radius und die horizontalen Strahlen einen beliebigen Abstand haben können.

Aus dem Beweis geht unmittelbar hervor, daß die beiden horizontalen Strah­

len auch durch geneigte ersetzt werden können, die ebenfalls in der linken Halb­

ebene verlaufen (Figur 9b). Das Bemerkenswerte an dieser zunächst für 9tcx > 0 abgeleiteten Formel

ist nun, daß das Integral für jedes komplexe cx konvergiert, da bei t > 0 die Funk-

a

Fig. 9

tion ets für nach links wanderndes s stark gegen 0 konvergiert, während sie auf der früheren Vertikalen zwischen endlichen Grenzen oszillierte.

Die Formel*}

(2) 1 ;· ts ~-oe d tot-1 Tnz. e s s = -F(oc)

(5;

(t > 0, cx beliebig)

oder die aus ihr für t = 1 entstehende (aus der sich aber (2} durch die Substi­tution von t s (t > 0) an Stelle von s sofort zurückgewinnen läßt)

(3} 1 1 J s -a d F(oc) = 2 n i e s s

(5;

(cx beliebig)

kann als Definitionsgleichung für F(cx} für beliebiges komplexes cx aufgefaßt wer­den**} und ist als Hankelsche Formel bekannt. Da für ganzzahliges cx = -n ~ 0

*) Das Integral ist als Hauptwert zu verstehen, d. h. als Grenzwert für gleichzeitig auf den Schenkeln von (I: gegen oo wandemde Integrationsgrenzen.

**) Aus der obigen Ableitung wissen wir, daß die so definierte Funktioa F(cx) für \noc > 0 mit 00

der durch die Eulersche Formel F(oc) =Je-t tiX-l dt definierten F-Funktion übereinstimmt. Um 0

zu schließen, daß es sich um eine analytische Fortsetzung handelt, müßte noch bewiesen werden, daß (3) im Konvergenzgebiet eine analytische Funktion darstellt. Statt dessen kann man auch durch partielle Integration von (3) zeigen, daß 1/F(oc) die gewohnte Funktionalgleichung

1

erfüllt. F(oc+I) oc F(oc)

Page 223: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Deformation des Integrationsweges im komplexen Umkehrintegral 227

der Integrand im Innern von G: analytisch ist, folgt durch Anwendung des Cauchyschen Satzes auf die provisorisch links geschlossene Kurve G: und nach­folgenden Grenzübergang, daß 1/F(-n) = 0, also F(-n) = oo ist.

II

X

G H

Fig. 10 Fig. ll

Während innerhalb der durch die i!-Transformation gestifteten Zuordnung der Funktion s-"' nur für 9tcx > 0 eine L-Funktion zukommt, wird durch die Transformation (2) der Funktion s-"' für jedes ot eine Funktion zugeordnet. Das hat zwar für die f!-Transformation unmittelbar nichts zu bedeuten, weil s-"' für 9tot < 0 nun einmal keine I-Funktion ist. Wenn aber auch eine I-Funk­tion f(s) nie mit s-"' (9tot ~ 0) identisch ist, so kann sie sich doch an der kritischen Stelle s = 0 wies-"' verhalten. Gilt nun für f(s) die komplexe Umkehrformel und kann man in dieser den Integrationsweg in die Gestalt G: verformen, so läßt sich vonF(t) der dem Anteils-"' entsprechende Bestandteil t"'- 1/F(cx) abspalten, der unter gewissen Voraussetzungen ausschlaggebend für das Verhalten von F(t) für t + oo ist. Die nähere Ausführung dieses Gedankens wird uns bei der systematischen Behandlung der asymptotischen Darstellungen begegnen.

Als zweites Beispiel betrachten wir die S. 215 abgeleitete Formel:

(4) z+ioo

1 F(v+ (1/2)) J ts ds V.P.--znT Vn . e (s2+1)V+ll/2l

Z-JOO

für t>O

für t<O

(v>-~, x>o).

Der Integrand hat die singulären Stellen± i. Verwendet man als Integrations­weg die nebenstehende Kurve, so ist der Integralwert 0. Da sich 1/(s2 + 1)v+ U/2)

Page 224: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

228 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

im Unendlichen wie s-(2 P+l) verhält, folgt wie im vorigen Beispiel, daß für t > 0 und 9t(2 v + 1) > 0, d.h. 9tv > -1/2 die Integrale über ABC und FGH für w-+ oo verschwinden, so daß der Integrationsweg x- i oo ... x + i oo mit der Kurve <r in Figur 11 äquivalent ist. Bei Verwendung von <r ist das Integral aber für jedes komplexe v konvergent, so daß wegen des Faktors T(v + (1/2)) nur die Werte v = -1/2, -3/2, ... , für die T(v + (1/2)) = oo ist, zu vermeiden sind*). Man erhält also

(~f.J.(t) =V.P. 2~i- T(v~l/2)) .fet• (s2+11:+(i!2) G:

für t > 0 (v 9= -+, --~-, ... ). Dieser Ausdruck für Jp(t) ist nun nichts anderes (bis auf den Ersatz von v durch - vund eine Drehung des Integrationsweges umn/2, d. h. s = i x = e("/2) i x) als diejenige Lösung der Besselschen Differentialgleichung, die man bei der S.202

.... ---------, ".. ...........

/

a

I I

I I I

I I \

/

:==8

\~ ........... _________ I

b

Fig. 12

I I

I I

\ }{ : \ I ' o I

' I ',..... : ........ __ _ __ _;

c

erwähnten Methode erhält, wenn man den zweiten, dort noch nicht angege­benen Kurventyp verwendet113•

Für v = 0 kann man einerseits die beiden Kreise der Kurve <r auf die Punkte ± i zusammenziehen, weil sich die Integrale über die vertikalen Stücke bis in diese Punkte hinein erstrecken lassen, andererseits kann man die horizon­talen Strahlen beide auf die negativ reelle Achse rücken lassen, wobei sich die von ihnen gelieferten Integralbeiträge aufheben. Denn beim Umlauf um + i und -i wechselt (s 2 + 1)112 jeweils sein Vorzeichen, beim Umlauf um beide

*) Für diese Werte ist der Integrand im Innern von (l: holomorph, so daß das Integral ver· schwindet.

Page 225: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Deformation des Integrationsweges im komplexen Umkehrintegral 229

kehrt man daher zum gleichen Funktionswert zurück. Der Integrand hat also am oberen und unteren Ufer der negativ reellen Achse denselben Wert. -Macht man dann noch die Substitution s = i x, wodurch die Punkte ± i in ± 1 übergehen, so erhält man das Poissonsche Integral· für J0(t), vgl. S. 203.

Wie man leicht einsieht, könnte man dem Integrationsweg in (4) auch die in Figur 12 gezeichneten Gestalten geben, die tatsächlich für bestimmte Zwecke gelegentlich gebraucht werden.

In den beiden behandelten Beispielen wurde der Integrationsweg abge­ändert, um den Gültigkeitsbereich der Formel hinsichtlich des vorkommenden Parameters ot bzw. v zu erweitern. In dem folgenden Beispiel114 hat die Änderung des Integrationsweges den Zweck, daß eine Reihenentwicklung von f(s) glied­weise integrierbar wird und so eine Reihendarstellung von F(t) entsteht.

Für das komplementäre F eklerintegral

gilt, wie man leicht durch Vertauschung der Integrationsreihenfolge feststellt, die Beziehung

ß erfc _ct_ = _e __ { } -cxVs

2 }/t s (ot ~ 0, 9ts > 0).

Die komplexe Umkehrformel, deren Anwendbarkeit durch Satz 3 [4.4] garan­tiert ist, liefert :

1 x/+ioo e-cxVs erfc- ctV __ =V. P. --. et• --- ds

2 t 2nt s x-ioo

(t > 0, X > 0, ot ~ 0).

Man sieht unmittelbar, daß der Integrationsweg durch die in Figur 9 eingeführte Kurve (!; ersetzt werden kann, weil auf den Stücken ABC und FGH von Figur 8: I e-"' Vs I ;:;;; 1 ist, so daß die Abschätzung von S. 225 mit ot = 1 benutzt werden kann. Entwickelt man (1/s) e-"' Vs in eine Reihe:

so ist diese, mit e• 1 multipliziert, auf dem ursprünglichen Integrationsweg sicher nicht gliedweise integrierbar, weil vom dritten Glied an die Integrale nicht existieren. Dagegen konvergieren bei Verwendung von (!; die Integrale der Glieder sämtlich, und nach S. 226 erhält man, da die Integrale für

Page 226: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

230 4. Kap.: Die komplexe Umkehrformel

n = 2, 4, ... verschwinden, die für t > 0 konvergente Entwicklung (zu den benutzten Formeln für die F-Funktion siehe Anhang Nr. 3):

= 1-2_ f(-1)"u.2k+1 F(k+(l/2)) t-k-(1/2) :n:"_0 (2k+l)F(2k+l)

_ 1 1 ~( 1)k 2k+1 vn- e-k-(1/2) - --;-f:'o - u. -(2k+l) 22kF(k+l)

Die Vertauschung von Summe und i!-Integralläßt sich leicht nach Anhang Nr. 41 rechtfertigen.

Page 227: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

231

5. KAPITEL

FORMELN FÜR DAS PARTIALINTEGRAL

DER LAPLACE-TRANSFORMATION 115

§ 1. Darstellung des Partialintegrals der Laplace-Transformation durch ein komplexes Integral

In Analogie zu dem Begriff der Partialsumme einer unendlichen Reihe ver­stehen wir unter dem Partialintegral der ~-Transformation den Ausdruck

t

f(s, t) =Je-sr F(-r) d-r. 0

Wir werden dieses Partialintegral durch ein komplexes Integral über f(s) = ~{F} darstellen, das wie die komplexe Umkehrformel gebaut ist. Das Partialintegral existiert bei festemtinder ganzen s-Ebene, und unsere Darstellung durch ein komplexes Integral wird demgemäß auch für alles gelten. Der Integrationsweg kann natürlich nur da verlaufen, wo f(s) existiert, d. h. zunächst in der Kon­vergenzhalbebene; wir werden ihn dann aber auch in einen gewissen Teil der Holomorphiehalbebene verlagern können. Besondere Bedeutung wird dem Um­stand zukommen, ob s links oder rechts von dem Integrationsweg oder auf ihm liegt. Wir werden zunächst für jeden dieser Fälle eine besondere Formel, dann aber eine sie alle umfassende Universalformel finden.

Der naturgemäße Ansatzpunkt für eine Darstellung von f(s, t) durch ein. komplexes Integral über f(s) ist Satz 1 [4. 5]. Denn wenn man dort F(t) durch e-s,t F(t) ersetzt, wodurch f(s) in f (s + s0) übergeht, so erhält man eine Dar­

t

stellung von J e-••• F(-r) d-r. Auf diesem Wege werden wir den folgenden ersten 0

Satz aus diesem Problemkreis gewinnen, und das ist der Grund, warum dieser Gegenstand in diesem Teil des Buches Platz findet.

Satz 1. Besitzt ~1{F} = f(s) eine Konvergenzhalbebene 9ls > ß, so gilt für jedes komplexe s0 und jedes t ~ 0:

t x+ioo

f e-SoT F(-r)d-r = V.P. __ !.---,-- f el(s-s,) _M_ ds' 2 n:t s- s0

0 x-ioo

wo x > ß und zugleich x > 9ls0 zu wählen ist.

Page 228: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

232 5. Kap.: Formeln für das Partialintegral der Laplace-Transfonnation

Bemerkungen: 1. Die Gleichung entsteht aus der Umkehrformel, indem man diese für T statt t anschreibt, mit e-s.T multipliziert und von T = - oo bis T = t (rechts unter dem Integralzeichen) integriert, wobei F(-r) = 0 für T < 0 zu setzen ist.

2. Bringt man e-ts. auf die linke Seite, so steht da:

x+ioo

e5• 1 * F(t) = V.P. - 1-. ( e1• {-1- /(s)} ds. 2 n z •. s- s0

x-too

Da E{ e••1} für ms > ms0 absolut konvergiert, so ist nach Satz 6 [2.15]

E{e••1*F(t)} = - 1-- f(s) für ms > ß, ms > % 0 • S-50

Die obige Formel kann somit dahin gedeutet werden, daß für die Faltung e5• 1 * F(t) ohne jede Einschränkung die komplexe Umkehrformel gilt, wenn man in dieser den Integrationsweg im Gültigkeitsbereich des Faltungssatzes ms > ß, ms > ms0 verlaufen läßt. - Man vergJeiche hierzu Satz 2 [6.3].

Beweis: In Satz 1 [4.5] ersetzen wir F(t) durch e-s.t F(t), also f(s) durch f(s +So)· Das Konvergenzgebiet von f(s +So) ist m(s +So) > ß·, also ms > ß- ms0 • Als Integrationsweg ist jede Gerade ms =~brauchbar, bei der ~ die Bedingungen

(1) ~>O, ~>ß-ms0

erfüllt. Mit einem solchen ~ist

t <+ ioo

Je-s•T F(-r) d-r = V.P. ~ J e 1a f(a+so) da - :n; z (j

0 ~- ico

~ +s0 + ioo

=V. P. -2 1--,- ;· et(s-s.) __jJjJ__ ds. nt , s-s0

~+S0 -ioo

Wir setzen ~ + mso = X und behaupten, daß man in dem Integral

<+so+ioo ~+;••.' iw V.P. /

;+s0 -ioo

= lim w~oo ~+50 ·-iw

die Integrationsgrenzen ~ + So ± i w durch ~ + mso ± i w = X ± i w ersetzen kann. Die Differenz zwischen dem alten und neuen Integral besteht nämlich aus zwei Beträgen, von denen der eine lautet:

S0 +~+iw

/.• et (s- s.) _1(~)_ ds .

, S-50 ~lso+.;+iw

Page 229: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Darstellung des Partialintegrals durch ein komplexes Integral 233

Die Weglänge dieses Integrals ist konstant gleich l.3sol, ferner ist

während nach Satz 12 [3. 6]

f(s) = o(lyl) für ,3s = y + ± CXJ, also

f(s)_ = o(1) für w +CXJ S-S0

ist. Demnach verschwinden die Differenzbeträge für w + CXJ, womit man die gewünschte Gleichung erhält. Als x ist darin wegen (1) jede reelle Zahl brauch­bar, die die Bedingung erfüllt, daß

~ = x - 9ls0 > 0 und ~ = x - 9ls0 > ß - 9ls0 ,

d.h. x > 9ls0 , x > ß ist. Wir erweitern nun Satz 1 zunächst in der Weise, daß der Integrationsweg

auch außerhalb des Konvergenzgebietes von E{F} verlaufen kann. Dazu schicken wir folgende Definition voraus.

Es bezeichne 'Yj1 die untere Grenze derjenigen x0 , für die die zunächst durch E{F} definierte Funktion f(s) in 9ls > x0 analytisch ist und in jeder Halbebene 9ls ~ x0 + () (b > 0) die Bedingung erfüllt, daß gleichmäßig in x (s = x + i y)

f(s) = o(lyl) für IYI +CXJ

ist. 'YJ1 heiße die o1-Abszisse von f(s). Nach Satz 12 [3.6] ist 'Yj1 höchstens gleich der Konvergenzabszisse von E{F}:

'Y/1-;;;, ß.

Satz 2. E{F} = f(s) besitze eine Konvergmzhalbebene 9ls > ß, und 'Yj1 sei die ocAbszisse vo11t f(s). Dann gilt für jedes komplexe s0 und alle t ~ 0:

t x+ioo

(2) re-s,r F(r) dr = V.P. --~ J et(s-s,) _/_(!_)__ ds . 2nt s-s0 0 x-ioo

mit jedem x, das die Bedingungen x > 'Yj1 , x > 9ls0 erfüllt. Beweis: Der Satz braucht bloß für 9ls0 < ß, 'Yj1 < x-;;;, ß bewiesen zu wer­

den. Wählen wir x1 > ß, so ist nach Satz 1

t x1 +iw

! e-s,r F(r) dr = lim - 1 --;- ;· et(s-s,) _M_ ds. 2nt s-s0

0 w~oo . x1-tw

Page 230: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

234 5. Kap.: Formeln für das Partialintegral der Laplace-Transformation

Fügen wir zu den Vertikalen bei x und x1 noch die Horizontalen in der Höhe ± w, so ist e1(•-••> f(s)f(s - s0) in dem entstehenden Rechteck analytisch, da s0 außerhalb liegt, also nach dem Cauchyschen Satz:

x1 +iw x-iw x+iw x1 +iw

j et(s-s.) -:/~}; ds = f + J + j _ x,-iw x1 -iw x-iw x+iw

In dem letzten Integral hat der Integrationsweg die Länge x1 - x, ferner ist nach Voraussetzung

--- = ------ = o(l) fur w +oo I f(s) I o(w) .. s-s0 ls-s01

und (t ~ 0)

also ist

~rw ;;;;; (x1- x) et(x,-lJ!s.) o(l) +Ü für w +oo. x+iw

x-iw

Das Gleiche gilt für f , folglich ist x1 -ico

Setzen wir dies oben ein, so folgt die Behauptung. Nach Satz 2 bleibt Formel (2) bestehen, wenn man den Integrationsweg

in dem Teil 9ts > rh des Existenzbereiches von f(s) hin- und herschiebt, wo f(s) = o(l yi) ist, wofern man noch die Vorschrift beachtet, daß der Weg rechts von dem (ganz beliebigen) Punkt s0 liegen soll. Solange s0 links von 'f/1 liegt, ist diese Vorschrift von selbst erfüllt. Befindet sich aber s0 rechts von 'YJ1 , so besteht an sich die Möglichkeit, den Integrationsweg links von s0 zu legen, und es fragt sich, was dabei aus Formel (2) wird. Hier kommt nun der schon S. 223 angedeutete Gedanke zur Geltung, der ganz allgemein beim Operieren mit dem komplexen Umkehrintegral eine große Rolle spielt und der uns in der Folge noch oft begegnen \\ird: Den Weg links von s0 denken wir uns aus einem Weg rechts von s0 durch stetige Verschiebung entstanden; beim Durchgang durch den Pols= s0 des Integranden (der das Integral im allgemeinen zum Diver­gieren bringt) muß das Residuum von et(s-s.l f(s)f(s- s0) im Punkt s0 , d.h. der Wert /{s0) hinzutreten. Allerdings muß dieser Durchgang mit der nötigen Vorsicht vollzogen werden, da der Integrationsweg ins Unendliche reicht. Genau wie in Satz 2 wird aber die Bedingung f(s) = o( I y I) zur Legitimation der Verschiebung genügen.

Page 231: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ I. Darstellung des Partialintegrals durch ein komplexes Integral 235

Satz 3. E1{F} = f(s) habe eine Konvergenzhalbebene 9ts > ß, und 1J1 sei die ocAbszisse von f(s). Dann gilt für jedes komplexe s0 mit 9ts0 > 1J1 und t;;;; 0:

t s+ioo

(3) l e-••T F(-r) d-,; = /(s0) + V.P. - 1-. I e'<•-••l ~) __ ds, 2 31:~ S-50

0 s-ioo

wenn 1J1 < x < 9ts0 genommen wird. Beweis: Wählen wir x1 > 9ts0 , so ist nach Satz 2

(4)

Bilden wir aus den Vertikalen bei x und x1 und den Horizontalen in der Höhe ± c.o ein Rechteck, so enthält dieses für alle hinreichend großen c.o den Punkt s0 im Innern, also ist nach der Cauchyschen Formel

z+itn x1 -iru

Die Integrale J und J streben aus dem gleichen Grund wie in dem Beweis z1 +ico z-iw

von Satz 2 für c.o + oo gegen 0, also ist

z 1 +iw z+iw

lim _ _!_;- I = f(s) + lim - 1-. I e'<•-•·l ~)_ ds 2 n ~ 0 2 n ~ s- s0 '

w-+oo z 1 -iro w~oo z-iw

was in Verbindung mit (4) zu der Behauptung von Satz 3 führt. Aus Satz 2 und 3 ziehen wir zunächst eine wichtige Folgerung, indem wir

dort einfacht = 0 setzen. Satz 4. f(s) sei eine ErTransformierte, und 1J1 sei die o1-Abszisse von f(s).

Es sei x > rJ1 • Dann gilt folgende Cauchysche Integraldarstellung:

(5) 1 sl+ioo f(s) -1/(so)

V.P. -2-. -- ds-31:~ • So-S 0

X-JOO

für 9ts0 > x

für 9ts0 < x.

Bemerkungen: 1. Dies ist eine wesentliche Verallgemeinerung von Satz 11 [3. 6]. Der Integrationsweg braucht also nicht im Bereich gleichmäßiger Konvergenz von f(s) zu verlaufen (ein solcher braucht überhaupt nicht vor­handen zu sein), er kann sogar außerhalb der Konvergenzhalbebene liegen, wenn er nur rechts von der o1-Abszisse bleibt.

Page 232: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

236 5. Kap.: Formeln für das Partialintegral der Laplace-Transfonnation

2. Daß sich nicht jede in einer Halbebene analytische Funktion durch das Cauchysche Integral über eine Vertikale darstellen läßt, auch wenn dieses Integral konvergiert, zeigt die Gleichung (3):

x+ioo t

V.P. -~1~-,- { ets /(s) ds = ets, /(so) ~j'es,(t-•) F(-r) d-r 2 nz • s0 -s (x < 9ls0 ).

x-ioo 0

Würde für die Funktion e1•f(s) (t > 0) die Cauchysche Integraldarstellung gelten, so müßte auf der rechten Seite nur e1•• f(s0) stehen.

Nunmehr sind wir in der Lage, Satz 2 und 3 eine gemeinsame Gestalt zu geben, indem wir von Formel (2) die zweite und von Formel (3) die erste Aus­sage von Formel (5) subtrahieren. Dann ergibt sich nämlich:

x+ioo

J·e-••• F(-r) d-r= V.P. -1 ~. j ~~-~=-~ /(s) ds 2n! s-s0

U x-ioo

für x > 1J1 und, wenn wir uns x festgehalten denken, alle s0 mit 9ls0 =1= x. Und nun können wir den letzten Schritt tun, indem wir zeigen: Diese Formel gilt

x+ioo

auch für 9ls0 = x. Während nämlich in (2) und (3) das Integral / für 9ls0 = x x-ioo

im allgemeinen divergiert, weil fürs= s0 der Kern et(s-s,)j(s ~ s0) von erster Ordnung unendlich wird, hat der Kern (et(s-s,) ~ l)j(s ~ s0) für s-+ s0 einen Grenzwert, wird also nach dem Riemannschen Satz (Anhang Nr. 53) ins= s0

holomorph, wenn man ihm diesen Grenzwert als Funktionswert beilegt. Bildet man jetzt ein Rechteck aus den Vertikalen bei 9ls0 und x > 9ls0 und den Hori­zontalen in der Höhe ± w, so ist (et(s-s,) ~ 1) f(s)j(s ~ s0) im Innern und auf dem Rand analytisch, das Randintegral ist also 0. Für w -+ oo verschwinden aber die Integrale über die Horizontalen aus demselben Grund wie bei dem Beweis von Satz 2, nur mit dem Unterschied, daß jetzt

ist. Also hat das Integral über die VertikäJe bei 9ls0 denselben Wert wie das über die Vertikale bei x.

Nun können wir unsere Resultate folgendermaßen zusammenfassen: Satz 5. f(s) = .21{ F} habe eine Konvergenzhalbebene, und 171 sei die orAbszisse

t

von f(s). Dann gilt fiir die Funktion /e-••• F(-r) d-r, die bei festem t ~ 0 in der u

Variablen s0 eine ganze Funktion ist, für alle komplexen s0 die Darstellung

t x+ioo

(6) je-••• F(-r) d-r =V. P. 2 ~ i / el(:~~0- 1 f(s) ds, 0 x-ioo

Page 233: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Über das Konvergenzproblem der Laplace·Transformation 237

wobei x jede reelle Zahl > t'}l sein kann. Für ms0 < x darf Formel (6) durch (2), für mso > X durch (3) ersetzt werden.

Bemerkungen: 1. Gleichung (6) entsteht aus der Umkehrformel, indem man sie für -r statt t anschreibt, mit e-s,T multipliziert und unter dem Integral­zeichen von 0 bist integriert. Vgl. hierzu Bemerkung 1 bei Satz 1.

2. Satz 5 stellt eine weitgehende Verallgemeinerung des auf die ~rTrans­formation bezüglichen Teiles von Satz 7 [4.4] dar.

00

Bei Potenzreihen tp{z) = E a.z• entspricht der Gleichung {6) folgende Formel, v-0

die man vermittels der Cauchyschen Koeffizientendarstellung erhält: Für jedes beliebige z0 ist

erstreckt im positiven Sinn über einen beliebigen Kreis lzl = e im Innern des Konvergenzgebietes von tp{z), der auch durch z0 gehen darf. Für I z0 I * e gilt:

ftp{zo) + - 1-. j(!-'L)"+l q>(z) dz für lzol < e " 2:nz z z0 -z

}; a.z; = l •·=O -~ {(·zo )"+1 ~L dz für lzo I > I!·

2:nz. z z0 -z

§ 2. Über das Konvergenzproblem der Laplace-Transformation

Von Satz 3 [5.1] wollen wir eine Anwendung auf das KotJvergenzproblem der ~-Transformation machen, das wir folgendermaßen formulieren: ~{F} sei in einer gewissen Halbebene als konvergent bekannt. Unterwelchen Bedingungen hinsichtlich der hierdurch definierten Funktion f(s) kann man die Konvergenz von ~{F} in einer umfangreicheren Halbebene behaupten? (Von dieser Frage ist das sogenannte Darstellungsproblem zu unterscheiden, das wir im 7. Kap. behandeln. Dort wird eine beliebige analytische Funktion gegeben und gefragt, ob sie sich als ~-Transformierte darstellen lasse. Hier dagegen ist ein Funktions­element von f(s) bereits durch ~{F} in einem gewissen Gebiet gegeben.) Der Idealfall wäre natürlich der, daß man behaupten könnte, ~{F} konvergiere genau so weit, wie f(s) eine gewisse funktionentheoretische Bedingung erfülle. Ein derartiger Satz ist aber nicht bekannt und nach den Erfahrungen bei den verwandten Dirichletschen Reihen auch nicht zu erwarten. Erst eine Verall­gemeinerung der ~-Transformation, die wir im III. Teil vornehmen werden, wird die Möglichkeit bieten, ein derartig vollkommenes und befriedigendes Resultat auszusprechen. Der folgende Satz gewährleistet die Konvergenz von ~{F} in einer gewissen Halbebene, ohne damit zu behaupten, daß ~{F} nicht noch weiter konvergiere.

Page 234: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

238 5. Kap.: Fonnein für das Partialintegral der Laplace-Transfonnation

Satz 1. f(s) = E{F} sei irgendwo als konvergent bekannt. 171 sei die orAbszisse der analytischen Funktion f(s), und für ein x0 > 7J1 konvergiere

Zo+ioo J lf(a) daj 1 + Iai .

x0 -ioo

Dann ist E{F} für 9ts > x0 konvergent. Die Bedingung ist insbesondere erfüllt, wenn Xo in der Holomorphiehalbebene liegt und gleichmäßig in ms ~ Xo gilt:

f(s) =O(!YI-E) für IYI +oo miteineme>O.

Bemerkung: Daßes-im Gegensatz zu Dirichletschen Reihen- .2-Trans­formierte mit der letzten Eigenschaft gibt, wurde schon S. 179 betont.

Beweis: Nach Satz 3 (5.1] ist mit etwas veränderter Bezeichnung für jedes feste s = x + i y mit x > x0 :

T Z0 +ioo

J·e-st F(t) dt = f(s) + V.P. - 1-. J eTCa-s) jJ_l!) __ da 23U 0'-S '

0 %0 -ioo also

T x0 +ioo

J·e-st F(t) dt -f(s) ::::;;; _1_ e-T(x-x0 ) J _!..±_~ . 1/(a) dai • - 2 n ja-sj 1+ jaj

0 Xo-iOO

Da (1 + IaD/Ia-- si beschränkt bleibt, ist das letzte Integral konvergent und gleich einer (von s abhängenden) Konstanten, so daß sich ergibt:

T

je- 51 F(t)dt=f(s)+O(e-Cx-x.lT) für T+oo, u

woraus die Behauptung, sogar in verschärfter Gestalt, folgt. Liegt x0 in der Holomorphiehalbebene und ist gleichmäßig in 9ts ~ x0 :

f(s) = 0(\ y 1-E), so ist erst recht f(s) = o(l y D; ferner ist

gewiß konvergent. Aus Satz 1 folgt z.B., daß das .2-Integral für tp(s) = [IJI(s) - !p(O)]fs, wo

00

!p(s) =I; (-1)7 -ljr = (1- 21-s) C(s), das S. 180 auf seine Ordnung unter-P=O

sucht wurde und das trivialerweise für 9ts > 0 konvergiert, mindestens für 9ts > -1/2 konvergent ist. (In Wahrheit konvergiert es für 9ts > -1, siehe s. 58.)

Page 235: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Fonnein für die Partialsummen von Dirichletschen Reihen 239

§ 3. Anwendung: Formeln für die Partialsummen von Dirfehletsehen

Reihen mit einem Beitrag zum Konvergenzproblem dieser Reihen 00

Konvergiert die Dirichletsche Reihe }; a, e-.<,s = cp(s) für 9ts > a ~ 0, so v~o

ist nach Satz 1 [2.6] in der dortigen Bezeichnungsweise:

(1) 1Pi1 =E{A(t}} für 9ts>a~O.

In der Absicht, auf A (t) und cp(s) die Sätze von § 1 anzuwenden, rechnen wir zunächst die linke Seite der dortigen Formel (6) aus. Es ist

t ... .:!, t J e-•·TA(r) dr= J a0 e-s.T dr + J (a0 + a1} e-s.T dr + · · · + /(a0 + ···+an) e-•·T dr

u ~ ~ ~

= sl { ao (e-.1.•••- e-t••) + al (e--'••• - e-t••) + ... + an (e-.<ns. - e-t••)} 0

(2)

(das ist im wesentlichen dieselbe Rechnung wie S. 55). Dagegen ist für s0 = 0:

t t

/e-••TA(r)dr= J A(r) dr=a0 (Äc.Ä.0}+ (a0+a1) (.Ä.2 -.Ä.1}+ ···+(a0+ ···+an) (t-Än} u Cl

(3}

[Das ist der Grenzwert von (2) für s0 -+ 0.] Nach Satz 5 [5.1] ist also

(4) x+ioo r~-[ t a. e-"···- e-ts. t a.]

1 ;· _e_t(_•-_•_.l_-_1_ tp(s) ds = 0 v~u v~u V.P. -z-· ~ l

nz..,_.ioo s-s0 s ~ ( , } ~ a. t- Jl.v

v~U

für s0 =F 0

für s0 = 0,

wobei x größer als die orAbszisse '1]1 von cp(s)js zu sein hat. Diese ist im allge­meinen ~ 0, da cp(s)js über s = 0 hinaus nicht analytisch sein kann, außer im Falle cp(O) = 0. Für x =F 9ts0 kann man die linke Seite von (4) durch den den Formeln 5.1 (2) bzw. (3) entsprechenden Ausdruck ersetzen.

Page 236: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

240 5. Kap.: Formeln für das Partialintegral der. Laplace-Transformation

Konvergiert die Dirichletsche Reihe für 9ts > a mit a < 0, so ist [wegen der eben erwähnten Singularität von !p(s)Js] die Formel (1) durch folgende zu ersetzen, die nur im Falle 1p(O) = 0 mit (1) übereinstimmt:

(5) q>(s) ~ q>( O) = ~{ A (t) - 1p(O}} für 9ts > a

t

Zu dem obigen Wert von je-••T A('r) d-r tritt hier noch 0

(6) t ~- ~l_ (1 - e-••1) -r !p(O) e-SoT d-r = So

o - 1p(O} t

für s0 =1= 0

für s0 = 0

hinzu. Also liefert Satz 5 [5.1] in diesem Fall:

x+ioo V.P. _1 __ ;· et(s-sol-1 _tpjs)_:-q>(O) ds

2:10 S-S0 S x-iOo

(a < 0).

(7)

I~ [ j; a, e-i .• s.- e- 1•• j; a,.- 1p(O} (1- e-1••)] für s0 =1= 0 0 •-0 •-0 ..

}; a. (t - Ä.) - 1p(O) t für s0 = 0, •-0

wobei x größer als die ocAbszisse von [1p(s)- !p(O)]Js zu wählen ist und noch 00

1p(O) =}; a. gesetzt werden kann. •-0

Für x > 0 muß (7) mit (4) gleichbedeutend sein. In der Tat: Wendet man Satz 5 [5.1] auf F = 1, f = 1/s ('1}1 = 0} an, so ergibt sich für t ~ 0 und jedes komplexe s0 (die Hinzufügung von V. P. ist hier überflüssig):

{8) _1 .- x{-riooet(•-•·> -1 -~ ds = ~{; (1 - e-•·t) für so =I= 0 (x > 0}' 2 :n; t • S-S0 S ..

x-ioo t fur s0 = 0

so daß sich für x > 0 die in (7) gegenüber (4) auf der linken und rechten Seite hinzugetretenen Glieder aufheben.

Wählt man x =1= 9ts0 , so darf die linke Seite durch den den Formeln 5.1 (2) bzw. (3) entsprechenden Ausdruck ersetzt werden, wobei im Falle s0 = 0 zu beachten ist, daß die Funktion [1p(s) - !p(O)]Js im Punkte s = 0 durch ihren Grenzwert, d.h. durch 1p'(O) definiert werden muß. - Da die Dirichletsche Reihe für 9ts > a mit a < 0 konvergieren sollte, so konvergiert auch 1p'(s)

00 00

= -}; a,.Äpe-A•s fürs= 0, und es ist 1p'(O) = -}; a.Ä •• Damit wird erklärlich, •-0 •=0 ..

warum für s0 = 0 in (4) und (7) der Ausdruck -1: a,.Ä,. auftritt. •-0

Page 237: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Fonnein für die Partialsummen von Dirichletschen Reihen 241

Bei der Ableitung von (7) wurde vorausgesetzt, daß die Reihe für qJ(s) auch für negatives konvergiert und demgemäß die o1-Abszisse 'YJ1 von [qJ(s)-qJ{O)]/s negativ ist. Wir behaupten nun, daß (7) auch gilt, wenn die Dirichletsche Reihe nur irgendwo, nicht notwendig über s = 0 hinaus, als konvergent bekannt ist, wenn aber die Holomorphiehalbebene von qJ{s) übers= 0 hinausreicht und '71 < 0

00 00

ist. Natürlich darf dann aber nicht qJ(O) durch}; a., und qJ'(O) durch -}; a.,Ä.., ersetzt werden. •~o •-O

Integriert man

über ein Rechteck aus den Vertikalen bei x > 0 und bei x1 mit 'YJ1 < x1 < 0 und den Horizontalen in der Höhe ± w im positiven Sinne, so erhält man nach der Cauchyschen Formel den Wert der in dem Rechteck analytischen Funktion

el(s-so) -1 . et•-1 . ---- qJ(s) bei s0 =!= 0, bzw. -- qJ(s) bei s0 = 0

S-S0 S

an der Stelle s = 0, d.h. (1/s0) (1- e- 1••) qJ(O) bzw. t qJ(O). Beim Grenzübergang w-+ oo verschwinden wegen qJ(s)js = o(ro) die Integrale über die Horizontalen, und es bleibt:

x+ ioo x1 +ioo

V.P. _1 __ I -V.P. _1__ ;· et(s-sol-1 9'(s) ds 2 n t 2 n t s- s0 s

x- ioo %1 -t'oo

(9) l_..!_ (1- e- 15•) qJ(O) für s0 =!= 0 = So

t qJ(O) für s0 = 0. x+ioo

Setzt man hier den aus (4) folgenden Wert für V.P. 1/(2~i) J ein, so erhält x-ioo

man im wesentlichen (7) mit x1 an Stelle von x, nur fehlt in dem Integral noch der Term - qJ(O). Nehmen wir in (9) speziell qJ(s) = 1 (d.h. a0 = 1, Ä.0 = 0, a., = 0 für 11 ~ 1), so steht da (V. P. ist hier überflüssig):

x+ioo x,+ioo 11 (1 e-ls,) für So =I= 0 1 I 1 I el(s-s,)_1 1 d - So- -

2ni - 2ni -s=.s;;-s- S-l x-ioo x,-ioo t für s0 = 0.

x1 +ioo

Subtrahiert man hiervon die Gleichung (8), so bleibt J = 0, so daß wir als Nebenresultat anmerken können: x,-ioo

(10) x+ioo

1 I et(·-··l -1 2 ni s-s0

x-ioo

1 ~ s~ (1 - e- 1••) für s0 =I= 0, t für s0 = 0 bei x > 0 - ds= s

0 beix<O.

Doetsch I /16

Page 238: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

242 5. Kap.: Formeln für das Partialintegral der Laplace-Transformat10n

Hiernach kann der noch fehlende Term -tp(O) ohne weiteres hinzugefügt werden, weil der durch ihn gelieferte Beitrag gleich 0 ist. Er ist also bei x < 0 überflüssig, bewirkt aber, daß Formel (7) auch für x ~ 0 richtig ist.

Ehe wir unsere Resultate zusammenfassen, bemerken wir noch, daß die o1-Abszisse von tp(s)fs bzw. [tp(s) -tp(O)]fs auch so definiert werden kann:

Es sein* die untere Grenze der Xo, die die Eigenschaft haben, daß die durch eine Dirichletsche Reihe definierte Funktion tp(s) für 9ts > x0 analytisch und daß gleichmäßig für 9ts ~ x0 + ~ (~ > 0)

tp(s) = o(y2)

ist. n* heiße die o2-Abszisse von tp(s). 00

Satz 1. Die Dirichletsche Reihe I; a. e-i.•• = tp(s) sei irgendwo als konvergent •-0

bekannt, und n* sei die Os-Abszisse von tp(s). In der Folge sei Än ~ t < Än+l' Ist n* ~ 0, so gilt für jedes komplexe So und X > n*:

Wählt man x =1= 9ts0 , so kann man die linke Seite in der Gestalt

(12) V. P. _ _!~ f et(s-s,) _p_(~ ds + -s;;-- ur X o x+ioo l!p(So) f" < 9ts

2 :n, ~ S-S0 S .. x-ioo 0 fur X> 9ts0

schreiben. Istn* < 0, so gelten mit x > 0 dieselben Formeln, während für alle x > 'YJ* gilt:

x+ioo

V.P.-1-. r et(s-s,)_1 fP(S)-!p{O) ds 2 :n, ~ , S-S0 S

x-ioo

f+ [ j; a. e-A.s, + e-ts, (tp(O) - j; a.) - tp(O)] für s0 =I= 0 o •=0 •=U

=l -.~a.Ä.-t(tp(O)-~a.) für s0 =0.

(13)

Für x < 0 kann der Term -tp(O) auf der linken Seite gestrichen werden. Wählt man x =1= 9ts0 , so kann man die linke Seite von (13) in der Gestalt schreiben:

x+ioo

(14)

V.P. _1 __ f et(s-s,~ _p(~_-tp_(O)_ ds 2 :n, ~ S-S0 S

x-ioo lfP(So)-!p(O) f" 0 '(0) f" 0 b · x<"'s0 --- --- -- ur s0 =1= , tp ur s0 = e~ ;J\ + So

0 bei x > 9ts0 •

Für tp(O) = 0 fällt (13) mit (11) und (14) mit (12) zusammen.

Page 239: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Formeln für die Partialsummen von Dirichletschen Reihen 243

Aus diesem Satz können wir analog zu Satz 1 [5. 2] ein Resultat über das Konvergenzproblem der Dirichletschen Reihen ableiten.

00

Satz 2. J: a., e-i!,s = 1p(s) sei irgendwo als konvergent bekannt. Für ein ge-•-O

wisses x0 in der Holomorphiehalbebene von 1p(s) sei gleichmäßig in 9ts;;;; x0 :

1p(s) = O(jyl1 -e) für IYI +oo mit einem e > 0.

Dann gilt für die Punkte der Halbebene 9ts > x0 mit 9ts > 0:

lim { j; a. e-J..s- e-i!ns j; a.} = !p(s). n~oo 1'=0 "_0

(15)

Die Reihe konvergiert also für ein s dieser Art dann und nur dann gegen 1p(s), wenn

.. (16) Iim e-}. ... E a. = o

n-+oo v=lJ

ist. - Dagegen gilt im Falle x0 < 0 für die Punkte des Streifens x0 < 9ts ~ 0:

lim { j; a. e-.:t.s + e-i!ns (!p(O) -i; a,.)} = 1p(s). n~oo v=O v=O

(17)

Die Reihe konvergiert daher für eins dieser Art dann und nur dann gegen IP(s), 00

wenn J: a. = IJl(O) konvergiert und v~o

00

(18) lim e-Ans }; a. = 0 n~oo v=n+ 1

ist*). Beweis: Wegen x0 ;;;; f}* ist Satz 1 für alle x > x0 anwendbar. Wir betrach­

ten zunächst in der Halbebene 9ts > x0 die s mit 9ts > 0 und wenden auf sie (an Stelle des dortigen s0) die Gleichung (11) mit (12) als linker Seite, und zwar für den Fall x < 9ts an. Wenn wir dabei x > 0 nehmen, so gilt diese Formel, wie in Satz 1 bemerkt, immer, gleichgültig ob x0 ;;;; 0 oder < 0 ist. Setzen wir speziell t = A..,, so erhalten wir:

.f+ioo ~ }. · ~ 1 I ei.n(a-·s) m(a)

(19) .~a,e-·••-e-l.n•::r;a.=!p(s)+V.P. Z:rd . a-s -ra da .z-soo

für 9ts > x > Max (x0 , 0). Da

z+ioo x+ioo

I eln(a-s) (ji(a) da :=:;; e-Än(lRs-x) I I (ji(U) dai a-s a - (a-s)a

x-ioo .z-ioo

ist, wobei das Integral rechter Hand wegen 1p(a) = O(l y j1 -e) für I y I+ oo kon­vergiert, so strebt die rechte Seite von (19) bei festem s für n + oo, d. h. A.., +oo

*) Wenn (16) oder (18} für eins= s0 erfüllt ist, so erst recht für jedes s mit 9ts;;;; 9ls0 •

Page 240: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

244 5. Kap.: Formeln für das Partialintegral der Laplace-Transfonnation

gegen !p(s), also auch die linke, womit (15) bewiesen ist. - Die Bedingung (16) ist uns bereits von 2.6 (2) her als Folge der Konvergenz der Reihe fürs-Werte mit 9ts > 0 und damit als notwendige Bedingung für Konvergenz bekannt. Sie erweist sich unter den vorliegenden Verhältnissen auch als hinreichend.

Ist x0 < 0, so daß s-Werte mit 9ts ::;;: 0 in Frage kommen, so wenden wir auf die s in dem Streifen x0 < 9ts ~ 0 (an Stelle des dortigen s0) die Gleichung (13) mit (14) als linker Seite an, und zwar für den Fall x < 9ts. Mit t = Ä,.. er­halten wir:

(20)

für x0 < x < 9ts ~ 0. [Diese Gleichung gilt im Gegensatz zu (14) auch für s = 0, da mit s multipliziert wurde; sie ist allerdings nichtssagend: 9'(0) = 9'(0).] Da auch 9'(a) - 9'(0) = 0 (I y 11 -•) ist, wenigstens für 0 < e < 1, was wir an­nehmen dürfen, so schließt man wie oben, daß die rechte Seite von (20) bei festem s für n + oo, d. h. Ä,.. + oo gegen 9'(s) konvergiert, womit (17) bewiesen

" ist. - Damit J: av e-J..s gegen !p(s) konvergiert, ist die Bedingung •-0

lim e-Ans (!p(O) - j; a.) = 0 n~oo v=O

notwendig und hinreichend. Da 9ts ~ 0, also I e-Ans I + oo für 9ts < 0 und n n

le-Ansi = 1 für 9ts = 0 ist, muß dazu zunächst !p(O) - J:av+ 0, also J:a.+!p(O) 00 •-0 •-0

für n + oo sein, d.h. E a. muß gegen 9'(0) konvergieren. Dann existiert aber oo v-0 ,.

E a. und ist gleich 9'(0)- E a •. Damit hat man die Bedingung (18). Daß sie •-n+l •-0 notwendig ist, war schon von 2. 6 (5) her bekannt.

Bemerkung: Nach Satz 14 [3.6] gilt in jeder echten Teilhalbebene der Kon­vergenzhalbebene notwendigerweise !p(S) = o(i y D gleichmäßig in ms. Satz 2 besagt, daß diese Bedingung in dernurwenig verschärften Form !p(s) = O(l y 11 -•)

auch hinreicht, um im Verein mit der für Konvergenz als notwendig bekannten Bedingung (16) bzw. (18) die Konvergenz zu erschließen. Satz 2 reicht also nahe an das Äußerste heran, was als Konvergenzbedingung zu erwarten ist.

Page 241: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

245

6. KAPITEL

DIE PARSEVALSCHE GLEICHUNG

§ 1. Die Parsevalsehe Gleichung für die Fourier-Transformation 00

Für eine Potenzreihe tp(z) = .E a11 z" mit dem Konvergenzradius r gilt für n-0

0 ~ e < r die durch gliedweise Integration von tp · ip leicht zu verifizierende Gleichung:

oo +n

.. ~!anl2e2"= }n ji~P(ee'{J)I2d{}, -n

die als Parsevalsehe Gleichung bezeichnet wird. Wir werden eine analoge Glei­chung für die Fourier- und Laplace-Transformation ableiten, die auf mannig­fache Weise mit der im 4. Kapitel behandelten Umkehrformel zusammenhängt.

Zur Ableitung der Parsevalsehen Gleichung für die Fourier-Transformation g(y) = !j{ G(x)} brauchen wir zunächst noch einen Satz über die Konvergenz

+~ +ro +oo

von j I g(y) I dy. Wenn j I G(x) I dx existiert, so braucht j I g(y) I dy nicht zu -00 -00

konvergieren, wie das Beispiel

11 für lxl~n G(x) = lo für lxl>n

-00

( ) _ 2 sinn y gy- ·--­

y

zeigt. Der folgende Satz gibt hinreichende Bedingungen für die Existenz von +oo

j lg(y) I dy an. -oo

Satz 1. Es sei + oo

1. I H(x) I ~ C für alle x und j I H(x) I dx konvergent, 2. ~{H} = h(y) ~ 0. -oo

+oo +OO

Dann konvergiert j I h(y) I dy = j h(y) dy und ist ~ 2 n C. -oo -00

Page 242: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

246 6. Kap.: Die Parsevalsehe Gleichung

Beweis116 : Wir gehen von dem Fejerschen Integral (S. 208} für' H(x) mit den Grenzen ±ooaus und durchlaufen die Schritte des Beweises von Satz 1 [4.3] rückwärts:

+OO +oo 2Y

<P(x,Y)=___! __ (H(~)(-sin_Y(x-;)) 2d~=-1 - r H(~)-d~ (sinrJ(x-~)drJ nY x-; ZnY x-;

_;,., -00 0

(a) 2Y +oo

= ~1-/ d J sin17(x-;) H(~) d~*). ZnY rJ x-;

0 -00

Weiter folgt wie S. 200 mit H(~) an Stelle von G(~):

+oo +'1

_!__ J sin1J(x:_~ H(~) d~ = _1_/eixv h(y) dy. n x-; 2 n

-00 -'1

So erhält man: 2Y +71

<P(x, Y) = 4 ~ y J drJ J eixv h(y) dy, 0 -'1

oder unter Vertauschung der Integrationsfolge**) (das Integrationsgebiet ist

O~IYI~rJ~2Y): +2Y 2Y +2Y

(b} <P(x,Y) = 4 ~Y J ei"'vh(y)dy J drJ = 4 ~Y J ei"''V h(y) (2Y -lyi)dy. -2Y IYI -2}

Wir betrachten nun speziell <P(O, Y). Nach der ursprünglichen Definition (a) ist bei Beachtung der Voraussetzung 1:

+oo +oo

I <P(O Y) I = _1_ J H(~) ( sin Yl_)2 d~ ~ _S __ J ( sin Y_f)2 d~ ' nY ; - nY ~

-00 -00

(vgl. S. 166), also folgt bei Benutzung von (b} für <P(O, Y):

+2Y I

_lh(y)(1-1~-)dy~~2nC.

+oo sin1J(x-;) +oo *) J • H(;)d;konvergiert gleichmäßig in 0 ~ 1J ~ Y, da J JH(;)l d; vorhanden

-oo x-t; -oo

und I sin; ~; ~) I ~ 1J ist, so daß die Integration nach 1J unter dem Integralzeichen ausgeführt

werden kann. **) Begründung wie S. 208, Fußnote **).

Page 243: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ l. Die Parsevalsehe Gleichung für die Fourier-Transfonnation 247

Nach Voraussetzung 2. kann man statt dessen schreiben:

+2Y I h(y) ( 1 - ;r J) dy ~ 2 n C. -2Y

Mit 0 < ~~ < 2 Y gilt erst recht:

y,

lh(y) ( 1 - ~Y J ) dy ~ 2 n C. -y,

Läßt man bei festen y1 , y2 die Zahl Y gegen oowandem, so strebt 1- (I y l/2 Y) gleichmäßig gegen 1, und es folgt:

y,

lh(y) dy ~ 2 n C, -y,

wo jetzt y1 , y2 jedes beliebige Zahlenpaar > 0 bedeuten kann. Dann muß aber auch

Ya +oo

lim 1 h(y) dy = 1 h(y) dy Y11 Ys--+ oo _ Yt _ 00

Yt

existieren und ~ 2 :n: C sein, weil j h(y) dy für wachsende y1 , y2 zunimmt und beschränkt ist. -y,

Nunmehr können wir zur Ableitung der Parsevalsehen Gleichung übergehen. Satz 2117 • Wenn

+oo

1. j I G(x) I dx konvergiert, so daß g(y) = !Y{ G} für alle y existiert, -00

+oo

2. j I G(x) 12 dx konvergiert*), -00

so ist für alle reellen x:

+oo +oo

(1) I G(~)G(~-x)d~= /;I ei"'llg(y)g(y)dy. -00 -00

Speziellfür x = 0 ergibt sich die Parsevalsehe Gleichung

+oo +oo

(2) / G(~) G(~) d~ = 21n / g(y) g(y) dy

-00 -00

oder +oo +oo

(3) I I G(~) 12 d~ = /n / lg(y) 12 dy. -00 -00

~~~~~-· ~~--~---- ------

*) Dies ist unter Voraussetzung l. z. B. dann der Fall, wenn G(x) beschränkt: I G(x) 1 ~ C ist,

denn jiG(x)l2 dx ~ C ]IG(x)! dx.

Page 244: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

248 6. Kap.: Die Parsevalsehe Gleichung

Beweis: Wir bilden das Faltungsintegral mit den Grenzen ± oo:

+oo

H(x) = G(x) * G(-x) = / G(~) G(~- x) d~. -00

Es ist +oo +oo +OO

!Y{G(-x)} = / e-iv"' G(-x) dx = / eiv"'G(-x) dx= / e-iu"'G(x) dx = g(y). -00 -00 -00

Nach dem Faltungssatz für die zweiseitige l!-Transformation (Satz 3 [2.15]), der bei Beschränkung der dortigen Variabelnsauf die Werte i y in einen Fal­tungssatz für die !Y-Transformation übergeht, ist !Y{H} für alle y vorhanden

+OO

und absolut konvergent, also J IH(x)l dx konvergent und -00

h(y) = !Y{H} = !Y{ G} · !Y{G(- x)} = g(y) g(y) = I g(y) 12 ~ 0.

Wir behaupten weiterhin, daß H beschränkt ist. Denn da nach Voraussetzung 2. +oo

J I G(x) 12 dx = K existiert, so ist nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung -00

(Anhang Nr. 9): +oo +oo

IH(x) 12 ;;;;; /I G(~) 12 d~ · / 1--=G:-:-:-(~---x--:-).1 2 d~ = K2. -00 -00

Damit sind für H(x) die Bedingungen von Satz 1 erfüllt, und es folgt, daß

+oo +OO

/ \ h(y) I rly und erst recht -/n- / ei"'Y h(y) dy -00 -00

für alle x konvergiert. Da H(x) nach Satz 3 [2.14] für alle x stetig ist und somit allen Bedingungen von Satz 1 [4. 3] genügt, ergibt sich:

+OO

H(x) = 21n / ei"'Y g(y) g(y) dy für alle x.

-00

Das ist unsere Behauptung. Den Raum der Funktionen G(x), die die Voraussetzungen von Satz 2 er­

füllen, kann man offenbar metrisieren durch die Definition (siehe 1. 3) :

+oo

d2(G1 , G2) = / I G1(x) - G2(x) 12 dx, -00

ebenso den Raum der entsprechenden !Y-Transformierten g(y) durch

+oo

d2(gl, g2) =I lgl(Y)- g2(y) 12 dy. -00

Page 245: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Die Parsevalsehe Gleichung für die Fourier-Transformation 249

Die Gleichung (3) läßt sich dann in der Form schreiben:

Die Transformation (1/V2 n) ~{ G} ist also isometrisch, d.h. sie läßt die Norm (die Länge des Vektors G im Funktionenraum) invariant. Infolgedessen ist sie auch stetig und konvergenzerhaltend im Sinne der Metrik, was in der Sprache der gewöhnlichen Analysis bedeutet, daß einer mittelkonvergenten Folge Gn eine mittelkonvergente Folge gn entspricht. VgL hierzu die andere Metrisierung

+oo

S. 199 des Raumes der G mit konvergentem j I G(x) I dx und des entsprechen-den g-Raumes. -oo

Wir verallgemeinem nun Satz 2 folgendermaßen: Satz3. Wenn

+oo +oo

L j I G1(x) I dx und j I G2(x) I dx konvergieren, so daß g1(y) = ~{ G1} und -oo -oo

g2(Y) = ~{ G2} für alle y existieren, +oo +oo

2. j I G1(x) 12 dx und j I G2(x) 12 dx konvergieren, -00 -00

so ist für alle reellen x

+oo +oo

(4) j G1 (~) G~(f~- x) d~ = -}:n j ei"' 11 g1(y) g2(y) dy. -00 -oo

Speziellfür x = 0 ergibt sich die verallgemeinerte Parsevalsehe Formel

+oo +oo

(5) j G1(~) G2(~) d~ = -r/n j gl(Y) g2(Y) dy. -oo -oo

Eine andere Form für (4) und (5) ist:

+oo +oo

(6) j G1(~) G2 (x- ~) d~ = -2\ j ei"' 11 g1(y) g2(y) dy, -oo -oo

+oo +OO

(7) j Gl(~) G2(~) d~ = -/n j gl(Y) g2(- y) dy. -oo -oo

Bemerkung: Bei Betrachtung der Formel (5) darf man sich nicht verleiten lassen, g2(y) für die ~-Transformierte von G2(x) zu halten. Es ist vielmehr ~{G;} = g(- y}, wie auch aus (7) ersichtlich ist.

Beweis: Für (Ä = const),

Page 246: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

250 6. Kap.: Die Parsevalsehe Gleichung

sind die Voraussetzungen von Satz 2 erfüllt (vgl. Anhang Nr.ll}, also ist nach Formel (1): +oo

j [Ä G1(e) ± G2(e)] [i G1 (e- x) ± G2(e- x)] ae -00

+oo

= /n j ei"'" [Ä gl(Y) ± g2(Y)] [1 gl(y) ± gs(Y)] dy · -oo

Durch Subtraktion der beiden hierin enthaltenen Formeln ergibt sich:

+oo

j [Ä G1(e) G2(f- x) + i G2(~) Gt(e- x)] ae -00

+oo

= /n j ei"'" [Ä gl(y) gs(Y) + i gs(Y) gl(y)] dy · -00

Für Ä = 1 erhält man

+OO I [Gl(e) Gs(e- x) + G2(e) Gl(e- x)] ae -00

+oo

= 2~ j et"'" [gl(Y) gs(Y) + g2(y) gl(Y)] dy, -oo

für Ä = i: +oo

j [Gl(e) G2 (e- x) - G2(e) G1 (~- x)] ae -oo

+oo

= 21n I ei"'" [gl(y) g2(y)- gs(Y) gl(y)] dy, -00

und durch Addition beider Formeln die Gleichung (4). Setzt man G2(- x) = f;(x), so ist

+oo +OO 1 .• 1 ,.

y2(y) = - j e-tu f;(x) dx = - j e"'"' G2(- x) dx 2n 2n

-00 -00

und Formel (4) geht über in

+oo +oo I Gl(e) rs (x- e) ae = 21n J ei:O!I gl(Y) Ys(Y) dy' -oo -oo

was mit Formel (6) bis auf die Bezeichnung übereinstimmt.

Page 247: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die Parsevalsehe Formel für die Laplace-Transformation 251

(7) geht aus (6) für x = 0 hervor, wenn man noch G2(x) durch G2(-x), also g2(y) durch g2(-y) ersetzt.

Bemerkung: Man kann die allgemeine Formel (4) auch aus der speziellen (5) ableiten, indem man G2{~) durch G2 (~ - x) (x ein fester Parameter) ersetzt. An Stelle von g2{y) hat dann

+oo +oo

(1{ G2 (~- x)} = /"'-I e-iy~ G2(~- x) d~ = 2~ e-iyx I e-iyu G2(u) du -00 -00

an Stelle von g2(y) also eizll g2(yj zu treten. Formel (6) läßt sich in folgender Weise deuten: Satz 4. Erfüllen G1(x) 1md G2(x) die Voraussetzungen von Satz 3, so

+oo

daß die Faltung G(x) = J G1{~) G2 (x- ~) d~ sowie deren (1-Transformierte -oo

g(y) = g1(y) g2(y) existiert, so gilt für das Funktionenpaar G(x), g(y) die Umkehr-formel der (1-Transformation.

Läßt sich also eine Funktion als Faltung von Funktionen der in Satz 3 genannten Art darstellen, so gilt für sie die UmkehrformeL

§ 2. Die Parsevalsehe Formel für die Laplace-Transformation und der quadratische Mittelwert von/(s) auf Vertikalen118

Satz 1. Wenn 1. .en{F1} für s1 = x1 + i y1 und .en{F2} für s2 = x2 + i y2

absolut konvergiert, +oo +oo

2. Iie-••'F1(t)i 2 dt= Ie-2x•'iF1(t)i 2 dt -00 -00

und +oo +oo

/I e-s,t F2(t) 12 dt =I e-2x,t IF2{t) 12 dt -00 -oo

konvergieren, so ist

+oo +oo

(1) I e-(s,+5;)t F1(t) F2{t) dt = 21"' j f1{s1 + i y) /;.(s2 + i y} dy

-00 -00

(verallgemeinerte Parsevalsehe Formel).

Page 248: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

252 6. Kap.: Die Parsevalsehe Gleichung

Speziell: Wenn 1. Eu{F} für 9ls = x absolut konvergiert, +oo

2. I e- 2 -" 1 IF(t) 12 dt konvergiert, -00

so ist +oo +oo

(2) / e-2a:t IF(t) 12 dt = -;}n I lf(x + i y) 12 dy -00 -00

(Parsevalsche Formel). Ein analoger Satz gilt für die E1-Transformation, wobei die Integrale über

F1 , F2 und F nur von 0 bis = zu erstrecken sind. Beweis: (1) ergibt sich unmittelbar aus Formel (5) von Satz 3 [6.1] mit

also

Im Falle der E1-Transformation sind G1 und G2 für t < 0 gleich 0 zu setzen. -(2) folgt aus (1) für F1 = F2 = F, s1 = s2 = x.

Der quadratische Mittelwert von f(s) = E1{F} auf Vertikalen 00

Wir sprechen jetzt nur von der Er-Transformation. Wenn ( e- 2 -"• 1 IF(t) 12 dt 00 u

konvergiert, so konvergiert ( e-xt F(t) dt für x > x0 auf Grund der Cauchy­u

Schwarzsehen Ungleichung absolut:

00 00

~ /e- 2 (:r-x,)t dt {e- 2 -'• 1 IF(t)l 2 dt. 0 lj

Definieren wir die Quadratabszisse " 2 als die untere Grenze derjenigen x, 00

für die I e- 2 " 1 IF(t) 12 dt konvergiert*), so ist also für x > "2 nicht bloß 00 0 00

J e- 2 -' 1 IF(t) \2dt, sondern auch I e-xt \F(t) \ dt konvergent, folglich nach Satz 1 u 0

00 +oo

(3) I e-2xt \F(t) \2 dt = für x > "2 •

u -oo

*) x 2 ist die Schnittzahl zwischen den x, die Konvergenz bzw. Divergenz bedingen. Sie kann

gleich + oo und - oo sein.

Page 249: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die Parsevalsehe Formel für die Laplace-Transformation

Der quadratische Mittelwert von f(s) auf der Vertikalen 9ls = x

+CO

m(x) = _! __ /.lf(x + i y) 12 dy 2 n .

-oo

253

existiert somit für x > x2 und läßt sich darstellen als ~-Transformierte der positiven Funktion IF(t) 12 für reelle s = 2 x, womit ihm alle Eigenschaften einer derartigen Transformierten zukommen (siehe Satz 5 [3.8]). Wir erhalten also:

Satz 2. Ist x2 < oo, so existiert der Mittelwert m(x) für x > x2 und ist eine logarithmisch-konvexe, beliebig oft dilferenzierbare und abnehmende vollmonotone Funktion von x.

Aus dem Obigen folgt, daß x2 ~ ot (Abszisse absoluter Konvergenz), also auch x2 ~ 'YJ (Beschränktheitsabszisse) ist.

Die Abszisse x2 war an Hand von F(t) definiert, nämlich als die untere Grenze derjenigen x, für die die linke Seite von (3) existiert. Damit ist nicht gesagt, daß die rechte Seite hier ebenfalls aufhören muß zu existieren. Für

00

F(t) = t"', f(s) =F(ot + l)js"'+ 1, ot > -1/2, konvergiert / e-2xt IF(t) l2 dt für x >O, +oo 0

während j lf(x + i y) 12 dy sowohl für x > 0 als auch für x < 0 konvergiert, -00

für x = 0 dagegen nicht. -Für F(t) = tp(l, t) = [1/(2V;tt3i2)J e-1/(41>, f(s) = e-Jis 00

konvergiert j e-2xt IF(t) 12 dt für x ~ 0. Wenn unter Vs der Hauptzweig ver­o

standen wird, so ist für I arc s I < n:

wo beide Wurzeln positiv zu nehmen sind. Wählt man für Vs immer den Hauptzweig, was bei x < 0 darauf hinausläuft, daß man beim Integrieren von y = - oo bis y = + oo in der von x = 0 bis x = - oo aufgeschnittenen s-Ebene an der Stelle y = 0 den Wert von f(s) nicht stetig in den anderen Zweig hinein­laufen läßt, sondern den Schnitt überspringt, damit man wieder in das Blatt des Hauptzweiges kommt, so konvergiert

....... 00 ..o..co

/ lf(x + i y) 12 dy = / e-V2T~~V;'-c)·') dy -CO

für alle x. Verfolgt man jedoch für x < 0 den Wert f(x + i y), von einer festen Bestimmung ausgehend, von y = - oo bis + oo stetig weiter, so diver­giert das Integral.

Page 250: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

254 6. Kap.: Die Parsevalsehe Gleichung

Es erhebt sich weiterhin die Frage, ob man die Betrachtung umkehren und unter der Voraussetzung der Existenz von m(x), zum mindesten in einer Halb­ebene, wo f(s) analytisch ist, die Gültigkeit von (3) daselbst aussagen kann. Wie wir in 12.2 sehen werden, ist das im Falle der Beschränktheit von m(x) möglich.

Ober die Eigenschaft der E-Transformation, in einem Teilbereich des L-Raumes Norm und Orthogonalität zu erhalten

Wir knüpfen an Satz 1 noch einige vorläufige Betrachtungen, die wir später wesentlich vervollkommnen werden. Wir setzen dabei der Übersichtlichkeit halber s1 = s2 = x = 0.

Der Teilbereich des L-Raums, in dem

+oo

f IF(t) 12 dt -00

existiert, läßt sich durch die Abstandsdefinition (siehe S. 26)

+oo

d2(Fl,F2) = J IFl(t)- F2(t) 12 dt -00

metrisieren. Denjenigen F(t), für die auch noch

+oo

-00

existiert, entspricht eine für 9ts = 0 (bei der Ex-Transformation für 9ts ~ 0) existierende l-Funktion f(s), für die nach Gleichung (2) gilt:

-00 -oo

Der Bereich dieser f(s) läßt sich also durch die Abstandsdefinition

+oo

d2(/1, /2) = 21;; / lf1(i y)- /2(i y) 12 dy

-00

metrisieren; es gilt:

und speziell für die Normen (siehe S. 24):

IIFII =II/II,

d.h. die Transformation (1/JI2 n) E1 ist isometrisch (sie erhält die Norm).

Page 251: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Die Umkehrformel zum Faltungssatz 255

Ist ferner F1(t) zu F2(t) im Intervall 0 ~ t < oo orthogonal, d.h.

+OO

j F1(t) F2(t) dt = 0, -oo

so ist nach Gleichung (1) auch

+oo J f1(i y) 1;rr;,) dy = o, -oo

d.h.f1 und f2 sind auf der imaginären Achse orthogonal. Ein Orthogonalsystem wird also wieder in ein Orthogon2lsystem transformiert.

Diesen Feststellungen haftet insofern etwas Unbefriedigendes an, als wir +oo

neben der Existenz von j IF(t)·i 2 dt, die allein schon für die Metrisierung und -00

+oo

für die Konvergenz von j F1(t) F2(t) dt hinreichend ist, immer noch die Existenz +oo -oo

von/ IF(t) I dt voraussetzen müssen, in der Hauptsache zu dem Zweck, damit -00

f(s) für ms = 0 (bzw. ms ~ 0) existiert. Überdies fehlt es im gegenwärtigen Stadium noch an einer selbständigen Charakterisierung des entsprechenden Bereichs von Funktionen f(s). Diese Mängel werden wir später (12.2) über­winden, indem sich zeigen wird, daß bei alleiniger Voraussetzung der Existenz

+oo

von j IF(t) 12 dt die Funktion f(i y) wenigstens im Sinne der Konvergenz im -00

Mittel existiert und die Gleichungen (1) und (2) gelten. Außerdem wird sich der zugehörige Bereich der Funktionen f(s) auf einfachste Weise selbständig charakterisieren lassen.

§ 3. Die Umkehrformel zum Faltungssatz

Die Formeln (4) bis (7) von Satz 3 [6.1] sind zwar alle miteinander äqui­valent in dem Sinne, daß sich leicht jede aus jeder anderen ergibt. Trotzdem führen sie bei Anwendung auf die E-Transformation zu Relationen, die ganz verschieden nuanciert sind und sich für unsere Betrachtung in verschiedene Bereiche einordnen. Im vorigen Paragraphen benutzten wir die Formel (5), während wir in diesem (6) und im folgenden (7) heranziehen.

Satz 1. Wenn 1. En{F1} und En{F2} für denselben reellen Wert s = x0

absolut konvergieren, +oo +oo

2. j e-2x,t jF1(t) 12dt und j e- 2x,t jF2(t) 12 dt konvergieren, -oo -oo

Page 252: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

256 6. Kap.: Die Parsevalsehe Gleichung

so ist für alle t : +oo .x1 + ioo

(1) F1 * F 2 =I F1('r) F2(t- -r) d-r = 2 ~i I e1• f1(s) f2(s) ds -oo x0 -ioo

(Umkehrformel zum Faltungssatz). Beweis: Mit

also

erhält man aus Formel (6) von Satz 3 [6.1]:

-00 -00

oder mit x0 + i y = s:

+OO %0 -1 ioo

e-"·1 IF1(-r)F2(t--r)d-r=-r:{ I et(s-xo)f1(s)f2(s)ds, -oo x0 --ioo

was mit der Behauptung identisch ist. - Wegen der absoluten Konvergenz von ßu{F1} und ßu{F2} für x0 ist nach dem Faltungssatz (Satz 1 und 3 [2.15]) für diesen Wert x0 und alles mit dem Realteil x0

Formel (1) kann daher dahin gedeutet werden, daß für eine Funktion, die als Faltung zweier Funktionen, die die Voraussetzungen von Satz 1 erfüllen, dar-gestellt werden kann, die komplexe Umkehrformel gilt. ·

Handelt es sich um die ßrTransformation, so ist F1(t) = F2(t) = 0 für t < 0 zu setzen und zu beachten, daß aus der Gültigkeit der Voraussetzungen

00

für x0 die Gültigkeit für x > x0 und aus der Existenz von ( e-2-T.t jF(t) j2 dt ö

die absolute Konvergenz von ß 1{F} für 9ts > x0 folgt (siehe S. 252). Man er­hält also aus Satz 1:

Satz 2. Wenn 1. ß1{F1} und ß1{F2} für x0 absolut konvergieren,

00 00

2. J e- 2 "• 1 JF1(t) j2 dt und Je- 2 "• 1 jF2(t)j2 dt konvergieret~, 0 0

so ist für t ~ 0 :

(2)

(Umkehrformel zum Faltungssatz). Wird n·ur die Voraussetzung 2. gemacht, so gilt Formel (2) für x > x0 •

Page 253: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Die Laplace-Transformation eines Produkts 257

Für t = 0 führt das zu dem merkwürdigen Resultat: Satz 3. Im Raum der S!1-Transformierten aller Funktionen, bei denen

00 00

1. f e-"·1 IF(t)l dt und 2. r e-2x,t !F(t)!2dt 0 ö

konvergieren, gilt für jedes Paar:

z+ioo

(3) I II(s) f2(s) ds = 0 x-ioo

Insbesondere ist z+ioo

(4) I f2(s) ds = 0 (x ~ x0).

z-ioo

Wird nur die Voraussetzung 2. gemacht, so gelten (3) und (4) für x > x0 •

Die Voraussetzung 2. ist wesentlich; ohne sie braucht Satz 3 nicht richtig zu sein. So ist für F(t) = ta., d.h.f(s) = F(oc + 1)/sa.+l (oc > -1):

x+ ioo z+ioo . I d j f 2(s) ds = P(oc + 1) sza.: 2

z-ioo z-ioo

mit x > 0 nur für 2 oc + 2 > 1, d.h. oc > -1/2 konvergent und liefert 0, also 00

gerade für diejenigen oc, für die J e-2xt t 2 a. dt mit x > 0 existiert, während das 0

Integral für -1 < oc ~ -1/2 divergiert.

§ 4. Die Laplace-Transformation eines Produkts

Im allgemeinen existiert die )!-Transformierte eines Produkts von L-Funk­tionen nicht, schon deshalb, weil dieses nicht integrabel zu sein braucht, wie z.B. lfVt· 1/Vt =1ft. Der folgende Satz gibt eine hinreichende Bedingung für die Transformierbarkeit des Produktes an und stellt seine )!,-Transformierte durch die )!-Transformierten der Faktoren dar.

Satz 1. Wenn 1. f2u{F1} für s1 = x1 + i y1 und f2u{F2} für s2 = X 2 + i y2

absolut konvergiert, +oo +oo

2 . ./ e- 2 "• 1 IF1{t) j2 dt und J e- 2 "• 1 IF2(t) 12 dt konvergieren, -00 -00

so ist +OO +oo

(1) .• 1 ~

j e-(s,+s,)t F1(t) F2(t) dt = 2:1-d jf1 (s1 + i y) f2 (s2 - i y) dy -00 -00

Doetsch 1/17

Page 254: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

258 6. Kap.: Die Parsevalsehe Gleichung

oder mit s1 + s2 = s:

+OO z1+ioo

(2)

( e-•t F1(t) F2(t) dt = 2 ~ i / f1(a) f2 (s- a) da -00 Zt-... ioo

.x1 +ioo

= -2 -b· / ft(s- a) f2(a) da,

d. h. ~n{ F1 • F2} existiert für s = s1 + s2 und ist gleich der durch die rechte Seite von (2) definierten <<komplexen Faltung1> von / 1(s) und f2(s).

Beweis: Formel (1) ergibt sich aus Formel (7) von Satz 3 [6.1] mit G1(t) = e-s,t F1(t), G2(t) = e-••t F2(t). - Setzt man s1 + s2 = s und s1 + i y = a. also s2 - i y = s- s1 - i y = s- a, so mtsteht Formel (2), allerdings zunächst mit den Integralgrenzen s1 ± i oo, die man aber durch x1 ± i oo ersetzen kann. weil wegen der absoluten Konvergenz von ~n{F1} und ~n{F2} die Funktionen ft(s1 + i y) und f2 (s2 - i y) für y-+ ± oo gegen 0 streben.

Sind speziell F1 und F2 gleich 0 für t < 0, so daß es sich um die ~rTransfor­mation handelt, so gelten die Voraussetzungen eo ipso auch für jedes s1 und s2

mit größerem Realteil. Da ferner f1 und f2 wegen der absoluten Konvergenz von ~1{F1} und ~1{F2} gleichmäßig in 9ts ~ x1 bzw. 9ts ~ x2 für y-+ ± oo gegen 0 streben, so kann man in bekannter Weise (vgl. S. 210) den Integrations­weg an eine beliebige Abszisse x verschieben, solange er in dem Gebiet absoluter Konvergenz für beide Funktionen verbleibt, d. h. solange in der ersten Form von (2) x;;;;:; x1 , 9ts- x ~ x2 ist. Damit erhalten wir:

Satz 2. Wenn 1. ~1{F1} für x1 und ~1{F2} für x2 absolut konvergiert,

00 00

2. j e- 2 x,t \F1(t) j2 dt und / e- 2 x,t \F2(t}j2 dt konvergieren, 0 iJ

oo z+ioo

/ e-•t F1(t) F2(t) dt = -2 b- / f1(a) f2 (s- a) da (x1 ~ x ~ 9ts- x2)

0 x-ioo

(3) z+ioo 1 .

2-;;z- j ft(s- a) f2(a) da (x2 ;;;;.; x ~ 9ts- x1),

x-ioo

d. h. ~1{F1 • F2} existiert für 9ts ~ x1 + x2 und ist gleich der dmch die rechte Seite von (3) definierten <<komplexen Faltung1>. Wird nur die Voraussetz-ung 2. gemacht, so gilt (3) für 9ts > x1 + x2, und x kann in x1 < x < 9ts- x2 bzw. x2 < x < 9ts - x1 variieren.

Satz 1 und 2 zeigen, daß nicht nur dem Produktzweier l-Funktionen, son­dern auch dem zweier L-Funktionen im anderen Bereich eine Faltung ent­spricht. Nur ist die Faltung im L-Bereich längs der reellen Achse, im l-Bereich längs einer Vertikalen zu bilden.

Page 255: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

259

7. KAPITEL

BEDINGUNGEN FÜR DIE DARSTELLBARKElT

EINER FUNKTION ALS LAPLACE-TRANSFORMIERTE

§ 1. Das Darstellungsproblem

Eine als· ~r oder ~ü-Transformierte darstellbare Funktion ist mindestens in einer ~albebene bzw. in einem Streifen analytisch, aber nicht jede Funktion mit dieser Eigenschaft ist als ~-Transformierte darstellbar, siehe S. 80, 163 (V gl. hierzu auch Satz 4 [10. 3]). Die Frage, welche Funktionen einer Darstel­lung als ~-Transformierte fähig sind, heißt das Darstellungsproblem.

Eine Charakterisierung der in der Gestalt ~1{F} bzw. ~11{F} darstellbaren Funktionen durch innere, funktionentheoretische Eigenschaften ist bishernicht ge­funden worden*). Wir müssen uns darauf beschränken, hinreichende Bedingungen fürdie Darstellbarkeit anzugeben, d. h. für gewisse Klassen von analytischen Funk­tionen die Darstellbarkei t nachzuweisen ,ohne damit alle darstellbaren Funktionen zu erschöpfen. Der Idealfall ist der, daß die zu einersolchen f(s)-Klassegehörigen F(t)-Funktionen auch wieder eine durch innere Eigenschaften definierbare Klasse bilden, so daß man durch die ~-Transformation eine eineindeutige Abbildung zweier selbständigcharakterisierbaren Klassen aufeinander erhält. Hierfürwerden wir im IV. Teil drei schöne Beispiele kennenlemen, die allerdings eine weit aus­greifende Theorie erfordern. In diesem Paragraphen stecken wiruns bescheidenere Ziele und begnügen uns mit der Angabe von darstellbaren /-Klassen, ohne nach einer inneren Charakterisierung der entsprechenden F-Klassen zu fragen.

Das Darstellungsproblem läßt sich von verschiedenen Gesichtspunkten aus angreifen: Man kann es auffassen als die Frage nach denjenigen /(s), für die die

00

Integralgleichung J e-st F(t) dt = /(s) eine Lösung F(t) hat. - Man kann es auch 0

ansehen als eine Verallgemeinerung des Momentenproblems, das darin besteht, eine Funktion ausihren Momenten herzustellen. Mit e-t= x,F(-log x) = (l)(x) ist

/(s) = / xs-l (l)(x) dx, ö

*) llei den Dirichletschen Reihen ist eine solche Charakterisierung erst durch eine starke Ver­allgemeinerung dieses Reihentyps auf Grund der Theorie der fastperiodischen Funktionen möglich gewesen, wobei aber durch die Art der dort verlangten Konvergenz wieder gewisse Dirichletsche Reihen ausgeschlossen werden. Siehe hierzu 12. 7.

Page 256: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

260 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace·Transformierte

so daß die Werte f(s) die (s- 1)-ten Potenzmomente von fP(x) bedeuten. Des­halb lassen sich auf die ~-Transformation viele Ergebnisse aus der Theorie des Momentenproblems verallgemeinern. Da bei dem Momentenintegral die Schreib­weise als Stieltjes-Integral im Vordergrund steht, ist diese Ideenrichtung hauptsächlich in der Theorie des Laplace-Stieltjes-Integrals verfolgt worden (vgl. 2.8).- Das Darstellungsproblem steht aber auch in enger Beziehung zum Umkehrproblem, und das ist der Grund, warum wir es hier anschneiden. Soll eine Lösung des Darstellungsproblems voll befriedigend sein, so wird sie sich nicht darauf beschränken dürfen, für gewisse Funktionen die Existenz einer Darstellung als ~-Transformierte darzutun, sondern sie wird auch angeben müs­sen, wie man die zur Darstellung benutzte Funktion F(t) aus f(s) erhält, was auf eine Umkehrformel F(t) = ~ - 1{/} hinausläuft. Beim Umkehrproblem kommt es auf die Frage an, für welche F sich das vermittels ~{F} gewonnene f durch die Umkehrformel ~ - 1{/} in das F(t) zurückverwandeln läßt, d. h. unter welchen Bedingungen

(1)

ist. Beim Darstellungsproblem dagegen handelt es sich darum, für welche f(s) das durch ~-1{/} erzeugteFeine Darstellung von f(s) in der Gestalt ~{F} ver­mittelt, d.h. unter welchen Bedingungen

(2)

ist. Diese Frage läßt sich an jede Umkehrformel für die ~-Transformation an­knüpfen119, und wir behandeln sie in diesem Kapitel für die komplexe Umkehr­formel.

§ 2. Bedingungen für die Darstellbarkeit

Da die komplexe Umkehrformel eigentlich zu der ~u-Transformation ge­hört, legen wir zunächst diese zugrunde und schreiben für sie die Gleichung 7.1 (2) an: +oo X+ioo

f(s) = I e-•t dt 2 ~ i / etu f(a) da. -oo ~-ioo

Unter welchen Bedingungen für f(s) ist das richtig? Wählen wir speziell x=9ls, setzen also s = x + i y, a = x + i 'fJ, so steht da:

+oo +oo

f(x + i y) = __!_ ( e-(X+iy)t dt I et(..-+i•Jl f(x + i rJ) drJ 2 :7t 'II

-00 -oo

+oo +oo

= /n ! e-iyt dt I eiiTJ t(x + i TJ) drJ. -00 -00

Page 257: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Bedingungen für die Darstellbarkeit 261

Diese Gleichung zeigt, daß hier genau wie beim Umkehrproblem die Frage nach der Gültigkeit des Fouriersehen Integraltheorems vorliegt (vgl. S. 193), aber diesmal für die Funktion f(x + i y) als Funktion von y bei festem x. Ist f(x + i y) eine Funktion, für die dieses Theorem richtig ist, so kann man die obigen Gleichungen in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen und erhält die gewünschte Beziehung 7.1 (2). Allerdings darf eine Schwierigkeit nicht über­sehen werden: Die Funktion

x+ioo

{1) F(t)=-2-~T ( e1"f(a)da, •.

X-HX)

deren E-Transformierte f(s) sein soll, hängt von x, d.h. von dem Realteil des jeweiligen Wertes von s ab, ist also gar keine reine Funktion von t; jeder Ver­tikalen der s-Ebene ist eine andere Funktion F(t) zugeordnet. Das kann nicht wundernehmen, da wir ja bisher noch gar keinen Gebrauch davon gemacht haben, daß f(s) in einem Streifen analytisch ist, sondern f(s) immer nur auf jeder einzelnen Vertikalen 9is = x als Funktion von y betrachtet haben. Wenn für alle Vertikalen dieselbe einheitliche Funktion F(t) herauskommen soll, müssen wir noch dafür sorgen, daß das Integral (1) von x unabhängig wird. Wie man an Hand der funktionentheoretischen Betrachtung unter Satz 1 [4.4] sieht, genügt hierzu auf Grund des Cauchyschen Integralsatzes die An­nahme, f(s) strebe für I y I ~ = gleichmäßig in x gegen 0.

Ziehen wir als Kriterium für die Gültigkeit des Fouriersehen Integraltheo­rems den Satz 1 [4.2] heran, so sehen wir, daß die Bedingungen der Stetigkeit und beschränkten Variation in der Variablen y für f(s) als analytische und damit differenzierbare Funktion eo ipso erfüllt sind (Anhang Nr.14), so daß wir

+oo

bloß noch die Konvergenz von j lf(x + i y) I dy vorauszusetzen brauchen. -00

Wir können also folgenden Satz aussprechen: Satz 1120.f(s) sei in dem Streifen x1 <9ts< x2 analytisch und strebe für I y I~=

gleichmäßig in x1 + r5 ~ 9is ~ x2 - r5 bei beliebig kleinem r5 > 0 gegen 0. Ferner sei

+oo

/ lf(x + i y) I dy -00

konvergent. Dann ist f(s) als Eu-Transformierte

der Funktion

+oo

f(s) =V. P. I e-st F(t) dt -00

x+ioo

F(t) = __ _1_,. I e 1• f(s) ds 2 nt

x-ioo

die von x unabhängig ist, darstellbar.

Page 258: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

262 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

Im Gewand der Mellin-Transformation lautet dieser Satz: Satz 2. 9?(s) sei t'n dem Streifen x1 < 9ls < x2 analytisch und strebe für

I y I -+ <X> gleichmäßig in x1 + {J ~ 9ts ~ x2 - {J bei beliebig kleinem {J > 0 ge­gen 0. Ferner konvergiere

+OO I IIP(x + i y) I dy für x1 < x < x2 •

-oo

Dann ist q?(s) als Mettin-Transformierte

00 ..

q?(s) =V. P.I z•-1 <l'(z) dz = lim /z•- 1 <l'(z) dz 0 w~oow~l

der Funktion z+ioo

1 • <l'(z) = 2 71 i j z-• q?(s) ds

z-ioo

die von x unabhängig ist, darstellbar. Damit f(s) speziell eine E1-Transformierte, also F(t) = 0 für t < 0 ist, muß

~CtJ -----..

.e

Fig. 13

notwendig x2 = +<X>, d. h. f(s) in einer Halbebene 9ts > x1 analytisch sein und in jedem Winkelraum ID3 (x1 , 1p < ~/2) gegen 0 streben, wenn s zweidimensional gegen <X> konvergiert. Wir behaupten, daß diese Bedin­gungen, zu denen von Satz 1 hinzugefügt, auch hin­reichend sind, damit F(t) für t < 0 verschwindet. Die beiden Voraussetzungen, daß f(s) gleichmäßig in 9ts ~ x1. + {J für I y I -+ <X> und gleichmäßig für alle Richtungen in ID3 für I s I -+<X> gegen 0 strebt, bedeuten zusammen, daß f(s) in jeder Halbebene 9ts ~ x1 + {J für zweidimensionale Konvergenz von s gegen ex> gegen 0 strebt. Wir wählen nun {J so groß, daß x0 = x1 + {J > 0 ist und schlagen um den Nullpunkt einen Kreis vom Radius e. der die Vertikale bei Xo in den Punkten x0 ± i w trifft. Bezeichnen wir den zwischen beiden

Punkten nach rechts gelegenen Kreisbogen, im positiven Sinn durchlaufen, mit ~.so ist nach dem Cauchyschen Satz

x0 +iw I ets f(s) ds = fets f(s) ds. Z0 -iw }8

Nach Satz 1 [4. 7] strebt (für t < 0 gegen 0 für w-+ <X>, also gilt dasselbe für z0 +iro !iJ / , d. h. F(t) = 0 für t < 0.

Zo-iw

Page 259: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Bedingungen für die Darstellbarkeit 263

Damit haben wir folgendes Resultat erhalten: Satz 3.f(s) sei in der Halbebene 9ts > x1 analytisch und strebe in 9ts;;;;; x1 + c:)

bei beliebig kleinem c5 > 0 gegen 0, wenn s zweidimensional gegen oo konvergiert. Ferner sei

+OO II f(x + i y) I dy -oo

konvergent. Dann ist f(s) die f!-x-Transformierte der Funktion (t;;;;; 0)

z+ioo

F(t)= 2 ~i I et•f(s)ds z-ioo

die von x unabhängig ist.

Anwendung

Die Funktionen f(s) = e-•"' mit 0 < Ot < 1 sind f!-1-Transformierte. Beweis: Es ist mit s = e ei{}:

I -•"'1 -!Jls"' -n"'cosoc{} e =e =e· .

In der Halbebene 9ts;;;;; 0, d.h. I 0.1 ~ n/2 ist cosat 0.;;;;; cosatn/2 = 8 > 0, also

Folglich strebt die Funktion in 9ts ;;;;; 0 für (!-+ oo gleichmäßig für alle Rich-+oo

tungen gegen 0, und J lf(x + i y) I dy konvergiert für x;;;;; 0. Nach Satz 3 -oo

ist demnach f(s) die f!-x-Transformierte der Funktion

z+ioo

F(t) = - 1-. I et•-•"' ds 2 :n; ~

z-ioo

(x;;;;; 0).

In dem Spezialfall at = 1/2 läßt sich das Integral elementar auswerten, es ist F(t) = VJ(l, t) (siehe S. 51).

Im Gegensatz dazu wurde auf S. 163 gezeigt, daß e-•"' für Ot;;;;; 1 keine f!-1-Transformierte ist.

Als Folgerung aus Satz 3 führen wir einen Satz an, der wegen seiner ein­fachen Voraussetzungen in den Anwendungen manchmal nützlich ist.

Satz4121.f(s) sei in der Halbebene9ts > x1 ;;;;; 0 analytisch und in derGestalt

(0 < Ot ~ 1, 8 > 0)

Page 260: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

264 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

darstellbar, wo g(s) in feder Halbebene 9ls ~ x1 + ~ > x1 beschränkt ist. Dann

ist f(s) die S!rTransformierte der Funktion (t > 0)

x+ico

F(t)=V.P. Z~t / e1"f(s)ds X-t-00

Beweis: f1(s) = f(s)- (cfs"") erfüllt die Voraussetzungen von Satz 3, also ist

mit x+ioo

F1(t) = z~{ I e1• (f(s)- -5~-) ds X-tOO

f(s) = S!1{F1(t) + r{cx) t"- 1}.

Nach S. 213 ist für t > 0: x+ioo

1 I 1 ta.-l V.P. Zni et•s"--ds=f(OC) (x > 0),

x-ioo

also x+ioo

F1(t) = V.P. -2 ~t / e1• f(s) ds- rtcx) t'l.- 1

X-100

Hieraus ergibt sich die Behauptung. Bemerkung: An Stelle von cjsa. können natürlich auch mehrere Glieder

dieser Gestalt mit 0 < oc ~ 1 stehen. Beim Beweis von Satz 1 und 3 haben wir neben dem Fouriersehen Integral­

theorem den Cauchyschen Integralsatz benutzt. Man kann bei Sätzen dieser

Art des Fouriersehen Theorems völlig entraten und den Beweis ganz auf dem

Cauchyschen Satz bzw. der Cauchyschen Integralformel aufbauen (vgl. auch den Schluß von 4.1). Wir zeigen diese Methode am Beispiel des folgenden Satzes,

der die scharfen Bedingungen von Satz 3 durch erheblich mildere ersetzt. Satz 5122 • a) f(s) sei in der Halbebene 9ls > x1 analytisch.

b) Für ein festes x2 > x1 und fedes t > 0 sei

X 2 +iw

/ e1• f(s) ds für w -+= X2 -iW

konvergent, und zwar gleichmäßig in fedem endlichen Intervall 0 < T0 ~ t ~ T1•

Page 261: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Bedingungen für die Darstellbarkeit

c) Das Integral

konvergiere für w + oo. d) Es sei

x1 +iw

r ~!ds! • 1+Jsl x1 -iw

!f(s) I< M für 9ts ~ x2 •

e) Es gelte gleichmäßig für alle y

f(x + i y) + 0 für x + oo.

265

Dann ist f(s) für 9ts > x2 die S!-1-Transformierte der für t > 0 stetigen Funktion

x1 +ioo

F(t)=V.P.-2 ~i j et 8 f(s)ds (t > 0). z1 -ioo

Beweis: Wir wählen ein festes s mit 9ts > x2 • Wegen der in b) vorausgesetz­ten Gleichmäßigkeit der Konvergenz ist folgende Vertauschung erlaubt (An­hang Nr. 33 und 36):

(2)

z1 +iw T1 x1 +iw

- 1' 1 I f( ) .1 f -(s-a)t .1 -1' 1 f e-(s-a)T,_e-(s-a)T, ) - rm --,- . a ua e ut- rm --. ------ -- --------f(a da. 2~~ 2~~ S-G

w~oo z 2 -iw T0 w~oo z 1 -iw

Wegen 9ts > 9ta = x2 ist

x1 +iw x1 +iw

f I e-(s-a)T,_e-(s-a)T, f(a) dal ~ f zi_i(a) [I da! S-G I js-a

x1-iw X:s-iw

Wenn a auf der Geraden 9ta=x2 variiert, ist (1+ !a!)f!s-a! eine stetige Funktion von a (da ls- ai ~ 9ts- x2), die für Iai +oo den Grenzwert 1 hat. Also ist sie auf der ganzen Geraden beschränkt:

0 < -1+~ < c. Js-aJ

Da demnach für alle w

x1 +iw x1 +iw J ~~~~~_a~~=~-=-(~=a)T, f(a) dai :5:2 C / i~~~l !da!, x1 -iw x1 -iw

Page 262: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

266 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

unabhängig von T0 und T1 , ist, so konvergiert wegen der Voraussetzung c) das letzte Integral in (2) gleichmäßig für alle T1 > T0 > 0, der Grenzübergang T0 ~ 0, T1 ~=kann somit unter dem Integral vollzogen werden:

oo x,+iw

I~ e-•t F(t) dt = lim - 1-. /. lif!.) __ da. 2 :rn s-a 0 w~oo X2 _:iw

Wir brauchen bloß noch zu zeigen, daß die rechte Seite gleich /(s) ist. Dazu integrieren wir 1/(2 n i) · /(a)/(s- a) über das Rechteck aus den Vertikalen bei x2 und w > x2 und den Horizontalen in der Höhe ± w im negativen Sinn, was bei hinreichend großem w nach der Cauchyschen Formel den Wert f(s) liefert. Wählen wir auf Grund der Voraussetzung e) ein festes Q so groß, daß

I f(a) I < e für ~s > Q

ist, so gilt für das Integral über die rechte Vertikale für w >Q:

(3) ! w+iw !

, }~ _jJ(1)_ da! < e - -~-r:!- , I s-a 1 w-9{s 1 w-icn I

für das Integral über das Stück der oberen Horizontalen zwischen ~a = Q und ~a = w:

(4) i w+iw i

I. JJc!.L da •1, < e _o!_= !J_ ' s-a w-,3s

D/iw !

und für das Integral über das Reststück dieser Horizontalen:

(5) 1 !1+iw I

:_ /. JJ'!)_ da I < M -!l_ _--:_ x2 . • •. s-a ; w-,3s ' x2 +tw

analoge Abschätzungen gelten für die Integrale über die Stücke der unteren Horizontalen. Für alle hinreichend großen w ist die Abschätzung in (3) kleiner als 3 e, die in (4) kleiner als 2 e und die in (5) kleiner als e, d. h. die Integrale über die rechte, obere und untere Rechteckseite sind für alle hinreichend großen w absolut kleiner als ein festes Multiplum von c.. Das bedeutet, daß sie für w ~=gegen 0 streben, so daß nur das Integral über die linke Vertikale übrig­bleibt. - Da das Integral für F(t) in der Umgebung jeder Stelle t > 0 gleich­mäßig konvergiert, ist F(t) für t > 0 stetig.

Bemerkung: Die Voraussetzung b) ist so gefaßt, daß die Gleichmäßigkeit der Konvergenz des Umkehrintegrals in der Nähe von t = 0 gestört sein darf, und daß es für t = 0 überhaupt nicht zu konvergieren braucht. Das ist für die Anwendung des Satzes wichtig, denn schon bei so einfachen Funktionen wie 1jsß (ß > 0) ist für 0 < ß ~ 1 die Konvergenz in der Umgebung von t = 0 nicht gleichmäßig und für t = 0 nicht vorhanden (für ß = 1 existiert wenigstens der Hauptwert). Vgl. hierzu die Formel 4.4 (5).

Page 263: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Residuenrechnung 267

Man sieht, daß der Beweis sich· auch auf solche Fälle ausdehnen läßt, wo die Gleichmäßigkeit der Konvergenz an endlich vielen Stellen gestört ist, wobei sich ein an diesen Stellen unstetiges F(t) ergeben kann.

Da die Voraussetzungen c), d) und e) von Satz 5 erfüllt sind, wenn für ein e>O

ist, so können wir folgenden speziellen Satz formulieren: Satz 6123, a) f(s) sei in der Halbebene 9ts > x1 analytisch. b) Für ein festes x2 > x1 sei .

x1 +too

V.P. J et•f(s) ds x1 -ioo

in jedem endlichen Intervall 0 < T 0 ~ t ~ T1 gleichmäßig konvergent. c) Es sei

jf(s)j<Mjsj-• für jsj+oo in9ts~x2 miteinem e>O.

Dann ist f(s) für 9ts > x2 die SJx-Transformierte der für t > 0 stetigen Funktion

z 2 +ioo

F(t)=V.P. 2 ~i- J et•f(s)ds (t > 0). z1 -ioo

In der Theorie braucht man exakte Darstellungssätze, wie sie oben ange­geben wurden. In der Praxis kommt es häufig vor, daß eine Funktion f(s) sich nicht diesen Sätzen unterordnen läßt oder daß zum mindesten die Verifikation der Voraussetzungen schwierig ist. In solchen Fällen kann man sich damit helfen, daß man zunächst einmal das Umkehrintegral für die betreffende Funk­tion, die verdächtig ist, eine SJ-Transformierte zu sein, ansetzt und es auszu­rechnen sucht. Selbst wenn es konvergiert, darf man aber nicht unterlassen, zu verifizieren, daß die gewonneneFunktionF(t) tatsächlich die gegebene Funktion f(s) zur SJ-Transformierten hat. Sonst kann man in schwere Fehler verfallen, wofür S. 193 ein abschreckendes Beispiel angegeben wurde.

§ 3. Die Berechnung des komplexen Integrals für meromorphe /-Funktionen durch Residuenrechnung

Ist von einer Funktion f(s) nachgewiesen, daß sie eine SJ-Transformierte ist und daß sich die zugehörige L-Funktion durch das komplexe Umkehrintegral darstellen läßt, so erhebt sich die Frage nach dessen Auswertung. Natürlich kann man es in reeller Form schreiben und für jeden t-Wert beliebig genau numerisch bestimmen, wenn es sich nicht zufällig <<ausrechnen •>, d. h. durch eine bereits bekannte Funktion darstellen läßt. Aber sowohl in theoretischen

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268 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace·Transformierte

als in praktischen Untersuchungen wird immer das Bestreben vorhanden sein, das komplexe Integral tiefer funktionentheoretisch zu analysieren und damit auch der numerischen Behandlung leichter zugänglich zu machen.

Wenn man eine nicht durch bekannte Funktionen darstellbare Funktion vor sich hat, so gibt es in der Funktionentheorie zwei Methoden, Aufschlüsse über die Funktion zu erhalten: 1. Entwicklung in eine konvergente Reihe nach möglichst elementaren, analytischen Funktionen; dies kommt vor allem in Bereichen in Frage, wo die Funktion sich analytisch verhält. 2. Studium des Verhaltens der Funktion in der Umgebung ihrer singulären Stellen; hierdurch wird gerade das Charakteristische der Funktion erfaßt. Dies geschieht durch sogenannte asymptotische Darstellung der Funktion in der Umgebung der Sin­gularitäten vermittels anderer, bekannter Funktionen. Wir werden uns im II. Band in dem Teil über Asymptotik ausführlich mit der Frage befassen, wie man gerade auf Grund der komplexen Umkehrformel von dem Verhalten der I-Funktion /(s) an ihren singulären Stellen auf das Verhalten der L-Funktion F(t) an ihren Singularitäten schließen kann, und verweisen hier nachdrücklich auf diese Darstellung, die für Theorie und Praxis gleich wichtig ist. Im gegen­wärtigen Paragraphen behandeln wir den an erster Stelle genannten, sehr viel harmloseren Fall der konvergenten Reihenentwicklung, den man übrigens als einen besonders einfachen Spezialfall einer asymptotischen Darstellung auf­fassen kann.

Hat man eine Reihenentwicklung der durch das komplexe Integral darge­stellten Funktion F(t) im Sinn, so liegt es nahe, zunächst f(s) in eine Reihe zu entwickeln und das komplexe Integral möglichst gliedweise anzuwenden.

Ein Beispiel, wo dies möglich ist, ist das folgende: Denken wir die Bessel­Funktion J0(t) durch die S. 215 aufgestellte Formel

x+ioo

Jo(t) = -2 ~{ J et•_(sz :!i)D2- (t > 0, X> 0) z-ioo

definiert, so können wir (s2 + 1)-112 in eine Reihe nach absteigenden Potenzen von s entwickeln:

00

(s2+1)-1/2=s-1(1+s-2)-1/2=E(-!f2)s-2n-1 für lsi>L n-0

Wählen wir x > 1, so ist die Reihe auf dem Integrationsweg konvergent, und gliedweise Integration liefert nach der Formel 4.4 (5) für t > 0 (siehe An­hang Nr. 4):

00 z+ioo

_ (-1/2) 1 f et• _ 00 -1/2) t•n lo(t) - L n 2 :n; i -ssn+T ds - L ( n -F(2 n + 1)

n-0 x-ioo n-0

Page 265: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Residuenrechnung 269

was in de.r Tat die richtige Entwicklung von J0(t) ist. (Für t < 0 würde nach 4.4 (5), wie es sein muß, 0 herausgekommen sein)*).

Hier wurde f(s) in eine Reihe nach absteigenden Potenzen von s entwickelt. Schreitet die Entwicklung nach aufsteigenden Potenzen fort, so sind die einzelnen Glieder keine l-Funktionen, und das Umkehrintegral divergiert. Hier kann es aber vorkommen, daß sich der Integrationsweg in eine Kurve des S. 226 behandelten Typs deformieren läßt, wodurch die Integrale der Reihenglieder konvergent werden und sich nach Formel 4. 7 (2) ausrechnen lassen. Ein Beispiel hierfür wurde bereits S. 229 angegeben.

Funktionen, für die solche einfache Entwicklungen möglich sind, treten naturgemäß nur selten auf, denn im ersten Fall muß die Reihe für f(s) außer­halb eines Kreises, im zweiten Fall in der ganzen Ebene konvergieren. Der in den Anwendungen und besonders in der Theorie der Randwertprobleme am weitaus häufigsten auftretende Fall ist nun der, daß die Funktion f(s) unend­lich viele Pole hat, die über eine linke Halbebene verteilt sind, und auf die Behandlung dieses Typs, bei dem also f(s) eine meromorphe Funktion ist, steuern wir jetzt zu.

Hat f(s) in der ganzen Ebene einschließlich oonur Pole und ist deren Anzahl endlich, so ist f(s) eine gebrochen rationale Funktion p(s)fq(s), wo p(s) und q(s) Polynome sind. Die (im allgemeinen komplexen) Pole sind die Stellen, wo der Nenner von höherer Ordnung als der Zähler verschwindet, also, wenn man sich p(s) und q(s) in Linearfaktoren zerlegt und gemeinsame weggehoben denkt, die Nullstellen des Nenners. Da f(s) als l-Funktion fürs-+ oo gegen 0 streben muß, so ist notwendig der Grad von q(s) größer als der von p(s) und infolge­dessen f(s) = p(s)fq(s) im Unendlichen holamorph und dort gleich 0. Daß diese Bedingung auch hinreichend ist, folgt sofort aus der Partialbruchentwicklung von f(s). Sind die Poles., v = 0, ... , n, alle einfach, so lautet diese**}:

n

(1) f(s) =}; 5 ~: , v~o p

wo a. das Residuum von f(s) im Punkt s. ist, das wir, weil der Pol einfach ist, so bestimmen können [man beachte q(s.) = 0, q'(s.) =1= 0]:

(2) a = lim (s - s ) f(s) = Iim -- t~~) -- = P(s_.)_ • •--"•• • •--"•• _q(s) .=q(s.) q'(s,.) '

s-s.

so daß die Entwicklung sich so darstellen läßt:

(3) f(s) = j; -~~~ ---- 1-- . v~O q (s.) s-s.

*) Wir werden später sehen (10.1), daß bei einer I-Funktion, die wie hier (s2 + 1)-- 112 im Unend­lichen holomorph und daher in eine Potenzreihe mit negativ ganzzahligen Exponenten entwickel· bar ist, die gliedweise Übersetzung in den L-Bereich, d.h. der Ersatz vons-ndurch tn-1/(11- 1) !, stets zum richtigen Resultat führt.

n **) Beweis: f(s)- 1: av/(s- s.l ist überall holomorph, also eine ganze Funktion, die nur eine

v~o

ganze rationale sein kann. Da sie für S-*00 gegen 0 streben muß, kann sie nur identisch 0 sein.

Page 266: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

270 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transfonnierte

Zu jedem Glied kann man die L-Funktion unmittelbar angeben, und da es nur endlich viele Summanden sind, ist die Transformation mit der Summe ver­tauschbar, also

(4) F(t) = j; _p_(s.) e8• 1•

•-o q'(s.)

Hat der Pols. die Multiplizität m., so entspricht ihm in der Partialbruch­entwicklung ein Aggregat von Potenzen mit den Exponenten -1,- 2, ... , -m. (der Teil der Laurent-Entwicklung ums" mit negativen Exponenten), und die Entwicklung lautet:

n ( 1•1 ai•J ) f(s) = E ~~- + · · · + - ---""' ·· ,

•-O s-s. (s-s.)""'

wobei nach der Koeffizientenformel für die Laurent-Reihe (die auch als Resi­duenformel gedeutet werden kann)

ai•l = z~T/t(s) (s- s.)k-l ds

ist, erstreckt über einen Kreis um s", der die anderen Pole ausschließt. Auch hier läßt sich die zugehörige L-Funktion unmittelbar angeben:

F(t) = ~ (a<•l + a<•l _!_ + ... + a<•l _t~~= 1---) e••t .t:.J 1 2 1! m" (m - 1} ! · •-0 •

Zerlegung einer Funktion in nichtharmonische Schwingungen

Die Tatsache, daß eine Summe von Exponentialfunktionen durch die .{!-Trans­formation in eine gebrochen rationale Funktion übergeht, kann in der Praxis zur Ermittlung sogenannter verborgener Periodizitäten ausgenutzt werdenl2'. Besteht eine Funktion aus der Überlagerung endlich vieler harmonischer Schwingungen, d. h. cos- und sin-Funktionen, oder, was dasselbe bedeutet, Exponentialfunktionen e"' 1 mitimaginärem oc:

F(t) = c0 + c1 e"'• 1 + · · · + cn e"'n 1,

wo die oc. ganzzahlige Multipla einer Zahl ß i sind:

oc. = p. ß i, 0 < P1 < ... < Pn; Pv ganz,

so haben sie eine gemeinsame Periode 2n

T= -ßd'

wo d der größte gemeinsame Teiler von p1 , ••. , Pn ist: p" = q. d. F(t) hat dann ebenfalls diese Periode. Ist nun F(t) z. B. als Resultat einer Messung bekannt, so kann man diese Periode feststellen, und F(t) muß dann wegen

dß . 2n . oc"=q. ~=q"--1'-~

die Gestalt

Page 267: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Residuenrechnung 271

haben. Die c. und q. (und damit die oc.) lassen sich h~icht auf Grund der Ortho­gonalitätsbeziehung

1 T f 1 für q = q • - r e(q.-q) (2:n/T)it dt = (q ganz) T 0 I 0 für q * q.

feststellen : Man bildet T

~ j e-q(2n/T)it F(t) dt

0

der Reihe nach für q = 0, 1, 2, ... ; für q = q. erhält man c., sonst 0. Dieses Verfahren versagt, wenn die Schwingungen nicht harmonisch, die oc.

also nicht Multipla einer imaginären Zahl sind. In diesem Fall könnte man ver­suchen, mit 2 n + 1 herausgegriffenen Werten F(t,.) aus den 2 n + 1 Gleichungen

F(t,.) = c0 + c1 e«• 1r + • · · + Cn e«n1r (r = 1, 2, ... , 2 n + 1)

die 2n+ 1 Unbekannten c0 , c1 , •.. , cn; oc1 , ••. , ocn zu berechnen. Diese Gleichungen sind aber transzendent, also praktisch nicht lösbar. Vermittels der i!-Transfor­mation kann man nun aber, wenn man die Anzahl der Glieder kennt, das Problem in ein algebraisches verwandeln. Es sei sogar zugelassen, daß F(t) aperiodische Glieder enthält, d. h. daß gewisse der oc. reell sind. Es ist

mit

Berechnet man f(s) aus F(t) für 2 n + 1 Werte s,., so erhält man die linearen algebraischen Gleichungen

f(s,.) (b1 s,. + · · · + bn s: + s;+ 1) = a0 + a 1 s,. + · · · + ans~ (r = 1, 2, ... , 2 n + 1).

Hieraus wird man die n + 1 Unbekannten a0 , a1 , ••• , an zunächst eliminieren und n lineare Gleichungen für dien Unbekannten b1, ••• , bn behalten. Sind diese bestimmt, so ergeben sich die oc. als die Wurzeln der Gleichung

b1 + b2 s + ·· · + bn sn-l + sn = 0.

Die c. berechnet man aus n + 1 Gleichungen der Gestalt

Co Cl Cn f(s ) = -- + -- - + · · · + --- -.

r s, s,.- oc1 s,.- OCn

Die Berechnung der L-Funktion zu einer gebrochen rationalen Funktion hätten wir auch vermittels der komplexen Umkehrformel durchführen können, und wir wollen das jetzt tun, um den Obergang zum Folgenden zu gewinnen, wenn auch die komplexe Umkehrformel ein viel zu schweres Geschütz für diesen überaus einfachen Fall ist. Zunächst kann man auf Grund von Satz 4 [7.2] feststellen, daß eine gebrochen rationale Funktion, deren Nenner einen mindestens um 1 höheren Grad als der Zähler hat, eine !-Funktion ist, denn sie hat nicht bloß in einer Halbebene, sondern außerhalb eines hinreichend

Page 268: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

272 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

großen Kreises die Gestalt (cfs) + (g(s)fs2) mit beschränktem g(s). Liegen die end­lich vielen Pole s0 , s1 , ••• , Sn links von 9ls = x0 , so ist

X0 +ioo

F(t) = V.P. -2 ~ i j e 1• f(s) ds (t > 0) . .r0 -ioo

Das Integral berechnen wir nun auf funktionentheoretischem Weg, wobei wir an­nehmen können, daß x0 > 0 ist. (Sollte x0 ursprünglich negativ gewesen sein, so kann man trotzdem immer ein positives x0 wählen.) Ist w so groß, daß die aus der Vertikalen mit der Abszisse x0 , den Horizontalen in der Höhe ±wund dem linken Halbkreis um 0 mit dem Radius w gebildete Kurve <r alle Pole ein­schließt (Fig.14), so ist nach dem Cauchyschen Residuensatz

2 ~ i- r e ts f(s) ds = j; r,.' « ··~0

wo r" = r"(t) das Residuum von e 1• f(s) in dem Pol s" bedeutet. Machen wir bei festem t > 0 den Grenzübergang w-+ oo, wobei das Integral konstant bleibt, so streben die Integrale über die Strecken AB und DE sowie über den Halbkreis BCD nach Satz 1 [4. 7] gegen 0, weil f(s) = O(l s l-1) für I s I -+ oo

x+iw

ist. Von ( bleibt also nur lim J übrig, und dies ist gleich F(t). Also ergibt Sich: (j; W-HXl X-iw

n

F(t) =}; r. (t > 0). v~o

Die Ausrechnung von r. ist eine elementare funktionentheoretische Aufgabe. Entwickelt man f(s) in eine Laurent-Reihe in dem Kreis ums" durch die nächst­gelegene Singularität, so treten, weil s" ein Pol ist, nur endlich viele negative Exponenten auf (vgl. S. 270):

(5) <•l a l•l oo

f(s) = ~ - + · · · + -m.- +}; b (s - s )n. s-s. (s-s.)m• n-0 n •

Die Reihe nach positiven Exponenten ist in s. holomorph, liefert also mit der holomorphen Funktion e1• multipliziert kein Residuum in s •. Greift man eine Potenz mit negativem Exponenten 1/(s - s.)k (k ;;::;; 1) heraus, so ist nach der Cauchyschen Formel, wenn das Integral über einen kleinen Kreis um s" er­streckt wird :

2 ~ i /Ts~::)k ds = (k-~\)_!_ (da;~~- et•).~ •• = -(i~~~)! et••

Dieses Integral ist der von 1/(s - s.)k gelieferte Beitrag zum Residuum, also ist insgesamt

(6)

Page 269: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Residuenrechnung 273

Damit kommt man auf denselben Wert für F(t) wie S. 270. - Formal ergibt sich r., indem man den Hauptteil der Laurent-Reihe von /(s) bei s., gliedweise in den L-Bereich übersetzt, wie wir es S. 270 machten.

Liegt nun eine beliebige meromorphe Funktion f(s) vor, von der wir für den Augenblick der Einfachheit halber annehmen, daß sie nur einfache Pole (in endlicher oderunendlicher Anzahl) hat, so könnte jemand, der nur in formalen Analogien und nicht funktionentheoretisch denkt, es als selbstver­ständlich ansehen, daß für f(s) eine Partialbruch­entwicklung wie (1), mit endlich oder unendlich vielen Gliedern je nach der Anzahl der Pole, möglich ist (in der Gestalt (3), wenn die mero­morphe Funktion als Quotient zweier ganzen Funktionen gegeben ist), und daß diese sich gliedweise nach dem Vorbild von (4) in den L­Bereich übersetzen läßt*). Daß bei endlich vielen Polen die Entwicklung (1) nicht zutreffen kann, wenn f(s) nicht geradezu eine rationale Funktion ist, ergibt sich schon daraus, daß (1) eben gar nichts anderes als eine rationale Funktion dar­stellt. Bei unendlich vielen Polen aber erhebt sich für die Reihe (1) zunächst schon die Frage, ob sie

Fig. 14

B i(JJ

0

0

s,

A

E

konvergiert, was keineswegs zuzutreffen braucht. (Es hängt das nicht nur vom Wachstum der s., sondern auch von der Größe der a., ab.) Aber selbst wenn die Reihe fürs :J= s., konvergiert, braucht sie keineswegs /(s) darzustellen. Denn f(s) und die Reihe haben zwar dieselben Singularitäten, ihre Differenz ist also eine ganze Funktion, aber diese braucht keineswegs identisch zu ver­schwinden. Gibt es doch l-Funktionen, die ganze Funktionen sind, z.B. alle l?-Integrale mit endlichen Grenzen, wie etwa

1

) • -st dt- 1-e-• e -----. s

0

Steckt in der Funktion f(s) außer den Brüchen a.,j(s- s.) eine solche Funk­tion, so wird dieser Rest durch die Partialbruchentwicklung sicher nicht er­faßt.- Schließlich ist der Übergang von (3) zu (4) für n = ooauch keineswegs immer richtig, da er auf eine Vertauschung von Integral und unendlicher Reihe hinausläuft. Siehe hierzu das Beispiel S. 283.

Nun könnte man ja in jedem einzelnen Spezialfall nachzuweisen versuchen, ob die Partialbruchreihe konvergiert und ob die noch restierende ganze Funktion verschwindet bzw. welchen Wert sie hat. Es ist aber aus der Analysis bekannt,

··-----···---------------------------*) In der technischen Literatur über die sogenannte Operatorenrechnung (Heaviside-Kalkül,

vgl. I!. Band), sogar bei solchen Autoren, die sich um eine solide mathematische Fundierung be­mühen, werden diese Dinge tatsächlich meist als selbstverständlich angesehen. Deshalb gehen wir hier etwas näher auf diese primitiven Vorstellungen ein.

Doetsch 1/18

Page 270: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

274 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

daß die Bestimmung dieser ganzen Funktion fast immer ein sehr schwieriges Problem darstellt, dem nur mit tieferen funktionentheoretischen Hilfsmitteln beizukommen ist. Außerdem bleibt dann immer noch die Frage des Übergangs von (3) zu (4). Da also die erste für rationale Funktionen aufgezeigte Methode sich für meromorphe Funktionen als unsachgemäß erweist, wird man zu der zweiten Methode mit dem komplexen Umkehrintegral greifen, die von vornherein funktionentheoretischer Art ist und gar nicht erst die Entwicklung von f(s) in eine Partialbruchreihe verlangt, sondern unmittelbar von den Polen von f(s) ausgeht und aus ihnen F(t) durch Residuenrechnung aufbaut*}.

Hat die meromorphe Funktion endlich viele Pole, so kann man diese wie im Fall der rationalen

Xo+iw Funktion sämtlich in eine im Endlichen gelegene Kurve einschließen. Liegen aber unendlich viele Pole vor, so können sich diese nicht im Endlichen häufen, weil ein Häufungspunkt von Polen selbst kein Pol sein kann und die Funktion im Endli-chen nur Pole besitzen darf. Sie häufen sich also im Unendlichen und können in eine abzählbare Folge s0 , s1 , s2 , ••• gebracht werden. Mit einer Kurve der Art wie in Fig.14 kann man nur eine endliche Anzahl erfassen_ Ferner kann man hier nicht einfach w kontinuierlich gegen oo streben

~-+--...J lassen, weil dann die Kurve<.t immerwiederdurch x0 -iw Pole gehen und das Integral divergieren würde.

Fig. 15 Wir müssen vielmehr die zweite Methode jetzt folgendermaßen abändern: Zunächst ist fest­

zustellen (auf Grund der Sätze von § 2), ob f(s) eine l-Funktion ist, deren L-Funktion sich durch die komplexe Umkehrformel mit dem Integrationsweg bei der Abszisse x0 gewinnen läßt. Alle Pole liegen dann links von x0 • Wir wählen nun eine Folge von Kurven <.t .. (die nicht unbedingt aus Strecken und Halbkreisen wie in Fig.14 bestehen müssen) so, daß sie zwei Punkte x0 ± i w .. verbinden und daß <.t .. zusammen mit der Strecke zwischen diesen Punkten gerade die Pole s0 , s1 , ••• , s11 einschließt, aber durch keinen Pol hindurchgeht. Ist

rp(t) = Residuum von et• f(s) in s.,

so ist nach dem Cauchyschen Residuensatz

Xo+iwn n 1 • 1 ,. 2iiX j et• f(s) ds + -2 n i j et• f(s) ds = .~ r. (t).

Xo-'IWn <tn

*) Die beiden Methoden gehen in entgegengesetzten Richtungen vor. Bei der ersten wird f(s) in eine Reihe entwickelt, wobei die Koeffizienten durch Residuenrechnung festgestellt werden, und dann die Umkehrung der .!.!-Transformation gliedweise ausgeführt. Bei der zweiten wird diese Umkehrung zunächst geschlossen durch das komplexe Integral bewerkstelligt und dann dieses durch Residuenrechnung entwickelt.

Page 271: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Resi<hwnrcdmung 275

Sind die Kurven <t,. so gewählt, daß w,.-+ oo für n -+ oo, so strebt für n -+ oo das erste Integral nach Voraussetzung gegen F(t). Erfüllt nun f(s) solche Bedin-

gungen, daß die Integrale j et•f(s) ds für n-+ oo (bei t > 0) gegen 0 streben, n lln

so folgt, daß E r~(t) für n -+ oo auch einen Grenzwert hat, und zwar F(t): v=O

00

(7) F(t) =}; r~(t). ~=0

Die r~(t) haben natürlich genau die gleiche Form wie im Falle der rationalen Funktion, d. h. wenn f(s) in s. einen Pol m.-ter Ordnung mit dem Hauptteil [vgl. (5)]

t•l ai•J . al_ + ... + _ _51_ s-s. (s-s.)m•

besitzt, so hat r~(t) den Wert (6), der durch formale Übersetzung des Haupt­teils in den L-Bereich entsteht. Ist /(s) als Quotientzweier ganzen Funktionen p(s) und q(s) gegeben und sind speziell die Pole einfach, so ist

(8)

Bemerkung: Die Punkte s~ können statt Pole auch isolierte ~esentlich singuläre Stellen sein, in deren Umgebung die Funktion eindeutig ist. Der Hauptteil in (5) ist dann eine unendliche Reihe, ebenso das Residuum (6).

Man sieht unmittelbar, daß es nicht notwendig ist, daß beim Übergang von einer Kurve <t,. zur nächsten immer genau ein Pol neu dazukommt. Sind es mehrere, so sind die entsprechenden Residuen einfach zu einem -Glied in der Reihe (7) zusammenzufassen.

Es handelt sich offenkundig jetzt nur noch darum, Bedingungen aufzu-stellen, unter denen J et•f(s) ds für n + oo gegen 0 strebt. Das hängt natür-

<t,. lieh sowohl von /(s) wie von der Gestalt der Kurven <t,. ab. Bestehen diese aus Kreisbogen um den Nullpunkt (oder um einen beliebigen anderen Punkt), so zeigt Satz 1 [4. 7], daß die Bedingung

!f(s) I ~ 15,. auf <t,., 1},. + 0 für n + oo

hinreichend ist. Denn ist x0 ~ 0, so sind die <t,. höchstens gleich einem Halb­kreis, Satz 1 [4. 7] ist also unmittelbar anwendbar. Ist x0 > 0, so wendet man auf den in <t,. enthaltenen Halbkreis den Satz an, während auf den Restbogen et• und die Länge des Integrationsweges beschränkt ist und f(s) gleichmäßig gegen Ostrebt, so daß auch diese Integralbeiträge gegen 0 konvergieren (Fig.16). Damit ergibt sich:

Page 272: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

276 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

Satz 1125• f(s) sei in der ganzen s-Ebene analytisch bis auf die Pole s0 , s1 , ••• ,

die in einer linken Halbebene m.s < x0 liegen. Es sei bekannt, daß f(s) eine l!,-Trans­formierte ist, deren L-Funktion sich in der Gestalt

x0 +ioo

F(t) =V. P. 2 ~i j et 8 f(s) ds %0 -ioo

Fig.l6

darstellen läßt. Auf den in 9ts ~ x0 gelegenen Bogen von unendlich vielen Kreisen I s I = en (n = 0, 1, ... ; en-+ oo), die durch keinen Pol hindurchgehen, sei

lf(s) I ~ ~"' wo ~n-+ 0 für n-+ oo.

(Diese Bedingung ist z. B. erfüllt, wenn I sk f(s) I < M für ein k > 0 auf den Bogen ist.) Bedeutet rp(t) das Residuum von et 8 f(s) in Sv [siehe (6) und (8)], so ist

00

F(t) = J: rv(t); P-0

dabei sind diejenigen r,.(t), die den Polen zwischen zwei konsekutiven Kreisen ent­sprechen, jeweils zu einem Reihenglied zusammenzufassen.

Die Hauptschwierigkeit bei der Anwendung von Satz 1 besteht meist darin, das Verhalten von f(s) auf den Kreisen I s I = (]n abzuschätzen. Es kann vor­kommen, daß Kreise sich mit dem Charakter von f(s) sehr schlecht vertragen, daß dagegen auf anderen Kurven das Verhalten von f(s) leicht zu übersehen ist. Wir geben daher noch Sätze an, in denen die Kurven <rn offene Rechtecke und Parabeln sind.

Satz 2126• Satz 1 bleibt richtig, wenn die aztf die Kreise I s J = en bezügliche Be­dingung durch folgende ersetzt wird: Es gebe unendlich viele nach rechts olfene Rechtecke (die nicht durch die Pole von f(s) hindurchgehen), gebildet aus den

Page 273: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Residuenrechnung 277

Horizontalen in den Höhen ±wn und den Vertikalen bei den Abszissen -An, wo Wn ~ oo, An~ oo und Wn = O(A,!•), k1 beliebig, mit folgenden Eigenschaften: f(s) auf den Horizontalseiten strebt gleichmäßig gegen 0 fitr n ~ oo, f(s) auf der Vertikalseite ist O(A.!•), d.h.

!f(x ± i Wn}[ < <)n für -An ;;;;; X ;;;;; x0 , <)n-+ 0 für n ~ oo;

!f(-An+iy)! <MA!• für !Y! ~wn,

M und k 2 beliebig groß ~ 0, unabhängig von n. Beweis: Auf den Horizontalseiten eines solchen Rechtecks ist

I ~ I ~· d 1/ e 1' f(s) ds ;;;;; j eh: <)n dx = --t" (e1x•- e-tAn) ~ 0 für n -+oo bei t > 0, • -in

auf der Vertikalseite +wn i/ e 1' f(s) ds I ;;;;; J e-tAn M A!• dy = 2 Wn e-tAn M A!'

-wn

Das Integral über ein Rechteck strebt also mit wachsendem n gegen 0, was nach S. 275 für die Gültigkeit von (7) genügt.

Satz 3127• Satz 1 bleibt richtig, wenn die auf die Kreise I s I = f!n bezügliche Be­dingung durch folgende ersetzt wird: Auf den in 9ts = x0 gelegenen Bogen (.in der Parabelschar mit der Gleichung in Polarkoordinaten*)

n- Pn .:;--- sin2 D/2 (0 < Po< Pt< · · ., Pn ~oo)

(Brennpunkt ins= 0, Scheitelins = -Pn) sei

lf(s) I ;;;;; <)n, wo <)n-+ 0 für n ~oo.

Beweis: Es sei zunächst x0 ~ 0. Liegt s auf einer der Parabeln, so ist

*) Die Gleichung kann in der Form geschrieben werden:(!= 2Pnf(l- cosfl) odere=x+2Pn• d. h. der laufende Punkt hat vom Nullpunkt denselben Abstand wie von einer Parallelen zur :v-Achse im Abstand 2 Pn nach links.

Page 274: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

278 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

Mit der aus der Figur 17 ersichtlichen Bedeutung von "Pn ist

(3n/2)+w11 Pn {}

II' I f t~cos p 111 = _j et• f(s) ds ~ e sm <5n TSinsD/21- d&.

l(l; (n/2) -w11

Da (n/2) - "Pn ~ & ~ (3 n/2) + "Pn und 0 ~ "Pn < n/2 ist, so gilt:

0 < -~- - _'P.._ ~ _!_ ~ 3 n + 'Pn < n. 4 2-2-4 2

Demnach ist sin &/2 positiv und besitzt das Maximum 1 (für & = n) und das Minimum sin[(n/4)- (tp11(2)] = C11 • Da cos& zwischen n/2 und 3n/2 negativ,

Fig. 17

in den überschießenden Intervallen von (n/2) - "Pn bis n/2 und 3 n/2 bis (3 n/2) + "Pn positiv ist, können wir 1 für t > 0 so abschätzen:

111 ~ _r5;;n_ [ ?:tp11 cos{}d&+( .T+(3nl+V'n) et-:~ cosD d&]

n/2 (:r/2)- Y'n 3 n/2

[ :r n/2 Pn l

= 2 _i~_fn r etpncos{} d& + r /c_;._ cos{} d& n ~ ~

n/2 (n/2)- V'n

<> ,. t -- - Slfitp

[ n/2 'l'n Pn . l

= 2 _r5;fn ! e-tpnsinqo dq; +/ e ciz dq; .

Im ersten Integral wurde die Substitution&= (n/2) + q;, im zweiten&= (n/2) -q;] gemacht.] Im Intervall 0 ~ q; ~ n/2 ist (2/n) q; ~ sin q; ~ q;, also

t5 p ----IP11 '1' ~' t-;-'1' [

n/2 2 '1'11 Pn l 111 ~ 2 --;1..!'_ I e " dq; +) e 'n dq;

On :n; - t P 2 C' Pn V'n [ ( t )] = 2 ecr -2- (1 - e n) + cn e n - 1 .

Page 275: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Residuenrechnung 279

Für n-+ oo ist bn-+ 0, Pn -+ oo , "'Pn-+ 0, also cn-+ sin n/4 "~ V2i2. Bezeichnet man den Wert von e für die Endpunkte von l.tn mit f!n, so ist nach der Parabel­gleichung

P = n sin 2 (.!!- - _'!!_"!_) n o::n 4 2 '

Wegen f!n sin V'n = x0 ist Pn "'Pn-+ x0 sin 2 n/4 = x0f2. Folglich ist ] -+ 0 für n-+oo.

Ist x0 < 0, so ist offenbar die Majorante für ] kleiner als die obige, also strebt ] erst recht gegen 0.

Beispiele von Funktionen, denen die Parabeln besonders gut angepaßt sind, werden durch Quotienten von Hyperbelfunktionen der Variablen Vs geliefert, wie sie uns später bei der Behandlung von Randwertaufgaben parabolischen Typs vermittels ß-Transformation entgegentreten werden. Wir wählen als Beispiel folgende Funktion, die noch von einem Parameter cx abhängt128 :

coshcc yS f(s) = --------yssinhys

( -1 ~ cx ~ + 1).

Umläuft s den Nullpunkt einmal, so wechselt Vs und sinh Vs das Vorzeichen, während cosh cx Vserhalten bleibt. f(s) kehrt somit zum Ausgangswert zurück, ist also eindeutig. Der Nenner verschwindet von erster Ordnung für Vs = v n i (v = 0, ± 1, ... ), während der Zähler an diesen Stellen von 0 verschieden ist, so daß f(s) die einfachen Pole

(v = 0, 1, 2, ... )

besitzt. Zunächst haben wir festzustellen, daß f(s) eine I-Funktion ist, deren L-Funktion durch das komplexe Umkehrintegral dargestellt wird. Es sei s = e ei0 und 9ls ;;;:;; x0 > 0, also -n/2 < {} < + n/2 und

Dann ist für cx ;;;:;; 0 :

und somit

Page 276: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

280 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

Für 0 ~ oc < 1 ist f(s) nach Satz 4 [7.2] eine !-Funktion, auf die die komplexe Umkehrformel anwendbar ist, denn für noch sogroßeseist f(s) s 1 +< in 9ls ~ x0

beschränkt. Für oc = 1 schätzen wir so ab:

1 : 1 - 2Vs 1 cosht/s. 1 II I 1+e-2Vs - ~-------=-·

VssinhVs-- ·v.s-,-1

-~ Vsü-e-2Vs) I 2 I e I -- = i--------- -r

Vs i i Vs Ü-e-2Vs) I

e- 2 Ve/2 < 2 ----- -,-----­= 11e-ü-e-2Vi.T2)

[f(s) - 1/VSJ s1+e ist für jedes e in 9ls ~ x0 beschränkt, also ist wiederum Satz 4 [7.2] anwendbar.- Für oc < 0 hat f(s) denselben Wert wie für -oc > 0.

Wir betrachten nun die Parabeln <tn:

(n = 1, 2, ... ),

deren Scheitel zwischen den Polen von f(s) liegen. Da es für f(s) gleichgültig ist, welchen Zweig wir unter Vs verstehen, können wir in Vs = Ve e<D/2 den Winkel{} von 0 bis 2n laufen lassen*). Liegtsauf <tn, so ist:

[n-:(112)] n eiD/2 = (n- 2.) n(ctg !!_ + i) = (n- -1-)n(@ + i) ~mD/2 2 2 2

(e=ctg:, o<ff<2n). )Jun ist allgemein für reelle a und b:

also

cosh (a + b i) = 2_ (ea+bi + e-a-bi) 2

= ~ [ea(cosb+isinb)+e-a(cosb-isinb)]

= cosha cosb + i sinha sin b,

und entsprechend

Fürs auf <tn gilt also:

II c~shocVs \2= I coshoc[n-(1/2)]n(0+i) 12 smhVs sinh[n-(1/2)]:ll(0+i)

_ sinh2 oc[n- (1/2)]n0 +cos 2a[n- {1/2)]n - sinh2 [n-(1/2)] n0+sin 2 [n-(1/2)] n ·

*) Wir tun das, damit sin D/2 positiv ist.

Page 277: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Residuenrechnung 281

Für 1~1 ~ 1 ist

und

i cos~ ( n- {) n I ~ I sin ( n- ~) n i = 1,

also

I coshoc ~~-~ ~ 1 sinh V s [-

und infolgedessen für s auf <l:n:

I /(s) I < 1 ___ = - sin ffj!:__ < __ _1:___ -+ 0 für n -+ oo. = IVsl [n-(1/Z)]n = [n-(1/Z)]n

Damit ist die Bedingung von Satz 3 erfüllt. Nun ist noch das Residuum von e18 f(s) ins. nach Formel (8) auszurechnen. Es ist

p(s) cosh IX Vs -- = 2 ------------q'(s) sinh Vs h'r:: ·

---+cos ys Vs

Für s. = - v2 n 2 (v = 1, 2, ... ) ergibt sich

dagegen für s0 = 0: p(s0) 1 ---- = 2---1 q' ( s0) 1 + 1 - ·

Damit haben wir erhalten:

cosh IX yS ~ v v'n't - ---- •--o 1 + 2..::::., (-1) e- cos~vn

Vs sinh yS v~l (-1~~~+1).

Die entstandene L-Funktion für~= 2 v- 1 wird als Thetafunktion {}3(v, t) bezeichnet:

oo +oo

(9) ffa(V, t) = 1 + 2 .E e-v':r:'t COS 2 V 3t V= .E e- 2v:r:iv- .. :n't. v=l v=-oo

Unser Resultat kann also so geschrieben werden:

cosh(2 v-1) yS / 3(v, s) = - ----:----- .___., ff3(v, t)

yS smh Vs (0 ~V~ 1).

Die L-Funktion hat in v die Periode 1, die !-Funktion aber nicht. Außerhalb des Intervalls 0 ~ v ~ 1 gilt daher die Korrespondenz nicht; vielmehr muß

Page 278: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

282 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace-Transformierte

die l-Funktion in v periodisch mit der Periode 1 fortgesetzt werden. So ist z. B. für -1 ~ v ~ 0:

~{t9-3(v,t)}=~{t9-3(v+ 1,t)}= coshrz(v:-1)-lJVs = cosh(2.v+l)Vs. Vs smh Vs Vs smh Vs

Die Reihe (9) ist die formale gliedweise Übersetzung der Partialbruchent­wicklung von /3 (v, s), deren Richtigkeit aber nicht bewiesen war. Nachträglich kann man jetzt zeigen, daß die Funktion f3(v, s) durch die ihre Pole in Evidenz setzende Partialbruchreihe tatsächlich dargestellt wird und daß keine zusätz­liche ganze Funktion auftritt. Man braucht dazu nur die Reihe (9) gliedweise der ~-Transformation zu unterwerfen:

(10) fa(v,s) = cosh(2v-l)J0"_ = _!_ + 2f; cos2:_n2v_, Vs sinh Vs s v-l s+v n

was nach Anhang Nr. 41 für 9ls = x > 0 gerechtfertigt ist, weil die Reihe (9) in jedem endlichen Intervall 0 < t0 ~ t ~ t1 gleichmäßig konvergiert (sie wird

00

durch die Potenzreihe 1 + 2}; (e-"'1•)"' majorisiert) und v-1

für jedes x > 0 konvergent ist.

Die ~-Transformierte einer periodischen Funktion

Wir wollen die bei meromorpher l-Funktion vorliegenden Verhältnisse noch durch ein typisches Beispiel beleuchten. Hat F(t) die Periode T, so ist

oo 00 (k+l)T 00 (k+1)T

f(s) =I e-•t F(t) dt =.I: r e-•t F(t) dt =.I: r e-•t F(t- k T) dt o k-o k'T k-o k"'r

oder mit t- k T = u: T T

(11) f(s) = t e-kTs / e-•" F(u) du= 1 _i.:-:rs I e-•u F(u) du, k -0 (I (I

wobei man zugleich sieht, daß ~{F} für 9ls > 0 existiert*). Das endliche ~-In­tegral ist eine ganze Funktion (siehe S. 145), 1- e-Ts hat die einfachen Null­stellen Sn= n (2:rcfT) i (n = 0, ± 1, ... ). Also ist f(s) meromorph und hat höch-

------------------------

*) Formel (11) kann aus F(t) = F(t + T) auch vermittels Satz 1 [2.11] abgeleitet werden.

Page 279: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Berechnung des komplexen Integrals durch Re,;idn<'IIn·chuuiig 283

stens die auf der imaginären Achse liegenden äquidistanten Punkte s" zu ein­fachen Polen. sn ist dann und nur dann kein Pol, wenn

T T

fe-sn" F(u) du =fe-i"(2 n/T)t< F(u) du=" 0

0 u

ist. Die Funktionen ein(2n/T)t (n = 0, ± 1, _ .. ) bilden im Intervall 0 ~ t ~Tein vollständiges Orthogonalsystem :

Der Wert

! fO für m=t=n I eim(2n/T)t e-in(2::r/T)t dt = _

1) \ T für m ~~ n.

T

cn = -~-./ e-in(2n/T)" F(u) du

0

ist der Fourier-Koeffizient von F(t) hinsichtlich dieses Systems. Bildet man sämtliche cn, so ent.spricht also jedem nichtverschwindenden cn ein Pol, jedem verschwindenden cn eine Stelle der Holomorphie von f(s).

Ist die periodische Funktion F(t) speziell in eine Fourier-Reihe entwickel­bar, d.h. konvergiert die Reihe

+oo

(12) F(t) = I: Cn ein(2n/T)t n= -oo

und stellt sie F(t) dar, und darf E{ F} gliedweise ausgeführt werden:

(13)

so ist die obige Aussage unmittelbar einleuchtend129•

Wählen wir die periodische Funktion F(t) so, daß ihre Fourier-Reihe nicht überall konvergiert (es gibt sogar stetige Funktionen, deren Fourier-Reihe in einer überall dicht liegenden Punktmenge divergiert), so wird zwar f(s) = E{F} durch die Formel (11) dargestellt, aber die Reihe (13) darf, selbst wenn sie für alle s =1= sn konvergiert, sicher nicht gliedweise in den L-Bereich übersetzt werden.

Erwähnt sei noch eine Folgerung, die wir an späterer Stelle verwerten kön­nen. Die periodische Funktion F(t) sei in eine Fourier-Reihe entwickelbar (also z.B. differenzierbar, oder stetig und von beschränkter Variation). Ferner möge man aus dem Verhalten von F(t) erschließen können, daß f(s) = E{F} außer­halb eines Kreises, also für I s I > a holomorph ist, mit eventueller Ausnahme von s = oo. Dann müssen die cn mit In 12 nJT > a verschwinden, und F(t) ist ein Exponentialpolynom:

+N F(t) = I: cn ein(2n/T)t.

n- -N

Page 280: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

284 7. Kap.: Darstellbarkeit einer Funktion als Laplace·Transformierte

(/(s) ist dann im Unendlichen sogar holomorph.) - Wenn die erste Voraus­setzung über die Entwickelbarkeit von F(t) in eine Fourier-Reihe nicht ge­sichert ist, so folgt aus der Holamorphie von f(s) außerhalb eines Kreises, daß nur endlich viele c,. =1= 0 sind; es seien dies c,. •• c,.,, ... , c,.,. Dann ist aber nach dem Resultat S. 283

F(t)- c e'"·{2n/T)t- ••• - c e'"z{2n/T)t ... nz

zu allen Funktionen des vollständigen Orthogonalsystems e'"<2n/T)t orthogonal, also eine Nullfunktion. Mithin ist F(t) die Summe aus einem Exponential­polynom und einer N ullfunktion.

Problem: Es ist das Analogon zu folgendem Satz130 über Potenzreihen auf­zustellen: Die Folge a0 , a1 , ••• enthalte eine endliche Anzahl verschiedener Größen. Damit die Folge von einer Stelle an periodisch sei, ist notwendig und

00

hinreichend, daß die Potenzreihe tp(z) = J: a,. z" nur eine endliche Anzahl sin­n-o

gulärer Punkte auf dem Einheitskreis hat, und dann ist

wo P(z) ein Polynom ist.

P(z) p(z) = 1-zm'

Page 281: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

285

8. KAPITEL

WEITERE UMKEHRFORMELN

FÜR DIE LAPLACE-TRANSFORMATION

Außer der komplexen Umkehrformel gibt es noch eine Reihe weiterer Um­kehrformeln für die .e-Transformation, die in manchen theoretischen Unter­suchungen eine Rolle spielen, während fast überall, wo es sich um spezielle Funktionen und praktische Probleme handelt, die komplexe Umkehrformel den Vorrang behauptet. Einige dieser Formeln, die nur im Raum der im Lebes­gueschen Sinne quadratisch integrablen Funktionen eine exakte Abgrenzung ihres Gültigkeitsbereichs gestatten, werden wir erst im 12. Kapitel kennen­lernen.

Während die komplexe Umkehrformel die Werte der l-Funktion f(s) auf einer vertikalen Geraden benutzt, gehen die im folgenden behandelten Formeln von den Werten von f(s) auf der reellen Achse aus. Eine weitere Umkehrformel mit derselben Eigenschaft werden wir in 12.6 ableiten.

§ 1. Berechnung der L-Funktion aus den Werten der /-Funktion für große reelle s

Die komplexe Umkehrformel in der Gestalt von Satz 1 [4.5] kann man von einerneuen Seite verstehen lernen, wenn man unter skrupelloser Vertauschung der Integrationen schreibt (x > 0 und im Konvergenzgebiet von .e{F}):

oo x-r-ioo I. 1 " e•(t-T) = F(-c) d-c --23t [ j - 5- ds.

Ö x-'ioo Nach 4.4 (4) ist für x > 0:

x+ioo j1 fu"r t-.,.. > 0 2 ~i / _e_·~-T) ds = [ •

x-ioo 0 für t - T < 0,

Page 282: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

286 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transforrnation t

so daß nur j F(-r) d-r übrigbleibt. Ein Grund für das Bestehen der Umkehr-o

formelist also das Eingehen des <<diskontinuierlichen Faktors>>. Man kann diesen nun bekanntlich auf sehr viele Arten analytisch darstellen, so daß man hoffen kann, auf diesem Wege weitere Umkehrformeln zu erhalten. Als brauchbar erweist sich folgende Darstellung:

lim ( 1 - ' •"') J : -: für ct>O

(1) für ct=O

s~oo l 0 für (t < 0,

wobei s durch reelle Werte gegen oo zu streben hat (oder auch 9ls gegen oo streben kann). Sie liegt folgender Umkehrformel zugrunde:

Satz 1131 • E{F} = f(s) besitze eine Halbebene absoluter Konvergenz. Dann ist

(2) t ,. oo ( -1)n+ 1 j F(-r) d-r = lim ,I;- ii! ····· ·· f(n s) enst für t > 0*).

lj s-++oo n= 1

Beweis: Für hinreichend große positive s konvergiert wegen f(n s) -+ 0 fol­gende Reihe:

00 ( )n+l 00 (·-1)n+l ~~ " -1 f(n s) en•t = " -- I --- en•t e-nsr F(-r) d-r

!;:1 n! ~1 n. . 0

00

}• ~ (-l)n+l ns(l-T)

= F(-r) ~ - ·- - 1 -·-- e d-r. n.

0 n=-1

Die Vertauschung von Summe und Integral ist nach Anhang Nr. 41 gerechtfer­tigt, da die letzte Reihe in jedem endlichen Intervall gleichmäßig konvergiert und

00 00 1 •

,E--r- enstj e-nsr IF(-r) j d-r 1 n.

n- 0

wegen der Beschränktheit des Integrals für allen konvergent ist. Damit haben wir gefunden :

00

~ (-1)n+l nst I ( -es(l-r)) f::-1--- 111 ---f(ns)e = F(-r) l-e d-r.

0

*) Für t~ 0 ist der Grenzwert auf der rechten Seite offenkundig gleich 0.

Page 283: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§I. Berechnung aus den Werten der I-Funktion für große recHe s 287

Wenn man auf der rechten Seite den Grenzübergang s-+ + oo unter dem Integral ausführen darf, steht wegen (1) die Behauptung da. Zur exakten Durchführung des Grenzübergangs schreiben wir zunächst mit 0 < b < t:

00 t t-6 I .! F(-r) ( 1- e-e•(l-•)) d-r =.! F(-c) d-r-J F(-r) e-•s(l-•) d-r- /F(-c) e-e•(l-•) d-c 0 0 0 1-6

1+6 00 +I F(-c) ( 1 - e-•s(I-T)) d-c + /F(-c) ( 1- e-•s(I-T)) d-r. t 1+6

Wegen e•(l-•) > 0 ist

0 < e-··•(l-•) < 1 also auch 0 < 1- e-••(t-r) < 1. '

Zu gegebenem e > 0 können wir daher b so klein wählen, daß

I I : J F(-c) e-•s(I-T) d-c; ~ /IF(-c) I d-c < : :1-6 t -6

und 1+6 1+6 J F(-c) ( 1- e-e•(t-•)) d-r J ~ /IF(-c) I dT < :

e I t

wird, unabhängig von s, womit b festliegt. -Wegen

ist für alle hinreichend großen s

I 1-6 ! 1-6

1/F(-c) e-••(I-T) d-c! ~ e-•'6 / IF(-r) I d-r < : . iO I 0

Weiter ist*) 0 < 1 - e-z < z für z > 0,

mithin 0 < 1 - e-es(I-T) < es(I-T)'

also • 00 i ~ . I j F(-c) ( 1- e-••(t-T)) d-c 1 ~ e•tj e-sT IF(-c)i d-c. it't6 l 1+6

--·-·--·----·-----

*) Nach dem Rolleschen Satz ist (e-•-1)/z = - e- ez (0 < 0 < 1), also

l-e-•=ze-9•<z für z>O.

Page 284: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

288 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

Ist s0 ein reeller Punkt, wo E{F} absolut konvergiert, so gilt fürs> s0 :

00 00 00

le-ST IF(•) I a. = fe-(s-s,)T e-s,T IF(<) I do ~ e-(s-s,)(t+6)1e-•·T IF(•)I do 1+6 1+6 1+6

Also ist 00 I F(<) (1- e-e•(t-T)) d< = O(e- 65 ) < :

I+IJ

für alle hinreichend großen s, und damit

00 t I F(<) ( 1 - e-e•(t-T)) d<-I F(<) d< i < e 0 0

für alle hinreichend großen s, womit die Behauptung bewiesen ist. Es ist bemerkenswert, daß Formel (2) nur die Werte von f(s) für beliebig

große reelle s benötigt. Aus Satz 1 ergibt sich ein neuer Beweis für den Eindeutigkeitssatz 4 [2. 9].

Wie bei dem Beweis S. 74 schließen wir zunächst, daß q;(s) = E{ «P} für s = n a (n = 1, 2, ... )verschwindet. Da E{«P}absolut konvergiert, ist nach Satz 1:

(3) t

)• oo {-l)n+l «P(<) d< = lim J: --1 - q;(n s) en•t.

n. 0 s__,.+oo n~1

Der Grenzwert für kontinuierlich wachsendes s stimmt mit dem für eine gegen oo strebende Folge überein. Wir setzen daher s = v a und lassen v die Folge 1, 2, ... durchlaufen. Nun ist aber

q;(n s) = q;(n v a} = tp(t-t a} = 0 (t-t = ganze Zahl) ,

also die rechts stehende Summe 0 und damit auch ihr Grenzwert. Somit ist I

j «P(<) d< =: 0 und wegen der Stetigkeit von «P(t) auch «P(t) =: 0, woraus 0 t

j F(<) d< =: 0 folgt. 0

Wir machen von Satz 1 einige weitere Anwendungen. Satz 2132 • Ist f(s) = E{F} in einer unendlichenFolge von äquidistanten Punk­

ten, die auf einer Parallelen zur reellen Achse liegen, reell:

f(s 0 + n a) reell (s0 ein Konvergenzpunkt, a > 0, n = 1, 2, ... ),

so ist f(s) auf dem ganzen Strahl s = s0 + r (r > 0) reell. Beweis: In der Bezeichnung von S. 74 ist

00 1 .

--- f(s0 + n a) = / e- nat «P(t) dt = q;(n a) reell für n = 1, 2, .... na

0

Page 285: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Berechnung aus den Werten der I-Funktion für große reelle s 289

Lassen wir in (3) s wieder durch die Multipla v q laufen, so ist die rechte Seite

' reell, also J (l)('r) d-r und damit die stetige Funktion (l)(t) reell. Dann ist aber 0

00

f(s) = (s- so) r e-(J-s,)t (l>(t) dt

ö

für s = s0 + r (r > 0) ebenfalls reell. Satz 3. f(s) = .s:!{F} kann nicht in einer äquidistanten Punktreihe parallel

zur reellen Achse abwechselnd positiv und negativ sein. Beweis: Dieser Satz ergibt sich auf Grund des vorigen sofort aus Satz 5

[2. 9]. Denn wäre f(s) in einer äquidistanten Punktreihe abwechselnd positiv und negativ, so wäre f(s) nach Satz 2 auf dem ganzen Strahl s = s0 + r reell, hätte also zwischen je zwei konsekutiven Stellen n q und (n + 1) q mindestens eine Nullstelle. Sind s. (v = 1, 2, . 0 .) die sämtlichen Nullstellen von f(s) auf der

00

Horizontalen s = s0 + r, so divergiert}; 1/s •. Also müßte f(s) = 0 sein, könnte •-1

daher nicht Werte verschiedenen Vorzeichens annehmen. Man kann diesen Satz aber auch direkt auf Grund von (3) beweisen. Es sei

00 l ::::; 0 für gerade n f(s0 + n u) = n uje-nat (l>(t) dt = n q tp(n u)

0 ~ 0 für ungerade n,

wobei nicht dauernd das Gleichheitszeichen gelten soll, so daß mindestens ein­mal z. B. tp(n u) < 0 ist. Läßt man in (3) die Variable s durch die ungerad­zahligen Multipla (2 k + 1) q laufen, so ist

also

I s 0 für gerade n tp(n s) = tp(n (2 k + 1) u) Jl-

~ 0 für ungerade n,

00 (-1)"+1 }; ---;z1--- tp(n s) e•ut ~ 0 n-l 0

und daher nach (3) : t

j (l)('r) d-r ~ 0 für t > 0. 0

Dann ist aber nach Satz 1 [2.12], wenn wir, was erlaubt ist, ~0 ~ 0 nehmen, auch

im Gegensatz zu der Voraussetzung, daß mindestens einmal tp(n u) < 0 ist.

Doetsch I/19

Page 286: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

290 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

§ 2. Berechnung der L-Funktion aus den Werten der Ableitungen hoher Ordnung von/(s) für große reelles

Die komplexe Umkehrformel ist das Analogon zur Cauchyschen Koeffizien-oo

tenformel für Potenzreihen <p(z) =};an zn. Man wird erwarten, daß es auch n-0

zu der Taylorschen Formel a,. = <p<"l(O)/nl ein Analogon gibt. Daß dieses nicht so auf der Hand liegen kann wie das Analogon zur Cauchyschen Formel, er­hellt schon daraus, daß man in der Taylorschen Formel im Gegensatz zur Cauchyschen den Parameter n nicht ohne weiteres kontinuierlich variieren lassen kann. Immerhin gibt es für die Ex-Transformation eine Umkehrformel, die insofern mit der Taylorschen Ähnlichkeit besitzt, als sie die Ableitungen von f(s) benutzt, und zwar ihre Werte auf der reellen Achse in der Umgebung des Punktes s = oo (der der Stelle z = 0 entspricht). Im Gegensatz zur Taylor­schen Formel braucht man nicht alle Ableitungen, sondern nur die beliebig hoher Ordnung.

Satz 1133• Wenn E{ F} = f(s) eine Konvergenzhalbebene besitzt, so ist fast überall und insbesondere an jeder Stetigkeitsstellet > 0 von F(t):

(1)

HatFan der Stelle t > 0 Grenzwerte von rechts und von links, so ist F(t) durch [F(t + 0) + F(t- 0)]/2 zu ersetzen.

Beweis: Ist kft (t > 0) größer als die Konvergenzabszisse von E{F}, so ist nach Satz 1 [3. 2] :

also

00 00

t<"> ( ~) = J e-(k/t)T (--r)" F("r) d-r = (-1)" (! )k+ 1/ e-u u" Fcku) du, 0 0

00

Je-" u" F(t ufk) du (~~)" (; )k+1 t<"> (;) = 0 _____ öO _____ _

je-"u"du 0

Der Grenzwert für k-+ oo ergibt sich in der bei Ausdrücken der rechts stehen­den Art geläufigen Weise: Die Funktion h(u) = e-u u" (k > 1) hat, wie man mitHilfevonh'(u)=e-uuk-l (k-u) feststellt, bei u=kdaseinzigeMaximummit h(k) = e-" k", das mit k wächst. Nach links und rechts werden die Werte rasch klein. Der Hauptbetrag des Flächeninhaltes der Kurve y = h(u), auch der mit F(t ufk) multiplizierten, rührt also bei großem k von der unmittelbaren Um­gebung der Stelle u = k her. Ist F in t stetig, so sind die Werte von F(t ufk} in dieser Umgebung wenig verschieden von dem Wert an der Stelle u = k, d.h. von F(t). Im Zähler steht also für großes k im wesentlichen das F(t)-fache des Nenners.

Page 287: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Berechnung aus den Werten der Ableitungen für große reelles 291

Ausführlich: Wir schreiben die Behauptung in der Form (t fest > 0):

"" ](k) = ~~ ( e-" ztk [F(t ~) - F(t)] du

0 00

~~ ( ~ )k+l /e-(k/t)r -rk [F(-r)- F(t)] d-r-+ 0 für k-+ oo. 0

Mit T

P(-r) = f [F(v) - F(t)] dv j

folgt durch partielle Integration:

(• > 0)

](k) = ~ 1 (!!_)k+l f e-(klt)r -rklJf(-r) I"" +je:? e-(kjt)r (!!_ .k- k .k-1) P(-r) d-rl k! t l l T •

;0 0

Ist x > 0 ein reeller Konvergenzpunkt von ~{ F}, so ist nach Satz 1 [2.12]:

also auch

4>(-r) = j F(v) dv = o(ex') für T-+ oo, 0

P(-r) = 4>(-r) - if>(t) - F(t) (-r- t) = o(en) für -r -+oo.

Für festes k > t x ist daher

und somit 00

](k) = k\ e~r;-I k je-(kftlr-rk-t (T- 1) P(-r) d-r u

Die betrachtete Stellet sei nun von der Art, daß

(2)

also erst recht

T

{IF(v)-F(t)ldv=o(l-r-t!) für -r-+t, i

ist. WennFan der Stellet stetig ist, so ist

T f IF(v) - F(t) I dv ~ o~:~~ ~~~~:ze IF(v)- F(t) I · I•- tl,

Page 288: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

292 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace·Transformation

also (2) sicher erfüllt. Darüber hinaus gilt aber (2) nach Anhang Nr. 46 bei einer integrierbaren Funktion für fast alle t. Bei einem derartigen t kann man zu e > 0 ein <5 > 0, das wir < 1 annehmen können, so bestimmen, daß

IP"(tu)l<t; Iu-li für lu-11~<5

ausfällt. Dann ist 1+6

1 kk+2 ;· IJ1I= y-Ji! e-kuuk- 1(u-l)P"(tu)du 1-<1

1+6 00

< e kk+ 2 f -ku k-1 2 e kk+ 2 r -ku k-1 2 ;r - -- e u (u - 1) du < --- -- e u (u - 1) uu 3 k! 3 k! . 1-<l ö

Das letzte Integral ist gleich

also gleich

r(k_+2) _ 2 r(k+l) + r(k) = (k+l)!-zk ·k!+k 2 (k-1)! k! kk+2 kk+l kk kk+2 _______ = 7ik+2 .

Demnach gilt für k > t x:

(3) lAI < {·

Nun haben wir bei dem durch die obige Bedingung festgelegten <5 noch die 1-<1 00

Integrale j und j abzuschätzen. Die Funktion e-ku uk-l hat für u > 0, 0 1+<1

k ~ 2 ihr Maximum an der Stelle u = 1- (1/k), die für hinreichend große k rechts von 1 - <5 liegt, so daß wir erhalten:

Die Funktion e"(l - <5) hat bei <5 = 0 ihren Maximalwert 1, also ist

(4)

Daher ist für alle hinreichend großen k

und [e6(l - ö)]k < -J2

(5)

Page 289: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Berechnung aus den Werten der Ableitungen für große reelle s 293 00

auf Grund der Stirlingschen Formel (Anhang Nr. 5). - Um schließlich J abzu-1+6

schätzen, wählen wir eine feste Zahl k0 > t x und schreiben für k > k0 :

Die Funktion e-(k-k,)u uk-k, hat ihr Maximum für u = 1, also ist

00

I Ja I ~ : ~:72 e-(k-k,)(l+6) (1 + lJ)k-k,je-k•uuk,-1 (u -1) \P(tu) I du,

1

wobei das Integral auf der rechten Seite konvergiert, weil P(t u) = o(ez1") ist. Dies bedeutet:

Das ist dieselbe Abschätzung wie oben bei ] 2 , nur ist ö durch- ö ersetzt. Also ist für alle hinreichend großen k auch

(6) IJal < -j- ·

Die Formeln (3), (5) und (6) ergeben zusammen die Behauptung. Ist F in t nicht stetig, hat aber Grenzwerte von links und rechts, so braucht

1+6 1 1+6

man nur das Integral j noch in j und j zu zerspalten. 1-6 1-6 1

Bemerkung: Für ein bekanntes Paar von zusammengehörigen Funktionen F(t) ~·f(s) erhält man aus Satz 1 eine Grenzwertrelation für j(k)(k/t)ls'.

Wir machen von Satz 1 einige Anwendungen. Ist F(t) reellwertig, so ist f(s) für die reellen s der Konvergenzhalbebene auch reellwertig (nicht not­wendig für alle reellen s, wof(s) als analytische Funktion existiert, siehe z.B. ~{1/~} = 1/Vs). Aus Satz 1 folgt die Umkehrung:

Satz 2. Ist f(s) = ~{F} fiir die reellen s der Konvergenzhalbebene rechts von einer Stelle x0 reell, so ist F(t) fast überall reell*).

Beweis: Für s > x0 sind alle Ableitungen von f(s) reell, also ist F(t) an allen Stellen, wo es durch Formel (1) dargestellt wird, d.h. fast überall, reell.

*) Dies wurde implizit schon bei Satz 2 [8.1) mitbewiesen. Ist dort speziell s0 reell, so folgt t

aus der bewiesenen Realität von ll>(t) = j e-s,T F(T) dT, daß F(t) fast überall reell ist.- Übrigens 0

zeigt Satz 2 [8. 1], daß es im obigen Satz 2 schon genügt, daß f(s) in einer äquidistanten Punktreihe auf der reellen Achse reell ist.

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294 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

Eine andere Anwendung von Satz 1 ist die folgende: Satz 3. Notwendig und hinreichend dafür, daß eine !-Funktion f(s) = E{F}

für reelles= x in der Konvergenzhalbebene vollmonoton*} ist, ist die Bedingung, daß fast überall F(t) ~ 0 ist.

Beweis: Ist F(t) ~ 0, so ist 00

( -1}n f<nl(x) = ( e-xt tn F(t) dt ~ 0 ö

(n = 0, 1, 2, ... ) .

Ist umgekehrt (-1)n f<nl(x) ~ 0 für x ~ x0 , so ist nach Satz 1 fast überall F(t) ~ 0.

Außer den !-Funktionen mit F(t) ~ 0 gibt es noch weitere vollmonotone Funktionen, z.B. e-• (diese Funktion ist nach S. 80 sicher keine !-Funktion). Dagegen gilt der bemerkenswerte Satz135, daß jede für x > x0 vollmonotone Funk­tion sich durch ein für x > x0 konvergentes Laplace-Integral in Stieltjesscher

00

Gestalt J e-"'t df/>(t) mit nichtabnehmendem f/>(t) darstellen läßt, also nach Satz 0 00

2 [2. 8] auch durch einen Ausdruck der Form x / e-"' t f/>(t) dt + const. ö

Es sei noch ohne Beweis erwähnt, daß die Umkehrungsformel (1) so ver-allgemeinert werden kann 136 :

F(t) = lim J~l~~ (~~~r+l f(k)(~;~-), k-+oo

WO ek eine reelle Zahlenfolge mit ek = o(k) für k-+ 00 bedeutet. Speziell für (k + 8")/t = [kjt] (vgl. Fußnote **) S. 58) ergibt sich:

F(t) = lim (-~)k [-k-]k+l f<kl([-k_·-])' k-+oo k. t t .

für (k + 8~c)Jt = x mit k = [x t]:

( 1) k I F(t) = lim -=--- x k+ 1 f<kl (x) i

x-+oo k! :k-[xt]

Wie schon S. 260 betont wurde, kann man jede Umkehrungsformel zum Aus­gangspunkt einer Untersuchung des Darstellungsproblems machen. Bei der komplexen Umkehrformel erhielten wir nur hinreichende Bedingungen dafür, daß eine analytische Funktion f(s) sich als .Q-Transformierte darstellen läßt. Der in Satz 1 vorkommende Differentialoperator

hat sich nun als gut geeignet erwiesen für die Formulierung von notwendigen und hinreichenden Bedingungen dafür, daß sich eine (nur im Reellen gegebene)

*) Vgl. S. 184, Fußnote*).

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§ 2. Berechnung aus den Werten der Ableitungen für große reelles 295

Funktion f(s) als ~-Transformierte einer Funktion F(t) mit bestimmten Eigen­schaften darstellen läßt. Da F(t) sich dabei als lim Lk,t{f(s)} ergibt, so ist es

k-+ 00

naheliegend, daß einfach Lk,t{f(s)} für alle k eine analoge Eigenschaft haben muß. Es seien als Beispiele die folgenden Sätze137 angeführt, die wir hier nicht beweisen, weil dazu eine umfangreiche Beschäftigung mit dem ~-Integral in Stieltjesscher Gestalt notwendig wäre.

Satz 4. Notwendig und hinreichend dafür, daß eine für reelle x > 0 definierte Funktion f(x) sich in der Form ~{F} mit

jF(t) I -;;;;;, M für t ~ 0

darstellen läßt, sind die folgenden Bedingungen: a) f(x) besitzt sämtliche Ableitungen für x > 0, b) es ist

!Lk,t{f(x)}l-;;;;;, M für k = 1, 2, ... ; t ~ 0,

c) lim f(x) = 0.

Satz 5. Notwendig und hinreichend dafür, daß eine für reelle x > 0 dejt"nierte Funktion f(x) sich in der Form ~{F} mit konvergentem

00

I!F(t)jP dt, p > 1, 0

(das Integral im Lebesgueschen Sinn verstanden) darstellen läßt, sind die folgen­den Bedingungen:

a) und c) wie in Satz 4, b) es gibt eine KonstanteM, so daß

00

I !Lk,t{f(x)}jP dt-;;;;;, M für k = 1, 2, .... 0

In diesem Zusammenhang sei eine andere Umkehrformel138 angeführt, die die Werte von f(s) auf der reellen Achse benutzt:

00

tk-1 I i)k F(t) =klim k! (k-=-z)T iJuk (u2k-l 13 - tu) f(u) du,

-'>00 0

und deren Integraloperator in ganz ähnlicher Weise .zur Formulierung von Be­dingungen für die Barsteilbarkeit durch gewisse Klassen von L-Funktionen benutzt werden kann.

Problem: Ob der der Umkehrungsformel von Satz 1 [8.1] zugrunde liegende Summenoperator zu ähnlichen Zwecken tauglich ist, scheint bisher nicht unter­sucht worden zu sein.

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296 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung

Wenn man zu f(s) nicht unmittelbar die L-Funktion angeben kann, so ist es naheliegend, f(s) in endlich oder unendlich viele Summanden zu zerlegen, zu denen einzeln die L-Funktionen bekannt sind. (Dies war schon die Grund­idee von 7.3.) Die Hauptschwierigkeit liegt natürlich immer in dem Nachweis, daß die .e-Transformation bzw. ihre Umkehrung mit der unendlichen Reihe vertauschbar ist. Wir wollen zunächst ein Beispiel vorrechnen, dessen Reihen­entwicklung bei manchen ähnlich gebauten Funktionen ebenfalls benutzt wer­den kann, ohne daß ihr eine allgemeine Bedeutung zukäme. Sodann werden wir uns Entwicklungen zuwenden, auf die sich eine allgemeine Theorie auf­bauen läßt.

Die schon S. 281 behandelte l-Funktion

fa(v, s) = cos~ (~ v -1) Vs Vssmh Vs

läßt sich in der Form schreiben :

(0 ~V~ 1}

1 e-C2v-1) Vs+ eC2v-1) Vs 1 r2vVs+e2Cv-J)Vs / 3 (v, s) = --=- -- = -_ Vs eY•-rVs Vs 1-e-2Vs

FüdRVs > 0, d.h. für alles mit Ausnahme von s ~ 0, kann man (1- e- 2 Ys)-1 in eine geometrische Reihe entwickeln :

fa(v, s) = __ 1=- (e-2vVs + e2Cv-t)l-1i} E e-2nVs

Vs n-0

= _ ~ (i' e-2Cn+vl Vi + i' e-2Cn+t-v) Vs) Vs n-.o n-0

Bei der Beschränkung 0 ~ v ~ l ist stets v ~ 0, n + v > 0, n - v ~ 0, also für die gliedweise Übersetzung die Korrespondenz

1 _ a.'/(4 t) e -a.Vs ---· - e o-• ---Vnt VS (IX~ 0}

brauchbar, wodurch man zunächst formal auf die L-Funktion

F(v, t) = -1 (e-v'/1 + i' e-Cn+v)'/1 + i' e-Cn-v)'/1) Vnt n-1 n-1

geführt wird. Daß tatsächlich .e {F(v, t}} = / 3 (v, s) ist, sieht man fürs> 0 leicht durch Anwendung von Anhang Nr. 41 ein, weil alle vorkommenden Größen

Page 293: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung 297

positiv sind. Da F(v, t) gleich der S. 281 definierten Funktion {}3(v, t) sein muß, erhalten wir für diese jetzt die neue Gestalt:

{}s(V, t) = ---~=- E e- (v+n)'Jt. v;it n--oo

Die beiden verschiedenen Rücktransformationen der Funktion f3(v, s) haben uns also einen Beweis der grundlegenden lin~aren Transformationsformel der Thetafunktion geliefert:

+oo +oo {}a(v, t) = E e-2•niv-•'n't = _!__ __ E e-(v+n>'Jt.

•- -oo V:n:t n- -oo

Derartige spezielle Entwicklungen, die wie in dem soeben vorgeführten Bei­spiel ihre Möglichkeit der besonderen Bauart der Reihe verdanken, werden wir im li. Band in dem Teil über Reihenentwicklungen, in dem es sich weniger um das Umkehrungsproblem als um die Herleitung bemerkenswerter Entwicklun­gen von bekannten Funktionen handelt, noch ausführlich studieren. Von un­serem gegenwärtigen Standpunkt aus interessieren uns mehr solche Entwick­lungen, die ganz allgemein für l-Funktionen gelten und wenigstens für große Klassen von L-Funktionen eine Darstellung durch gliedweise Rücktransfor­mation liefern.

Entwicklung der L-Funktion nach Laguerreschen Orthogonalfunktionen

Eine l-Funktion ist immer mindestens in einer Halbebene analytisch. Als solche nehmen wir die Halbebene 9ls > 0. Handelt es sich um die Halbebene 9ls > x0 , so führt der Ersatz von f(s) durch f(s + x0) und von F(t) durch e-"•1 F(t) stets auf diesen speziellen Fall. Die Halbebene 9ls > 0 wird durch die lineare Transformation

(1) s- (1/2) Z= ----

s+ (1/2)' also 1 1+z

S=---2 1-z

auf das Innere des Einheitskreises der z-Ebene abgebildet*), wobei s = 0 und z = -1, s = 1/2 und z = 0, s = oo und z = 1 einander entsprechen. Eine für jzj < 1 holomorphe Funktion läßt sich stets in eine Reihe nach Potenzen von z entwickeln, eine für 9ls > 0 holomorphe Funktion also in eine Reihe nach Potenzen von [s- (1/2)]/[s + (1/2)]. Die Potenzen {[s- (1/2)]/[s + (1/2)J}" sind aber keine l-Funktionen, da sie für s + + oo nicht gegen 0 streben. Deshalb ersetzen wir sie durch die rationalen Funktionen

[s- (1/2)]" f .. (s) = [s+(1/2)jn+l,

*)Denn Jzi = 1 bedeutet: Js+(1/2)\ = Js-(1/2}\, d.h. s hat von den Punkten -1/2 und + 1/2 gleichen Abstand.

Page 294: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

298 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

die sicher !-Funktionen sind (vgl. S. 270), und zwar entsprechen ihnen die L-Funktionen

wo die Ln(t) die Laguerreschen Polynome

(2) (n ~ 0)

sind, die auch durch eine erzeugende Funktion definiert werden können:

(3)

Dem Ansatz

(4)

f; Ln(t) xn = i~x e-lx/(1-xJ n~o

entspricht formal im L-Bereich die Reihe139

00

(5) F(t) = e- 112 J.: qn Ln(t). n~o

(jxl < 1).

Da die Funktionen e-112 Ln(t) (n = 0, 1, 2, ... ) im Intervall 0 ~ t < oo ein voll­ständiges normiertes Orthogonalsystem bilden:

(6) 00 J 0 für m =1= n

/ e-t Lm(t) Ln(t) dt = 1 0 1 fürm=tt,

so erhalten wir also auf diese Weise sogar eine Entwicklung von F(t) nach Orthogonalfunktionm.

Die Entwicklung der !-Funktion in die Reihe (4) ist immer möglich, da auch [s + (1/2)] /(s) in der Halbebene ~s > 0 analytisch ist. Es handelt sich also nur noch darum, Fälle abzugrenzen, in denen der gliedweise Übergang zu (5) legitim ist140• Dazu wird man sich daran erinnern, daß die am besten abgerundeten Sätze über Entwicklungen nach Orthogonalsystemen sich auf die Klasse der Funk­tionen beziehen, deren Quadrat im Entwicklungsintervall im Lebesgueschen Sinne integrabel ist. Man wird also für F(t) die Klasse L2(0, oo) (vgl. S. 26) zugrunde legen. Dann ist auch gerade E{F} für ~s > 0 konvergent (und zwar sogar absolut), wie wir im Anfang voraussetzten, denn nach der Cauchy­Schwarzschen Ungleichung (Anhang Nr. 9) ist für ~s > 0:

(

00 )2 00 00 I I e- st F(t) I dt ~I e- 2 lJ!s·tdt·f I F(t) !2 dt. 0 0 0

Page 295: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung 299

Für Funktionen aus L 2 (0, oo) konvergiert die Entwicklung nach Orthogonal­funktionen allerdings im allgemeinen nicht punktweise, sondern im quadra­tischen Mittel.

Mit der Zugehörigkeit von F(t) zu L2(0, oo) ist äquivalent, daß die Summe der Quadrate der Entwicklungskoeffizienten konvergiert. Auf diese Weise hat man für f(s) die Bedingung, daß nach Ausführung der Transformation (1) die

00 00

Funktion [s+ (1/2)] f(s) in eine Reihe 1: q .. z .. mit konvergenter Summe 1: lq .. ra n-0 n-0

entwickelbar sein muß. Diese Funktionen bilden aber ihrerseits eine in der Funktionentheorie wohlbekannte Klasse, und es wird sich zeigen, daß für die so abgegrenzten Klassen von L- und l-Funktionen der Übergang von (4) zu (5) (letztere Gleichung im Sinne der Mittelkonvergenz verstanden) und umgekehrt stets legitim ist.

Ehe wir dieses Programm im einzelnen ausführen, formulieren wir die Hilfssätze aus der Theorie der Orthogonalreihen und der Potenzreihen, die wir dabei brauchen werden.

HUfssatz 1141. In einem endlichen oder unendlichen Intervall a ::;; t ~ b sei ein vollständiges System von normierten Orthogonalfunktionen rp .. (t) (n = 0, 1, ... ) gegeben:

(7)

Gehört F(t) zur Klasse L2(a, b) und sind b

für m =!= n

für m = n.

(8) C11 = J F(t) ~n(t) dt a

(n = 0, 1, ... )

die «Fourier-Koeffizientem von F(t) hinsichtlich des Systems der rp .. (t), so ist 00 00

1: I C11 12 konvergent. Ist umgekehrt eineFolge c .. mit konvergenter 1: I c .. l2 gegeben, n-0 n-0 so gibt es eine Funktion F(t) aus L2(a, b) derart, daß die Gleichungen (8) erfüllt .. sind. In beidenFällen konvergiert 1: c. rp.(t) im quadratischen Mittel*) gegen F(t):

•-0

(9)

d.h.

.. F(t) = 1. i. m. }; C7 rp.(t),

n--+oo v=O

Ferner gilt die spezielle Parsevalsehe Gleichung (oder Vollständigkeitsrelation)

b 00

(10) {1F(t)l 2 dt=};lcnl 2 •

a n-0

*) Siehe die DefinitionS. 27. -I. i. m. bedeutet: limes in medio.

Page 296: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

300 S. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

Sind F(t) und G(t) zwei Funktionen aus L 2(a, b) und c,. bzw. d,. ihre Fourier­Koeffizienten, so gilt die allgemeine Parsevalsehe Gleichung

(11) b 00 r F(t) G(t) dt = 1: c,. d,..

ä n-0

00

HUfssatz 2. Die Gesamtheit aller Potenzreihen cp(z) = .E c,. zn mit konver-oo n-0

genter .E Jc,.J 2 heiße die Klasse H 2• Wegen*) n-0

(12)

kann die Klasse H 2 auch dadurch charakterisiert werden, daß

(13)

2n

p,(e)= 21;tjlcp(ee;0)j 2 d{}~M fürO~e<l 0

ist, wo die KonstanteM von cp(z) abhängt**). Eine Funktion aus H 2 hat für fast alle z = ei 0 eine Randfunktion142 cp(ei 0), die zu L2(0, 2 n) gehört und gegen die sie auf allen den Einheitskreis nicht tangierenden Wegen strebt. Die Potenzreihe stellt die Randfunktion im Sinne der quadratischen Mittelkonvergenz dar:

n

(14) cp(eiD) = I. i. m. }; c. ei•D. n-+oo v=O

*) Nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung {Anhang Nr. 9) ist

[Eie,. z"J] 2 ~ Elc,.l 2 E Jzl 2", also Ec,. zn für Jzl < 1 0 0 0 0

00 ----- 00 absolut konvergent. Multipliziert man tp((]eiO) = J:c,.eneinfJ und tp((]ei 0) = J:c;.ene-in{J>

0 0 für(]< 1 gliedweise und integriert von 0 bis 2.n, so bleibt wegen der Orthogonalität der Funktio­

oo nen einfJ im Intervall (0, 2n) nur 2.n 1: c,.c,;e 2n übrig.

0 00 00 00 00

**)Ist 1: Jc,.J2 konvergent, so ist 1: Jc,.J 2e2n ~ 1: Jc,.J 2, also m((]) ~ 1: Jc,.J2. Ist umge-0 00 0 0 00 0

kehrt m((]) ~ M, so ist 1: Jc,.J2 !?2ft~ M für I!< 1, also 1: Jc,.J 2 konvergent und ~ M. Das 0 00 0

ist ein trivialer Satz Tauberscher Art (vgl. S. 505). Wäre 1: Jc,.J2 divergent, so könnte man n so n 0 oo

groß und !? so nahe an 1 wählen, daß :I; Jc.J2 >2M und e2" > 1/2 wäre, also 1: Jc,.J 2 e2" n n v-0 oo 0

~ 1: Jc.J2e2v ~ 1!2n :I; Jc.J2 > M, entgegen der Voraussetzung. Daß 1: Jc,.J2 ~ M ist, folgt 0 0 0

aus dem Abelschen Stetigkeitssatz.

Page 297: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung 301

Die Funktion p((! ei6 ) konvergiert überdies im Intervall 0 ~ {} ~ 2 :n für(!+ 1 im quadratischen Mittel gegen die Randfunktion p(ei6 ):

2n

(15) p(e;8 ) = 1. i. m. p((! ei 8 ), d.h. lim j I p(e e; 8 )- p(e; 8 ) 12 d{} = o. p-+1 e-+1 0

Es gilt die Parsevalsehe Gleichung

(16)

Hilfssatz 2, insbesondere die tieferliegende Aussage über die Randfunktion, wird eigentlich für die Herstellung der Korrespondenz zwischen (4) und (5) nicht gebraucht. Wir führen ihn aber deshalb an, weil wir später das Analogon für Funktionen, die in einer Halbebene analytisch sind, bringen werden, und weil wir mit seiner Hilfe einige über den gegenwärtigen Zweck hinausgehende interessante Aussagen machen können.

Satz 1143• Eine für 9ts > 0 analytische Funktion ist durch eine absolut kon­vergente Reihe

(17) 1 ~ ( s-(1/2) )" f(s) = s+ (1/i) .&o q,. s+ (1/2)

mit

(18)

darstellbar. Notwendig und hinreichend dafür, daß eine solche Funktion die i!­Transformierte einer Funktion F(t) aus L 2(0, oo) darstellt, ist die Konvergenz von

00

I: !q .. !2• Es ist dann in 0 ~ t < oo*): n-0 .. (19) F(t) = 1. i. m. e-112 }; qv Lv(t).

ft.-+00 J'-0

00

Ferner gilt: Eine Funktion f(s) mit I: !q,.! 2 < oo hat auf9ts = 0 eine Rand-n=O

funktion f(i y) aus L2(- oo, + oo), gegen die sie auf allen die imaginäre Achse nichttangierenden Wegen strebt. Die Reihe (17) stellt die Randfunktion im Sinne der quadratischen Mittelkonvergenz dar:

(20) . . 1 .;, ( i y- (1/2) )" f(~ y) = 1.1. m. i (1/2) ~ q" T+(1/2) ·

n-+oo Y+ 11-0 y

*) Diese Umkehrformel benutzt nur die Werte der Ableitungen von /(s) an der Stelle s = 1/2.

Page 298: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

302 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

Es besteht die Parsevalsehe Gleichung:

(21) +oo oo to1q .. l2 = /n- I1t(iy)! 2 dy = /IF(t)l 2 dt.

-00 0

Beweis: a) Notwendigkeit. Es sei F(t) eine Funktion aus L2(0,oo). Dann existiert ~{F} = f(s) nach S. 298 für ms > 0. Zu jeder Funktion aus L2(0, oo) kann man die Fourier-Koeffizienten hinsichtlich des normierten Orthogonal­systems e-112 L,.(t) im Intervall (0, oo) bilden. Als erste Funktion nehmen wir F(t) selbst:

00

/ e-1/2 L,.(t) F(t) dt = q,. 0

(n = 0, 1, ... ).

Als zweite Funktion nehmen wir e-•t für 1lts > 0. Der Fourier-Koeffizient dieser Funktion hat die Gestalt

00 00

p,. =I e- 112 L,.(t) e-•t dt =I e-ls+ (l/2 ll1 L,.(t) dt, 0 0

ist also nichts anderes als die .1!-Transformierte von L,.(t) für s + {1/2). Wegen

n v n) 1 1 ( s- 1 )" ~{ L,.(t)} = .E { -1) ( v s"+l = s -5----v-o

ist 1 ( s- {1/2} )" p,. = s+ (l/2} s+ (1/2} ·

Nun wenden wir auf das Funktionenpaar die Parsevalsehe Gleichung (11) an:

00

I. _- oo - oo 1 ( s- {1/2} )" F(t) e st dt = .E q,. p,. = .E q,. -s+ (1/i.f s+ {1/2} 0 n-0 n-0

oder 00 -j' -st _ 1 00

( s- {1/2} n f(s) -. e F(t) dt- s+ {1/2) .. ~ q,. s=t:-(1/2)) . u

00 Damit haben wirdie Entwicklung (17). Da F(t) zu L2(0, oo) gehört, ist E lq .. j2 konvergent. Für q .. erhält man den Wert (siehe Satz 1 [3. 2]): "-o

00

q,. =Je -t/2 L,.(t) F(t) dt = .1! { L,.(t) F(t); s = } } 0

=l!{i:(:)-"11 (-t)"F(t);s= ~}=i:(:) "11 j(•l(~)· v-0 v-0

Page 299: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung 303

Nebenbei bemerken wir noch: Da Pn der Fourier-Koeffizient von e-•t ist, so gilt nach (9):

-st _ 1 · i--. -1/2 L. (} 1 ( s- (1/2) )• e - .1. m.""""' e • t s+-(i./2)- s+ (1/2) für 9ts > 0.

n-+oo •-0

Diese Entwicklung konvergiert aber sogar punktweise, da sie die Entwicklung (4) für die in der Halbebene 9ts > 0 analytische Funktion e-• 1 darstellt. Sie ist nichts anderes als die erzeugende Gleichung (3), denn schreibt man sie in der Form

(.s + ..!:..) e-[s-(1/2)]1 = ~ L (t) (~_j1/2) )n 2 ~ n s+(1/2)

und setzt [s- (1/2)]/[s + (1/2)] = x, s + (1/2) = 1/(1- x), s- (1/2) = x/(1- x), so steht (3) da.

b) Hinlänglichkeit. f(s) sei in 9ts > 0 analytisch, gestatte also die Entwick-oo

lung (17), und es sei .E JqnJ 2 konvergent. Dann gibt es nach Hilfssatz 1 eine n-0

Funktion F(t) aus L2(0, oo), die hinsichtlich des Orthogonalsystems e-112 Ln(t) die Fourier-Koeffizienten qn besitzt, so daß

.. F(t) = 1. i. m. e- 112 }; q. L.(t)

n--+oo v-0

ist. Die Funktion e- • 1 mit 9ts > 0 besitzt hinsichtlich desselben Systems die Fourier-Koeffizienten Pn• also ist nach der Parsevalsehen Gleichung (11):

)~ _- ~ ··- 1 ~ (:S-(1/2))t1 F(t) e st dt = .::." qn Pn = .s+ (1/if .::." qn s+ (1/2) .

0 n-0 n-0

00

Die Funktion J e-•t F(t) dt hat dieselbe Entwicklung wie f(s), also ist 0

00

f(s) = j e-st F(t) dt. 0

Nun zu den weiteren Aussagen über die Randfunktion der Funktion /(s). 00

Nach Hilfssatz 2 hat <p(z) = .E qn zn und daher auch (1- z) <p(z) für fast alle n-0

Punkte des Einheitskreises eine Randfunktion aus L 2(0, 2 n), gegen die sie auf allen den Einheitskreis nicht tangierenden Wegen strebt. Durch die Trans­formation (1) wird

00 1 00 (s- (1/2) )n (1 - z)}; qn zn = s+ (1/ 2) }; qn s+ (Tj2)- = f(s},

n-0 n-0

und da die Abbildung konform ist, gehen die den Einheitskreis nicht tangieren­den Wege in solche über, die die imaginäre Achse nicht tangieren. f(s) hat also

Page 300: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

304 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation

für fast alle s = i y eine Randfunktion f(i y) = (1 - e11}) p(e11}), gegen die sie auf solchen Wegen strebt. Bei der Substitution ctgß- = 2 y oder

il} i y- (1/2) dß- = dy e = T y+ (1/2) ' [i y+ (1/2)] [i y- (1/2)]

ist 2n -oo

Zn t Jq,.J2 = j jp(e•l}) 12 dß- = /l(i y + ~) f(i y)l2 [iy+ (1/2)~~iy-(1/2}]. n-0 0 +oo

Wegen [i y + (1/2)] [i y - (1/2)] = - I ( 1/2) + i y J 2 ist

oo +oo

~ Jq,.J2 = 21n f lf(i y) 12 dy. -00

Daß f(i y) durch (20) dargestellt wird, folgt aus der entsprechenden Darstellung für p(e11}).

Die Funktionen ______! ___ 1 __ (i y- (1/2))" v2-n i Y+ (1/2) i Y+ (1/2)

(n = 0, 1, 2, ... )

stellen offenbar ein normiertes Orthogonalsystem im Intervall- oo < y < + oo dar, weil die ihnen entsprechenden Funktionen (1/VZ n) e"11} ein normiertes Orthogonalsystem im Intervall (0, 2 n) bilden:

2n -oo

1 ;· mil} -nil} dß- 1 r ( i y- (1/2) )"' ( i y+ (1/2) )" dy -z;;_ e e =-z;;. iy+-(1/2) ty-(1/2) lty+(1/2J)[iy-(1/2}]

0 +oo

+oo -1 f 1 (iy-(1/2))"' 1 (iy-(1/2))"

= -z;; i y+ (l(if i Y+ (1/2f i y+-(1/2) i y+ (1/2) dy. -00

Vollständig ist das System nicht, weil auch das System (1/VZ n) e"11} erst durch Hinzunahme der den Exponenten n = -1, -2, . . . entsprechenden Funk­tionen vollständig wird.

Die obigen Entwicklungen sind ein Spezialfall eines allgemeineren Zusam­menhangs, der in 12. 3 und 12.4 dargestellt ist.

Die anderen, in Analogie zu (13) und (15) zu erwartenden (und auch zu­treffenden) Aussagen, daß

+oo

2\.,_ j lf(x+ i y)j 2 dy ~ M für x > 0 -oo

und f(i y) = 1. i. m. f(x + i y)

.o;-+0

ist, kann man nicht so unmittelbar aus den entsprechenden Tatsachen für p(e ei 6) ableiten, weil bei der konformen Abbildung (1) die Kreise Jzl = (!

Page 301: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung 305

nicht in die Geraden 9\s = x, sondern in die Kreise I [s- (1/2)]/[s + (1/2)] I = e übergehen. (Die Punkte dieser Kreise haben von s = 1/2 und s = -1/2 das konstante Abstandsverhältnis e-) Siehe hierzu S. 422.

Wie oben gezeigt, ist in dem durch Satz 1 charakterisierten Fall die Reihe 00

e- 112 .E qn Ln(t) für F(t) nicht notwendig punktweise, aber im Mittel konvergent. n~O

Ohne Beweis sei erwähnt, daß in gewissen Fällen die Reihe nach dem Abel­Poissonschen Verfahren (S. 159) summiert werden kann144, d. h.

00

F(t, r) = e- 112 }; qn Ln(t) rn--+- F(t) für r--+- 1. n~o

Ferner läßt sich das Vorliegen verschiedener Klassen von L-Funktionen F(t) durch das Verhalten von F(t, r) charakterisieren145 (vgl. S. 295). So lautet z.B. die Bedingung dafür, daß sich f(s) wie oben durch ein 2-Integral mit einem F(t) aus der Klasse L2(0, oo) darstellen läßt146 :

00

(1F(t,r)l 2 dt~M für O~r<l. 0

Gliedweise "Übertragung unter Voraussetzung absoluter Konvergenz

Wir beweisen jetzt einen Satz, der sich nicht auf eine so wohldefinierte Klasse von Funktionen f(s) wie im vorigen Abschnitt bezieht, der aber in der Praxis oft angewandt werden kann.

Satz 2147 • Eine Funktion f(s) sei als unendliche Reihe von 2-Transformierten darstellbar:

00

f(s) = };f.(s), f.(s) = 2{F"(t) }. ••~0

wobei speziell folgendes gelten soll: a) für ein reelles x0 existiere

00 I e-x,t IF,;(t) I dt 0

so daß auch f.(s) = 2{F"} für 9\s;;:;; x0 , v = 0, 1, ... , existiert; b) es konvergiere

00 00

.~I e-x,t IF"(t) I dt, 0

00

(v = 0, 1, ... ) ,

so daß erst recht .E f.(s) = f(s) für 9\s;;:;; x0 (gleichmäßig) konvergiert. v~o

Doetsch 1/20

Page 302: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

306 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace-Transformation 00

Dann konvergiert }; F"(t) absolut gegen eine Funktion F(t) für fast alle t, und v~O

es ist E{F} = f(s) für 9\s ~ x0 , d.h.

E {~ F.(t)} = .~E{F.(t)} = .J;f,.(s) für 9ts ~ x0 •

Beweis: Wir setzen n

e-x,t271F.(t)l = f/Jn(t). v~o

Dann ist

also lim f/Jn(t) = f/J(t) überall vorhanden, eventuell gleich =· Nach Voraus-n--+oo

setzung b) existiert 00 00

lim j; I e-x,t JF.(t) I dt = lim r f/Jn(t) dt. n.~oo v=O 0 n~oo Ö

00

Daher ist die Zahlenfolge .f f/Jn(t) dt beschränkt, und infolgedessen f/J(t) in 0

(0, =) nach Anhang Nr. 34 summierbar. f/J(t) muß also fast überall endlich 00 00 00

sein, d. h. e-x,t }; IF.(t) I und somit auch }; I F.(t) I und erst recht }; F.(t) = F(t) v-0 v~O v~O 00

konvergiert fast überall. Weiter ist nach Voraussetzung a) e-x,t }; F.(t) in (0, =) summierbar, also meßbar, und v~o

n wo f/J(t) in (0, =) summierbar ist. Da e-x,t }; F.(t) fast überall gegen e-x,t F(t)

v~o

konvergiert, so ist e-x,t F(t) nach Anhang Nr. 31 in (0, =) summierbar und

d.h. n

lim 27 E{F.; x0} = E{F; x0}. n~oo v=O

Für 9\s ~ x0 ist erst recht

I e-st tu F.(t) I ~ f/J(t),

so daß auch n

lim 27 E{F.; s} = E{F; s} für 9\s ~ x0 n~oo v=O

gilt. Damit ist die Behauptung vollständig bewiesen.

Page 303: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Umkehrung durch Reihenentwicklung 307

Wie brauchbar dieser Satz ist, sieht man daran, daß er folgendes sehr ein­fache Kriterium abzuleiten gestattet, mit dem man oft ziemlich rasch fest­stellen kann, daß eine Funktion eine E-Transformierte ist.

Satz 3148 • Wenn die E-Transformationen E{F;(t)} = lö(s), i = 1, ... , k, Halb­ebenen absoluter Konvergenz besitzen, also la-Funktionen sind, und 9?(z1 , ... , zk) eine im Nullpunkt z1 = ... = zk = 0 holamorphe und verschwindende Funktion ist, so ist auch IJ?(II(s), ... , A(s)) eine E-Transformierte mit einer Halbebene absoluter Konvergenz.

Beweis: Die Voraussetzung über 9? ist dahin zu verstehen, daß

(ao ... o=O)

ist, wobei die Potenzreihe in einer gewissen Kreismenge I z; I < f! absolut kon­vergiert, so daß sie in irgendeiner abzählbaren Reihenfolge geschrieben werden kann. Ist 9ts > IX eine gemeinsame Halbebene absoluter Konvergenz für alle E{F;}. so sind nach dem Faltungssatz 2 [2.15] auch alle Funktionen

E-Transformierte, die in 9ts > IX absolut konvergieren und übrigens die fast überall existierenden L-Funktionen

Fr*"• * ... * F;.* •k

besitzen. Wir setzen 00

j e-stiJ.;(t)l dt = g;(s). u

Nach Satz 9 [3.6] gilt für ein hinreichend großes x0 >IX:

so daß 00

J: I a" • ... "k I gJ•(xo) .. · g~k(xo) V1, ... , 'llk = 0

konvergiert. Nach Satz 2 ist daher die Reihe qJ(/1(s), ... , fk(s)), in der alle Glie­der die Bedingung v1 + · · · + vk > 0 erfüllen, für 9ts ~ x0 konvergent und stellt eine E-Transformierte dar, deren L-Funktion durch die für fast alle t konvergierende Reihe

00

~ a F.*"• * ... * F.*"k ~ "•"'"k 1 k

,.l,•••t "k""' 0

dargestellt wird.

Page 304: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

308 8. Kap.: Weitere Umkehrformeln für die Laplace·Transformation

Beispiel: Die Funktion f(s) = c~sh ~ Vs

smh VS '

ist eine ~-Transformierte. Es ist nämlich

Setzt man

e (u-1) v; + e -(U+ll I';

1 _ e-2Vs

(-1<u<+1),

Diese Funktion g; ist im Nullpunkt holomorph und gleich 0. Wegen e-"'VS = ~{ tp(x, t)} für x > 0 ist / 1(s) eine la~Funktion für u- 1 < 0, / 2(s) für u + 1 > 0. Also ist /(s) nach Satz 3 eine Ia-Funktion für -1 < u < + 1.

Page 305: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

li I. TEIL

Eine Verallgemeinerung der Laplace-Transformation

Page 306: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

311

9. KAPITEL

DIE CESAROSCHEN ARITHMETISCHEN MITTEL

DES LAPLACE-INTEGRALS UND DIE E(kl-TRANSFORMATION

§ 1. Die ( C, k) -Mittel für Funktionen 00

Konvergenz einer Reihe}; a. bedeutet, daß die Folge ihrer Partialsummen n v=O

sn =}; a. für n + ex> einen Grenzwert hat. Ist das nicht der Fall, so kann v=O n

trotzdem das arithmetische Mittel der Partialsummen mn= 1/(n+ 1)}; s. einem v~O

Grenzwert zustreben. So besagt z.B. ein bekannter Satz (vgl. S. 209), daß zwar die Fourier-Reihe einer stetigen Funktion nicht zu konvergieren braucht, daß aber das arithmetische Mittel der Partialsummen stets konvergiert, und zwar zum Funktionswert. - Den Begriff <<arithmetisches Mitteh kann man leicht auf Ftmktionen übertragen: Ist $(t) eine ]-Funktion, so verstehen wir unter ihrem arithmetischen Mittel die für t > 0 definierte Funktion

Es liegt nahe, bei Folgen und Funktionen diese Mittelbildung zu iterieren, das heißt von dem zuerst gewonnenen Mittel wiederum das Mittel zu bilden, usw. (sogenannte Höldersche Mittel). Leichter zu handhaben und in ihrer Wirkungs­weise völlig äquivalent sind verwandte Bildungen, die bei Funktionen so aus­sehen*):

während bei Folgen die mehrfachen Integrationen durch mehrfache Summa­tionen zu ersetzen sind (sogenannte Cesarasehe Mittel). Hierin ist keine ganze Zahl ;s 1. Setzt man aber

so steht nichts im Wege, in

t *) Unter der Faltung F1 * F2 ist in diesem Kapitel immer F1 ~ F2 (siehe S. 106) zu verstehen.

Page 307: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

312 9. Kap.: Die i!lkl.Transfonnation

die Zahl k auch nicht ganzzahlig > 0 zu nehmen. mk(t) heißt das Cesarasehe Jl,fittel k-ter Ordnung der Funktion t/>(t) oder kurz das (C, k)-Mittel von tl>(t). Man ergänzt diesen Begriff dadurch, daß man unter dem Mittel 0-ter Ordnung die Funktion selbst versteht:

m0(t) = t/>(t) .

Wenn nun mk(t) +l für t-+oo, so sagt man, t/>(t) sei (C, k)-konvergent (oder C-konvergent in der Ordnung k oder (C, k)-limitierbar) für t-+ oo zum Werte l, abgekürzt:

(C, k)-limt/>(t) = l. l-+00

Speziell ist (C, 0)-Konvergenz mit gewöhnlicher Konvergenz identisch149•

Beispiele: 1. tl>(t) = sint hat für t-+ oo keinen Grenzwert, dagegen ist t

1 • 1 m1(t) = ---/ sin-rd-r = t (1- cost) -+0 für t-+oo,

t •' 0

d.h. (C, 1)-limsint = 0. 1-+oo

2. t/>(t) = t sin t hat für t-+ oo keinen Grenzwert, ebensowenig

t

Dagegen ist

m1(t) = {/-r sin -r d-r = ~- (sint- t cost). u

t

m2(t) = t~ /(sin -r- -r cos-r) d-r = t~ (2- 2 cost- t sin t)-+ 0, 0

d.h. (C, 2)-lim t sin t = 0. l-+00

Der Begriff der (C, k)-Konvergenz hat die sogenannte Konsistenz- oder Permanenzeigenschaft, daß aus der (C, k)-Konvergenz für ein bestimmtes k die für jedes größere k folgt. Um dies zu beweisen, brauchen wir folgenden

Hilfssatz 1. Sind G(t) und H(t) ]-Funktionen und

G(t)-At", H(t)-Btß fürt-+oo Cx>-1,ß>-1), so ist

Beweis: \Vir können setzen

G(t) =At"+ g(t), H(t) = B tß + h(t), wo

g(t) = o(t"),

ist. Damit erhalten wir:

Page 308: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Nach Anhang N r. 6 ist

§ 1. Die (C, k)-Mittel für Funktionen

t"' * tß = T( ot -1:_:!:)_['(~-t:..!l_ tu ß + 1 • T(ot+ß+2)

313

Wir haben also bloß noch zu zeigen, daß die drei anderen Faltungsintegrale gleich o(t"'+ß+ 1) sind. Zu e > 0 gibt es ein T> 0, so daß

(1)

ist. Für t > T ist daher 1 t"' * h(t) 1 =

I I I I T t • i (t-T)"' • T( +ß+2) • I h('r) (t- T)"' dTi < \ jlh(T) I dT + _e_- ---- ~ --------/ yß(t- T)"' dT I•' ! t"' • 2 T(ot+l)T(ß+l) .. • U . II T

wobei die obere Zeile für (X< 0, die untere für (X~ 0 gilt. Vergrößert man das letzte Glied auf der rechten Seite, indem man das Integral von 0 an statt von T an erstreckt, so bekommt es den Wert (ej2) t"'+ß+ 1 • Also ist für t > T

r(ot+P+l) lt"•h(t)i < --e-- (lh(T)I dT+ ;-. l( t-T)"'r(ß+J) T

r(P+o il

\Vählt man T0 ~ T so, daß für t > T0

(2)

ausfällt, so ist t-(-x+ß+Oit"'*h(t)l <e fürt>T0 •

Das bedeutet: für t -+oo.

Für die beiden anderen Faltungsintegrale läuft der Beweis analog. Bemerkung: Hängen G(t) und H(t) noch von einem komplexen Parameters

ab: G.(t), H.(t), und gelten die Voraussetzungen des Hilfssatzes gleichmäßig für alles eines gewissen Bereiches~. so gilt auch die Behauptung gleichmäßig

T T

in ~. vorausgesetzt, daß für jedes feste T die Werte J I G.(t) I dt und J I H. (t) I dt 0 0

obere Schranken MT bzw. Nr haben. Denn dann gilt einerseits h(t) = o(tß) und folglich die Abschätzung (1) gleichmäßig in ~. andererseits kann man T0

so wählen, daß auch (2) gleichmäßig in ~ gilt; entsprechend bei den anderen F altungsin tegralen.

Page 309: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

314 9. Kap.: Die ßlkl_Transformation

Satz 1 (Konsistenzsatz). Ist cJ>(t) für t-+ oo (C, k)-kmwergent zum Werte l (k ~ 0), so ist cJ>(t) für jedes k' > k auch (C, k')-konvergent zum gleichen Wert.

Beweis: Für k > 0 ist (vgl. Anhang Nr. 6):

m (t) = _ k' _ ($ * tk' -1) = _ k~ __ T(~J- __ 1 _ (k q, * tk -I * tk'- k -I) k' tk' k T(k) T(k'- k) tk' .

Wegen kcJ>*tk- 1 ~ltk ist nach Hilfssatz 1 (oc.=k>O, ß=k'-k-1>-1):

(k cp* tk-1) * tk'-k-1 ~ 1 !J~+!lDk'_-:-_kl_ tk' T(k'+l) '

also mk'(t)-+ l.- Für k= 0 ist cJ>~ l, also nach Hilfssatz 1 (oc.= 0, ß= k' -1 > -1)

k' cp * tk'-l ~ k' t r(~_tr(~ tk' = l tk' T(k'+l) '

mithin mk'(t) -+ l. Bemerkung: Hängt cJ>(t) noch von einem komplexen Parameters ab: cJ>.(t),

und ist cJ>.(t) gleichmäßig in einem s-Bereich 58 (C, k)-konvergent, so ist cJ>.(t) auch gleichmäßig in 58 (C, k')-konvergent (k' > k), vorausgesetzt, daß bei jedem

T T

festen T für k > 0 die Werte /JcJ>.*tk-IJ dt, für k = 0 die Werte /JcJ>.J dt in 0 0

58 eine obere Schranke MT haben. - Dies folgt aus der Bemerkung zu Hilfs-satz 1.

§ 2. Die (C, k)-Mittel des Laplace-Integrals.

Die ß(k)-Transformation und ihre Konvergenzhalbebene

Ist das E-Integral für eins konvergent, so bedeutet dies, daß die Funktion

t

cJ>(t) =.fe-sT F(-r) d-r = (e-• 1 F) * 1 0

für t-+ oo einen Grenzwert hat. Ist E{F} für den Werts nicht konvergent, so betrachten wir das (C, k)-Mittel von cJ>:

mk(t)= t~{(e-•tF)*1*tk-I}= (r•tt~)*(".

Hat dieses einen Grenzwert für t-+ oo, d.h. ist cJ>(t) für den Wert s (C, k)­konvergent, so sagen wir, das E-Integral sei für s (C, k)-konvergent, oder für den \Vert s existiere die f,ß(k)_Transformierte von F:

!kl{ } . (e-•t F) * (k f(s) = E F = hm- --tk----. 1->-oo

Wir nennen ß!kl{F} auch die verallgemeinerte Laplace-Transformierte k-ter Ord1~ung 150•

Page 310: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)-:Mittel des Laplace-Integrals 315

Aus Satz 1 [9.1] folgt: Satz 1 (Konsistenzsatz). Existiert für ein s die verallgemeinerte i!.-Trans­

formierte S!,(kl{F} (k ~ 0), so existiert für dieses s auch S!,(k'l{F} mit k' > k und hat denselben Wert.

Unsere erste Aufgabe besteht darin, zu zeigen, daß das Konvergenzgebiet von S!,(kl{F} genau wie das von S!,(0l{F} = i!.{F} eine Halbebene ist. Hierfür brauchen wir den folgenden Satz, der für die S!,(kl_Transformation dieselbe fun­damentale Rolle spielt wie Satz 5 [2.2] für die gewöhnliche i!.-Transformation.

Satz 2151 , Wenn S!,(kl{F} fürs= 0 konvergiert (k ~ 0}, d.h.

(I) F*tk t-,.-+f(O},

so konvergiert S!,(kl{F} in jedem Winke/ra11om ~(0, 1p < n/2) gleichmäßig. Ins­besondere ist also S!,(kl{F} für alle s mit 9ts > 0 konvergent. Die S!,(kLTransfor­mierte

(2) (e-•t F) * tk

f(s)= S!,(kl{F} = lim -~--1-+oo

läßt sich so darstellen: F iir 9ls > 0 durch

(3)

fiir 9ls > 0 und s = 0 durch 00

(4) f(s) = f(O} + --- 5 - .. - e-•t [F * tk- f(O) tk] dt )• k+l

T(k+l) · 0

Die beiden i!.-Integrale in (3) und (4) konvergieren für 9ls > 0 absolut, das in (4) konvergiert in jedem Winkelraum ~(0, 1p < n/2) gleichmäßig.

Für 9ls > 0 läßt sich f(s) im Falle k > 0 auch durch das i!.-Integral

00

(5) k •

f(s) = r~k) j e-•t(F* tk-1) dt 0

darstellen, das aber nicht absolut zu konvergieren braucht. Bemerkung: Ist i!.{F} fürs= 0 im gewöhnlichen Sinn konvergent, so sind

·die Formeln (3), (4) und (5) unmittelbare Folgen von Satz 6 [2.15].

Man könnte vielleicht glauben, der Satz ließe sich ganz kurz vermittels des Stolzsehen Grenzwertsatzes (Anhang Nr. 16) beweisen, indem dort

" " G(x) = j e-•t(F*tk) dt,

0

H(x) = / e-•t tk dt u

gesetzt wird. Das ergäbe

lim -~(~ = lim- G'(x) · = lim -~-~!_: = /(0) x-+oo H(x) x-+oo H'(x) t-+oo t

Page 311: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

316 9. Kap.: Die f!!kl.Transformation

und wegen lim H(x) = F(k + l)jsk+ I:

also ein falsches Resultat. Der Fehler liegt uarin, daß H(x) nicht, wie es der Stolz­sehe Satz erfordert, gegen oo strebt.

Beweis: Für k = 0 ist der Satz mit Satz 5 [2. 2] für s0 = 0 identisch. Wir brauchen ihn also nur für k > 0 zu beweisen. - Beim Beweis der Gleich­mäßigkeit der Konvergenz können wir s =!= 0 voraussetzen, da die spätere Hin­zunahme des Konvergenzpunktes 0 die Gleichmäßigkeit der Konvergenz nicht stört. - Wir unterscheiden zwei Fälle:

a) k ganzzahlig. Hierfür läßt sich der Beweis durch eine sinngemäße Verallgemeinerung des

Beweises von Satz 5 [2. 2] führen. Es ist

(e- 51 F) * tk = I e-ST F(r) (t- r)k dr = e-st I F(r) es(t-T) (t- r)k dT ö d

Um auf die Funktion F*tk=k! F*Pk+ 1, die in der Voraussetzung er­scheint, zu kommen, spalten wir von lJI(t) = e• 1 tk den Faltungsfaktor 1* k+ 1

ab, indem wir lJI(t) (k + 1)-mal differenzieren und wiederum (k + 1)-mal von 0 an integrieren, d.h. mit 1 falten. Es ist für jedes s

wegen lJI (0) = lJI' (0) = lJI" (0) = ... = lJI(k -l) (0) = 0'

dagegen*)

und daher

lJ'(t) = 1*k * [1 * p;k+l)(t) + k!J = 1*k I* lJI(k; ll(t) + k! l*k~l

also

k *) Bei Anwendung der Leibnizschen Regel (j · g)(k) = }; (~) f(v) g(k- ••) auf 'l'(t) tritt in jedem

··~0 Glied eine I-Potenz auf außer in dem ersten j(O) g(k) = e81 k !. Infolgedessen verschwinden für t = 0 alle Glieder mit Ausnahme des ersten, das k! liefert.

Page 312: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)-Mittel des Laplace-Integrals 317

Wir nehmen nun zunächst /(0) = 0 an_ Wegen der Voraussetzung (1) strebt dann e-• 1 (F*tk)jtk gleichmäßig für ~s ~ 0 gegen 0, so daß wir uns bloß noch mit*)

t

rke-•t{F* tk *p(k+O} = (-l)k+I '!__-=_'.!.._ j" {F*<") ~~s(t-•l (t_-:_:r)~] dr k-!- k! tk • dTk+!

0

(6)

zu beschäftigen brauchen. Nach der in Fußnote*), S.316,zitierten Regel ist**)

dk+! [ -sr(t )"-] k+l k . kl --~e~--~T- = ~( +1) (-s)"e-sr. (- 1)k+l-• __ · __ (t-r)"-1 dThl ~ V _ (v-1)!

Das Glied mit den höchsten Indizes v = k + 1, ot = v- 1 = k ergibt in (6) eingesetzt den Ausdruck

t

k\ /sk+I e-"(F*rk) dr,

0

und da wegen (1) unter der Annahme /(0) = 0: F* rk = o(rk) ist, so konver­giert dieser nach Satz 4 [2. 2] für t -+ oo in jedem W(O, V'< n/2) gleichmäßig. Wir brauchen also nur noch zu zeigen, daß die von den übrigen Gliedern her­rührenden Ausdrücke in (6), die bis auf konstante Faktoren die Gestalt

also

I

J = t-k+a. /s• e-sr rß(F* rk) dr (ot + ß = ~·- 1, ot ~ k- 1) ö

*) Nach der Kettenregel ist

**} Für 1 ~ v ~ k ist

ITI(k+lJ k+l dk+llJI(t-T) :r (1-T) = (- 1) --- -- -­

dTk+l

Dieser letzte Ausdruck stimmt auch noch für v = k + 1. Für v = 0, d. h. für die (k + 1}-te Ab­leitung von (1-T)k ergibt sich 0.

Page 313: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

318 9. Kap.: Die ~'"'-Transformation

haben, für t + oo gleichmäßig in ID3 gegen 0 streben*). Wegen der Annahme /(0) = 0 kann man zu vorgegebenem s > 0 ein T so wählen, daß I F * .,;k I < s •" für T ~ T ist. Wir nehmen von vornherein t > T an und spalten 1 in zwei Teile:

T I

1 = r-k-HX J + rk+rx != ft + 12• 0 T

Zur Abschätzung von 11 und 12 bemerken wir, daß die Funktion

einerseits

,. p(x) = x-k+rx je-" ufl+k du

0

00

< x-k+ot Je-" ttß+k du= F(ß + k + 1) x-k+ot

0

ist, also für t + oo wegen - k + oc ~ -1 gegen 0 strebt, andererseits

,. < x-k+ajftfJ+k du = __ 1_ __ - x"'+fJ+l

ß+k+l 0

ist, also wegen oc + ß + 1 = v ~ 1 für x + 0 ebenfalls gegen 0 strebt, somit für alle x ~ 0 beschränkt ist: 0 ~ p(x) ~ C. Mithin ist

oder wegen ß + k + 1 = v - (- k + oc) :

lRs ·I

1121 ~ s (~-)· (9ls · t) -k+aje-" ufl+k du= s (Jsj_)" p(9ls · t) ~ ~. 9ts 9ts cos • IX

0 -----·---·-----------·------------

*) Daß jeder dieser Ausdrücke bei festem s > 0 für t-+ oo gegen 0 strebt, geht einfach daraus hervor, daß wegen jF * -rk I < M -rk das Integral absolut genommen kleiner als die Konstante

ls jP.Iltj"':-!Rs·T -rfl+k d-r = lsl• M F(ß + k +1) (9ts)fl+k+1

0

und daß t -k +ot -+ 0 wegen - k + IX ~ - 1 ist. Ebenso ist klar, daß die Konvergenz für große I s I gleichmäßig ist, denn in m3 ist lslt9ts ~ 1/cosiX, also

-~-~·-- < _1_ ---:;--;---(9ts)fl+k+l = cos•ot (9ts)fl+k-P+l '

und ß + k- v ~ 0. Die Schwierigkeit liegt also allein in den kleinen I s I·

Page 314: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)-Mittel des Laplace-Integrals 319

Da ferner für alle 1: > 0 T T

IF*1:kl = /F('t'- u) uk duj ~ 7:k /IF(u) I du 0 I IJ

und nach Voraussetzung F * 7:k = o(1:k) für 1:-+ oo ist, so gilt für alle 1: ~ 0: IF•1:kl ~ M -rk. Daher ist

T ms·T

IJ; I :5: M t-k+a I s I" /e- ms. • 7:ß+k d't' = M rk+a - _ _1! I" . j' e · "uß l-k dtt 1 - (\Rs)ß-i-k+l u

u u ms-T

= M (;) -k+a (-~~ r (9ts. T) -k+a / e-"uß+kdu= M( ~t-"" (~lr p (9ts. T) u

<----MC (~k-a = cos• oc t ·

Wegen k - oc ~ 1 kann man T0 > T so wählen, daß diese Majorante für alle t ~ T0 beliebig klein wird. Also ist I] I für alle s in W und alle hinreichend großen t beliebig kl€in.

Nun müssen wir uns noch von der einschränkenden Voraussetzung /(0) = 0 befreien. Ist /(0) 9= 0, so wählen wir irgendeine Funktion, deren 5.!-Transfor­mierte fürs= 0 den Wert f(O) hat, z.B. f(O) e- 1 :

5.! {/(0) e- 1} = _[(!) __ . s+ 1

Dann existiert erst recht ,S_!(kl {/(0) e- 1} und hat auch den Wert f(O) für s = 0. Also ist

. [F(t)-f(O)e- 1]*tk . F•tk . e-t•tk hm ----tk ___ = hm -tk- - hm /(0) - tk -- = 0. t-+oo t-+oo t-+oo

Nach dem eben Bewiesenen konvergiert ,S_!(k) {F(t) - f(O) e- 1} gleichmäßig m W, und es ist

00

k+l r . ,S_!(k) {F(t)- f(O) e- 1} = -~k+lf., e-•t [F(t)- /(0) e- 1] * tk dt.

0

Da .s.!{e-1} fürs= 0 konvergiert, so konvergiert es in W gleichmäßig und nach der <<Bemerkung)> zum Konsistenzsatz 1 [9.1] ,S_!(kl{e- 1} ebenfalls (die dort angeführte Bedingung ist offenkundig erfüllt); es ist

Also konvergiert auch ,S_!(kl{F} gleichmäßig in W, und es ist dort

k f(O) sk+l -t k 5_!( l{F}= s+l + -:t(.f-t!f .s.!{[F(t)- f(O) e ] •t }.

Page 315: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

320 9. Kap.: Die f!lkl.Transformation

Schließen wir den Punkt s = 0 aus, so ist für 9ls > 0 nach dem Faltnngs­satz 6 [2.15]

E{/(0) e-t•tk}= _/(?) F(k+1) s+1 sk+ 1

womit sich Gleichung (3) ergibt, in der das Integral wegen F * tk = O(tk) absolut konvergiert. Aus (3) kann man Gleichung (4) ableiten, indem man

00 r k+l 0 = f(O) + - 5 . e-• 1{- /(0) tk}dt

• T(k+ 1) u

addiert. Die Gleichung (4) gilt offenkundig nicht nur für 9ls > 0, sondern auch für s = 0. Die gleichmäßige Konvergenz des Integrals folgt aus Satz 4 [2. 2], da

F * tk - /(0) tk = o(tk) ist.

Schreiben wir schließlich im Falle k > 0 noch F * t k in der Gestalt:

t

t

F * t k = k F * t k- 1 * 1 = k I F * T k- 1 dT' ll

so folgt aus J F * rk-1 dr ~ (1/k) f(O) tk nach Satz 2 [2.12], daß E {F * tk- 1}

0

für 9ls > 0 existiert und daß

ist, woraus sich in Verbindung mit (3) die Gleichung (5) ergibt.

b) k nicht ganzzahlig. Es sei n- 1 < k < n, wobei n ~ 1 ganzzahlig ist. Wie bei dem Beweis

unter a) setzen wir

mit lJ'(t) = e•t tk

und formen dies zunächst vermöge

lJ'(t) = 1*" * lJ'(nJ [1 •lJ'("J = lJI("- 1l(t) wegen lJI("- 1l (0) = OJ so um:

(e-st F) * tk = e-st F * .. . .. * lJI(") . { tn- 1 }

(n-1)!

Den notwendigen Übergang von t"- 1 zu t" und damit von ljl(n) zu ljl(n+ 1l in dieser Formel kann man nicht ohne weiteres vornehmen, weillJI(n+ 1l(t) nicht bis zum Nullpunkt integrabel ist. Denn ljl(n+ 1l(t) enthält ein Glied mit dem

Page 316: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)-Mittel des Laplace-Integrals 321

Faktor tk-n-l, und es ist k- n- 1 < -1. Daher wenden wir folgenden Kunstgriff an: Zu

t

(e-• 1 F)•tk=e-• 1 F•· ······ rn(t--r)d-r /( Tn- 1 )ITF()

(n-1)! 0

addieren wir rechts das Glied

=(-l)n+le-•t{F• tn-1 * (-l)n.{'(k+l)tk-n '=-e-•t{F•tk}*) (n-1)! F(k-n+ 1) l

und subtrahieren es wiederum:

V ollziehen wir jetzt den Übergang zur nächst höheren Stufe durch partielle Integration, so ergibt sich als Randbestandteil

Das Glied für T = 0 verschwindet, da T

F * -- - · * 1 = F *. -- = F(u) -··du Tn-1 Tn }~ (T-u)n

(n-1)! n! n! 0

für T =.0 gleich 0 ist. Für T = t beachten wir, daß alle Glieder in dnfd-rn [ ... ] bei Ausführung der Differentiation Potenzen von t- T mit positiven Exponen­ten enthalten, also für T = t verschwinden, mit Ausnahme des ersten Gliedes

~un ist aber lim (e-•1 - e-sr)j(t- -r)n-k = 0, da der Zähler von erster, der

*) Es ist nämlich nach Anhang Nr. 6:

tn-1 tk-n tk

.f(;;) * F{k-n+-i) = I'(il+ll ..

Doctsch l/21

Page 317: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

322 9. l"'ap.: Die _2!kl_ Transfonnation

Nenner nur von der Ordnung n - k < 1 verschwindet. Also verschwindet der ganze Randbestand teil, und es ergibt sich:

t

(7) (e-st F) * tk = e-st{F * tk}+ (-1t/ (F * :~) -:;n+:d(e-st- e-") (t- -r)k] d-r. II

Nehmen wir zunächst wieder /(0) = 0 an, so strebt e-•t (F * tk)jtk gleichmäßig in 9ts ~ 0 gegen 0 für t-+ oo. Führt man weiter in dem Integral auf der rechten Seite von (7) die Differentiation nach der Regel in Fußnote *), S. 316, explizit aus, so erhält man als das dem Index v = n + 1 entsprechende Glied, wenn man noch durch tk dividiert, den Ausdruck

t

lo = rkf(F * :~) Sn+l e-sr(t- T)k dT. 0

Da wegen der Annahme /(0) = 0: F * -rk = o(-rk) ist, so hat nach Satz 4 (2. 2]

t

G(t) = (sn+I e-sr (F• T~) d-r ., n. 0

gleichmäßig in jedem IDJ(O, "P < n/2) einen Grenzwert für t -+ oo, also nach dem Konsistenzsatz 1 [9.1]*) auch

und zwar denselben. Handelt es sich darum, den Wert von limJ0 zu bestim­men, so kann man einfacher lim G(t) berechnen. Unter Benutzung der Formel in Anhang Nr. 6 ist (-1 < n- k- 1 < 0)

und

*) Es ist die dortige •Bemerkung• heranzuziehen. Wegen jF * Tn I ~ 1\" Tn ist in \ID:

00

jG(t)j ~ jsjn+lN /rflls·TT'I dT= N T(n+l) (-~-l r+l =-1~-~-:-n('-,-:--=-~-~-'--) tJ

T NT(n+l) /!G(t)jdt~ cosn+lor. T. 0

Page 318: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)·:Mittel des Laplacc-Integrals 323

ro· oo • ' tn ) r ( tk tn-k-1) limG(t)=/sn+1 e-s 1(F*··· -- dt= sn+le-•tF* -- *----- dt

t->oo • F(n + 1) . F(k + 1) F(n- k) u 0

"" t

- e-•t dt (F*-rk) (t-.,;)n-k-1 d-r (0~-r~t<oo) /• 5n+l J'

- • F(k + 1) F(n - k) u u

00 00 • sn+l •

-j (F*-rk) d-rj e-•t(t- .,;)n-k-1 dl, - F(k+l)F(n-k)

0 T

wobei die Vertauschung der Integrationsreihenfolge durch dieaus IF * r:k I~ M .,;k

für 9is > 0 folgende absolute Konvergenz der Integrale gerechtfertigt ist (für s = 0 ist nichts zu beweisen). Mit t- r = u ist

00 N

(e-St(t _ T)n-k-1 dt = e-ST /e-SU ttn-k-1 dtt = e-ST r~~:) >

: t• also

Nun braucht nur noch gezeigt zu werden, daß die übrigen Glieder in (7), durch tk dividiert, gleichmäßig in W gegen 0 streben. Bis auf konstante Fak­toren entspricht dem Index Y = 0 das Glied

t

J1 = t-ki(F * .,;n) (e-Sf _ e-ST) (t _ .,;)k-n-1 d-r >

u

dem Index Y mit 1 ~ Y;;:; n das Glied

t

/2 = t-k /s• e-•T(F*.,;n) (f- .,;)k-n-1+•• dr:.

ü

Zur Abschätzung von / 1 bemerken wir, daß

t

I -st -sTI e - e = /s e- 5"du ~ lslj e-Dh·" du~ Jsl (t- .,;) e-8'!s·T

T

Page 319: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

324 9. Kap.: Die _2(kl.Transformation

und v e -v < 1 für alle reellen v ist, so daß sich für s in m3 ergibt:

t

IJ11 < t-kjiF*r"llsl e-ffi.s-r(t- r)k-ndr 0

t

~1 rkfr-l IF * rn l9ts . re- ins·• (t- r)k-n dr

u t

< 1 t-k;"-liF "l(t )k-"d ------ T *T - T T. COSIX •

0

Wegen der Annahme f(O) = 0 ist (F * tk)jtk-+ 0, also nach dem Konsistenz­

satz auch (F * t")/t"-+ 0, so daß man zu gegebenem e > 0 ein T so bestimmen

kann, daß I F * r" I < e r" für -r ~ T ist. Wir nehmen t > T und schreiben:

T t

1 ! 1 ;· lfii< t-k r-11F*rnl(t-r)k-nd-r+---t-k ···=J'+J". cos 0( cos 0( 1 1

ö 1'

Es ist t 1

J;' < _!.___- t-k /'-r"- 1 (t- r)k-n dr = _e __ ;· un- 1 (1 - u)k-n du= const · e. cos 0( •' cos 0(

u u

Ferner ist für alle r: JF * rn I< N rn. Wählen wir von vornherein t > T + 1,

so ist in J;: t -- r > 1, also wegen k- n < 0: (t- -r)k-n < 1 und

T

]' < _1:_'! - t-kjrn- 1 dr = _!!_!:'.___ t-k. 1 cos oc n cos oc

u

Für alle t > T0 ist ]{ und damit auch ] 1 beliebig klein. Bei der Abschätzung von ] 2 kann man nicht wie unter a) die Potenzierung

von t- r nach dem binomischen Lehrsatz ausführen, weil der Exponent

k- n- 1 + v nicht ganzzahlig ist. Wir betrachten daher vorab die Funktion

Sie ist einerseits

X

X

q(x) = x-k fe-" un (x- u)k-n-1+P du.

u

< x-k.lttn (x- u)k-n- 1+" du= xP fvn (1 - v)k-n- 1+• dv = const. x•,

u u

strebt also für x-+ 0 gegen 0. Andererseits ist

1

q(x) = x• {e-"'v vn(1- v)k-n-l+P dv

0

Page 320: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)·Mittel des Laplace·Integrals 325

und

1 V2 1

fe-a:" v"(l- v)k-n-l+v dv ~ C1 j e-a:" v" dv + e-a:/2 (v"(l- v)k-n-l+v dv () 0 lh

00 • I

< C j e-a:v v" dv + C e-a:12 = C ~ + C e-a:/ 2 = O(x-"- 1) für x --'--oo = 1 2 1 xn+l 2 ,.. • 0

also q(x) = O(xv-n- 1) + 0 für x +oo

wegen v ~ n. Folglich ist q(x) für alle x ~ 0 beschränkt: 0 ~ q(x) ~ C. Ist nun IF • T"l < e T" für T ~ T, so schreiben wir für t > T:

T

12 = t-kjsv e-8T(F. T") (t- T)k-n-1+v dT + t-k.r .. =]~+I;. 0 T

Es ist fürs in W: t

I]~' I < e t- k I s I• Je -ins. T T" (t - T)k- n -1 + v dT

0

ins·t

= e (-Ws-r (ms. t)-k f e-" u"(ms. t- u)k-n-l+v d·u 0

( I s I ). 1 = e -· -- q(ms. t) < e C -----. \Rs cosv oc

Ferner ist wegen I F * T" I <NT":

T

I]; I < N t-k I s 1• je-!Rs-T T" (t- T)k-n-1+• dT.

0

Für v = 1 ist der Exponent von t- T gleich k - n, also negativ, mithin

und daher T

11;1 < Nrk Jsl/ e-Sls·TT"(T- T)k-ndT

0 ins·T

= N({rk -~1 (ms · T)-kj'e-" u"(ms. T- ~~)k-n du 0

( t)-k lsl NC ( t)-k = N - --- q(ms. T) < -- .... T \Rs cosoc T '

Page 321: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

326 !l. Kap.: Die Elkl.Transformation

so daß 1121 gleichmäßig für alle s in W beliebig klein für alle hinreichend großen t ist. - Für v > 1 ist der Exponent von t- -r positiv, also

und daher T

JRJ <Nt''-"- 1 JsJ"/e-~1s·r-r"dr. u

Fürjsj;51ist T

I NTn+l 1!:2'1 < N tv-n-1 -r"di == tv-,.-1 ---n-i-1 ' 0

für J s J > 1 ist 81s·T oo

I ]; I < N tv-n- 1 __I ~~-V- ! e-u tt" du < rv tv-n- 1 ( Js 1.)"+ 1 ;' e-" 1t" dtt ('iRs)n+l • • 'iRs •

0 0

< Nn! tv-n-1. cosn+l oc '

beide Majoranten sind wegen v- n- 1 < 0 für alle hinreichend großen t be­liebig klein.

Damit ist unter der Voraussetzung f(O) = 0 die Gleichmäßigkeit der Kon­vergenz von ,S!(kl{F} in Wund die Gültigkeit der Formel (3) auch für nichtganze k bewiesen. Der Übergang zu dem Fall f(O) =1= 0 und zu den Formeln (4) und (5) vollzieht sich wie unter a), so daß Satz 2 nunmehr vollständig bewiesen ist.

In Satz 2 ist der Punkts= 0 ausgezeichnet. Ersetzt man in ihm F(t) durch e-s,t F(t) und s durchs- s0 , so ergibt sich:

Satz 3 (Fundamentalsatz). Wenn ,S!(kl{F} in s = s0 existiert (k;;:;:; 0), d.lt. ·wenn B{F} in s0 (C, k)-konvergent ist:

so konvergiert ,S!(kl{F} in fedem Winkelraum W(s0 , 1p < n/2) gleichmäßig. Ins­besondere existiert also ,S!(kl{F} für 9ls > 9ls0 • Es läßt sielt dort so darstellen:

00

(8) ( )k+ 1 •

f(s) = ,S!(k){F} = s-:-so -} e-(s-s,)t [(e-s,t F) * tkl dt F(k+ 1) " ·

u Fürs= s0 und 9ls > 9ls0 gilt:

Die beiden Integrale in (8) und (9) konvergieren für 9ls > 9ls0 absolut, das in (9) konvergiert in fedem Winkelraum W(s0 , 1p < n/2) gleichmäßig.

Page 322: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)·Mittel des Laplace-Integrals 327

Für k > 0 und 9{s > 9{s0 läßt sich f(s) auch durch das Integral

00

(10) f(s) = (s;(~l)~ fe-(s-s,)t [(e-s,t F) * tk-1] dt

0

darstellen, das aber nicht absolut zu konvergieren braucht. Aus diesem Satz folgt wie im Falle k = 0 (Satz 6 [2.2]), daß der Konver­

genzbereich von E{kl{F} eine Halbebene ist. Ihre Begrenzung heißt die (C, k)­Konvergenzgerade von E{F}oder die Konvergenzgerade von E(kl{F}, ihr Schnitt­punkt ßk mit der reellen Achse die Konvergenzabszisse von E<kl{F}. Aus dem Konsistenzsatz folgt, daß

ist. Für k -?>- oo strebt daher ßk gegen einen Grenzwert B, der endlich oder gleich - oo sein kann.

Es kann natürlich vorkommen, daß E<kl{F} erst für gewisse (große) k kon­vergiert, für andere (kleine) dagegen nicht. Jedenfalls ist für jedes s mit 9{s > B die Transformation E<kl{F} mit einem gewissen k konvergent.

Die Einführung der Abszissen ßk ware gegenstandslos, wenn sie in \Vahr­heit alle zusammenfielen, wie es für den analogen Begriff bei Potenzreihen der Fall ist. Hier gilt nämlich der Satz:

00

Wenn für eine Reihe I: an irgendein Cesarosches Mittel ihrer Partialsummen n-0

sn zum Wertel konvergiert, so konvergiert die Potenzreihe

00 00

,2; an zn = (1 - z) ,2; Sn z" n-u n-u

für I z I < 1, und es ist übrigens- worauf wir sogleich zurückkommen werden -

00

lim ~a zn = l ~ n '

z...".l n=O

00

d.h. aus der (C, k)-Summierbarkeit von I: an folgt die Abel-Poissonsche Sum­n-o

mierbarkeit (vgl. S. 159). Hieraus ergibt sich, daß die (C, k)-Mittel einer Potenzreihe an keiner Stelle

z0 außerhalb ihres Konvergenzkreises konvergieren können, da sonst die Reihe

für I zjz0 I < 1, also auch außerhalb des Konvergenzkreises, konvergieren würde. Höchstens in Punkten der Peripherie, wo die Reihe selbst divergiert, können die (C, k)-Mittel konvergieren, und hier, wo die Potenzreihe mit einer Fourier­Reihe gleichwertig ist, haben sie in der Tat ihre Bedeutung.

Page 323: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

328 9. Kap.: Die ßlkl.Transformation

Bei Laplace-Integralen dagegen können, wie bei Dirichletschen Reihen, die (C, k)-Mittel über die Konvergenzhalbebene 9ls > ßo hina1Js konvergieren. \Vir zeigen dies durch das

Beispiel:

für das wir beweisen werden :

ßk = - k (k ganzzahlig).

Schon S. 152 wurde gezeigt, daß ßo = 0 ist. Es war

(e-st F) * to -~--jo ______ - = ( e - s t F) * 1

t

= 1 + e-• 1cosn e1 + _!_ e-(s+I)tsinn e1 + s(s+_~) j'e-(s+l)rsinn e-r: dr n n '

u

woraus unmittelbar hervorging, daß 2(0l{F} genau für 9ls > 0 konvergiert. Für k = 1 haben wir

zu betrachten. Dazu treiben wir die Entwicklung von (e-• 1 F) * 1 durch par­tielle Integration zunächst noch um einen Schritt weiter:

(e-st F) * 1 = 1 + e-• 1cosn e 1 + _!_ e-(s+I)tsinn et- s (s+ 1) n n2-

(11)

und greifen bei der Berechnung von (e-st F) * 1 * 1 zunächst die beiden Glie­der heraus:

t

s_-f-_1-/' e- (s+ l)T sinne' dr :rr; .

0

(12) s+ 1

und

(13) t s (s + 2) ;·· _ ( , 2) ---;-2--·--. e s. T cosn eT dr.

0

Page 324: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Die (C, k)-Mittel des Laplace-Integrals 329

Alle Summanden in (12) streben, durch t dividiert, für 9t(s + 2) > 0 gegen einen Grenzwert, lediglich der erste tut es nur für 9t(s + 1) ~ 0; in (13) streben alle Summanden, durch t dividiert, für 9t(s + 2) > 0 gegen Grenzwerte. Die anderen Terme in (11) streben sämtlich für 9t(s + 2) > 0 gegen Grenzwerte, also tun es nach dem Konsistenzsatz ihre durch t dividierten Integrale erst recht. Insgesamt streben also in [(e-• 1 F) * t]jt alle Glieder für 9t(s + 2) > 0 gegen Grenzwerte, aber ein einziges tut es nur für 9t(s + 1) ~ 0. Also konver­giert _Q( 1l{F} genau für 9ts ~ -1, d. h. es ist ß1 = -1.

Da bei weiterem Integrieren, abgesehen von Konstanten, immer wieder Glieder der Form

t

e-(s+n)t sin :n; et und je-(s+n)T sin :n; eT dr: cos cos

0

entstehen und dabei e-(s+n)t in e-(s+n+l)t übergeht, sieht man die Behauptung für alle ganzzahligen kein.

Da die Konvergenzgebiete der (C, k)-Mittel von ß{F} sich im allgemeinen nicht auf das ursprüngliche Konvergenzgebiet von ß{F} zusammendrängen, sondern in Streifen darüber hinausragen, kann natürlich das Analogon zu dem S. 327 angeführten Satz über Reihen nicht gelten, das so lauten würde: «Wenn

t

für J F(r:) dr: ein (C, k)-Mittel zum Wert l konvergiert, d.h. wenn _Q(kl{F} für 0

s = 0 konvergiert, so existiert ß{F} für 9ts > 0 und strebt fürs-+ 0 gegen l, 00

d.h. J F(t) dt ist nach Abel-Poisson summierbar (siehe S. 159) )>, aus dem ein­o

fachen Grund, weil ß{F} für 9ts > 0 gar nicht zu existieren braucht. Nimmt man aber die Existenz von ß{F} für 9ts > 0 zusätzlich an, so wird

der Satz richtig: t

Satz 4. Wenn für J F(r:) dr: ein (C, k)-Mittel zum Wertel konvergiert*) und 0 00

wenn ß{F} für 9ts > 0 existiert, so ist J F(t) dt nach Abel-Poisson zum Werte l summierbar. o

Beweis: _Q(kl{F} ist fürs= 0 konvergent zum Werte l, nach dem im näch­sten Paragraphen bewiesenen Satz 3 ist also _Q(kl{ F}-+ l für s -+ + 0. Daß{ F} für 9ts > 0 existiert, ist nach dem Konsistenzsatz _Q(kl{F} = ß{F} für 9ts > 0. Mithin ist auch ß{F}-+ l fürs-+ +0.

Zu diesen Sätzen über die Summierbarkeit von Integralen vergleiche die ent­sprechenden Sätze 2 und 3 [13. 2] und die Ausführungen S. 462 über die Limitierbarkeit von Funktionen.

00

*) Hierfür kann man auch sagen: J F(t) dt ist (C, k)-summierbar. 0

Page 325: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

330 !l. Kap.: Die .t!lkl.Transformation

§ 3. Funktionentheoretische Eigenschaften der ß(k)_Transformierten

Die im zweiten und dritten Kapitel aufgestellten Eigenschaften der ß-Trans­formierten lassen sich auf die ß(k)_Transformierte übertragen.

Die in der Halbebene 91s > ßk durch ß(kl{F} definierte Funktion stimmt nach dem Konsistenzsatz mit den durch die ß(k'l{F} mit k' < k in den Halb­ebenen 91s > ßk' definierten Funktionen überein. Die Gesamtheit aller ß(kl{F}, k ~ 0, definiert eine einzige Funktion f(s) in der Halbebene 91s > B (siehe S. 327), die wir als ~(oo)- Transformierte von F bezeichnen. Bist die Konvergenz­abszisse von ß(ooJ{F}.

Satzl. Verschwindet f(s) = ß(kJ{F}ineinerunendlichenFolge vonäquidistanteu Punkten, die auf einer Parallelen zur reellen Achse liegen und nach rechts wandem:

s =· s0 + n Cf (s0 ein Konvergenzpunkt von ß(kl{F}, Cf> 0, n = 1, 2, ... ),

so ist F(t) eine Null/unktion. -Hieraus folgt, daß zu einer ß(k)_Transformierten

die Funktion F(t) Ms auf eine Nullfunktion eindeutig zugeordnet ist. Beweis: Nach Satz 3 [9.2] gilt für 91s > 9ls0 :

00 ( )k+ 1 ,.

f(s) = ~-:!_o ----/ e··(s-s,)t [(e-s,t F) * t""J dt F(k+ 1) • ·

u

Aus der Voraussetzung folgt nach dem Eindeutigkeitssatz der ß-Transformierten (Satz 4 [2. 9]), daß e5• 1 [(e-•• 1 F) * t"] eine Nullfunktion, also wegen der Stetig­keit des Faltungsintegrals

(e-s,t F) * t" = 0

ist. Da t" keine Nullfunktion ist, so zeigt Satz 11 [2.15], daß e-•·' F(t) und folglich F(t) eine Nullfunktion ist.

Satz 2. f(s) = ß(kJ{F} ist im Innern der Konvergenzhalbebette 91s > ßk ana­lytisch, jede Ableitung ist wieder eine ß(k)_Transformierte:

rl(s) = lim (-1)n (r•!_!~~)*_!k__ = ß<kJ{(- t)nF}, 1-+oo

die atts ß(k({F} durch Differentiation unter dem Limes und Integralzeichen entsteht. Beweis: Daß die Funktion f(s) analytisch ist, folgt sofort daraus, daß sie

sich vermöge 9. 2 (8) als gewöhnliche ß-Transformierte darstellen läßt. Der Be­weis der Formel für j(nJ(s) ergibt sich genau wie bei Satz 1 [3. 2]: Die Funktion*)

"' fcx(s) = rx-"/ e-•t F(t) (oc- t)" dt (oc > 0)

IJ

*) "Wir wählen diese Schreibweise für das (C, k)-:\Iittel, um in Übereinstimmung mit der Be­zeichnung in dem Beweis von Satz 1 [3. 2] zu kommen.

Page 326: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Funktionentheoretische Eigenschaften der .{!lkl.Transformierten 331

ist in der ganzen Ebene analytisch, ihre Ableitungen erhält man durch Differen­zieren unter dem Integral (siehe S. 145):

"' /~') (s) = (-l)n oc.-k ( e-st tn F(t) (oc.- t)k dt.

0

Da fcx(s) nach Satz 3 [9.2] in jedem W(s0 , tp < n/2) (s0 ein beliebiger Punkt in 9ts > PA-) gleichmäßig gegen f(s) konvergiert, folgt, daß f(s) analytisch und daß j{"l (s) = lim f~n) (s) ist, was mit der Behauptung übereinstimmt.

«~00 .

Probleme: 1. Die durch Anwendung aller (C, k)-Mittel gewonnene Funk-tion ist in 9ts > B analytisch, ihre Holomorphiehalbebene kann aber noch über dieses Gebiet hinausreichen, so daß auf 9ts = B keine Singularität zu liegen braucht. Es wäre wünschenswert, ein Beispiel hierfür zu haben. Vgl. hierzu Satz 5 [9.5].

2. Ist von einer Stelle an F(t) ~ 0, so können drei Fälle vorliegen: a) Ent­weder hat ß{F} eine Konvergenzhalbebene; dann ist die Konvergenzabszisse Po nach Satz 1 [3.4] eine singuläre Stelle von f(s), es kann also kein ß!"l{F} über die . Konvergenzgerade 9ts = Po hinaus konvergieren, d. h. es sind alle pk =Po· b) Oder ß{F} konvergiert nirgends, aber es gibt ein k > 0, so daß ß<"l{F} eine Konvergenzhalbebene besitzt; dann ist zu vermuten, aber noch nicht bewiesen, daß pk eine singuläre Stelle von f(s) ist. c) Schließlich kann es vorkommen,daßßC"l{F}für kein keine Konvergenzhalbebene hat; dann können wir von der Funktion f(s) überhaupt nicht reden.

Satz 3. Ist ßC"l{F} in einem Punkt s0 konvergent, so strebt f(s) gegen f(s0),

wenn s innerhalb des Winkelraums W(s0 , tp < n/2) zweidimensional gege·n s0

strebt. Beweis: Es ist

( (e-•lF)*tk) ( (e-•.tF)*t_k_··) f(s) --/(so) = f(s)- ----~1<- - f(so)- tk .

Da [(e- 8 t F) * tk]ftk in ID3 gleichmäßig gegen f(s) strebt, können wir T > 0 so wählen, daß für alles in ID3

, f(s) - (e_-s~ F) *. !':_, < .!__ Tk ' 3

und insbesondere

ist. Da T

(r•T;r~.!.~. = r-k_le-•IF(t) (T- wat II

Page 327: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

332 9. Kap.: Die ßlkLTransformation

eine ganze Funktion (S. 145), also in s0 stetig ist, gibt es ein ~ > 0, so daß

ausfällt. Dann ist aber lf(s)- f(s0) I < e für alle s, die zugleich in Wund in dem Kreis I s - s0 I < ~ liegen.

Satz4. Ist s0 ein Konvergenzpunkt von f(s) = _Q(kl{F}, so strebt f(s) gegen 0, wenn s zweidimensional in W(s0 , tp < :rc/2) gegen oo konvergiert. Insbesondere gilt also f(s) -+0 auf jedem Strahl, der mit der reellen Achse einen Winkel oc. mit I oc.l < :rc/2 bildet, und zwar gleichmäßig für I oc.l ~ tp < :rc/2.

Beweis: Wir dürfen s0 = 0 annehmen. Nach dem Fundamentalsatz 3 [9.2] ist für 9ls > 0

Es ist

00

sk+t I f(s) = ~~- ~ e-•t(F*tk) dt F(k+l) .

u

t I t .• i •

IF * tkl = j F(-r) (t- r)k d-r ~ tk jiF(-r) I dT = o(tk) für t-+ 0; G ö

man kann also zu e > 0 ein t0 > 0 so wählen, daß

ist. Da ferner (F * tk)jtk-+ /(0) für t-+ oo ist, so gilt:

Also ist

00 4 00

fe-s 1(F * tk) dt ~ ; cosk+l tp I e-»h·t tk dt + 1.11 le-'iJ!s·t tk dt u u 4

00 00

~ ;~ cosk+l tpfe·~»h·t tk dt + M e-»h·t·l e-~h·"(t0 + u)kdu. u u

Für 9ls ~ 1 haben wir

~ 00

j e-st(F* tk) dt: ~ ; cosk+l tp -~~5ti~~ + M e-~· 1·1e-"(t0 + u)k du ü 0

also

Page 328: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Darstellung des (C, k)-1\:littels durch ein komplexes Integral 333

und infolgedessen fürs in W(O, tp < n/2), d.h. lsl/9ts ~ 1/costp:

Für alle hinreichend großen 9ts in W ist demnach lf(s)l < e. Satz 5. Ist ßk die Konvergenzabszisse von f(s) = ,2<kl{F}, so ist, s = x + i y

gesetzt, in J"eder Halbebene x ~ ßk + e (e > 0 beliebig klein)

f(s) = o(l y lk+1) für I y I + oo gleichmäßig in x-

Der Beweis verläuft genau wie der von Satz 12 [3.6], nur muß man statt Satz 5 [2. 2] die Formel (8) von Satz 3 [9. 2] benutzen.

Problem: Ob k + 1 der beste Exponent in dieser Abschätzung ist, ist nicht bekannt. Wenn ja, so muß sich ein Beispiel angeben lassen.

Satz 6. Ist f(s) = ,2!kl{F} auf einer Vertikalen 9ts = x > ßk beschränkt, so liegt I f(s) I für 9ts ~ x unter derselben Schranke.

Beweis: Der Satz folgt aus Satz 5 und Satz 2 [3.8], der offenbar auch für ,2!kl{F} gilt.

§ 4. Darstellung des (C, k)-Mittels von .ß{F} durch

ein komplexes Integral

In Verallgemeinerung der Darstellung des Partialintegrals von .2{ F} gemäß Satz 1 [5.1] wollen wir jetzt eine Darstellung des (C, k)-Mittels durch ein kom­plexes Integral ableiten. Eine solche entsteht formal sehr einfach, wenn man ein fürs= s0 existierendes ,2(kl{F} zunächst nach Formel 9.2 (8) des Funda­mentalsatzes durch ein für 9ts > 9ts0 absolut konvergentes .2-Integral über die Funktion e••t[(e-••t F) * tk] darstellt, die als Integral in jedem endlichen Inter­vall von beschränkter Variation ist, und dann den Umkehrungssatz 3 [4.4] anwendet:

x+ioo

(e-••1 .F) * tk = V.P . .r:_~~t) r et<s-s.J (s:J!:}k+T ds (x > 9ts0};

x-ioo

Division durch tk liefert das Mittel mk(t) (siehe S. 314). Die Formel ist aber wohlgemerkt nur für den Fall bewiesen, daß ,2<kl{F} für s = s0 konvergiert. während es für die weittragenden Folgerungen, die in Analogie zu 5.1 aus ihr gezogen werden sollen, notwendig ist, zu zeigen, daß sie für J"edes beliebige s0

richtig ist, wenn ,2!kl{F} an irgendeiner Stelle konvergiert. (Der Integrations­weg muß dann natürlich, abgesehen von der Beschränkung x > 9ts0, im Kon­vergenzgebiet von ,2!kl{F} verlaufen.)

Page 329: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

334 D. Kap.: Die f!lki_Transformation

Der dem Fall k = 0 entsprechende Satz 1 L5.1] war eine Verallgemeinerung Yon Satz 1 [4. 5], der sich selbst wiederum aus Satz 1 [2.12] ergab. Um die Darstellung des (C, k)-Mittels auf demselben Weg abzuleiten, müßte in Analogie zu Satz 1 [2. 12] gelten: «Wenn f!(k){ F} für ein reelles s0 > 0 einfach konvergiert, so ist E{F * tk} für s =So einfach und für ms >So absolut konvergent und gleich :r(k+l)jsk+1] f(s)." Ein solcher Satz steht aber nicht zur Verfügung. Es wäre erwünscht, ihn zu beweisen oder durch ein Gegenbeispiel zu widerlegen. Ver­gleiche auch Satz 2 [9. 6], der aber nur die Konvergenz von f!(k){F*tk}, nicht die von E{F * tk} liefert.

Satz 1. Besitzt _Q(ki{F} = f(s) eine Konvergenzhalbebene 9ts > p,. (k > 0), so gilt für jeden komplexen Wert s0 und fiir jedes t ~ 0 *):

x+ioo

[e-s,t F(t)] * t" = j"'(k_±.~)_ /. et(s-s,)- f(s)_ ds 2nz .. (s-s0)k+l '

X-JOO

<i'O zugleich x > p,. und x > 9ls0 zu wählen ist. Beweis: Es sei t eine feste Zahl ~ 0 und T eine feste Zahl > t, ferner

T

x > 9ls0 • Das endliche E-Integral j e-n F(r) dr ist absolut konvergent, also 0

auf der Geraden 9ts = x beschränkt, so daß (beachte k > 0)

x+ ioo T

J = J'(k:t:_n r ds et(s-s,) __ l ____ j·e-ST F("r) dr: 2:n:z • (s-s0)k+l.

x- ioo 0

absolut konvergiert und die Reihenfolge der Integrationen vertauscht werden darf:

T x+ioo

J = e-ts, j.dr:F(r) F(k+.~)_ /. ~r)s ___ ds. • 2 :o . (s- s0)k+ 1 0 x-ioo

Nach Formel 4.4 (5) ist (x- % 0 > 0):

I (t - r:)" für 0 ~ r: ~ t = e(t-T)So I 0

für t<r:~T.

Infolgedessen fällt das Integral über die Strecket< r: ~ T weg, und es bleibt:

t

J = {e- 5' 7 F(r:) (t- r)" dr: = (e-s,t F) * t". Ii

-----·--·-----·

*) Das Integral existiert im gewöhnlichen Sinn, nicht bloß als Hauptwert.

Page 330: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Darstellung des (C, k)-l\!ittels durch ein komplexes Integral 335

Wenn man nun für die in der Halbebene 9\s > ß~o definierte Funktion

T

g(s) = f(s) -j e-sr F(1:) d1: u

zeigen kann, daß x+ioo

(1) r;kn~ 1) j et(s-s,J v.:~~k+l ds = 0 (x > 9\so, X> ßk) x-ioo

ist, so wird die Behauptung bewiesen sein.

~I

Fig. 18

g(s) ist die für 9\s > ßk konvergierende il,(kLTransformierte der Funktion

T

G(t) = f 0 l F(t)

für 0;;;;; t;;;;; T

für t > T.

Denn ( e-sr F(1:) d1: kann nach dem Konsistenzsatz als il,(kl_Transformierte der 0

Funktion geschrieben werden, die für 0 < t ;;;;; T mit F(t) übereinstimmt und sonst verschwindet.

Wir betrachten das Rechteck aus den Vertikalen bei den Abszissen x und ~ > x und den Horizontalen bei den Ordinaten w1 und -w2 • Nach dem Cauchyschen Satz ist, weil wegen x > 9\s0 der Integrand in und auf dem Recht­eck holomorph ist:

Page 331: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

336 9. Kap.: Die _2(kl-Transformation

Es sei nun i; ein Punkt mit ßk < 91i; < x. Nach Satz 4 [9.3] strebt g(s) in

jedem ~(i;, 1p < :rr:/2) für I s I -+- =, also auch auf der Integrationsstrecke ~+iw1

~- i w 2 ••• ~ + i w 1 für~-+-= gleichmäßig gegen 0, so daß ( -+- 0 für~-+-=. Folglich ist ~ -·i w,

falls die beiden letzten Integrale einzeln existieren, was wir sogleich einsehen

werden. Nach Satz 3 [9.2] ist nämlich

00

g(s) = _(~~kf(1j~./e-(s-C)t [(e -;t G) * tk] dt, 0

wobei das Integral für s = 91i; + .5 (.5 > 0 beliebig klein) absolut konvergiert.

Da G(t) = 0 für 0 ~ t ~ T, also auch (e-;1 G) *tk = 0 für 0 ~ t ~ T ist, so

gilt nach Satz 2 [14. 3] fürs-+=:

Also kann man zu jedem s > 0 ein R so wählen, daß für I s I > R und 91s ~ 91i; + .5

ist. War 91i; + .5 ~ x, so ist für alle w1 > R

oo+iw1

Das bedeutet, daß ( existiert und für w1 -+-=gegen 0 strebt; das gleiche gilt oo-iw, x+.iw1

für J bei w2 -+- =· Hieraus folgt, daß die linke Seite von (2) für w1 -+- <XJ,

x-~w2

w2 -+- =gegen 0 strebt, womit (1) bewiesen ist. (Es wurde beim Beweis nicht

w 1 = w 2 gewählt, um zu zeigen, daß nicht bloß der Hauptwert von (1} existiert.)

Bemerkung. Die Formel von Satz 1, die durch tk dividiert das (C, k)-Mittel

von E{F} darstellt, kann auch als Umkehrformel für die ,2(kl_Transformation

angesehen werden, wobei man zweckmäßig s0 = 0 setzen wird. Allerdings muß

man dann noch F(t) aus F * tk berechnen, was auf die Auflösung einer Integral­

gleichung hinausläuft. Siehe hierzu II. Band, Abelsche Integralgleichung.

Page 332: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Darstellung des (C, k)-Mittels durch ein komplexes Integral 337

Es seien hier die entsprechenden Begriffe und Formeln für Dirichletsche Reihen erwähnt. Bei diesen haben sich im Divergenzgebiet die Rieszschen typischen Mittel

00

als besonders zugkräftig erwiesen. Bei einer Dirichletschen Reihe tp(s) = E an e -An• n-0

(vgl. 2. 6) setzen wir zur Abkürzung an e -.t,,s = Cn und definieren:

n

C(t) = 0 für 0 ~ t ~ ..1.0 , C(t) = L;cv = L;c. für Än < t ~ Än+l• Av<t •-0

C(k) (t) = L (t- Äv)k Cv = k C(t) * tk-1 (k > 0) *). Av<l

00

CCkl(t)Jtk heißt das Rieszsche typische**) Mittel der Ordnung k der Reihe E cn. n-0

Hat es für t-+ oo einen Grenzwert, so heißt die Reihe (R, l, k)-summabel. 00

Für den speziellen Werts= 0, wo es sich um die Reihe E an handelt, bezeich-n-o

nen wir die entsprechenden Größen mit A(t) (vgl. 2.6) und A(kl(t). Hat die Reihe die Konvergenzabszisse q, so ist nach Satz 1 [2. 6]:

00

tp~s) = j e-•t A(t) dt für 9ts > q, 9ts > 0,

0

also nach dem Faltungssatz 6 [2.15]:

oder

(a)

00

F(kl tp(s) = {e-st[A (t) * tk-1] dt sk s

il

00

F(k_±..!l_ m(s) =fe-st ACkl(t) dt für 9ts> (J, 9ts> o. sk+1 r

0

Diese unter der Voraussetzung der Konvergenz von tp(s) abgeleitete Formel gilt nun aber auch für 9ts > 0, wenn die Reihe fürs= 0 (R, l, k)-summabel ist, und spielt in der Theorie der Dirichletschen Reihen dieselbe fundamentale Rolle wie Satz 2 bzw. 3 [9. 2] in der Theorie der ECkLTransformation. Die hieraus durch Umkehrung folgende Formel

z+ioo

(b) ACkl(t) = V.P. F(k+.1) r ets __p(s)_ ds 2n~ sk+l

s-'ioo

(x > 0)

gilt analog zu Satz 1 [9. 4] nicht nur, wenn tp(s) für s = 0, sondern irgend wo (R, l, k)-summabel ist, und muß daher auf anderem Wege bewiesen werden162•

t *) Denn cv (t -Äv)k = k J cv (1-T)k-1 dT.

Av

**) •Typisch• wird das Mittel deshalb genannt, weil es auf den «Typus•Än der Reihe Bezug nimmt. Bei der Definition von C(t) hat man zunächst in der Zuordnung von n zu t noch volle Frei­heit. Man wählt sie aber nun so, daß Än < t ~ Än+1 ist.

Doetsch I /22

Page 333: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

338 9. Kap.: Die _i!ikLTransformation

Problem: Die (R, .A., k)-Summe einer Dirichletschen Reihe ist als _i!(kLTrans­formierte in Analogie zu Satz 1 [2. 6] darzustellen. Die Formeln (a) und (b) sind dann aus den entsprechenden Formeln für die _i!(kl-Transformation abzuleiten (Satz 2 [9.2] und Satz 1 [9.4]).

Wir werden nun Satz 1 analog zu den Ausführungen für den Fall k = 0 in 5.1 sukzessive verallgemeinern, und zwar zunächst in der Weise, daß der Integrationsweg 9ts = x auch außerhalb des Konvergenzgebietes von ~(kl{F} ver­laufen darf, aber immer noch rechts von s0 • Dazu definieren wir zunächst in Verallgemeinerung der Definition von rJ1 , S. 233:

~{F} sei irgendwo in irgendeiner Ordnung C-konvergent. Es bezeichne 'Y/rx die untere Grenze derjenigen x0 , für die die dadurch definierte Funktion f(s) in 9ts > x 0 analytisch ist und in jeder Halbebene 9ts ~ x 0 + !5 > x0 die Bedingung erfüllt, daß gleichmäßig in x

f(s) = o(Jyn für IYI-+CXJ

ist. 'Y/rx heiße die orx-Abszisse von f(s). Offenbar ist 'Y/rx' ~ 'Y/rx für rJ.' > rJ.. Nach Satz 5 [9.3] existiert 'Y/rx (rJ. ~ 1)

(und damit jedes 'YJ mit größerem Index) sicher, wenn L(rx-tl{F}eine Konvergenz­halbebene besitzt, und es ist

Satz 2. ~(kl{F} = f(s) habe eine Konvergenzhalbebene 9ts > ßk (k > 0}, und 'Y/k+t sei die ok+ 1-Abszisse von f(s). Dann gilt für jedes komplexe s0 und t ~ 0:

.x+ioo

(3} (e-s•tF)*tk== T(k+_l) j' et(s-s,) f(s) ds 2nz (s-s0)k+ 1 '

x-ioo

wenn x > 'Y/k+t und x > 9ts0 genommen wird. Beweis: Wir betrachten ein Rechteck aus den Vertikalen bei den Abszissen

x (x > 'Y/k+t• x > 9ts0} und ~ (~ > ßk, ~ > x) und den Horizontalen bei den Ordinaten w1 und -w2 • Nach dem Cauchyschen Satz ist

Wegen 'Y/k+t < x <~ist auf der Strecke x + i w1 ..• ~ + i w1 : f(s) = o(w/+ 1),

also (t ~ 0)

x+iw1

j e15 (s !~gk+:l ds ~ e1< -(ro~~!J::)1~+1 (~ - x) = o(l) für w1 -+ CXJ, ;+iw1

Page 334: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Darstellung des (C, k)·Mittels durch ein komplexes Integral ~-irus

analog für J . Demnach ist x-iw1

Nach Satz 1 ist die rechte Seite gleich (e-s,t F) * tk, also auch die linke.

339

Wie in Satz 3 [5.1] werden wir jetzt den Integrationsweg 9ts = x, der bis­her rechts von s0 verlaufen mußte, über den Punkt s0 hinweg nach links ver­schieben, wofern s0 in 9ts > 'f/k+ 1 liegt, und dafür das Residuum des Integran­den in Anrechnung bringen. Das geht aber nur, wenn der Integrand in der Umgebung von s0 eindeutig-analytisch, d.h. k eine ganze Zahl ist, so daß s0

einen Pol von höchstens (k + 1)-ter Ordnung darstellt. Satz 3. Bei ganzzahligem k > 0 habe f(s) = E(kl{F} eine Konvergenzhalb­

ebene, und 'f/k+t sei die ok+cAbszisse von f(s). Dann gilt für fedes komplexe s0

mit 9ts0 > 'f/k+l und t ~ 0:

(4) k x+ioo

(e-s•tF)•tk= ~(k)t(•l(s)tk-•+ F(k+_l} I et(s-s,)___l!il__ds ~ v o 2n~ (s-s)k+l ' •-U x-ioo 0

wenn 'f/k+t < x < 9ts0 genommen wird. Beweis: Wir nehmen zu dem x mit 'f/k+l < x < 9ts0 ein x1 > 9ts0 und bil­

den aus den Vertikalen bei x und x1 und den Horizontalen in den Höhen co1

und - co2 ein Rechteck, das für alle hinreichend großen co1 , co2 den Punkt s0 im Innem enthält. Erstrecken wir das Integral

F(k+ 1} I et(s-solfJ!)_ ds 2ni (s-s0)k+1

im positiven Sinn über den Rechtecksrand, so ergibt sich nach der Cauchyschen Formel der Wert von

dk k dsk {f(s) et(s-s,)} = E (:) tt•l(s) tk-v et(s-s,)

•-0 fürs= s0 , d.h.

Die Integrale über die horizontalen Seiten streben aus dem gleichen Grund wie beim Beweis von Satz 2 für co1 , co2 + oo gegen 0, das Integral über die rechte vertikale Seite strebt dabei nach Satz 2 gegen (e-••1 F) * tk. Also ist

Aus Satz 2 und 3 ziehen wir die zu Satz 4 [5.1] analoge Folgerung, indem wir t = 0 setzen.

Page 335: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

340 9. Kap.: Die f!!kLTransformation

Satz 4153 • Die Funktion f(s) sei eine S!_(kl-Transformierte (k ganzzahlig > 0)

und 'fJk+l sei ihre ok+rAbszisse. Es sei x > 'f/k+l· Dann gilt folgende Cauchy­sche Integraldarstellung:

k! -<+_ioo f(s) r f(k)(so) für 9iSo >X - z :n i j (5...:::-s~)k-Tf ds = l

x-•oo 0 für 9iso<x. (5)

Bemerkung: Für nichtganzzahlige k kann man (5) als Definitionsgleichung

für die Ableitungen nichtganzer Ordnung aufstellen154• Diese sind dann viel­

deutige Funktionen, weil die Definition von dem für (s- s0)k+l gewählten

Zweig abhängt. Vgl. hierzu als Spezialfall die Formel4.4 (6).

Nun kann man den Sätzen 2 und 3 eine gemeinsame Gestalt geben, wenig­

stens wenn x > rJ1 ist. Dann ist nämlich auf Grund von Satz 4:

k . .t+ ioo

= - '\"' (k k ) -~- v)_!_ t• j' __ f(s) __ ds .~ . -v 2:nt . (s-s0)k-v+l

x-too

wenn 'f/1 < x < 9is0 genommen wird, während für x > rJ1 , x > 9ls0 die rechte

Seite 0 liefert. Addieren wir die erste Aussage zu Formel (4) und die zweite

zu Formel (3), so folgt: k [t(s-s )]• x+ioo et(s-s,)_}; ___ o_._

k! ;· v-O v! (e-s,t F) * tk = - ~ - .... -- f(s) ds 2:nz •. (s-s0)k+l

X-200

für x > rJ1 und 9is0 ~ x. Da jetzt der Kern fürs+ s0 einen Grenzwert hat

und mit diesem als Funktionswert in s0 holamorph wird, gilt diese Gleichung

auch für 9is0 = x. Denn bildet man ein Rechteck aus den Vertikalen bei 9ls0

und x > 9is0 und den Horizontalen bei ± w, so ist der Integrand im Innern

und auf dem Rand analytisch, das Randintegral also 0. Für w + oo ver­

schwinden die Integrale über die Horizontalen, da auf diesen wegen x > rJ1

_LI.fJ_ = o(l) und - 1-.- { et(s-s,)- ~ _[~-:-~o)l"_ l = 0(1) s-s0 (s-s0)k .~ v! J

ist. Also hat das Integral über die Vertikale bei 9ls0 denselben Wert wie das

über die Vertikale bei x. Zusammenfassend können wir sagen: Satz 5. f!_(kl{F} = f(s) mit ganzzahligem k > 0 habe eine Konvergenzhalb­

ebene, rJ1 sei die o1-Abszisse von f(s). Damb gilt für die Ftmktion (e-s,t F) * tk,

Page 336: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Darstellung des (C, k)-Mittels durch ein komplexes Integral 341

die bei festem t ~ 0 in der Variablen s0 eine ganze Funktion ist, für alle kom­plexen s0 die Darstellung

(6) x + ioo k

(e-s,t F) * tk = _ _/l~ j' J et(s-s,) _ "[t(s-so)J" I ~_f(s)_~ ds 2nz . I .~ v! f (s-s0)k+ 1 '

X·-!00

wobei x jede reelle Zahl> 171 sein darf. Für 9is0 < x kann Formel (6) durch (3), für 9is0 > x durch (4) ersetzt werden, wobei dann x > 'fJk+l sein darf.

Bemerkung: Da bei ganzzahligem k: tk = k! 1•k+I ist, bedeutet die Faltung mit tk eine (k + 1)-malige Integration von 0 bis t und Multiplikation mit k!. Schreibt man für e-s,T F(-r) die komplexe Umkehrformel der E-Transformation an und führt diese Operation unter dem Integralzeichen aus, so ergibt sich gerade Formel (6).

Wenn man die Gleichungen (3), (4) und (6) durch tk dividiert, so erhält man t

Ausdrücke für die (C, k)-Mittel von J e-s,T F(-r) d-r. Am wertvollsten ist die 0

durch (4) gelieferte Gleichung, die aber nur für ganzzahliges k gilt:

(7) x+ioo

+ _ -~- _ 3 ~ j' et (s- s,) ____ _!(~ _____ ds 2ni tk . (s-s0)k+l •

X-!00

Sie stellt das k-te Mittel durch eine endliche Reihe nach abfallenden Potenzen von t, vermehrt um ein durch ein komplexes Integral über f(s) ausgedrücktes Restglied, dar. Es ist nun leicht, /(s) solche Bedingungen aufzuerlegen, daß das Restglied für t + oo gegen 0 strebt, denn es trifft sich günstig, daß in dem Faktor et(s-s,) unter dem Integral 9i(s- s0) = x- 9is0 < 0 ist, so daß dieser Faktor für t + oo gegen 0 strebt. Man erhält dann die Aussage, daß das k-te Mittel unter diesen Bedingungen gegen /(s0) strebt, d.h. daß E(kl{F} in s0 kon­vergiert, wobei Formel (7) noch gestattet, den <<Fehlen>, den man dadurch be­geht, daß man sich mit einem endlichen t-Wert bei der Berechnung begnügt, durch die höheren Glieder mit 1ft, 1jt2 , ••. , 1ftkund das Restglied genau festzu­legen. Wenn man Gleichung (7) für ein bestimmtes k anschreiben kann, so erst recht für jedes größere k, eventuell sogar in einer größeren Halbebene, da, wenn 'fJk+J für ein bestimmtes k existiert, natürlich erst recht die 'fJ mit größerem Index existieren und ~ 'fJk+l sind. Dabei ist zu beachten, daß mit wachsendem k die Koelfizienten der Entwicklung sich ändern. Solche Entwicklungen, die bei fester Gliederanzahl einen bestimmten Wert um so genauer angeben, je größer die Variable t ist, werden wir später (II. Band) asymptotische Entwicklungen nennen und näher studieren.

Ist k keine ganze Zahl, so kann man im Falle 9is0 > 'fJk+l nicht wie oben durch Residuenrechnung von einem Integrationsweg rechts von s0 zu einem

Page 337: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

342 9. Kap.: Die ßlkLTransformation

links davon, d.h. von Formel (3) zu Formel (4) übergehen, da (s- s0)k+l um s0 herum nicht eindeutig ist. Man kann aber wenigstens mit der gleichen Be­gründung wie dort den Integrationsweg auf die Vertikale durch s0 verlegen, wenn man dem kritischen Punkt s0 durch einen kleinen Halbkreis nach rechts ausweicht (Hakenintegral, vgl. S. 213):

(8)

Hiervon ausgehend benutzen wir eine andere Methode als bei ganzem k*). Nach Formel 4. 4 (5) ist für alle ganzzahligen v < k unter Verwendung eines wie in (8) bei 0 nach rechts ausgebogenen Integrationsweges:

also

(9)

+ioo

F(k-v+l) I etu du=tk-v für t~O, --2nz --- uk-•+1 -1·00

Ist nun n-1<k<n (n ganzzahlig ~ 1),

so multiplizieren wir (9) mit F(k+ 1) f'•l(s0)/v !, summieren von v = 0 bis n -1 und subtrahieren das Resultat von (8). Das ergibt:

n-1 (e-s,t F) * tk-}; (:) j(•)(so) tk-v

v~o

(10) n-1 j(•)(s)

ffis,+ioo f(s)-E ---/-- (s-s0)•

F(k+l) r t(s-s) v~O V. d = 2nz-- . e • ---(s-s~)k+I~--- s.

ms,-ioo

In der Umgebung von s0 ist

n-1 j(•)( ) oo j(•)( ) f(s) -}; ~ (s - s0}' =}; ~ (s - s0)• = (s- s0)" g(s),

v=O v=n

wo g(s) in und bei s0 holomorph ist, so daß dort I g(s) I < M gilt. Auf dem Halb­kreis, der So rechts umgeht, ist s- So= e eiff, I t'f I ~ n/2, also

+n/2

lfet(s-s,)(s- So)n-k-1 g(s) dsl ~ / etQ en-k-1 M e dt'f = :rt Mete en-k. -n/2

*) Diese Methode ist auch bei ganzem k brauchbar, liefert aber nicht so scharfe Ergebnisse bei der Anwendung der Formeln auf das Konvergenzproblem im nächsten Paragraphen.

Page 338: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Anwendung auf das Konvergenzproblem von ,21kl{ F} 343

Wegen n- k > 0 strebt das Integral über den Halbkreis für e + 0 gegen 0. Da der Wert des gesamten Integrals in (10) von e unabhängig ist, so zeigt der Grenzübergang e + 0, daß wir den Integrationsweg geradlinig durch s0 hin­durchführen können. Damit haben wir für nichtganzes k eine ähnliche Ent­wicklung wie Formel (4) erhalten. Das Restintegral ist jetzt längs der Verti­kalen durch s0 zu nehmen, wo der kritische Faktor et(s-s,) wegen 9t(s- s0) = 0 für t +=zwar nicht gegen 0 strebt, aber wenigstens beschränkt bleibt.

Wir fassen nun unsere Ergebnisse zusammen: Satz 6. ~(kl{F} = f(s) habe eine Konvergenzhalbebene, 'YJ1c+I sei die ok+C

Abszisse von f(s). Für jedes komplexe s0 mit 9ts0 > 'YJ"+l existiert für das (C, k)­t

Mittel von {e-s•' F(r) dr eine Entwicklung nach fallenden Potenzen von t mit Restglied: u

Für ganzzahliges k ~ 1:

(11) k x+ioo

_\~~~·~__!_!__~ = E (k) _E_l(sol + _1_. ~!__ ( et(s-s,) __ !J~2k_ ds t v~o V t• 2nt tk ., (s-s0) +1

x-too

(f)k+I < x < 9150),

für nichtganzzahliges k mit n- 1 < k < n (n ganzzahlig ~ 1):

(12) (e- s0 t F) * tk ----tk ___ --

§ 5. Anwendung auf das Konvergenzproblem von ß(k){ F}

Wenn ~(kl{F} irgendwo als konvergent bekannt ist und somit eine ana­lytische Funktion f(s) definiert, so entsteht die Frage, ob man auf Grund funk­tionentheoretischer Eigenschaften von f(s) auf die Konvergenz in einem größe­ren Gebiet schließen kann (Konvergenzproblem). Ehe wir auf Grund von Satz 6 [9.4] solche Konvergenzbedingungen angeben, schicken wir einen Satz voraus, der uns etwas größere Bewegungsfreiheit hinsichtlich der Ordnung der ~(kl-Transformierten, die wir als konvergent voraussetzen, gewähren wird.

Satz 1. Für ein gewt"sses (hinreichend großes) K konvergiere ~(Kl{F} = f(s) in einer Halbebene 9ts >X. Die dadurch definierte Ftmktion f(s) sei in einer

Page 339: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

344 9. Kap.: Die E!kl_Transfonnation

(eventuell größeren) Halbebene 9ls > x0 analytisch und erfülle in jeder Halbebene 9ls ~ x0 + {J > x0 die Bedingung, daß gleichmäßig in x

f(s) = O(IYik•) für I Yl-+= mit k0 ~ 0

ist. Dann gelten die Formeln 9. 4 (3), (4), (11), (12) für jedes k > k0 mit x0 an Stelle von 1Jk-u·

Beweis: 1. Ist k ~ K, so konvergiert _B(kl{F} für 9ls >X, und für 9ls ~ x0 + {J > x0 ist gleichmäßig f(s) = O(l y I k,) = o(l y I k+l), also x0 ~ 1Jk+t·

2. Ist k < K, so wählen wir eine ganze Zahl m ~ 1 so, daß k + m ~ K ist. Dann konvergiert _B(k+ml{F} für 9ls > X, und für 9ls ~ x0 + {J > x0 ist gleichmäßig f(s) = O(l y I k,) = o(l y I k+m+l). Folglich gilt Formel (3) mit k + m an Stelle von k und x0 an Stelle von 1Jk+t:

x+ioo

(1) (e-s,t F) * tk+m = T(k+m_+ ..!:2_ J et(s-s,) _f(s)_ __ ds (x > x X> 9ls ). 2nz (s-so)k+m+l O• o

x-ioo

Nach Satz 9 [2.14] ergibt m-malige Differentiation der linken Seite nach t:

(k + m) (k + m -1) · · · (k + 1) (e-s,t F) * tk = _I"'_~~:~ 1) (e- 5• 1 F) * tk.

Die rechte Seite läßt sich m-mal unter dem Integralzeichen differenzieren, weil die entstehenden Integrale bis herunter zum letzten

x+ioo

T(k-1:_~+1) r et(s-s,) _ _j_(s_) ___ ds 2ni . (s-s0)k+ 1

x-ioo

in jedem endlichen t-Intervall gleichmäßig konvergieren:

II et(s-s,) __ lJ~2 __ 11 = et(x- IJis,) O(l Y I k, -k-1) mit ko - k < 0. (s-so)k+l

Also ergibt sich nach m~maliger Differentiation von (1):

x-too

( x > x0 , x > 9ls0) •

Das ist Gleichung 9. 4 (3) mit x0 an Stelle von 1Jk+t· Die übrigen Gleichungen ergeben sich aus 9. 4 (3) auf Grund der Voraussetzung f(s) = o(l y I k+l), die wegen f(s) = O(l y I k,) reichlich erfüllt ist.

Nunmehr können wir folgenden Konvergenzsatz beweisen: Satz 2. Für ein gewisses (hinreichend großes) K konvergiere _B(Kl{F} in einer

Halbebene 9ls > X. Die dadurch definierte Funktion f(s) sei in einer (eventuell

Page 340: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Anwendung auf das Konvergenzproblem von ,l!lk1{ F} 345

größeren) Halbebene 9ts > x0 analytisch und erfülle in jeder Halbebene 9ts ~ x0 + IJ > x0 die Bedingung, daß gleichmäßig in x

f(s) = 0(1 y lk') für I y 1-+ oo mit k0 ~ 0

ist. Dann konvergiert _ß(kl{F} für 9ts > x0 mit jedem k > k0 zum Wert f(s), und zwar gilt genauer für das k-te Mittel des Partialintegrals von .i!{F} die asymptoti­sche Entwicklung

in dem Sinne, daß

tk(Je-;~)*fk -~(:)1(~~L)-+o für t-+=.

Beweis: Wir wählen ein festes k > k0 und ein festes s = s0 mit 9ts0 > x 0 •

Ist k ganzzahlig, s::> können wir nach Satz 1 die Gleichung 9. 4 (11) mit x0 an Stelle von 1Jk+I anschreiben:

Für das Restintegral haben wir die Abschätzung

. x+ioo 1 x+ioo

. -~- 3 ~ I et (s- s,) - _t(s_)_- d)l ~ 1 kti- e -I (9h,- .<) •• /·· l_s __ llS(os)l_kL+l I ds II ' '2ni fk (s-s0)k+ 1 2n

x-ioo x-Joo

wobei das letzte Integral wegen

konvergiert. Also ist

(2) (e-S·:~*_t"_ = f(so) + E(:) _t'·~~s__o_)_ + O(e-ttm;,-x) rk) V= 1

(x beliebig nahe an x0 ), woraus sich die Behauptung in verschärfter Gestalt ergibt.

Ist -k nicht ganzzahlig (n- 1 < k < n), so gilt nach Satz 1 die Formel 9. 4 (12):

(e- s0 t F) * tk ---~k------

n-l f(•l(s) 1 + oo f(so+ i y)- E ----- fo __ (i y)•

= I(k) j_(~J_~to_)_ + _1_ r(k_+_l) .. feity -----(s~y~)k+ill_:___ ______ dy. v~O V t• 2 n fk ,

-00

Page 341: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

346 9. Kap.: Die ,UikLTransformation

Bezeichnen wir die kleinere der beiden Zahlen k - k0 und k - (n - 1) mit e > 0, so ist

{i yfk+l (t(so + i y) -v'tot f•~(;~ (i y)") = O(l Ylk.-k-1) + O(l Yln-1-k-1)

= O(IYI-1-•) für IYI +oo.

Also konvergiert das Restintegral absolut und mithin gleichmäßig für alle t, strebt daher nach dem Riemann-Lebesgueschen Lemma für Fourier-Integrale (S. 171) für t-+ oo gegen 0. Das liefert:

(3) (e-••tt~) * ~"_ = /(s0) + };1 (:) f(•~~s'll_ + o(rk) für t -+ oo,

•-1

worin wiederum die Behauptung enthalten ist. Zusatz: Besitzt die durch ,i!.(Kl{F} definierte Funktion f(s) eine Beschränkt­

heitshalbebene, so kann man die Voraussetzung f(s) = O(IYik•) durch

/(s) = O(IYn mit k > 0

ersetzen und Konvergenz von _ß(kl{F} behaupten. Denn bei festem ö > 0 gilt nach der jetzigen Voraussetzung z. B. für

9ts = x0 + ö/2: f(s) = O(l ylk). Ist x1 ein reeller Punkt der Beschränktheitshalb­ebene (wobei x1 > x0 + ö sein soll), so ist für 9ts = x1 : /(s) = O(l Yl0). Nach dem Satz in Anhang Nr. 57 ist dann gleichmäßig in x0 + Ö/2 ~ x ~ x1 :

f(s) = 0(1 yll(xl), wo l(x) die lineare Funktion ist, die für x = x0 + ö/2 den Wert k, für x = x1 den Wert 0 annimmt. Für x ~ 'YJ + ö ist diese Funktion aber~ k0 ,

wo k0 eine gewisse Zahl < k ist. Damit fallen wir auf die alte Voraussetzung zurück, wobei allerdings k0 von ö abhängig ist. Das stört aber beim Beweis von Satz 2 nicht.

Speziell für k0 = 0 besagt Satz 2: Satz 3. Für ein gewisses (hinreichend großes) K konvergiere ,i!.(Kl{F} in einer

Halbebene 9ts >X. Die dadurch definierte Funktion f(s) besitze eine Beschränkt­heitshalbebene. Dann konvergiert in dieser _ß(kl{F} mit beliebig kleinem k > 0.

Im folgenden sei wieder ,i!.(Kl{F} für ein gewisses K irgendwo konvergent. Da _ß(kl{F} im Konvergenzgebiet eine analytische Funktion darstellt, kann kein ,i!.(kl{F} über die Holomorphiehalbebene 9ts >X hinaus konvergieren. Dagegen ist die Frage sinnvoll, unter welchen Umständen und für welches k _ß(kl{F} in den nichtsingulären Punkten der Begrenzungsgeraden konvergieren kann. Liegen auf dieser nur endlich viele Singularitäten (es genügt, daß wir eine: s = s' annehmen), ist So =I= s' ein Punkt der Geraden ms =X und gilt die Ab­schätzung f(s) = O(i y lk•) gleichmäßig in 9ts ~ x für I y I -+ oo, so kann man unter Benutzung von Satz 1 zunächst die Gleichung 9. 4 (3) mit k > k0 an­schreiben und dann in dieser genau wie in 9. 4 (8) den Integrationsweg auf die Gerade 9ts = x verlegen:

(4)

Page 342: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Anwendung auf das Konvergenzproblem von Etkl{ F} 347

wenn man nicht nur dem Punkt s0 , sondern auch s' durch einen kleinen Halbkreis nach rechts ausweicht. Dazu würde es nach dem verallgemeinerten Cauchyschen Satz (Anhang Nr. 54) genügen, daß f(s) für 9ts >X analytisch und für 9ts ~ X mit Ausnahme von s' zweidimensional stetig ist. Mit Rücksicht auf das folgende wollen wir aber annehmen, daß f(s) auf 9ts =X außer ins', d. h. an jeder Stelle s =!= s' noch ein Stück über s hinaus, holomorph ist.

Die Singularität in s' sei nun vom Typus 1/(s - s')1, l > 0, womit gemeint sein soll, daß in einer Umgebung von s' die Funktion f(s) die Form hat

g(s) f(s) = ---­(s-s')1

mit einem in dieser Umgebung einschließlich s' analytischen g(s). Ist l ganz­zahlig ~ 1, s' also ein Pol, so führen wir das Integral in (4) statt im Bogen nach rechts in einem offenen Rechteck R •. links um s' herum, wofür wir das Resi­duum von

T(k + 1) et(s-s,)(s- s )-k-1 __ [i_s).-o (s-s')l

im Punkt s' in Anrechnung zu bringen haben. Dieses ist nach der Cauchyschen Formel, abgesehen von einem Faktor, gleich der (l- 1)-ten Ableitung von

im Punkts', also einem Polynom in t vom Grad l-1, multipliziert mit e1 (s'-s,

Da dieser Faktor wegen et(s'-s,) = eit3(s'-s,) beschränkt ist, hat das Residuum die Form O(t1- 1) für t+oo.

Es sei nun l nicht ganzzahlig: m - 1 < l < m, m ganz ~ 1. Im Falle m = 1 ist der Integrand in (4) bis in den Punkt s' hinein (uneigentlich) integrabel, wir können also sofort den Halbkreis, der s' rechts umgeht, aufs' zusammen­ziehen und das Integral geradlinig durch s' hindurchführen. Ist m ~ 2, so setzen wir zur Abkürzung

(s- s0)-k- 1 g(s) = h(s),

wo h(s) in der Umgebung von s' analytisch ist, und formen unter Benutzung von

x+ioo 1 ;· el(s-s') tl-A-1

23JT (s -s')l A ds = F(l-A.) (Ä = 0, 1, ... , m- 2; t ~ 0) x-ioo

{das Integral über denselben Weg wie in (4) erstreckt, d.h. bei s' und s0 in einem Halbkreis nach rechts) die Formel (4) so um:

(e-s,t F) * tk _ T(k+_!)_ 'J}(t A 1) h("l(s') tl-A-1 T(l) A-o .

"'- 2 h("l(s') x+ioo h(s)- E --i-- (s -s')i.

= T(k +,!l_ f et(s-s,) A~ o A. ·. ------ ds. 2n~ (s-s') 1

x-ioo

Page 343: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

348 n. Kap.: Die .{!lkLTransformation

Da

ist (p(s) in der Umgebung von s' analytisch), so verhält sich der Bruch unter dem Integral bei s' wie (s- s')m- 1 - 1 (-1 < m- 1-l < 0), man kann also wie S. 343 den Halbkreis um s' auf den Punkt s' zusammenziehen und das Integral geradlinig durch s' hindurchführen. - Wie bei ganzzahligem l hat der links auftretende Subtrahend die Gestalt O(t 1- 1) für t + oo.

Insgesamt ergibt sich an Stelle von (4) für ganzes l ;;;;; 1 :

x+.ioo

(e-s,t F) * tk + O(tl-1) = F(2k+_l) / et(s-s,) -- [(s)-- ds n ~ (s -so)k+l '

r.-'ioo für 0 < l < 1:

x+ ioo

(e-s,t F) * tk = F(k+_l) /• et(s-s,)- - /(sL - ds 2n~ • (s-s0)k+l '

;c- ioo

für m - 1 < l < m (m ~ 2) :

(e-s,t F) •tk + O(tl-1)

J'(k_+.~ r.~·-.i:t(s-s,J (' -_[(~)_ - m~2 -~~~Al(s')_ (s- s')A-l) ds. 2n~ •. (s-s0)k+l ;.~ .1.!

r.- !00

Dabei ist das Integral bei s0 in einem Halbkreis nach rechts, bei s' für ganzes l in einem Rechteck Rs' nach links, für nichtganzes l geradlinig durchs' zu füh­ren. Dieses Integralläßt sich nun in bezugauf s0 ähnlich weiterbehandeln wie das Integral in 9. 4 (3), nur müssen wir bei ganzzahligem k das oben bei ganz­zahligem l augewandte Verfahren zum Vorbild nehmen, d. h. den Halbkreis nach rechts durch ein offenes Rechteck Rs, nach links ersetzen und nicht die ganze Integrationsgerade parallel über s0 hinweg verschieben, weil uns daran schon der Punkts' hindert und außerdem f(s), wenn es auch über jeden anderen Punkt von 9ts = X ein Stück hinaus analytisch ist, nicht gleich in einem an 9ts =X anstoßenden Streifen analytisch zu sein braucht. - Die abgespaltenen Ausdrücke, nämlich

k

~ (:)J'"l(s0) tk-• für ganzes k ·~o

bzw. n-1

~ (:) jl-l(s0) tk-• für n -1 < k < n, •'"0

sind dieselben wie früher, auch in dem obigen dritten Fall m- 1 < l < m, wo f(s) durch die Funktion

() I() ( )k+I m~2 h(Al(s') ( ')A-l q S = S - S- So ..C." - -Ä 1 - - S - S ;.~u .

Page 344: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Anwendung auf das Konvergenzproblem von f!ikl{F} 349

zu ersetzen ist, weil

q(•l(so) = r(so) für 'II = 0, 1, 0 0 ., k bzw. 'II = 0, 1, 0 0 ., n - 1

ist. - Der Integrand selber bleibt bei der Abspaltung für ganzes k derselbe, für nichtganzes k ändert er sich wie in Gleichung 9. 4 (12), wobei im dritten Fall q(s) an Stelle von f(s) zu denken ist. Der Integrationsweg besteht in der Haupt­sache aus der Geraden ~s = X· die nur bei ganzzahligem l und ganzzahligem k bei s' bzw. s0 durch Rechtecke R,, bzw. R,, nach links auszubuchten ist. Man kann nun ähnlich wie früher zeigen, daß das Integral für t ""* oo gegen 0 strebt. Zunächst bemerken wir, daß auch im dritten Fall q(s) = O(l y lk~) mit einem k~ < k ist, denn

q(s) = O(l Y lk') + O(l Y lk+1+m-2-l) = 0(1 Y lk') + 0(1 Y lk-(1-(m-1)]).

Bezeichnen wir die größere der beiden Zahlen k0 <kund k- [l- (m- 1)] < k mit k~ < k, so ist q(s) = 0(1 y lk~). Nun betrachten wir die einzelnen Teile des Integrals. Das Integral über die Gerade ~ = x strebt für t ""* oo gegen 0 aus demselben Grund, wie das Integral im Falle eines nichtganzen k im Beweis von Satz 2; das Integral über eine linke Vertikalseite der eventuell vorhandenen Rechtecke verhält sich wie das Integral in demselben Beweis im Falle eines ganzen k. In dem Integral über eine Horizontalseite in einem der Rechtecke kann die Variable s in der Gestalt s = s0 + c i- a mit konstantem c und 0 ~ a ~ b geschrieben werden, also ist (f(s) ist gegebenenfalls durch q(s) zu ersetzen):

lfet(s-s,) __jjj)__ dsl < {e-ta _l{~o+ci-:_~_L da (s-s0)k+l =. Jci-ajk+l ·

Die rechte Seite ist ein (endliches) .\!-Integral mit der Variablen t, strebt also nach Satz 1 [3. 6] für t ""* oo gegen 0. - Insgesamt erhalten wir:

[k)

(e-••1 F) * tk =}; (:) fl•l(s0) tk-• + O(t1- 1) + o(1) für t -*oo. •-0

Ist nun l - 1 < k, so ergibt sich:

Damit haben wir für das Randverhalten von ß(kl{F} in der Holomorphiehalb­ebene folgenden Satz gewonnen:

Satz 4155• Für ein gewisses ( hinreichetut großes) K konvergiere ß(Kl{F} in einer Halbebene ~s >X. Die dadurch definierte Funktion f(s) habe die Holomorphie­halbebene ~ > X und sei auch noch auf deren Rand analytisch bis auf endlich viele Stellen s~, in deren Umgebung sie sich in der Gestalt

f(s) = _g~(s_L (s-s~) 1"'

(~s~ =X· la.>O)

Page 345: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

350 9. Kap.: Die ,2(kL Transformation

mit in der Umgebung von s~ analytischem g"(s) darstellen lasse. Für 9ts ~X sei gleichmäßig in x

f(s) = 0(1 y lk") für I y I -+ = mit k0 ~ 0. Ist

k > k0 und k > l" - 1 ,

so konvergiert ß(k){F} in allen von den s~ verschiedenen Punkten der Randgeraden 9ts =X der Holomorpkiehalbebene.

* * *

Für eine einzelne ß(k)_Transformation mit einem bestimmten k bleibt die durch Satz 2 gegebene Lösung des Konvergenzproblems genau so unvollständig wie früher bei der eigentlichen E = E(OtTransformation: wir können nur an­geben, wie weit ß(k){F} mindestens (aber nicht genau) konvergiert. Fassen wir aber die Gesamtheit aller ß(ktTransformationen (k ~ 0), d.h. die ß(ooLTrans­formation (S. 330) ins Auge, so verfügen wir nunmehr für diese über eine voll­ständige Lösung des Konvergenzproblems. Die Konvergenzabszisse von ß(oo) nannten wirB; sie war die untere Grenze der Konvergenzabszissen ßk· Nach Satz 5 [9. 3] ist f(s) für 9ts > B von endlicher Ordnung (vgl. die Definition S. 178). Umgekehrt: Ist H die Abszisse endlicher Ordnung von f(s), d. h. die untere Grenze der x, rechts von denen f(s) von einer endlichen Ordnung ist, so konvergiert ß(k){F} nach Satz 2 für jedes s mit 9ts > H für ein gewisses k. Daraus folgt:

Satz 5156 • Ist ß(K){F} für ein gewisses K ~ 0 irgendwo konvergent, so konver­gieren die ß(k){F} in ihrer Gesamtheit genau so weit, wie die durch ß(K){F} defi­nierte analytische Funktion f(s) von endlicher Ordnung ist, mit anderen Worten: die AbszissenBund H sind identisch.

§ 6. Der Faltungssatz für die ß(k)-Transformation 00 00

Multipliziert man zwei Reihen I a" und I b. gliedweise, so braucht die oo p-0 v-0

Reihe I a" b., wenn die Ausgangsreihen nur bedingt konvergieren, nicht zu p,v= 0

konvergieren, auch nicht, wenn man sie in «Cauchyscher Weise)> anordnet:

Analog braucht E{F1 *F2} für ein bestimmtes s nicht zu konvergieren, wenn E{F1} und E{F2} für dieses s nur bedingt konvergieren, wie durch das Beispiel

Page 346: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Der Faltungssatz für die f!lkl-Transfonnation 351

S. 127 gezeigt wurde. Einer der Hauptvorzüge der Cesarasehen Summabili­tätstheorie liegt darin, daß sie diese Schwierigkeit bei Reihen überwindet: Die Produktreihe ist sicher (C, 1)-summabel. Allgemein ist das Cauchysche Produkt einer (C, k1)-summablen und einer (C, ks)-summablen Reihe sicher (C, k1 + k2 + 1)-summabel. Analog gilt für die l!-Transformation folgender Satz:

Satz 1157• Wenn l!<k•>{F1} und l!(k,l{F2} mit k1 ~ 0, k2 ~ 0 für s = s0 konver­gieren und gleich f1(s0) bzw. f2(s0) sind, so konvergiert l!(k,+k,+ll{F1 •F2} für s0

und ist gleich ft(s0) • f2(s0):

Beweis: Es genügt, den Satz für s0 = 0 zu beweisen (vgl. Satz 5 [2.15 J). Hierfür besagt er:

Aus der Voraussetzung

folgt nach Hilfssatz 1 [9. 1]:

Wegen

ergibt sich hieraus die Behauptung. Spezialfälle: 1. Ist k1 = k2 = 0, so lautet die Formel:

Diese liefert eine Ergänzung zu den Sätzen in 2.15. 2. Ist k1 = 0, so gilt

l!{Ft} ·l!(k,l{F2} = l!<k,+ll{Ft •F2}·

Man kann in dieser Gleichung analog zu Satz 5 [2.15] in dem Fall, daß l!{F1}

absolut konvergiert, den Index auf der rechten Seite um eine Einheit herab­drücken.

Satz 2. Ist l!{F1} für s = s0 absolut konvergent, l!!ksl{F2} fürs= s0 einfach konvergent, so konvergiert l!(k,l{F1 •F2} fürs= s0 und ist gleich f1(s0) f2(s0).

Page 347: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

352 9. Kap.: Die f!lki.Transformation

Beweis: Der Beweis läuft genau wie der von Satz 5 [2.15]. Es genügt wieder, s0 = 0 anzunehmen. Dann ist zu beweisen:

Es sei zunächst /2(0} = 0. Dann kann man zu e > 0 ein T so wählen, daß

ist. Ferner gibt es eine Konstante M, so daß

ist. Für t > T können wir schreiben :

' T I

IF1. F2. tk·1 = : 1 Fl(t _ T) (F2. Tk·) dT + r Fl(t _ T) (F2. Tk·) dT lo f

I 00

~ M Tk• J IF1(u) I du+ e tk, J IF1(u) I du. t-T 0

Denken wir von vornherein T so groß gewählt, daß

I,

{IF1(u) I du< e für jedes Wertepaar t2 > t1 ~ T ;,

ausfällt, so ist für t ~ 2 T:

IF1 *~!.*tk•l ~ M ( '{'f' e + e]IF1(u) I du< (M + jiF1(u) I du) e. u (I

Das bedeutet:

Damit ist die Behauptung für _2(k,){F2}._ 0 = 0 bewiesen. Ist nun _2(k,l{F2}s-o = /2 =1= 0, so ist _2(k,l{F2 -/2 e-1} für s = 0 konvergent und gleich 0, also ist nach dem eben Bewiesenen:

o(k,){F, * (F. -I e-1)} -- 0 ~ 1 2 2 s-O- •

Da E{F1}undE{e-1}für s = 0 absolut konvergieren, so existiert E{F1 * /2 e- 1},_ 0 ,

mithin ist

Addieren wir dies zur vorigen Gleichung, so steht die Behauptung da.

Page 348: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

IV. TEIL

Die Laplace-Transformation spezieller Klassen

von Funktionen

Die Gesamtheit aller L-Funktionen F(t) läßt sich nicht anders als durch die Aussage abgrenzen, daß für jede einzelne Funktion die E-Transformation in einer ·gewissen Halbebene konvergiert. Ebenso läßt sich die Gesamtheit aller I-Funktionen f(s) nicht durch eine innere funktionentheoretische Eigenschaft unabhängig von der E-Transformation charakterisieren. Dagegen gelingt es, gewisse (auch sonst in der Analysis wichtige) Klassen von Funktionen F(t) her­auszugreifen, denen wohlabgerundete, durch einfache funktionentheoretische Eigenschaften charakterisierbare Klassen von Funktionen f(s) in eineindeutiger Weise entsprechen. In diesem Teil sollen drei derartige Klassenpaare behan­delt werden.

Doetsch I /23

Page 349: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

355

10. KAPITEL

DIE LAPLACE-TRANSFORMATION

DER GANZEN FUNKTIONEN VOM EXPONENTIALTYPUS

§ 1. Die den L-Funktionen vom Exponentialtypus entsprechende Klasse von I-Funktionen

Bisher wurde von der L-Funktion die Existenz nur für reelle t verlangt. Nunmehr soll der spezielle Fall betrachtet werden, daß F(t) eine analytische Funktion ist, natürlich in einem Gebiet, das den Integrationsweg von .e{F} enthält, also bei .e1 etwa in einem Winkelraum um die positiv reelle Achse, bei .eu in einem Streifen um die reelle Achse. Die .eu-Transformation von ana­lytischen Funktionen werden wir im nächsten Kapitel behandeln, während wir uns in diesem mit der .erTransformation beschäftigen.

Der einfachste Fall ist der, daß F(t) eine ganze Funktion ist, also durch eine für alle komplexen t konvergente Potenzreihe

00

(1) F(t) =}; =~- t" n-0 ·

dargestellt wird. Wendet man formal auf diese die .erTransformation glied­weise an, so erhält man eine Reihe nach absteigenden Potenzen

(2)

Wenn diese irgendwo und damit im ganzen Äußeren eines Kreises konvergiert, so stellt sie eine im Unendlichen holomorphe und dort verschwindende Funk­tion dar. Wir behaupten, daß die Reihe (2) dann und nur dann konvergiert, wenn es zu der ganzen Funktion (1) zwei positive Konstante gibt, so daß für alle komplexen t

(3) IF(t}i < A eaiti

ist. Da dann bei jedem e > 0 für alle hinreichend großen iti

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356 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

gilt, so folgt (Anhang Nr. 61), daß F(t) höchstens dem Normaltypusader Ord­nung !angehört. Statt dessen sagen wir kürzer, F(t) sei vom Exponentialtypus 158•

Wir beweisen zunächst die obige Behauptung und zeigen dann, daß tat­sächlich f(s) = i!{F} ist.

Satz 1159• Notwendig und hinreichend dafür, daß die Reihe (2) nicht für alle s divergiert, sondern einen endlichen Konvergenzradius e besitzt, ist die Bedingung, daß die mit denselben Konstanten a,. gebildete Reihe (1) eine ganze Funktion vom Exponentialtypus darstellt. Das funktionentheoretische Verhalten von f(s) hängt mit dem von F(t) genauer so zusammen: Wird das Maximum von IF(t) I für I t I ~ r mit M(r) bezeichnet und ist e der Konvergenzradius von f(s), so ist

(4) 1-.- logM(r) 1m--r-=e,

T-+00

d. h. F(t) ist genau vom Normaltypus e der Ordnung 1. Beweis: a) Notwendigkeit. Hat (2) den Konvergenzradius (!, so ist nach

der Cauchy-Hadamardschen Formel

also gibt es zu e > 0 ein N, so daß für 1' > N

und infolgedessen ein A > 0, so daß für allen::::::: 0

ist. Die Reihe (1) wird daher majorisiert durch

konvergiert also für alle t und stellt eine ganze Funktion F(t) dar, für die

(5) IF(t)l ~ A e(ll+•llti

gilt, so daß sie vom Exponentlaitypus ist. b) Hinlänglichkeit. Es sei (1) eine ganze Funktion, die die Bedingung (3)

erfüllt. Nach der Cauchyschen Koeffizientenabschätzung ist

~rol < M(rl < A ~"__ n! = r" r" ·

Hierin kann r jede beliebige positive Zahl bedeuten. Wir wählen zu jedem 1'

ein bestimmtes r, nämlich r = nfa. Dann erhalten wir:

Page 351: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Die entsprechende Klasse von l-Funktionen 357

Auf Grund der trivialen Abschätzung

logn! = n logn- n + o(n) für n +oo ist

( e !II-) 1 1 1 log --- rA n! = 1-logn + --logA + -logn! = -logA + o(1) = o(1), n n n n

also

und (6)

e !11-lim -- r An! = 1 n

n-+oo

so daß e endlich ist. - Nun beweisen wir noch Formel (4). Aus (5) folgt

M(r) ~ A e(e+<)r

oder

also, da e beliebig klein gewählt werden kann:

(7) 1-;- logM(r) _... lm --,.-;::, (!·

,_.00

Andererseits ist nach (6) e ~ a, WO a jede positive Zahl bedeuten kann, die mit einem geei~eten A die Ungleichung (3) für alle t erfüllt. Da M(r) von jF(t) I in einem Punkt der Peripherie jtj = r angenommen wird, ist mit (3) gleich­bedeutend:

M(r) < A e4 ' für aller;;::;: 0.

Setzen wir lim [logM(r)fr] = l, so ist jede Zahll + e mit e > 0 als a brauch­bar. Denn von einer Stelle r 0 an ist

1~!L~(r) < l + e, also M(r) < e(l+<)r für r;;::;: r0

und daher mit einem geeigneten A

M(r) < A e(l+e)r für aller;;::;: 0.

Folglich ist e :::;;: l + e und, da e beliebig klein ist:

(8) < l - li~ logM(r) n_ - m . o:- r

1-+00

Zusammen mit (7) liefert das die Behauptung (4).

Page 352: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

358 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus 00

Satz 2. Ist F(t) =I: (a,.jn!) tn vom Exponentialtypus, womit gleichbedeutend 00 1J.=Ü

ist, daß j(s) ~~ 1: a,.fs"+ 1 einen endlichen Konvergenzradius e hat, so läßt sich j(s) n~o

in der Halbebene, deren Begrenzungsgerade den Konvergenzkreis von rechts be­riihrt, als f.!-Transformierte von F(t) darstellen:

00

f(s) = E{F} =fe-st F(t) dt für 9{8 > (!·

u

Ebenso läßt sich F(t), und zwar fiir jedes komplexe t, durch ein komplexes Integral iiber f(s) darstellen:

F(t) = 2:-{j ets f(s) ds,

wo die Integrationskurve feder im positiven Sinn durchlaufene Kreis I s I = e + e (e > 0) oder eine äquivalente Kurve sein kann.

Bemerkung: Man beachte, daß f(s) nicht jede beliebige im Äußern eines Kreises analytische Funktion sein darf, sondern f(s) im Unendlichen holamorph

00

und außerdem wegen des Fehlens eines absoluten Gliedes in I: a,.jsn+I der n~o

Wert f(oo) gleich 0 sein muß. Letzteres erklärt sich daraus, daß eine /-Funktion nach Satz 1 [3.6] in jedem Winkelraum 5ro{s0 , 'ljJ < n/2) für s-+ oo gegen 0 strebt. Ist sie in s = oo holomorph, so muß also f(oo) = 0 sein160•

Beweis: a) Da nach Formel (5) im Beweis von Satz 1 für t ~ 0

IF(t) I < A e<Q+<)t

ist, so konvergiert E{F} für 9ts > e + e und daher für 9ts > e absolut, und zwar ist nach Anhang Nr. 41:

oo oo ro

l··e-st F(t) dt = j'e-•t ~ _{t_n_ tn dt = ~ a,n_ {e-st tn dt = ~- _f!n ~ n! ~ n! ~ sn+l '

0 0 n~O n~o il n~o

weil

für 9ts > e konvergiert. 00

b) Auf dem Integrationsweg I s I = e + e ist die Reihe I: anfsn+l gleich-n~o

mäßig konvergent und et• bei festem komplexen t beschränkt, also Summe und Integral vertauschbar:

Page 353: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ l. Die entsprechende Klasse von !-Funktionen 359

Nach der Cauchyschen Integralformel ist

Zusatz.- Da ~{F} für 9is > e absolut konvergiert und F(t) für reelle t stetig und in jedem endlichen Intervall von beschränkter Variation ist, läßt sich F(t) für reelle t > 0 nach Satz 3 [4.4] auch in der Form

x+ioo 1 •

F(t) = - ------c j e 1•f(s) ds 2nt (x > e)

x-ioo

darstellen. Diese Gleichung läßt sich für t > 0 aus der für alle komplexen t gültigen Darstellung in Satz 2 ableiten. Das Integral über den Kreis I s I= e+ e ist gleich dem über die Kurve ABCDEA in Figur 19. Letzteres ist also von der Größe des Radius w unabhängig, B A so daß auch beim Grenzübergang w + oo derselbe Wert, nämlich F(t), herauskommt. Nun ist aber für t > 0 auf AB und DE

und

während die Weglänge konstant ist, so daß die Inte­grale über diese Stücke für w + oo gegen 0 streben. Auf der linken Kreishälfte BCD ist lf(s) I ~ Cjw, also strebt

c

D E

Fig. 19

nach Satz 1 [4. 7] das Integral über diesen Weg bei t > 0 gegen 0 für w +oo. e+e+iw

Es bleibt daher nur lim j übrig. w~oo (!+e-iw

Folgenenge1~ aus Satz 1 und 2

Satz 3 161 • Notwendig und hinreichend dafür, daß eine Funktion f(s) für I s I > e > 0 einschließlich s = oo analytisch ist, auf I s I = e mindestens eine Singularität besitzt und in s = oo verschwindet, ist die Existenz einer ganzen Funktion F(t) vom Normaltypus e der Ordnung 1, vermittels deren sich f(s) für

00

9ts > e als ~-Integral darstellen läßt. Wird f(s) = }; anfsn+l gesetzt, so ist n~o

F(t) = E ~~- tn = 2-~T / et•f(s) ds. n~o

jsj=g+e

Kann speziell e beliebig klein sein, so ist f(s) überall außer in s = 0 ana­lytisch. Der Satz lautet dann:

Page 354: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

360 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Satz 4. Notwendig und hinreichend dafür, daß eine Funktion f(s) in der gan­zen Ebene einschließlich s = = nur den einen singulären Punkt s = 0 hat und ins== verschwindet, ist die Existenz einer ganzen Funktion F(t) vom Minimal­typus der Ordnung 1 :

IF(t) I < A e';1' für iedes e > 0,

vermittels deren sich f(s) für ms > 0 als 52-Integral darstellen läßt.

Dieser Satz ist das Analogon zu dem Satz über Potenzreihen162 : Notwendig und hinreichend dafür, daß eine Funktion qJ(z) in der ganzen Ebene einschließlich z = oo nur den singulären Punkt z = 1 hat (also eine ganze Funktion von 1/(1- z) ist) und für z = 0 verschwindet, ist die Bedingung, daß es zu den Koeffizienten

00

ihrer für I z I < 1 gültigen Potenzentwicklung fl!(z) = E cn zn eine ganze Funktion n~l

C(z) vom Minimaltypus der Ordnung 1 gibt mit C(n) = cn (n = 1, 2, ... ).

Satz 5163• Eine ganze Funktion vom Exponentialtypus: IF(t) I < A ea,t, die eine (komplexe) Periode T besitzt, ist ein Exponentialpolynom:

wobeiN ~(I Tl/2n) a ist. Beweis: Es werde

+N F(t) = E Cn en(2:rt/T)it'

n~ -N

gesetzt. Hat F die komplexe Periode T:

F(t + T) = F(t),

so hat F1(t) die reelle Periode R:

F1(t) ist als analytische Funktion für reelle t sicher in die Fourier-Reihe nach den Orthogonalfunktionen en(2 :rcfR)it entwickelbar, ferner ist fl(s) = SJ{Fl} für I s I > a analytisch, da

ist. Folglich verschwinden nach S. 283 alle Fourier-Koeffizienten cn von F(t) mit

lnJ Z: > a,

und es ist für reelle t:

+N Fl(t) = E cn en(2:rt/R)it

n--N mitN<_!La.

= 2:n

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§ 1. Die entsprechende Klasse von I-Funktionen 361

Da F1(t) und die Summe beide analytische Funktionen sind, gilt diese Dar­stellung auch für komplexe t. Aus ihr folgt:

+N . +N F(t) =Fl(e-i<Pt) = .J: cne"(2n/R)e-•<Pit= .J: cne"(2niT)it.

n--N n--N

Aus Satz 5 ergibt sich: Satz 6164• Die einzigen ganzen Funktionen F(t) vom Exponentialtypus mit

(n ~ 0) sind Sinuspolynome:

N

F(t) = .J:a,.sinnnt . .. ~1

Beweis: Schreibt man für F(t) die Taylor-Entwicklung mit dem Mittel­punkt t = 0 bzw. t = 1 an, so erkennt man, daß F(t) um t = 0 bzw. 1 herum eine ungerade Funktion ist:

F(-t) = - F(t), F(l- t) = - F(l + t).

Ersetzt man in der zweiten Gleichung t durch 1 + t, so steht da:

F(-t) = - F(2 + t).

Mit der ersten zusammen ergibt das:

F(t) = F(t + 2).

Die Funktion hat also die Periode 2 und somit nach Satz 5 die Gestalt:

+N F(t) = L cn ennti.

,._-.V

Addiert man hierzu die Gleichung +N

F(t) = -F(-t) =- .J:cne-nnit, n- -N

so folgt: +N N

F(t) = i .J:cnsinnnt= i.J:(c,.- c_,.)sinnnt. n--N n-1

Analog beweist man: Satz 7. Die einzigen ganzen Funktionen F(t) vom Exponentialtypus mit

(n ~ 0)

sind Kosinuspolynome.

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362 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

§ 2. Analytische Fortsetzung der 1-Funktion durch Drehung des Integrationsweges in der t-Ebene

Die beiden einander entsprechenden Funktionsklassen sind durch die Er­gebnisse von § 1 vollständig charakterisiert. Es läßt sich nun aber noch eine Fülle von interessanten Aussagen über sie machen. So kann man die ß-Trans­formation hinsichtlich des Integrationsweges verallgemeinern und dadurch fest­stellen, wie sich das Verhalten von F(t) für t + oo in der Lage der Singulari­täten von f(s) widerspiegelt. Solchen Untersuchungen sind die folgenden Para­graphen gewidmet.

Bisher war in ß{F}der Integrationsweg stets die reelle Achse von 0 bis +oo. Wenn aber F(t) eine ganze Funktion ist, so kann man den Integrationsweg um den Nullpunkt der t-Ebene rotieren lassen. Wir werden sehen, daß dabei die Konvergenzhalbebene in der s-Ebene ebenfalls rotiert, und daß man so die analytische Fortsetzung von f(s) in dem größten der Natur der Sache nach zu erwartenden Gebiet erhält, nämlich in dem Teil des Existenzbereichs, der durch Halbebenen ausgefegt werden kann.

Verwenden wir als Integrationsweg den Strahl von t = 0 aus, der mit der positiv reellen Achse den Winkel cp bildet, wobei etwa 0 ~ cp < 2 n gedacht werden kann, so fragt es sich, wo dieses verallgemeinerte ß-Integral, das wir mit

00('1')

ßl'l'l{F}:: ( e-•t F(t) dt ö

bezeichnen wollen, konvergiert. In dieser Hinsicht beweisen wir vorläufig fol­genden Satz, den wir in § 3 auf seine bestmögliche Form bringen werden.

s-Ebene

t -Ebene

Fig. 20

Satz pes. Das Integral _ß('l'l{F} konvergiert in einer Halbebene, deren Begren­zungsgerade auf der Richtung -cp senkrecht steht, und zwar reicht die Halbebene mindestens bis an den Konvergenzkreis I s I = (]von f(s) heran. Das Integral stellt eine holomorphe Funktion, nämlich ein Element der durch f(s) = ß{F} = ß!0l{F} definierten analytischen Funktion dar.

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§ 2. Drehung des Integrationsweges in der t-Ebene 363

Beweis: ßC'Pl{F} können wir sofort als ß-Integral mit reellem Integrations­weg schreiben, indem wir t = r ei'~' setzen:

(1) 00

_e<'l'l{F} = ei'l' J e-ei'Psr F(ei'l' r) dr.

0

Dieses Integral konvergiert genau für diejenigen Zahlen ei'l' s, die eine Halb­ebene mit vertikaler Begrenzung ausmachen. Die entsprechenden Zahlen s gehen hieraus durch Multiplikation mit e-i'P,

d.h. durch eine Schwenkung um -f!J hervor. Da ferner nach 10.1 (5)

IF(t) I < A e(!l+s)r

ist, so konvergiert das Integral, sogar absolut, mindestens für 9t(ei'~'s) > e+ e und, da e > 0 beliebig klein sein kann, auch für

Das bedeutet eine Halbebene, deren Be­grenzungsgerade den Kreis vom Radius e be­rührt und senkrecht zur Richtung -f!J steht.

s-E6ene

w

Fig. 21

Jedes Integralß<'Pl{F} stellt eine holomorphe Funktion dar. Wir betrachten die Integrale über zwei verschiedene Richtungen 0 ~ (/'1 < (/'2 < 2 11:, für welche die den Kreis I s I = e berührenden Halbebenen ~1 und ~2 • wo die Inte­grale sicher konvergieren, noch einen Teil gemein haben, also 0 < (/'2 - fP 1 < 11:,

und behaupten, daß sie dieselbe analytische Funktion definieren. Sind T 1 und T2 zwei Punkte auf den Integrationsstrahlen der t-Ebene mit gleichem Abstand R vom Nullpunkt, so ist nach dem Cauchyschen Satz

T, T, T,

/e-stF(t)dt- /e-stF(t)dt= /e-stF(t)dt, ö d ~

wobei die Integrale auf der linken Seite geradlinig, das auf der rechten entlang dem Kreisbogen vom Radius R zu erstrecken sind. Wir betrachten nun eine, Punktmenge der s-Ebene, die sicher zu beiden Halbebenen ~1 und ~2 gehört, nämlich die Halbierende w des von ihren Begrenzungsgeraden gebildeten Win­kels. Für die s auf w ist, wie aus Fig. 21 ersichtlich:

(2) arc s = - IPl~ 1112 2 • I I IP2 -1111 > s cos ----2 -- e .

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364 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Da auf dem Kreisbogen von t1 nach t2

T,

ist, so gilt, wenn der Punkt s auf w liegt, in dem Integral /:

denn I tp _ IP1 + tp~ I < tpz-__!l!l < .!!.. . i 2 = 2 2'

ferner ist auf dem Kreisbogen vom Radius R

IF(t) I < A e(~?+<JR

Somit ergibt sich für s auf w:

T,

(e > 0 beliebig klein).

T,

j e-•t F(t) dt ~ R (tp2- tpl) A e- R(l•l cos '~'~i'!''--!1-•). T,

Für die s auf w mit

lsl cos ~~; IP~_ > (! + e

strebt die Majorante mit wachsendem R gegen 0, also ist für dieses

das heißt

Da e beliebig klein ist, gilt dies auch für dies auf w mit I s I cos (tp2 - tp1)/2 > (!. also nach (2) für alle s auf w. -Weil somit E(~p,J und E('l'tl auf einem Strahl übereinstimmen, stellen sie Elemente einer und derselben analytischen Funk­tion und zwar der Funktion f(s) = E{F} dar. da diese mit E(0l übereinstimmt.

Eine Anwendung des E('Pl-Jntegrals

Ein in der Folge noch oft benutzter Gedanke ist der, Sätze über eine L-Funktion F auf dem Wege über ihre I-Funktion f zu beweisen. Ist speziellF(t) vom Exponentialtypus, so hat man bei der Darstellung von f(s) die Freiheit, statt des E-Integrals ein beliebiges E('l'l-Integral zu verwenden und so den

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§ 2. Drehung des Integrationsweges in der t-Ebene 365

Integrationsweg in Gebiete zu verlegen, wo F(t) sich besonders angenehm ver­hält. Hierfür soll der Beweis des folgenden Satzes als Beispiel dienen.

Satz 2166 .F(t) sei eine ganzeFunktionund genüge den Abschätzungen (t = r e i "') :

Dann ist F(t) eine Konstante. Beweis: f(s) = E{F} ist für I s I > e analytisch, also, da e beliebig klein sein

kann, in der ganzen Ebene mit Ausnahme von s = 0, und läßt sich jeweils für m(ei"' s) > 0 (siehe S. 363) durch E("'l{F} darstellen. Wird arc s = {} gesetzt, so bedeutet m(ei'l' s) > 0:

9\(ei(tp+il)) > 0, das heißt cos(q; + {}) > 0.

Man kann also etwa vorschreiben, daß

sein soll. Ist nun zunächst <X ~ I{} I ~ n, so wählen wir q; = - {}, damit der Integrationsweg von E('l') im Sektor der Beschränktheit von F(t) liegt. Dann ist nach 10. 2 (1):

also

00

/(s) = e-i.? j e-lsJr F (r e-ill) dr,

0

00

lf(s)l ~ c2je-lslrdr= -~2,- für lsl > 0. 0

Ist dagegen I{} I < <X, so wählen wir

q; = - {} - <X für {} ~ 0,

q; = - {} + <X für {} < 0 .

Diese Werte sind erlaubt, da I q; + {}j =<X< n/2 ist (hier wird die Voraus­setzung <X < n/2 gebraucht). Dann liegt der Integrationsweg wieder im Sektor der Beschränktheit von F(t), denn

für {} ~ 0 ist I q; I = {} + <X, also wegen {} < <X: <X ~ I q; I < 2 <X < n,

für{}< 0 ist I q;l =-{}+<X, also wegen-{}< <X: <X< I q;l < 2<X < n.

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366 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Nach 10. 2 (1) ist 00

f(s) = ei( -D:;:<X) / e-•:;: i<X :sJr F(ei (-D'F<X) r) dr'

u also

00

1/(s)j ~ C j'e-!•ircoscc = ~-2 - für jsj > 0. - 2 jsjcoscx

0

Mithin ist für alle s =1= 0: c

l sf(s)j ~ - 1 • - coscx

Nach dem Satz von Riemann (Anhang Nr. 53) ist dann aber s f(s) in s = 0 holo­morph definierbar. Da f(s) in s = oo holomorph und gleich 0 ist, so ist s f(s)

Fig. 22

auch in s = oo holomorph. Die Funktion s f(s) ist somit in der ganzen Ebene einschließlich oo analytisch und folglich nach dem Satz von Liouville eine Konstante c. Aus f(s) = cjs folgt aber F(t) = c.

Verallgemeinerung für L-Funktionen, die in einem Winkelraum vom Exponentialtypus sind

Man erkennt unmittelbar, daß die analytische Fortsetzung von f(s) = .i!{F} durch Drehung des Integrationsweges auf Funktionen verallgemeinert167 werden kann, die in einem Winkelraum oc < arc t < ß, der auch auf einer Riemann­schen Fläche liegen kann (ß- oc > 2 n), mit eventueller Ausnahme von t = 0 und t = oo analytisch sind, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

1.

2.

jF(t)j<AeaJtJ mit a>O fürjtj>R0 •

B jF(t) I < -CtTb- mit b < 1 für 0 < jtj < R1 •

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§ 2. Drehung des Integrationsweges in der t-Ebene 367

Dann konvergiert i!<"'l{F}offenbar für ot < ffJ < ß in dem Gebiet ~(ei"' s) > a; dieses ist die Vereinigungsmenge der Halbebenen, die von den Tangenten an den Kreis jsi = a in den Punkten mit -ot > arc s > -ß begrenzt werden, und kann, wenn ß- ot > n ist, auf einer Riemannschen Fläche liegen. Alle diese Integrale 1!!'1') {F} sind Elemente derselben analytischen (aber nicht not­wendig eindeutigen) Funktion, da der Beweis von S. 363 mit einer gering­fügigen Modifikation in Kraft bleibt. Man muß nämlich auf den Integrations­strahlen außer den beiden Punkten T1 , T2 im Abstand R vom Nullpunkt noch zwei Punkte t1 , t2 im Abstand r < R annehmen und den Cauchyschen Satz auf das Polygon t1 1;_ T2 t2 anwenden:

T, T1 T, t, I+./- I- le-•tF(t)dt=c~O, 11 T, 11 11

wobei s auf dieselbe Winkelhalbierende wie S. 363 zu beschränken ist. Das Integral über den Kreisbogen T1 T2 strebt wie früher gegen 0 für R + oo, während man für das über den Kreisbogen t1 t2 , wenn r < R1 ist, erhält (s = x + i y):

Ia I e-•t F(t) dt t,

~ :1 ~ fe-•••;"' F (r e;"') i r e;"' dffJ ~ f e-•<xcostp-ysintp) 4!- r dffJ ~ I ~

Die Majorante strebt bei festem s für r + 0 gegen 0 wegen b < 1. - Es ist also

T, T1

lim le-• 1 F(t)dt= lim le-•tF(t)dt, 4-~~-~4 ~a-~~-~la

das heißt

und damit für alles des gemeinsamen Konvergenzgebietes. Ein triviales Beispiel dafür, daß bei ß- ot > n die durch Fortsetzung ent­

stehende Funktion mehrdeutig sein kann, ist

Man kann noch einen Schritt weiter gehen und in dem Winkelraum ot < arc t < ß isolierte (eindeutige) Singularitäten zulassen. Geht man von einer Ausgangslage des Integrationsstrahles aus, die durch keine Singularität hin­durchgeht, und dreht den Strahl, so ändert sich gegenüber früher nichts, so­lange der Strahl an keine Singularität stößt; man erhält also analytische Fort­setzungen der Ausgangsfunktion. Sobald der Strahl aber eine Singularität t0

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368 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

von F(t) überschritten hat, ändert sich die Funktion f(s) sprunghaft, denn wenn man in dem obigen Beweis von vornherein r und R so wählt, daß t0

zwischen den Kreisbogen mit den Radien rund R liegt, so ist

T 1 T 2 T 2 12 I+/-I-I e-•t F(t) dt = 2 n i ·Residuum von e-st F(t) in t0 •

t1 T1 /2 t1

Da wie früher die Integrale über die Kreisbogen für r -+ 0, R -+ oo gegen 0 streben, ergibt sich:

Hat z.B. F(t) in t0 einen Pol m-ter Ordnung mit dem Hauptteil

so ist (vgl. S. 272):

in dem gemeinsamen Konvergenzgebiet. Für Funktionen der obigen Art läßt sich die in Satz 1 [2. 11] ausgesprochene

Regel im Falle b = 0 auch für komplexe a aussprechen: Satz 3. F(t) sei analytisch im Innern des Winkelraums zwischen der positiv

reellen Achse und dem Strahl von 0 nach dem komplexen Punkt t = c =l= 0 und bis auf den Rand hinauf stetig, mit eventueller Ausnahme von t = 0 und t = oo. Ferner sei in dem Winkelraum einschließlich Rand

Es werde

und

IF(t)l < A ea~tl mit a > 0 für ltl > R 0 ,

B !F(t)i<ltiö mitb<l für O<itl<R1 .

F1(t) = F(c t)

gesetzt. Dann läßt sich f(s) in das Gebiet 9i(ei'P s) > a, 0 ~ cp ~ arc c, analytisch fortsetzen, und es ist für 9is > a:

/1(s) = ~ I (:) ·

Beweis: Daß f(s) in das genannte Gebiet analytisch fortsetzbar ist, folgt aus der Ableitung S. 367, die nach dem verallgemeinerten Cauchyschen Satz (Anhang Nr. 54) auch gültig bleibt, wenn F(t) auf den Strahlen cp = 0 und

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§ 2. Drehung des Integrationsweges in der t-Ebene 369

ffJ = arc c nicht mehr analytisch, aber in dem Winkelraum einschließlich Rand stetig ist. Es ergibt sich für 9ts > a :

oo oo(arcc)

ft(s)=f!{~}=.fe-•tF(ct)dt= / e-(sfc)uF(u)~~= ~ f!_(arcc){F; ;}.

0 0

5!, (arccl{F} ist die analytische Fortsetzung von f(s), also steht da: f(sfc)fc. Am Beweis des folgenden Satzes soll gezeigt werden, wie man in Verall­

gemeinerung des bei Satz 2 aufgezeigten Gedankenganges das Integral f!_l'l'l{F}

ausnutzen kann, wenn F zwar keine ganze Funktion, aber vom Exponential­typus ist.

Satz 41os. «P(z) sei eine ganze Funktion und genüge den Abschätzungen:

für oc. ~ I arc z I ;;::;; ;r.

Dann ist «P(z) eine Konstante. Beweis: Wir schaffen uns eine (im allgemeinen nicht ganze) Funktion vom

Exponentialtypus, indem wir k1 > k so wählen, daß auch noch k1 oc. < n/2 ist, und

setzen. (Warum wir nicht einfach k1 = k nehmen, wird gleich einleuchten.) Denken wir für t die Riemannsche Fläche des Logarithmus zugrunde gelegt, so ist F(t) auf ihr analytisch und periodisch gegenüber Änderung von arc t um 2 k1 n. F(t) erfüllt die Bedingungen:

so daß mit passend gewähltem C durchweg auf der ganzen Fläche

(e > 0 beliebig klein) und daher

00

f!_('l'l{F} = ei'l' j e-srei'l' F(r e;'~') dr 0

für jedes qJ in der Halbebene konvergiert, deren Begrenzungsgerade durch s = 0 geht und in der I qJ + D-1 < n/2 ist (8- = arc s). Die _ßl'l'l definieren also eine Funktion j(s), die auf der Riemannschen Fläche des Logarithmus mit

Doetsch I/24

Page 364: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

370 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

eventueller Ausnahme von s = 0 und s = = analytisch ist. Zu ihrer Darstellung können wir z.B. immer fP =-&wählen, so daß allgemein

00

f(s) = e-i IJ / e- is[r F(r e- ill) dr

0

ist, woraus man wegen der Periodizität von F(r r ;o) in der Variablen & siehtl69,

daß /{s) bei Vermehrung von & um 2 k1 :n; sich nur mit e- 2k,ni multipliziert. Die Funktion s f(s) = I s I eiß f(s) ist daher ebenfalls auf der Logarithmus­fläche analytisch und reproduziert sich bei Vermehrung von & um 2 k1 :n;, ist also in & periodisch.

Wir schätzen nun f(s) ab und wählen dazu fP immer so, daß der Integrations­weg in das Gebiet der Beschränktheit von F(t) fällt. Ist k1 r:t. ~ I & I ~ k1 n, so nehmen wir q; = - & und erhalten :

00

1/(s)l ~fe-I*C2dr= ~21. 0

Für I & I < k1 r:t. wählen wir

q; = - & - k 1 r:t. bei & ~ 0,

fP = -& + k 1 r:t. bei & < 0.

Dann ist I fP + &j = k1 r:t. < n/2, wie es sein soll, und der Integrationsweg liegt im Beschränktheitsgebiet von F(t), denn (beachte r:t. < :n;)

für & ~ 0 ist I fP I = & + k1 r:t., also wegen & < k1 r:t.: k1 r:t. ;;:;;; I fP I < 2 k1 r:t. < 2 k1 n,

für & < 0 ist I fP I = - & + k1 r:t., also wegen - & < k1 r:t.: k1 r:t. < I fP I < 2 k1 r:t. < 2 k1 n.

Also ist 00 00

1/() I< /,.I - slre'fik,otl c d c }. -ls'rrosk,ot d c2 s =. e, 2 r= 2 e ' r=-Tsfcosk~oc·

0 0

Da s f(s) in & die Periode 2 k1 :n; hat, so ist damit s f(s) auf dEr ganzen Riemann­schen Fläche abgeschätzt, und zwar ist durchweg:

I s f(s) I s , c2 - • - cosk1 rx

Setzen wir nun s = -uk', so hat die Funktion uk, f(uk•) hinsichtlich arc -u die Periode 2 n, ist also in der schlichten u-Ebene mit eventueller Ausnahme

Page 365: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Bestimmung des Konvergenzgebietes durch die Singularitäten 371

von u = 0 und u = oo analytisch und beschränkt. Da sie nach dem Satz von Riemann in u = 0 holomorph definierbar ist, so ist sie nach dem Satz von Liouville eine Konstante:

Das bedeutet aber s f(s) = c, F(t) = c und 4>(z) = c.

§ 3. Bestimmung des Konvergenzgebietes von ß('Pl{F} durch die Singularitäten von/(s)

Wir kehren jetzt wieder zu den ganzen Funktionen vom Exponentialtypus zurück. Der Satz 1 [10.2] sagt nur, wie groß die Konvergenzhalbebene von E ('Pl{F} mindestens ist, er gibt sie nicht genau an. Im allgemeinen braucht auf der Konvergenzgeraden eines .2-Integrals keine Singularität der dargestellten Funktion zu liegen. Wir werden jetzt zeigen, daß für eine in s = oo holomorphe Funktion dies doch der Fall ist, so daß das Konvergenzgebiet sich funktionen­theoretisch auf einfachste Weise bestimmen läßt.

Hilfsbetrachtung über konvexe Bereiche

Unter einem konvexen Bereich versteht man eine abgeschlossene Punkt­menge, die mit zwei Punkten stets auch ihre Verbindungsstrecke enthält. Bei­spiele: Kreis, Ellipse, Dreieck (jeweils Fläche einschließlich Rand), Strecke. Ein einzelner Punkt soll auch als konvexer Bereich gelten.

Durchlaufen die komplexen Zahlen z1 und z2 die konvexen Bereiche .s\1

bzw . .s\2 , so heißt die von allen Kombinationen z1 + z2 durchlaufene Menge der Summenbereich .s\1 + .s\2 von .s\1 und .s\2 • Er ist ebenfalls konvex. Unter d.R, wo d > 0, versteht man die Menge der Punkte dz, wo z die Punkte von .R durchläuft. - Ist (f der Einheitskreis, so heißt .R + d(f der Parallelbereich von .R im Abstand d. Er entsteht durch Vereinigung der um die Randpunkte von .R mit dem Radius d geschlagenen Kreise mit dem Bereich 5\.

Der Durchschnitt von endlich oder unendlich vielen konvexen Bereichen ist wieder ein konvexer Bereich. - Eine beliebige beschränkte Menge ID1 kann man auf unendlich viele Weisen in konvexe Bereiche einbetten. Der Durch­schnitt aller dieser Bereiche heißt die konvexe Hülle von IDl. Man kann ihren Rand durch einen straff gespannten Faden realisiert denken, der die (beispiels­weise durch eingeschlagene Stifte dargestellte) Menge fest umschließt.

Ist ein Strahl von 0 aus mit der Richtung ffJ gegeben, so wählt man eine Gerade senkrecht zu ihm in so großem Abstand von 0, daß der beschränkte Bereich .R ganz auf derselben Seite von ihr wie 0 liegt, und verschiebt sie so lange parallel auf 0 zu, bis sie zum erstenmal einen Punkt mit .R gemein hat.

Page 366: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

372 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Diese Grenzlage der Geraden heißt die Stützgerade von 5\ mit der Normalen­richtung q;. Die Länge der Normalen von 0 zur Stützgeraden, die positiv oder negativ sein kann (siehe Figur 23), bezeichnen wir mit k(q;) und nennen sie die

k(rp)

~(pos) & ~---------

Fig. 23

Stützfunktion von 5\. Die Stützgerade hat in Hessescher Normalform die Glei­chung

x cosq; + y sinq;- k(q;) = 0.

k(q;) kann so definiert werden: Denkt man sich provisorisch den Strahl in der Richtung q; als positiv reelle Achse, so ist k(q;) das Maximum des Realteils aller Punkte z von 5\. Das bedeutet, auf die alte Achse bezogen, daß k(q;) das Maximum von

9l(e-i'~' z) = x cos q; + y sin q;

ist, wenn z = x + i y die Punkte von 5\ durchläuft. Danach ist für jeden Punkt von 5\ und jedes q;:

x cosq; + y sinq;- k(q;):::;; 0.

Zu jedem Punkt z = x + i y außerhalb 5\ gibt es dagegen mindestens ein q;, so daß

x cosq; + y sinq;- k(q;) > 0

ist, d.h. jeder solche Punkt liegt in mindestens einer von einer Stützgeraden begrenzten, 5\ nicht enthaltenden Halbebene.

Die Stützfunktion ließe sich für jeden, auch nichtkonvexen Bereich defi­nieren. Der konvexe Bereich zeichnet sich dadurch aus, daß man bei ihm alle Randpunkte der Reihe nach durch die Stützgeraden abtasten kann (wobei aber, wie z.B. beim Dreieck, unendlich viele Randpunkte zu derselben Stütz­geraden gehören können), so daß nicht bloß der konvexe Bereich eindeutig die Stützfunktion, sondern auch umgekehrt diese den Bereich eindeutig bestimmt.

Die Stützfunktion des Parallelbereichs von 5\ im Abstand d ist k(q;) + d.

* * *

Page 367: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Bestimmung des I.;:onvergenzgebietes durch die Singularitäten 373

Da für eine ganze Funktion vom Exponentialtypus die Funktion f(s) = ß{F} außerhalb des Konvergenzkreises I s I = (!einschließlich oo analytisch ist, so ist die Menge ihrer Singularitäten beschränkt, besitzt also eine konvexe Hülle .sl, die wir kurz die Singularitätenkülle von f(s) nennen . .sl kann nicht leer sein außer in dem trivialen Fallf(s) = const = 0. Offenbar gilt für die Stützfunktion k(qJ} von .sl:

Auf jeder Stützgeraden von .slliegt mindestens eine Singularität von f(s). Die Stützfunktion k(f{J) bestimmt nun die Konvergenzhalbebene von ß("'l{F} in folgender Weise:

Satz 1170 • Für eine ganze Funktion F(t) vom Exponentialtypus konvergiert ß("'l{F} genau in der Halbebene, dt'e von der Stützgeraden der Singularitätenkülle von f(s) mit der Normalenrichtung - qJ begrenzt wird, d.k.für

9t(ei"' s) > k(-qJ), und zwar sogar absolut.

Beweis: In der Darstellung von F(t) durch ein komplexes Integral gemäß Satz 2 [10.1] können wir als Integrationsweg den Rand 9t eines Parallelbereichs von .R im Abstand d nehmen. Dann ist (s = x + i y):

IF(r ei"') I = [-1-.- (erei'l's f(s) ds i ~ _!_ ;· e'(xcos<p-- rsin<r) lf(s) ds I· 2:n;z 1- 2:n;

I ~ I li~

Das Maximum von x cos qJ - y sin qJ = x cos (- f{J) + y sin (- f{J) ist, wenn der Punkt (x, y) auf 9t läuft, nach S. 372 gleich dem Wert der Stützfunktion des Parallelbereichs für - qJ, d.h. gleich k(- f{J) + d. Ist ferner L die Länge von 9t und M das Maximum von lf(s) I auf 9t, so ergibt sich:

IF(rei"')l ~ ~~~ e[k(-<p)+dJr.

Da d beliebig klein gewählt werden kann, konvergiert also

für

00

ß(<rl{F}= ei"' {e-ei'l'sr F(rei"') dr ö

sogar absolut. Weiter kann das Integral aber bestimmt nicht konvergieren, weil sonst in der Konvergenzhalbebene die dargestellte Funktion nicht durch­weg holomorph wäre. Also begrenzt die Stützgerade von .R mit der Normalen­richtung - qJ das genaue Konvergenzgebiet.

Wir merken den Spezialfall qJ = 0 von Satz 1 noch besonders an171•

Satz 2. Ist F(t) vom Exponentialtypus und daher f(s) = ß{F} im Unend­lieken holomorpk, so konvergiert ß{F} in der ganzen Holomorpkiehalbebene, d.k. auf der Konvergenzgeraden liegt mindestens ein singulärer Punkt.

Page 368: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

374 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Vgl. hierzu die allgemeine Feststellung über Singularitäten auf der Konver­genzgeraden S. 153.

Dreht man den Integrationsstrahl und läßt ihn alle Richtungen von 0 bis 2 n einnehmen, so fegen die Konvergenzhalbebenen gerade das Komplementär­gebiet von .ft aus, so daß man f(s) außerhalb .ft an jeder Stelle durch ein E ('I')_

Integral mit geeignet gewählter Integrationsrichtung darstellen kann, und zwar auf unendlich viele Weisen. Man erhält so die analytische Fortsetzung der ursprünglich nur für I s I > (!definierten Funktion f(s) im ganzen Äußeren von R

Wenn auch f(s) außerhalb .ft einschließlich= holomorph und eindeutig ist, so ist damit nicht gesagt, daß die analytische Funktion f(s) in ihrer Totalität eindeutig sein muß. So ist z. B.

f;(- !/2 ) 5 2!+1 = ----;-c·~·· .. · .. =- = E{Jo(t)}, n~u ~s +1

wo Vs 2 + 1 für positiv reelles positiv zu sein hat, im Unendlichen holomorph und außerhalb der Singularitätenhülle .ft, die hier durch die Verbindungs­strecke von + i und - i dargestellt wird, eindeutig, während die aus allen analytischen Fortsetzungen bestehende Funktion 1/Vs2 + 1 nicht eindeutig ist, sondern die Verzweigungsstellen ± i hat. Es kann also sehr wohl vor­kommen, daß die Gesamtheit aller E ('Pl-Integrale einen außerhalb .ft eindeutt"gen Zweig einer mehrdeutigen Funktion darstellt.

Bei den geläufigen Funktionen ist es meist so, daß /(s) durch andere Metho­den als durch die E ('Pl-Integrale in das Innere von .ft mit Ausnahme von ge­wissen singulären Stellen fortgesetzt werden kann. Der Rand von .ft kann aber auch die natürliche Grenze von f(s) sein, so daß eine analytische Fortsetzung ins Innere von .ft unmöglich ist. So ist es z. B. bei der Funktion

1 00 1 f(s) = s + 2}; s"'+l,

n~l

die durch die Substitution s = e"''r in die Thetafunktion e-n'r &3(0, -r) über­geht. Bei ihr besteht .ft aus dem Einheitskreis (vgl. S. 151).

Wir fassen unsere Ergebnisse noch einmal in anderer Form zusammen. Es seien die folgenden Funktionsklassen definiert:

Die Klasse ~1 der ganzen Funktionen F(t), die einer Exponentialabschät-zung genügen:

IF(t) I< A ealtl für alle komplexen t;

die Klasse o1 der Potenzreihen 00

f(s) = E 5 :~~ n~o

mit endlichem Konvergenzradius, von denen jede einen in s = = holomorphen und verschwindenden Funktionszweig definiert.

Page 369: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

(1)

§ 3. Bestimmung des Konvergenzgebietes durch die Singularitäteil 375

Durch die verallgemeinerte E-Transformation

OO(!f)

ß('I'){F} = l e-st F(t) dt ö

wird aus jedem F(t) der Klasse 'll1 ein f(s) der Klasse a 1 erzeugt, das durch die ß ('!')_Integrale außerhalb seiner konvexen Singularitätenhülle Sl: dargestellt wird. F(t) läßt sich aus dem gewonnenen f(s) durch die komplexe Umkehr­formel

(2) F(t) = Z~i / ets f(s) ds (t beliebig komplex)

erzeugen, wobei der Integrationsweg eine geschlossene rektifizierbare Kurve außerhalb Sl: ist. - Umgekehrt läßt sich durch die komplexe Umkehrformel (2)

t -Ebene

Fig. 24

aus jedem f(s) der Klasse a 1 ein F(t) der Klasse 'll1 erzeugen, aus dem man wie­derum f(s) durch die E ('!')_Transformation erzeugen kann. Die beiden Klassen entsprechen einander also vermöge der ß(P)_Transformation und der kom­plexen Umkehrformel eineindeutig.

Die Umkehrformel (2) liefert F(t) für alle komplexen t, während die gewöhn­liche Umkehrformel mit einer vertikalen Geraden als Integrationsweg nur für reelle t > 0 gilt. Man kann nun aber der ß(P)_Transformation eine Umkehr­formel zuordnen, die F(t) für die Wertet auf dem Strahl der Richtung ffJ liefert und entsprechend als Integrationsweg eine Gerade in dem Konvergenzgebiet von ß('l') benutzt, d.h. eine Geraderhit der Normalenrichtung -qJ.

Satz 3. Ist f(s) eine Funktion der Klasse a1, so erhält man die zu ihr gehörige Funktion F(t) der Klasse ~Ir für dietauf dem Strahl der Richtung ffJ von 0 aus durch die komplexe Umkehrformel

1 • F(t) = 2 -:nr./ ets f(s) ds,

Page 370: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

376 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

wobei der Integrationsweg eine beliebige Gerade der Normalenrichtung - q; ist, die auf der durch diese Richtung bestimmten Seite der Singularitätenhülle st von f(s) liegt, d. h.

9t(ei'P s) = const > k(-q;). Beweis: Es ist

00

f(s) = E('l'l{F} = ei'l' / e-srei'l' F(r ei'~') dr für 9t(ei'1' s) > k(-q;)

0 oder mit s = e-i<p s':

00

e-i<p f(e-i'l' s') = / e-•'• F(r ei'~') dr für 9ts' > k(-q;).

0

Fig. 25

Wendet man auf dieses E-Integral die gewöhnliche Umkehrformel von Satz 3 [4.4] an, so ergibt sich:

x+ioo

F(r ei'~') = -z-~i / ers' e-i'l' f(e-i'l' s') ds' mit 9ts' = x > k(-q;) für r > 0 .x-ioo

oder

F(r e;'~') =- !____ ~~ e"i'l's f(s) ds mit 9t(e;'~' s) = const > k(-q;) für r > 0. 2 nt •

Als Anwendung beweisen wir folgenden Satz 4172 • Eine beliebige Funktion f(s), die in einem konvexen n-seitigen

Polygon (einschließlich Rand) analytisch ist, läßt sich als Summe von n E('PL]ntegralen darstellen.

Beweis: Die Polygonperipherie, im positiven Sinn durchlaufen, bestehe aus den gerichteten Strecken lk (k = 1, ... , n). Dann ist nach der Cauchyschen Formel:

1 n ~ /(f1) f(s) = -----,- }; j ---da.

2nt k-Iii. a-s

Page 371: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Bestimmung des Konvergenzgebietes durch die Singularitäten 377

Betrachten wir s als Variable und G als Parameter, der auf der Strecke lk

variiert, so ist jede Funktion 1/(G- s) eine a1-Funktion mit der zugehörigen mrFunktion - eal und hat nur die eine singuläre Stelle s = G, läßt sich also auf unendlich viele Weisen durch ein ~('l'l_Integral darstellen, dessen Konver­genzhalbebene von einer Geraden durchs = G begrenzt wird. Fassen wir speziell die durch lk bestimmte Gerade und die von ihr begrenzte Halbebene ~k, die das Polygon enthält, ins Auge, so ist diese für sämtliche G auf lk brauchbar; man kann also alle Funktionen 1/(G- s) durch Integrale mit dem gleichen Integrationsweg Jn derselben Halbebene darstellen. Bildet die gerichtete Nor­male von lk, die nach der Seite, auf der das Polygon liegt, hinweist, mit der reellen Achse den Winkel rx.k, so ist für alle s in ~k: .

oo(-<Xk)

__ _1:__ = - r e-•t eat dt. a-s

0

Da dieses Integral bei festem s in ~k für alle G auf l" gleichmäßig konvergiert, kann man es mit dem Integral nach G vertauschen:

oo(-<Xk)

1 . ;·f(a) __ dG =- . 1 ___ ;·j(G) dG ;· e-(s-a)t dt 2:Ju a-s 2:nz., .,

lk l" I)

oo( -<Xk)

2:ni / e-•tdt fe'af(G)dG 0 /"

00(-otk)

/ e-•t Fk(t) dt iJ

mit Fk(t) =- 2 ~i jeta j(G) dG. lk

Das Polygon ist konvex, also der Durchschnitt aller~"; für seine Punktes gilt diese Formel daher bei jedem k. Mithin ist:

,. oo(-otk)

f(s) = }; { e-•t Fj,(t) dt. k~l 0

Man beachte den Ausdruck für F"(t), der die Gestalt der komplexen Umkehr­formel von Satz 3, genommen für die Strecke l" in umgekehrter Richtung,

besitzt (- / = /). lk -lk

Page 372: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

378 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

§ 4. Der Zusammenhang zwischen dem Anwachsen von F(t) für t + oo und den Singularitäten von /(s)

In Satz 1 (10.1) betrachteten wir das Maximum M(r) von IF(t) I auf dem Kreise I t I = r und zeigten, daß

lim lo~_l\1j ':_) . = (! r

, .... 00

ist, wo e den Konvergenzradius von f(s) bedeutet, also das Maximum des ab­soluten Betrages der Singularitäten von f(s). Dies ergibt schon einen Zusam­menhang zwischen dem Wachstum von F(t) für t + oo und den Singularitäten von f(s). Wir verfeinern nun die Betrachtung, indem wir die einzelnen Strahlen von 0 aus ins Auge fassen und für jedes feste (p

lim .!_~~J!:"(rei_'~')l_ = h(q;) r

, ..... 00

bilden. Nach dem obigen Resultat ist

h(q;) kann negativ sein; daß es außer in dem trivialen Fall F(t) = 0 nicht -oo sein kann, wird sich sogleich ergeben. h(q;) mißt das Anwachsen von F(t) ent­lang dem Strahl in der Richtung q; und soll der Indikator von F(t) genannt werden173•

Satz 1174 • Zwischen dem Indikator h(q;) von F(t) und der Stützftmktion k(q;) der Singularitätenhülle von f(s) besteht die Beziehung

Beweis: Wäre für ein q; = q;0 die Funktion h(q;) gleich -oo, so müßte bei beliebig großem K für alle hinreichend großen r

log JF~_ei'~'i!_ < -K, d.h. IF(r ei'~'•) I < e-Kr

sein. Also wäre E (9'ol{F} für alle s konvergent, folglich f(s) in der ganzen Ebene einschließlich oo analytisch und damit= 0, also auch F(t) = 0. Schließen wir diesen trivialen Fall aus, so können wir h(q;) für alle q; als endlich annehmen. Dann ist bei beliebig kleinem e > 0 für alle hinreichend großen r

Folglich ist E ('l'l{F} sicher konvergent für

9l(ei 91 s) > h(q;).

Page 373: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Anwachsen von F(l) und Singularitäten Yon f(s) 379

Da es aber nach Satz 1 [10.3] genau für

m(ei'l' s) > k(-cp) konvergiert, muß

h(cp) ~ k( -cp)

sein. Nun bewiesen wir S. 373 für jedes d > 0, daß

also

, .... 00

mithin, da d beliebig klein sein kann:

h(cp) ~ k( -cp) ist. Folglich ist

h(cp) = k(-cp).

Der Indikator h(cp) ist also die Stützfunktion eines konvexen Bereiches, der das Spiegelbild von .ft an der reellen Achse darstellt und das Indikatordiagramm von F(t) heißt.

Der Indikator h(cp) beschreibt das asymptotische Verhalten der ganzen Funktion F(t) bei Annäherung an t = oo längs Strahlen. Nach Satz 1 hängt dieses Verhalten von den Singularitäten von f(s) ab, und zwar sind für die Richtung arc t = cp maßgebend die Singularitäten von f(s), die in der Richtung -cp «am weitesten außen)> liegen, denn diese bestimmen die Lage der Stütz­geraden. Wir werden später bei den asymptotischen Entwicklungen (II. Band) sehen, wie man das Verhalten von F(t) für t -+oo noch viel eingehender be­schreiben kann, wenn man nicht nur über die Lage, sondern auch über den Charakter dieser Singularitäten Bescheid weiß 175•

Beispiele

1. Für das triviale Beispiel F(t) = et, bei dem man natürlich die obige Theorie nicht nötig hätte, ist f(s) = 1/(s -1) . .ft besteht hier aus dem Punkt s = 1, und es ist k(cp) = cos cp, also h(cp) = cos cp. Hier existiert nicht bloß Tim, sondern

. log IF(rei'l') I . logercos'l' hm ----- = hm ----------- = cos cp

r r t'~oo r-..oo

und ist in der Tat gleich h(cp).

Page 374: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

380 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

2. Für 1 F(t) = ]0(t), f(s) = Vf+Si.

1 +s 2

besteht .ft aus der Verbindungsstrecke von ± i. Es ist

und mithin

lim logJJo;re''~')J = jsin!pl, , .... 00

d. h. es ist von einer Stelle an dauernd

und unendlich oft

3. Für die S. 374 erwähnte Funktion

1 "" 1 /(s) = - + 2 ~-----

s "'-" sn•+ 1 ' n~l

oo tn' F(t)=1+2L-( 2-),-

n-1 n .

besteht .ft aus dem Einheitskreis. Also ist k(91) = h(!p} = 1 und mithin für alle IP

·-:·-- log JF(rei'l') 1 hm ------ = 1.

r T->-00

§ 5. Das Boreische Summabilitätspolygon, das Antipolygon und die verallgemeinerten Borel-Polygone

An früheren Stellen wurde die Abel-Poissonsche und die Cesarosche Sum­mationsmethode für divergente Reihen erwähnt. Eine weitere, von Bore! an-

"" gegebene Methode besteht in folgendem: Zu der Reihe I: cn wird die «assoziierte n~o

00

Potenzreihe 1> I: cn xn Jn! gebt"ldet. Ist sie für alle x konvergent und existiert n~o

(1) 100 00 xn e-"' LCn - 1 dx = l,

0 n. 0 n-

00

so heißt I: cn Borel-summabel zur Summe l. (Eine andere Formulierung dieser n~o

Methode siehe S. 464.)

Page 375: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Das Boreische Sumrnabilitätspolygon und Verallgemeinerungen 381

Speziell auf eine Potenzreihe angewandt, führen die Abel-Poissonsche und die Cesarosche Methode nicht über den Konvergenzkreis hinaus. Dagegen sieht man schon an einfachen Beispielen, daß die Boreische Methode die Potenzreihe auch außerhalb des Konvergenzkreises summieren und so eine analytische

00

Fortsetzung der dargestellten Funktion bewerkstelligen kann. So ist für J: zn: n ·0

also 00 • co n I e-"' '\'c .!. dx =je (L-z).< dx.

";;;;,.,. n n! Ö n-0 Ö

Dieses Integral ist für mz < 1 konvergent und gleich 1/(1 - z), so daß die in dem Kreis lzl < 1 konvergente Potenzreihe in der Halbebene mz < 1 Borcl­summabel ist.

Man kann nun die Frage aufwerfen, wie sich das Konvergmzgebiet der Borei­schen Methode bei einer Potenzreihe funktionentheoretisch bestimmen läßt. Wir werden sehen, daß die Beantwortung dieser Frage in den Ergebnissen von § 2 und 3 enthalten ist. Die Aufklärung dieses Tatbestandes wird uns zugleich von selbst zuerst zu einer Ergänzung und dann zu einer Verallgemeinerung der Borelseben Methode führen, die eine wesentliche Erweiterung des Konvergenz­gebietes gestattet.

1. Die .ifquivalenz der Boreischen Summation eimr Poten.zreihe mit einem Spezialfall des f! (cp)_J ntegrals

Wir legen die Begriffsbildungen und Bezeichnungen von § 1 bis 3 zugrunde. Um die für das Verständnis der Darlegungen unentbehrlichen und reichlich verwickelten Figuren nicht allzu unübersichtlich zu gestalten, ist in diesen immer angenommen, daß der Rand der konvexen Singularitätenhülle ~ von /(s) nur von endlich vielen (in den Figuren drei) Singularitäten S aufgespannt und daher ein geradliniges Polygon ist; wir nennen dies den <<typischen Fall)>.

Wir legen jetzt das Hauptge·wicht auf die ursprünglich durch eine Potenzreihe 00

I; anfsn+l definierte Funktion f(s) und ihre analytische Darstellung im ;fußeren n~o

der Singularilätenhülle ~ dttrch die f! (cp)_Jntegrale über ihre L-Funktion F(t) 00

=I; an tnjn!. Dabei soll zunächst ausdrücklich angenommen werden, daß der n~O

Punkts= 0 im Innern von ~ liegt. An jeder Stelle s außerhalb ~ kann f(s) auf unendlich viele Weisen durch f! ('I')_ Integrale dargestellt werden, und zwar konvergiert f! ('l'l{F} für ein bestimmtes (/J in der s-Halbebene $), die von der Stützgeraden von ~mit der Normalenrichtung - (/J begrenzt wird. Insbeson-

Page 376: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

382 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

dere konvergiert .B ('I') auf dem Teil X des Strahles 6 von 0 aus in der Richtung - p, der von der dazu senkrechten Stützgeraden abgeschnitten wird.

Wir wollen nun einmal vorschreiben, daß f(s) für die Punktes auf einem solchen X mit der Richtung- p nur durch das .B-Integral mit der Integrations­richtung p und durch kein anderes berechnet werden soll. Man kann das auch umgekehrt so ausdrücken: /(s) für die Punkte eines bestimmten Strahles 6 soll gerade durch das .B-Integral dargestellt werden, dessen Integrationsweg das Spiegelbild von 6 an der reellen Achse ist und das wir mit 6 bezeichnen wollen, so daß der Integrationsweg mit dem Punkt s gekoppelt ist:

(2) j(s) =_j e-•t F(t) dt für sauf 6.

6

Das ist nicht mehr für alle Punkte außerhalb .ft möglich, sondern nur fiir die Punkte der Teilstrahlen X. Das aus ihnen aufgebaute Gebiet läßt sich geometrisch

Fig. 26

sehr einfach beschreiben. Die Gesamt­heit der Punkte, in denen die Stütz­geraden von ihren Normalen von 0 aus getroffen werden, heißt die Fuß­punktkurve des konvexen Bereichs .ft bezüglich 0. Das Konvergenzgebiet aller gekoppelten Integrale (2) ist also das Äußere der Fußpunktkurve f, das wir mit ts: bezeichnen. Für alle s auf demselben Teilstrahl X ist derselbe Integrationsweg zu verwenden. - Die Fußpunktkurve besteht im typischen Fall aus Bogen der Kreise c über den Strecken OS als Durchmessern, und zwar beginnen und enden diese Bogen in den Fußpunkten H der Lote von 0 auf die Ränder von R

Dadurch, daß wir die Integrations­richtung des _B('I')_Integrals von s ab­hängig machten, haben wir einen Teil des Konvergenzgebietes eingebüßt, dafür aber einen Vorteil in der Schreib-

weise errungen: Machen wir nämlich die Substitution s t = x (was für alle s in ts: einen Sinn hat, das= 0 in .ft liegen sollte und daher nicht zu ts: gehört), so durchläuft jetzt x die reellen Werte von 0 bis+=, denn auf~ ist arct = - arcs. In ts: ist also

00

(3) 1 • ( ) /(s) = --;) e-"' F ; dx. 0

Page 377: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Das Boreische Summabilitätspolygon und Verallgemeinerungen 383

Von hier aus kommt man nun leicht zur Borelschen Summation von Potenz­reihen. Machen wir die Abbildung lfs = z, so geht

00

s /(s) =}; -i;:-n-o

F(_:-_) = ~ a -~5)~-s ~ n n!

n-0

und die Darstellung (3) in

in

in

00

1 ( 1 00

z f z) =};an zn = tp(z) , .. ~o

oo n F(z x) = "'a zn ~­

~ n n! 11-0

(4) cp(z) = J e-z F(z x) dx, 0

also gerade in den Boreischen Ausdruck, gebildet für die Potenzreihe tp(z), über, dessen genaues Konvergenzgebiet 58 nun das Abbild von~ sein muß*), das man im typischen Fallleicht zeichnen kann, weil Kreise durch den Null­punkt in Gerade und umgekehrt übergehen und rechte Winkel erhalten bleiben. Indem man die den Rand f von ~ ausmachenden Kreise c abbildet, sieht man, daß folgende Beschreibung von 58 zutreffend ist 176 :

V1. Man ziehe durch die singulären Punkte Q von tp(z) senkrecht zu deren Verbindungsstrecken mit dem Null­punkt Gerade. Dann ist 58 der Durch­schnitt derjenigen von ihnen begrenzten Halbebenen, die den Nullpunkt ent­halten.

Im typischen Fall ist 58 ein gerad­liniges Polygon, das sogenannte Borelsche Summabilitätspolygon; da jede Halbebene konvex ist, so ist 58 als Durchschnitt ebenfalls konvex. -So wie es bei ~ auf die von 0 aus gesehen <<am weitesten außen ))liegen­den singulären Stellen von /(s) an-

Fig. 27

kam, so jetzt bei 58 auf die «am nächsten innem gelegenen von tp(z). Bildet man die von den Stützgeraden abgeschnittenen Teilstrahlen X ab,

so erhält man eine andere Beschreibung von 58: W1 • Auf jedem Strahl von 0 aus bestimme man die obere Grenze der Strecken,

welche die Eigenschaft haben, daß tp(z) in dem über der Strecke als Durchmesser

*) Die Transformation 1/s = z besteht in einer Spiegelung am Einheitskreis (Transformation durch reziproke Radien) und einer Spiegelung an der reellen Achse. In den Figuren ist der Deutlich­keit halber nur die Spiegelung am Einheitskreis durchgeführt, weil diese für das Gestaltliehe allein entscheidend ist; die Spiegelung an der reellen Achse kann leicht in Gedanken hinzugefügt werden. Wir zeichnen also mit anderen Worten das Bild in der Ebene der konjugiert komplexen Zahlen z.

Page 378: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

384 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

stehenden Kreis noch holamorph ist. Dann ist~ der aus diesen Maximalstrecken aufgebaute Stern*).

Zusatz: Die vorigen Feststellungen über das Konvergenzgebiet der Borei­schen Summation beziehen sich auf Potenzreihen mit einem von 0 verschie-

Fig. 28

denen Konvergenzradius. Im li. Band werden wir uns auch mit der Borei­schen Summierung von Potenzreihen beschäftigen, die kein Konvergenzgebiet besitzen, aber Funktionen in Winkelräumen asymptotisch darstellen.

2. Eine Ergänzung zu der Borelschen Summation einer Potenzreihe 177

Bisher hatten wir angenommen, daß 0 in .ft liegt. Liegt 0 außerhalb .ft, so hat die Fußpunktkurve f eine Gestalt, die eine gewisse Modifikation der obigen Ableitung nötig macht. f geht dann nämlich durch 0 und hat dort einen Doppelpunkt, der von den zwei Stützgeraden herrührt, die durch die Tangen­ten von 0 an den Rand von .ft gebildet werden. f zerfällt durch 0 in zwei Teile f1 und f2 • Wenn man einen Strahl 6 von 0 aus zieht und die zu ihm senkrechte Stützgerade konstruiert, d. h. eine zu ihm senkrechte Gerade weit draußen an­nimmt und sie so lange auf .ft zu bewegt, bis sie .ft berührt, so kann diese Stütz­gerade den Strahl 6 im Innern treffen (das ergibt die Punkte von f1}, es kann aber auch vorkommen, daß man 6 erst rückwärts über 0 hinaus verlängern muß bis zum Schnitt mit der Stützgeraden (das ergibt die Punkte von f 2) **). Für

*) Als Stern bezeichnet man nach Mittag-Leffler ein schlichtes Gebiet, das aus lauter von einem Punkt ausgehenden Strecken aufgebaut werden kann.

**) f1 ist die Fußpunktkurve des kleinsten konvexen Bereichs, der 5t und 0 zugleich umfaßt.

Page 379: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Das Boreische Summabilitätspolygon und Verallgemeinerungen 385

die Punktes, die auf einem Strahl6liegen, der zu einem Punkte von f1 gehört, konvergiert das gekoppelte Integral (2) wie früher auf dem durch f1 abgeschnit­tenen Teil X von 6. Für dies auf einem Strahl6, der zu f2 gehört, konvergiert (2) dagegen auf dem ganzen Strahl 6 und noch darüber hinaus auf der Ver­längerung bis f2 • Die Teilstrahlen X, die zu f1 , und die Strahlen 6, die zu f2

gehören, machen zusammen das Äußere 0:1 von f1 aus, die Verlängerungen der zu f2 gehörigen Strahlen aber das Innere (j2 von f2 • Der Konvergenzbereich von (2) besteht also jetzt aus zwei Teilen (j1 und (j2 , die man auch so definieren könnte: Ist P ein laufender Punkt auf dem Rand von .ft, so ist (j1 der Durch­schnitt des Äußeren, (j 2 der Durchschnitt des Innern der Kreise über den OP als Durchmessern. (Wenn 0 in .ft liegt, existiert (j2 evidentermaßen nicht.)

Macht man nun in (2) die Substitution s t = x (s 9= 0), so bekommt man etwas Verschiedenes, je nachdem s in (j1 oder in (j2 liegt:

Istsein Punkt von (j1 , so wird wie früher der Integrationsweg in die positiv reelle Achse übergeführt, und man erhält das Integral (3), das durch die Trans­formation 1/s = z in den Borelseben Ausdruck (4) übergeht. Dessen Konver­genzbereich ist das Bild ~1 von (j1 , das sich ins Unendliche erstreckt, da (j1

den Punkt 0 auf dem Rand enthielt. Im typischen Fall ist ~1 ein offenes, geradliniges Polygon, und man überzeugt sich, daß ~1 durch die früheren Definitionen V1 und W1 beschrieben werden kann.

Liegt s dagegen in (j2 , so wird durch die Substitution s t = x (s 9= 0) der Integrationsweg 6 von (2) in die negativ reelle Achse übergeführt, denn auf 6 ist arc t = - arc s + :n;. Für s in (j2 erhalten wir also die Darstellung

-00

(5) 1 ,. ( ) f(s) = s j e-~»F ; dx, 0

die bei der Transformation 1/s = z mit den Bezeichnungen von S. 383 in

(6) -oo

cp(z) =je-~» F(z x) dx 0

übergeht. Dieses Integral unterscheidet sich von dem Borelseben Summations­ausdruck für die Potenzreihe cp(z) durch die obere Grenze -oo und konvergiert in dem Bild ~2 von (j2 • Indem man die Eigenschaften von (j2 durch die Trans­formation 1/s = z übersetzt, gelangt man zu folgenden Beschreibungen von ~2 , das wir das Anti-Borel-Polygon nennen wollen:

V2 • Man ziehe durch die singulären Punkte Q von cp(z) senkrecht zu deren Verbindungsstrecken mit dem Nullpunkt Gerade. Dann ist ~2 der Durchschnitt derjenigen von ihnen begrenzten Halbebenen, die den Nullpunkt nickt enthalten.

W2 • Auf jedem Strahl von 0 aus bestimme man die untere Grenze der Strecken, welche die Eigenschaft haben, daß cp(z) außerkalb des über der Strecke als Durch­messer stehenden Kreises holamorph ist. Dann ist ~2 die Vereinigungsmenge der nach Wegnahme dieser Minimalstrecken übrigbleibenden Teilstrahlen.

Doetscb I /25

Page 380: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

386 10. I.-ap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Im typischen Fall ist ~2 ein offenes, geradliniges, ins Unendliche reichendes Polygon. Aus der Definition V2 sieht man, daß ~2 nicht existiert, wenn das eigentliche Boreische Summabilitätspolygon beschränkt ist. Die Definition W2

zeigt, daß ~2 nur existieren kann, wenn tp(z) in z = cx:> holomorph ist. Wie man an der Figur in der s-Ebene sieht, ist das aber keineswegs hinreichend, vielmehr muß eben bei der Abbildung z = lfs der Punkt s = 0 außerhalb der konvexen Hülle der Singularitäten liegen. In diesem Fall also kann der Boreischen Sum­mation der Potenzreihe der Ausdruck (6} an die Seite gestellt werden, der nichts anderes als eine analytische Fortsetzung von tp(z) aus dem Borel-Polygon ~ = ~1 über den Holomorphiepunkt z = cx:> hinweg in ein weiteres Polygon ~2 darstellt, dessen Seiten Verlängerungen von Seiten des Borel-Polygons sind. Diese Ergänzung der Boreischen Methode ergibt sich auf Grund unserer vor­hergehenden Betrachtungen in der s-Ebene ganz zwangsläufig.

Wir fassen unsere Ergebnisse so zusammen: 00

Satz 1. Die Potenzreihe }; a,. z" habe einen 7Jon 0 verschiedenen Konvergenz-n-o

radius. Dann läßt sich der dadurch definierte Funktionszweig tp(z) in das in den Definitionen V1 , W1 beschriebene Borel-Polygon !8 durch die Boreische Summie­rung

~ I ~ (zx)" tp(z) = e-:x: F(z x) dx mit F(z x) = ~ a,. - --n-1--0 n-0

analytisch fortsetzen. - Ist die Funktion tp(z) für z = cx:> holamorph und liegen ihre singulären Punkte C so, daß die konvexe Hülle der Punkte 1/C den Null­punkt ausschließt, so läßt sich tp(z) über den Punkt cx:> hinweg in das in den Defini­tionen V2 , W2 beschriebene Anti-Borel-Polygon ~2 durch die Darstell1mg

analytisch fortsetzen.

-00

tp(z) = / e-:x: F(z x) dx 0

Durch die vorhergehenden Betrachtungen ist klar geworden, daß die Borei­sche Summation einer Potenzreihe nur einen kleinen Teil der vorhandenen Möglichkeiten ausschöpft, die bei der Transformation z = lfs durch die früher eingeführten ,ß('I'LJntegrale gegeben sind. Da f(s) im Äußeren von .ft dargestellt werden konnte, muß sich tp(z) in dem Bild dieses Gebietes darstellen lassen. Dies kann man auf zwei Arten erreichen, die im Gesamteffekt übereinstimmen, während die Konvergenzbereiche der einzelnen bei der Darstellung benutzten Integrale völlig verschieden sind. Das wird im folgenden auseinandergesetzt.

Page 381: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Das Boreische Sununabilitätspolygon und Yerall!:<'mein<.>rungcn 387

3. Summation einer Potenzreihe im Innern bzw. Ättßern eines Kreisbogen­polygons durch verallgemeinerte Borel-b~tegrale

a) Integrale, die im Innern bzw. Äußern von Kreisen k01wergieren178•

Wir gehen wieder aus von der Funktion f(s) und ihrer Darstellung außer­halb .St durch die j!!'l'l_Jntegrale:

ooj'l')

(7) f(s) = j e-•t F(t) dt. u

Setzen wir hierin s t = x (s =!= 0):

oo(q;+arcs)

f(s) = + / e-"'F(:)dx u

und dann s = lfz (also arcs =- arcz) und

so ergibt sich oo (cp-arcz)

(8) <p(z) = / e-"' F(z x) dx, u

also ein Borel-lntegral, aber nicht entlang der reellen Achse, sondern entlang eines Strahles, der mit der Stelle z gekoppelt ist. IP ist ein beliebiger, aber jeweils fester Wert. Für alle IP zusammen konvergiert (7) außerhalb .St, also (8) in dem entsprechenden Bereich, den wir mit~ bezeichnen wollen. Im typischen Fall besteht sein Rand p aus endlich vielen Kreisbogen, von denen jeder durch zwei singuläre Punkte und den Nullpunkt bestimmt ist, und zwar ist ~ das Innere oder Äußere von p, je nachdem 0 innerhalb oder außerhalb von .St lag. Dieses Kreisbogenpolygon ~steht zu den früher eingeführten Borel-Polygonen ~und ~2 in einer sehr einfachen geometrischen Beziehung . .St war ein konvexer Be­reich, f bzw. f1 + f2 war seine Fußpunktkurve. Bei der Transformation z = 1/s bzw. bei der Spiegelung am Einheitskreis kehren sich die Verhältnisse um: Das Bild von f begrenzt den konvexen Bereich~. bzw. die Bilder von f1 und f2 die konvexen Bereiche ~1 und ~2 • während der Rand von .St in die Fuß­punktkurve p von~ bzw. ~1 und ~2 übergeht. Im typischen Fall sieht man die Richtigkeit dieser Behauptung unmittelbar an den Figuren ein; hieraus ergibt sie sich auch allgemein, da man jeden konvexen Bereich als Grenze von konvexen Polygonen darstellen kann179•

Das Konvergenzgebiet von (7) für ein festes IP war diejenige von der Stützgeraden von .St mit der Normalenrichtung -<p begrenzte Halbebene, in der f(s) holomorph ist. Oder in einer Form ausgedrückt, die sich auch in dem etwas unbequemen Fall, daß 0 außerhalb .St liegt, ohne Mißverständnisse auf

Page 382: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

388 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

die z-Ebene übertragen läßt: Man verschiebt vom Unendlichen her kommend eine Gerade senkrecht zu dem Strahl der Richtung - ({J so lange, bis sie an eine Singularität stößt; das Konvergenzgebiet ist die von der Geraden begrenzte Halbebene, die die weit entfernten Teile des Strahls der Richtung - ({J enthält. In die z-Ebene übertragen bedeutet das: Man läßt einen Kreis, der durch 0 geht und dessen Mittelpunkt auf dem Strahl der Richtung + ({J liegt, mit klei­nen Radien anfangend sich ausdehnen, bis er an eine Singularität stößt, und nimmt das Innere oder Äußere, je nachdem welches den Anfang des Strahles enthält. Im Falle, daß 0 innerhalb .R lag, ist das klar und einfach. Liegt aber 0 außerhalb .R, so muß man dem Rechnung tragen, daß es Richtungen gibt, in

denen die Gerade inders-Ebene überO hin­wegrutschen muß, bis sie an eine singuläre Stelle stößt. Dem entspricht in der z-Ebene der Fall, daß ([J(z) in z = = holomorph ist und der Kreis beliebig groß gemacht werden kann, ohne daß er an eine Singularität stößt. Man muß dann den Kreis über z ==hin­weggleiten lassen (so wie die Gerade über s = 0), d. h. man muß große, durch z = 0 gehende Kreise betrachten, deren Mittel­punkte auf der Verlängerung des Strahls nach der anderen Seite liegen, und sie schrumpfen lassen, bis die Peripherie durch einen singulären Punkt geht. Da der

Fig. 20 Anfang des Strahles jetzt im Äußeren des Kreises liegt, ist dieses das Kon vergenzgebiet.

Man muß also den kleinsten Kreis bestimmen, in dessen Äußeren ({J(z) noch holo­morph ist. Wie man sieht, handelt es sich bei den vorhin durch Ausdehnung ge­wonnenen größten Kreisen gerade um die in der Beschreibung W1 vorkommenden Kreise, bei den soeben durch Schrumpfung gewonnenen kleinsten Kreisen um die in W2 genannten. So wie die Vereinigungsmenge aller durch Stützgeraden begrenzten Halbebenen dasÄußere von .st ergab, so bekommt man jetzt durch Vereinigung des Inneren aller jener Maximal- und des Äußeren der Minimal­Kreise das Konvergenzgebiet ~aller Integrale (8). Vereinigt man nur die Durch­messer der Maximalkreise, so erhält man ~ bzw. ~1 ; vereinigt man die Ver­längerungen der Durchmesser der Minimalkreise nach der von 0 abgewendeten Seite, so erhält man ~2 • Dies steht damit in Einklang, daß man den in~ bzw. ~1 gültigen Boreischen Ausdruck (4) aus (8) für arc z = ({J erhält, d.h. wenn man z auf den Durchmesser des Konvergenzkreises beschränkt, während sich der in ~2 gültige Ausdruck (6) aus (8) für arc z = ({J ± n ergibt, d. h. wenn man z auf die obengenannte Verlängerung des Durchmessers beschränkt.

Indem man nicht nur jene Maximal- und Minimalkreise (die Ränder der Konvergenzgebiete von (8)), sondern überhaupt alle Kreise durch 0 betrachtet, kann man offenbar auch sagen: Von allen Kreisen durch 0 behalte man die­jenigen bei, in deren ganzem Innern oder ganzem Äußern ({J(z) holomorph ist.

Page 383: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Das Boreische Summabilitätspolygon und Verallgemeinerungen 389

Die Vereinigungsmenge der Holomorphieinnern bzw. -äußern ist das Konver­genzgebiet ~- Wir fassen zusammen:

00

Satz 2. Für die Potenzreihe}; an zn mit von 0 verschiedenem Konvergenz­n-o

radiuskonvergiert das gekoppelte Boret-Integral

oo(<p-arcz)

I. e-"' F(z x) dx mit F(z x) = f an (z ~)n • 11-o n. (J

für festes qJ in dem größten durch z = 0 gehenden Kreis mit dem Mittelpunkt auf dem Strahl der Richtung qJ, innerhalb dessen die analytische Fortsetzung qJ{z) der Potenzreihe holamorph ist, falls dieser Kreis endlich ausfällt oder falls er tmend­lich groß (also eine Halbebene) ist und qJ(z) auf seinem Rand eine Singt4larität besitzt*). Wenn er aber eine Halbebene ist und auf seinem Rand einschließlichoo keine Singularität liegt, so konvergiert das Integral außerhalb des kleinsten Kreises durch 0, dessen Mittelpunkt auf der Verlängerung des Strahls liegt und in dessen A·ußern qJ(z) holamorph ist**). -Der Rand p des gesamten Konvergenzgebietes ~ ist im typischen Fall ein Kreisbogenpolygon, dessen Randkreise durch je zwei singuläre Stellen von qJ(z) und den Nullpunkt bestimmt sind. p ist die Fußpunkt­kurve des Borel-Polygons ~ und des Anti-Borel-Polygons ~2 , falls dieses existiert. Im letzteren Fall besteht ~ aus dem Äußeren von p. Dagegen besteht~ aus dem Innern von p, wenn m2 nicht existiert.~ kann auch definiert werden als die Vereinigungsmenge aller Kreisinnern und Kreisäußern, deren Peripherie durch 0 geht und in denen qJ(z) holamorph ist.

Ein Beispiel : Es ist 1

2{J0(t)} = -v·==,-,-- (Hauptzweig), s 2+ 1

also (vgl. Satz 2 [2.11]):

.e{e112 loH-)} = -V(25 ..:7rz-+:i- = f(s) ·

Die zugehörige Funktion qJ(z) ist

die die singulären St-ellen z1 = 1 + i, z2 = 1 - i hat, also für I z I < Vi in eine Potenzreihe entwick~lbar ist. Wir stellen fest, in welchen Gebieten sie nach der Boreischen Methode und der obigen Verallgemeinerung summierbar ist. Dazu ist es vorteilhaft, die entsprechende Funktion f(s) mit ihrer Singularitätenhülle 5\ und deren Fußpunktkurve f nebenher zu betrachten.f(s) hat die singulären

*) Das ist der Grenzfall, der vorliegt, wenn in der s-Ebene die Stützgerade an 5\ durch 0 geht. **) Legt man statt der z-Ebene die z-Kugel zugrunde, so subsumieren sich diese verschiedenen

Fälle unter einen einzigen.

Page 384: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

390 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypns

Stellen s1 = (1- i)/2, s2 = (1 + i)/2, also besteht ~ aus deren Verbindungs­strecke. Da 0 außerhalb ~liegt, zerfällt f, das im Ganzen aus den zwei Kreisen durchs= 0, s = 1/2 und s = s1 bzw. s2 besteht, in zwei Teilehund f2 • Infolge­dessen gibt es außer dem gewöhnlichen Borel-Polygon '!3 = '!31 noch das Anti­Borel-Polygon '!32 ; beide werden begrenzt von den Geraden durch den Punkt z = 2 unter 45° gegen die reelle Achse, den Bildern von h und f2 • Das Kreis­bogenpolygon p besteht hier aus dem rechten Halbkreis um den Punkt z = 1 vom Radius 1. Die Potenzreihe läßt sich also durch das verallgemeinerte Borel­Integral (8) in die ganze Ebene mit Ausnahme dieses Halbkreises fortsetzen. Dieser stellt einen Schnitt dar, bei dessen Überschreitung die Funktion qJ(z)

Fig. 30

mehrdeutig wird. - Es ist lehrreich, die verschiedenen Definitionen von '!31 ,

'!32 und ~ sowie die Tatsache, daß p die Fußpunktkurve von '!31 + '!32 ist, an der Figur 29 zu verifizieren.

b) Integrale, die in verallgemeinerten Borel-Polygonen konvergieren 180•

Während wir unter a) von den .B-Integralen für f(s) mit beliebigem Inte­grationsweg ausgingen, nehmen wir jetzt das Borel-Integral zum Ausgangs­punkt und erstrecken es iiber einen beliebigen Strahl:

(9) oo(<p)

qJ(z) = I e-w F(z x) dx. 0

(Für qJ = 0 und qJ = ± n erhalten wir das ursprüngliche Borel-Integral (4) und seine Ergänzung (6).) Durch

z= ~· ~-qJC)=f(s), x=st

ergibt sich: oo(<p-arcs)

(10) f(s)= I e-•tF(t)dt. 0

Page 385: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Das Boreische Summabilitätspolygon und Verallgemeinerungen 391

Bei beliebigem fP konvergiert (10) natürlich insgesamt außerhalb 5\, (9) in ~­Wir wollen aber feststellen, wo (9) für eine feste Richtung (/1 konvergiert. Dazu betrachten wir zunächst (10). Für alle s auf einem Strahl 6 vom Nullpunkt aus und nur für diese ist in (10) derselbe Integrationsweg brauchbar, den wir jetzt festhalten. Dabei ist jetzt ausdrücklich darauf zu achten, daß- im Gegen­satz zu S. 384- eine Verlängerung des Strahles 6 über 0 hinaus nicht in Frage kommt, weil dabei arc s sich um n ändern, also der entgegengesetzte Integra­tionsweg herauskommen würde.- Wenn dass des Integranden nicht mit dem Integrationsweg gekoppelt wäre, würde (10) in der Halbebene konvergieren, die durch die Stützgerade mit der Normalenrichtung -((/I- arcs) bestimmt ist. Da aber nur die s auf 6 in Frage kommen, konvergiert (10) auf dem in der Halbebene liegenden Teil X von 6. Wenn 0 in 5\ liegt, ist X entweder un­endlich oder gar nicht vorhanden; liegt 0 außerhalb 5\, so kann X unendlich

Fig. 31

oder endlich oder nicht vorhanden sein. Um das Gesamtgebiet der Konvergenz­strecken X zu bestimmen, richten wir unser Augenmerk auf den Punkt D, in welchem die Stützgerade den Strahl 6 schneidet, und auf den Winkel ot, den 6 und die Stützgerade bilden. Um diesen eindeutig zu machen, treffen wir fol­gende Verabredung: Auf jeder Stützgeraden definieren wir als positiv die Richtung, die als Kraft den Bereich .R in positive Rotation versetzen würde. Unter ot verstehen wir den Winkel, um den man den Strahl6 um Ddrehen muß, damit er in die positive Richtung der Stützgeraden fällt. Liegt 0 in .R, so ist 0:::::;; ot ~ n; liegt 0 außerhalb 5\, so kann ot alle Werte von 0 bis 2n annehmen. Mit dem Winkel fP hängt ot so zusammen:

n ot= 2- fP·

Für festes fP ist demnach ot konstant. Ist fP = 0, so ist ot = n/2, und die Punkte D durchlaufen die Fußpunktkurve f von .R, in Übereinstimmung mit dem Er­gebnis von S. 382. Dabei ist jedoch zu beachten, daß, wenn 0 außerhalb 5\ liegt und f aus den Teilen f1 und f2 besteht (S. 384), als Fußpunktkurve in unserem jetzigen Sinn nur der Teil f1 zu rechnen ist, da, wie oben bemerkt, eine Verlängerung von 6 rückwärts über 0 hinaus, wie sie bei f2 notwendig

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392 10. l{ap.: Die ganzen Funktionen vom Exponcntialtypus

war, jetzt nicht in Frage kommt. f2 ist vielmehr als zugehörig zu den in ent­gegengesetzter Richtung laufenden Strahlen, die f2 wirklich treffen, zu denken, und der Schnittwinkel IX hat nach der oben präzisierten Definition hier nicht den Wert n/2, sondern 3 n/2, so daß q; = - n (oder + n) ist. Daher nennen wir f2 die Antifußpunktkurve. - Soviel über diesen SpezialfalL Hat nun q;

einen beliebigen Wert, so durchlaufen die Punkte

Fig. 32

D eine neue Kurve: den geometrischen Ort der Punkte, in denen die Strahlen 6 von den mit ihnen den Winkel IX= (n/2) - q; bildenden Stütz­geraden getroffen werden. Wir wollen sie die q;-Fußpunktkurve f'P nennen. Im typischen Fall besteht sie aus Kreisbogen, die über den Sehnen OS stehen (S sind die singulären Punkte von f(s) die die Ecken von .R bilden) und den Peripherie­winkel IX bzw. n -IX fassen. Betrachtet man eine feste Stützgerade, so geht der auf ihr liegende Punkt der q;-Fußpunktkurve aus dem auf ihr

liegenden Punkt der gewöhnlichen Fußpunktkurve dadurch hervor, daß man den Radiusvektor um den Winkel q; schwenkt und im Verhältnis 1: cos q; vergrößert. Allerdings gilt dies nur für - n/2 < q; < + n/2, d. h. für 0 <IX< n, also wenn 0 in .R liegt, für alle in Frage kommenden Werte, dagegen nur für den halben Variabilitätsbereich, wenn 0 außerhalb Slliegt. Im letzteren Fall ist für n < IX < 2 n, d.h. - 3 n/2 < q; < - ;r;J2 von der Kurve f"auszugehen und jeder Radiusvektor um q; zu schwen­ken und im Verhältnis 1: -cos q; zu vergrößern. Liegt 0 inner­halb .R, so sind also alle Kur­ven f'~' (mit - n/2 < q; < n/2) ähnlich zu derFußpunktkurve f 0 ;

liegtO außerhalb .R, so zerfallen die Kurven f'~' in zwei Klassen: die mit - n/2 < q; < n/2 sind ähnlich zu der Fußpunktkurve f0 , die mit -3 n/2 < q; < -n/2

Normale der Stützgeraden

Fig. 33

sind ähnlich z·u der Antifußpunktkurve f -:. = f", die früher mit f 2 bezeichnet wurde. Die Kurven f'~' sind die Ränder der Konvergenzbereiche der Integrale (10).

Da für -n/2 < q; < + n/2 von den Strahlen 6 durch die Stützgeraden un­endliche Teile :!: abgeschnitten werden, für -3 n/2 < q; < - n/2 aber end­liche, so ist im ersteren Fall das Konvergenzgebiet das Äußere, im letzteren das Innere von f'~'.

Die Konvergenzgebiete ~'~' der Integrale (9) erhält man hieraus durch die Ab­bildung z = 1/s, wobei wir uns in den Figuren wieder mit der Spiegelung am Einheitskreis begnügen. Da bei dieser Spiegelung aus zwei Bereichen, die durch

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§ 5. Das Boreische Sununabilitätspolygon und Verallgemeinerungen 393

eine Ähnlichkeitstransformation vom Nullpunkt aus und eine Drehung um den Nullpunkt auseinander hervorgehen, wieder zwei ebensolche Bereiche werden, so sind die $'~'für -n/2 < rp < + n/2 ähnlich zu $ 0 = $, also zu dem eigent­lichen Borel-Polygon, während die $'1' mit - 3 n/2 < rp < - n/2 ähnlich sind zu $_,. = $", das mit dem Anti-Borel-Polygon $ 2 übereinstimmt. Im typischen Fall ist $'1' ein geradlinig begrenztes Polygon, dessen Seiten durch Singularitäten von rp(z) gehen und mit den Vektoren vom Nullpunkt aus den Winkel oc = (n/2)- rp bilden. (Dies folgt daraus, daß inders-Ebene der Vektor

Fig. 34

OS mit der Tangente an den Kreisbogen f.P in S den Winkel oc bildet, wie man an Figur 32 abliest, und daß dieser Winkel bei der Abbildung s = lfz erhalten bleibt.) Hieraus ergibt sich leicht eine zu V1 und V2 analoge Beschreibung der Polygone$'~'. Auch W1 und W2 kann man sofort auf $'~'übertragen, indem man die über den dort genannten Strecken als Durchmessern stehenden Kreise durch solche ersetzt, deren Peripheriewinkel gleich oc = (n/2) - rp ist. Im übrigen kann man sich im typischen Fall an den Figuren davon überzeugen, daß auch bei den jetzigen allgemeineren Kurven sich die Verhältnisse bei der Abbildung z = 1/s umkehren: .5\ ist konvex, f'l' seine rp-Fußpunktkurve; dagegen begrenzt das Bild b'l' von f'l' einen konvexen Bereich, und der Rand p des Bildes l.p von .5\ ist seine - rp-Fußpunktkurve. Damit haben wir gefunden:

00

Satz 3. Es sei eine Potenzreihe .E an zn mit von 0 verschiedenem Konvergenz­n~o

radius gegeben. Das verallgemeinerte Borel-Integral

'X>(q>)

/ e-"' F(z x) dx 0

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394 10. I-:ap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

konvergiert für -n/2 < 'P < + n/2 in einem verallgemeinerten Boreischen Sum­mabilitätspolygon 58'1" das man folgendermaßen erhält: Man ziehe dterch die singulären Ptmkte Q der analytischen Fortsetzung f('(Z) der Potenzreihe Gerade,

Fig. 35

die mit den Verbindungen der Q zum Nullpunkt den Winkel oc = (n/2) - 'P bilden. Dann ist 58"' der Dttrchschnitt derjenigen von ihnen begrenzten Halbebenen, die den :Nullpunkt enthalten. Alle 58'1 sind zu 580 , das mit dem gewöhnlichen Borel-

Fig. 36 Fig. 37

Polygon 58 übereinstimmt, ähnlich ·und gehen aus ihm dadurch hervor, daß man die Vektoren von 0 zu den Randpunkten um den Winkel 'P schwenkt und im Ver­hältnis cos 'P: 1 verkleinert. - Ist die Funktion f('(Z) für z = = holamorph und liegen ihre singulären Punkte 1,; so, daß die konvexe Hülle der Punkte 1/1,; den Nullpunkt ausschließt, so existiert das verallgemeinerte Boret-Integral auch für

Page 389: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Das Boreische Summabilitätspolygon und Verallgemeinerungen 395

- 3nf2 < q; < -n/2, und zwar it~ einem Polygon~.,, das man erhält, wenn man die oben definierten Geraden durch die singulären Punkte vott q;(z) zieht 11-nd den Durchschnitt derjenigen von ihnen begrenzten Halbebenen nimmt, die den Null­punkt nicht enthalten. Diese ~'P sind alle ähnlich zu ~-" = ~"' das gleich dem in Satz 1 mit ~2 bezeichneten Anti-Borel-Polygon ist. Die Gesamtheit aller Boret­Integrale konvergiert in dem i1J Satz 2 definierten Kreisbogenpolygon ~-

Damit sind das Borel-Polygon und das Anti-Borel-Polygon in eine kon­tinuierliche Schar von Polygonen eingebettet. Diese kann man sich durch Geraden realisiert denken, die in den singulären Punkten Q durch Scharniere befestigt sind, so daß man sie jeweils unter dem Winkel oc = (n/2) - q; gegen OQ einstellen kann. Die Polygonecken gleiten dabei auf den festen Kreisen, aus denen der Rand p von ~ aufgebaut ist.

* * *

Es sei noch kurz erwähnt, daß man die Aussagen über das Borel-Polygon und seine in diesem Paragraphen vorgeführten Verallgemeinerungen auch aus der Cauchyschen Integralformel ableiten kann181• Dem Vorteil einer von der Theorie der E-Transformation unabhängigen Darstellung steht dabei der Nachteil ge­genüber, daß der schöne Zusammenhang mit dem konvexen Bereich .ft und seinen q:r-Fußpunktkurven verlorengeht. In der s-Ebene sind die ganzen Zu­sammenhänge viel übersichtlicher, vor allem weil die lästigen Fallunterschei­dungen, die in der z-Ebene wegen der Sonderstellung des Punktes z = oo auf­treten, inders-Ebene wegfallen.

Wir wollen der Kürze halber nur die verallgemeinerten Bore!-Integrale (9) betrachten und die gekoppelten Borel-Integrale (8) übergehen, bei denen ana­loge Ableitungen möglich sind. Zunächst summieren wir die spezielle Potenz-

co

reihe l: z" vermittels (9) und stellen das Konvergenzgebiet fest. Wegen n=O

00 t" F(t) = J;-1 = et

n-0 n. ist hier

oo(<p) oo(<p) I e-x F(z x) dx = J e-(1 -z)x dx.

0 0

Das Integral konvergiert, wenn

9t[(1 - z) x] > 0

ausfällt. Da arc x = q; ist, so bedeutet das, daß 1- z in der in der Figur 38 mit ~1 bezeichneten Halbebene liegen muß, also -z in ~2 und z in ~3 • Der Wert des Integrals ist dann gleich 1/(1 - z).

Page 390: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

396 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

00

Ist nun .E an zn eine Potenzreihe mit von 0 verschiedenem Konvergenz-n~o

radius, so setzen wir die dadurch definierte Funktion q;(z) in einen schlichten Bereich !> mit der rektifizierbaren Randkurve b fort und stellen q;(z) im Innern von :!) durch die Cauchysche Integralformel dar:

1/[1- (zjy)] läßt sich durch

OO(tp) 00

} . e-"' '\' _[(z(y) xJn dx ..:.". n!

0 n~o

ersetzen, wenn zjy in der Halbebene I)3liegt, d.h. wenn bei festgehaltenem y der Punkt z der in der Figur 39 gezeichneten Halbebene ~Y angehört. Läßt

Fig. 38

Fig. 3!.l

man nun y auf b wandern, so ist die Darstellung

oo(tp)

1 . f(y) .• _" 00 [(z/y) xr q;(z) = -z-ii-i j--.y--- dyj e J:---1if---dx

b • 0 n~O

Page 391: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Abbildung des Produkts und Faltungssätze 397

richtig, wenn z dem Durchschnitt aller Halbebenen IJ:v angehört. Da die Kurve i> beliebig nahe an die singulären Punkte C von 97(z) herangeführt werden darf, bedeutet das, daß die z, für die diese Integraldarstellung gilt, das in Satz 3 beschriebene Borel-Polygon !B"' ausmachen.

Hält man umgekehrt zunächst z fest, so liegt zfy in {)3 , wenn y außerhalb des Kreises durch 0 und z liegt, der mit Oz den Winkel cx = (n/2) - 97 bildet, wie man leicht feststellt, wenn man {)3 durch reziproke Radien abbildet und dann mit z multipliziert. Alle Punkte der Integrationskurve i> müssen außerhalb dieses Kreises liegen können, 97(z) muß also im Innern (und ein Stück darüber hinaus) holomorph sein. Wenn diese Bedingung erfüllt ist, kann man die Kurve i> so wählen, daß die Integraldarstellung richtig ist. Damit kommt man auf eine andere Beschreibung von !B,~" die zur Definition W1 des gewöhnlichen Borel­Polygons analog ist.

§ 6. Die Abbildung des Produkts und die Faltungssätze in den Klassen ~1 und 41

Wir wissen, daß in gewissen Fällen dem Produktzweier l-Funktionen die reelle Faltung der zugehörigen L-Funktionen (Satz 4 [2.15]) und dem Produkt zweier L-Funktionen die komplexe Faltung der zugehörigen l-Funktionen ent­spricht (Satz 2 [6.4 ]). Die expliziten Fassungen der betreffenden Sätze sprechen dabei von den l-Funktionen nur in den Konvergenzhalbebenen der gewöhnlichen i!-Integrale. Da man innerhalb der Klasse lli die l-Funktionen vermittels der _i!(<Pl-Integrale in das ganze Äußere von gewissen konvexen Bereichen fortsetzen kann, muß es möglich sein, die genannten Faltungssätze auf diese größeren Gebiete zu erweitern.

Zunächst folgt unmittelbar aus der Definition S. 374, daß das Produkt zweier Funktionen aus ~I stets wieder zu ~I, das Produkt zweier Funktionen aus lli wieder zu a1 gehört*). Wir stellen fest, wie die charakteristischen Größen des Produkts mit denen der Faktoren zusammenhängen. Es sei

M1(r) das Maximum von IF1(t) I für I tl ~ r,

h1{97) der Indikator von F1(t),

(h der Konvergenzradius der Potenzreihe für /1{s),

R1 die konvexe Hülle der Singularitäten von /1{s),

k1{97) die Stützfunktion von R1 .

------------------------------------------------*) Da auch die Summen wieder zu der Klasse gehören, so bilden ~I und a1 in der Ausdrucks­

weise der Algebra je einen Ring oder Integritätsbereich.

Page 392: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

398 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Die entsprechenden Größen für F2 und / 2 bezeichnen wir durch den Index 2, die für das Produkt F1 • F2 und seine arFunktion durch den Index P, die für das Produkt / 1 ·/2 und seine mrFunktion durch den Index p.

Satz 1. Es ist

.Rp ist enthalten in dem Summenbereich*) .R1 + .R2 , RP in der konvexen Hülle der aus .R1 und .R2 bestehenden Menge.

Beweis: Wegen Mp(r) ~ .i\I1(r) M2(r) ist nach Satz 1 [10.1]:

Ferner ist

hp(tp) = lim log \~l(re\~2 F2(rei'Pl_\ = lim eo_g \Fl;r~~) I + ~og ~2tei!"U) r~oo r~oo

Da nach Satz 1 [10.4] k(tp) = h(-tp) ist, folgt auch die Behauptung über kp(tp). k1(tp) + k2(tp) ist die Stützfunktion des Summenbereiches .R1 + .R2 , also ist .Rp in .R1 + .R2 enthalten.

/ 1(s) ·/2(s) ist überall holomorph, wo /1(s) und / 2(s) beide holomorph sind, also sicher für lsl > Max(e1 , e2), so daß (.)p ~ Max(e1 , e2) ist. Ebenso folgt kp(tp) ~ Max[k1(tp), k2(tp)] und hieraus die entsprechende Behauptung über hp(tp). Max [k1(tp), k2(tp)] ist die Stützfunktion der konvexen Hülle der aus .R1

und .R2 bestehenden Menge, also ist .RP in dieser Hülle enthalten. Wir sprechen nun die Faltungssätze für die Klassen m1 und a1 aus. Satz 2. Sind F1(t), / 1(s) und F2(t), / 2(s) zwei Paare von vermittels ß-Trans­

formation zugeordneten Funktionen a'ltS den Klassen mi und ai' so entsprechen einander:

t

/ 1(s) /2(s) aus a1 und F(t) = J F1(r) F2(t- r) dr aus mu 0

*) Siehe die Definition S. :371.

Page 393: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Abbildung des Produkts und Faltungssätze 399

wobei das Integral von 0 bis zu dem beliebigm komplexen Punkt t geradlinig (oder längs eines äquivalenten Weges) zu erstrecken ist. Analytisch wird die Korrespon­denz zwischen F(t) und / 1(s) / 2(s) so hergestellt:

Beweis: Es ist

00

~('l'l{F1}= ei"' j"e-srei'l' F1(re;"') dr = e;"' ~{F1(rei"'); e;"' s} für 9l(ei"' s)> k1(-!p}. 0

00

~("'){I•;} = ei'P J e-sre;"' F2(r e;'~') dr = e;"' ~{F2(r e;"); ei'~'s} für 9l(e;"' s)> k2(-91). 0

Da die beiden gewöhnlichen ~-Integrale für 9l(ei"' s) > Max[k1(-!p}, k2(-!p}] absolut konvergieren, so ist für diese s nach Satz 4 [2.15]:

mit r rei 'P

</>(r) = /F1(e e;'~') F2((r -- e) e;'~') de = e-iq> / F1(T) F2(r e;'~'- T) dT, 0 0

also

Betrachtet man die komplexe Faltung zweier Funktionen II(s),/2(s), so zeigt es sich, daß diese für Funktionen aus a1 auf zwei Arten verallgemeinert werden kann, nämlich genau wie die komplexe Umkehrformel durch ein für alle s außerhalb eines gewissen Kreises gültiges Integral über eine geschlossene Kurve oder durch ein für eine Halbebene gültiges Integral über eine Gerade.

Satz 3. Sind F1(t), /1(s) und F2(t), / 2(s) zwei Paare von vermittels ~-Trans­formation zugeordneten Funktionen aus den Klassm ~{1 und a1, so entsprechen einander

wo j s I > (!1 + (!2 und das Integral im positiven Sinn über einen Kreis vom Radius (! mit e1 < e < I s I - (!2 zu erstrecken ist, oder auch

(oder über einen äquivalenten Weg)182•

Page 394: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

400 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

Das komplexe F altungsintegral kann auch über Geraden von beliebiger Rich­tung erstreckt werden, und zwar ist genatter für 9l(ei'~'s) > k1(-({J) + k2(-({J):

00 (<p)

j e-st F1(t) F2(t) dt = -2b-jt1(z) / 2(s- z) dz 0

oder

Erläuterung: Ist ({!eine bestimmte Richtung, so beschränke man s auf die jenseits der Stützgeraden des Summenbereiches .R1 + .R2 mit der Normalen-

Fig. 40

richtung - ({! liegende Halbebene. Das erste Faltungsintegral erstrecke man über eine Gerade der Normalenrichtung - ((!, deren Abstand vom Nullpunkt größer ist als der Abstand der parallelen Stützgeraden an .R1 von 0 und kleiner als der Abstand des Punktes s von der parallelen Stützgeraden an .R2 • Ent­sprechend für die zweite Form des Faltungsintegrals.

Beweis: Nach Satz 2 [10.1] ist für alle t:

1 ,. F1(t) = -Tnt- j et• / 1(z) dz mit e > e1 .

l•l-e

Page 395: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Abbildung des Produkts und Faltungssätze 401

Es sei nun s = lsl ei 0 und lsl > lh + (!2 • Dann bilden wir mit q; = -{}:

OO(!p) 00

J e-' 1 F1(t) F2(t) dt = 2~-rJe-•t F1(t) dt J e1• / 1 (z) dz 0 0 i•l ~q

00('1')

= 2~{ J /1(z) dz J e -(s-z)t F2(t) dt. •i -q (J

Ist e < I s I - f!2 gewählt*). so ist die Vertauschung der Integrationen erlaubt, denn dann ist:

und

ls-zl ;;=:;;lsl+lzl=lsl+e.

so daß s- z einem beschränkten Teil des Konvergenzgebietes von ß('Pl{F2}

00('1')

angehört und daher J e-(s-z)t F2(t) dt für I z I = e gleichmäßig konvergiert. 0

Damit haben wir gefunden:

oo(-0)

/ e-' 1 F1(t) F2(t) dt = z-h- ( /1(z) / 2(s- z) dz 0 1•1:. !1

mit e1 < e < lsl- (!2 und{}= arcs.

Die andere Form für die rechte Seite ergibt sich analog. Um den zweiten Teil der Behauptung zu beweisen, verwandeln wir

ß('P) { F1 F2} in ein gewöhnliches ß-Integral mit reellem Integrationsweg und wen­den Satz 2 [6. 4] an, dessen Voraussetzungen für Funktionen aus 'll1 erfüllt sind, wenn man x 1 > k1(-q;), x2 > k2(-q;) und 9l(ei'~' s) > k1(-q;) + k2(-q;) nimmt:

00('1') 00

/ e-st F1(t) F2(t) dt = ei'P fe-ei'~'sr F1(r ei'~') Fk ei'~') dr

0 0

x+ioo

;:!'_{ / f~(a)f;(ei'~'s-a)da mitk1(-q;)<x<9l(ei'~'s)-k2(-q;), •. x-too

*) Diese Bedingung ist mit(! > e1 verträglich, weil I s I > e1 + (!2 war.

Doetsch I /26

Page 396: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

402 10. Kap.: Die ganzen Funktionen vom Exponentialtypus

wobei /~ so definiert ist:

oo oo(q>)

f~(a) =~/ e-ar F1(r ei'~') dr = e-iq> / e-ae-i'~'t F1(t) dt = e -iq> ft(e-i'l' a)

0 0

und t;(a) analog. Das ergibt:

oo(q>} x+ioo

/ e-st F1(t) F2(t) dt = ~~; / / 1(e-i'l' a) / 2{s- e-iq> a) da 0 X-HX>

Die andere Form der rechten Seite leitet man auf analoge Weise aus der zweiten Gestalt von 6.4 (3) ab.

Page 397: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

4-03

11. KAPITEL

DIE ZWEISEITIGE LAPLACE-TRANSFORMATION

BZW. MELLIN-TRANSFORMATION VON ANALYTISCHEN

FUNKTIONEN

§ 1. Die .28 -Transformation von Funktionen, die in einem Streifen analytisch sind und Exponentlaiabschätzungen genügen

Als wir im 10. Kapitel speziell die L-Funktion als analytisch annahmen, setzten wir sie in der ganzen Ebene bzw. in einem Winkelraum als analytisch und als majorisierbar durch eine Exponentialfunktion voraus, damit wir den Integrationsweg um den Nullpunkt rotieren lassen konnten. Gehen wir bei der ~u-Transformation zu analytischen Funktionen über, so liegt es nahe, voraus­zusetzen, daß diese in einem Horizontalstreifen analytisch sind und für nach rechts und links wanderndes t durch Exponentialfunktionen abgeschätzt wer­den können, damit der Integrationsweg parallel verschoben werden kann. Wir werden sehen, daß der Klasse dieser L11-Funktionen eine wohlabgerundete, durch innere Eigenschaften definierbare Klasse von Iu-Funktionen entspricht, die sogar im wesentlichen mit der Klasse der Lu-Funktionen übereinstimmt, wenn man davon absieht, daß ihr Definitionsbereich kein horizontaler, sondern ein vertikaler Streifen ist. Die Funktion F(t) wird sich aus f(s) stets durch die komplexe Umkehrformel gewinnen lassen, bei der uns die Verschiebbarkeit des Integrationsweges schon von früher geläufig ist, so daß auch hinsichtlich der Transformationsformeln von der einen Klasse zur andern völlige Symmetrie besteht.

Satz 1183• Wir setzen t = ~ + i 'YJ· F(t) sei analytisch im Innern und auf dem Rand des Horizontalstreifens rJ1 ~ 'YJ ~ 'YJ2 und lasse sich dort so abschätzen:

(1) JF(t) I ~ C e"•; für ~ ;;:;; 0,

wobei x1 < x2 •

JF(t)J~Ce"•; für ~<o,

Erzeugt man aus F(t) vermittels der verallgemeinerten ~u-Transformation*)

+oo+i'l +oo

~W{F} = j e-•t F(t) dt = e-i'l• j e-s; F(~ + i 'YJ) d~ -oo+i'1 -oo

*) Die Integrationsgrenzen sollen andeuten, daß das Integrallängs der Horizontalen mit der Ordinate 'TJ zu erstrecken ist.

Page 398: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

404 11. Kap.: Die zweiseitige .{!-Transformation von analytischen Funktionen

eine Funktion f(s), so existiert diese in dem Vertikalstreifen x1 < x < x 2

(s = x + i y) und stellt dort eine von 'fJ unabhängige analytische Funktion dar, die in jedem schmaleren Streifen x1 + ~ ~ x ~ x2 - ~ einer Abschätzung

(2) lf(s) I ~ C(~) e'11 Y für y ~ 0

lf(s) I ~ C(~) e'~•Y für y < 0

genügt. Umgekehrt läßt sich F(t) aus dem gewonnenen f(s) durch die komplexe Umkehrformel erzeugen:

z+ioo 1 •

F(t)= Z:ni j e 1•f(s)ds z-ioo

Beweis: Für x > x1 ist

I oo+i71 J oo I I J e-st F(t) dtl = le-(x+iy)(ö+i'll F(~ + i 17) d~i 10+171 0 I

(3)

für x < x2

(4)

O+i71 i 0 ! I e-st F(t) dtj = _100 e-(x+iy)(~+i'l) F(~ + i 'f}) a~!, -oo+i'l [

0

:::;; {e·-(x;-Y'Il C e"•e d~ = C ~ . -. Xg-X

-00

+oo+i71

Also konvergiert J e-• 1 F(t) dt für x1 < x < x2 , sogar absolut. Bei festem 'fJ stellt -oo+i7J

+oo+i71 I oo oo l J e-st F(t) dt = e-is'l I e-•~ F(~ + i 1J) d~ +I e•~ F( -~ + i 17) d~ -oo+•'l 0 0

nach Satz 1 [3.2] in x1 < x < x2 eine analytische Funktion dar. Diese ist aber von 'fJ unabhängig. Erstreckt man nämlich Je- st F(t) dt über ein Rechteck aus den Vertikalen bei den Abszissen ~· < 0 <~"und den Horizontalen bei den Ordinaten 111 ~ rJ' < rJ" ~ rJ2 , so ist sein Wert nach dem Cauchyschen Satz

Page 399: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Funktionen, die in einem Streifen analytisch sind 405

gleich 0. Beim Grenzübergang~'+ -oo, ~" + +oo streben die Integrale über die Vertikalseiten gegen 0, denn

I ~7~:-st F(t} dtl =

l~'+il)' .

r('

(e-(x+iy)(;'+i'1) F(r + i r;) dr;

ti'

~ ~

-;;;,fe-(x;'-y~) C ex,e' dr; =" C e~'(x,-x)feY'1 dr;

if if

und ~ Z"+ir/' ; r/' '!''

; / e-st F(t) dtj-;;;,.fe-<x;"-Y'1l C e'"•"" dr; = C e-nx-x,)j eY'1 dr;.

l.:"+i>( I '7' '1'

Die Summe der Integrale über die Horizontalseiten allein strebt also gegen 0, woraus unsere Behauptung folgt.

Schränkt man s auf den Streifen x1 + {J -;;;, x -;;;, x2 - (J ein, so kann man die rechten Seiten von (3) und (4) durch (Cj(J) e'1Y abschätzen. Man erhält da­durch:

Da f(s) von r; unabhängig ist, wählen wir in dieser Abschätzung bei y ;,;;; 0 für r; den kleinstmöglichen Wert 'f/1 , bei y < 0 den größtmöglichen Wert 'f/2

und erhalten, wenn wir noch 2 (Cj(J) = C((J) setzen, die Abschätzung (2). Da ei'1s f(s) als absolut konvergente .Bu-Transformation mit reellem Inte­

grationsweg geschrieben werden kann:

+OO

ei'15 f(s) =/e-s~ F(~ + i r;) d~, -00

und F(~ + i 'fJ) als analytische Funktion in jedem endlichen Intervall von be­schränkter Variation ist (Anhang Nr. 14), so folgt aus Satz 1 [4.4]:

x+ioo x+ico

F(~ + i 'fJ) ~c zb- r e<•[ei~s f(s)] ds = -zt{ / e15 f(s) ds (xl <X< x2)' ~ ~

x-too x-too

wobei das Integral nicht bloß als Hauptwert, sondern im allgemeinen Sinn konvergiert.

Ein bemerkenswerter Spezialfall von Satz 1 liegt vor, wenn der Streifen, in ·dem F(t) analytisch ist, symmetrisch zur reellen Achse liegt, d. h. wenn

Page 400: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

406 11. Kap.: Die zweiseitige.{!-Transformation von analytischen Funktionen

- rh = 7Ja > 0 ist. Dann genügt f(s), wenn wir die halbe Streifenbreite mit 7Jo bezeichnen, der Abschätzung:

strebt also in jedem Streifen x1 + ö ~ x ~ x2 - () für I y I -+ oo gleichmäßig in x gegen 0, und zwar exponentiell. Die Abschätzung für f(s) ist um so schär­fer, je breiter der Streifen in der t-Ebene ist.

In Satz 1 gingen wir von einer gewissen, durch (1) charakterisierten Klasse von Funktionen F(t) aus und erzeugten aus ihnen durch die .ßu-Transformation Funktionen f(s), die zu der durch (2) charakterisierten Klasse gehören. Im folgenden Satz gehen wir von dieser Klasse von Funktionen f(s) aus und er­zeugen aus ihnen durch die komplexe Umkehrformel Funktionen F(t) aus der durch (1) charakterisierten Klasse.

Satz 2. Wir setzen s = x + i y. f(s) sei analytisch im Innern und auf dem Rand des Vertikalstreifens x1 ~ x ~ x2 und genüge der Abschätzung

!f(s) I ~ C e'11 '' für y ~ 0, wobei 7J1 < 7J2 •

lf(s) I ~ C e'l•!' für y < 0,

Erzeugt man aus f(s) verm#tels der komplexen Umkehrformel

.:r+ioo +oo 1 .. 1 r

-2 n( j et•f(s) ds = Zn e"'t eitv f(x + i y) dy x-.. ioo ~00

ei1Je Funktion F(t), so existiert diese in dem Horizontalstreifen 1]1 < 7J < 'Yj2 und stellt dort eine ·von x unabhängige analytische Funktion dar, die in t"edem schmale­ren Streifen 1]1 + () ~ 7J ~ 7J2 - ()einer Abschätzung

IF(t) I ~ C(ö) e"'•" für g ~ 0

IF(t) I ~ C(b) e"'•" für g < 0

genügt. Umgekehrt läßt sich f(s) aus dem gewonnenen F(t) durch die verallgemei­nerte .ßu-Transformation erzeugen:

+oo+i'l

f(s) = j e-• 1 F(t) dt -oo+i'l

Beweis: Dieser Satz läßt sich auf den vorigen zurückführen, wodurch zu­gleich klar wird, daß die beiden Sätze dieselbe Aussage in verschiedener Be­zeichnung darstellen. Wir setzen:

s [ = x + i y J = i t* [ = i ( g* + i 17*)], also x = - 'YJ*, y = g* ;

t[= g + i 'YJ] = is*[= i(x* + i y*)], also g =- y*, 'YJ = x*.

Page 401: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Funktionen, die in einem Streifen analytisch sind 407

Dann lautet die Voraussetzung von Satz 2: Die Funktion f(i t*) ist im Innern und auf dem Rand des Horizontalstreifens x1 ~ -TJ* ~ x2, d.h. -x2 ~ TJ* ~- x1

analytisch und genügt den Ungleichungen

lf(i t*) I ~ C e"•e• für ~* ~ 0

lf(i t*) I ~ C e"•e• für ~* < 0

Das ist, abgesehen von der Bezeichnung, die Voraussetzung von Satz 1. Aus diesem folgt also : Es existiert

+oo+i'l* J e-s•t• f(i t*) dt* -oo+ifJ*

in dem Vertikalstreifen TJ1 < x* < TJ2 und stellt dort eine von TJ* unabhängige analytische Funktion 2 :n; F(i s*) dar, die in jedem schmaleren Streifen 'f}1 + fJ ~ x* ~ Tj2 - fJ einer Abschätzung

genügt. Ferner ist

IF(i s*) I ~ C(fJ) e-s.,.• für y* ~ 0,

IF(i s*) I ~ C(fJ) e-s,y• für y* < 0

x*+ioo

f(it*)= 2 ~i J e1•s•2:n;F(is*)ds*. z*- ioo

Führt man statt s* und t* wieder die Variablen t und sein, so steht die Be­hauptung von Satz 2 da.

Die Ergebnisse können wir so zusammenfassen: Es werden folgende Funk­tionsklassen definiert :

Die Klasse Wu der in einem Horizontalstreifen Tj1 ~ TJ ~ 'f}2 (t = ~ + i rJ) analytischen Funktionen F(t}, die einer Exponentialabschätzung genügen:

IF(t)l ~ C es,e für ~ ~ 0

IF(t) I ~ C es.e für ~ < 0

die Klasse 4u der in einem Vertikalstreifen x1 ~ x ~ x2 (s = x + i y) ana­lytischen Funktionen f(s), die einer Exponentialabschätzung genügen*}:

l/(s)l ~Ce"'" für y ~ 0 mit 'f}1 < Tj2 •

lf(s).l ~ C e"•" für y < 0

•) Die Konstanten C, .:r1 , .:r2 , 'lll• 112 können für jede Funktion andere Werte haben.

Page 402: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

408 11. Kap.: Die zweiseitige ,2-Transformation von analytischen Funktionen

Durch die verallgemeinerte Eu-Transformation

+oo+itJ

EW{F} = J e-•t F(t) dt -oo+if]

wird aus jedem F(t) der Klasse mu ein f(s) der Klasse nu erzeugt (mit den Kon­stanten 2 CjfJ, x1 + fJ, x2 - fJ, 'Yj1 , 'Yj2 , wo fJ > 0 beliebig klein), aus dem wiederum F(t) durch die komplexe Umkehrformel

x+ioo

F(t) = z:i ( et• f(s) ds • .

.X-JOO

gewonnen werden kann.- Umgekehrt wird durch die komplexe Umkehrformel (mit x1 ;;;; x ;;;; x2) aus jedem f(s) der Klasse nu ein F(t) der Klasse mu (mit den Konstanten 2 CjfJ, x1 , x2 , 'Yj1 + fJ, 'Yj2 - fJ) erzeugt, aus dem f(s) durch die verallgemeinerte Eu-Transformation (mit 'YJ1 < 'YJ < 'Y]2) gewonnen werden kann. Die beiden Klassen entsprechen einander also vermöge der Eifl-Transformation und der komplexen Umkehrformel eineindeutig. - Die beiden Klassen und ebenso die beiden Transformationen gehen unter Vertauschung der Konstan­ten x und 'YJ ineinander über, wenn man die t- und die s-Ebene um n/2 dreht.

§ 2. Die Mellin-Transformation von Funktionen, die in einem Winkel­raum analytisch sind und Potenzabschätzungen genügen

Die reziproke Beziehung zwischen den Klassen mu und nu ist in der Litera­tur zuerst in der Gestalt der Mellin-Transformation (siehe 2. 7 sowie S. 212 und 262)184 aufgetreten, wobei allerdings ihre schöne Symmetrie gar nicht zum Vorschein kommt. Setzt man (t = ~ + i 'YJ)

so entspricht demHorizontalstreifen 'Yj1 ;;;; 'YJ;;;; 'Yj2 der Winkelraum -'Yj2 ;;;; {};;;; -'Yj1

oder, wenn wir -'Yj2 = {}1 , -'Yj1 = {}2 setzen: {}1 ;;;; {};;;; {}2 , wobei der Null­punkt nicht dazugehört. Für &2 - &1 ~ 2 n ist der Winkelraum auf der Rie­mannschen Fläche des Logarithmus liegend zu denken. Die darin definierte Funktion F(-logz) =F(-loge- i&) bezeichnen wir mit $(z). Dem Inte­grationsweg -oo + i 'YJ • • • + oo + i 'YJ entspricht der Strahl mit der Amplitude {} = - 'YJ in der Richtung vom Unendlichen gegen den Nullpunkt. Ersetzen wir noch f(s) durch <p(s), so geht die E\'Jl-Transformation über in die verall­gemeinerte Mellin-Transformation

oo(D)

(1) Wl(D){ (/>} := J z•-1 (/>(z) dz = <p(s), 0

Page 403: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen, die in einem Winkelraum analytisch sind 409

während die komplexe Umkehrformel die Gestalt annimmt:

x+ioo

(2) · 2 ~ { J z-• q;(s) ds = cJ>(z). X-'tOO

Dabei ist arc z = {} in dem Winkelraum {}1 ~ {} ~ {}2 ein für allemal stetig festzulegen und in (1) und (2) z = e1oge+ili, also

zu setzen. Für cJ>(z) und q;(s) sind jetzt folgende Klassen zugrunde zu legen: Die Klasse $ der in einem Winkelraum {}1 ~ {} ~ {}2 mit eventuellem

Ausschluß des Nullpunktes analytischen Funktionen cJ>(z), die der Potenz­abschätzung genügen:

(3) I cJ>(z) I ~ C (!-x, für (! ~ 1

I cJ>(z) I ~ C (!-x, für (! > 1

die Klasse b der in einem Vertikalstreifen x1 ~ x ~ x2 analytischen Funk­tionen q;(s), die der Exponentialabschätzung genügen:

für y ~ 0 (4)

Das Ergebnis von § 1 läßt sich dann in folgender Form aussprechen: Satz 1. Wendet man die Transformation (1) mit {}1 ~ {} ~ {}2 auf eine Funk­

tion cJ>(z) der Klasse~ mit den Konstanten C, x1 , x2 , {}1 , {}2 an, so entsteht eine von {} unabhängige Funktion q;(s) der Klasse b mit den Konstanten 2 Cf~, x1 + ~. x2 - ~. {}1 , {}2 (15 > 0 beliebig klein), aus der man cJ>(z) durch die Trans­formation (2) mit x1 < x < x2 zurückgewinnen kann. Wendet man die Trans­formation (2) mit x1 ~ x ~ x2 auf eine Funktion q;(s) der Klasse b mit den Kon­stanten C, x1 , x2 , {}1 , {}2 an, so entsteht eine von x unabhängige Funktion cJ>(z) der Klasse ~ mit den Konstanten 2 Cf~, x1, x2 , {}1 + ~. {}2 - <5, aus der man q;(s) durch die Transformation (1) mit {}1 < {} < {}2 zurückgewinnen kann. Die beiden Klassen entsprechen einander also vermöge der Transformationen (1) und (2) eineindeutig.

Besonders hervorzuheben ist der Spezialfall, daß der Winkelraum, in dem cJ>(z) analytisch ist, symmetrisch zur reellen Achse liegt: I{} I ~ {}0 ({}1 = - {}0 ,

{}2 = {}0). Dann genügt q;(s) in x1 + Ö ~ x ~ x2 - Öder Abschätzung

I ( ) I < 2 c - {) 'yl q; s --/)- e ., ',

strebt also gleichmäßig für I y I -+ cx:> gegen 0, und zwar exponentiell.

Page 404: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

410 ll. Kap.: Die zweiseitige .2-Transfonnation von analytischen Funktionen

Anwendungsbeispiele

1. W(z) = e-"', qJ(s) = F(s)

Für W(z) = e- z ist (3) mit

D-1 = - ; + e, D-2 = ; -e (e > 0), x1 = 0, x 2 beliebig> 0

erfüllt. Das Integral (1) konvergiert nach Satz 1 für x > 0. Da es von 0. unab­hängig und für 0. = 0 gleich F(s) ist, so ist überhaupt qJ(s) = F(s). Wir erhalten die zueinander reziproken Formeln:

I oo(.?)

F(s) =I z•- 1 e-"' dz mit I D-l < ; , 9ts > 0,

l z+ioo

e-z = -~.- I z-• F(s) ds 2nt

z-ioo

mit x > 0, larczi < ; .

Die letztere spielt in der analytischen Zahlentheorie eine wichtige Rolle186• Für F(s) erhält man nach Satz 1 die Abschätzung*):

IF(s)i ~ C(b) e-[(n/2l-•11Yi für 9ts ~ <5 > 0, e > 0.

2. W(z) = Dirichletsche Reihe vom Typus Ä,.,

qJ(s) = Dirichletsche Reihe vom Typus log Än

Aus den Formeln unter 1. leitet man durch eine einfache Substitution die folgenden ab:

_!(s) l:.

oo(/1) x+ioo

! ...s---1 -Änz d (1 > 0} -Änz = _1_ I -s F(s)_ d ~ e z An , e 2 . z •• s.

. nt An 0 x-ioo

Daraus ergibt sich, falls die Summation nach n und die Vertauschung von Summe und Integral erlaubt ist, das für die Theorie der Dirichletschen Reihen wichtige Formelpaar188 :

I oo oo(O) oo

F(s)};a,. e-•log.an =I z•- 1J:a,. e-"n• dz, n-1 0 n-1

1 x+ioo 00

00 1 ~

};ane-.lns= 2ni j z-•r(s)};a,.e-slog.lnds. n-1 . n-1

X-t.OO

*) Diese Abschätzung ist ziemlich grob. Genauer ist nach der Stirlingschen Formel (Anhang Kr. 5):

IF!sJI = e-(n/2liYiiyj"'-(1/2l(~ + O{iyj-1)} für IYI-+oo.

Page 405: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen, die in einem Winkelraum analytisch sind 411

1 3. $(z) = -e•-=-!, 1p(s) = F(s) C(s)

Ein einfaches Beispiel für das Formelpaar in 2. ist an= 1, An== n. Hier ist

00 00 1 1p(s) = T(s)}; -ii- = T(s)}; -n• = T(s) C(s)

n-1 n n-1

und

Für c])(z) ist (3) in dem Winkelraum I &I ~ n/2 -e mit x1 = 1, x2 beliebig> 1 erfüllt, und die obige Vertauschung von Summe und Integral kann leicht legitimiert werden. Man erhält also187 :

I T(') /;(') -7' ,,~ :,:Jz_ 1 m;t I&\ < ; , !lb > 1,

e•~ 1 z~i~_L z-• F(s) C(s) ds mit x > 1, larczl < ; .

Nach Satz 1 ist

IF(s) C(s)l ~ C(b) e-!(n/2)-•JiyJ für 9ts ~ 1 + <5.

4. c])(z) = -} [ &3 ( 0, ~) -1], 1p(s) = F(s) n-• C(2 s)

Als erheblich wichtiger hat sich das Beispiel an= 1, An = n n 2 erwiesen. Hier ist

00 00 1 1p(s) = T(s)}; -~"!- = T(s)}; :n•n2 • = F(s) n-• C(2 s)

n-1 n n-1

und

Für z 7 oo verhält sich c])(z) im Winkelraum I & I ~ {n/2) - e wie das erste Glied e-"'•, als x2 in (3) ist also jede beliebige Zahl> 0 brauchbar. Ferner ist nach der linearen Transformationsformel der Thetafunktion (S. 297):

&3(0, ...::_) = ~ &3(0, -1 ) = _2__ (1 + 2 f e-nn't•)- -1=- für z + 0 :n Vz nz Vz n-1 , Vz

Page 406: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

412 11. Kap.: Die zweiseitige .2-Transformation von analytischen Funktionen

im Winkelraum I & I ;;;:; (n/2)- e, also 4'>(z) ~ 1/(2 Vz), so daß x1 = 1/2 zu setzen ist. Wir erhalten somit das Formelpaar188:

oo(O)

n-•T(sH(2s)= ~/ z•- 1 [&3(o,~)-1]dz mitl&l< ;,9ls> ~, 0

x+ioo

~ [o-a(o,~)-1]= 2 ~i j z-•n-•F(s)C(2s)dsmitx> ~,larczl< ;. x-too

Aus der ersten Formel ergibt sich sehr übersichtlich die berühmte

Riemannsche Funktionalgleichung der C-Funktion.

Wir setzen zur Abkürzung

~ [ &a( 0, :) - 1] =o 1p(z)

und verwenden in 00 1 00

n -s/2 r( ~) C(s) = / z(s/2)- 1 VJ(Z) dz = / + .r (9ls > 1)

0 0 1 1

bei J die obige Transformationsformel der &3-Funktion, die sich so schreiben 0

läßt:

Das ergibt: oo 1 I

n- (s/2) r( ~) C(s) = fz(s/2) -11p(Z) dz +fz(s-3)/21p( ~) dz + ~ .l (z(s-3)/2_z(s/2) -1) dz

1 0 0

00 00 .. • 1 1 1

= j z(s/2)-11p(Z) dz +} u-(s+1)/21p(u) du+-(- -----·-···- --s-·;···2·--)-• 2 (s-1)/2 1 1

00

= ;·(z-(2-s)/2 + z-(s+1)/2) VJ(Z) dz +- _1_ • . s(s-1) 1

Hierin war 9is > 1. Wegen 1p(z) ~ e-nz für z + oo konvergiert das rechts ste­hende Integral aber für alle s, so daß sich also die links stehende Funktion in die ganze Ebene mit Ausnahme der Punkte s = 0 und s = 1, wo sie einfache Pole hat, fortsetzen läßt. Da n-•12 überall und F(s/2) bis auf die einfachen Pole s = - 2 n (n = 0, 1, 2, ... ) analytisch ist, so folgt, daß C(s) in der ganzen Ebene bis auf den einfachen Pols = 1 analytisch ist und an den Stellen s = - 2 n (n = 1, 2, ... ) Nztllstellen besitzt, die übrigens einfach sind, da die rechte Seite für diese Werte offenkundig positiv ausfällt. - Das wichtigste aber ist, daß sich die rechte Seite bei Ersatz von s durch 1 - s nicht ändert, was also auch

Page 407: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen, die in einem Winkelraum analytisch sind 413

für die linke gilt. Damit haben wir die Riemannsche Funktionalgleichung er­halten:

n-st2 r( -}) C(s) = n- (1 -slt2 re-~-~-) C(1 - s) (s * o und 1).

Mit ihrer Hilfe kann man den Wert C(O) berechnen, der S. 57 gebraucht wurde. Es ist

C(s) = :n;s- (l/2) r( 1 i!_) ~~s/z))- = - } :n;s- (l/2) r( -~;~-)i~tlsjW; tl Hierin machen wir den Grenzübergangs-+ 0. Nun ist

lim ( -s) C(1 - s) = lim (x - 1) C(x) X-->-1

das Residuum von C(s) im Punkte 1, von dem wir S. 469leicht zeigen werden, daß es gleich 1 ist. Es ergibt sich:

C(O) = - -~- n -1/2 r(~-) rt1T = - --~ .

1 T(s) T(w-s) 5. lP(z) = (i+z)w-' <p(s) = - ---r(w)--

Für lP(z) = 1/(1 + z)w mit komplexem w und 9tw > 0 ist (3) in dem Winkel­raum I &I ~ :n; - s mit x1 = 0, x2 = 9tw erfüllt. Das Integral (1) konvergiert also mit I &I < :n; für 0 < 9ts < 9tw. Es genügt, seinen Wert für t9- = 0 zu be­rechnen. Mit 1 + z = (1 - v)-1 wird

<p(s) =Jzs-1(1 + z)-w dz =l ( 1 ~v y-1 (1- v)w -(2-~fi u u

1 I T(s)T(w-s) = v•-1(1- v)w-s- 1 dv = B(s, w- s) = --r(w}--o

Das Formelpaar lautet also189 oo(O)

T(s)~~--.:!)_ =I ( 1z~~ju.- dz mit [ ß>! < :n;, 0 < 9ts < 9tw, 0

x+ioo

__ 1 ___ = __ 1 __ }~ z-• T(s) T(w- s) ds mit 0 < x < 9tw, I arc z I < :n;. (1+z)w 2ni . T(w)

X-JOO

Wir werden später (II. Band) die letztere Formel als Verstümmelung einer anderen, völlig symmetrischen verstehen lernen.

Satz 1liefert die Abschätzung:

I' _-C~)T(w -:!11 :S:: C(Cl) e- (n-e) iYI für 0 < (J ~ % ~ 9tw - (J (s > 0). T(w) :-

Page 408: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

414 11. Kap.: Die zweiseitigeE-Transfonnation von analytischen Funktionen

§ 3. Die Abbildung des Produkts

und die Faltungssätze in den Klassen ~11 und a11 bzw. ~ und &

Das Produkt zweier in demselben Streifen analytischen Funktionen aus &n bzw. Un gehört wieder zu mu bzw. Uu. Die den Produkten in den anderen Klassen entsprechenden Funktionen sind Faltungen. Aus den Sätzen 3 [2.15] und 1 [6. 4] ergibt sich folgendes:

Satz 1. Sind f1(s) und f2(s) Funktionen der Klasse au. die in demselben Vertikalstreifen x1 ~ x ~ x2 analytisch sind und deren Konstanten C, 171, 'YJ2

wir durch obere Indizes unterscheiden, so entspricht dem Produkt f(s) = ft(s) f2(s) eine in dem Horizontalstreifen ni1l + n\2> < 3t < nk1l + nk2l analytische Funktion F(t) der Klasse &n, die sich aus den zu f1(s) und f2(s) gehörigen Funktionen F 1(t) und F2(t) durch die verallgemeinerte Faltung ergibt:

+oo+itJ

F(t) = I F1(-r) F2(t- r) d-r mit rJill < 'YJ < 1]~1 >, 1Ji2l < 3t- 'YJ < 'YJk2l. -oo+i'l

Da f1(s) f2(s) die Konstanten C(IJ C(2l, x1 , x2 , 1Ji1l + 1Ji2>, 1Jk1l + 1Jk2l hat, so be­sitzt F(t) die Konstanten 2 C(l) C(2ljiJ, x1 , x2 , 'YJill + 'YJi2> + IJ, 'YJ~ll + 'YJ~z)- IJ.

Satz 2. Sind F1 (t) und F2(t) Funktionen der Klasse &n, die in demselben Horizontalstreifen 'YJ1 ~ 'YJ ~ rJ2 analytisch sind und deren Konstante C, x1 , x2

wir durch obere Indizes unterscheiden, so entspricht dem Produkt F(t) = F1(t) F2(t) eine in xi1l + xi2l < 9ts < x~1 l + x~2l analytische Funktion f(s) der Klasse au, die sich aus den zu F1(t) und F2(t) gehörigen Fu1zktionen f1(s) und f2 (s) durch die komplexe Faltung ergibt:

x-zoo

f(s) hat die Konstanten 2 C(ll C(2ljiJ, xi1l + xi2l + IJ, x~1l + x~2l- IJ, rJ1 , rJ2 •

In der Sprache der Mellin-Transformation lauten diese Sätze: Satz 3190 • Sind !p1(s) und 1f12(s) Funktionen der Klasse b, die in demselben

Vertikalstreifen x1 ~ x ~ x2 analytisch sind und deren Konstanten {}1 , {}2 wir durch obere Indizes unterscheiden, so entspricht dem Produkt ~P(s) = !p1(s) !p2(s) eine in dem Winkelraum {}i1l + {}i2 l < arc s < {}~1 ) + {}~2) analytische Funktion <l>(z) der Klasse ~. die sich aus den zu !p1(s) und !p2(s) gehörigen Funktionen <l>1(z) und <l>2(z) durch folgendes Integral ergibt:

oo(li)

<l>(z) =I <l>1(C) <1>2(;) ~i; mit {}i1) < {} < {}~1l, {}i2 l < arcz- {} < {}fl. u

Satz 4. Sind <l>1(z) und <l>2(z) Funktionen der Klasse ~. die in demselben Winkelraum {}1 ~ {} :::;; {}2 analytisch sind und deren Konstanten x1 , x2 wir durch obere Indizes unterscheiden, so entspricht dem Produkt $(z) = <1>1 (z) $ 2(z) eine in xi1l + xi2l < 9ts < x~l + x~2l analytische Funktion ~P(s) der Klasse b, die sich

Page 409: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Anwendung der Mellin-Transformation in der Funktionentheorie 415

aus den zu 4>1(z) und 4>2(z) gehörigen Funktionen «p1(s) und «p2(s) durch die Fal­tung ergibt:

z+ioo

«p(s) = Z~i j q>1(u) q:>2(s- u) du mit xill < x < x~ll, xi2> < 9ts- x < x~2l. z-ioo

§ 4. Anwendung der Mellin-Transformation in der Funktionentheorie

Die .2u-Transformation und die mit ihr äquivalente Mellin-Transformation spielen in gewissen Gebieten der Funktionentheorie eine wichtige Rolle als beweistechnisches Hilfsmittel. Der Witz ihrer Anwendung liegt darin, daß beim Übergang von einer Originalfunktion durch die .2u-Transformation oder ihre Umkehrung zu einer Bildfunktion die auf die Streifenbreite bezüglichen Kon­stanten mit den auf die Abschätzung bezüglichen Konstanten vertauscht werden. Es können auf diese Weise sehr einschränkende Abschätzungen entstehen, die weitgehende Schlüsse auf das V erhalten der Bildfunktion zulassen, und es kann ferner vorkommen, daß sich aus diesem Verhalten der Bildfunktion rückwärts ein gewisses V erhalten der Originalfunktion erschließen läßt. Ist z. B. F(t) aus ~n in einem Streifen lt'J I ~ 1)0 , der symmetrisch zur reellen Achse liegt, ana­lytisch, so ist lf(s) I :SC(~) e-'1eiYI (siehe S. 406). Kann nun 1Jo beliebig groß sein, so folgt f(s) = 0 und hieraus F(t) = 0. Man sieht, daß sich auf d1ese ele­gante Weise eine ganze Gruppe von Sätzen, die in den Phragmen-Lindelöfschen Ideenkreis (vgl. Anhang Nr. 58) gehören, mit einheitlicher Methode beweisen läßt. Wir führen einige Beispiele vor, bei denen als Hilfsmittel die Mellin­Transformation benutzt wird, weil diese sich aus historischen Gründen in der Literaturmehr eingebürgert hat als die .2u-Transformation.- Wie früherwird immer s = x + i y, z = (! e•IJ gesetzt191.

Satz 1. Wenn die Funktion q>(s) in einer Halbebene x ~ x1 analytisch ist und der Ungleichung

genügt, so ist q>(s) = 0. Beweis: q:>(s) ist eine Funktion aus der Klasse b, bei der x2 beliebig groß

sein kann. Ihr entspricht eine im Winkelraum I{} I < {}0 analytische Funktion 4>(z) der Klasse ~. die in jedem kleineren Winkelraum einer Ungleichung der Form

I <l>(z)J < C (! -z. für (! > 1

genügt. Da x2 beliebig groß sein kann, muß 4>(z) = 0 sein. Dann ist aber auch q:>(s) = 0.

Um zu zeigen, wie man diesen so einfach abgeleiteten Satz weiter benutzen kann, beweisen wir mit seiner Hilfe den folgenden

Satz 2. Es gibt keine in dem horizontalen Halbstreifen der Breitex

u > 0, lvl < ~ (w = u + iv)

Page 410: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

416 11. Kap.: Die zweiseitige 2-Transformation von analytischen Funktionen

analytische Funktion g(w), die dort der Ungleichung

I g(w) I > eeeu (e > 0 beliebig klein) genügt.

Der Satz besagt, daß eine analytische Funktion in einem Halbstreifen nicht beliebig stark für w-+ = wachsen kann; bei der Breiten ist schon log I g(w) I > e e" unmöglich.

Beweis: Setzt man w = logs, so entspricht dem Halbstreifen der w-Ebene die rechte Hälfte der s-Ebene, aus der der Einheitskreis herausgenommen ist. Gäbe es eine Funktion g(w) mit der obigen Eigenschaft, so wäre die Funktion h(s) = g(log s) in der Halbebene x > 1 analytisch und erfüllte die Ungleichung

Für die Funktion rp(s) = 1/h(s) wäre dann

1 rp(s) 1 < e-•1•1 < e-•IYI m x > 1,

woraus sich nach Satz 1 rp(s) = 0 ergäbe, was einen Widerspruch zur Defini­tion von tp(s) bedeuten würde.

In Satz 1 ist rp(s) in der ganzen Halbebene beschränkt und nimmt nach oben und unten gleichmäßig in x stark ab. Man kann die Voraussetzung leicht dahin verallgemeinern, daß rp(s) auf jeder einzelnen Vertikalen nach oben und unten abnimmt, auf jeder Horizontalen nach rechts aber stark zunimmt.

Satz 3. Wenn die Funktion rp(s) in einer Halbebene x ~ x1 analytisch ist und der Ungleichung

(q ~ 0, {}0 > 0) genügt, so ist rp(s) = 0.

Beweis: rp(s) ist in der Halbebene x ~ x1 keine Funktion der Klasse b, wohl aber in jedem Streifen x1 ~ x ~ x2 < =· Sie hat die Konstanten C eqx,, x1 , x2 , - {}0 , {}0 • Ihre zugehörige Funktion if>(z) der Klassem ist also analytisch im Winkelraum I {}I < {}0 und unterliegt in jedem kleineren Winkelraum I{} I ~ {}0 - b der Abschätzung

Da aber x2 beliebig groß sein kann, so folgt für jedes feste z mit e > eq, daß if>(z) = 0 ist. if>(z) ist also in einem Teil des Winkelraums = 0 und damit über­haupt = 0. Folglich ist auch rp(s) = 0.

Aus Satz 3 ergibt sich ein Korollar, das für die Anwendungen oft hand­licher ist:

Satz 4. Wenn die Funktion rp(s) in einer Halbebene x ~ x1 analytisch ist und der Ungleichung

genügt, so ist rp(s) = 0.

Page 411: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Anwendung der Mellin-Transformation in der Funktionentheorie 417

Beweis: Für x ~ 0 ist

Also sind die Voraussetzungen von Satz 3 mit &0 - q an Stelle von {}0 und Max (0, x1) an Stelle von x1 erfüllt.

Mit Hilfe von Satz 4 ergibt sich ein Beweis für den folgenden wichtigen Satz, den wir deshalb ableiten, weil er neues Licht auf den Eindeutigkeitssatz der E-Transformation wirft.

Satz 5192 • g(s) sei analytisch in der Halbebene x ~ x 1 und genüge dort der Un­gleichung

lg(s) I ~ C eq s: mit q ~ 0.

Verschwindet g(s) in einer horizontalen, äquidistanten Punktreihe

und ist {}0 > q, so ist g(s) = 0.

:rc s = s0 + n --­Do

(9ls0 > x1 , n = 0, 1, ... )

Bemerkung: Der Satz setzt die Stärke des exponentiellen Wachstums eqlsl einer Funktion in einer Halbebene mit der Dichte der Nullstellen in Beziehung. Der Abstand nj&0 äquidistanter Nullstellen muß ~ njq sein, wenn die Funktion nicht identisch verschwinden soll.

Beweis: Durch eine Translation machen wir s0 zum Nullpunkt, wodurch sich an der Form der Ungleichung für g(s) nichts ändert. Dann ist x1 < 0. Durch eventuelle Verkleinerung der Halbebene können wir erreichen, daß - n/&0 < x1 < 0 ist. Dann hat sin &0 s in x ~ x1 nur solche Werte s zu Null­stellen, wo auch g(s) verschwindet, so daß die Funktion

g(s) q;(s) = sin 1J0 s

in x ~ x1 analytisch ist. Wir behaupten, daß sie der Ungleichung des Satzes 4 genügtl93• Für große IYI verhält sich lsin&0 sl wie e0 • 1Yij2, denn

. {} 1 ( iO,s -ifl,s) 1 -O,y eifl,x 1 fl,y e-iO,x sm 0 s=-z?: e -e =-2-e ~-- 2 e -i-.

Man kann also ein y1 > 0 so wählen, daß

lsin&osl ~ ~ eflo!Y!

in den beiden Viertelebenen x ~ x1 , I y I ~ y1 ist. Dann ist dort schon

1 q;(s) 1 ~ 4 C eqlsi-O,!yl_

Den restierenden Streifen x ~ x1 , I y I ~ y1 teilen wir durch Vertikalstrecken bei den Abszissen (1/2) n/&0 , (3/2) n/&0 , ••• in Rechtecke, die bis auf das erste, das wir im folgenden unbeachtet lassen, kongruent sind; das Rechteck mit dem Mittelpunkt

(n = 1, 2, ... )

Doetsch I /27

Page 412: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

418 11. Kap.: Die zweiseitige ,2-Transformation von analytischen Funktionen

heiße Rn. Ferner setzen wir in Rn

Ist s ein Randpunkt von Rn, so ist

ls- snl ~ Min{y1 ,} ~) = d1 (unabhängig von n),

also lgn(s) 1 :S dC eq:sl ~ dC_ eq[(n+(l/2))("/l}o)+)•,] = :; eq[(n-(I/2))"//}o+("/1)0)+y,J.

1 1 1

Da eine analytische Funktion ihr Maximum in einem Bereich auf dem Rand annimmt, so gilt dieselbe Abschätzung auch im Innern. Nun ist das kleinste I s I in Rn gleich [n- (1/2)] n/&0 , folglich ist erst recht in und auf Rn:

lgn(s)l ~ -f- eq[[s[+("/Oo)+y,] = Cleq!•!. 1

Setzen wir unter derselben Beschränkung vonsauf Rn

so ist, da sin &0 s in Rn nur die eine einfache Nullstelle sn hat, "Pn(s) * 0 in dem abgeschlossenen Bereich Rn, mithin

Dabei ist d2 von n unabhängig, also für alle n dasselbe, denn betrachtet man einen festen Punkt in R1 und seine homologen Punkte in allen Rn, so hat I sin &0 s I und I s - sn I in ihnen denselben Wert, also auch I "Pn(s) J. In Rn ist folg~ich

lm(s)J = ~~n~~ :S ~1_ eqfs[ :S ~_!_ eo.y, eqfs[-.?oiYI = C eqfs!-floiYI r V'n(s) - d2 - d2 2 '

unabhängig von n. Also genügt cp(s) in der ganzen Halbebene x ~ x1 einer Ungleichung von der Form, wie sie in Satz 4 vorausgesetzt wird, und verschwin­det daher identisch. Infolgedessen ist auch g(s) = 0.

Satz 5 klärt von einem allgemeineren Gesichtspunkt aus auf, warum eine SJ-Transformierte f(s) schon identisch verschwindet, wenn sie in einer beliebigen horizontalen äquidistanten Punktreihe verschwindet (Satz 4 [2. 9]). Nach Satz 13 [3. 6] ist nämlich in jeder Teilhalbebene der Konvergenzhalbebene

f(s) = o(l s J) = O(e' fsl) mit beliebig kleinem e > 0.

Bei Anwendung von Satz 5 darf mithin &0 beliebig > 0, also der Nullsteilen­abstand n/&0 ebenfalls völlig beliebig sein, damit auf f(s) = 0 geschlossen wer­den kann. Wie man sieht, ist die erwähnte Eigenschaft der SJ-Transformierten keineswegs auf diese beschränkt, sondern kommt einer viel allgemeineren Klasse von Funktionen zu.

Page 413: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

419

12. KAPITEL

DIE LAPLACE-TRANSFORMATION VON FUNKTIONEN

DER KLASSE L2

In den Sätzen, die die verschiedenen Gestalten der Parsevalsehen Gleichung für die Er Transformation zum Gegenstand haben (siehe 6. 2 bis 6. 4}, war es störend, daß z. B. für das Bestehen der Parsevalsehen Gleichung 6. 2 (2)

+oo +oo

(1) j e-2:<t IF(t) 12 dt = 2~- / lf(x + i y) !2 dy 0 -oo

nicht bloß die Existenz des linksstehenden Integrals, sondern auch noch die von

00

(2) .fe-"1 IF(t) I dt u

vorausgesetzt werden mußte, eines Integrals also, das in der Behauptung ex­plizit überhaupt nicht vorkommt, höchstens in dem Sinne, daß es die Existenz von f(x + i y) garantiert, wozu aber schon eine viel schwächere Voraussetzung genügen würde. Allerdings: Wenn die linke Seite von (1} für ein x0 existiert, so konvergiert (2) automatisch für alle x > x0 (S. 252), so daß (1) dann für x > x0 sicher gilt. Es handelt sich also nur um das Problem, ob (1) an einer festen Stelle x0 , wo die linke Seite existiert, in irgendeiner Form gerettet werden kann. Natürlich muß ein etwaiger Satz in dieser Richtung auf einem entsprechenden Satz über die Fourier-Transformation beruhen, mit der die E-Transformation für ein festes x übereinstimmt. Hier setzt nun die moderne Plancherelsche Theorie der Fourier-Transformation ein, der es - in der Sprache dieser Transformation (siehe 4.1 bis 4. 3, 6. 1) - durch Ersatz des Begriffs der punktweisen Konvergenz durch den der (quadratischen) Mittelkonvergenz ge-

+oo

lingt, allein auf Grund der Konvergenz von J I G(x) 12 dx -oo

1. g(y) = 3{G} zu definieren, 2. den Bereich von Funktionen g(y), die auf diese Weise entstehen, voll­

ständig zu charakterisieren, 3. eine universelle Umkehrungsformel aufzustellen, 4. die Parsevalsehe Gleichung zu sichern.

Page 414: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

420 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L 2

Die Ergebnisse dieser Theorie stellen wir in § 1 zusammen, ohne die Beweise zu bringen, deren Ausführung zuviel Raum beanspruchen würde. Es ist dabei notwendig, den Integralbegriff im Lebesgueschen Sinne zu verstehen.

Durch die Parsevalsehe Gleichung sind wir auf die Klasse derjenigen Funk­tionen F(t) geführt worden, für die

00

je-2xol IF(t) 12 dt u

mit einem festen x0 konvergiert. Wenn nun die Gleichung (1) gilt, so folgt aus ihr, daß

+oo I lf(x + i y) 12 dy -00

für x ~ x0 existiert und für x-+ +oo monoton abnimmt, also für x ~ x0 be­schränkt ist. Wir werden zeigen, daß die durch diese Eigenschaft (mit der Abschwächung x > x0 an Stelle von x ~ x0} charakterisierte Funktionsklasse restlos durch die aus den obigen F(t) durch ~1-Transformation entstehenden f(s) ausgeschöpft wird, so daß wir damit wieder zwei selbständig definierbare Funktionsklassen erhalten, die einander durch die ~-Transformation genau ent­sprechen. Dazu brauchen wir eine Anzahl von Sätzen über diese Funktions­klasse, die in § 1, wiederum ohne Beweis, aufgeführt sind. - Ohne Beschrän­kung der Allgemeinheit werden wir x0 = 0 nehmen. Die Bedingung für F(t) hat dann die Form: F(t) gehört zur Klasse L2(0, oo). Die ~-Transformierten dieser Klasse haben wir schon einmal, und zwar in Satz 1 [8.3], mit Hilfe von Reihenentwicklungen charakterisiert, worauf wir in § 3 und 4 von einem all­gemeineren Standpunkt aus zurückkommen werden.

§ 1. HUfssätze über die Planchereisehe Fourier-Transformation und die Funktionsklasse .ß2

Funktionen, die sich nur auf einer Nullmenge unterscheiden, werden nicht als verschieden gerechnet.

Strebt eine Funktionenschar G,.(x) aus L2( -oo, +oo) für oc-+ oo in dem Intervall -oo < x < +oo im quadratischen Mittel gegen eine Funktion G(x), die dann auch zu L 2(-oo, +oo) gehört, d.h.

+oo I IG,.(x)- G(x) 12 dx-+ 0 für oc -+oo -00

(vgl. S. 27), so schreiben wir:

G(x) = l.i.m. G,.(x).

Page 415: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§I. Planchereisehe Fourier-Transformation und Funktionsklasse $)2 421

Hilfssatz 1194• Ist G(x) eine Funktion aus L2(-oo, +oo), so existiert zu ihr in umkehrbar eindeutiger Weise eine Plancherelsche Fourier-Transformierte g(y), die mit ~2{ G} bezeichnet und kurz ~2-Transformierte genannt sei, und die so definiert ist:

~oc

g(y) = l.i.m. fe-iu G(x) dx = ~2{G} (-oo < y < +oo). OC->-00 -oc

g(y) gehört selbst auch zu L2(-oo, +oo). - Umgekehrt ist jede Funktion g(y) aus L2(-oo, +oo) die ~2-Transformierte einer Funktion G(x) aus L2(-oo, +oo), die man dtlrch die Umkehrformel

+ot

G(x) = l.i.m. --,/n jeio:y g(y) dy = -/;,.,- ~2{g(-y)} OC->-00 -oc

erhält. Hilfssatz 2. In der Bezeichnungsweise von Hilfssatz 1 gilt die Parsevalsehe

Gleichung

-00 -00

Hilfssatz 3. Existiert die Fourier-Transformierte für ein G(x) aus L2(-oo, +oo) im klassischen Sinn, d.h. konvergiert das Integral

+oo

j e-i'Y:x: G(x) dx -00

in -oo < y < +oo überall (oder fast überall), so stimmt es fast überall mit ~2{ G} über ein.

Dies ist eine allgemeine Eigenschaft der Mittelkonvergenz: Existiert lim goc(Y) punktweise fast überall in (a, b) und existiert 1. i. m. goc(Y) in (a, b), so ist fast überall

limgoc(Y) =' l.i.m. goc(y). ~-+00 ~-+00

Definition: Die Klasse der Funktionen f(s) = f(x + i y), die in der Halb­ebene x > 0 analytisch sind und für die

+oo 1 •

m(x) = 2 n j J f(x + i y) J 2 dy ~ M für x > 0 -00

ausfällt*), heiße .f>2. *) Die KonstanteM kann von der Funktion abhängen.

Page 416: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

422 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L 2

HUfssatz 4195 • Eine Funktion f(s) der Klasse f> 2 besitzt für fast alle y eine Randfunktion in dem Sinne

f(i y) = lim f(x + i y), X-++0

die zur Klasse L 2(-oo, +oo) gehört. Sie strebt gegen diese Randfunktion auch im quadratischen Mittel:

f( i y) = 1. i. m. f( x + i y) . X-++0

Außerdem strebt m(x) für x + +0 von unten gegen m(O). HUfssatz 5. Damit eine Funktion f(i y) aus L 2 (-oo, +oo) die Randfunk­

tion einer Funktion f(s) = f(x + i y) aus f> 2 ist, ist notwendig und hinreichend, daß sie die fj 2-Transformierte einer Funktion F(x) aus L 2(-oo, +oo) ist, die für x < 0 verschwindet.

Es kann also nicht jede Funktion aus L2(-oo, +oo) Randfunktion einer Funktion aus f> 2 sein.

Die Klasse f> 2 entspricht der Klasse H 2 bei Potenzreihen und Hilfssatz 4 dem Hilfssatz 2 S. 300. Das Analogon zu Hilfssatz 5 ist trivial: Der Darstel­lung der Randfunktion als fj 2-Transformierte entspricht die Entwicklung der Funktion auf der Kreisperipherie (! = 1 in eine (mittelkonvergente) Fourier-

+oo

Reihe }; Cn einrp. Damit diese an eine im Innern analytische Funktion, die ja n- -oo

00 00

die Form }; Cn zn = }; Cn (!n einrp haben muß, anschließt, ist notwendig und hin-n=O n-0

reichend, daß cn = 0 für n < 0.

§2. Funktionen aus .ß2 als Laplace-Transformierte von Funktionen aus L2(0, oo)

Wir formulieren nun den in der Einleitung des 12. Kapitels angekündigten Satz.

Satz 1196 • a) Notwendigundhinreichend dafür, daß sich eineFunktion f(s) für x > 0 (s = x + i y) als f!-Transformierte einer Funktion F(t) aus der Klasse L2(0, oo) darstellen läßt, ist die Zugehörigkeit von f(s) zu f> 2•

b) Ein solches f(s) besitzt für fast alle y eine Randfunktion

f(i y) = lim f(x + i y), x-++0

gegen die f(x + i y) für x + + 0 auch im quadratischen Mittel strebt:

f(i y) = l.i.m. f(x + i y), x-++0

Page 417: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen aus $)2 als .{!-Transformierte von Funktionen aus L 2 423

und die aus F(t) folgendermaßen entsteht: IX

f(i y) = l.i.m. je-illt F(t) dt. cx~oo 0

Für sie gilt die Parsevalsehe Gleichung

oo +oo

jiF(t)l 2 dt= --}n jlf(iy)l 2dy. 0 -00

c) Der Mittelwert +oo

1 • m(x) = -2-n j lf(x + i y) 12 dy

-00

ist eine für x > 0 logarithmisch-konvexe, beliebig oft dilferenzierbare und abneh­mende vollmonotone Funktion von x und besitzt für x + + 0 den Grenzwert

+oo

-2k- j lf(i Y)l 2 dy. -00

d) Die zu einem f(s) aus i)2 gehörige L-Funktion F(t) läßt sich aus f(s) nach der Umkehrformel berechnen:

+IX

F(t) = e"'t l.i.m. -2 ~ j ett11 f(x + i y) dy IX->-00

-IX

(x ~ 0).

Die rechte Seite ist tiOn x unabhängig. Beweis: Sei zunächst F(t) eine Funktion aus L2(0, oo). Dann ist E{F} = f(s)

für x > 0 absolut konvergent (siehe S. 252). Ferner ist auch

00

/e-2x1 IF(t)l 2 dt für x>O 0

konvergent, so daß nach der (klassischen) Parsevalsehen Gleichung (Satz 1 [6. 2])

oo +oo

(1) fe- 2 x 1 IF(t)l 2 dt=-i-n/lf(x+iy)l 2 dy für x>O 0 -00

00

ist. Die linke Seite ist offensichtlich beschränkt, nämlich ~ r I F(t) 12 dt, also 0

auch die rechte, womit die Zugehörigkeit von f(s) zur Klasse i)2 erwiesen ist. - Wir halten für das Folgende noch fest, daß wegen der Konvergenz

00

von J IF(t) 12 dt nach Satz 1 [3. 5] gilt: u

00 00

je- 2 x1 jF(t)l2dt+j1F(t)12dt für x-++0, 0 0

Page 418: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

424 12. Kap.: Die. Lap!ace-Transformation von Funktionen der Klasse L2

so daß wir haben: 00

m(x)-+/IF(t)l 2 dt für x-++0. ö

Definieren wir F(t) auch für negative t, und zwar durch den Wert 0, so ge­hört F(t) zu L2(-oo, +oo). Nach Hilfssatz 1 existiert dann die Funktion !j2{F}, die wir mit f(i y) bezeichnen:

Cl.

(2) f(i y) = l.i.m.j"e-ivt F(t) dt. ('X-).00 ü

Nach der Parsevalsehen Gleichung (Hilfssatz 2) ist

oo +oo

_l1F(t)l 2 dt= 2~ / lf(iy)l 2dy, 0 -00

so daß m(x) für x -+ + 0 auch gegen den rechts stehenden Ausdruck strebt. Wir behaupten nun, daß f(i y) die Randfunktion von f(s) ist. Zunächst

können wir nach Hilfssatz 3 die .B-Transformierte f(s) (x > 0) auch als lj2-Transformierte schreiben, da e-xt F(t) zu L2(-oo, +oo) gehört (F(t) = 0 für t < 0):

00 Cl.

(3) f(s) = f(x + i y) =I e-i!lt [e-xt F(t)] dt = 1. i. m. I e-ivt [e-xt F(t)] dt für x > 0. 0 <X---+OO u

Somit ist f(x + i y) - f(i y) = !j 2{ (e-xt- 1) F(t)}

und daher nach der Parsevalsehen Gleichung

+oo oo 1 .. .. z-n j lf(x+iy)-f(iy)l 2dy=j(e-"' 1 -1) 2 IF(t)l2dt.

-00 u

Die rechte Seite strebt für x -+ 0 gegen 0. Denn zu gegebenem e > 0 kann man T so groß wählen, daß

00 00

I (1- e-"' 1) 2 IF(t) 12 dt-:;;;;, .r IF(t) 12 dt < i T T

ist; sodann kann man~> 0 so bestimmen, daß für 0 < x < ~ T T

/(1- e-"' 1) 2 IF(t)l 2dt-:;;;;, (1- e- 6T) 2 jiF(t)l 2 dt <; 0 0

ausfällt; dann ist

00

/(1- e-"' 1) 2 IF(t)l 2dt < e für 0 < x < C>. 0

Page 419: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen aus ~2 als !!-Transformierte von Funktionen aus L 2 425

Also ist auch +oo

2~ jJf(x+iy)-f(iy)J 2 dy-+0 für x-+0. -oo

Das bedeutet aber f(i y) = l.i.m. f(x + i y).

x-+0

Andererseits hat f(x + i y) als Funktion aus ~2 nach Hilfssatz 4 eine Rand­funktion, gegen die sie auch im quadratischen Mittel strebt. Also muß f(i y) diese Randfunktion sein.

Die übrigen unter c) genannten Eigenschaften von m(x) sind bereits in Satz 2 [6.2] bewiesen. - Kehren wir schließlich die lj2-Transformationen (2) und (3) auf Grund von Hilfssatz 1 um, so erhalten wir für F(t) den in d) ge­nannten Ausdruck.

Dürfte man in diesem Ausdruck den Faktor ea:t mit I. i. m. vertauschen und unter das Integral verschieben, so bekäme man eine zur klassischen Umkehr­formel völlig analoge Formel. Das ist jedoch für f(s) $ 0 nicht statthaft, denn man kann zeigen, daß

+<X

ea:t J eil !I f(x + i y) dy -<X

für gewisse a. nicht zu L 2(0, oo) gehört197,

Nun setzen wir umgekehrt voraus, daß die Funktion f(s) zur Klasse ~2

gehört. Nach Hilfssatz 4 besitzt sie für x -+ + 0 eine Randfunktion f(i y) aus L2(-ex>, +ex>), die infolgedessen nach Hilfssatz 1 die lj2-Transformierte einer Funktion F(t) aus L2(-ex>, +ex>) ist, die sich so darstellen läßt:

+<X

(4) F(t) = l.i.m. -z-~·-J eit11 f(i y) dy, <X~OO -<X

und von der man nach Hilfssatz5 aussagen kann, daß sie für t < 0 verschwindet:

(5) F(t)=O für t<O.

:M:it der so gewonnenen Funktion aus L2(0, ex>) bilden wir nun das ß-Integral

00

/*(s) =fe-st F(t) dt, 0

das für x > 0 absolut konvergiert (siehe oben), und behaupten, daß es mit unserer Ausgangsfunktion f(s) übereinstimmt. Hierzu bemerken wir zunächst, daß durch Anwendung von Hilfssatz 1 auf (4) und Beachtung von (5) folgt:

<X

(6) f(i y) = l.i. m. {e-i!lt F(t) dt. (X~OO Ö

Page 420: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

426 12. Kap.: Die Laplace-Transfonuation \"Oll Funktionen der Klasse L 2

Nun wurde oben (S. 424) gezeigt, daß die durch (6) definierte Funktion die Randfunktion des mit F(t) gebildeten i!-Integrals, also in der gegenwärtigen Bezeichnung: der Funktion f*(s), ist. Andererseits war ursprünglich f(i y) ein­geführt als Randfunktion von f(s). Mithin haben f(s) und f*(s) dieselbe Rand­funktion. Wir betrachten nun die Funktion f(s) -f*(s). Da f(s) nach Voraus­setzung und f*(s) nach dem Ergebnis zu Anfang des Beweises (S. 423) zu ~2

gehören, so gilt auf Grund der Minkowskischen Ungleichung (Anhang Nr. 11)

( +oo )1/"/.

_l\f(x + i y) --f*(x + i y) 12 dy,

dasselbe für /(s) -f*(s). Weilletztere Funktion die Randfunktion 0 hat, strebt nach Hilfssatz 4 der Ausdruck

+oo

1 j"\f(x + i y) -f*(x + i y) \2 dy 2n •

-··00

für x-+ + 0 von unten gegen 0. Da er ~ 0 ist, muß er identisch 0 sein, woraus bei jedem festen x > 0 für fast alle y folgt: f(x + i y) = f*(x + i y). Weil beide Funktionen analytisch sind, sind sie überhaupt identisch.f(s) ist demnach als i!-Transformierte einer Funktion F(t) aus L2(0, oo) darstellbar.

Da die Funktionen der Klasse $)2 durch absolut konvergente i!-Integrale dargestellt werden, so sind sie aller Eigenschaften solcher Integrale teilhaftig. So folgt z.B. aus Satz 8 [3. 6]:

Satz 2198 • Eine Funktion der Klasse ~2 strebt in federHalbebene x ~ x0 > 0 gegen 0, wennszweidimensional gegen oo sttebt.

Der Korrespondenz der Klassen L2(0, oo) und ~2 haftet insofern eine Un­symmetrie an, als eine Funktion f(s) aus ~2 in der Halbebene 9ls > 0 analytisch ist und auffederVertikalen 9ls = x > 0 zur Klasse L2(-oo, +oo) gehört, wäh­rend die zugehörige Funktion F(t) nur auf dem einen Strahl t > 0 definiert ist und nur dort zur Klasse L2(0, oo) gehört. Das liegt daran, daß f(s) durch ein einseitiges .s::!-Integral dargestellt wird, das, wenn überhaupt irgendwo, so gleich in einer Halbebene konvergiert, während F(t) vermittels f(s) durch ein zwei­seitiges Fourier-Integral, das nur auf einer Geraden zu konvergieren braucht, dargestellt wird. Nun kann man aber dieses zweiseitige Integral in zwei ein­seitige zerlegen, diese als .s::!-Integrale deuten und auf sie die vorigen Ergebnisse anwenden. Wir führen diese Idee gleich für den allgemeineren Fall durch, daß die Funktion F(t) zu L2(-oo, +oo) gehört.

Page 421: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen aus f> 2 als i!·Transforrnierte von Funktionen aus L2 427

Satz 3 199 • Gehört die Funktion G(x) zur Klasse L2(-oo, +oo), so läßt sie sich in der Form darstellen:

G(x) = G+(x) + G_(x),

wo G+(x) zu L2(-oo, +ex>) gehört und der Randwert einer für .3z > 0 analytischen Fttnktion G+(z) = G-;-(x + i y) ist, für die gilt:

+oo

(7) /iG+(x+iy)i 2 dx~M für y>O; -00

G+(z) strebt gegen G+(x) für y-+ +0 punktweise und auch in (--oo, +oo) t"m quadratischen Mittel. Ebenso gehört G_(x) zu L2(-oo, +oo) und ist der Rand­wert einer für .3z < 0 analytischen Funktion G_(z), für die gilt:

+oo

/IG_(x+iy)i 2 dx~M für y<O. -00

G _(z) strebt gegen G _(x) für y -+ -0 punktweise und auch im quadratischen Mittel.

Beweis: Nach Hilfssatz 1 gehört zu G(x) eine Funktion g(y) = (J2{ G} aus L2(-oo, +oo), vermittels deren sich G(x) in der Form

1-C<

(8) G(x) = l.i.m. }n- ( ei"'t g(t) dt ct-+00 "" -cx

darstellen läßt. Hierbei ist x reell. Wir betrachten nun bei komplexem z = x+iy das Integral

00 00

--i-n-/ eizt g(t) dt = z\, {e-(v-ix)t g(t) dt, 0 0

das ein ~-Integral mit der Variablen s = y- i x ist und, da g(t) zu L2(0, oo) gehört, nach Satz 1 eine Funktion h(s) = h(y - i x) der Klasse ~2 darstellt, die infolgedessen die Ungleichung

+oo

/ I h(y - i x) 12 dx ~ M für y > 0 -00

erfüllt und gegen eine Randfunktion h(- i x) aus L2(-oo, +oo) sowohl punkt­weise wie im quadratischen Mittel strebt. Diese läßt sich so darstellen:

" h(- i x) = l.i.m. -}n- r ei"'t g(t) dt.

ct-+00 ö

Page 422: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

428 12. Kap.: Die Laplace-Transfonnation von Funktionen der Klasse L 2

Setzt man h(y- i x) = h(s) = h(-i z) = G+(z) und h(- i x) = G+(x), so be­deutet dies, daß G+(z) für y > 0 analytisch ist, der Ungleichung (7) genügt und für y -+ + 0 gegen die Randfunktion

+cx

(9) 1 ..

G+(x) = l.i.m. --z-n j eia:t g(t) dt cx-+oo Ö

punktweise und im quadratischen Mittel strebt. Analog konstruiert man eine Funktion G _(z) mit der Randfunktion

0

(10) G_(x) = l.i.m. 21n {ei"'' g(t) dt.

cx~oo ._. -cx

Nach (8). (9) und (10) ist dann

G(x) = G+(x) + G_(x).

Aus diesem Satz kann man für Funktionen aus L 2(0, oo) den folgenden ableiten:

Satz 4. Gehört die Funktion F(u) zur Klasse L2(0, oo), so läßt sie sich in der Form darstellen:

F(u) = F+(u) + F_(u),

wo F+(u) zu L2(0, oo) gehört und der Randwert einer für arcw > 0 (auf der RiemannschenFläche des Logarithmus) analytischen Funktion F+(w) ~= F+(u + i v) ist, für die gilt:

00 I !F+(r ei'~') 12 dr ~ M für rp > 0; ()

F+(w) strebt für arc w -+ 0 gegen F+(u) sowohl punktweise als auch im quadrati­schen Mittel:

00 r IF+(r ei'P)- F+(r) 12 dr-+ 0 für rp-+ +0. u

Ebenso gehört F_(u) zu L 2(0, oo) und ist der Randwert einer für arc w < 0 ana­lytischen Funktion F_(w). für die gilt:

00 I IF- (r ei'~') 12 dr ~ M für rp < 0; 0

F_(w) strebt für arc w -+ -0 gegen F_(u) sowohl punktweise als auch im quadrati­schen Mittel.

Page 423: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen aus .f>2 als .2-Transiormierte von Funktionen aus L 2 429

Beweis: Setzt man w = r ei'~', z = x + i y und w = e•, so ist r = ex, cp = y. Mit der Bezeichnung e''2 F(e') = G(r) ist

oo +oo +oo

I1F(u)l 2 d~t= / e'IF(e')l 2dr= I IG(r)l 2 dr, 0 -00 -00

d.h. wenn F(u) zur Klasse L2(0, oo) gehört, so gehört G(x) (x reell) zur Klasse L2(-oo, +oo). Nach Satz 3 gilt also G(x) = G+(x) + G_(x), wo G+(x) die Rand­funktion einer für y > 0 analytischen Funktion G +(z) ist, für die gilt:

+oo

I IG+(x+iy)l 2 dx~M für y>O. -00

Definiert man F+(w) durch G+(z) = e•f2 F+(e"), so ist F+(w) für arcw = cp > 0 analytisch und

also

+oo +oo oo

I IG+(x+iy)l 2dx= I exiF+(ex+iY)I2dx=IIF+(rei'~')l2dr, -00 -00 0

00 r IF+(r ei'P) 12 dr ~ M für Cf> 0. 0

Ebenso beweist man auf Grund der analogen Eigenschaften von G +(z), daß F+(w) gegen die durch exf2 F+(ex) = G+(x) definierte Funktion F+(u) punkt­weise und im quadratischen Mittel strebt. - Auf gleiche Weise ergibt sich aus G_(x) die Funktion F_(u).

Die Funktion m(x)

Satz lläßt sich leicht so verallgemeinern: Wenn e-x,t F(t) zu L 2(0, oo) ge­hört, so konvergiert l!{F} = f(s) = f(x + i y) für x > x0 absolut und für X= x0

im Sinne der Mittelkonvergenz. Gegen die dadurch definierte Funktion f(x0 + i y) strebt f(x + i y) für x + x0 + 0 punktweise und im quadratischen Mittel. Die Gesamtheit aller so entstandenen Funktionen f(s) ist identisch mit der Klasse f> 2(x0) der für x > x0 analytischen Funktionen, für die

+oo

m(x)= 21n (1f(x+iy)l 2 dy~M für x>x0

-00

ausfällt. Für x ~ x0 gilt die Parsevalsehe Gleichung

00 +00

(11) I e- 2 xt IF(t) 12 dt = -21;n; I lf(x + i y) 12 dy = m(x),

0 -oo

so daß m(x) für x ~ x0 logarithmisch konvex ist und monoton abnimmt.

Page 424: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

430 12. Kap.: Die Laplace· Transformation von Funktionen der Klasse L 2

Nun hatten wir S. 252 als Quadratabszisse u2 die untere Grenze derjenigen x definiert, für die die linke Seite von (11) konvergiert; für x > u2 galt die Glei­chung (11). Es hatte sich damals die Frage erhoben, ob man bei der Definition von u2 und der Gültigkeit von (11) auch umgekehrt von einer .2-Transformier­ten oder sogar von einer beliebigen in einer Halbebene analytischen Funktion f(s) ausgehen kann, für die die rechte Seite von (11) in dieser Halbebene existiert. Diese Frage können wir jetzt umfassend auf Grund des Obigen so beantworten:

Dann und mtr dann, wenn m(x) für eine in x > x0 analytische Funktion f(s) vorhanden und beschränkt ist, ist f(s) die .2-Transformierte einer Funktion F(t), für die die linke Seite von (11) (im Lebesgueschen Sinn) für x > x0 existiert und die Gleichung (11) für x > x0 gilt. Nach Satz 4 [3. 5] existiert dann die linke Seite von (11) sogar für x = x0 , und (11) gilt auch für x = x0 , wenn man rechts die (sicher existierende) Randfunktion von f(s) für x = x0 einsetzt. Die Quadratabszisse u2 kann also auch als die ttntere Grenze der x definiert werden, für die die rechte Seite von (11) existiert und beschränkt ist.

Es gibt natürlich .2-Transformierte f(s), für die m(x) an keiner Stelle exi­stiert, z. B. F(t) = IfVn t, f(s) = IJVS. Hier konvergiert

für kein x. Entsprechend konvergiert auch

für kein x. oo

Wenn umgekehrt j e-2"' 1 !F(t) 12 dt für kein x konvergiert, so kann das, 0

falls f(s) = .2{F} existiert, für f(s) zweierlei bedeuten: Entweder existiert m(x) für kein x wie in dem vorigen Beispiel; oder m(x) existiert zwar in einer Halb­ebene x > x0 , ist aber in keiner Halbebene beschränkt*). Da aber m(x) in jedem Streifen von endlicher Breite x0 < ~0 ~ x ~ ~1 < oo beschränkt ist, so kann das nur daher rühren, daß m(x) -+ oo für x-+ +oo. Dies ergibt sich aus fol­gendem allgemeinen

*) Dafür, daß m(x) in einer Halbebene x > x0 existiert und in dieser nicht beschränkt ist, lassen sich leicht Beispiele konstruieren. Man braucht nur F(t) so zu wählen, daß e-x,t F(t)

nicht zu L2(0,oo) gehört, wohl aber e-xl F(t) für x > x0. In dem Beispiel F(t) = 1, f(s) = 1/s, x0 = 0 ist für x > 0:

oo +oo +oo

)• 1 l 1. 1 I dy 1 e-2xtjF(t)j2dt= 2~' Z:n- jt(x+iy)j2dy= in -:;,2+y~=-2-x'

0 -oo -oo

also m(x) nicht beschränkt.

Page 425: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Funktionen aus ~2 als .{!-Transformierte von Funktionen aus L 2 431

Hilfssatz200 : Wenn f(s) in dem Streifen x0 < x < x1 analytisch und in J"edem Teilstreifen x0 + ~ ;;;::; x ;;;::; x1 - ~ gleichmäßig von beschränkter Ordnung ist (siehe S. 178), und wenn m(x) für zwei Werte Eo und E1 mit x0 < Eo < E1 < x1

existiert, so ist logm(x) in Eo ;;;::; x ;;;::; E1 eine konvexe Funktion von x. Da f(s) = E{F} nach Satz 12 [3. 6] für x ~ ß + e höchstens von der Ord­

nung 1 ist, so ist dieser Satz auf unseren obigen Fall anwendbar und ergibt die Beschränktheit von m(x) in Eo;;;::; x;;;::; E1 •

Wir fassen zusammen: Satz 5. f(s) sei eine E-Transformierte mit der Konvergenzabszisse ß und der

Abszisse endlicher Ordnung*) H. Es kann sein, daß m(x) für f(s) an keiner Stelle x existiert. Ist aber m(x) in einer Halbebene x ~ Eo vorhanden, so ist, wenn Eo > ß oder allgemeiner Eo > H ist, m(x) in J"edem Streifen Eo ;;;::; x ;;;::; E1 be­schränkt. Für das Verhalten von m(x) j1:ir x + +oo gibt es dann nur zwei Mög­lichkeiten: Entweder ist m(x) in einer Halbebene beschränkt, dann strebt**) m(x) monoton gegen 0 für x + oo; oder m(x) ist in keiner Halbebene beschränkt, dann strebt m(x) monoton***) gegen oo für x + oo.

Problem: Kann der Fall, daß m(x) für eine E-Transformierte in einer Halbebene existiert, aber für x + oo über alle Grenzen wächst, tatsächlich vorkommen? Zur Illustration sei bemerkt: Wenn m(x) in einer Halbebene be­schränkt ist, so ist E{F} in deren Innern absolut konvergent. Bei einem E{F}, das keine Halbebene absoluter Konvergenz besitzt, ist also entweder m(x) in keiner Halbebene vorhanden oder, wenn vorhanden, dann nicht beschränkt. V gl. auch das Problem S. 452.

Die Funktion m(x) ähnelt in vieler Beziehung der S. 183 definierten Funk­tion M(x) und die Quadratabszisse '"'2 der Beschränktheitsabszisse ?7· Das vorige Problem wäre sehr einfach zu erledigen, und zwar im negativen Sinne, wenn m(x) wie M(x) die Eigenschaften hätte: Existiert m(E) für einE> ß oder allgemeiner für einE > H, so existiert es auch für x > E. und es ist m(x) ;;;::; m(E).

Im Falle, daß m(x) in einer Halbebene existiert und beschränkt ist, verhält es sich außerordentlich übersichtlich, da es nach (11) mit der E-Transformierten der positiven Funktion I F(t) 12 für s = 2 x übereinstimmt. Aus Satz 8 [3. 8]

00

ergibt sich, da die obere Grenze von r e- 2s t I F(t) 12 dt auf 9ts = X gleich 00 ö / e- 2 '"tiF(t)! 2 dtist: 0

Satz6. Für f(s) = E{F}sei der Mittelwert m(x) in einer Halbebene beschränkt. Dann existiert lim log m(x)/(2 x) und ist stets ;;;::; 0. Dieser Grenzwert ist gleich

X-->-00

der Beschränktheitsordmmg von E{IFI 2}.

*) Vgl. S.350; H kommt hier nur in Frage, wenn die Holomorphiehalbebene von f(s) größer als die Konvergenzhalbebene ist.

**) Auf Grund von (11). ***) Als (logarithmisch-) konvexe Funktion.

Page 426: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

432 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L2

§ 3. Metrisierung der Räume L2(0, oo) und .ß2 • Korrespondenz zwischen mittelkonvergenten Reihen für F(t) und absolut konvergenten Reihen

für /(s) als Konsequenz der Parsevalsehen Gleichung

Wir sind jetzt in der Lage, den Betrachtungen von S. 254 eine definitive Form zu geben. Der Raum L 2(0, oo) wird metrisiert durch die Abstandsdefini­tion (siehe S. 26)

(1)

Im Raum 4)2 ist jede Funktion f(s) analytisch für 91s > 0, hat aber für 91s ++ 0 eine Randfunktion f(i y) aus L 2(-oo, +oo), so daß man s.) 2 metrisieren kann durch die Definition

(2) ( +00 )1/2

d(fl, /2) = -in _.L if(i Y) 12 dy

Für zwei Funktionenpaare, die durch die 2-Transformation einander zuge­ordnet sind, gilt nach der Parsevalsehen Gleichung (Satz 1 [12. 2]):

(3)

Die 2-Transformation stellt also im Raume L 2(0, oo), einem Teilraum des L­Bereichs, eine isometrische Abbildung dar. Hieraus folgt sofort, daß sie in diesem Raum eine stetige Funktionaltransformation ist.

Bei dieser Gelegenheit sei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß die 2-Transformation im allgemeinen nicht stetig ist. Weder der L- noch der l-Raum ist metrisiert. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als den Konver­genzbegriff in beiden Räumen im Sinne der gewöhnlichen punktweisen Kon­vergenz aufzufassen. (In den Anwendungen, z. B. bei Randwertproblemen, ist das der naturgemäße und durch die Aufgabe selbst geforderte Begriff.) Daß dann die 2-Transformation nicht in allen Punkten des L-Raumes stetig ist, zeigt folgendes Beispiel :

Die Schar von L-Funktionen

"P(~. t} = ~-- e-1/(4n't) n 2 Vn n t3f2

(n = 1, 2, ... ; t > 0)

strebt für n + oo gegen die Funktion = 0. Die zugehörigen I-Funktionen

(9ts > 0)

streben aber nicht gegen 2{0} = 0, sondern gegen die Funktion= 1.

Page 427: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Metrisierung der Räume L2(0, oo) und .s,)2 433

Die Tatsache, daß aus d(F, Fn) -+ 0 auf Grund von (3) folgt: d(f, fn) -+ 0, bedeutet in der Sprache der gewöhnlichen Analysis, daß einer im Mittel gegen F(t) konvergierenden Folge Fn(t) eine im Mittel gegen die Randfunktion f(i y) = iJ2{F} konvergierende Folge von Randfunktionen fn(i y) = iJ2{ Fn} entspricht. Für die ~-Transformierten f(s) und fn(s) im Innern der Halbebene 9ts > 0 folgt nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung (Anhang Nr. 9):

ioo

lf(s)- f,.(s) 12 =, j'e-st [F(t)- F"(t)] 2 dt I • 'Ü

00 00

-;2 / e- 2 ~·t dt J IF(t) - F,,(t) 12 dt = d 2 ~~:n) 0 0

so daß die Folge fn(s) für 9ts > 0 punktweise gegen f(s) konvergiert. Damit ergibt sich:

Satz 1. Ist F(t) eine Funktion aus V(O, oo) und F11(t) eine für n-+ oo gegen sie im Mittel konvergierende Folge von Funktionen aus L 2(0, oo), so gilt für die zu ~2 gehörigett Funktionen f(s) = ~{F} und f,.(s) = ~{ Fn}: Die Randfunktionen fn(i y) konvergieren für n -+oo im Mittel (auf dem Intervall -oo < y < +oo) gegen die Randfunktion f(i y), während für 9ts > 0 die Funktionen f11(s) punkt-weise gegen f(s) konvergieren. 00

Sind die F11(t) die Partialsummen einer unendlichen Reihe .E qn <P11(t), so nimmt Satz 1 die Gestalt an: n-o

Satz2 201 • Eine gegen eineFunktionF(t) aus V(O, oo) im Mittel konvergierende 00

Reihe .E qn ifJ11(t) von Funktionen aus L 2(0, oo) geht durch gliedweise ~-Trans-n-o 00

formation über in eine Reihe .E q,. cp,.(s) von Funktionen aus f> 2, die für 9ts > 0 n-0

im gewöhnlichen Sinn gegen f(s) = ~{F} und für 9ts = 0 im Mittel gegen die Randfunktion f(i y) von f(s) konvergiert.

In diesem Fall ist also die im allgemeinen so schwierig zu behandelnde Frage, ob die Reihe für F(t) gliedweise transformiert werden kann, ohne weiteres be­jahend zu beantworten.

Natürlich gilt auch die Umkehrung, daß jeder im Mittel gegen eine Rand-co

funktion f(i y) konvergierenden Reihe von Randfunktionen .E q.n cp11(i y) eine oo n-0

für 9ts > 0 gegen f(s) absolut konvergierende Reihe .E qn cp,.(s) und eine im oo n-0

Mittel gegen F(t) konvergierende Reihe .E q,. ifJ,.(t) entspricht. n-0

Doetsch 1/28

Page 428: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

434 E!. Kap.: Die Laplace-Transfonnation Yon Funktionen der !~lasse L 2

§ 4. Korrespondenz zwischen Orthogonalfunktionen im Intervall

0 ~ t < oo und solchen im Intervall -oo < y < +oo als Konsequenz

der verallgemeinerten Parsevalsehen Gleichung

Die Parsevalsehe Gleichung kann nach dem Muster des Beweises von Satz 3 [6. 1] auf Paare von Funktionen folgendermaßen verallgemeinert werden:

Satz 1. Gehören F1(t) und F2(t) zu L2(0, oo) und sind / 1(s) und / 2(s) die ihnen durch die S!--Transiormation zugeordneten Ftmk#onen aus ~2, so gilt die verall­gemeinerte Parsevalsehe Gleichung

Hieraus folgt sofort: Satz 2. Sind zwei Funktionen F1(t) nnd F2(t) aus L 2(0, oo) im Intermll

0 ~ t < oo orthogonal, d. h.

so sind die Rand/unktionen der ihnen durch die S!,- Transiormation zugeordneten Funktionen / 1(s) und / 2(s) aus ~ 2 orthogonal im Intervall -oo < y < +oo, d.h.

-=

Aus einem normierten Orthogonalsystem von Funktionen (/>n(t) im Intervall 0 ~ t < oo:

wird durch die f!--Transformation ein normiertes Orthogonalsystem von Funk­

tionen (1/VZ n) 'Pn(i y) im Intervall -00 < y < +oo:

für m =!= n

für m = n,

wofür wir bereits S. 304 ein Beispiel kennengelernt haben. Wenn man sich nur für die Orthogonalfunktionen 'Pn(i y) und nicht für

die ihnen zugeordneten analytischen Funktionen 'Pn(s) interessiert, so kann man die f!--Transformation beiseite lassen und die 'Pn(i y) als ~2-Transfor­

mierte der Funktionen (/>n(t) erklären, die man für t < 0 gleich 0 definiert hat.

Page 429: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Korrespondenz zwischen Orthogonalfunktionen 435

Ist das System der @n(t) im Intervall 0 ~ t < = vollständig (Anhang Nr. 50), d.h. gibt es keine Funktion F(t) =:= 0 aus P(O, =),so daß

/ F(t) tPn(~ dt = 0 für 1t = 0, 1, 2, ... ö

ist, so kann es auch keine Funktion aus ~2 geben, so daß ·-:-00

j f(i y) ff!n(i y) dy = 0 für n = 0, 1, 2, ...

ist. Das System der ff!n(i y) ist also im Intervall -= < y < += vollständig hinsichtlich der Randfunktionen aus ~2, aber nicht hinsichtlich der Klasse P(-=, +=),da nach Hilfssatz 5 [12. 1] nicht jede Funktion dieser Klasse Randfunktion in ~2 sein kann 202•

Aus Satz 2 [12. 3] mit seiner Umkehrung und Hilfssatz 1 [8. 3] ergibt sich nun:

Satz 3. Es liege ein vollständiges, normiertes Orthogonalsystem von Funk­tionen @n(t) aus P(O, =)vor. Jede Funktion F(t) aus P(O, =)läßt sich in eine

00 00

in 0 ~ t < = mittelkonvergente Reihe J; qn @n(t) mit konvergenter J; I qn 12 ent-n~o n~O

wickeln. Die entsprechende Funktion f(s) = E{F} aus ~2 wird fiir 91s > 0 durch 00

die absolut konvergente Reihe J; qn ff!n(s) dargestellt; für s = i y konvergiert die n~o

Reihe im Mittel gegen die Randfunktion f(i y). Umgekehrt: Liegt ein normiertes Orthogonalsystem von Funktionen (1JV2 :n:) ff!n(i y) von Randfunktionen aus ~2

vor, das hinsichtlich der Randfunktionen aus ~2 vollständig ist, so ist jede Funk-co 00

tion aus ~2 in eine absolut konvergente Reihe J; qn ff!n(s) mit konvergenter J; I qn 12 n~O n~O

entwickelbar. Die vermöge E{F} = f(s) entsprechende Funktion F(t) aus P(O, =) 00

wird durch J; qn @n(t) im Mittel dargestellt. Es gilt die Parsevalsehe Gleichung n~O

oo +oo

/ IF(t) 12 dt = -z\- / lf(i y}j2 dy = ~~qnl 2 • 0 -oo

Über die Funktionen ff!n(s) selbst lassen sich folgende Aussagen machen: Satz 4. Die Funktionen @n(t) aus L 2(0, =) mögen ein vollständiges, nor­

miertes Orthogonalsystem in 0 ~ t <=bilden. Für die Funktionen ff!n(s) = E{ @n} 00

gilt dann: J;! ff!n(s) 12 ist konvergent für 91s > 0, und es ist n~O

00 1 ..EifPn(s)l 2 = ·z-\iis fiir 91s > 0. n~o.

e-•t besitzt die <<bilineare Entwicklung)>

e-•t = I.i.m.f@.(t) ff!.Cs). n~oo ~·""--0

Page 430: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

436 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L2

Sind die tPn(t) reell, so lautet die Entwickltmg:

" e-• t = 1. i. m. L' tP.(t) q;,.(s). n~oo v=O

Beweis: Aus

folgt:

00 J e-•t tPn(t) dt = IJYn(s) 0

00

j e-•t tPn(t) dt = IJYn(s) 0

00

und ( e-•t t/>~(t)dt = ~~(s). ö

Da e-•t für 9ls > 0 zu V(O, oo) gehört, kann die letzte Gleichung dahin ge­

deutet werden, daß IJYn(s) der <<Fourier-Koeffizienh von e- st hinsichtlich des Orthogonalsystems tPn(t) ist. Nach der Parsevalsehen Gleichung für Orthogonal­entwicklungen (Hilfssatz 1 [8. 3]) ist

woraus die erste Behauptung folgt. Die Funktion e- st wird nach Hilfssatz 1 [8. 3] im Mittel durch 00 ____ _

L' IJYn(s) t/>"(t) n~O

dargestellt. Ist tPn(t) reell, so ist nach der obigen Gleichung IJYn(s) = IJYn(s). Die absolut konvergente Entwicklung von Satz 3:

00

j e-st F(t) dt = L' qn q;"(s) Ö n-0

kann übrigens als verallgemeinerte Parsevalsehe Gleichung für Orthogonal­entwicklungen, angeschrieben für das Funktionenpaar e-•t und F(t), gedeutet werden. Man kann sie auch erhalten, indem man die bilineare Entwicklung in der Form n

e-st = l.i.m.L'tP~(t) q;,.(s) n~oo v=O

formal mit F(t) multipliziert und gliedweise integriert:

~ 00 00 00 I e-8 t F(t) dt = L' q;.(s) r F(t) 4i.(t) dt = L' q. IJY.(s). Ö v-0 Ö v~O

* * * Zu den allgemeinen Sätzen von § 3 und 4 vergleiche man den S. 297-305

ausführlich behandelten Spezialfall

Page 431: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 5. Verallgemeinerte Parsevalsehe Gleichung 437

§ 5. Verallgemeinerte Parsevalsehe Gleichung, Umkehrformel zum Faltungssatz, Laplace-Transformierte eines Produkts und Cauchysche

Formel für Funktionen aus L2(0, oo)

In 6. 2 bis 6. 4 stellten wir eine Reihe von Formeln auf, die neben der Zugehörigkeit von e-a:t F(t) zu L 2(0, oo) immer noch die zu Ll(O, oo) ver­langten, also, wenn man lediglich weiß, daß e-"•1 F(t) zu L2(0, oo) gehört, nur für x > x0 gesichert sind. Wir können jetzt diese Formeln auch für x = x0

aussprechen. Sie sind alle mit der Parsevalsehen Formel äquivalent und be­dürfen keines neuen Beweises.

Satz 1. Gehören e-s,t F 1(t) und e-s,t F 2(t) zu L 2(0, oo) und sind ft( s1 + i y) und f2 (s2 + i y) die Randfmzktionen von f1(s) = ~{ F1} und IB(s) = ~{ F2}, so ist

00 TOO

I e-<s,+S.lt F1(t) F~(t) dt = -2\." I f1(s1 + i y) j~(s2-+ i y) dy 0 -00

(verallgemeinerte Parsevalsehe Gleichung). Satz 2. Gehören e-a:t F1(t) und e-a:t F2(t) zu L2(0, oo) und sind ft(x + i y),

/ 2 (x + i y) die Randfunktionen von f1(s) = ~{F1}, f2(s) = ~{ F2}, so ist für t ~ 0:

t :r+ioo

F1 * F2 =I F 1(-r) F 2(t- -r) d-r = -i~z / e18 f1(s) IB(s) ds 0 :r-ioo

( Umkehrformel zum F altungssatz). Satz 3. Unter der Voraussetzung von Satz 2 ist

x+ioo

j II(s) IB(s) ds = 0 .x-ioo

und insbesondere

.x+ioo +oo

{ f~(s)ds=O, d.h. / [ft(x+iy)]2dy=0. %~00 -00

Satz 4. Gehören e-:r,t F 1(t), e-"•1 F 2(t) zu L 2(0, oo) und sind f1(x1 + i y), f2(x2 + i y) die Randfunktionen von f1(s) = ~{ F 1}, f2(s) = ~{ F 2}, so ist für 9ts = xl + x2:

(~-Transformation eines Produkts). Die Funktion e-••1 mit 9150 > 0 gehört zu L 2(0, oo), ihre ~-Transformierte

ist 1/(s + s0). Setzen wir in Satz 4 (zweite Formel) speziell F1(t) = e-•·1, F2(t)

Page 432: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

438 1:!. Kap.: Die Laplace-Transfonnation ,·on Funktionen der Klasse L 2

gleich einer beliebigen Funktion F(t) aus L2(0, =),also x1 = x2 = 0, und oben­drein s = 0, so ist die linke Seite gleich f(s0), und wir erhalten:

Satz5. Gehört F(t) zu L2(0, =)-und ist f(i y) die Randfunktimt 1•on f(s) = .2{F}, so ist

-100

(Cauchysche Integralformel). Jede Funktion a·us f> 2 läßt sich also in dieser Form durch ihre Randfunktion darstellen.

Man vergleiche hierzu Satz 11 [3. 6] und Satz 4 [5. 1] _Daß das Cauchysche Integral für 9ts0 < 0 den Wert 0 hat, folgt sofort aus Satz 3, weil 1/(s0 - s) die E-Transformierte der Funktion - es,t ist, die für 9ts0 < 0 zu L 2(0, =) gehört.

Daß sich zu der für '!Rs > 0 absolut konvergenten .!:!-Transformierten f(s) einer Funktion aus L 2(0, oo) auch für '!Rs = 0 eine Funktion f(i y) als \)' 2-Trans­formierte der für t < 0 gleich 0 gesetzten Funktion F(t) definieren läßt, und daß dann f(s) in der Cauchyschen Weise für '!Rs > 0 vermittels f(i y) dargestellt werden kann, folgt allein aus der Theorie der \3' 2- Transformation. Zu dem Beweis aber, daß /(s) jede Funktion aus ,f) 2 sein darf und daß f(i y) ihre Randfunktion (im Sinne der Mittelkonvergenz) ist, braucht man die Hilfssätze 4 und 5 [12.1], zu deren Beweis die Cauchysche Formel bereits benötigt wird. Für die Funktionen aus ,f) 2 ist also die obige Ableitung nicht als ein neuer Beweis der Cauchyschen Formel anzusehen.

§ 6. Eine Umkehrformel für die Laplace-Transformation,

die die Werte von /(s) auf der reellen Achse benutzt

Für das Folgende brauchen wir zwei Hilfssätze aus der Theorie der Plan­cherelschen Fourier-Transformation tP-

Hilfssatz 12°3 • Wenn G1(x) und G2(x) zu L 2(-=, +=)gehören und ~2{G1} = g1(y), ~2{G2}= g2(y) ist, so gilt für die Faltung

+oo

G1 * G2 = / G1(;) G2(x- ;) d; -00

die Beziehung: +oo

Gl * G2 = 21n j ei"'!l gl(Y) g2(Y) dy -00

( Umkehrformel zum F altungssatz). Beweis: Nach dem Muster von S. 250 kann man folgende Ableitung durch­

führen: Aus der speziellen Parsevalsehen Gleichung in Hilfssatz 2 [12. 1] folgt die allgemeine:

+oo +OO . --·- 1 . -~-

_/ G1(;) G2(;) d; = -z:;t j g1(Y) g2(y) dy. -00 -00

Page 433: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Eine Cmkehrformel für die Laplace·Transfonnation 439

Ersetzt man hierin G2(~) durch G2(~- x) und entsprechend g2(y) durch e-ia:v g2(y), so ergibt sich:

-01> -00

Wegen ~2{G2(-x)} = g2(y) kann man hierfür die Behauptung des Satzes schreiben.

HUfssatz 2204• Gehören G1 , G2 und g1 • g2 zu L 2(-oo, +oo), so gehört auch G1 * G2 zu L 2(-ex>, +oo), und es ist

(Faltungssatz). Beweis: Da g1 • g2 zu L 2(-oo, +oo) gehört, existiert nach Hilfssatz 1 [12.1]

+cx ,. l.i.m. I ei"' 11 g1(y) g2(y) dy. CX--+00 _,..%

Andererseits gehören g1 und g2 nach demselben Hilfssatz zu L 2(-oo, +oo), also nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung g1 • g2 zu L 1(-oo, +oo), so daß

+cx

lim / ei"' 11 g1(y) g2(y) d~· 1%--+00 --cx

existiert. Nach Hilfssatz 3 [12. 1] und Hilfssatz 1 ist

~~ +~

l.i.m. 2~- ( ei"' 11 g1(y) g2(y) dy = lim }-n / ei"' 11 g1(y) g2(y) dy = G1 * G2 •

<X--+00 .:a. cx--+oo -·x

Nach Hilfssatz 1 [12. 1] folgt hieraus, daß G1 * G2 zu L2(-oo, +oo) gehört und daß umgekehrt

l.i.m. I e-i!la: (G1 * G2) dx = g1(y) g2(y) CX--+00 • -cx

ist. Dies ist die Behauptung. Bemerkung: Läßt man die Voraussetzung, daß g1 • g2 zu L2(-oo, +oo)

gehören soll, weg, so braucht der Faltungssatz nicht zuzutreffen, schon des­halb, weil dann G1 * G2 garnicht zu L 2(-oo, +oo) [und auch nicht zu Ll(-oo, +oo)] zu gehören braucht, so daß ~2{G1 * G2} überhaupt nicht defi­niert ist. Dies zeigt das Beispiel:

G1 (x) = G2(x) = I 0 für x ~ 1

x- 218 für x > 1.

Page 434: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

440 12. Kap.: Die Laplace-Transfonnation von Funktionen der Klasse L2

G1 und G2 gehören zu L 2(-oo, +oo), aber

Gl*G2= x-1 1-L1/xl \

0 für x;;;;; 2

J ~- 213(x- ~)- 213 d~ = x- 113 j u- 213 (1- u)- 213 du für x > 2 1 1/x

gehört weder zu L 1(-oo, +oo) noch zu L 2(-oo, +oo), da

G G B ( 1 1 ) -I/3 fu··r 1 * 2 ~ 3•3 X x-+-oo.

In diesem Beispiel gehört g1 • g2 nicht zu L 2(-oo, +oo), weil das sonst nach Hilfssatz 2 für G1 * G2 der Fall sein würde.

Nun können wir folgenden Umkehrungssatz für die }!-Transformation be­weisen:

Satz 1205 • Gehört f(s) zur Klasse f> 2, so läßt sich die Funktion F(t) aus V(O, oo), zu der f(s) die }!-Transformierte ist, nach der Umkehrformel berechnen:

00 1 .

F(t) = l.i.m. -j E(t s, <X) f(s) ds ;r;

mit IX~OO (j

Beweis: In

setzen wir

Das ergibt:

00

f(s) = /e-s 1 F(t) dt ö

t = ee, s = e"'.

+oo +oo

f(e"') = / e-ex+; F(e;) e~ d~ oder ex12 f(e"') = / e(x+;)/2 e_,x+ö [em F(ee)J ag. -oo -00

Mit

nimmt die Transformation die Gestalt einer Faltungsgleichung an:

(1) H(x) = j K(x + ~) G(~) d~ = K(x) * G(-x). -00

Kann man auf diese den Faltungssatz anwenden, so geht sie in eine leicht lös­bare algebraische Gleichung über. Gehört f(s) zu f> 2, so gehört F(t) nach Satz 1 [12. 2] zu L2(0, oo), so daß

co -:-oo +oo

/JF(t) !2 dt = /JF(i) j 2 e~ d~ =/I G(x) j 2 dx u -oo -oo

Page 435: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 6. Eine Umkehrformel für die Laplace-Transformation 44I

konvergiert und somit G(x) zu L2(-oo, +oo) gehört. Da e-t zu L2(0, oo) gehört, so gehört analog K(x) zu L2(-oo, +oo). Also existieren zunächst einmal !j2{G}= g(y) und !j2{K}= k(y) und gehören zu L2(-oo, +oo), wobei explizit

+00 00

k(y)= J e-iyzexf2 e-•'"dx=Jt(lf2l-iYe-L~~=r(~ -iy) -oo 0

ist. Weiterhin gilt nach der Stirlingschen Formel (Anhang Nr. 5):

Ir(~ - i y)l ~ V2n e-Cn/2)1)'1 für IYI +oo,

so daß k(y) beschränkt ist und k(y) g(-y) zu L2(-oo, +oo) gehört. Damit ist Hilfssatz 2 auf Gleichung (I) anwendbar und liefert: H(x) gehört zu L2(-oo, +oo), h(y) = ~j2{H}existiert, und es ist:

(2) h(y) = k(y) g(-y).

Damit ist die Integralgleichung (I) für G in die lineare algebraische Gleichung (2) für g übergeführt, deren Lösung lautet:

h(-y) h(-y) g(y) = .k(~y) = i'((i/2l+~jif.

Weil g(y) zu L2(-oo, +oo) gehört, ergibt sich G(x) nach Hilfssatz I [I2. I] in der Form:

+<X

. 1 ;·· h(-y) G(x) = l.I.m. Ti" ei~»fl -:t'((i;z)-tTY) dy

ot-->00 -<X

(3) +ot +iJ

. 1 ;· ei~»fl r . ~ = 1~:_~· Ti . r{(f/2) + i yf dy l.i. m. e'Y H(~) d~.

-<X {J->oo ~{J

+<X +<X

Wir behaupten, daß man in diesem Ausdruck statt /I. i. m. auch lim / .:"' {J->-00 {J-+00 -<X

schreiben kann. Nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung (Anhang Nr. 9) ist

+<X +<X +{J 2

~ J IF((1/~:iy)f2 / h(-y)- feiy; H(~) d~: dy. -<X -<X -{J

+{J

Da (eiY~ H(~) de im Intervall-co< y< +oo, also erst recht in -cx:;;;;y ::::+cx: -·p

im Mittel für ß ~ oo gegen h(- y) konvergiert, so strebt die rechte Seite für

Page 436: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

442 12. Kap.: Die Laplace·Transformation von Funktionen der Klasse L 2

ß -+ oo gegen 0, also auch die linke; es ist daher

+et -:-~ +"ß I. ixv lt(-y) . ( eixy I .. • e . i'({1j2)+tYldy=,/~~. I'((iji)+i~·) dy.; e'>''H(~)d~ -~ -~ -ß

+00 ~ß

Schreibt man noch I an Stelle von lim I und setzt den Ausdruck in (3) ein. so erhält man: -Öo ß->oo -·ß

Für die ursprünglichen FunktionenFund f bedeutet das:

+oo +a:

exf2 F(ex) = 1~~~- /n- / e"1'!.j(e~) d~fei(x+~)y 7'((f/~~~zj0 -00 -a:

oder mit e"' = t, e; = s: oo +cc

_ . 1 ;· 1. (ts) -(1/2)+ir F(t) -l.1.m. -z;r f(s) ds T((l/Z)+i ) dy.

~-->00 • • y u -Gt

Da t s = w reell ist, sind die Werte

w- (1/2)+ir

T((l/2) +i y) und

w- (1/2)- i )'

T((l/2Fi yf

konjugiert, und man kann

+IX CX I. w-(1/2)+iy 1. w-(1/2)+iy

• -T((l/2)+iyf dy = 2. 9t T({l/2)+i yf dy -~ u

setzen.

§ 7. Ein Vergleich zwischen Potenzreihen, fastperiodischen Funktionen (Dirichletschen Reihen) und Laplace-Transformierten hinsichtlich

Umkehrformel und Parsevalscher Gleichung

In diesem Kapitel ist durch die Ähnlichkeit der Sätze für Potenzreihen der Klasse H 2 und für E-Transformierte der Klasse ~2 wieder einmal die Aufmerk­samkeit auf die Analogie zwischen Potenzreihen, Dirichletschen Reihen und E-Transformierten gelen]):t worden. Besonderes Gewicht lag im Vorhergehen­den auf der Parsevalsehen Formel und der UmkehrformeL Wir wollen die ent­sprechenden Formeln jetzt auch noch für Dirichletsche Reihen anführen, wobei

Page 437: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Vergleich zwischen fastperiodischen Funktionen und .{!-Transformierten 443

wir diesmal über diese hinausgreifen und die in vertikaler Richtung fastperiodi­schen analytischen Funktionen in die Betrachtung einbeziehen wollen, weil die betreffenden Formeln bei ihnen- im Gegensatz zu den Dirichletschen Reihen -ausnahmslos gelten. Um die Analogien recht deutlich hervortreten zu lassen, stellen wir die Formeln für Potenzreihen, fastperiodische Funktionen und 1!­Transformierte einmal übersichtlich zusammen. Unsere Absicht ist dabei, an den äußerlich so ähnlich gebauten Formeln gerade den tiefen funktionentheoreti­schen Unterschied zwischen den drei Klassen hervortreten zu lassen.

1. Potenzreihen Die Potenzreihe

00

f{J(Z) = J: an z" n-0

habe den Konvergenzradius 1. Die Umkehrformel, hier Koeffizientenformel ge­nannt, lautet für sie:

(1) a = _!.. /,. _f/!(z) dz "2:~:~ z»+l (e < 1),

1•::. 0

die Parsevalsehe Gleichung (vgl. S. 300):

(2) (e < 1).

Gehört f{J(Z) zur Klasse H 2, so hat f{J(Z) eine Randfunktion f{J(ei 0) aus L2{-n, +n), und mit dieser gilt die Parsevalsehe Gleichung auch für e = 1 (S. 301):

(3)

Auf einem festen Kreis I z I = e < 1 ist f{J(Z) identisch mit einer Fourier-Reihe (in komplexer Gestalt):

00 00

f{J({! eiO) = J: (a,. {!") einO = J: bn({!) ein 0.

n-0 n-0

(1) geht hier in die Formel für den Fourier-Koeffizienten über:

+:t

(4) b"(e) = 21n /e-ino f!J(e e;o) d{}, -:r

die auf der Orthogonalitätseigenschaft des Funktionensystems = (1/V2 n) einO beruht:

(5) +:r +:r I 0 für m =1= 11 -l. 'Pm({}) 1p,.(&) d{} = 21n_}"·· eimO e-inO d{} = 1 .. für m = n.

Page 438: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

444 12. I<ap.: Die Laplace-Transfonnation von Funktionen der !{lasse L 2

Die Parsevalsehe Gleichung (2) ergibt die sogenannte V ollständigket:tsrelation

(6) (e < 1),

die für qy aus H 2 auch für e = 1 gilt:

(7)

(Vollständig ist das System eino, n = 0, 1, 2, ... , aber nur hinsichtlich solcher Funktionen qy(e• 0), die Randfunktionen von Funktionen aus H 2 darstellen. Bezüglich aller Funktionen aus L2(-:n:, +:n:) wird das System erst vollständig durch Hinzunahme der einiJ mit n = -1, -2, ... )

Für e < 1 konvergiert die Fourier-Reihe punktweise gegen qy(e e' 0), für e = 1 im quadratischen Mittel gegen cp(ei0 ), falls cp(z) aus H 2 und damit qy(e' 0 )

aus L 2(-:n:, +:n:) stammt. \Vir schreiben noch die verallgemeinerte Parsevalsehe Gleichung für zwei Potenzreihen mit den Koeffizienten a~1 l und a~2l an:

(8)

2. Fastperiodische Funktionen

Durch die Abbildung z = e-• geht der Kreis izl < 1, wenn man ihn sich auf einer unendlichvielblättrigen Riemannschen Fläche mit Windungspunkt in z = 0 liegend denkt, in die Halbebene 9ts > 0 über, jedes Kreisblatt wird auf einen Horizontalstreifen der Höhe 2 :n: abgebildet. Die Funktion

00

cp(e-•) = f(s) =};an e-ns n=O

hat demgemäß die Periode 2 :n: i. Setzt man s = x + i y, so stellt

00

(9) f(x + i y) =};an e-na: e-ni!l n-o

bei festem x eine Fourier-Reihe in der Variablen y mit der Periode 2 :n: dar. Die Koeffizientenformel und die Parsevalsehe Gleichung nehmen die Gestalt an:

+n

(10) an e-na: = -/~ J ein11 f(x + i y) dy (x > 0), -:r

(11) (x > 0)

und gelten, wenn qy aus H 2 war, auch für x = 0.

Page 439: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Vergleich zwischen fastperiodischen Funktionen und .\!-Transformierten 445

Nimmt man nun die Verallgemeinerung vor, daß man die ganzzahligen Exponenten n durch beliebige reelle An ersetzt, so erhält man eine Reihe

00

(12) t(sJ = E an e-i.ns, n~o

die in dem Falle 0 ~ Ao < A1 < ···,An-+ cx:>, eine Dirichletsche Reihe heißt. Jede einzelne Komponente

ist auch hier eine in y periodische Funktion (mit der Periode 2 n/An), aber es brauchen nicht alle Komponenten eine gemeinsame Periode (wie vorhin die Periode 2 n) zu haben. Demgemäß ist f(x + i y) im allgemeinen keine in y periodische Funktion. Trotzdem hat sie im Falle der gleichmäßigen Konvergenz die Eigenschaft der Fastperiodizität 206, die folgendermaßen definiert ist:

Eine stetige Funktion g(y) (- cx:> < y < + cx:>) besitzt die Verschiebungs­zahl r vom Annäherungsgrad e, wenn für alle y

I g(y + r) - g(y) I ~ e

ausfällt. g(y) heißt fastperiodisch (im Sinne von Bohr), wenn es zu jedem e > 0 eine Zahll gibt derart, daß in jedem Intervall der r-Achse von der Länge l mindestens eine Verschiebungszahl r vomAnnäherungsgrade angetroffen wird*).

Indem wir bei den obigen Funktionen f(s) die Variables auf eine Vertikale beschränken, beschäftigen wir uns zunächst einmal mit solchen fastperiodischen Funktionen g(y) einer reellen Variablen y. Es zeigt sich, daß eine solche Funk­tion sich aus periodischen Komponenten aufbauen läßt. Während aber bei einer reinperiodischen Funktion mit der Periode 2 n von vornherein feststeht, daß dabei nur Komponenten mit der gemeinsamen Periode 2 n, nämlich die harmonischen Schwingungen e-iny, in Frage kommen, müssen bei einer fast­periodischen Funktion die Frequenzen An der in ihr enthaltenen Schwingungen e-i-<nY erst bestimmt werden. Das geschieht in der Weise, daß probeweise für alle Frequenzen die Koeffizientenformel angesetzt und dann festgestellt wird, für welche Frequenzen ein von 0 verschiedener Koeffizient herauskommt. Da­bei kann die Koeffizientenformel natürlich nicht einfach in der früheren Ge-stalt {10) u

C;. = -in-I e0 ·}' g(y) dy = Mittelwert von ei.<y g(y) über eine Periode -n

übernommen werden, da gar keine exakte Periode existiert, sondern ein solcher Mittelwert stellt sich nur <dm Durchschnitt>> über große Intervalle, exakt: als Grenzwert heraus: +w

(13) c.< = lim 21w I ei.:ty g(y) dy.

W-+00 -w -----------------

*i Das hat zur Folge, daß es beliebig große Verschiebungszahlen gibt (so wie bei einer periodi­schen Funktion beliebig große Perioden). Gäbe es nur kleine Verschiebungszahlen, so könnte sich g(y) für große !YI beliebig stark von seiner Gestalt in der Gegend von x = 0 entfernen.

Page 440: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

446 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L 2

Für diese Bildung ist in Analogie zum <<Fourier-Koeffizienten)> der Name «H adamard-Koeffizientl> vorgeschlagen worden 207, weil Hadamard als erster diese Koeffizientenformel bei Dirichletschen Reihen aufgefunden hat. Ist g(y) fast­periodisch, so liefert (13) nur für abzählbar viele Frequenzen),= Än (n = 0, 1, ... ) einen von 0 verschiedenen \Vert :

+w

(14) Cn = lim -/ro- / eilnr g(y) dy =1= 0. (IJ-+00

-w

Diese Än brauchen nicht isoliert zu liegen, so daß sie sich der Größe nach an­ordnen lassen, und brauchen auch nicht gegen = zu streben, sondern sie können z.B. überall dicht liegen und eine beschränkte Menge bilden; ihre An­ordnung kann beliebig geschehen.

\Vas den Aufbau von g(y) aus den Komponenten e-iln}' angeht, so braucht die formal gebildete Reihe

(15)

die wir die Bohr-Reihe von g(y) nennen wollen, zwar nicht punktweise zu kon­vergieren, aber sie konvergiert, ähnlich wie die Fourier-Reihe einer Funktion aus L2(- n, + n), gegen g(y) im Mittel, wenn man diesen Begriff in dem der Koeffizientenbildung (14) angepaßten <<durchschnittlichem Sinn definiert:

(16) _;_ .. erJ' m 12

lim -~- j lg(y)- ~c e-iln}'i dy-+0 für m+=. 2c•J J ~ n .

w-+oo .. n=O 1' -(1)

Damit stimmt zusammen, daß für eine fastperiodische Funktion eo ipso der quadratische Mittelwert

existiert.

~(JJ

1 • lim ----} lg(y) J 2 dy 2ro

w-+oo -w

Das Analogon zur Parsevalsehen Gleichung, das hier meist als Fundamental­satz bezeichnet wird, lautet ganz entsprechend:

(17) 00 1 !.;."' };I cnl2 = lim z'oJ lg(y) 12 dy.

n-u c.u-+oo -w

Eine fastperiodische Funktion ist eo ipso beschränkt: I g(y) I ::;; K für 00

-= < y <+=,daher ist ,EJcnl2 ~ K2. n=O

Den Hintergrund der auf die Fourier-Reihe bezüglichen Formeln bildet die Tatsache, daß die Funktionen (1/Vfi) e-infJ (n = 0, 1, ... ) im Intervall -n ::;; {} = +n ein normiertes Orthogo;nalsystem bilden. Analog bilden die

Page 441: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Vergleich zwischen fastperiodischen Funktionen und .2-Transformierten 447

Funktionen e- ilnY im Intervall -oo < y < +oo ein normiertes Orthogonal­system, wenn man diesen Begriff in einem zu den obigen Formeln passenden Sinn versteht:

für A.,. =An

für Am 9= An.

Infolge der Durchschnittsbildung verschwindet der Unterschied zwischen den verschiedenen Perioden. Für Entwicklungen nach solchen <cdurchschnittlich orthogonalen>> Funktionen gilt folgender allgemeine Satz208, der zu Hilfssatz 1 (8. 3] analog ist:

Die in -oo <·y < +oo definierten ~md in jedem endlichen Intervall quadra­tisch integrierbarenFunktionen "''n(Y) (n = 0, 1, ... ) mögen ein normiertes, <cdurch­schnittlich orthogonales>> System bilden:

Damit für eine in jedem endlichen Intervall quadratisch integrierbare Ffmktio1J g(y) die Zahlen

+w

m = lim - 2~-j·Jg(y) J2 dy (JJ~OO -w

ttnd +w

c,. = lim -/ro J g(y) 1p .. (yj dy W-+00 -w

existieren und die Parsevalsehe Gleichung

erfüllen, ist notwendig und hinreichend, daß g(y) sich <cdurchschnittlich>> im qt~a­dratischen Mittel beliebig genau durch lineare Aggregate der Funktionen "''n(Y) approximieren läßt, d.h. daß es zu 1"edem e > 0 Koeffizienten b~l, n = 0, 1, ... , m = m(e), gibt derart, daß

limsup 21w ]"'I g(y)-t b~l "''n(Y) 1'

2 dy < e

w...,.oo n-0 -w

ausfällt, ftnd daß ferner die Grenzwerte

limb~l = B .. <-+0

existieren.

Page 442: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

448 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L 2

Daß für fastperiodische Funktionen und ihre Hadamard-Koeffizienten die Parsevalsehe Gleichung gilt, liegt also daran, daß bei einer fastperiodischen Funktion gemäß (16) diese Bedingung erfüllt ist, sogar mit festen Koeffizienten b:l = c,., wenn man als Orthogonalfunktionen die in ihr vorkommenden Schwin­gungen e-iAnY nimmt.

Soviel über die Analogie zwischen den Fourier-Reihen reinperiodischer Funktionen und den Bohr-Reihen fastperiodischer Funktionen einer reellen Variablen y. Wollen wir nun das Analogon zu den Potenzreihen bzw. zu den

00

Reihen der Form}; a,. e-n• aufsuchen, so müssen wir Funktionenf(s) zugrunde n-0

legen, die in einer Halbebene x > x0 analytisch und auf allen Vertikalen ms =X in y gleichmäßig fastperiodisch sind, was bedeutet, daß die Verschie­bungszahlen von.~ unabhängig sind. Nach dem Vorigen gehört zu jeder Funk-

"" tion f(x + i y), x fest, eine Bohr-Reihe}; cn(x) e-iln!-"lY, und es zeigt sich nun, n-0

daß diese, genau wie die aus einer analytischen, in y periodischen Funktion entspringenden Fourier-Reihen (9), sich in der einzigen Reihe

00 00

(18} .}; a,. e-l,.x e-iJ.,.y =.}; a,. e-.l.,.s n-0 n-o

mit einheitlichen a,. und Än zusammenfassen lassen, die man im erweiterten Sinn auch eine Dirichletsche Reihe nennt. (Das liegt natürlich daran, daß die unend­lich vielen fastperiodischen Funktionen nicht unabhängig sind, sondern zu­sammen eine analytische Funktion bilden.) Die Koeffizientenformel, die Glei­chung für die durchschnittliche Mittelkonvergenz und die Parsevalsehe Glei­chung lauten für solche analytische fastperiodische Funktionen gemäß (14), (16) und (17) :

+co z+iw

(19) a = lim - 1--J eln(x+ iy) f(x + i y) dy = lim _ __!_ ___ J e"""f(s) ds " 2ro 2ro~

W-+00 W-+00 . -CD X-HU

(20} x+iw I m 12

lim 2 ~·z- j f(s) -.};an e-Ans ds + 0 für m + oo, w-+oo . n=O

X-lW

(21) +w x+iw

Elanl2 e- 22""" = lim /ro J lf(x + i y) 12 dy = lim 2 ~i j lf(s) 12 ds n-0 w-+oo _ 0 w-+oo x-iw

(x > x0) und gelten im ganzen Bereich der Fastperiodizität ausnahmslos. 00

Ein Unterschied gegenüber den reinperiodischen Funktionen}; an e-n• sei n-0

hervorgehoben: Bei letzteren fällt die Konvergenzhalbebene, die Holomorphie-halbebene und die Halbebene, wo die Parsevalsehe Gleichung gilt, zusammen.

Page 443: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Vergleich zwischen fastperiodischen Funktionen und f!-Transformierten 449

Eine analytische fastperiodische Funktion dagegen kann über die Halbebene der Fastperiodizität hinaus in einer größeren Halbebene analytisch sein. So­weit sie von endlicher Ordnung (vgl. 3. 7) ist und

+cu

limsup - 1 -j Jf(x + i y) J 2 d·v 2 w • w~oo -w

endlich ausfällt, gilt a11,ch noch die Parsevalsehe Gleichung2°9•

Dirichletsche Reihen

Von dem erreichten Standpunkt aus blicken wir nun zurück auf die als 00

nächstliegende Verallgemeinerung der Reihen I; a .. e- ns betrachteten Dirichlet-oo n-0

sehen Reihen im eigentlichen Sinn I; a .. e-lns (S. 445), die in einer Halbebene konvergent sind und bei denen "'-tt

(22)

ist. Hier geht man nicht von einer durch eine innere Eigenschaft wie Fast­periodizität charakterisierten Funktion aus und extrahiert aus ihr die ihr inne­wohnenden Komponenten e-;;·n 5 , sondern man legt umgekehrt eine Reihe der Form (18), aber mit der speziellen Eigenschaft (22) zugrunde und setzt von ihr Konvergenz in einer Halbebene voraus. Das ist eine der obigen Theorie wesens­fremde Bedingung. Nur wenn die Reihe eine Halbebene gleichmäßiger Kon­vergenz besitzt, kann man zeigen, daß sie dort eine in y fastperiodische Funk­tion darstellt. Vom Standpunkt der Theorie der fastperiodischen Funktionen aus enthält die Klasse der Dirichletschen Reihen einerseits zuviel Funktionen (Reihen, die punktweise - was hier nicht artgemäß ist -,aber nicht gleich­mäßig konvergieren), andererseits zu wenig (es fehlen diejenigen, die im Mittel durch allgemeine Exponentialreihen dargestellt werden). Der Grund dafür, daß die Dirichletschen Reihen keine gesunde Funktionsklasse bilden, liegt in der Willkür der Exponentenfolge Än und damit des durchschnittlich ortho­gonalen Systems r'AnY. Der S. 447 zitierte Satz besagt, daß zu einem solchen System als artgemäße Klasse (in der die Koeffizientenformel und die Parsevalsehe Gleichung gilt) diejenigen Funktionen gehören, die sich durch­schnittlich im Mittel beliebig genau durch Polynome aus den Systemfunktionen approximieren lassen, d. h. die Klasse, hinsichtlich deren das System abge­schlossen ist (Anhang Nr. 49). Ist Jt .. = n, so läßt sich diese Klasse unabhängig definieren: es ist die Klasse L 2(-n, +n), wobei jede Funktion periodisch fort­gesetzt zu denken ist. Ist aber die Folge Ä .. völlig willkürlich, jedoch fest ge­wählt, so läßt sich die Klasse im allgemeinen nicht durch innere Eigenschaften charakterisieren.

Doetsch I /29

Page 444: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

450 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L 2

Es ist daher erklärlich, daß die Koeffizientenformel (19) und die Parsevai­sche Gleichung (21}, die in der Theorie der Dirichletschen Reihen zusammen mit ihrer Verallgemeinerung für ein Funktionenpaar

+w E a~l) a~i e- (x, +x.)ln = lim ·:/oo { f1(X1 + i y) f2(~~-+ -i i) dy n-0 c.u-+oo -·w

(vgl. die Formel (8) für Potenzreihen) die Mittelwertsformel heißt*), für Dirichlet­sche Reihen nur unter Zusatzvoraussetzungen bewiesen werden können. Ältere Bedingungen verlangen, daß die Reihe absolut konvergiert oder daß die Ä.,. nicht allzu dicht liegen210• Das beste moderne Ergebnis läßt sich so formulieren:

Ist für eine Dirichletsche Reihe mit 0 ~ Ä.0 < Ä.1 < · · · -+- oo die Größe

+W

m(x) = lim sup 210) I lf(x + i y) J 2 dy

....... oo -w

für ein x = x1 in der Halbebene endlicher Ordnung endlich, so ist sie auch für x> x1 endlich und m(x) ~ m(x1) 211• Die untere Grenze der x1 , für die m(x1} endlich ist und die zugleich in der Halbebene endlicher Ordnung von f(s) liegen, heiße ;e;. Dann gilt die Koeffizientenformel und die Parsevalsehe Gleichung für x > ;.:~ 212 •

Das ist, wenigstens für die Halbebene endlicher Ordnung, das bestmögliche Resultat. Vergleiche hierzu den analogen Satz über fastperiodische Funktionen S. 449. - Mit Rücksicht auf die ganz anders gelagerten Verhältnisse bei E-Transformierten heben wir noch folgendes hervor:

Hat f(s) eine Beschränktheitshalbebene x > ij, so ist dort f(s) von endlicher Ordnung und m(x) endlich. Also ist

(23)

In derHalbebene der Beschränktheit gilt somit immer die Parsevalsehe Gleichung**). Hieraus folgt, daß es Dirichletsche Reihen gibt, die keine Beschränktheits­

halbebene besitzen und bei denen für kein x in der Halbebene beschränkter Ordnung m(x) endlich ist. Denn bei Reihen mit der gegenteiligen Eigenschaft

00

gilt in einer ganzen Halbebene die Parsevalsehe Gleichung, und L' Ja,. J2 e- 2Anx n=O

ist dort konvergent. Nun kann man aber leicht konvergente Dirichletsche Reihen konstruieren, bei denen diese Summe für kein x konvergiert. So ist

i' (-1)" e-sloglogn = t ~~ 1~".-n-2 n-2 ( g )

-------------------------------- . ··-··-----*) Die Koeffizientenformel gehtaus der Mittelwertsformel für /2(s) = e-Ans, x2 = -x1 hervor.

••) Bei fastperiodischen Funktionen fällt die Beschränktheitshalbebene mit der Halbebene der Fastperiodizität zusammen, so daß sich ihre gesonderte Betrachtung erübrigt.

Page 445: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 7. Vergleich zwischen fastperiodischen Funktionen und .{!-Transformierten 451

für 9ls > 0 konvergent, während

00 00 I: e-2x!og!ogn =I:- ----~--­n-2 ,._2 (logn)2"'

für kein x konvergiert. Die Ungleichung u; ~ 7j wird illustriert durch die Tatsache, daß man nicht

wie bei Potenzreihen und E-Integralen von der Konvergenz der Summe 00

I; J an J2 e- 2.1.nx. vermittels der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung .. -o

auf die absolute Konvergenz der Dirichletschen Reihe für x > x0 (und damit auf die Beschränktheit von f(s) für x ~ x0 + 1:5) schließen.kann, weil die für den Typus An fundamentale Reihe

entweder überhaupt nirgends konvergiert (wie oben im Falle An= log log (n + 2)) oder eine Konvergenzabszisse ßo 2: 0 hat, so daß die Ungleichung nur für 2(x- x0) > ß0, d.h. x > x0 + ß0/2 gilt.

3. Laplace-Transformierte

Für E-Transformierte f(s) = E{F} besteht die Parsevalsehe Gleichung

00 +00

(24) je-2xt JF(t) 12 dt = _zlii J lf(x + i y) 12 dy = m(x) u -00

dann und nur dann, wenn f(s) einer Klasse ~2(x0) (siehe S. 429) angehört oder, was dasselbe ist, wenn für ein x0 die Funktion e-"'•1 IF(t) J zu L2(0, oo) gehört. Dergenaue Gültigkeitsbereich ist dann die Halbebene x > u2 (siehe die Defi­nitionen S. 252 und 430). Die in demselben Bereich gültige Umkehrformellautet:

+~

(25) e-zt F(t) = l.i.m. }-n / eHY f(x + i y) dy. !X->-00

-!X

Die Verhältnisse liegen also bei E-Transformierten genau so einfach und klar wie bei Potenzreihen, d. h. in der s-Ebene bei reinperiodischen Funktionen. Der Gültigkeitsbereich der Parsevalsehen Gleichung kann nie wie bei fast­periodischen Funktionen und Dirichletschen Reihen über das (Fastperiodizitäts-

Page 446: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

452 12. Kap.: Die Laplace-Transformation von Funktionen der Klasse L2

gebiet bzw.) Konvergenzgebiet hinausragen, es ist sogar immer x2 ;;:;; oc (Abszisse absoluter Konvergenz) und somit

(26) x2 ;;:;; 17 ( = Beschränktheitsabszisse) _

Es gilt also hier genau das Umgekehrte wie bei Dirichletschen Reihen (siehe (23)). Aus der Beschränktheit von f(s) = 5!{F} in einer Halbebene folgt eben nicht die Existenz und Beschränktheit von m(x), weil das Integrationsintervall in m(x) unendlich ist. Man kann daher auch nicht auf dieselbe Art wie bei Dirichlet­schen Reihen (S. 450) die Existenz von 5!-Transformierten ohne Beschränktheits­halbebene erschließen.

Problem: Wenn es 5!-Transformierte gibt, für die m(x) in einer (größten) Halbebene x >X existiert, aber in keiner Halbebene beschränkt ist (vgl.

00

S. -1-31), so existiert/ e- 2 " 1 IF(t) 12 dt für kein x, es läßt sich also der obige Zu-o

sammenhang mit der absoluten Konvergenz von 5!{ F} auf dem Wege über die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung nicht herstellen. Wie ordnet sich X in die Abszissen H, 17, ß, oc ein?

Die Umkehrformeln (10), (19), (25) und die Parsevalsehen Formeln (11), (21), (24) stehen in äußerlicher Analogie zueinander. Trotzdem spricht sich gerade in ihnen eine grundlegende innere Verschiedenheit der drei betrachteten Funktionstypen aus. Bei den reinperiodischen Funktionen handelt es sich um ein eindeutiges, festes und endliches Grundintervall der Länge 2 n, und dieses ist auch für die Mittelbildung in der Koeffizientenformel und der Parsevai­schen Gleichung maßgebend. Bei den fastperiodischen Funktionen liegt ein solches eindeutiges Grundintervall nicht vor, sondern es gibt beliebig große Intervalle der Fastperiodizität. Demgemäß werden in den Formeln die Mittel über endliche Intervalle beliebig großer Länge 2 w gebildet und dann der Grenz­übergang w-+- = vollzogen. Den 5!-Transformierten aber ist wie den rein­periodischen Funktionen ein festes Grundintervall eigen, das jedoch unendlich ist, also eine Ausartung darstellt. Eine Mittelbildung im Sinne einer Division durch die Länge des Integrationsweges kommt hier nicht in Frage. Daher ent­halten die Formeln als einzigen Anklang an die Mittelbildung nur den Nenner 2 n. Hinsichtlich der Parsevalsehen Gleichung und der Umkehrformel stehen die 5!-Transformierten den reinperiodischen Funktionen (Potenzreihen) näher als den fastperiodischen Funktionen und Dirichletschen Reihen, was sich auch in der Verschiedenheit von (23) und (26) ausspricht.

Page 447: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

V. TEIL

Abelsche und Taubersehe Sätze

Page 448: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

455

13. KAPITEL

ABELSCHE SÄTZE ÜBER DAS VERHALTEN DER LAPLACE­

TRANSFORMIERTEN AN EINER SINGULÄREN STELLE

IM ENDLICHEN

§ 1. Asymptotisches Verhalten bei Annäherung in einem Winkelraum an eine singuläre Stelle auf der Konvergenzgeraden

In Satz 1 [5. 2] haben wir das Analogon zum Abelschen Stetigkeitssatz für Potenzreihen kennengelernt, das, wenn wir dort speziell s0 = 0 setzen, so lautet:

Ist ß{F} = f(s) im Punktes= 0 konvergent, so strebt f(s) gegen f(O), wenn s innerhalb eines Winkelraums W(O, 1p < n/2) zweidimensional gegen 0 strebt.

In dieser Gestalt bedeutet der Satz eine Stetigkeitsbeziehung. Wir wollen ihm nun eine neue Wendung geben, indem wir ihn in der Gestalt schreiben:

Hat F(t) die Eigenschaft

t

/F(r) dr-+ l für t-+ oo, 0

so hat f(s) = ß{F} die Eigenschaft

f(s)-+l fiir s-+0 in w(o,1p< i)·

ß{F} hat in diesem Fall die Konvergenzgerade 9ts = 0. Der Satz sagt also aus, daß man aus einem gewissen Verhalten der L-Funktion für t -+ oo etwas über das Verhalten der !-Funktion bei Annähenmg von s an einen Punkt der Konvergenzgeraden erschließen kann. Die Verhaltensweisen sind beide außer­ordentlich einfacher Natur: die Funktionen streben gegen Konstante, sie ver­halten sich also asymptotisch wie ganz spezielle Funktionen, nämlich Kon­stante:

t

/F(r) dr ~ l, f(s) ~ l. 0

Page 449: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

456 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen t

Es liegt nun nahe, den obigen Satz dahin zu verallgemeinern, daß man J F(1:) d1: 0

oder auch F(t) selbst als asymptotisch darstellbar durch beliebige Vergleichs-funktionen für t +(X) annimmt, um daraus Schlüsse auf das asymptotische Verhalten von f(s) an einer Stelle der Konvergenzgeraden zu ziehen. Weil der grundlegende und am längsten bekannte Satz aus diesem Ideenbereich der Abelsche Stetigkeitssatz ist, heißen ganz allgemein solche Sätze, die von dem asymptotischen Verhalten der Objektfunktion einer beliebigen Funktional­transformation auf das asymptotische Verhalten der Resultatfunktion schlie­ßen, Sätze A belscher Art oder Abelsche Sätze. Die Frage, ob auch der umgekehrte Schluß von der Resultatfunktion auf die Objektfunktion möglich ist, werden wir im 15. und 16. Kapitel behandeln.

Prinzipiell sei zu den im folgenden behandelten Sätzen noch gesagt: Wäre der Punkt s0 , in dessen Umgebung das asymptotische Verhalten von /(s) be­schrieben wird, ein Punkt im Innem der Konvergenzhalbebene oder ein Punkt der Konvergenzgeraden, in dem f(s) holomorph ist, so brauchte über ihn nichts ausgesagt zu werden, da dann f(s) für zweidimensionale Annäherung an s0

immer gegen eine Konstante, nämlich f(s0) strebt. Über Punkte außerhalb der Konvergenzhalbebene aber können wir überhaupt nichts aussagen, weil in den Beweisen von dem ß-Integral (und nicht einer etwaigen analytischen Fort­setzung) Gebrauch gemacht wird. Es kann sich bei s0 also nur um eine singuläre Stelle auf der Konvergenzgeraden handeln. In den Sätzen dieses Paragraphen werden wir das asymptotische Verhalten von f(s) in Winkelrä~1men mit dem Scheitel s0 erschließen. In § 3 wird auf Grund schärferer Voraussetzungen über F(t) der komplette Charakter der Singularität in s11 aufgedeckt werden.

Was die zugrunde zu legenden Vergleichsfunktionen angeht, so wird man sich durch das Verhalten bekannter Funktionen und ihrer ß-Transformierten leiten lassen. Wir wählen als solche die Potenzen t'X, denen die Potenzen F(a. + 1)/sl%+ 1 entsprechen.

Satz 1213• F(t) sei eine ]-Funktion mit der asymptotischen Eigenschaft

F(t) ~ A t'X für t +(X) (A beliebig komplex, 9ta. > -1).

Dann existiert ß{F} = f(s) für 9ts > 0, hat (für A =!= 0) in s = 0 eine singuläre Stelle und ist asymptotisch so darstellbar:

wenn s in einem Winkelraum W(O, tp < n/2) zweidimensional gegen 0 strebt*). Beweis: Für t ~ 1 können wir setzen:

F(t) = A t'X + e(t) ta., ---·--------------- -------····- ·- ·-------··--

*) Unter t"' und s"' ist hier und in den folgenden Sätzen, auch in § 3, immer der Hauptzweig zu verstehen. Vgl. S. 46.

Page 450: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Annäherung in einem Winkelraum 457

wobei e(t) "* 0 für t "* oo. Bei 9ts > 0 ist für jedes T ~ 1:

T oo

f(s) = je-• 1 F(t) dt + je-•t [At""+ e(t) t""] dt 0 T

T oo oo

= je-•t [F(t) -At""] dt + je-• 1 At"" dt + je-•t e(t) t"" dt 0 0 T

T oo

= A _-!:!~!1!2_ + /e-•1 [F(t) -At""] dt + /e-• 1 e(t) t"" dt. 0 T

Zu gegebenem e > 0 wählen wir ein festes T ~ 1 so groß, daß I e(t) I =::;;: e für t ~ T ist. Dann ist

, oo I oo ""

i {e-•t e(t) t"" dti < e {e- iRs·t t9la. dt < e {e- iRs·t t'iRa. dt = e _!'(%x.+ 1) ' 'I = (9ts)IYla.+l ~ t t ö

und T ' T

/e-• 1 [F(t)- At"] dt: ~ /(IF(t) I+ lA I tm~) dt = K, u : u

wo K eine von s unabhängige Konstante ist. Für 9ts > 0 ist also*)

1/() -~~_Al< T(~+1) (B)IJ!a.+l -3ot·arcs 5 T(ot+ 1) e IT(ot+l)i 9ts e

+ K lsiiJ!a.+l e-3a.·arcs IT(ot+ 1)1 •

Schränken wir nun s (9ts > 0) auf ml(O, 1fl < n/2) ein, so ist

I~ =::;;: _1_ und e-3a.·arcs =::;;: el3a.!'l'. 9ts - costp -

Ferner kann man e so wählen, daß für I s I < e

__ IS___IsiiJ!a.+l el3a.i'l' < e IT(ot+ 1)1

ausfällt. Dann ist für alle s =I= 0 in m mit I s I < e

I sa.+l J (T(9tot+1) eiSa.!'l' ) /(s) -T(ot+i}- Al < e li'(ot+1)1 (costp)llla.+l + 1 ·

Da e beliebig klein sein kann, ergibt sich hieraus die Behauptung.

also

- ---------------· ------ ----- ----------------

*) s und ot können beide komplex sein. Setzt man s = lsl eiiJ (it?i < :n/2), so ist

5 a. = eUoglsl+iii)(IJ!a.+i3oc) = elog!•!·IY!ot-D3a.+i(log!sl·3a.+IJIJ!ot),

Page 451: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

458 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

Der Spezialfalloc = 1 dieses Satzes wird so häufig angewendet, daß wir ihn als besonderen Satz formulieren wollen.

Satz 2. Die ]-Funktion F(t) habe für t-+- = einen Grenzwert:

F(t) -+- A fiir t -+- =.

Dann hat die für 9ls > 0 existierende ß-Transformierte f(s) ins= 0 eine singuläre Stelle, t-tnd es gilt:

sf(s)-+-A für s-+-0 inW(o.1p< ~).

Zttsatz: Dieser Satz gilt auch für A = = in folgendem Umfang: Ist F(t) reelltmd

F(t) -+- += für t-+- =,

tmd konvergiert ß{F} = f(s) .fürs> 0, so ist

s f(s)-+- += für s (reell)-+- 0.

Beweis: Für jedE's noch so große K ist F(t) > 2 K für t ~ T, also fürs> 0:

ro T T

f(s) > 2 K J e-st dt-J e-st[F(t)[ dt ~ 2 K e-ssT -I [F(t)[ dt, T 0 0

und daher für alle hinreichend kleinen s: s f(s) > K. Der Satz läßt sich oft dazu verwenden, um den Grenzwert von F(t) für

t -+- = zu bestimmen : Satz 3. Wenn der Grenzwert von F(t) für t-+- = existiert, alme daß sein Wert

bekannt ist, so läßt er sich vermittels f(s) = ß{F} so bestimmen:

lim F(t) = lim s f(s). t~co S-7-0

Ohne die Voraussetzung der Existenz von lim F(t) ist Satz 3 falsch, d.h. l->-00

Satz 2, und damit auch Satz 1, ist nicht einfach umkehrbar*). Gegenbeispiel: Bei dem Paar

F(t)=sint, 1

f(s) = ---. s 2 +1

ist lim s f(s) = 0, während F(t) für t-+- =keinen Grenzwert hat. Es gibt eben s->-0

überhaupt nur diese zwei Möglichkeiten: Wenn lim s f(s) = A ist, so ist ent-s->-O

weder lim F(t) = A oder F(t) hat überhaupt keinen Grenzwert.

*) In der technischen Literatur wird vielfach gerade diese falsche Umkehrung benutzt.

Page 452: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Annäherung in einem Winkelraum 459

Satz 2 liefert übrigens den Konsistenz- oder Permanenzsatz zu der S. 160 definierten Abel-Poissonschen Limitierung von Funktionen: Wenn eine Funk­tion für t-+ oo einen Grenzwert hat, so ergibt diese Limitierung denselben Wert.

Ähnlich wie Satz 1läßt sich folgende Verallgemeinerung beweisen: Satz 4. Ist F(t) reell und f(s) = i!{F} für s > 0 vorhanden, so gilt filr cx. > -1:

. F(t) s"'+ 1 - s"'+l -- F(t) hm ··- ~ lim · ---·- f(s) ~ lim ----- f(s) ~ lim --·

1_ 00 t"' s-o F(cx + 1) - s--+U F(cx + 1) - l--+oo t"'

Aus Satz 1 läßt sich ein Satz ableiten, der eine Voraussetzung über das Verhalten des Integrals von F(t) macht und dadurch eine Verallgemeinerung des eingangs erwähnten Analogons zum Abelschen Stetigkeitssatz darstellt.

Satz 5 214• Ist t

tP(t) = ( F(t:) dt: ,...., C fl fiir t-+ oo (C beliebig komplex, 9ty > -1), ü

so existiert .i!{F} = f(s) für 9ts > 0, hat in s = 0 eine singuläre Stelle und ist asymptotisch so darstellbar:

f(s)- C F(::- 1) für s-+ 0 in jedem Winkelraum m( 0, 1Jl < ; ) .

Beweis: Nach Satz 1 existiert i!{ tP} = <p(s) für 9ts > 0, und es ist

<p(s),...., C E(Y_-:':_1). 5 r+1

Da aus tP(t) - C fl folgt:

tP(t) = o(eills·t) für t-+ oo bei jedem 9ts > 0,

so ergibt sich aus Satz 2 [2. 12], daß auch i!{F} = f(s) für 9ts > 0 existiert und

f(s) = s ~J~(s)

ist. Hieraus folgt die Behauptung. In den bisherigen Sätzen war immer s = 0 die Stelle, in deren Umgebung

die i!-Transformierte asymptotisch durch eine Potenz dargestellt wurde. Für eine beliebige Stelle s0 gilt:

Satz 6. F(t) sei eine ]-Funktion mit der asymptotischen Eigenschaft

F(t),...., A e5• 1 t"' für t-+ oo (A und s0 beliebig komplex, 9tcx. > -1).

Dann existiert .i!{F} = f(s) für 9ts > 9ts0 , hat in s0 eine sing1tläre Stelle und ist asymptoUsclt so darstellbar:

F(cx+l) f(s)-A (s-so)"'+l'

wenn s in einem Winkelraum W(s0 , 1p < :rr:/2) zweidimensional gegen s0 strebt.

Page 453: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

460 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

Beweis: Auf e-s.t F(t) und .Q{ e-s,t F} = f(s + s0) läßt sich Satz 1 anwenden und liefert :

f(s + s)- 4 _r(oc+l) für s-+ 0, o • 5 o:+1

das heißt

f(s) - A F(oc±..!l_ f"" ( 1 ur s-+ s0 • s -s0)"'+

Es sei noch ohne Beweis bemerkt, daß die Sätze dieses Paragraphen dahin verallgemeinert werden können, daß die Vergleichsfunktion t"' mit einer für t ;;;;; t0 > 0 stetigen, positiven Funktion L(t) multipliziert wird, die die Eigen­schaft

~)_~)tt -+ 1 für t -+ oo bei jedem u > 0

besitzt, wobei man sich dann in der Behauptung auf reell gegen 0 strebendes s zu beschränken hat. Die Standardtypen der Funktionen L(t) sind

logt, log logt, log log logt, usw.,

sowie ihre Produkte und Potenzen mit positiven und negativen Exponenten. So ist z.B.

log log u t = log [logt ( 1 + -~~~ ~~)]

= log logt + log ( 1 + ~:! ~~ ) - log log t für t -+ oo .

Satz 7. F(t) sei eine ]-Funktion mit der asymptotischen Eigenschaft

F(t) -At"- L(t) für t-+ oo (A beliebig, 9t1X > -1),

wo die für t ~:_t0 > 0 stetige, positit•e Ftmktion L(t) die Bedingung erfüllt:

~%tj_ -+ 1 für t -+ oo bei jedem 'lt > 0.

Dann existiert .Q{F} = f(s) für 9ts > 0, hatins = 0 eine singuläre Stelle und ist asymptotisch so darstellbar:

f(s)- A -C(oc±_!)_ L( 1 ) für s (reell) -+ 0. s"--r1 s

Der Beweis stützt sich auf folgende Eigenschaften der Funktionen L(t) 215 :

a) t• L(t)-+ oo für t-+ oo und jedes e > 0, b) t-• L(t) -+ 0 für t-+ oo und jedes e > 0, c) L(u t)jL(t) strebt in jedem Intervall 0 < u1 ~ tt ~ u2 gleichmäßig gegen

1 für t-+oo.

Page 454: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Singuläre Integrale. Verschiedene Summationsmethoden 461

§ 2. Anwendungen: Singuläre Integrale. Vergleich zwischen verschiedenen Summationsmethoden

\Vir wollen die Sätze von § 1 dazu benutzen, um einige Resultate aus ganz verschiedenen Gebieten abzuleiten.

1. Ein singtüäres Integral

Hat ein Integral der Form

" ] = j K(t tt, cx) l.P(u) du

a

die Eigenschaft, daß unter gewissen Voraussetzungen über l.P gilt:

b

lim /K(~. tt, cx) l.P(u) du= l.P(~), <X~:XQ~

so heißt J ein singzdäres Integral (cx0 ist meist gleich 0 oder oo). Beispiele sind das Dirichletsche Integral (S. 201), das Fejersche Integral

(S. 208) und das Integral, das in dem Beweis S. 290 vorkam. Ein weiteres Bei­spiel werden wir in Satz 2 [14. 1] kennenlernen. Im folgenden Satz handelt es sich um einen Spezialfall, bei dem nur der Wert ~ = 0 vorkommt.

Satz 1. Ist l.P(u) in u = 0 nach rechts stetig, so gilt*):

CX)

tp(x) = / 1p(x, u) l.P(u) du-+- l.P(O) jiir x-+- +0. u

Bemerkung: Die Gleichung zwischen l.P und tp stellt eine Funktionaltransfor­mation dar. Sie ist nicht zu verwechseln mit der S. 139 behandelten Transfor­mation, bei der nach der ersten Variablen in 1p integriert wird. - Das Integral für tp spielt in der Theorie der Wärmeleitung eine Rolle.

Beweis: Setzt man x 2/4 = s, 1ju = t, so nimmt tp(x) die Gestalt einer .\!-Transformation an:

00 00

m(x)=j· x e-x'f(4u)(_f)(tt)du=VTJe-•1 r 112 q>{!t_)dt. -r z V :n u 3/2 •• \

0 u

Wegen l.P(u) -+- l.P(O) für u -+- 0 ist

t_ 1,2 l.Pe-)-l.P(o)r 1' 2 für t-+-=.

alsonach Satz 1 [13. 1]:

tp(2 Vs)- v~ l.P(O) r;~2Z) = l.P(O) für s-+- 0.

----·------·--------

*) Siehe die Definition von tp(x, u) S. 50.

Page 455: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

462 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

2. Abelsche Limitierbarkeit von Funktionen als Folge der Cesarasehen

Satz 2. Ist eine ]-Funktion F(t) für t ~ cx::> nach Cesaro limitierbar von einer Ordnung k ~ 1, so existiert l!{F} für 9?.s > 0, und F(t) ist auch nach Abel­Poisson limitierbar zum gleichen Wert.

Beweis: Aus Satz 5 [13. 1] folgt für y = 1: Ist t

~ J F(r) dr ~ C für t ~ cx::>,

0

so existiert l!{F} für 9ts > 0, und es ist

sl!{F}~C für s~O.

Das ist auf Grund der Definitionen S. 312 und 160 unsere Behauptung für k = 1. Ist aber F(t) (C, k)-limitierbar mit 0 < k < 1, so ist F(t) nach dem Konsistenzsatz 1 [9. 1] auch (C, 1)-limitierbar.

Für k > 1 gilt nur folgendes eingeschränkte Resultat: Satz 3216 • Ist eine ]-Funktion F(t) für t +cx::> nach Cesaro limitierbar von

einer Ordnung k > 1 und ist l!{F} für 9?.s > 0 vorhanden, so ist F(t) auch nach Abel-Poisson limitierbar zum gleichen Wert.

Beweis: Nach Voraussetzung ist

Nach Satz 1 [13. 1] folgt hieraus:

0 {F * tk- 1} ~ C F(k) für 0 ~ sk+ 1 s ~ .

Wenn l!{F} für 9ts > 0 existiert, so ist nach Satz 6 [2. 15]:

l!{F*tk-1}=l!{F}·l!{t"-1}=l!{F}rs~) für %>0, also

s l!{F} ~ C für s ~ 0.

Daß aus der Cesaroschen Limitierbarkeit einer Funktion nicht ohne wei­teres die Abel-Poissonsche Limitierbarkeit folgt (im Gegensatz zu den Ver­hältnissen bei Folgen, siehe S. 160), hat natürlich denselben Grund wie die Tatsache, daß aus der Cesarasehen Summierbarkeit eines Integrals nicht ohne weiteres die Abel-Poissonsche Summierbarkeit folgt (siehe S. 329 und Satz 4 [9. 2]): Das Konvergenzgebiet von l!(kl{F} braucht nicht notwendig mit dem von ß{F}, bis auf Randpunkte, zusammenzufallen (siehe S. 328). Wäre näm­lich Satz 3 auch ohne die Voraussetzung der Existenz von ß{F} für 9ts > 0 rich-

t

tig, so würde er, wenn man ihn speziell einmal auf ein Integral F(t) = /F1(r) dr t ö

anwendet, besagen: «<st / F1 (r) dr = F1 * 1 (C, k)-limitierbar mit k > 1 zum <i

Page 456: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Singuläre Integrale. Verschiedene Summationsmethoden 463

Werte C, d.h. existiert _i!(kl{F1} fürs= 0, so existiert E{F1 * 1} für 9ts > 0, und es ist s .i!{F1 * 1}-+ C für s -+ 0. >> Dieser Satz würde zwar nicht genau die durch das Beispiel S. 328 widerlegte Aussage behaupten, daß aus der Kon­vergenz von _i!(kl{F1 } in s = 0 die Konvergenz von .i!{F1} für 9ts > 0 folgt, aber doch etwas ihr sehr Nahekommendes, nämlich die Konvergenz von .i!{F1 * 1} für 9ls > 0. Diese Behauptung können wir aber durch dasselbe Beispiel wider­legen, wenn wir an ihm eine nebensächliche Transformation vornehmen. Für die Funktion

war die Konvergenzabszisse von .i! (k) gleich -k (k ganzzahlig ~ 1), und zwar war s ==" - k selbst auch Konvergenzpunkt. Also ist für die Funktion

(k0 ~ 1)

_i!(k,l{F1} im Punktes= 0 konvergent. Für diese Funktion folgt durch wieder­holte partielle Integration:

t

F1 * 1 = 1 + ek,t cosn e 1 - k0 /ek,T cosn ey dr

0 t

= 1 + ek,t cosn e 1 - ko e(k,-I)t sinn e1 + !_ k0 (k0 -1) /e(k,-l)Y sinn eT dr. n n ~'

0

Für k0 = 2 ist das letzte Glied

beschränkt, sein .i!-Integral konvergiert also für 9ts > 0. Ferner konvergiert das .i!-Integral des ersten und dritten Gliedes für 9ts > 0, das des zweiten da­gegen für 9ts > 1. Also konvergiert .i!{F1 * 1} genau für 9ts > 1. - Man sieht analog fortfahrend, daß bei beliebigem k0 das .i!-Integral für 9ls > k0 - 1 konvergiert. Durch passende Wahl von k0 kann man also erreichen, daß die Konvergenzhalbebene von .i!{F1 * 1} beliebig weit rechts anfängt*) 217•

3. Abelsche Summierbarkeit von Reihen als Folge der Boreischen 00

Wir nannten früher (10. 5) eine Reihe L' c,. Borcl-summabel (kurz: B-sum-oo n-o

mabel) zur Summe l, wenn L' c,. x"fn! für alle x konvergiert und n-0

~ oo n

J e-"'~c _!_dx=l ~ n nl

0 n-0

----------------;--------,,---------*) Nur für k0 = 1 konvergiert ß{F1 * t}in Übereinstimmung mit Satz 2 für9ls > 0, wie man

dem obigen Ausdruck für F * 1 in der ersten Zeile ansieht.

Page 457: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

464 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

existiert. Borel hat ursprünglich für diese Methode eine andere Definition gegeben, die allerdings mit der vorigen nicht völlig äquivalent ist:

oo n Eine Reihe L; cn heißt B' -summabel zur Summe l, wenn mit Sn= L; c. die

oo tl=O J'=Ü

Reihe L; Sn tnjn! für alle t konvergiert und n-0

existiert.

oo tn lim e-t ~ s - · = l L.J n n! t~+oo n=O

Der Zusammenhang zwischen beiden Methoden ist folgender: Wenn die Reihe c0 + c1 + c2 + · · · B-summabel ist, so ist 0 + c0 + c1 --'- • • ·

B' -summabel zur gleichen Summe und umgekehrt*). Beweis: Wir zeigen: Wenn eine der beiden Reihen

konvergiert, so konvergiert auch die andere, und es gilt:

(1)

a) Konvergiert g(x) für alle x, d. h. ist g(x) eine ganze Funktion, so gilt das­selbe für

t

H(t) = e1 / e-x g(x) dx. u

00 H(t) muß also in eine beständig konvergente Potenzreihe .E ß(nl(O) tnjn! ent-wickelbar sein. Es ist n-o

t H(t) = e1fe-"' g(x) dx, also H(O) = 0;

0 t

H'(t) = et /e-"' g(x) dx + g(t) = H(t) + g(t), also H'(O) = 0 + c0 = s0 ;

ö H"(t) = H'(t) + g'(t), also H"(O) = s0 + c1 = s1 ;

H(nl(t) = = ß(n-ll(t) + g(n-ll(t), also ß(n)(O) = Sn-2 + Cn-1

= Sn-I• Folglich ist H(t) = h(t).

b) Die Reihe h(t) konvergiere für alle t. Dann gilt dasselbe für die Ableitung

*) Borel-summable Reihen verhalten sich, wie man an Beispielen zeigen kann, keineswegs so wie konvergente Reihen, bei denen man endlich viele Glieder wegnehmen darf, ohne die Kon­vergenz zu stören. Ist 0 + c0 + c1 + · · · summabel, so braucht c0 + c1 + · · · nicht durch die gleiche Methode summabei zu sein.

Page 458: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Singuläre Integrale. Verschiedene Summationsmethoden 465

also auch für die Differenz 00

h'(t)- h(t) = c0 + J.:(sn-sn-1) n~l

Nun kann man die Gleichung (1) wie unter a) beweisen. Es gilt also:

(2)

Ist c0 + c1 + · · · B-summabel, so hat die linke Seite für t -+ + oo einen Grenz­wert, also die rechte denselben, d.h. die Reihe mit den Partialsummen 0, s0 ,

s1 , ..• , d. i. die Reihe 0 + c0 + c1 + · · · ist B'-summabel zur gleichen Summe. Trifft umgekehrt das letztere zu, so hat die rechte Seite von (2) für t -+ + oo einen Grenzwert, also auch die linke, d. h. c0 + c1 + · · · ist B-summabel.

00

Satz4218 • Ist die Reihe J.: cn B'-summabel zur Summe l, d.h. n-0

00 t" F(t) = e-t,L;s,. 1 -+l für t-++oo,

n~O n.

00 00

und ist J.: Cn xn = <p(x) für I x I < 1 konvergent, so ist .E c.. auch nach Abel-n~o n-0

Poisson summierbar zur Summe l, d. h.

00

<p(x) = L;cn x" -+l für x-+ 1. n~O

Allgemeiner: Ist F(t) ~ l t"" für t-+ oo (9loc > -1),

so ist m(x)~ZT(r~;+1) f.. 1 T ( 1- x)"" ur x -+ '

00

d.h. die «Abel-Transformierte)> <p(x) einer Reihe .E Cn strebt für x-+ 1 in dem­n-o

selben Maße gegen 0 (-1 < 9loc < 0) oder einen Grenzwert (oc = 0) oder oo (9loc> 0) oder oszilliert (9loc=0) wie die <<Borel-Transformierte)> F(t) für t-++oo.

00

Bemerkung: Wenn .E c11 xn für I xl < 1 konvergiert, so gilt dasselbe für n~O

00

Hieraus folgt, daß .E S11 t"fn! überall konvergiert, so daß diese für die Anwend­n~o

barkeit des B'-Verfahrens notwendige Bedingung von selbst erfüllt ist. Beweis: E{F} existiert für 9ls > 0, da F(t) für t -+ oo einen Grenzwert hat,

und zwar ist 00 00 00 00 00

E{F}=f(s) = {e-<•+l)t ~s -~11-dt= ~~·Je-{s+l)ttndt= ~- __!r, L..i "n! L..in! L..i(s+1)n+l' 0 n~O n-0 0 n-0 Doetsch I /30

Page 459: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

466 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

wobei die Vertauschung von Summe und Integral nach Anhang Nr. 41 gestattet 00

ist, da .E I Sn l/(9ts + 1)n+ 1 für 9ts > 0 konvergiert. Aus F(t) ~ l ta. für t-+ = n-0

folgt nach Satz 1 [13. 1]:

f(s)~l !(~j--1) für s-++0. sa.+1

Dies nimmt mit 1 1-x

s-f-T = X, s = ~~~x

die Form an: oo ( X )a.+l

}.;sn xn+l ~ l T(oc + 1) T-x n-0

für X-+ 1-0

für x-+1.

Satz 4 läßt sich funktionentheoretisch deuten. Ist die durch ein Funktions­element

00 00

}.; an zn =}.;(an ein6) rn n-0 n-0

mit dem Konvergenzradius 1 definierte Funktion in einem Punkte ei6 des Einheitskreises holomorph, so ist sie dort sowohl nach Abel-Poisson als nach Borel summabel (ei6 liegt dann im Innern des Boreischen Summabilitäts­polygons, siehe S. 383). Ist der Punkt ei6 aber ein singulärer, so braucht weder das eine noch das andere der Fall zu sein (der Punkt liegt dann auf dem Rande des Summabilitätspolygons). Satz 4 besagt nun:

Satz 5 219 • Ist eine Potenzreihe in einem (singulären) Punkt des Konvergenz­kreises B'-summabel, so ist sie dort auch nach Abel-Poisson summabel.

Ist also kein radialer Grenzwert vorhanden, so ist die Reihe auch nicht nach Bcrel summabel.

§ 3. Vollständige Charakterisierung einer auf der Konvergenzgeraden liegenden Singularität der Laplace-Transformierten

In Satz 6 [13. 1] wurde auf Grund des asymptotischen Verhaltens der L-Funktion für t -+ =:

F(t) = A e5• 1 t"" + o(e'• 1 t"") (9toc > -1)

die Existenz einer Singularität s0 der l-Funktion auf der Konvergenzgeraden und das asymptotische Verhalten von f(s) in einem der Konvergenzhalbebene angehörigen Sektor der Umgebung von s0 erschlossen. Der eigentliche Charak­ter der Singularität (die Frage, ob sie isoliert liegt, und wenn ja, wie sich die Funktion in der übrigen Umgebung verhält) blieb unbekannt. Macht man über

Page 460: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Vollständige Charakterisierung einer Singularität 467

die Differenz F(t) - A e5• 1 t"' die bedeutend schärfere Voraussetzung, daß ihre ß-Transformierte über s0 hinaus konvergiert, so kann man den Charakter der Singularität in s0 vollständig feststellen, und zwar auch für Werte von ot, die vorhin ausgeschlossen waren.

Satz 1220• Die ]-Funktion F(t) sei für t ~ 1 in der Form

F(t) = A e••1 t"' + }\(t) (A, s0 und ot beliebig komplex) darstellbar, wo

00 I e-st }\(t) dt 1

eine Konvergenzabszisse ß1 < 9ts0 besitzt*). Dann existiert ß{F} = f(s) in der Halbebene 9ts > 9ts0 , läßt sich aber in die Halbebene 9ts > ß1 fortsetzen und dot·t fo darstellen:

I A _.l}x+ _!) -- + g(s) (s-so)"'+l

f(s) = .l ( -1}" 1 A -(p-..:::·i)T (s- s0)P- log (s- s0) + g(s)

für ot =F -1, -2, ...

für ot = - p (p = 1, 2, ... ) ,

wo g(s) eine für 9ts > ß1 holamorphe Funktion bedeutet. Beweis: Es ist

1 00 00

f(s) =I e-st F(t) dt +I e-st A e5• 1 t"' dt + / e-st F1(t) dt. 0 1 1

Das erste Integral ist für alles, das dritte für 9ts > ß1 holomorph, so daß wir bloß noch das zweite zu betrachten brauchen. Dabei können wir uns auf s0 = 0 be~chränken, da die Multiplikation der L-Funktion mit e•• 1 nur den Ersatz von s durchs- s0 in der l-Funktion bedeutet. Es handelt sich also um

00

J(s, ot) = r e- 81 t"' dt. i

1. Für 9tx > - 1 setzen wir

00 1

J(s, ot} =I e-st t"' dt- I e-st t"' dt. 0 0

Das erste Integral konvergiert für 9ts > 0, läßt sich aber in die ganze Ebene fortsetzen als die Funktion F(ot + 1)/s"'+l; das zweite Integral ist eine ganze Funktion.

2. Es sei 9tot ~ -1, aber ot =F -1, -2, . . . Dann folgt für 9ts > 0 durch partielle Integration

e-s s J(s, ot) = - IX+ 1 + -IX+{ J(s, ot + 1),

·····-------·--------

*) Dazu genügt es, daß F 1(t) = O(eHRs,-~)1) für t -+OO mit einem c5 > 0 ist.

Page 461: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

468 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

und so fortfahrend durch q-malige Anwendung der partiellen Integration:

f(s, ~) = -e-• (~: 1 + (oc+ ft(a+ z) + · · · + (a+-i(.~{~,:.qj) sq

+ (oc+1) .. :(oc+q) ](s,~+q).

(Da~ keine negative ganze Zahl ist, kann ~ + q nie 0 werden.) Der erste Sum­mand ist eine ganze Funktion. Wir wählen q so groß, daß 9t~ + q > -1 ist. Dann läßt sich auf ](s, ~ + q) das unter 1. gefundene Resultat anwenden:

J(s, ~ +q) = T(oc+_g.±_l) + ganze Funktion. s"+q+l

Das ergibt: sq T(oc+q+ 1) .

](s, ~) = ( 1) ( ) - ~-t(i-t-i.-- +ganze Funkbon oc+ ... oc+q s

T(oc+ 1) . - -- + ganze Funktwn. s"+l

3. Es sei schließlich~ eine negative ganze Zahl. Wir betrachten zunächst den Fall~= -1:

00 I e-•t ](s, -1) = - T dt für 9ts > 0.

1

Es ist für reelle s > 0 : 00 00 8 Je-u

](s, -1) = - u Je-u /(1 du = --;u-- du - u -1 1

s ! 1-e-u = const - log s + - - du.

u i

Die Funktion (1 - e-u)/u ist, wenn man sie für u = 0 durch ihren Grenzwert 1 definiert, eine ganze Funktion, ihr Integral also auch. Von den reellen s dehnt sich das Ergebnis auf alle komplexen s aus. Damit ist die Behauptung des Satzes für ~ = -1 bewiesen.

Ist nun ct = -p (p = 2, 3, ... ), so wählen wir in der unter 2. bewiesenen Formel q = p- 1 (das ist der größte Wert von q, für den wir sie noch an­wenden können) und erhalten:

( 1 sP-2 ) sP-1

=-e-\1-.:..p +"·+ (1..:.-p) .. :(--::1) + (1~pf:-"T-1) J(s,-1)

(-1)P l . - ----- -- sP- log s + ganze Funkbon (p-1)! .

Page 462: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Vollständige Charakterisierung einer Singularität 469

Anwendung

Mit Hilfe dieses Satzes können wir leicht das Residuum der Zetafunktion ins= 1 ableiten, das wir S. 413 gebraucht haben. Es ist

00 1 00

C(s) = E ns =I; an e-J-ns mit a,. = 1 und Än = log(n + 1). 11-1 n-0

Setzen wir .. A(t)=};ar=n+1 für log(n+1}<t<log(n+2)

•-0

== [et] = et- D-(t) [0 ~ D-(t) < 1] für t > 0,

so ist nach Satz 1 [2. 6]: 00

C(s) = s j e-•t A(t) dt. 0

Nach Satz 1 mit A = 1, s0 = 1, IX= 0, F(t) = - D-(t), also ß1 = 0, ergibt sich:

C(s) = 5 ~ 1 + g(s),

wo g(s) für 9ts > 0 analytisch ist. C(s) ist also in 9ts > 0 analytisch bis auf einen Pol erster Ordnungins = 1 mit dem Residuum 1. (S. 412 wurde gezeigt, daß C(s) in der ganzen Ebene bis aufs= 1 analytisch ist.)

In Satz 1 wurde aus dem vorausgesetzten Verhalten von F(t) auf eine Sin­gularität in s0 vom Charakter (s- s0)_"'_ 1 für alle IX =1= -1, -2, ... geschlossen. Für die Ausnahmewerte von IX ist (s- s0)_"'_ 1 in s0 holomorph, für sie tritt daher ein anderer Typus von Singularität auf, nämlich (s- s0)-"'- 1 log (s- s0).

Dieser seihe Typus läßt sich nun auch für alle übrigen IX erreichen, wenn für F(t) ein Verhalten anderer Art vorausgesetzt wird.

Satz 2 221 • Die ]-Funktion F(t) sei für t ~ 1 in der Form

F(t) = A e••t t"' (logt - T'(ot +1) .) + F, (t) . F(ot+l) 1

(A, s0 , IX beliebig komplex, aber IX =1= -1, -2, ... ) darstellbar, wo

00

je-•t F1(t) dt 1

eine Konvergenzabszisse ß1 < 9ts0 besitzt. Dann existiert i!{F} = f(s) in der Halb­ebene 9ts > 9ts0 , läßt sich aber in die Halbebene 9ts > ß1 fortsetzen und dort so darstellen:

F{ot+l) f(s) = -A (s-=.-s;;y<+T log (s- s0} + g(s),

wo g(s) eine für 9ts > ß1 holomorpke Funktion bedeutet.

Page 463: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

470 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

Beweis: Aus denselben Gründen wie bei Satz 1 genügt es zu zeigen, daß 00

f e-st try,(logt- TJ~~) dt =- rca."±"~) Iogs +ganze Funktion F(a.+1} 5ul

1

ist (IX * -1, - 2, ... ). Für reelle s > 0 und ganz beliebiges komplexes IX ist

j(s IX)= r:-st trx dt = l ·J:-z Zrx dz = 1 ·I f1e-z zrx dz +J

00

e-z zrx d), ' • 5 rx+1 5 rx+1 J

1 s s 1

In der längs der negativ reellen Achse aufgeschnittenen z-Ebene ist e-z zrx und 1

infolgedessen auch / e-= zrx dz eindeutig und analytisch, wobei das Integral s

z.B. über die geradlinige Verbindung von z = 1 und z = s zu erstrecken ist. Also ist ](s, IX) in die aufgeschnittene Ebene analytisch fortsetzbar. Ist IX* -1, -2, ... , SO gilt:

1 1 I• J oo •+rx oo 1-s•+rx+1 e-zzrxdz= _E(-1)• z,_ dz=_E(-1)" f ,

• v=O V. v-O V. (v+a.+l} s s

s• v! (v+a.+1)

F~n 9h > -1 ist 00 1 00

r(x -r- 1) ~~ je-• z<Y. dz = ;·e-z z'X dz + je-• z'X dz 0 u 1

1 00 P+CX Cf 00

= J E ( -1)" z v! dz +je- z z'X dz = E U •=0 1 •=U

Da die rechte Seite für alle IX* -1, -2, ... konvergiert und eine in IX analyti­sche Funktion darstellt, so gilt diese Gleichung für F(IX + 1) für alle IX mit Ausnahme von IX= -1, -2, ... Folglich ist

(1)

00

](s, IX}= {e-st trx tlt 1

= lJ(Jt+l) - ~ (-1)" 5 rx+1 ~

v=U für alle IX* -1, -2, ... ,

wobei die Summe eine ganze Funktion darstellt, so daß ](s, IX) nicht bloß in der aufgeschnittenen, sondern der vollen Ebene mit Ausnahme von s = 0 (als im allgemeinen vieldeutige Funktion) existiert*).

*) Das stimmt mit dem im Beweis von Satz 1 unter 1. und 2. auf anderem Weg erhaltenen Resultat überein.

Page 464: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Abelsche Sätze für die zweiseitige Laplace-Transformation 471

Differentiation der Gleichung (1) nach oc.liefert: 00

f e-st t-z. logt dt = _FJoc+~)_ - ,_!'(cx._+~) log s- ~ (-1t · ~~--- -- -s-z.+1 ' s-z.+1 ~ :v! (:v+et+1) 2 '

1 •-0 (2)

wobei die Differentiation unter dem Integral erlaubt ist, weil das entstehende Integral gleichmäßig in oc. konvergiert (Anhang Nr.18). Subtrahiert man von (2) die mit F'(oc. + 1)/F(oc. + 1) multiplizierte Gleichung (1), so ergibt sich

00

f -st t"' (1 t F'(et+l)) dt F(oc+l) I F kt" e og - -- -- =- ----- ogs +ganze un 1on F(oc+l) 5 cx+1 '

1

d.h. die ursprünglich nur für 9ts > 0 existierende linke Seite läßt sich in die ganze Ebene mit Ausnahme von s = 0 fortsetzen und hat in s = 0 eine Sin­gularität vom Typus - [F(oc. + 1)/s"'+ 1] log s.

§ 4. Abelsche Sätze für die zweiseitige Laplace-Transformation und die Mellin-Transformation

Da wir sie bei den Anwendungen in der Asymptotik später brauchen wer­den, führen wir noch die Abelschen Sätze für die Eu-Transformation an. Man erhält sie einfach aus den Sätzen für die Ex-Transformation, indem man

00 0

f(s) ~=/e- 81 F(t) dt +fe-st F(t) dt = II(s) + f2(s) () 00

schreibt und für f1 (s) die Voraussetzungen jener Sätze zugrunde legt, während man gleichzeitig dafür sorgt, daß / 2(s) an der singulären Stelle s0 von f1(s) holomorph ist. Das geschieht am einfachsten vermittels der Voraussetzung, daß F(t) = O(ex•1) für t + -oo mit einem x2 > 9ts0 sein soll. Wir begnügen uns damit, das Analogon zu dem in § 3 behandelten Satztyp aufzustellen, weil die Sätze dieses Typs bei den asymptotischen Entwicklungen später die wichtig­sten sein werden.

Satz 1. Die ]-FunktionF(t) (-oo < t < +oo) se·i für t + +oo in der Form

F(t) = A e••t t-z + O(e<!Rs.-.!JI) (A, s0 , oc. beliebig komplex, {J > 0)

darstellbar, während für t + -oo F(t) = O(e.%•1)

ist. Dann existiert En{F} = f(s) in dem Streifen 9ts0 < 9ts < x2 , läßt sich aber in den Streifen 9ts0 - {J < 9ts < x2 fortsetzen und dort so darstellen:

f(s) = (s-s0)cx+1 ( A !:(~_±.!L + g(s) für oc. 9= -1, -2, ...

A · (;~ijr (s- s0)P-1Jog (s- s0) + g(s) für oc. = -P (p = 1, 2, ... ) ,

wo g(s) eine für 9ts0 - {J < 9ts < x2 holamorphe Funktion bedeutet.

Page 465: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

472 13. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten an einer Stelle im Endlichen

Natürlich gilt ein entsprechender Satz, bei dem die Rollen von t = +oo und t = -oo vertauscht sind.

In den Anwendungen wird der Satz meist im Gewand der Mellin-Transfor­mation gebraucht, in dem er folgende Gestalt*) hat (e-t = z):

Satz 2. Die ]-Funktion (})(z) (0 < z < oo) sei für z + 0 in der Form

(})(z) = A zß (-logz)"' + O(z1RP+ 6) (A, ß, oc beliebig komplex, b > 0)

darstellbar, während für z + oo

ist. Dann existiert 9J1{(}}} = cp(s) in dem Streifen -9lß < ms < X2, läßt sich aber in den Streifen - 9lß - b < 9ls < x 2 fortsetzen und dort so darstellen:

cp(s) = f A T(l)(±_1) + g(s)

(s+ß)cx+l

l A (~-=_1lf! (s + ß)P-Itog (s + ß) + g(s)

fitr oc =1= -1, -2, ...

für IX = - p (p = 1, 2, ... ) ,

wo g(s) eine für- 9lß- b < 91s < x2 holamorphe Funktion bedeutet. Der Vertauschung von t = +oo mit t = -oo entspricht hier die Ver­

tauschung von z = 0 mit z = oo. Da der betreffende Satz später gebraucht wird, sei er eigens formuliert. Wegen

00 CO

/zs-1 (j)( ~) dz = /tt-•-1 (})(tt) du ~ . . &

gehört zu (}}(1/z) die ffil-Transformierte cp(- s). Man braucht also nur z durch 1/z und s durch - s zu ersetzen, um den Satz zu erhalten:

Satz 3. Die ]-Funktion (})(z) (0 < z < oo) sei für z + oo in der Form

(})(z) = A z-P(logz)"' + O(z-m.~- 6) (A, ß, oc beliebig komplex, b > 0)

darstellbar, während für z-+ 0

ist. Dann existiert 9J1{ (/)} = cp(s) in dem Streifen - x2 < 9ls < 9lß, läßt sich aber in den Streifen - x2 < 9ls < 91,8 + b fortsetzen und dort so darstellen:

f T(a+1) A (ß=. ~)<X+ I + g1(s)

cp(s) = l (-l)P ß P-1 A (p- 1)! ( -s) log(ß-s)+g1(s)

für IX =1= -1, -2, ...

für oc=-P (P=1,2, ... ),

wo g1(s) eine für- x2 < 9ls < 9lß + b holamorphe Funktion bedeutet.

*) Wir haben s0 = -ß gesetzt.

Page 466: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

473

14. KAPITEL

ABELSCHE SÄTZE ÜBER DAS VERHALTEN

DER LAPLACE-TRANSFORMIERTEN FÜRs+ oo

§ 1. Verhalten für s + oo in einem Winkelraum auf Grund von Voraussetzungen über das asymptotische Verhalten von F(t) für t + 0

Nach dem Zusatz zu Satz 1 [3. 6] strebt eine i!-Transformierte in jedem Winkelraum W(s0 , 1p < n/2) fürs (zweidimensional) + oo gegen 0. Macht man Voraussetzungen über das asymptotische Verhalten der L-Funktion für t + 0, so kann man über die Nullstrebigkeit der l-Funktion für s + oo schärfere asymptotische Aussagen machen.

Satz 1222• i!{F} = f(s) besitze eine Konvergenzhalbebene, und F(t) habe die asymptotische Eigenschaft:

Dann gilt: F(t),..., B tP für t + 0 (B beliebig komplex, 9tß > -1).

T(ß+l) f(s) ,..., B 57f+i. ,

wenn s in einem beliebigen Winkelraum W(s0 , 1p < n/2) zweidimensional gegen oo strebt.

Bemerkung: Dieser Satz sieht formalgenauso aus wie Satz 1 [13. 1], hat aber inhaltlich eine ganz andere Bedeutung. Wegen des Zusammenhangs der beiden Sätze siehe S. 523.

Beweis: Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit den Scheitel des Winkelraums in s0 = 0 annehmen, da jeder andere Winkelraum von einer Stelle an in einem solchen speziellen Winkelraum (mit geeignetem 1p) liegt. -Definieren wir e(t) für alle t durch die Gleichung

F(t) = B tP + e(t) tP,

so ist voraussetzungsgemäß e(t) + 0 für t + 0. In einer gewissen Halbebene ist

oo T oo

f(s) =fe-st B tP dt +fe-st e(t) tP dt + je-•t e(t) tP dt 0 0 T

T oo

= B F(ß+l) +Je-''e(t) tP dt + e-•T(e-•T e(-r + T) (-r + T)P d-r. 5 P+l

0 ü

Page 467: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

474 14. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten fürs+ oo

Zu vorgegebenem e > 0 wählen wir ein von jetzt an festes T so, daß I e(t) I ~ e für 0 < t ~ T ausfällt, und bezeichnen das letzte E-Integral auf der rechten Seite mit g(s). Dann ist

T

'f(s)- B T(ß+l) ~e{e-!Rs·tt'iRfldt+e-!Rs·Tig(s)l S'~+l "

u

:::;;; e _ _I'(~ I!±~) + e- !Rs·T I g(s) I - (~s)'iRfl+l ,

also (für j sfl I beachte man die Fußnote *) S. 457)

: f(s) r(;:11) - B ~ e fi.r/t1~? (-~5L)'iRfl+l e-3ß·arcs

+ JsJ'iRfl+l- e-3ß·arcs e-'iRs·T lg(s) I JT(ß+1)J ·

Schränken wir nun s außer auf die obige Halbebene noch auf den Winkelraum illi(O, "P < n/2) ein, so ist

JsJ < 1 und e-3ß·arcs ~ e'3ßl'P' ~S = COStp

ferner nach Satz 1 [3. 6]

g(s)=o(1) für lsl+oo.

Also ist in iiD für I s I + oo:

/() sß+l B: < T(~ß+1) ---~~~~~'~' . _ + o(e-rms lsl'iRß+l). s T(/J+1) - • = e -JT(ß+i)[ (costp)'iRfl+l

Man kannesogroß wählen, daß

o(e-rmslsl'iRfl+I)<e für lsl>einilli ist, und erhält:

f(s)rt::~) --B ~conste für lsl>einilli.

Als Anwendungsbeispiel für Satz 1 beweisen wir eine Eigenschaft eines ge­wissen singulären Integrals (vgl. S. 461), die in der Theorie der Wärmeleitung, der Statistik und vielen anderen Gebieten eine wichtige Rolle spielt.

(1)

Satz 2 223 • l/J(~) sei eine Funktion, für die das Integral

+oo

1_ r e-(x-1;)'/41 l/Jm d~ = q;(x, t) 2 Vnt •'

-00

Page 468: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Voraussetzungen über das Verhalten von F(t) für t-+ 0 475

fiir ein t = t0 > 0 und damit fiir 0 < t ~ t0 einen Sinn hat. An jeder Stelle x, fiir die

lim ~- [(f>(x + b) + (f>(x- b)] = ([>0(x) 6-+0

existiert, gilt: q;(x, t) -+ ([>0(x) fiir t -+ + 0.

Insbesondere gilt an jeder Stetigkeitsstelle von (f>(x):

q;(x,t)-+(f>(x) fiir t-++0.

Bemerkung: Das Integral (1) stellt bei festem t eine Funktionaltransfor­mation dar, die Gauß-Transformation 224 heißt, weil ihr Kern die Gaußsehe Fehlerfunktion mit dem Präzisionsmaß 1/(4 t) ist.

Beweis: Setzt man

~ = X+ v't' für X ~ ~ < +oo

und 1/(4 t) = s, so wird

=Vs-J~- .. -1 [(f>(x+VT)+([>(x-VT)]dr. n 2Vr

u Wenn

so ist nach Satz 1:

V_sn m(x, 1 ). ,...., ([> (x) T(!/2) für s -+ oo, T 4 5 o sl/2

das heißt q;(x, t) ,...., ([>0(x) für t -+ 0.

Der am häufigsten benutzte Spezialfall ß = 0 von Satz 1 lautet: Satz 3. 5.!{F} = f(s) besitze eine Konvergenzhalbebene, mtd F(t) habe einen

Grenzwert B fiir t -+ 0. Dann gilt:

Page 469: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

476 14. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten fürs-+ oo

Zusatz: Der Satz gilt bei reellem F(t) auch für B = oo, wenn s durch reelle Werte gegen oo strebt.

Eine andere Wendung dieses Satzes ist: Satz 4. Wenn der Grenzwert von F(t) für t -+ 0 existiert, ohne bekannt zu

sein, so definiere manF(t) von einer Stelle an so, daß E{F} = f(s) existiert. Dann läßt sich der Grenzwert von F(t) so bestimmen:

lim F(t) = lim s f(s). l-+0 S-+00

Satz 1 und 3 sind nicht umkehrbar. Gegenbeispiel:

F(t) := Je cos } , f(s) = v-~ e-v'2S cos VZ"; (<<Tabellen•> 5. 66).

Hier ist

s f(s) "* 0 für s -+ oo, aber F(t) ohne Grenzwert für t -+ 0,

ja sogar sß+ 1 f(s) -+0 für s -+oo bei beliebigem ß,

aber

~-~) ohne Grenzwert für t -+ 0 bei 'iJlß ~ - ~ .

Ähnlich wie Satz 1läßt sich folgende Verallgemeinerung beweisen: Satz 5. Ist F(t) reell und f(s) = E{F} in einer Halbebene vorhanden, so gilt

für ß > -1:

F(t) sß+ 1 ---- sß+ 1 - -- F(t) lim -- :S::: lim -- -- f(s) :S::: lim - - ------ f(s) :S::: lim - --fJ· • t~O tß - s-:_;oor(ß+l) - S->OOF(ß+l) t---+-0 t

Analog wie Satz 1 [13. 1] zu Satz 7 [13. 1] kann Satz 1 zu folgendem Satz verallgemeinert werden, den wir ohne Beweis anführen:

Satz 6225 • E{F} = f(s) besitze eine Konvergenzhalbebene, und F(t) habe die asymptotische Eigenschaft

F(t)- B tfl L(t) für t "* 0 (B beliebig komplex, 'iJlß > -1),

wo die positive, für 0 < t ~ t0 stetige Funktion L(t) die Bedingung

erfüllt. Dann gilt:

!:(~!)__-+ 1 für t-+ 0 bei jedem u > 0 L(t)

f(s)- B F(_ß__~)- L( 1-) für s (reell) -+ oo. sfl+l s,

Page 470: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Voraussetzungen über die Ableitungen von F(t) 477

Wenn L(t) eine Funktion im Sinne von Satz 7 [13. 1] ist, so ist L(1/t) eine Funktion im Sinne des gegenwärtigen Satzes 6. Standardtypen der Funktionen L(t) von Satz 6 sind:

1 1 1 log-t , log log-(, log log log-t , usw.,

sowie ihre Produkte und ihre Potenzen mit positiven und negativen Ex­ponenten.

§ 2. Verhalten fürs+= in einer Halbebene

auf Grund von Voraussetzungen über die Ableitungen von F(t)

Die allgemein geltende Aussage, daß f(s) = .s!{F} in jedem Winkelraum W(s0 , 1p < n/2) für s + = gegen 0 strebt, konnte schon früher (Satz 8 [3. 6 ]) in dem Fall, daß .s!{F} auf einer Geraden 9is = x0 gleichmäßig konvergiert, da­hin verschärft werden, daß f(s) in der Halbebene 9is ~ x0 für s + = gegen 0 strebt. Macht man gewisse Voraussetzungen über die Ableitungen von F(t), so kann die Stärke des Verschwindens von f(s) durch Potenzen abgeschätzt werden.

Satz 1. F(t) sei für t > 0 differenzierbar . .5!{ F'} konvergiere in einem reellen Punkt x0 > 0 und sei für 9is > x0 beschränkt. (Daztt genügt, daß .5!{ F'} für s = x0 absolut oder für 9is = x0 gleichmäßig konvergiert.) Dann gilt für .5!{ F} = f(s):

wenn s in der Halbebene 9is > x0 zweidimensional gegen= strebt. Beweis: Nach Satz 1 [2. 13) ist für 9ls > x0 > 0:

.s!{F'} = s f(s)- F0 ,

wo F0 den (sicher vorhandenen) Grenzwert von F(t) für t + 0 bedeutet, also

il{F'}+Fo f(s) = ··· ·· .

s

Aus der Beschränktheit von .s!{F'} folgt die Behauptung. Satz 1läßt sich so verallgemeinern: Satz 2. F(t) sez" für t > 0 n-mal differenzierbar . .s!{F(n)} konvergiere in dnem

reellen Punkt x0 > 0 und sei für 9is > x0 beschränkt. Die (vorhandenen) Grenzwerte

limF(t) = F0 , limF'(t) = F~, ... , limF(n- 2)(t) = FJn-2) I->+ 0 t-++0 I->+ 0

Page 471: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

478 14. I"ap.: Abelsche Sätze über das Verhalten fürs-+ oc

seien gleich 0*). Dann gilt filr E{F} = f(s):

wenn s in der Halbebene ffis > x0 zweidimensional gegen oo strebt. Beweis: Mit lim F(n-I)(t) = Fg•-I) ist nach Satz 2 [2. 13] für ffis > x0 > 0:

1->-+0

woraus die Behauptung folgt. In den Anwendungen kommt es manchmal vor, daß F(t) nicht für t > 0,

sondern erst von einer Stelle T an differenzierbar, aber zwischen 0 und T wenigstens von beschränkter Variation**) ist. Zur Erfassung dieses Falles dient folgende

Verschärfung des Riemann-Lebesguesclzen Lemmas 226 : Ist F(t) in 0 ~ t > T von beschränkter Variation, so ist

t

(e-iyT F(-r) d.,; = o(---!-) für I Yi -+ 00 . IYI 0

gleichmäßig in 0 s t ~ T. Beweis: Wir dürfen F(t) als reell annehmen. Dann läßt sich F(t) als Differenz

zweier positiven, monoton abnehmende;) Funktionen darstellen; es genügt also, den Satz für ein solches F(t) zu beweisen. Nach dem zweiten Mittelwertsatz (Anhang Nr. 43) ist für y =!= 0:

I x1 /. I siny.x1 . cos y T F(-r) d-r = F(O). cos y T d-r = F(O) y u 0

t ~

{sin y T F(-r) d-r = F(O) fsin y T d-r = F(O) l-_cos_y_x2_, ~ . y u 0

wo x1 und x2 gewisse \Verte zwischen 0 und t bedeuten, also

' I I !./ e-i}'T F(-r) d-rl' ~ IF(O)i (1~1 + -r:J) ,o

unabhängig von t. Hieraus leiten wir zunächst einen Satz über das E-Integral mit endlichen

Grenzen ab.

*j Andernfalls ist der Satz auf F(t)-F0 -F~t/1!-···-Fh"-2)t"-2/(n-2)! anzuwenden. **) Dann ist F(t) zwischen 0 und T nur fast überall differenzierbar.

Page 472: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Voraussetzungen über die Ableitungen von F(t) 479

Satz 3. Ist F(t) in 0 ~ t ~ T von beschränkter Variation, so 1:st

T

fe-•'F(t) dt = o(Ttr), u

wenn s in der Halbebene 9ls;;?; 0 Z'Weidimensional gegen oo strebt. Beweis: Mit s = x + i y folgt durch partielle Integration:

T T T t .fe-xt [e-iyt F(t)] dt = e-xT .fe-iyt F(t) dt + x.(e-xt dtje-iyr F(-,;) d-,;,

u 0 u 0

also für x ;;?; 0 :

i T . T i t . 1 .fe-st F(t) dtl ~ : fe-iyt F(t) dt[ + Max .(e-iyr F(-,;) d-,;i · (1- e-•T). : 0 . ~u 1 o<t<T 0

Nach der obigen Verschärfung des Riemannschen Lemmas ist somit gleich­mäßig in x ;;?; 0:

T r e-•t F(t) dt = 0 (·---1----_) für I y I -+ 00. " [Y[ 0

Beschränken wir s auf n/6 ~ I arc s I ~ n/2, so ist

I J'.l ;:::: sin n 1 [s[ - 6 2'

also gleichmäßig in x:

T

(1) je-• 1 F(t) dt = o(-~~-1 ) für lsl-+oo. 0

Da F(t) als Funktion von beschränkter Variation beschränkt ist: jF(t) I ~ M, so ist ferner:

: T T J · J 1-e-xT ! e-•tF(t) dt1 ~ M e-rxtdt = M -x

iU . U

also für x > 0 unabhängig von y:

T

je-• 1 F(t) dt = o( ~) für X-+ 00.

0

In larcsl < n/6 ist X :n; 1 V 1ST ;;?; cos 6" = 2 2 '

Page 473: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

480 14. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten fürs+ oo

also gleichmäßig in y :

T

(2) je-•'F(t)dt=o(Jh) für lsl+oo. 0

Aus (1) und (2) folgt, daß gleichmäßig in I arc s I ;;:;; TC/2 gilt:

T

.fe-• 1 F(t) dt = o(rh) für lsl +oo. u

Satz 4 227 • F(t) sei in 0 ;;:;; t ;;:;; T von beschränkter Variation und für t > T 00

differenzierbar. r e-st F'(t) dt konvergiere für ein reelles s = Xo > 0 und sei für f

9ts > x0 beschränkt. Dann gilt für ~{F} = f(s):

f(s) = o(Jh), wenn s in der Halbebene 9ts > x0 zweidimensional gegen oo strebt.

Beweis: In T oo

f(s) =.fe-st F(t) dt + .fe-•t F(t) dt = f1(s) + f2(s) 0 T

ist nach Satz 2

f1(s)=O(ih) für 9ts>O, alsofür9ts>x0 •

Weiter ist nach Satz 1 [2. 13], wenn wir

F(T) = lim F(t) t->-T+O

setzen, für 9ts > x0 :

00 00 [ 00 l fe-st F'(t) dt = e-sT Je-sr F'(T + r) dr = e-sT sje-sr F(T + r) dr- F(T) T 0 0

also

00

= sf e-st F(t) dt- F(T) e-s T,

T

I s f2(s) I ;;:;; ~ je-st F'(t) dt! + IF(T) I e-·•• T ;;:;; const. !T

Page 474: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. \"er;chwinden von F(t) in einem Intervall rechts von 0

§ 3. Verhalten für s ~ =, wenn F(t) in einem Intervall rechts von 0 verschwindet

481

Unter den Voraussetzungen von § 1 und 2 strebte f(s) fürs~= wiege­wisse Potenzen mit negativen Exponenten gegen 0. Wir werden jetzt F(t) solchen Bedingungen unterwerfen, daß f(s) exponentiell gegen 0 strebt.

Satz 1228 • Wenn E{F} = f(s) eine Konvergenzhalbebene besitzt und F(t) in 0 < t < a eine Nullfunktion ist, so ist

'ifJenn s in dem Winkelraum \.ffi(O, 1p < n/2) zweidimensional gegen= strebt. Beweis: Es ist

00 00

f(s) = le-st F(t) dt = e-as r e-ST F(a + -r) d-r:. :> 0

Nach Satz 1 [3. 6] ist 00

je-ST F(a + -r:) d-r: = o(1), 0

wenn s in l.ffi zweidimensional gegen = strebt, also

In W ist \Rs > ls! = COS1p,

also

Ganz analog folgt aus Satz 8 [3. 6]: Satz 2. Wenn E{ F} auf der Geraden 9ts = x0 für I y I ~ y0 gleichmäßig kon­

vergiert und F(t) in 0 < t < a eine Nullfunktion ist, so ist

f(s) = o(e-a1Jts) für s ~=in 9ts ~ x0 •

Statt der gleichmäßigen Konvergenz wollen wir nun die weniger einschnei­dende Voraussetzung machen, daß f(s) = E{F} eine Beschränktheitshalbebene und damit eine Beschränktheitsordnung v (siehe S. 185) besitzt. Diese muß in unserer jetzigen Ideenrichtung eine Rolle spielen, weil sie etwas darüber aus­sagt, wie sich die obere Grenze von lf(s) I auf einer Vertikalen 9ts = x verhält, wenn x gegen = strebt. Wir werden im folgenden einen präzisen Zusammen-

Doctsch I /31

Page 475: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

482 14. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten fürs+ oo

hang zwischen dieser für das Verhalten von f(s) für s + oo charakteristischen Größe und dem Verhalten von F(t) in der Umgebung von t = 0 herstellen. Zunächst zeigen wir:

Satz 3229 • Wenn f(s) = ~{F} eine Beschränktheitshalbebene. besitzt und F(t) in 0 < t < a eine Nullfunktion ist, so ist die Beschränktheilsordnung v ~ a.

Beweis: Nach Satz 9 [3. 8] ist (x reell)

Nach Satz 1 ist

also

. log lf(x) I -v = hmsup --- - . X

X--+00

f(x) = o(e-a"'),

. log lf(x) I hm sup -- ----- ::::::; -a. X -

X--+00

Folglich ist - v ~ - a oder v ~ a. Nunmehr beweisen wir die Umkehrung von Satz 3. Satz 4. Wenn f(s) = ~{F} eine Beschränktheitshalbebene besitzt und die Be­

schränktheitsordnung v > 0 ist, so ist F(t) in 0 < t < v eine Null/unktion. Beweis: a) v sei endlich. Zu ~ > 0, das so klein gewählt sei, daß noch

- v + ~ < 0 ist, gibt es nach der Definition von v ein x0 so, daß (s = x + i y)

(1) !f(s) I < e(-v+b)x für X> x0

ist. Wir können x0 > 0 und im Innern der Konvergenzhalbebene von ~{F} gewählt denken. Dann ist nach Satz 1 [4. 5]:

t x0 +iw

JF(r:) dr: = lim -- ~. ( et• _!is)_ ds 2 :n: ~ s

w~oo •. 0 X0 -tW

(t ~ 0).

Nach dem Cauchyschen Satz kann man die Integrationsstrecke durch einen die Punkte x0 - i w, x0 + i w verbindenden, in 9ts ~ x0 verlaufenden Kreis­bogen um s = 0 vom Radius (! ersetzen, und hat dann den Grenzübergang (! + oo statt w + oo zu machen*). Auf dem Kreisbogen ist s = (! ei 6 , wobei den Punkten x0 ± i w die Werte {} = ± {}0 {{}0 < n/2) entsprechen mögen. Wegen (1) ist

+~ n~

lfets f(s) 4~1 ~I e(t-v+6)QcosD d{} < zf e(t-v+6)Qcos{} d{}. -60 0

*) Zum folgenden vgl. den Beweis von Satz 1 [4. 7].

Page 476: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Verschwinden von F{t) in einem Intervall rechts von 0 483

Die cos-Kurve verläuft im Intervall 0 ~ {} ~ n/2 oberhalb ihrer Sehne, also ist dort

cos{}~ 1- ~ {}. :n;

Demnach ist

:n:/2

!fets f(s) -~~I < 21 e(t-v+ö)e[l-(2/n)O) d{}

0

1- e (t-v+ ö)e

=2 -(2/:n:)(i~v+o)e-+0 für e+oobeit-v+t5<0.

Also ist t

{ F(r:) dr: = 0 für t < v - lJ 0

oder, da (J beliebig klein sein kann, für t < v. b) Es sei v = oo. Dann ist in dem vorigen Beweis -v + (J durch -K mit

beliebig großem K zu ersetzen, und es folgt, daß

t

(F(r:) dr: = 0 für t < K, .;

0

also für alle t ~ 0 ist. Satz 3 und 4 zusammengenommen, liefern nun den angekündigten Zusam­

menhang zwischen v und dem Verhalten von F(t) bei t = 0: Satz 5. f(s) = l!{F} besitze eine Beschränktheitshalbebene und daher eine Be­

schränktheitsordnung v ~ 0. Es sei a0 die obere Grenze der a > 0, für die F(t) in 0 < t < a eine Nullfunktion ist. (a0 kann +oo sein.) Existieren solche a nicht, so sei a0 = 0. Dann ist v = a0 •

Beweis: Ist a0 = 0, so muß v = 0 sein. Denn wäre v > 0, so wäre nach Satz 4 F(t) in 0 < t < v eine Nullfunktion, also a0 ~ v > 0. - Ist a0 > 0 und endlich, so ist für jedes a < a0 nach Satz 3 v ~ a, also auch v ~ a0 • Wäre v > a0 , so wäre nach Satz 4 F(t) eine Nullfunktion in 0 < t < v, im Wider­spruch zu der Definition von a0 • Also ist v = a0 • - Ist a0 = oo, so ist für jedes a > 0 nach Satz 3 v ~ a, also v = oo.

Satz 5 zeigt, daß der Fall v = oo nur für eine Funktion F(t) eintreten kann, die durchweg eine Nullfunktion ist. Dann ist aber f(s) = 0. Unter Benutzung von Satz 9 (3. 8] ergibt sich hieraus:

Satz 6. Genügt f(s) = l!{F} für jedes noch so große K der Abschätzung (s = x + i y):

Jf(s) J < e-Kx für X+ oo,

Page 477: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

484 14. Kap.: Abelsche Sätze über das Verhalten fürs+ oo

oder hat f(s) eine Beschränktheitshalbebene und genügt für reelles= x bei beUebig großem K der Abschätzung

!f(x)j<e-Kx für x+oo,

so ist f(s) = 0. Ist also eine beliebige, in einer Halbebene analytische Funktion f(s) =I= 0

und ist !f(s) I < e-Kx für x + oo bei jedem K, so kann sie keine E-Transfor­mierte sein.

Page 478: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

(1)

485

15. KAPITEL

ABELSCHE SÄTZE

FÜR DAS KOMPLEXE UMKEHRINTEGRAL

§ 1. Verhalten des komplexen Umkehrintegrals für t + ± oo

auf Grund gleichmäßiger Konvergenz

Das in der Theorie der E1- und Eu-Transformation auftretende Integral

a+ioo

1 ;· F(t) = ? . . et•f(s) ds -nz

a-ioo

spielt dort die Rolle einer Umkehrung, kann aber auch als selbständige Trans­formation betrachtet werden. Ist die Funktion f(s) eine Ex-Transformierte, so ist sie in einer Halbebene, ist sie eine Eu-Transformierte, so ist sie in einem Streifen analytisch. Von f(s) als analytischer Funktion wollen wir in den Paragraphen· 2 bis 5 ausgehen. In § 1 setzen wir nur voraus, daß f(s) auf der Geraden 9ls = a definiert ist, ohne uns darum zu kümmern, ob f(s) auch außer­halb existiert oder gar analytisch ist. (Natürlich ist dann (1) im wesentlichen mit der Fourier-Transformation äquivalent.) Wir fragen auch nicht danach, ob die durch (1) definierte Funktion F(t) die Eigenschaft hat, daß E1{F} oder Eu{F} gleich f(s) ist, sondern betrachten (1) als Transformation für sich.

In den Anwendungen wird uns (1) in dieser Betrachtungsweise (d.h. die Gerade 9ls = a nicht als in ein Gebiet der Holomorphie von f(s) eingebettet, sondern isoliert angesehen) vor allem dann entgegentreten, wenn es auf Grund des Cauchyschen Integralsatzes durch das uns von vielen früheren Gelegen­heiten her bekannte Verschiebungsmanöver gelungen ist, die Integrations­gerade bis auf den Rand der Holomorphiehalbebene (bzw. des Holomorphie­streifens) von f(s) zu verlegen, wo f(s) in der Tat keinerlei analytisches Ver­halten mehr zu zeigen braucht.

Die Sätze dieses Kapitels gelten auch, wenn (1} nur alsHauptwert konvergiert. Mit s = a + i y erhalten wir:

+oo

F(t) = /n eat J eHII f(a + i y) dy. -00

Page 479: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

486 15. Kap.: Abcische Sätze für das komplexe Umkehrintegral

Über das rechtsstehende Fourier-Integral kennen wir einen (und übrigens nur einen) Satz, der etwas über sein Verhalten für t-+ ±oo aussagt, nämlich die Erweiterung des Riemann-Lebesgueschen Lemmas S. 171: Das Fourier-Inte­gral strebt für I t I -+ oo gegen 0, wenn es für I t J ~ T gleichmäßig konvergiert. Das ist insofern ein Satz von Abelschem Charakter, als die gleichmäßige Kon­vergenz von dem Verhalten von f(a + i y) für I y I -+ oo abhängt, und hieraus auf das Verhalten von F(t) für I t I -+ oo geschlossen wird. (Dieser Satz ist seiner Allgemeinheit wegen dem Satz, daß eine Er-Transformierte in jedem Winkelraum W(s0 , tp < n/2) fürs -+oo gegen 0 strebt, an die Seite zu stellen.) Damit erhalten wir das Resultat:

Satz l23o. Ist +oo

(2) / eitv f(a + i y) dy -00

für t ~ T gleichmäßig konvergent*), so gilt:

a+ioo

F(t) = Z~i / e1• f(s) ds = o(eat) für t-+ +oo. a -ioo

Das gleiche gilt für t-+ -oo, wenn (2) für t;;:;; -T gleichmäßig konvergiert. Bemerkungen: 1. Man beachte, daß die gleichmäßige Konvergenz von (2),

nicht die von (1) vorausgesetzt wird. (2) kann gleichmäßig konvergieren, ohne daß (1) es tut, und umgekehrt, weil der Faktor eat stören kann.

2. Aus der gleichmäßigen Konvergenz von (2) für t ~ T folgt nicht die für t ;;;;;; - T, obwohl e-i ty = ifiY, weil f(a + i y) im allgemeinen komplex ist.

3. Die Abschätzung für F(t) ist um so besser, je kleiner a bei t-+ +oo und je größer a bei t-+ -oo ist.

Man kann die Aussage von Satz 1 verfeinern durch Hinzufügung von Vor­aussetzungen über die Ableitungen von f(a + i y), ähnlich wie es in 14.2 für den obenerwähnten Satz über die Nullstrebigkeit der E1-Transformierten ge­schah.

+oo *) Das ist insbesondere der Fall, wenn J jf(a + i y) j dy konvergiert. Diese Bedingung ist

-00 aber schon bei ganz harmlosen Funktionen selten erfüllt, während sich die gleichmäßige Konvergenz oft leicht nachweisen läßt. So ist z. B. für f(s) = IfsiX (0 < cx;;:;; I) das Integral mit a * 0 nicht ab· solut, aber für t ~ T > 0 gleichmäßig konvergent, wie folgende Umformung durch partielle Integration zeigt:

eity ----- _1: ----1+00 + (X +r~ity - --~y . it (a+iy)"'! Y Y (a+1y)h1

eitY

it 1

+ (a+i Y)a

(X +oo

• dy I eitv Y (a+iy)"'+1

Page 480: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Verhalten für t + ± oo bei gleichmäßiger Konvergenz 487

Satz 2. Die n ersten Ableittmgen (n ~ 1) von f(a + i y) nach y seien für alle y vorhanden. Die Funktionen

f(a+iy), f'(a+iy), ... , f(n-l)(a+iy)

mögen für y + ±oo den Grenzwert 0 haben. j("l(a + i y) sei eine ]-Funktion. Ferner konvergiere

+oo r eity f(n)(a + i y) dy -CO

gleichmäßig für t ~ T. Dann ist die dttrch (1) definierte Funktion für t ~ T vorhanden, und es gilt:

F(t) = o(t-" ea 1) fiir t + +oo.

Beweis: Durch wiederholte partielle Integration folgt:

+oo + w f eity f(nl(a + i y) dy = lim r eity j("l(a + i y) dy • (U~OO ..

-oo -w

+oo

= -i t j eity f(n--Il(a + i y) dy -00

+oo

= (-i t)2 j eity f(n-2l(a + i y) dy -00

+oo

= (-i tt j eity f(a + i y) dy. -oo

Hieraus ergibt sich zunächst die Existenz des Integrals (1) für t ~ T, ferner die Gleichung

+oo

F(t) = -z--~ i (- i W" eat j eity f("l(a + i y) dy, -oo

aus der die Behauptung folgt. Bemerkung: j(nl(a + i y) braucht nicht für alle y zu existieren. Es genügt,

daß f("l(a + i y) für fast alle y vorhanden und eine ]-Funktion ist.

Page 481: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

488 15. Kap.: Abelsche Sätze für das komplexe Umkehrintegral

§ 2. Verhalten für t-+ +oo, wenn /(s) links, und für t-+ -oo, wenn/(s) rechts vom Integrationsweg eine isolierte singuläre Stelle besitzt

Von jetzt an nehmen wir f(s) als analytisch in einem den übrigen Voraus­setzungen augepaßten Gebiet an. In diesem Paragraphen möge f(s) analytisch in einem Vertikalstreifen sein bis auf eine Stelle s0 , wo eine wesentliche oder außerwesentliche Singularität vorliegen soll, in deren Umgebung f(s) eindeutig ist. Das Umkehrintegral soll zunächst über eine Vertikale in dem Streifen er­streckt werden, die den singulären Punkt zur Linken läßt. Unter geeigneten Voraussetzungen über das Verhalten von f(s) im Unendlichen werden wir den Integrationsweg über die singuläre Stelle hinwegverschieben und durch das auftretende Residuum einen asymptotischen Ausdruck für F(t) hinsichtlich t-+ +oo erhalten. Etwas Ähnliches wurde bereits in 7. 3 durchgeführt. Dort hatte f(s) links von der Integrationsgeraden im allgemeinen unendlich viele singuläre Stellen, und wir gingen darauf aus, für F(t) aus deren Residuen eine konvergente unendliche Reihe aufzubauen. Jetzt handelt es sich nur um eine singuläre Stelle und statt der Konvergenz für alle t > 0 um asymptotische Darstellung für t -+ oo.

Liegt die singuläre Stelle rechts vom Integrationsweg, so ergibt sich eine entsprechende Aussage für t-+ -oo.

Wie in § llassen wir es offen, ob f1 = ~1{F} oder ~n{F} ist oder ob keines von beiden zutrifft 231•

Satz 1. f(s) sei analytisch in dem Streifen x1 ~ 9ts ~ a außer in s0

(x1 < 9ts0 < a), wo die Funktion f(s) eine isolierte singteläre Stelle hat, in deren Umgebung sie eindeutig ist. Der die Singularität charakterisierende Hauptteil der Laurent-Entwicklung bei s0 habe die Gestalt*)

(1) ak + ... + (s- so)k + ....

In dem Streifen sei f(x + i y) -+ 0 gleichmäßig in x, wenn y gegen ± oo strebt. Das Integral

+oo

/ eit11 f(x1 + i y) dy -00

sei für t ~ T > 0 gleichmäßig konvergent. Dann ist

a+ioo

2 ~ i / et• f(s) ds = F(t) a-ioo

*) Bricht die Reihe mit dem k-ten Glied ab, so liegt ein Pol k-ter Ordnung, im anderen Fall eine isolierte wesentliche Singularität vor.

Page 482: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Singuläre Stelle links oder rechts vom Integrationsweg 489

für t ~ T konvergent, und für F(t) gilt die asymptotische Relation:

(2) F(t)=e5' 1(a1 + ~~ t+ .. ·+ (k_~klfi tk-l+ .. ·)+o(e"' 1) für t++oo,

also

Beweis: Bildet man ein Rechteck aus den Vertikalen ~s = x1 , ~s = a und den Horizontalen ,3s = ± w, so ist bei Integration über den Rand:

1 /. t s I( ) d R 'd t s /( ) . s t ( a2 ·) 2. ---. e . s s = es1 uum von e s m s0 = e • a1 + -1-1- t + .. ·_

'Jl ·t .., L':_ •

(vgl. S. 272). Für w + oo streben die Integrale über die Horizontalseiten gegen 0, weilf(s) gleichmäßig gegen 0 strebt. Da mit t ;:;;; T

.x1 +iw +w 1 • 1 f .

2 i i j ets f(s) ds = Zn etx, e't.v f(xl + i y) dy :t1 -iw -w

nach Voraussetzung für w + oo einen Grenzwert hat, so gilt dasselbe für

und es ist x. + i 00

2~i I ets f(s) ds + :r1 -ioo

Da nach Satz 1 [15. 1]

Xt +ioo

a+iw

·) 1 . J' e15 f(s) ds, - :n; t •

tl-lW

a+ioo

2 ~ i r ets f(s) ds = es,t (al + -f-j t + .. } •: a-too

2 ~i j e15 f(s) ds = o(ex'1) für t + +oo Xt-iOO

ist, so steht die erste Behauptung da. Die zweite ergibt sich daraus, daß

00

Zusatz: Da}; akf(s - s0)"' für jedes noch so kleine I s - s0 I = c. konvergiert, k-1 00

so ist ak = O(t:k) und}; ak+l t"'fk! = O(e' 1) bei jedem c. > 0. k-o

*) Diese Relation ist nicht etwa als eine Darstellung von F(t) durch eine asymptotische Reihe im Sinne von Poincare aufzufassen, wie wir sie im II. Band behandeln, und bei der zur Approxima­tion jeweils nur endlich viele Glieder benutzt werden. Vielmehr ist die Reihe auf der rechten Seite als eine geschlossene Funktion anzusehen, die zur Approximation von F(t) dient.

Page 483: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

490 15. Kap.: Abelsche Sätze für das komplexe ernkehrintegral

Der Satz läßt sich unmittelbar auf den Fall verallgemeinern, daß f(s) in dem Streifen links vom Integrationsweg endlich viele Singularitätm hat.

Bei dieser Gelegenheit sei eine Bemerkung eingeflochten, die ganz allge­mein für asymptotische Ausdrücke, i1t denen Exponentialfunktionen vorkommen, von Bedeutung ist. Wir nehmen der Einfachheit und Deutlichkeit halber an, daß die Singularitäten von f(s) einfache Pole sind. Hätten wir weiter nichts bewiesen, als daß einem Pol s0 von f(s) die Relation

entspricht, so wäre es sinnlos, neben einem Pol s0 einen weiteren s1 mit 9ts1 < 9is0

in Betracht zu ziehen. Denn der mit der Vergleichsfunktion e"•1 verbundene Fehler o(e\Jls•· 1) wäre von höherer Größenordnung als die Vergleichsfunktion e"•1, diese würde also in jenem Fehler völlig untergehen. In diesem Fall kämen daher nur die Pole in Betracht, die am weitesten rechts liegen und denselben Realteil haben. Im obigen Fall haben wir aber bewiesen, daß der Fehler für alle Vergleichsfunktionen gleich o(e'"•1), also von geringerer Größenordnung als jede einzelne Vergleichsfunktion ist, so daß es durchaus sinnvoll ist, sämt­liche Vergleichsfunktionen mitzuführen.

Ganz analog beweist man folgenden Satz 2. f(s) sei analytisch in dem Streifen a ~ 9is ~ x2 außer in s0

(a < 9is0 < x2), wo die Funktion f(s) eine isolierte singuläre Stelle hat, in deren Umgebung sie eindetttig und daher in der Form ·

(3) 00

f(s) = holamorphe Funktion+ "'-- -~·--­~~ (s-s0)•

darstellbar ist. In dem Streifen sei f(x + i y) + 0 gleichmäßig in x fitr y + ±oo. Das Integral

+oo r eil)' f(x2 + -i y) dy ·' -00

sei für t ~ - T < 0 gleichmäßig konvergent. Dann ist

a+ioo

zl ( ./ e1" f(s) ds = F(t) a-ioo

für t ~ - T konvergent, und es gilt die asymptotische Relation:

(4)

also

00

F(t)=-e"•1E~--t•- 1 +o(e .. •1) für t+-oo, •-l (v-1)!

für t + -oo.

Page 484: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Singuläre Stelle links oder rechts vom Integrationsweg 491

Satz 2 folgt auch aus Satz 1 auf Grund der Tatsache, daß

-a+ioo a+ioo

2 ~i / c 18 f(-s)ds= 2 ~i /e-1•f(s)ds -a-ioo a-zoo

ist, d.h. daß dem Übergang von f(s) zu f(-s) der Übergang von F(t) zu F(-t) entspricht.

Mit Rücksicht auf spätere Anwendungen wollen wir den Sätzen 1 und 2 noch die Gestalt geben, die sie annehmen, wenn man vermittels der Substi­tution e-t = z das komplexe Umkehrintegral der ~-Transformation durch das der 9J1-Transformation ersetzt.

Satz 3. cp(s) sei analytisch t'n dem Streifen x1 ~ 9ts ~ a außer in s0

(x1 < 9ts0 < a), wo die Funktion cp(s) eine isolierte singuläre Stelle hat, in deren Umgebung sie eindeutig ist. Der Hauptteil der Laurent-Entwicklung bei s0 habe die Gestalt

a,,. + ... + (s-so)k + .. ·.

In dem Streifen sei cp(x + i y)-+ 0 gleichmäßig in x für y-+ ±=. Das Integral

+oo

/ z-i" cp(x1 + i y) dy -00

sei für 0 < z ~ Z gleichmäßig konvergent. Dann ist

a+t"oo 1

2ni r z-• cp(s) ds = <P(z)

·~ a-too

für 0 < z ~ Z konvergent, und es gilt die asymptotische Relation:

(5) <P(z) = z-•·(a1 + rt (-logz) + ... + {k_~kl) 1 (-logz)k-l + ... ) + o(z-x')

für z-+ 0, also

<P(z)~z-••(a1 + ·~·~ (-logz) + ... + (k~-\)f (-logz)k-l + ... ) für z-+ 0.

Satz 4. cp(s) sei analytisch in dem Streifen a ~ 9ts ~ x2 außer in s0

(a < 9ts0 < x2), wo die Funktion cp(s) eine isolierte singuläre Stelle hat, in deren Umgebung sie eindeutig und daher in der Form

00

cp(s) = holamorphe Funktion +}; ( ~· ,,. v~l S So,

Page 485: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

492 15. Kap.: Abcische Sätze für das komplexe Umkehrintegral

darstellbar ist. In dem Streifen sei !p(X + i y) -+ 0 gleichmäßig in x für y -+ ± oo. Das Integral

+OO

/ z-i!l !p(X2 + i y) dy -oo

sei für z ~ Z gleichmäßig konvergent. Dann ist

a+ioo 2: i / z-8 !p(s) ds = 4>(z) a-ioo

für z ~ Z konvergent, und es gilt die asymptotische Relation:

(6)

also

""() -s.~(-1)7a7 (1 )•-1 f"" wz-z Jt.J-- -·---- ogz ur z-+oo. •= 1 (v-1)!

Wie eingangs betont, ist es bei diesen Sätzen gleichgültig, ob F(t) und f(s) bzw. 4>(z) und IP(s) durch die E- bzw. IDl-Transformation zusammenhängen oder nicht. Durch Hinzufügung gewisser Voraussetzungen über f(s) bzw. IP(s) kann man es natürlich erreichen, daß diese Beziehung von vornherein feststeht. Solche Bedingungen haben wir in 7. 2 und im IV. Teil kennengelernt, aber es würde viel zu weit führen, die durch Einführung dieser Bedingungen entstehen­den Spezialisierungen der Sätze 1 bis 4 alle aufzuzählen. Wir wollen als Muster­beispiel lediglich die Modifikation von Satz 4 nennen, die hervorgeht, wenn man die Voraussetzungen so wählt, daß qJ(s) zur Klasse b (siehe 11. 2) und daher 4>(z) zur Klasse ~ gehört.

Satz 5. qJ(s) sei analytisch in dem Streifen a :;:;;; 9ts :;;; x2 außer an der Stelle s0 (a < 9ts0 < .~2), in deren Umgebung die Funktion sich in der Form

00

!p(s) = holomorphe Funktion+};(- _a. __ )• v=l S-So

darstellen läßt. In dem Streifen sei gleichmäßig in x

(7)

Dann konvergiert

(8) 1

2:rd

a+ioo

/ z- 8 qJ(s) ds a-ioo

Page 486: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Singuläre Stelle links oder rechts vom Integrationsweg 493

in dem Winkelraum larc zl < &0 (mit Ausnahme von z = 0 und z = oo) und stellt dort eine analytische Funktion 4>(z) dar, die die Beziehung 9R{4>} = tp(s) erfüllt und für die die asymptotische Relation gilt:

4>(z) = z-•·i; ((~~);)~p (log zt- 1 + o(lzl-""•) für lzl-+oo, P-1

gleichmäßig in jedem Winkelraum larczl ~ &0 - e < &0 •

Beweis: In dem Teilstreifen a;:;:;; 9ts ~ 9ts0 - <5 (<5 > 0) ist tp(s) eine Funk­tion der Klasse b, die dort durchweg einer Abschätzung ltp(s)l < C e- 6·'~· unterliegt. Nach Satz 1 [11. 2] ist daher die durch (8) definierte Funktion 4>(z) in larczi < {}0 vorhanden und analytisch, und es ist 9R{4>}= tp(s). Da tp(x + i y) -+ 0 gleichmäßig in a ;:;:;; x ~ x2 für I y I -+ oo, kann wie im Beweis von Satz 1 der Integrationsweg in (8) an die Abszisse x2 verlegt werden, wenn dabei das Residuum in s0 in Rechnung gestellt wird. Nun ist

x1 +ioo +oo

/ z-• tp(s) ds = z-""·./z-iJ• tp(x2 + i y) i dy X2 -iOO -00

+oo

= z-""·f e-iylogl•l [eyarcz tp(x2 + i y)] i dy. -00

Wegen (7) ist +oo +oo

/e}"arc•ltp(x2 + i y)l dy ~ clfeyarcz-e. }" dy, -oo -00

also für larczl ~ {}0 - e konvergent. Das Integral auf der rechten Seite von (9) ist daher für alle z .mit I arc z I ;:;:;; {}0 - e (z =1= 0) gleichmäßig konvergent, strebt also nach der Erweiterung des Riemann-Lebesgueschen Lemmas (S.171) für lzl-+oo gegen 0. Die rec:Q.te Seite von (9) ist somit gleich o(lzl-""•).

Hätte man sich auf die Tatsache gestützt, daß tp(s) in dem Teilstreifen 9ts0 + <5 ;:;:;; 9ts ;:;:;; x2 eine Funktion der Klasse b ist, und hätte Satz 1 [11. 2] angewendet, so wäre nur

x1 +ioo

i / z-•tp(s)ds <C2Izl-""• für lzl>1, !x1 -ioo

also O(lzl-.-•) herausgekommen.

Page 487: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

494 15. Kap.: Abelsche Sätze für das komplexe Umkehrintegral

§ 3. Verhalten für t-+ +oo auf Grund des asymptotischen Verhaltens von/(s) an einer Stelle links vom Integrationsweg

Die Sätze 1 und 2 [15. 2] kann man als Umkehrungen der Sätze 1 [13. 3] und 1 [13. 4], und die Sätze 3 und 4 [15. 2] als Umkehrungen der Sätze 2 und 3 [13. 4] für die Fälle cx = 0, 1, 2, ... ansehen. Daß die Umkehrungen für cx =1= 0, 1, 2, ... in § 2 nicht vorkommen konnten, liegt an der dort benutzten Methode des Residuenkalküls, bei der der Integrationsweg über die singuläre Stelle s0 von f(s) weggezogen wird, was die Eindeutigkeit von f(s) in der Um­gebung von s0 voraussetzt. Ist f(s) in der Umgebung von s0 nicht eindeutig, so kann man den Integrationsweg bis zur Abszisse von s0 verschieben, muß aber den Punkt s0 selbst durch einen Halbkreis umgehen, so daß ein <<Hakenintegrah entsteht. Das legt für den Singularitätentypus 1/(s- s0 )"'+ 1 die Verwendung der Formel 4.4 (5) als Ersatz für die Residuenrechnung nahe. Allerdings gilt diese Formel nur für 9lot > -1, und wir werden den Beweis- unter Beschränkung auf reelle Werte von ot - sogar nur für ot > 0 durchführen können. Für die übrigen Werte von ot müssen also später andere Hilfsmittel herangezogen wer­den. (Im folgenden schreiben wir für ot + 1 den Buchstaben p,.)

Da bei dem Hakenintegral f(s) gar nicht in einer vollen Umgebung von s0 ,

sondern nur rechts oder links davon gebraucht wird, genügt es, wenn f(s) in einer einseitigen Umgebung W(s0 , :n/2) als asymptotisch darstellbar durch eine Potenz 1/{s - s0}~' vorausgesetzt wird. Dadurch wird der entstehende Satz zu einer Umkehrung von Satz 6 [13. 1], abgesehen davon, daß bei diesem nur von einem Sektor W(s0 , 'P < :n/2) die Rede ist.

Wir werden uns von jetzt an damit begnügen, die Sätze für eine links vom Integrationsweg liegende Singularität von f(s) und das asymptotische Verhalten von F(t) für t-+ +oo zu formulieren. Die entsprechenden Sätze für eine rechts liegende Singularität von f(s) und das asymptotische Verhalten von F(t) für t -+ - oo ergeben sich hieraus nach dem Muster von § 2.

Satz 1232 • f(s) sei analytisch in dem halboffenen Streifen x0 < 9ls ~ a und stetig in x0 ~ 9ls ~ a mit Ausnahme des Punktes s0 auf dem Rande 9ls = x0 ,

wo die asymptotische Relation gilt:

f(s)- (s..::..As~)~'. (p, > 1} für s-+ s0 gleichmäßig in I arc (s-:- s0} I ~ -~.

Fiir fedes feste Y > 0 seien die Integrale

oo -Y I eit 11 f(x0 + i y) dy und I ett 11 f(x0 + i y) dy y -oo

gleichmäßig für t ~ T konvergent. Ferner sei f(x + i y)-+ 0 gleichmäßig in x0 ~ x ~ a für y -+ ±oo. Dann ist

a+loo

-2 : i I et• f(s) ds = F(t) a-ioo

Page 488: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 3. Asymptotisches Verhalten an einer Stelle links vom Integrationsweg 495

für t ~ T konvergent, und es gilt:

F(t)~Ae5' 1 ~(~; fiir t-++oo.

Beweis: Es genügt, den Satz für x0 = 0, s0 = 0 zu beweisen, da

1 a/+ioo 1 a-Jx,,+iooets f(s +So) ds e-s,t F(t) = .· et(s- s,) f(s) ds = · ···.-.-2~z 2nz

a--·too a-x0 -loo

ist, wo f(s + s0) die Voraussetzungen des Spezialfalls erfüllt, so daß sich ergibt:

e·s•1 F(t)-A 11,_ 1 für t-++oo. F(lt)

Es sei nun zunächst A = 0, d. h. f(s) = o(lfl s 11'). Dann kann man zu jedem e > 0 ein R so bestimmen, daß

I /(s) I < I sll' für I s I ~ R

ist. Wir wählen von vornherein t ~ T so groß, daß 1ft < R ist, und schlagen um 0 den Halbkreis nach rechts vom Radius 1ft. Bezeichnen wir die imaginäre Achse, bei der das Stück I y I < 1ft durch diesen Halbkreis ersetzt ist, mit <r, so ist nach ·der Verallgemeinerung des Cauchyschen Satzes (Anhang Nr. 54)

a...J...iN 1 • 1 •

F(t) = Z:ri j e1• f(s) ds = -2nije 1• f(s) ds, a-100

weil /(s) in 0 ~ x ~ a gleichmäßig fürs-+ oo gegen 0 strebt. Wegen 1ft< R ist bei Integration längs des Halbkreises

lj.ets /(s) ds! ~ et(1/t).- _e- • :n; _1 = :n; e e tl•-1. l - (1/1)1'- t

Für die Integralteile mit 1ft~ y ~Rund y > R längs des oberen geradlinigen Stücks von <r gilt:

iR R IR oo

J .e18 /(s)ds <}··e dy=et~'-- 1j~-<et~'- 1j-d_u_=-8-t~'- 1 (t-t>1) = y~< u~'- u~< p,-1

i (1/1) 1/1 1 1

und ioo

j e18 /(s) ds iR

00

jeity f(i y) dy < e < s t~'-- 1 R

für alle hinreichend großen t, weil das letzte Integral nach Voraussetzung gleichmäßig konvergiert, also nach der Erweiterung des Riemann-Lebesgue-

Page 489: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

496 15. Kap.: Abcische Sätze für das komplexe Umkehrintegral

sehen Lemmas für t -7>- = gegen 0 strebt. Analoge Abschätzungen gelten für die Integralteile über den unteren geradlinigen Teil von G:. Insgesamt erhält man:

[ j'ets f(s) dsi < K e t'"- 1 I , i 0: i

für alle hinreichend großen t, was die Behauptung ergibt. Ist nun A =1= 0, so betrachten wir die Funktion

Da die Integrale oo -Y

f eitv- _ __!_ dy und {eitv 1 dy (z y)~" • (i y)~"

y -00

wegen 11 > 1 absolut, also gleichmäßig konvergieren, und 1/s" gleichmäßig in 0 ~ x ~ a für s -7>- = gegen 0 strebt, ferner /1(s) = o(1/l s I'") ist, erfüllt / 1(s) die Voraussetzungen des oben bewiesenen Spezialfalls, es ist also

a+ioo

Z~i {ets(f(s)-s~-)ds=o(t'"- 1 ) für t-7>-=. •. a-too

Nun ist aber nach Formel4.4 (5) wegen a > 0, 11 > 1, t > 0:

womit sich ergibt:

§ 4. Verhalten des Umkehrintegrals mit winkeiförmigem Integrationsweg für t -7>- = auf Grund des asymptotischen

Verhaltens von /(s) im Scheitelpunkt

Bei Behandlung einer Funktion mit dem asymptotischen Verhalten vom Typus 1/(s- s0)'" mit 11 > 1 gab die Formel 4.4 (5) das Vorbild ab. Für die übrigen 11-Werte wird man entsprechend die Formel4. 7 (2) zum Vorbild wäh­len, die für alle Exponenten gilt. Im vorigen Paragraphen drehte es sich in Wahrheit um das komplexe Umkehrintegral, genommen längs eines haken­förmigen Weges mit der Ausbuchtung an der Stelle s0 , wenn wirauch ursprüng­lich von einem weiter rechts gelegenen, geradlinigen Weg ausgingen und diesen dann nach links verschoben. Diese Vorstufe wollen wir uns jetzt sparen und

Page 490: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrintegral mit winkeiförmigem Integrationsweg 497

gleich von einem winkeiförmigen Integrationsweg ausgehen, wie er in Formel 4. 7 (2) zugrunde liegt. Der Weg bestehe also aus den Strahlen arc (s- s0) = ± 'P mit nf2 < 'P < n, die aber nicht bis in den Punkt s0 hineinlaufen, sondern dort durch einen Kreisbogen nach rechts ersetzt sind. Dieser Weg heiße (!; (vgl. Fig. 9b, S. 226).

Entsprechend dem universellen Charakter der Formel 4. 7 (2) wird der fol­gende Satz für alle reellen Exponenten gelten. Es werden also die in§ 2 und 3 behandelten Fälle nochmals miterfaßt, aber nun unter ganz anderen Voraus­setzungen 233•

Satz 1. f(s) sei in dem Sektor I arc (s - s0} I ~ 'P (:rc/2 < 'P < n) der Um­gebung von s0 holamorph mit Ausnahme der Stelle s0 • Es sei gleichmäßig in larc (s- s0} I~ 'P:

(1) f(s) = o(l s- s0 IA) für s "* s0 (A. beliebig reell).

Auf den Strahlen arc ( s - s0) = ± 'P sei

(2) f(s) = O(e"l•l) für lsl "*oo mit k > 0.

Dann gilt:

(3) F(t)= Z~i .(e18 f(s)ds=o(e••trA- 1 ) für t"*+oo. lt

Beweis: Es genügt wieder, den Satz für s0 = 0 zu beweisen. Zu gegebenem 8 > 0 kann man R so bestimmen, daß

lf(s) I< 81sl.t für lsl ~ R

ist. Wir wählen von vornherein t so groß, daß 1ft< Rist, und machen den Radius des Kreisbogens von(!; gleich 1ft. Dann ist bei Integration längs dieses Bogens:

1/ i ( 1 )). 1 e18 f(s)dsi ~e1 <1ftl.8 T ·2ny=2:rce8rA- 1 •

Auf dem oberen geradlinigen Teil von(!; zwischen den Kreisen mit den Radien 1ft und R ist (man beachte cos 'P < 0):

00

:;;::; 8 rA- 1fe"C0S'P u). du= Kl8 ri.-l. 1

Auf dem oberen geradlinigen Reststück von (!; ist

00 00

lfet• f(s) dsi ~ jetrcostp K2 e"' dr = K2je<k+tcos!p)r dr. R R

Doetsch I /32

Page 491: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

498 15. 1\ap.: Abelsche Sätze für das komplexe Umkehrintegral

Für k + t COS1fJ < 0, d.h. t > kj(- cos'lfJ) ist das rechtsstehende Integral kon­vergent, und man erhält:

et"f(s) ds ;;;; e -----. 1/ 'I kR etRcos>p

-t COS1p-k

Für alle hinreichend großen t ist die Majorante < e t-.:t-l. Für die Integrale über die Stücke des unteren geradlinigen Teils von Ir bekommt man analoge Ab­schätzungen. Insgesamt findet man: Für alle hinreichend großen t ist

Das ist die Behauptung.

\.fetsf(s)dslr < Kaee-A-1. r~&

Satz 2. Wird bei Satz 1 in der Voraussetzung (1) o durch 0 ersetzt, so ist auch in der Behauptung o durch 0 zu ersetzen.

Beweis: Der Beweis von Satz 1 behält seine Gültigkeit, wenn an Stelle von e die aus der Voraussetzung /(s) = O(JsiA), d.h. l/(s) I< Cis lA stammende Konstante C gesetzt wird.

Satz 3. f(s) sei in dem Sektor I arc (s- s0) I ;;;; 'tjJ(n/2 < 1fJ < n) der Um­gebung von s0 holamorph mit Ausnahme der Stelle s0 • Es sei gleichmäßig in I arc (s - s0) I ;;;; 1fJ:

(4) f(s) ~ A (s - s0);. fiir s -+ s0 (A. beliebig reell) .

Auf den Strahlen arc (s- s0) = ±'lfJ sei

(5)

Dann gilt:

1 ! t t t -)_ 1 (6) F(t)= 2-n(. e 5 f(s)ds~Ae 5" -r(_::).)·- fiir t-+CXl,

I&

wobei 1/T(-A.) = 0 fiir A. = 0, 1, 2, ... sein soll, so daß die Aussage mit F(t) = o(e 5• 1 t-A- 1) gleichbedeutend ist.

Beweis: Es ist

f(s) = A(s- So)}_+ o(is- son für s-+ So, also

Die Voraussetzung (1) von Satz 1 ist für /1(s) an Stelle von f(s) erfüllt, folg­lich gilt:

(7) F1(t) = -2l-r/e15 / 1(s) ds = o(e 5' 1 t-A- 1) für t-+ +CXl.

I&

Page 492: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrintegral mit winkeiförmigem Integrationsweg 499

Nun ist aber

-1 -.- fe 1s(s- S )Ä ds = --1--.- es,t (ets SÄ ds für f > 0 2nz 0 2nz '

6: <f'

wo <t' der zu <t kongruente Weg um den Nullpunkt ist, also nach Formel 4.7 (2):

1 ! ts ). s,t e-1.- 1 00 > inz-. e (s- s0) ds = e -1'(=-l:) fur t 0, (!;

wobei 1/F(-A.) = 0 für A. = 0, 1, 2, ... zu setzen ist. Mithin ist

F1(t) = 2~{ {ets f(s) ds- A i~i {e1s(s- s0)Äds [ [ (8)

s t e-?.-1 .. =F(t)-Ae• r(-Ä) fur t>O.

(7) und (8) ergeben zusammen die Behauptung. Bemerkungen: 1. Es sei speziell s0 = 0. Für A 9= 0 und positive A. strebt

f(s) gegen 0 für s -+ 0; F(t) strebt für A. > -1 ebenfalls gegen 0 für t -+ =· Für negative A. strebt f(s) gegen = für s-+ 0; für A. < -1 strebt auch F(t) gegen CXJ für t-+=, außer für Ä= -2, -3, ... ,wo nur o(t-?·- 1) ausgesagt werden kann.

2. Der Fall A. = 0, 1, 2, ... liegt insbesondere dann vor, wenn f(s) in s0 gar nicht singulär, sondern holamorph ist und dort eine Nullstelle der Ordnung A. hat.

Wenn auch für A. = 0, 1, 2, ... die asymptotische Darstellung F(t) ~ C t-Ä- 1

auftreten soll, muß die Vergleichsfunktion für f(s) außer einer Potenz noch ein logarithmisches Glied aufweisen, analog wie in den für die umgekehrte Transformationsrichtung geltenden Sätzen 1 [13. 3] und 1 [13. 4]. Dazu schicken wir folgende Formel voraus:

(9) -2_!_-,- {e 1• sP log s ds = - (-1)P p! t-P-1 für t > 0, p = 0, 1, 2, ... , nzv

(!;

wo <t aus den Strahlen larcsl =±V' (n/2 < 1p < n), isl ~ R > 0, und dem Kreisbogen lsl = R, larcsl ~ 1p besteht.

Beweis: Nach Formel 4. 7 (3) ist für beliebiges reelles A. 9= p:

(10) z-:r.fes sÄ ds = F(~):). (!;

Durch Differentiation nach A. unter dem Integral, die wegen der gleichmäßigen Konvergenz des entstehenden Integrals in der Nähe jeder Stelle A. erlaubt ist (Anhang N r. 18), folgt:

_!-o_ [es s"logs ds = _d __ ..!:.___ 2 n t dJ. r(-Ä) ·

li

Page 493: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

500 15. Kap.: Abelsche Sätze für das komplexe Umkehrintegral

Hierin machen wir den Grenzübergang A. + p. Wegen der gleichmäßigen Kon­vergenz strebt dabei das linksstehende Integral gegen seinen Wert für A. = p. Den Grenzwert der rechten Seite bestimmen wir so: F(s) hat an der Stelle s = -p (p = 0, 1, ... ) einen einfachen Pol mit dem Residuum*) (-1)11/p!, läßt sich also in der Umgebung von - p in der Form darstellen:

(-1)1> 1 .1 F(s) = - - - - [1 + a1 (s + p) + · · · 1 • p! s+P -

Folglich hat 1/F(s) die Gestalt:

1 r(sj" = (-1)P p! (s + p) [1 + b1 (s + p) + · · ·J,

woraus sich ergibt:

d 1 -dS F(s) = (-1)P p! + (-1)P p! b1 2 (s + p) + ....

Also ist

d 1 d 1 ,, d_f T(-1r = - -ds- :qs) s~ -A =- (-1)P p!- (-1)P p! bl2 (-A. + p)- ....

Beim Grenzübergang A. + p erhält man - ( -1)P p !, und damit

- 2 ~-z-/ e5 sP log s ds =- (-1)P p!. cr;

Die Substitution s =tu mit t > 0 führt den Weg(!; in einen ähnlichen über, den man wieder durch (!; ersetzen kann, und ergibt:

Da

tP+l ~

2.7it./ et'-' uP (logt+ log u) du=- (-1)P p!. <t

1 • -- _--} e 1'-' uP du= 0 2 nz

cr;

ist, erhält man die gewünschte Formel. Nun können wir folgenden Satz beweisen, in dem die Voraussetzung einen

etwas schärferen Charakter als in Satz 3 hat. In den Anwendungen auf asymptotische Entwicklungen wird aber dieser Satz vollauf genügen.

also

*) Dies folgt aus der Funktionalgleichung der F-Funktion. Es ist

F(s + p + 1) = (s + p) (s + p- 1) ... s F(s),

F(s+ P+1) (s + p) F(s) = -(S+p ~(~+l)s .

Fürs-+- p erhält man:

!im (s + p) F(s) = ___ F(l) ______ _ S---+-P (-1) ... (-P+l)(-p)

1

(-1)P p!

Page 494: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 4. Umkehrintegral mit winkeiförmigem Integrationsweg 501

Satz 4. f(s) sei in dem Sektor I arc (s- s0) I ~ 1J1 (n/2 < "P < n) der Um­gebung von s0 holamorph mit Ausnahme der Stelle s0 • Es sei gleichmäßig in

I arc (s - s0) I ~ 1J1.'

mit einem e > 0. Auf den Strahlen arc (s- s0) = ± "P sei

f(s) = O(ek's) für lsl +oo mit k > 0.

Dann gilt:

(12) F(t)= i~{~et•f(s)ds --A(-1)Pp!e5•tt-P-l für t+oo.

Beweis: Wir setzen f(s) -A(s- s0)P log s = f1 (s).

Dann sind die Voraussetzungen von Satz 2 für f1(s) mit .A. = p + e erfüllt, also

für t +oo

oder nach Formel (9):

Das ist die Behauptung. Man kann die Voraussetzung (11) dahin verallgemeinern, daß an Stelle von

log (s- s0) eine Potenz von log (s- s0) mit positiv ganzzahligem Exponenten q gesetzt wird. Dann tritt zu der Vergleichsfunktion in (12) ein Faktor von der Gestalt c0 + c1 log t + · · · + Cq-l (log t)q- 1• Differenziert man nämlich die For­mel (10) v-mal nach .A. und setzt .A. = p, so ergibt sich:

1~---,-je• sP (log s)" ds = (--d_v __ ---1- --) = C 2nz ,d:A.V F(-Ä) ;.~p pv•

also mit s = t u (t > 0):

oder

Page 495: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

502 15. Kap.: Abelsche Sätze für das komplexe Umkehrintegral

Das ist eine Rekursionsformel für die Integrale

]pa = -z~( r etu uP (log u)a du,

d:

aus der man sie der Reihe nach berechnen kann. Es ist

also

usw. Wie man durch vollständige Induktion feststellt, ist allgemein

]pq = t-P-1 [ C11q - (i) Cpq-1 log t + (~) C11q_ 2 (logt) 2 - + ...

Daraus folgt: Wird die Voraussetzung (11) durch

f(s) = A(s- s0)11 [log(s- s0)]q + 0 (\s- s0 JP") für s +s0

ersetzt, so bekommt die Behauptung (12) die Gestalt:

F(t) ~A es,t rP-I [ Cpq- (i) Cpq- 1log t + ... + (-1)1{-l (q~ 1) C11t(logW -l]

fiir t + cx::>.

§ 5. Verhalten des Umkehrintegrals für t + 0 auf Grund

des asymptotischen Verhaltens von /(s) fürs +cx::> in einer Halbebene

Für die E-Transformation setzten wir im 13. Kapitel t +cx::> mit s +s0 und

im 14. Kapitel t + 0 mit s + cx::> in Beziehung. In§ 1 bis 4 des gegenwärtigen

Kapitels haben wir für das komplexe Umkehrintegral s + s0 mit t + cx::> in

Beziehung gebracht. Wir wenden uns nunmehr dem Zusammenhang von s+cx::>

mit t + 0 zu. Die Voraussetzungen werden dabei solchen Charakter haben,

daß man auf E1{F} = /(s) schließen kann.

Page 496: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ :i. Asymptotischcs \'erhalten in einer Halbebene

Satz 1. In der Halbebene 9ts ~ x0 sei f(s) analytisch und

f(s) = o (- -~ -) mit p > 1, Jsl"' wenn s zweidimensional gegen oo strebt. Dann konvergiert

.T0 +ioo 1 ~

·Zlli j e 1"f(s)ds X0 ~ioo

503

für t ~ 0 und stellt eine Funktion F(t) dar, die die Eigenschaft .21{F} = f(s) hat und für die gilt:

F(t) = o(t"'- 1) für t +0.

Beweis: Daß .21{F} = f(s) ist, folgt aus Satz 4 [7.2]. - Wir wählen von vornhereint > 0 so klein, daß 1ft> I x0 l ist, schlagen den Kreis um 0 mit 1ft und ersetzen das in den Kreis hineinfallende Stück des Integrationsweges durch den Kreisbogen nach rechts. Bei Integration längs des Kreisbogens ist

1/ e1• f(s) ds! ~ e1·l/t • o(-(iJtV) · 2n + = o(t"'- 1) für t +oo.

Wird die Ordinate des oberen Schnittpunktes von Kreis und Integrations­gerade mit ro bezeichnet, so ist

I x~iooet• f(s) ds, ~ etx, jo(),.-) dy = o(-{Ö;_1 ) für w + oo 1x0 +Jw w

(tlxol < 1), wofür wir wegen w~ 1ft schreiben können: o(t"'-1) für t +0. Da für

x0 -iw

j et• f(s) ds x0 -ioo

dieselbe Abschätzung gilt, ergibt sich insgesamt: F(t) = o(t"'-1) für t + 0. Da der Beweis auch mit 0 an Stelle von o geführt werden kann, so folgt: Satz 2. Die Aussage von Satz 1 bleibt richtig, wenn in Voraussetzung und

Behauptung o durch 0 ersetzt wird. Aus Satz 1 ergibt sich leicht: Satz 3234 • In der Halbebene 9ts ~ x0 sei f(s) analytisch und

f(s) ~ -t- mit p > 1,

wenn s zweidimensional gegen oo strebt. Dann konvergiert

x0 +ioo

-2 ~i j e 1"f(s)ds %0 -iOO

Page 497: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

504 15. Kap.: Abelsche Sätze für das komplexe Umkehrintegral

für t ~ 0 und stellt eine Funktion F(t) dar, die die Eigenschaft E1{F} = f(s) hat und für die gilt:

tP-1 F(t) ~ A -r(pf für t ~ 0.

Beweis: Daß E1{F}=/(s) ist, folgt wieder aus Satz4 [7.2].- Falls x0 ~0 ist, können wir zunächst den Integrationsweg an eine positive Abszisse verlegen, ohne den Wert des Integrals zu ändern, weil/(s) ~ 0, wenn s in der Halbebene zweidimensional gegen oo strebt. Wir dürfen also x0 > 0 annehmen. Die Funk­tion

A f(s) - -~-s~-'

ist o(l/J s j~-'), erfüllt also die Voraussetzung von Satz 1. Folglich ist

Wegen

1 2ni

x 0 + ioo

/ ets (f(s)- t-) ds = o(t~-'- 1 ) X 0 - 00

1 zi-z-

steht die Behauptung da.

für t ~0.

(t ~ 0)

Page 498: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

505

16. KAPITEL

TAUBERSCHE SÄTZE

FÜR DIE LAPLACE-TRANSFORMATION

§ 1. Taubersehe Sätze reeller Art

Die Abelschen Sätze für die ~-Transformation benötigen nur ganz primi­tive Voraussetzungen: Allein aus F(t) - t"' für t ~ oo bzw. t ~ 0 folgt schon f(s)-F(rJ.+1)fs"'+ 1 für s~O bzw. s~oo in einem Winkelraum W(O, 1p < n/2). Wie aber schon S. 458 und 476 an Gegenbeispielen gezeigt wurde, gilt das Umgekehrte nicht*). Dies hatte zur Folge, daß die Abelschen Sätze für das komplexe Umkehrintegral, das ja in vielen Fällen die Transfor­mation von f(s) in F(t) besorgt, wesentlich einschneidendere Voraussetzungen machen mußten, die vor allem das Verhalten von f(s) für ,3s ~ ±oo betreffen.

Es ist nun sehr bemerkenswert, daß das Problem des Rückschlusses von f(s) = ~{F} auf F(t) auch auf ganz andere Art einer Lösung zugeführt werden kann: Man setzt von f(s) lediglich die asymptotische Relation

T(•x+1) f(s) - - --- - -s"'+ 1

(sogar nur im Reellen) voraus, an Stelle der obigen Zusatzbedingungen für f(s) aber legt man nun F(t) eine gewisse Beschränktheitsbedingung auf. Allerdings erhält man dabei nicht die Aussage F(t) - t"' für F(t) selbst, sondern nur die entsprechende für das Integral:

t I t"'+l F(-r) d-r- ---

a+ 1 ' u

also die Umkehrung von Satz 5 [13.1]. Ein triviales Beispiel eines derartigen Satzes ist uns bereits bekannt. Der grundlegende Abelsche Satz 1 [3. 5] lau­

t

tete: Wenn ~{F}= f(s) für s = 0 konvergiert, d.h. wenn J F(-r) d-r ~ l für u

t ~ oo, so ist f(s) ~ l für s ~ 0. Wir zeigten nun S. 158 durch eine ganz ein-fache Schlußweise: Wenn f(s) = ~{F} ~ l fürs~ 0 und F(t) ~ 0 ist, so gilt:

*) Dies zeigen auch die Sätze 2 und 3 [13. 2], die besagen, daß f(s) _, 1/s nicht bloß für F(t) - I gilt, sondern auch, wenn nur ein (C, k)-Mittel von F(t) gegen I strebt.

Page 499: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

506 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation t

/F(-r:) d-r:-+ l. Hier ist es also die zusätzliche Bedingung der Positivität von 0

F(t), die die Umkehrung rettet. Es wird sich nun darum handeln, weniger triviale Bedingungen ausfindig zu machen. 00

Das hier umrissene Problem ist zuerst bei den Potenzreihen p(s) = .E an zn n-0

untersucht worden, bei denen ja auch der erste Abelsche Satz, nach dem alle anderen den Namen empfangen haben, (der Abelsche Stetigkeitssatz) aufge­stellt worden ist. Daß man unter der Bedingung an ~ 0 von p(z) -+ l für z -+ 1

n

auf .E av-+ l für n -+ oo schließen kann, war natürlich früh bekannt. Der erste, v-0

der eine nichttriviale Bedingung angab, nämlich an = o(1fn), war Tauber. Daher heißen heute alle Sätze über Funktionaltransformationen, die vom Ver­halten der Resultatfunktion unter einer zusätzlichen Bedingung für die Objekt­funktion auf das Verhalten der letzteren schließen, Sätze Tauberscher Art oder Taubersehe Sätze.

Wir beweisen hier zunächst das Analogon des ursprünglichen Taubersehen Satzes, zumal wir es an einer späteren Stelle als Hilfssatz brauchen werden.

Satz 1235 • Die ]-Funktion F(t) erfülle die Bedingung

( 1.

F(t) = o -y) für t -+oo,

so daß .Q{F} = f(s) fürs> 0 absolut konvergiert. Aus

folgt dann f(s) -+ l fiir s -+ + 0

I

( F(-r:) d-r:-+ l für t-+ +oo, d.h. 0

t

00

{F(t) dt = l. ö

Beweis: Mit ( F(-r:) d-r: = cJ>(t) ist für t > 0, s > 0: ti

also wegen

t 00

cJ>(t) - f(s) = / (1 -- e- ") F(-r:) d-r: -/ e- sT F(-r:) d-r:, 0 t

T

0~1-e sT=s{e-•udu~s-r:: u·

t 00

lcJ>(t) -f(s) I ~ sf-r: IF(-r:) I d-r: + / !~n · 7: IF(-r:) I d-r:. 0 I

Wegen 1: IF(-r:) I -+ 0 für 7:-+ oo gilt für das arithmetische Mittel erst recht (Satz 1 [9.1]):

t

e1(t) = + /7: IF(-r:) I d-r:-+ 0 für t-+ oo. IJ

Page 500: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Taubersehe Sätze reeller Art 507

Bezeichnet ferner e2(t) die obere Grenze von r I F(r) I für r ~ t, so ist t:2(t) -+- 0 für t -+- oo und

00 00 J e~•r_ · r IF(r) I dr ~ 102it)- /e sr dr = e~~) . t lJ

Es ist also

und fürs= 1ft:

! fP(t) - f H-) I ~ t:1(t) + e2(t).

Für t-+- oo folgt hieraus wegen f(1jt) -+-l, e1(t) -+- 0, t:2(t) -+- 0: if>(t) -+-l. Diesen Satz sowie den vorher genannten Satz mit der trivialen Bedingung

F(t) ~ 0 werden wir nun verallgemeinern. Zunächst ersetzen wir die Voraus­setzung f(s) ~ l durch f(s) ~ 1/s1' mit y ~ 0 (und zwar für s-+- 0 bzw. s-+- oo) und die Behauptung fP(t) ~ l durch fP(t) ~ t''/T(y + 1) (für t-+- oo bzw. t-+- 0), wobei die Zusatzbedingung F(t) ~ 0 auftreten wird, die aber fiir y > 0 keineswegs trivialen Charakter hat. Im Falle y > 0 wird sie sich leicht durch die Bedingung F(t) = OL(P'-1) ersetzen lassen. Nicht so im Falle y = 0 (bei diesem kommt nur der Zusammenhang s-+- 0, t-+- oo in Frage): Da hier der Satz unter der Bedingung F(t) ~ 0 trivial ist, wird ein Rückgang auf schwierigere Sätze notwendig sein, um zu dem tiefliegenden Resultat zu gelangen, daß aus f(s) -+-l und F(t) = OL(1jt) folgt: fP(t) -+-l. Damit wird dann die Aussage von Satz 1 weit in den Schatten gestellt sein.

Wir weisen noch besonders darauf hin, daß in den Sätzen dieses Paragraphen die Voraussetzung über f(s) nur hinsichtlich der reellen Werte von s gemacht wird. Aus diesem Grund heißen sie <<Taubersche Sätze reeller Art>>, im Gegen­satz zu den Sätzen des nächsten Paragraphen, bei denen ein gewisses Verhalten von f(s) im Komplexen gefordert wird, und die daher <<Taubersche Sätze funk­tionentheoretischer Art>> heißen.

Die oben angekündigten Verallgemeinerungen sind ursprünglich selbständig auf sehr verschlungenen Wegen bewiesen worden. Es hat sich dann später her­ausgestellt, daß man sie auf verschiedene Weise aus Sätzen allgemeinerer Art erhalten kann, deren Beweise ziemlich geradlinig verlaufen (Näheres siehe S. 520). Als solchen wählen wir hier nicht den allgemeinsten heute bekannten Satz, sondern einen, dessen Beweis sich durch seine völlige Durchsichtigkeit auszeichnet. Da es keine besondere Mühe bereitet, werden wir zulassen, daß in den Vergleichsfunktionen außer Potenzen noch Funktionen L(t) der S. 460 und 476 betrachteten Art auftreten (also z.B. logt, log logt usw. bzw. log 1ft, log log ljt, usw.). Wir fassen die beiden Satztypen mit s -+- 0, t -+- oo und s + oo, t -+- 0 zu einem Satz zusammen.

Satz 2 236 • L(x) sei eine fiir x ~ x0 > 0 (bzw. 0 < x ~ x0) stetige, positive Funktion mit der Eigenschaft

L(u x) 1 t·· · d > 0 b · (b 0) ---- - -+- ur 1e es u ez x -+-oo zw. x-+- . L(x)

Page 501: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

508 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace· Transformation

l!{F}= f(s) mit reellem F(t) sei für s > 0 (bzw. s > s0 > 0) konvergent. Aus der asymptotischen Eigenschaft

f(s) ~- t- L( ~) für s -+ 0 (bzw. s + oo) mit y ~ 0, C ~ 0

und der Bedi-ngung F(t) ~ 0

folgt:

00 -- -~--- L ]:__ .e- 1 q(e- 1) tl'- 1dt r e-st q(e-•t) F(t) dt ~ T(y) 5)' L) / I 00

mit r > 0

0 c Lc) q(1) mit r = 0

für s + 0 (bzw. s + oo) für jede im Intervall 0 ~ x ~ 1 defi-nierte Fu-nktion q(x), die dort stetig ist bis auf höchstens eine im Innern liegende Stelle x0 , wo sie einen Sprung a1tjweist*).

Beweis: Für ganzzahliges n ;;:;; 0 strebt mit s auch (n + 1) s gegen 0 (bzw. oo). also ist

c ( 1 f((n + 1) s) ~ [(n + i) s]"Y L -(n+i)S) für s + 0 (bzw. s-+ oo). Wegen

ist

L(~/(~-1:-!ll- + 1 für x +oo (bzw. x + 0) L(x)

00

. c (1 f((n + 1) s) = ./ e-•t (e-•t)n F(t) dt ~ --t{n-+1)sjii- L s)

0

1 -~- L{~)j~-t (e-t)n tY- 1 dt mit _ T(y) 51' 5 - 0

C Lc) mit

für s + 0 (bzw. s + oo). Hieraus folgt für jedes Polynom p(x):

r>o

y=O

(1) / e-•t p(e-•t) F(t) dt ~ T(y) 51' 5 o ~ ~-~--- L(~)/00e- 1 p(e-t) tY- 1 dt mit y > 0

° C Lc ) p(1) mit y = 0

für s + 0 (bzw. s + oo). Ist nun q(x) eine Funktion, die in 0 ~ x ~ 1 stetig ist mit Ausnahme einer

Stelle x0 , 0 < x0 < 1, wo sie Grenzwerte von links und rechts, aber verschie­dene hat, so grenzen wirumx0 einganzzu (0, 1) gehöriges Intervall I x-x0 1:;:;:; ~ab und konstruieren dort eine stetige Funktion q1(x) mit folgenden Eigenschaften:

- ···----- --- ·-·- --- - -*) Der Satz gilt auch für viel allgcmein('re Funktionen q(x), doch genügt die obige Fassung

für unsere Zwecke.

Page 502: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Taubersehe Sätze reeller Art 509

wo g die untere Grenze von q(x) im ganzen Intervall (0,1) ist*). Im Rest des Intervalls setzen wir q1(x) = q(x). Analog konstruieren wir in I x- x0 j ~ lJ eine stetige Funktion q2(x) mit

wo G die obere Grenze von q(x) in (0, 1) ist, und setzen im Rest des Intervalls q2(x) = q(x). Dann sind die Funktionen q1(x) und q2(x) in 0 ~ x ~ 1 stetig, und es gilt:

(2) g ~ q1(x) ~ q(x) ~ q2(x) ~ G in lx- x0 1 ~ b,

(3) q1(x) = q(x) = q2(x) im Rest des Intervalls.

Ist q(x) im ganzen Intervall stetig, so sei im folgenden durchweg q1 = q2 = q. Nach dem Weierstraßschen Approximationssatz (Anhang Nr.12) kann man

zu den stetigen Funktionen q1(x) und q2(x) und zu jeder positiven Zahle, die < 1 sein möge, zwei Polynome p1(x) und p2(x) so bestimmen, daß gilt:

(4) q1(x) - e ~ P1(x) ~ q1(x) ~ q(x) ~ q2(x) ~ P2(x) ~ q2(x} + e für 0 ~ x ~ 1.

Da F(t) ;;;;:; 0 und L(1/s) > 0 ist, so folgt aus (4):

00 00

sY I sY r ------ e-•t p1(e-• 1) F(t) dt :;;;; -- ----- e-•t q(e-• 1) F(t) dt L(lfs) - L(lfs) .,.

0 0

"" y ,.

~ -diis)./ e-•t Ps(e-•t) F(t) dt. 0

Es sei nun zunächst y > 0. Dann haben beim Grenzübergang s + 0 (bzw. s + oo) die äußeren Glieder der Ungleichung Grenzwerte, die durch (1) be­stimmt sind, und man erhält:

(5) C "!' Ihn su Y "':'

--/ e-1 p1(e-t) t"- 1 dt ~ . . p- -~- j e-• 1 q(e-•t) F(t) dt F(r) • hm mf L(l/s) •

u 0 00

~ -r(,:;) /e-t Pa(e-t) p•-1 dt. 0

*)Dies kann z.B. auf folgende Weise geschehen: Es sei q(.~0 -CJ) > q(x0 + c'J); wir können annehmen, daß q(x0) = q(x0 -0) ist. Dann setzen wir q1(x) = q(x} in x0 < x;;:;; x0 + (J, ver­binden den Punkt x0 , q (x0 + 0) mit dem Minimum von q(x) in (x0 - CJ, x0) geradlinig und setzen links davon q1(x) = q(x). Wird das Minimum zufällig in x0 (und nur in x0) angenommen, so verbin­den wir zunächst den Punkt x0 , q(x0 + 0) mit dem Punkt x0 -CJ/2, q(x0) geradlinig und dann diesen Punkt mit dem Minimum in (x0 -CJ, x0 -CJ/2). Wird dieses wieder am rechten Ende an­genommen, so verbinden wir zunächst mit x0 - (3/4) (J, q(x0 - CJ/2) usw. Entweder bricht dieser -Prozeß ab, oder wir erhalten ein gegen den Punkt x0 - CJ, q(x0 - CJ) konvergierendes Polygon mit unendlich vielen Seiten.

Page 503: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

510 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

Setzen w1r x0 + () = e- 1•, x0 - () = e-1', so ist nach (4) und (2) und wegen [;; < 1:

0 ~ P2(e- 1)- P1(e-1) ~ q2(e-1) - q1(e-1) + 2 s ~ G- g + 2 = M für t1 ~ t ~ t2 ,

wo M von {> und s unabhängig ist; ferner ist nach (4) und (3):

Die Differenz der äußeren Glieder in (5) ist also höchstens gleich

00 4 c ~ c . · ·2sje- 1 P'- 1 dt+ -Mje- 1 tY- 1 dt. T(y) . T(y) •

0 11

Denken wir von vornherein t2 - t1 = log[(x0 + b)f(x0 - b)J, d.h. {>so klein ge­wählt, daß

t,

M j' -ttY-1 dt < T(y) e = s t,

ausfällt, so ist die obige Differenz ~ 3 Ce. (Dies gilt übrigens auch für C = 0.) Folglich ist auch die Differenz zwischen den in der Mitte von (5) stehenden lim sup und lim inf kleiner als 3 C s. Da diese Differenz von s unabhängig und s beliebig klein ist, so ist lim sup = lim inf, d. h. es existiert

00

lim s~ · j'e-• 1 q(e- 81)F(t) dt L(ljs) • ·

0

Aus (4) folgt:

Subtrahieren wir diese Ungleichung von der Ungleichung (5), in der lim sup (inf) durch lim ersetzt ist, so ergibt sich:

00 00 Y ' C • I

lim s I e-st q(e- 81) F(t) dt- --! e-t q(e- 1) v-1 dt I L(ljs) • T(y) • i

0 0 I 00 c .

~ T(yjj e-t [p2(e- 1) -p1(e- 1)] t"- 1 dt ~ 3 C s. 0

Damit ist die Behauptung für y > 0 bewiesen. - Für y = 0 wählen wir zwei ganz beliebige Polynome P1(x), p2(x), die nur den Bedingungen

Page 504: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ I. Taubersehe Sätze reeller Art 511

zu genügen brauchen. Dann ist wegen F(t) ;s 0 und L(1Js) > 0:

00 00

1 • 1 r ----} e-st p (e-• 1) F(t) dt s ---- e-• 1 q(e-• 1) F(t) dt L(l/s) 1 - L(l/s) .

n o 00 1 ,.

~ T(i/sf} e-st p2(e-•l) F(t) dt. 0

Nach (1) streben für s-+ 0 (bzw. s -+ oo) die äußeren Glieder gegen C P1(1) = C p2(1) = C q(1), also auch das mittlere Glied.

Aus Satz 2 folgt nun in überraschend einfacher Weise folgender Satz Tau­berscher Art, der die Umkehrung von Satz 7 [13.1] und Satz 6 [14.1] dar­stellt:

Satz 3 237 • L(x) sei eine für x ;s x0 > 0 (bzw. 0 < x ~ x0) stetige, positive Funktion mit der Eigenschaft

L(ux) 1 f" 'd '0 b · (b 0) - --·-+ ur7eesu/ ezx-+oo zw.x-+ . L(x)

~{F} = f(s) mit reellem F(t) sei fürs> 0 (bzw. s > s0 > 0) konvergent. Aus der asymptotischen Eigenschaft

f(s) ,._, -~- L( ~) fürs-+ 0 (bzw. s-+ oo) mit y ;s 0, C ;s 0

und der Bedingung F(t) ;s 0

folgt: t ,. c .I F(<) d"C ,._, r(y + f) tY L(t) für t -+ 00 (bzw. t -+ 0).

0

Beweis: Setzen wir in Satz 2

q(x) ~ ~ ! für O~x<e- 1 d.h. q(e-•t) = I 0

für t > 2_ s

l e -st osts2. für e- 1 ~ x ~ 1, für - - S T

so ergibt sich:

j'F(t) dt J i'(0" L{:) /'-' dt

u l c Lc)

mit y > 0 fürs-+ 0 (bzw. s -+ oo).

mit y = 0

Nennt man die Integrationsvariable "C statt t und setzt dann 1/s = t, so steht die Behauptung da.

Page 505: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

512 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

Der Teil von Satz 3 mit s + 0, t + oo läßt sich leicht auf den Fall verall­gemeinern, daß f(s) sich bei horizontaler Annäherung an eine beliebige Stelle s0

wie

verhält. Bemerktmg: Für y = 0, L(x) = 1 ist der Teil von Satz 3, dessen Voraus­

setzung sich aufs + oo und dessen Behauptung sich auf t + 0 bezieht, nichts­sagend. Dann da stets f(s) + 0 für s + oo, kann nur C = 0 sein, und die Aus­

t

sage/ F(-r) d-r + 0 für t + 0 ist trivial. ()

Wir werden jetzt Satz 3 für L(x) = 1 dahin verallgemeinern, daß die Vor­aussetzung F(t) ~ 0 durch F(t) = OL(tY-l) ersetzt wird. Für y > 0 ist das ganz einfach durchzuführen, weshalb wir diesen Fall zunächst erledigen.

Satz 4 238 • E{F} = f(s) mit reellem F(t) sei fürs> 0 (bzw. s > s0 > 0) kon­vergent. Aus der asymptotischen Eigenschaft

c f(s) - sY fürs+ 0 (bnv. s + oo) mit y > 0, C beliebig reell,

und der Bedingung F(t) = o~.(P'- 1 ) für t > o

folgt

j F(-r) d-r - T(yc+ 1) F fiir t + oo (bz·w. t + 0). b

Beweis : Es sei F(t) ;-;;:; -K tY-I

Dann ist wegen y > 0:

(K > 0).

E{F(t) + K ty-l} = E{ F} + K IH:2 ~ _C_+_~T_(y_) für s + 0 (bzw. s + oo)

und

F + K ty-I ~ 0, also nach Satz 3:

t

} • [F(-r) + K-rY- 1] d-r ~ C+K r(y) tY für t +oo (bzw. t +0), T(y + 1)

0

was wegen

die Behauptung ergibt.

Page 506: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ l. Taubersehe Sätze reeller Art 513

Für y = 0 ist der entsprechende Satz*) offenbar auf diesem Wege nicht er­reichbar. Wir werden dazu vielmehr den Fall y = 1 von Satz 4 und die beiden folgenden Hilfssätze brauchen, von denen der zweite zum Beweis noch Satz 1 benötigt.

Hilfssatz 1239 • Es sei g(x) für 0 < x < x0 reell und zweimal differenzierbar. Ist

g(x) -+-l für x -+- + 0 ttnd

so gilt:

g'(x) = o( ~) für x-+- +0.

Beweis: Es sei 0 < x < x0 und 0 < {} < 1, also 0 < {} x < x. 1. Wir wenden den Taylorschen Satz auf g(x) mit {} x als Entwicklungs­

mittelpunkt an:

1 g(x) = g({} x) + x (1- {}) g'({} x) + 2 x2 (1- {}) 2 g"(~1) ({} x < ~1 < x).

Aus

g"(x) >- ~· folgt:

{} x g'({} x) = T~7i [g(x)- g({} x)]- ~ {} (1- {}) x2 g"(~1)

< ._!___ [g(x)- g({} x)] + 2.. {} (1- {}) x2 -~ 1--& 2 ~1

-& 1 K < 1 _-& [g(x)- g({} x)] + 2 {} (1- {}) fi2·

Lassen wir, bei festem {}, x gegen 0 streben, so ist lim [g(x)- g({} x)] = 0, also

oder auch

{} '({} ) K 1--& lim sup x g x ~ 2 -0.-..,_...o

K 1--& lim sup x g'(x) ~ 2 -:o,-·

.%-+0

Dies gilt für jedes positive {} < 1. Da die linke Seite von {}frei ist, ergibt sich für{} -+-1:

lim sup x g'(x) ~ 0. x ..... o

*) Nach der Bemerkung zu Satz 3 kommt nur der aufs-+ 0, t -+oo bezügliche Teil in Frage.

Doetsch I /33

Page 507: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

514 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

2. Wir wenden den Taylorschen Satz auf g mit x als Entwicklungsmittel­punkt an:

g({} x) = g(x) + x({}- 1) g'(x) + ~ x2 ({}- 1)2 g"(~2) ({} x < ~2 < x).

Es folgt: 1 1 x g' (x) = 1:.:-1,- [g(x) - g({} x)] + 2 (1 - &) x2 g" (~2)

1 1 r > 1- fJ. [g(x)- g({} x)]- 2 (1- {}) x2 --e2-

1 1 }( > - [g(x)- g({} x)]- -2 (1- &) -:o.2-, 1- fJ. !I'

also

' ) ]{ 1-& lim inf x g (x ~ - -;c- {p . X--->0

Für {} + 1 ergibt sich: lim inf x g'(x) ~ 0.

X--->0

Mit dem Ergebnis unter 1. zusammen führt das zu lim x g'(x) = 0. X--->0

HUfssatz 2 240 • i!{F} = f(s) sei fürs> 0 konvergent. Aus

und der Bedingung

folgt:

f(s) + l für s + 0

I

lJ' (t) = / -c F(-c) d-c = o(t) für t + oo 0

I

/ F(-r) d-c + l für t +oo*). u

I *) Umgekehrt folgt aus f/l(t) = jF(7:) d1:---> l immer tp(t) = o(t). Denn es ist:

u

I I

/7: F(7:) d1: = t f/l(t) - / f/1(7:) d7:, ö ö

also I

1 1 J - lJI(t) = f/l(t) -- f/1(7:) d7: ---> l-l = 0. t t 0

Die Bedingung lJI(T) = o(t) ist also notwendig und hinreichend dafür, daß aus f(s) ---> l für s ---> 0 folgt: f/l(t) ---> l für t ---> oo.

Page 508: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ I. Taubersehe Sätze reeller Art 515

Bemerkung: Dieser Satz enthält offenbar den Satz 1. Denn wenn t F(t) + 0 für t + oo, so gilt für das arithmetische Mittel erst recht:

t + J T F(-r) d-r + 0 für t + oo 0

0

Im folgenden wird gerade umgekehrt Hilfssatz 2 mittels Satz 1 bewiesen. Beweis: Da im folgenden das Integral von "P(t)ft2 auftreten wird, das bis

zum Nullpunkt nicht zu existieren braucht, erstrecken wir die Integrale von 1 an statt von 0. Durch partielle Integration folgt fürs> 0:

00 00 00 00

). j" e-st e-•t e-•t F(t) dt =. t - 0 t F(t) dt = - r-"P(t)

1 1

r st+l + - {I- e-stP(t) dt l i

00 00

=- e-•"1'(1) + sj e-•t ~:9 dt + /e-•t -~~~L dt 1 i

oder 00 1 00 J e-st ~~~)_ dt = f(s) - J e-st F(t) dt + e-' "1'(1) - s J e-st !i!) dto

1 0 1

Die Glieder auf der rechten Seite haben sämtlich Grenzwerte fürs+ 0. Wegen

i 1 1 1

1 /F(t) dt- I e-•t F(t) dt ~ (1- e-•) J jF(t) I dt + 0 für s + 0 \o o o

ist 1 1 I e-st F(t) dt + /F(t) dt für s + 0.

0 0

Ferner ist wegen "P(t)ft = o(1} für t + oo nach Satz 1 [13.1] mit A = 0, ot = 0:

00

./e-•t!i~tdt=oC) für s+O. 1

Also ergibt sich:

00 1 • 'P(t) •

j e-•t -i2 -· dt + l-j F(t) dt + "1'(1)- 0 für s + 0. i ö

Die Funktion, die für t ;;;;; 1 gleich P(t)ft2, für 0 ~ t < 1 gleich 0 ist, erfüllt wegen "P(t)jtfA = o(1ft) die Bedingungen von Satz 1, also ist

t 1

/ ~~) d-r + l- / F(t) dt + "1'(1) für t +oo. 1 0

Page 509: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

516 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

Wegen t •'1 1 )'1 j --r-2- P(-r) d-r = - t P(t) + P(l) + -:; -r F(-r) d-r

I I

und P(t)jt-+ 0 für t-+ = steht die Behauptung da. Nun sind wir in der Lage, den noch ausstehenden Fall y = 0 von Satz 4

zu beweisen. Satz 5 241 • Es sei F(t) reell und 2{ F} = f(s) fürs > 0 konvergent. Aus

f(s) -+ C für s -+ 0

F(t) = oL(-}) für t > o folgt

t 00

( F(-r) d-r-+ C für t-+ =, d.h. j F(t) dt = C. 0 0

Beweis: Aus K F ( t) > - -1 - für t > 0

ergibt sich für s > 0:

00 00

f"(s) = je-st t 2 F(t) dt > -K je- 81 tdt=- -t, 0 0

also nach Hilfssa tz 1 : 00

f'(s) =- j e-st t F(t) dt = o( ~) für s-+ 0. 0

Unter Berücksichtigung von t F(t) = OL{1) folgt aus Satz 4 mit C = 0, y = 1, angewendet auf t F(t):

t

j -,; F(-r) d-r = o(t) für t -+ =. 0

Dies liefert zusammen mit f(s) -+ C nach Hilfssatz 2:

t

( F(-r) d-r -+ C für t -+ =. ö

Gerade dieser Satz 5, der so umständlich zu beweisen war, ist besonders interessant, weil er die OcUmkehrung des fundamentalen Abelschen Satzes 1 [3. 5], des Analogons zum Abelschen Stetigkeitssatz, liefert. Man kann ihn

Page 510: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Taubersehe Sätze reeller Art 517

auch als eine sehr allgemeine Bedingung deuten, unter der man von der Abel-oo

Summierbarkeit des Integrals j F(t) dt (siehe S. 159) auf Konvergenz schließen kann. o t

In Satz 4 und 5 wurde das asymptotische Verhalten von j F('r) dT beschrie­o

ben. Macht man die zusätzliche Voraussetzung, daß F(t) monoton wächst, so kann man das Verhalten von F(t) selbst erschließen.

Satz 6242 • Es sei F(t) reell und ß{F} = f(s) fürs> 0 (bzw. s > s0 > 0) konvergent. Aus der asymptotischen Eigenschaft

f(s) ~ ~- für s -+ 0 (bzw. s -+ oo) mit y ~ 0, C beliebig reell,

und den Bedingungen

folgt:

F(t) ~ r(y) fl- 1 für t-+ oo (bzw. t-+ 0),

wobei lfF(y) = 0 für y = 0 zu setzen ist. Dies ergibt sich unmittelbar aus den Sätzen 4 und 5 und folgendem Hilfssatz 3 243• Wenn die reelle ]-Funktion F(t) für t > 0 monoton wächst

und wenn

t

€P(t) = j F(•) dT ~ A t"1 für t +oo (bzw. t-+ 0) mit beliebigem reellen A und y, u

so ist F(t) ~ A y tY- 1 für t +oo (bzw. t-+ 0).

Beweis: Aus der Monotonie von F folgt für t > 0 und 0 < {} < 1:

t

F({} t) (t- {} t) ~ j F(•) d• ~ F(•) (t - {} t), IJt

also

Bei festem {} ist für t -+ oo (bzw. t -+ 0):

t-Y €P(t) -+ A, ({} t) -y €P ({} t) -+ A,

also

Page 511: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

518 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace·Transformation

In der rechten Hälfte dieser für jedes positive & < 1 gültigen Ungleichung ist die rechte Seite von & unabhängig, die linke hat für & -+ 1 den Grenzwert A y (dies gilt auch für y = 0, da dann 1 - ß.Y dauernd gleich 0 ist); also ist

lim inf t-r+ 1 F(t) ~ A y.

Die linke Hälfte der Ungleichung kann so geschrieben werden:

+1 1-ß--Y lim sup (&t)-Y F(&t) ~- A & - 1 -D---.

Die linke Seite ist gleich lim sup t-r+ 1 F(t), also von & unabhängig, die rechte hat für & -+ 1 den Grenzwert A y; also ist

lim sup r}'+ 1 F(t) ~ A y. Mithin ist

lim t-r+ 1 F(t) == A y.

* * *

In den bisherigen Taubersehen Sätzen waren die Vergleichsfunktionen Potenzen und Funktionen L(t), die schwächer wachsen als jede Potenz (vgl. S. 460). Außer diesen Sätzen werden aber in den Anwendungen, z. B. in der analytischen Zahlentheorie, Vergleichsfunktionen mit exponentiellem Wachs­tum gebraucht. Als Beispiel nennen wir folgenden Satz:

Satz 7244• Es sei F(t) ~ 0 ~tnd monoton wachsend .

.B{F} = f(s) sei fürs > 0 konvergent und

1 f(s) ~ A- e115 für s-+ 0. s Dann ist

log F(t) ~ 2 Vi für t -+ oo.

Bemerkung: Hieraus folgt natürlich keineswegs F(t) ~ e2 Vt, sondern nur F(t) = e2Vi eo(Vt). Macht man die sehr viel schärfere Voraussetzung

F(t) ~ 0 und t1i4 e-2 111 F(t) monoton wachsend,

so kann man auf

Page 512: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ l. Taubersehe Sätze reeller Art 519

schließen. Die Vergleichsfunktion für F(t) ist das erste Glied der asymptoti­schen Entwicklung der zu (1/s) e1fs gehörigen L-Funktion 10 (2 Vi) = ] 0 (2 i vt), vgl. Anhang Nr. 8.

Beweis: Für alle hinreichend kleinen s ist s e-11• f(s) ~ 2 A, also, da F(t) positiv und monoton zunehmend ist 245 :

00 00

1 I r e-·t 2 A s e1fs ~ e-n F(-r) d-r ~. e-n F(-r) d-r ~ F(t) ~- 5 •

0 t

Setzt man s = 1/Vt, so ist für alle hinreichend großen t:

(6)

Weiter ist für alle hinreichend kleinen s auch s e- 11• f(s) > A/2, also

(7) ~- ~ s e- 1/s _re-ST F(-r) d-r = s e-l/s (/+ j + 1":-Sl: F(-r) d-r) 0 0 t, t

Wegen (6) ist t,

ft ~ 2 AI e-n+ 2V:t d-r 0

oder mit Vs-T - t;Vs = u, u2 = s -r - 2 VT + 1/s, d-r = (2/s) cu + (tJVs) J du:

Vsi,~- (1/Vs)

J ~ _!~_ e1fs r e-u• (u + __!__) du. l- s ., Vs

-11V-'

Wir verfügen nun über t1 , indem wir

setzen, wo {} eine feste Zahl mit 0 < {} < 1 ist. Dann ergibt sich:

-6/Vs (8) se-lfs]1 '~4A I e-"'(u+ ~s}du=o(l) für s-+0.

-11Vs Ebenso ist

00 00

T ~ 2 Ale-n+ 2VT' d-r = 4 A_ e1fs I e-u• (u +~)du. Ja- s Vs 1 Vsl- (t/Vs)

Page 513: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

520 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transfonnation

Setzt man mit demselben {} wie oben

so wird 00

(9) s e-11• ] 3 ~ 4 A j e-u• ( u + -J"s-) du= o(1) für s-+ 0.

6/Vs

Unter Benutzung von (8) und (9) erhält man nunmehr aus (7) :

I

~ - o(1) ~ s e-1/s r e-ST F(T) dT ~ e- 11• F(t) (e-•1·- e-•t) i,

~ F(t) e- (1/s) -st, = F(t) e- [1+ (1-6)')1•.

Für alle hirireichend kleinen s, also großen t, ist demnach [1/s = Vt/(1 + &)]:

(10) F(t) ~ ~ ei1+(1-Dl'JVI/(I+6)

Aus (6) und (10) folgt für alle großen t:

A 1+(1-0)B - -log 4 + --1+0- Vt ~log F(t) ~log 2 A + 2 Vt.

Da man {} > 0 so nahe an 0 wählen kann, daß [1 + (1 - &) 2]/(1 + {}) beliebig wenig unterhalb 2liegt, so gilt für jedes noch so kleine e > 0 für alle hinreichend großen t:

1 2- e ~ Vt log F(t) ~ 2 + e.

Das bedeutet: 1 vT log F(t) -+ 2 für t-+ 00.

* * *

Es sei noch ein Wort hinzugefügt über eine allgemeinere Auffassung vom Wesen der Sätze Tauberscher Art. Der Taubersehe Satz 3, der schon recht tief liegt, war eine leichte Folgerung aus Satz 2, dessen eine Hälfte mit s -+ 0 sich folgendermaßen formulieren läßt, wenn wir, um nur das Wesentliche hervor­treten zu lassen, y = 1 und L(x) = 1 setzen:

Page 514: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 1. Taubersehe Sätze reeller Art 521

Wenn 00 00

{11) s.fe-•tF(t)dt-+C= c.fe- 1 dt für s-+0 0 0

und F(t) ~ 0

ist, so gilt: 00 00

(12) s /Q(s t) F(t) dt-+ C ( Q(t) dt für s-+ 0 0 ö

mit jeder Funktion Q(t), die in (0, oo) integrierbar und noch gewissen Ein­schränkungen unterworfen ist.

Das bedeutet: Wenn die Funktionaltransformation mit dem Kern e-• 1 die durch {11) ausgedrückte Eigenschaft hat, so hat jede Transformation mit einem <<beliebigem Kern Q(s t) dieselbe Eigenschaft, vorausgesetzt, daß die zu trans­formierende Funktion F(t) einseitig beschränkt ist. - Setzt man die Integrale

00 00

I e- 1 dt und I Q(t) dt in (11) bzw. (12) als Nenner auf die linke Seite, so kann 0 0 man statt von Funktionaltransformationen auch von Mittelbildungen mit den Gewichtsfunktionen e-•t bzw. Q(s t) sprechen. (Wenn es sich nicht um Funk­tionen, sondern um Folgen handelt, so ist der Ausdruck <<Mittelbildung•> der geläufigere -man denke an Cesarosche, Rieszsche usw. Mittel. Dem Grenz­übergang, der mit solchen Mitteln in der Summabilitätstheorie vorgenommen wird, entspricht oben der Grenzübergangs-+ 0.)

In dieser Gestalt läßt der Satz nun eine außerordentlich weite Verallgemei­nerung hinsichtlich der Kernfunktion e-• 1 zu, wenn man ihn auf der anderen Seite dahin einschränkt, daß die zu transformierende oder zu mittelnde Funk­tion zweiseitig beschränkt sein soll. Sie lautet:

Satz 8. Der Kern K 1(t) gehöre zur Klasse V(O, oo) und habe die Eigenschaft, daß

00

/ till K 1(t) dt =1= 0 für -oo < y < +oo 0

ist. Wenn für in (0, oo) beschränkte ]-Funktionen F(t)

00 00

lim s ( K 1(s t) F(t) dt = A / K1{t) dt •-0 ö 6

ist, so gilt für jeden anderen Kern K 2(t), der zu V(O, oo) gehört, ebenfalls:

00 00

!~ s / K 2(s t) F(t) dt = A / K 2(t) dt. 0 0

Page 515: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

522 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

In der Literatur wird der Satz meist in der Gestalt ausgesprochen, die er durch die Substitution

annimmt: Satz 9 246 • Der Kern k 1 (~) gehöre zur Klasse L 1(- oo, + oo) und habe die Eigen­

schaft, daß seine Fourier- Transformierte

-00

j eiy,; k1(.;) d~ oJ: 0 für -oo < y < +oo -00

ist. Wenn für in(- oo, + oo) beschränkte ]-Funktionen f(~)

+oo +oo

(13) lim { k 1(x- .;) lW d.; = A { k1 (~) d~ x~oo •' ..

-00 -00

ist, so gilt für jeden anderen Kern k 2 (~), der zu L 1(- oo, + oo) gehört, ebenfalls

+oo +oo

(14) lim / k 2(x - .;) /(;} d.; = A / k2 (;} d.;. X---+00

-00 -00

Der im Detail sehr komplizierte Beweis geht in großen Zügen so vor: Aus .. (13) folgt, daß (14) für jeden Kern der Form k(.;) = 1.: a. k1(.; + Äv) gilt. Wenn

•-1 man nun jeden Kern k2 (.;) aus L 1(- oo, + oo) beliebig gerrau durch Kerne der Gestalt k(.;) in dem Sinne approximieren kann, daß

+oo

f lk2W - k(.;) I d.; -00

beliebig klein wird, mit anderen \Vorten, wenn die Menge der Funktionen k 1(~ + Ä), Ä beliebig reell, in L 1(- oo, + oo) abgeschlossen ist (siehe Anhang Nr. 49), so ist für beschränkte/(.;) das Bestehen von (14) evident. Für die Abgeschlossen­heit der Menge k1 (~ + Ä) ist aber notwendig und hinreichend, daß die Fourier­Transformierte von k1 nirgends verschwindet. Dies erklärt sich daraus, daß die Abgeschlossenheit eines Funktionensystems bei Fourier-Transformation erhalten bleibt und daß die Fourier-Transformierte von k1(~ + Ä) das e-iyJ._fache der Fourier-Transformierten von k1 (~) ist. Im Raume L 2(-oo, +oo) ist der Beweis sehr einfach, die Schwierigkeit liegt in der Übertragung auf L 1(-oo, +oo).

Satz 2 in der Gestalt, die wir ihm S. 521 gaben, ist, wenigstens für beider­seits beschränkte F(t), in Satz 8 enthalten, weil

00

/ti'v e- 1 dt = T(l + i y) 0

für kein reelles y verschwindet. Für einseitig beschränkte F(t) ist Satz 8 nicht richtig, wie man durch Beispiele zeigen kann. Durch Verschärfung der Voraus-

Page 516: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ l. Taubersehe Sätze reeller Art 523

setzungen kann man aber einen Satz aufstellen, der für einseitig beschränkte F(t) gilt und sich auf den Fall k1(t) = e- 1 anwenden läßt247•

Damit sind die Taubersehen Sätze in einen größeren Rahmen hineingestellt, der durch Mittelwertsätze vom Typus des Satzes 8 abgesteckt wird, die man in einem allgemeineren Sinn auch Sätze von Tauberscher Art zu nennen pflegt.

* * * Wir erwähnen hier noch eine weitere Anwendungsmöglichkeit der Mittel­

wertsätze vom Typus des Satzes 2 bzw. 8. Man kann nämlich mit Hilfe von Satz 2 die Abelschen Sätze 7 [13. 1] und 6 [14. 1] ineinander überführen. Satz 7 [13.1] besagt, daß aus F(t) - A t"" L(t) für t-+- oo folgt:

f(s)-A F(oc+l) L( 1s) für s-+-0 (Cl>-1). sa.+1

Setzt man in Satz 2*)

e-t q(e-1) = r2(a.+1) e-1/t, y =Cl+ 1 > 0,

so folgt, da für A > 0 von einer Stelle an F(t) ;s 0 ist:

00 00 r(s t)- 2 (a.+ 1) e- 1/st F(t) dt- ~- L(2_) (t~~a.- 2 e-l!t dt • 5a.+1 s • o n

oder 00 00

s-(a.+l) J e-ufs u 2 1% F( ~)du~ AL(~)/ e-" ua. du für s-+- 0. 0 0

Mit s = 1/a geht dies über in

Nun war F(t) ~ A t"" L(t) für t-+- oo,

was mit

gleichbedeutend ist. Es hat sich also ergeben: Aus F1(t) ,....._ A t"" L(1jt) für t -+- 0 folgt

für s-+- oo.

*) q(x) ist hier bei x = 0 nicht stetig, aber

1 00

J q(x) dx = J r t q(e- 1) dt 0 0

existiert.

Page 517: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

524 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

Das ist Satz 6 [14.1], wenn man berücksichtigt, daß ein L(t) im Sinne von Satz 7 [13.1] ein L(1/t) im Sinne von Satz 6 [14.1] ist.

Die Überführung in umgekehrter Richtung bewerkstelligt man, indem man Satz 2 fürs-+ oo anwendet.

Es ist interessant, daß die zwei elementaren Abelschen Sätze nur auf dem Weg über den tiefliegenden Satz 2 von Taubersehern Charakter als äquivalent nachgewiesen werden können.

§ 2. Taubersehe Sätze funktionentheoretischer Art

Im Gegensatz zu den im 15. Kapitel abgeleiteten Sätzen Abelscher Art für das komplexe Umkehrintegral wurde in den Taubersehen Sätzen des vorigen Paragraphen überhaupt kein Gebrauch davon gemacht, daß f(s) eine analyti­sche Funktion ist. In den Voraussetzungen kam nur das Verhalten von f(s) bei Annäherung an die singuläre Stelle s = 0 bzw. s = oo längs der reellen Achse vor, während es ganz gleichgültig blieb, wie sich f(s) in der übrigen Um­gebung der betreffenden Stelle und überhaupt im Komplexen verhält. Unter­wirft man f(s) funktionentheoretischen Bedingungen hinsichtlich seines Verhal­tens im Komplexen, so muß sich entweder eine feinere Beschreibung des asymptotischen Verhaltens von F(t) ergeben, oder aber es müssen sich - bei Aufrechterhaltung der früheren Aussage über F(t) -- die sonstigen Voraus­setzungen reduzieren lassen 248• Von der letzteren Art wird der erste Satz sein, den wir hier als Beispiel bringen, während Satz 3 die zuerst genannte Möglichkeit illustrieren wird. Satz 1 ist ein Seitenstück zu Satz 6 [16.1] für den Fall y = 1, wenn in diesem die Stelle s = 0 durch s = 1 und entsprechend F(t) durch e-t F(t) ersetzt wird. Er liegt so tief, daß sich aus ihm der berühmte Primzahl­satz ergibt (siehe II. Band), wenn man von der Riemannschen C-Funktion nur dieTatsache weiß, daß sie auf der Geraden ~s = 1 nicht verschwindet.

Satz 1249 • F(t) sei für t ~ 0 positiv und monoton wachsend, d.h.

~{ F} = f(s) sei fiir x > 1 (s = x + i y) konvergent. Wenn

A g(s) = f(s) - -s=-1 (A beliebig ~ 0)

für x-+ 1 + 0 gleichmäßig in fedem endlichen Intervall - y0 ~ y ~ + y0 gegen eine Grenzfunktion h(y) konvergiert, so gilt:

F(t) - A et fiir t -+oo.

Page 518: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Taubersehe Sätze funktionentheoretischer Art 525

Die Voraussetzung über g(s) ist sicher erfüllt, wenn f(s) sich über die Gerade ms = 1 analytisch fortsetzen läßt und nur in s = 1 einen Pol erster Ordnung mit dem Residuum A hat.

Beweis: Wir trachten danach, die Aussage über das Verhalten der 2-Trans­formation für x + 1 umzuwandeln in eine Aussage über das Verhalten einer

+oo

Transformation der Gestalt J K(T- t) F(t) dt für T + oo, wo Kein positiver +oo -oo

Kern ist, für den J K(t) dt konvergiert. Als solchen benutzen wir die Funktion -00

(sin 2 t)jt 2 , die auch bei t = 0 integrabel ist. Die angedeutete Umwandlung er­folgt auf dem Wege über die Fourier-Transformation. Die Funktion (sin 2 t)jt 2

läßt sich, was für die Ausnutzung der Voraussetzung über g(s) entscheidend ist, als Fourier-Transformierte einer Funktion darstellen, die außerhalb eines endlichen Intervalls verschwindet. Für die Funktion

für

für ist nämlich

\Y\ ~ 2-"

\Y\ > 2-" (A > 0)

+oo +2-< 2A

-jn / ei., 11 k"(y) dy = 21n j ei., 11 (1 -'J}-) dy = : j (1- }.._-) cos x y dy

-~00 -2,\ 0

= : [ ( 1 - {;.) ~inx~ y_ - _<:f1~-I-]: "= ]_-; C:1-~~-x

Zur Durchführung des obigen Programms betrachten wir nun f(s) auf der Geraden s = 1 + e + i y (e > 0), setzen

und bilden mit einer beliebigen Konstanten T > 0:

+OO +2Ä 00

j k"(y) eiTy f(1 + e + i y) dy = j k"(y) eiTy dy je-iyl e-•l F1(t) dt. -00 -2Ä 0

Das innere Integral konvergiert wegen F1(t) ;;;; 0 absolut, also für alle y gleich­mäßig, so daß es mit dem über ein endliches y-Intervall erstreckten äußeren Integral vertauscht werden darf:

+2Ä 00 +2Ä

j k"(y) eiTy /(1 + e + i y) dy = j e-•l F1(t) dt j ei(T-I)y k.<(Y) dy -2.< 0 -2.<

00

= 2 n r e-•l K;.(T- t) F1(t) dt. ö

Page 519: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

526 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

Setzt man speziell F(t) = e1, also F1 (t) = 1 für t ~ 0, und f(s) = 1/(s- 1), so ergibt sich:

+2Ä 00

I" kÄ(y) ei Ty --1-.- dy = 2 nle-•1 K;.(T- t) dt, • · e+zy

-2Ä 0

und durch Subtraktion: +2J.

};,- / k;.(Y) eiTy g(1 + e + i y) dy -2;.

00 00

~= /e-' 1 K;.(T- t) F1(t) dt- AI e-•t K;.(T- t) dt. 0 0

Da g (1 + e + i y) für e + 0 gleichmäßig in - 2 A. ~ y ~ + 2 A. gegen die (eo ipso stetige) Grenzfunktion h(y) strebt und k;.(y) eiTy beschränkt ist, folgt:

+2A +2J. I k;.(Y) eiTy g(1 + e + i y) dy + I k;.(Y) eiT}· h(y) dy für e + 0. - 2J. - 2A

Ferner ist 00 00

I K (T- t) dt =j---~~ 2 l(T-tL dt ;. nl(T-t) 2

0 0

konvergent, also nach Satz 1 [3. 5]

00 00 Je-•1 K;.(T- t) dt + IK;.(T- t) dt. 0 0

Demnach besitzt auch 00

le-•1 K;.(T- t) F1(t) dt 0

für e + 0 einen Grenzwert C. Da K;.(T- t) F1(t) ~ 0 ist, folgt nach dem S. 505 erwähnten trivialen Taubersehen Satz, der übrigens in Satz 3 [16.1] für y = 0, L(x) = 1 enthalten ist:

00 I K;.(T- t) Fl(t) dt = c. 0

Damit haben wir zunächst die für jedes T > 0 gültige Relation erreicht:

00 +2J. 00

I K;.(T -- t) F1(t) dt = 21n I eiTy k;.(Y) h(y) dy + AI K;.(T- t) dt.

0 -2J. 0

Page 520: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Taubersehe Sätze funktionentheoretischer Art 527

Nun lassen wir T gegen oo streben. Nach dem Riemann-Lebesgueschen Lemma ist

+2.1

j eiTy k.~.(y) h(y) dy-+ 0 für T +oo. -2.1

Ferner ist (vgl. S. 166)

oo T +oo

lim jK.~.(T- t) dt = _lim j K.~.(u) du= j K.~.(u) du T-+oo 0 T-+oo_ 00 _ 00

+oo +oo

= };: j si~;:u_ du= : j -8~~:!'_ dv = 1. -00 -00

So ergibt sich das zu Anfang des Beweises gesteckte Ziel:

00

lim / K;.(T- t) F1(t) dt = A. T-+oo O

Für das Folgende ist es bequem, zu definieren:

F(t) = F1(t) = 0 für t < 0,

wobei die Bedingung, daß F(t);;:;; 0 und monoton wachsend sein soll, erhalten bleibt. Dann kann man die erhaltene Relation in der Form schreiben:

+oo

lim j K.~.(T- t) F1(t) dt = A T-+oo _ 00

oder explizit: +oo

(1) . 1 j ( v ) sin 2 v hm - F, T - - - --- dv = A. n 1 Ä v 2

T-+oo _ 00

Was jetzt noch zu beweisen ist, nämlich lim F1(T) = A, bedeutet die Um-T-+oo

kehrung des in Fußnote*), S.119, ausgesprochenen Satzes, wenn wir das dor-tige F8(t) mit sin 2 tj('J'& t2) identifizieren.

Aus der Relation (1) leiten wir nun obere und untere Schranken für F1(t) ab, wobei vor allem die Tatsache eine Rolle spielt, daß F1(t) und (sin 2 v)fv 2

positiv sind und daß wir über die Zahl Ä. noch passend verfügen können.

1. Ersetzt man T in (1) durch T + 1/VI, so ergibt sich:

+oo

. 1 { ( 1 v) sin 2 v hm- F1 T + - - - - -- dv = A. T-+oo n • VA Ä v2

-oo

Page 521: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

528 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

Zu vorgegebenem c5 > 0 gibt es also ein T1 , so daß für T > T1

+OO

1 I ( 1 v ) sin 2 v o - F1 T + ·· ··c - - ·-- dv < A + -n VÄ. Ä. v2 2

-00

und wegen F1 ~ 0 erst recht

(2) + VÄ

1 ~ ( -;;jF1 T+ - v;.-

ist. Nun ist aber F monoton wachsend (was hier zum erstenmal ausgenutzt wird), also

Da 1/VX- vJA. ~ 0 für -VX ~ v ~ +VX ist, so kann man schließen:

+fi +fi (3) r F1(T + -1_ - .!.) -~~.-~ dv ::2:: j' e-l(l/VÄ)-(v/A)] F (T) - 5~-2 v. dv

VÄ. Ä. 11 2 --. 1 v2 -~ -~

+Vi

c.. e - F (T) ---··· dv. --.. _.,nti I sin2v - 1 v2

-VI Durch Einsetzen von (3) in (2) ergibt sich:

2/ VI ( )+/·\in 2 v ) -1

( o ) F1(T) ~ne -i)il. dv A + 2 -VA

(4) für T > T1 .

Hierin kann ). jede Zahl > 0 bedeuten. Für).-+ oo konvergiert e21Vi von oben

gegen 1, J~~on unten gegen n, also n ( ti) -1von oben gegen 1. Man kann

-~ -~ daher).= A.1 fest so groß wählen, daß die rechte Seite von (4) kleiner als A + c5

ist. Damit finden wir:

(5)

2. Ersetzt man Tin (1) durch T- 1/Vl, so steht da:

+oo

(6) . 1 r ( 1 11 ) sin 2 V hm -;; F1 T - ·v· , - T -112 -- dv = A . T-+oo · II. -oo

Zu (J > 0 kann man daher T2 so bestimmen, daß

+oo

(7) ~ I F1( T- ~l- -}) ~i::~ dv > A- ~ für T > 7; -00

Page 522: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

§ 2. Taubeische Sätze funktionentheoretischer Art

ausfällt. Das Integral auf der. linken Seite zerlegen wir in

-VA +~ +<>o

J + 1 + .r -00 -J/}. l':i.

F1('r) ist beschränkt, denn nach (5) ist

ferner

also F1(t) ~ Max [A + lJ, F(T1)] = M für alle t.

Folglich ist

(8)

Weiterhin ist

e T-u F1(T- u) ~ e T F1(T) oder F1(T- u) ~ e" F1(T) für 14 ~ 0.

Da 1/Jii + vj). ~ 0 für - Vi ~ v ~ +Vi ist, ergibt sich:

+JIJ. +VÄ +oo

529

(9) j ~ jeliVÄ +V/A Fl(T) si:i'- dv < e21VÄ Fl(T) j ~~~: v dv = :t e21~'i Fl(T).

-VA -Vl -oo

Durch Einführung von (8) und (9) in (7) erhalten wir:

:~ + e21VÄ F1(T) ~ A- ~ oder

F1(T) ~ e- 2/Vl (A- ~ - -:~) für T > T2 •

Wählt man A. = ).2 so groß, daß die rechte Seite größer als A - lJ ist, so hat sich ergeben:

(10) .fi.(T) > A - lJ für T > T2 •

Die Ungleichungen (5) und (10) zusammen bedeuten:

.fi.(T) +A für T+oo.

Wie eingangs erwähnt, ist Satz 1 das Seitenstück zu Satz 6 [16.1] füry= 1, wenn dort s = 0 durchs= 1 ersetzt wird. Bei diesem wird nur f(s) ~ AJ(s- 1) für s (reell) + 1 vorausgesetzt, dafür lautet aber die Bedingung für F(t), daß e- 1 F(t) monoton wachsen muß. Unter dieser Bedingung wird aber die Aussage

Doetsch 1/34

Page 523: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

530 16. Kap.: Taubersehe Sätze für die Laplace-Transformation

F(t) - A et trivial. Dies sieht man am besten, wenn man wieder zu der ur­sprünglichen Gestalt von Satz 6 [16.1] zurückkehrt. Hier wird f(s) - Cfs für s -+ 0 und monotones Wachstum von F(t) vorausgesetzt. Dann muß aber F(t) für t-+ oo einen Grenzwert l haben, der endlich oder +oo sein kann. In beiden Fällen ist nach Satz 2 [13.1] dann s f(s) -+ l fürs-+ 0. Da anderseits s f(s) -+C fürs-+ 0 vorausgesetzt wurde, so ist l = C, d.h. F(t)-+ C für t -+oo. Diese Aussage liegt somit ganz an der Oberfläche. Ein Gleiches gilt daher für die Aussage F(t) - A et unter den Voraussetzungen f(s) - Af(s- 1) für s-+ 1 und monotones Wachstum von e-t F(t).

Satz 1 gilt, wie überhaupt jeder Taubersehe Satz, der das Verhalten von f(s) lediglich an einer Stelle oder in der Nähe einer Vertikalen benutzt, auch für die Eu-Transformation, wenn sie in einem Streifen 1 < x < x0 konver­

o giert. Denn das hinzutretende Integral J e-•t F(t) dt ist in der ganzen Halb-

-oo ebene x < x0 konvergent und analytisch, also ohne Einfluß auf den Charakter der Singularität bei s = 1, bzw. auf das Verhalten von f(s) in der Nähe der Geraden x = 1. Übersetzt man den Satz dann in die Sprache der Mellin-Trans­formation, so lautet er:

Satz 2. 4i(z) sei für z > 0 positiv und monoton fallend. in{ 4i} = tp(s) sei für l < x < x0 konvergent. Wenn

A g(s) = tp(s)- s-1 (A ~ 0)

für x-+ 1 + 0 gleichmäßig in iedem endlichen Intervall- y0 ~ y:;:;; + y0 gegen eine Grenzfunktion h(y) konvergiert, so gilt:

4i(z) ,_ A für z-+ 0. z

In Satz 1 war die Vergleichsfunktion für f(s) eine rationale Funktion. Es existiert auch ein funktionentheoretisches Seitenstück zu Satz 7 [16.1], in dem die Vergleichsfunktion für f(s) von exponentiellem Charakter ist, und das wir ohne Beweis anführen.

Satz 3 250• Es sei F(t) monoton wachsend, E{F} = f(s) für 9ls > 0 konvergent und

s f(s) - A elfs (A * 0)

im Innern der Parabel y = ± Vx (s = x + i y) beschränkt. Dann ist

Dieser Satz ist ein Beispiel dafür, wie sich durch Einführung funktionen­theoretischer Bedingungen für f(s) die asymptotische Aussage über F(t) ver­feinern läßt.

Page 524: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

531

Anhang

Formeln

1. r( ~) = V n, - F'(1) = Euler-Mascheronische Konstante = 0,5772 0 0 0

(n ganz~ O)o

3. r(2_ + v) = vn- __ r(~-~-1:"_1_) 2 4• F(v + 1)' r(~ +v)r(~ -v)=

F(v) F(1 - v) =

(-1)n{2n)! 4n {n!)2

n cosv n

n sin v n

F(v + 1) F(2 v + 2 n + 1) (~-4)iin! T(Zv--ti)l'(v+ n---t-i)-

{-1)n F{2v+2n+1) = Vn 4•+n n! F(v +l)i'(v+ n+ 1) 0

5. log F(z) = ( z - ~ ) log z - z + ~ log 2 n + 0 (I l 1) für z -+ oo in I arc z I < n

(Stirlingsche Formel) F(z + cx)

T(zf- ~ z'X für z -+ oo in I arc z I< n (cx beliebig komplex)

F(l+n+1) F(l+1)n!

n!

I'(l -t 1) für n-+ oo (l * - 1, - 2, 0 0 o)

Für die ausgeschlossenen Werte von l ist e ~ n) dauernd, (--;/)für n > - l gleich Oo

ta. 6 ..... -

• F(cx+ 1)

tP ta.+fJ+l * . -·----- ·- = ... ----·- -----F(ß+ 1) F(cx+ ß+ 2)

(cx,ß>-1)0

Dies ergibt sich aus der Gleichung s--(a.+l). s--({J+l) = s--(a.+P+ 2) und der Korre­ta

spondenz -- -- ---- --· o---o s--(a.+l) auf Grund des Faltungssatzes 4 [2 15] F(cx+ 1) 0

o

Page 525: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

532 Anhang

7. Abelsche partielle Summation:

n n-1 V

E c. a. = c,. a,. + E c.(a. - a.+1) •-0 v-0

mit c.=};c,.. ,..-o 8. Asymptotische Darstellung der Bessel-Funktionen:

],(z)=V 2- f. F(t_-+:__!tl cos[z-(n/4)+n(n/2)]_+0(Izi-N-(s/2l) 0 nz,.~F(t-n) 2"n!z" ·

J,(z) = v~ 2 .. cos(z- ~- ."~) [ i; (-1)" _(~_f!L + O(lzl-2.v-2)] • nz 4 2 n-o (2z)2"

(n ~ 1).

-v~i: sin(z- :- ." ;) L~ (-1)" ([~~~ .. :ll) + O(lzr2N-3)].

larczl < n, mit

(4v2-1 2) (4v2-32) ... [4v2-(2m-1)2] (v, m) = ----·- 4m m! - · (m = 1, 2, .•. ), (v, 0) = 1.

Ungleichungen

Jede der folgenden Ungleichungen ist so zu verstehen: Wenn die rechte Seite existiert, so existiert auch die linke, und es gilt die hingeschriebene Ungl~ichung. Die Integralgrenzen sind in allen Integralen einer Ungleichung dieselben; sie können endlich oder unendlich sein.

9. Cauchy-Schwarzsche Ungleichung:

(jlf(x) g(x) I dx) 2 ~ jlf(x) 12 dx ·jlg(x) 12 dx.

10. Höldersche Ungleichung:

flt(x)g(x)ldx~ (/lf(x)!Pdxr'"{flg(x)l<~dxY'<~, P>l, ~ + ~ = 1.

11. Minkowskische Ungleichung:

(jlf(x) + g(x) I" dxf'";;;; (.(lf(x) I" dxY'" + (/lg(x) 121 dxf'". P >1.

Reelle Analysis

12. Approximationssatz von Weierstraß: Eine in einem abgeschlossenen Inter­vall a :::; x ;;;; b stetige Funktion f(x) läßt sich dort gleichmäßig durch ein Poly­nom p(x) beliebig genau approximieren, d. h. zu jedem e > 0 kann man ein p(x) finden, so daß 1/(x)- p(x) I < ein a ~ x ~ b. Man kann erreichen, daß durch­weg p(x) > f(x) oder p(x) < f(x) ist. (Dazu braucht man nur die stetige Funk­tion f(x) + (e/2) bzw. f(x) - (e/2) mit der Genauigkeit ef2 zu approximieren.)

00

Verallgemeinerung: Wenn}; 1ff'n divergiert, so kann man jede in a ~ x ~ b n-1

stetige Funktion beliebig genau durch lineare Aggregate der Potenzen x~-'• = 1, x~-'•, x~-'•, ... approximieren. Siehe Cu. H. MüNTZ, Ober den Approximationssatz von Weierstraß. Schwarz-Festschrift, Berlin 1914, S. 303-312.

Page 526: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 533

13. Eine Funktion /(x) heißt in a ~ x ~ b von beschränkter Variation,

" wenn die Summe 5(3) =}; lf(x;)- /(x;_ 1)1 für alle Intervallzerlegungen 3: i~l

a = x 0 < x 1 < ... < xn_ 1 < xn = b beschränkt ist. Die obere Grenze aller 5(3), die zugleich der Grenzwert von 5(3) für Max (x;- X;_ 1) -+ 0 ist, heißt die

b

totale Variation von f(x) in a ~ x ~ b und wird mit I ld/(x)l bezeichnet. Jede a

Funktion von beschränkter Variation ist als Differenz zweier monoton wachsen-den Funktionen darstellbar, hat also an jeder Stelle x einen Grenzwert f(x + 0) von rechts und f(x- 0) von links und besitzt somit keine anderen Unstetigkeiten als Sprünge. Sie heißt normiert, wenn überall f(x) = [f(x + 0) + f(x - 0) ]/2 ist.

14. Hat f(x) in a ~ x ~ b eine beschränkte Ableitung: lf'(x) I < K, so ist /(x) von beschränkter Variation. Denn es ist

n n

}; 1/(x;)- /(X;_ 1) I= }; 1/'(~;UX;- X;_ 1) I ~ J{ (b- a), i~l i~l

wo die/;; durch den Mittelwertsatz der Differentialrechnung bestimmte Zwischen­werte zwischen X;_ 1 und X; sind.

" 15. Eine Funktion F(x), die ein Integral ist: F(x) =I/(!;) d!;, ist in einem endlichen Intervall von beschränkter Variation, denn a

1~IF(x;)- F(x;-1)1 = i~ lx;[/(1;) d!;l ~/I/(!;) I d!;.

b

Die totale Variation von F(x) in a ~ x ~ b ist also ~I I/(!;) I d!;. Sie ist aber b a

sogar gerrau = I I lW I d!;. Für Riemannsche eigentliche Integrale folgt das so-a

fort aus

n ,., , Xi I n b

};IF(x;)- F(x;_ 1fl =}; • / /(~) d/;1 =}; lA.; (x;- X;_ 1)1 -+./I!(!;) I d!;,

i~l i~l x;_1 I •~1 a

wo ).; ein aus dem ersten Mittelwertsatz der Integralrechnung sich ergebender Wert zwischen der oberen und der unteren Grenze von /(x) in X;_ 1 ~!;~X; ist. Für Lebesguesche Integrale ist der Beweis wegen der eventuellen Nichtbeschränkt­heit von /(x) komplizierter. Siehe E. W. HoBSON, The theory of functions oj a real variable and the theory of Fourier's series. Bd. I, 2. Aufl., Cambridge 1921, s, 557.

·16. De l'Hospitalsche Regel (in der Präzisierung von SToLz): Für x >x0

sei G'(x) und H'(x) vorhanden, H'(x) * 0, H(x) reell und H(x) -+ +oo für x-+ + oo. Ist lim G'(x),IH'(x) = A vorhanden (A kann auch ± oo sein), so ist

X-+00 !im G(x)/H(x) = A. x~oo

00

17. Wenn}; f .. (x) in a ~ x < b (b endlich oder oo) gleichmäßig konvergiert n=O oo oo

und lim fn(x) = ln existiert, so ist lim }; fn(x) = }; ln, vorausgesetzt, daß die x-+b x-+bn~O n~O

rechte Seite konvergiert. (Dieser Satz ist nur eine andere Ausdrucksweise für den

Page 527: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

534 Anhang

00

Satz: Wenn f(x) = .E fn(x) in a;;;; x;;;; b gleichmäßig konvergiert und die fn(x) n-0

in b nach links stetig sind, so ist auch f(x) in b nach links stetig.) Analog gilt 00

(n kontinuierlich): Wenn J f(x, y) dy in a ;;;; x < b gleichmäßig konvergiert und 0 00 00

lim f(x, y) = l(y) existiert, so ist lim J f(x, y) dy = J l(y) dy, vorausgesetzt, daß .~-+b x-+bo 0 die rechte Seite konvergiert.

18. Wenn die Funktionenfolge fn(x) an einer Stelle x 0 des Intervalls a;;;;x;;;;b konvergiert, wenn alle fn(x) in a ;;;; x ;;;; b differenzierbar sind und die Folge /;,(x) dort gleichmäßig konvergiert, so konvergiert auch die Folge fn(x) in a ;;;; x;;;; b gleichmäßig gegen eine Grenzfunktion f(x), die in a ;;;; x ;;;; b differenzierbar ist, und es ist f'(x) = lim f~(x).

n-+oo Für stetig laufendes n gilt ein analoger Satz, der in dem speziellen Fall

n oo

fn(x) = J g(;, x) d; die Gestalt annimmt: Wenn J g(;, x) d~ an einer Stelle x 0

0 0 des Intervalls a ;;;; x ;;;; b konvergiert, wenn

_o_ (ng(; x) d$ = Jn _o~if· x) d~ ox . . ox 0 0

in a ;;;; x ;;;; b ist (vgl. Nr. 20) und

r og:({._ x) d; . ox 0

00

dort gleichmäßig konvergiert, so konvergiert auch J g(;, x) d; in a ;;;; x ;;;; b 0

gleichmäßig gegen eine Grenzfunktion f(x), die in a::::;; x;;;; b differenzierbar ist, und es ist

d !00 (00 og(;, x) - g(;, x) d; = ---- - d$.

dx . ox 0 0

19. f(x) sei für a < x;;;; b differenzierbar. Wenn

lim f(x) = l und !im f'(x) = l' x-+a+O x-+a+O

existieren, so existiert, wenn f(a) = l gesetzt wird, auch f'(a) und ist gleich l'. Beweis: Setzt man f(a) = l, so ist f(x) im Innern von a ;;;; x ;;;; b differenzier­

bar und an den Enden stetig, also gibt es nach dem Mittelwertsatz der Differen­tialrechnung zu jedem x mit a < x ;;;; b einen Zwischenwert ; = ;(x), a < ; < x, so daß

_f(x) -_f_(f!:) = I' m x-a

ist. Für x -+ a + 0 strebt auch ~ gegen a, also die rechte Seite nach Voraus­setzung gegen l', folglich auch die linke.

20. Differentiation eines Integrals nach einem Parameter: Es ist

d ht(cx) h,(cx) Oj(X, IX) d<X J f(x, <X) dx = J ··· · d<X dx + h~(<X) f(h 2 (<X), <X) - hi (<X) /(h1 (<X), <X).

h1(cx) h,(cx)

Page 528: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 535

wenn h~(a:) und h~(a:) in einem Intervall a:1 ~ a: ~ a:2 stetig sind und of/oa: in dem Bereich der (a:, x)-Ebene zwischen den Geraden a: = a:1 , a: = a:2 und den Kurven x = h1(a:), x = h2(a:) stetig ist.

21. Verallgemeinerter Rollescher Satz: Die reelle Funktion f(x) sei in a~x~b n-mal differenzierbar. ln dem Differentialausdruck

seien die reellen Koeffizienten cr so gewählt, daß das Polynom

zn + cn-l zn-1 + ... + c 1 z + c0 = p(z)

in lauter reelle, nicht notwendig verschiedene Linearfaktoren zerfällt:

p(z) = (z - a:1) ••• (z - otn) ( otv reell).

( d' D= dx)

Hat f(x) in a ~ x ~ b mehr als n geometrisch verschiedene Nullstellen, so hat p(D) f(x) in a ~ x ~ b mindestens eine Nullstelle.

Bemerkung: Sind die a:. nicht alle reell, so ist der Satz falsch. Gegenbeispiel: p(z) = z2 + 1 = (z + i) (z - i), p(D) f(x) = f" + f. Die Funktion f(x) = 1 + sin x hat die Nullstellen ... , - :nf2, 3 :n/2, 7 :n/2, ••. , aber f" + f = 1 hat über­haupt keine.

Beweis : Es ist p(D) = (D - a:1) (D - ot2) ••• (D - a:n),

wobei die Reihenfolge der Faktoren beliebig ist. Wenn f(x) mehr als eine, also mindestens zwei verschiedene Nullstellen hat, so gilt dasselbe für die reelle Funktion g(x) = e-oc,z f(x). Daher hat nach dem klassischen Rolleschen Satz g'(x) = e-oc,z [f'(x) - a:1 f(x)] eine zwischen ihnen liegende Nullstelle, also f'(x) - a:1 f(x) = (D - a:1) f(x) dieselbe. Hat f(x) mehr als zwei, also mindestens drei verschiedene Nullstellen, so hat die Funktion (D- a:1) f(x) nach dem eben Bewiesenen zwischen der ersten und zweiten und zwischen der zweiten und dritten je eine, also mindestens zwei verschiedene Nullstellen. Daher hat nach dem vorigen (D- a:1) (D- a:1) f(x) mindestens eine Nullstelle, usw.

Erweiterung: Der Satz gilt auch, wenn die cv stetige Funktionen c.(x) sind. Dann ist

z und die a:.(x) sind stetig. Sind sie in a ~ x ~ b reell, so setze man f a:.(~) d~= ß.(x).

II

Hat f(x) mehr als eine Nullstelle, also auch g(x) = e-fl,(z) f(x), so hat g'(x) = e-fl,(z) [f'(x)- a:1(x) f(x)] mindestens eine Nullstelle, also auch [D- a:1(x)] f(x), usw. Siehe G. PoLYA, On the mean value theorem corresponding to a given linear homogeneaus differential equation. Trans. Amer. math. Soc. 24 (1922) S. 312-324.

Das uneigentllche Riemannsche Integral

22. Das Riemannsche Integral kann seiner Definition nach nur existieren für Funktionen, die in einem endlichen Intervall definiert und beschränkt sind. Die Ordinatenmenge von f(x), d.h. die Menge der Punkte a ~ x ~ b, 0 ~ y ~ f(x) bzw. f(x) ~ y ~ 0 in der (x, y)-Ebene, muß sowohl in der x-als in der y-Richtung

Page 529: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

536 Anhang

beschränkt sein. Ist eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, so kann das Integral nur durch einen zusätzlichen Grenzprozeß definiert werden und heißt dann ein uneigentliches Integral. (Im Gegensatz dazu heißt das ursprüngliche Riemann­sche Integral ein eigentliches.\

Interoall endlich, Funktion nicht beschränkt

Ist x0 ein innerer Punkt des Intervalls und ist f(x) in jedem Intervall a ~ x ~ x0 - e1 und x0 + e2 ~ x ~ b integrabel (e1 , e2 > 0), also beschränkt, dagegen in x0 - e1 ~ x ~ x 0 + e2 nicht beschränkt und eventuell in x0 gar nicht

b definiert, so versteht man unter dem uneigentlichen Integral J f(x) dx den

~-~ b a Grenzwert lim J f(x) dx + lim J f(x) dx, falls dieser existiert, wenn e1 und e2

~-oa ~-o~+~ unabhängig voneinander gegen 0 streben. Wenn dies~r Grenzwert nicht existiert,

aber lim {xf~ j }• so sagt man, es existiere der Cauchysche Hauptwert des e-+0 a x0 +s

Integrals (valor principalis, valeur principale, principle value), und schreibt:

I x.-. b } b

!~I I f(x) dx + I f(x) dx = V. P. / f(x) dx. 0 a z0 +s a

Ist der Ausnahmepunkt x0 mit einem Endpunkt identisch, z. B. mit a, so ist das b

uneigentliche Integral durch lim J f(x) dx zu definieren. (Der Hauptwert kommt <-+0 A+B

hier nicht in Frage.) Liegen in dem Intervall endlich viele Ausnahmepunkte, so ist das Integral sinngemäß zu verstehen.

Interoall unendlich, Funktion beschränkt oder unbeschränkt X

f(x) sei in a ~ x < oo definiert, und für jedes X > a existiere J f(x) dx als a

eigentliches oder uneigentliches Integral (in a ~ x ~ X liegen also höchstens 00

endlich viele Ausnahmestellen). Dann wird das uneigentliche Integral J f(x) dx X a

definiert als der Grenzwert lim J f(x) dx, falls er existiert. - Ist das Intervall X-+oo a

zweiseitig unendlich, so wird definiert:

+oo +Xa

/ f(x) dx = lim (f(x) dx, _ 00 XhXa-+-00 -X,

wobei X 1 und X 2 unabhängig gegen oo streben sollen. Ist dieser Grenzwert nicht vorhanden, so kann doch der Hauptwert

+X +oo

~im / f(x) dx =V. P. / /(x) dx .\->-oo_x -oo

existieren. - Da ein uneigentliches Integral stets als Grenzwert von anderen Integralen definiert ist, sagt man statt «es existiert» auch «es konvergiert».

Page 530: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 537

23. Das Cauchysche Konvergenzkriterium: Notwendig und hinreichend dafür, 00

daß J f(x) dx konvergiert, ist die Bedingung, daß man zu jedem e > 0 ein ro .. so bestimmen kann, daß für jedes Wertepaar ro1 , ro1 mit ro ~ ro1 < ro2 gilt:

! Ji(x) dx I < e. Sinngemäß lautet das Kriterium für die Konvergenz von

b

J f(x) dx mit dem Ausnahmepunkt x 0 .- Hängt f(x) noch von einem Parameter oc .. 00

ab, der in einem Intervall oc1 ;;;; oc ;;;; oc2 variiert, so konvergiert J f(x, oc) dx gleich-,. mäßig in oc1 ;;;; oc ;;;; oc2 , wenn ro sich unabhängig von oc bestimmen läßt.

24. Absolute Konvergenz: Ein besonderer Fall ist der, daß für eine Funktion f(x) der in Nr. 22 angenommenen Art das uneigentliche Integral J lf(x) I dx (mit endlichen oder unendlichen Grenzen) existiert. Das uneigentliche Integral ( f(x) dx existiert dann nach dem Cauchyschen Konvergenzkriterium erst recht und heißt absolut konvergent. Ist ein uneigentliches Integral konvergent, aber nicht absolut konvergent, so heißt es bedingt konvergent. Will man ausdrücklich darauf hinweisen, daß es gleichgültig sei, ob das Integral absolut konvergiert oder nicht, so sagt man, es werde einfache Konvergenz verlangt.

X Weil J lf(x) I dx für X -+ oo nur entweder gegen einen endlichen Wert kon-,.

vergieren oder über alle Grenzen wachsen kann, drückt man die Tatsache der 00 00

absoluten Konvergenz von J f(x) dx auch kurz so aus: J lf(x) I dx < oo. .. .. Für die Zwecke des vorliegenden Buches machen wir einen einschneidenden

Unterschied zwischen uneigentlichen Integralen in einem endlichen und einem unendlichen Intervall: Von einem uneigentlichen Integral in einem end­lichen Intervall verlangen wir stets, daß es absolut konvergiert. Dagegen braucht ein uneigentliches Integral über ein einseitig oder zweiseitig unendliches Intervall in bezug auf den Grenzübergang X -+ oo bzw. X 1 , X 2 -+ oo nicht absolut zu konvergieren.

Eine Definition des uneigentlichen Riemannschen Integrals einer Funktion von zwei Variablen über ein Gebiet der (x, y)-Ebene bereitet Schwierigkeiten und ist keineswegs so naheliegend wie bei einer Funktion einer Variablen. Es gibt meh­rere Möglichkeiten der Definition, die aber an großer Schwerfälligkeit bei der Anwendung leiden (vgl. HoBSON, l.c. Nr. 15, S. 488-498). Wir werden daher zweidimensionale Integrale immer im Lebesgueschen Sinn verstehen, wodurch die Manipulationen mit ihnen außerordentlich erleichtert werden.

25. Darstellung eines uneigentlichen Integrals als unendliche Reihe: Wenn das oo X

Integral J f(x) dx konvergiert, d.h. wenn lim J f(x) dx existiert, so existiert erst a zn X-+ooa

recht lim J f(x) dx, wo xn eine gegen oo strebende Folge durchläuft, d. h. es kon-n-+oo a oo zn+l

vergiert die unendliche Reihe 1: J f(x) dx. Das Umgekehrte gilt nicht: Aus der n-0 -*n oo

Konvergenz dieser Reihe kann man nicht auf die des Integrals J f(x) dx schließen . .. Hinreichend dafür, daß aus der Konvergenz der Reihe die des Integrals sowie

'*n+1 die Gleichheit von Reihe und Integral folgt, ist die Bedingung: lim J I f(x) I dx = 0.

n-+oo xn

Page 531: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

538 Anhang

Das Lebes~uesche Inte~ral

Die Theorie des Lebesgueschen Maßes und Integrals wird als bekannt voraus­gesetzt. Im folgenden werden nur der eindeutigen Festlegung wegen einige Be­griffe definiert, das Verhältnis zum Riemannschen Integral klargestellt und einige im Text oft gebrauchte Sätze aufgeführt. Um dem Leser eine eingehendere Orientierung zu erleichtern, wird auf die einschlägigen Stellen in C. CARA­THEODORY, Vorlesungen über reelle Funktionen. Leipzig und Berlin 1918 (zitiert als « Car. ») verwiesen.

26. Das Lebesguesche Integral einer im R,. (euklidischer Raum von n Dimen­sionen) gegebenen Funktion läßt sich für allen völlig gleichartig definieren. Wir nehmen hier zur Vereinfachung der Schreibweise n = 1 bzw. n = 2 an. Das Lebesguesche Integral von /(x) kann definiert werden als Differenz der zweidimen­sionalen Lebesgueschen Maße der einerseits von den positiven und andererseits von den negativen Ordinaten gebildeten Mengen, vorausgesetzt, daß beide als endliche Zahlen existieren. Da beim Lebesgueschen Maß überhaupt kein Unter­schied zwischen beschränkten und unbeschränkten Mengen gemacht wird (Car. S. 232, 246), kommt es von vornherein nicht darauf an, ob die Ordinatenmenge sich in der x-oder y-Richtung ins Unendliche erstreckt, d.h. ob das Integrations­intervall endlich oder unendlich und ob die Funktion beschränkt ist oder nicht. (In der Lebesgueschen Theorie pflegt man auch den Funktionswert ± oo zu­zulassen, so wie man in der klassischen Theorie auf der x-Achse unendliche Intervalle von jeher zugelassen hat. Damit die Ordinatenmenge ein endliches Maß hat, können die Unendlichkeitsstellen höchstens eine Nullmenge, d.h. eine Menge vom linearen Maß 0 bilden.) Eine Funktion, für die das Lebesguesche Integral existiert, heißt in der von LEBESGUE eingeführten Terminologie summier­bar. Da die Mengen der positiven und negativen Ordinaten getrennt ausgemessen werden, ist mit f(x) stets auch lf(x) I summierbar.

27. Es kann auch bei Lebesgueschen Integralen vorkommen, daß ein Integral zwar nicht unmittelbar, aber als Grenzwert von anderen Integralen existiert; es heißt dann wie in der Riemannschen Theorie ein uneigentliches Integral. Un­eigentliche Lebesguesche Integrale in endlichen Intervallen kommen in diesem Buch nicht vor; wir setzen immer voraus, daß die Funktionen in end­lichen Intervallen summierbar, also auch absolut integrierbar sind (analog zu der Festsetzung in Nr. 24 für Riemannsche Integrale). Dagegen haben wir es sehr häufig mit uneigentlichen Lebesgueschen Integralen in unendlichen

oo X Intervallen zu tun, wie z. B. J f(x) dx, das als lim J f(x) dx definiert wird.

0 X-+oo 0 Während bei Riemannschen Integralen das Auftreten der oberen Grenze oo

eo ipso anzeigt, daß es sich um ein uneigentliches Integral handelt, ist das bei Lebesgueschen Integralen nicht der Fall, da f(x) ja im Intervall 0 ;;;; x < oo summierbar sein kann. Daher sollte in der Lebesgueschen Theorie die Tatsache, daß das Integral als uneigentliches verstanden werden soll, immer ausdrücklich vermerkt und durch ein passendes Symbol eigens angedeutet werden. In neuerer Zeit ist es üblich geworden, ein als Grenzwert von Integralen über summierbare Funktionen definiertes Integral als <dm Cauchyschen Sinn existierend» zu be-

-+oo zeichnen und dafür in suggestiver Weise das Symbol J zu verwenden.

0 Ein uneigentliches Integral, das nur als Grenzwert existiert, während /(x) in

dem betreffenden Intervall wie z. B. 0 ;;;; x < oo nicht summierbar, also auch nicht absolut summierbar ist, ist mit Sicherheit nicht absolut konvergent, d. h.

X -+oo lim J lf(x) I dx = oo (Car. S. 607). Die Konvergenz von J f(x) dx kommt also

X-+oo 0 0

Page 532: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 539

dadurch zustande, daß die positiven und negativen Ordinaten sich ausgleichen. - Die Limesrelation, die bei uneigentlichen Integralen zur Definition dient, ist bei summierbaren Funktionen als Eigenschaft erfüllt, d. h. wenn f(x) in 0:;;;: x < oo

oo X

summierbar ist, so gilt J f(x) dx = lim J f(x) dx. 0 x ...... oo 0

28. Ist eine Funktion im Riemannschen Sinn eigentlich integrabel, so ist sie auch summierbar. Aber auch jedes Riemannsche uneigentliche Integral unter der in Nr. 24 getroffenen Konvention existiert gleichzeitig als Lebesguesches Integral. Handelt es sich zunächst um ein endliches Intervall, so setzten wir oben das Integral als absolut konvergent voraus, woraus sich leicht ergibt, daß f(x) in dem Intervall summierbar ist. Ist das Intervall dagegen unendlich, so ist das Integral entweder absolut konvergent, woraus die Summierbarkeit von j(x) im Intervall folgt, oder es ist nur bedingt konvergent; dann existiert das Lebesguesche Integral als uneigentliches. (Die Beweise ergeben sich, indem man das uneigentliche Rie­mannsche Integral als Grenzwert von Riemannschen Integralen darstellt und diese durch Lebesguesche ersetzt; vgl. im Text Satz 2 [2.1].)

29. Eine reelle Funktion f von n Variablen, die in einem endlichen oder unend­lichen Intervall des Rn definiert ist, heißt meßbar, wenn für jedes reelle cc die Menge der Punkte, wo f(x) ~ a ist, ein Lebesguesches Maß hat, das auch oo sein kann. - Ist f(x) meßbar im R 1 , so auch im R 2 , d.h. die Funktion f(x, y) = f(x) ist meßbar. - Ist f(x, y) meßbar, so auch f(a 1 x + b1 y + c1 , a 2 x + b2 y + c2).

- Hieraus folgt: Ist f(x) meßbar im R 1 , so ist f(a x + b y + c) meßbar im R 2 ;

z. B. ist f(x - y) meßbar.

30. Für die Summierbarkeit von f(x) in einem endlichen oder unendlichen Intervall ist notwendig und hinreichend, daß dort f(x) meßbar und 1/(x) I sum­mierbar ist (Car. S. 434). - Eine in einem endlichen Intervall meßbare und be­schränkte Funktion ist dort summierbar (Car. S. 434).

Grenzübergang unter dem Lebesgueschen Integral

3J.. Wenn a) fn(x) für n = 0, 1, ... oder alle reellen n ~ n0 in einem endlichen oder unendlichen Intervall a :;;;: x :;;;: b meßbar ist, b) l/n(x) I :;;;: tp(x) ist für allen, wobei tp(x) in a :;;;: x :;;;: b summierbar ist, c) fn(x) in fast allen x für n -+ oo (diskontinuierlich oder stetig) gegen eine Grenzfunktion f(x) konvergiert, so ist f(x) summierbar, und es gilt (Car. S. 444):

b b b

lim r fn(x) dx = /( lim /n(x)) dx = r f(x) dx. n_,.ooa a n ~00 ä

32. Wenn in einem endlichen oder unendlichen Intervall g(x) summierbar, fn(x) meßbar, l/n(x) I < C für alle x und n (n = 0, 1, ... bzw. n ~ n0) und fn(x) fast überall konvergent ist, so ist

b b

lim J g(x) fn(x) dx = J g(x) ( lim fn(x)) dx n---+ooa a n---+oo

(Spezialfall von Nr. 31).

Page 533: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

540 Anhang

33. Wenn in einem endlichen Intervall fn(x) (n = 0, 1, ... bzw. n ~ n 0) end­lich und summierbar ist und fn(x) gleichmäßig gegen eine Funktion f(x) konver­giert, so ist f(x) summierbar und (Car. S. 445)

b b

}!...': Itn(x) dx = j f(x) dx. a a

34. In einem endlichen oder unendlichen Intervall seien die Funktionen fn(x) ~ 0 und summierbar; die Folge fn(x) wachse monoton, d.h. fn(x) ~ fn+l(x), so daß sie gegen eine Grenzfunktion f(x) konvergiert. Diese ist dann und nur dann

b in dem Intervall summierbar, wenn die Zahlenfolge f fn(x) dx beschränkt ist; es gilt (Car. S. 422): a

b b r t(x) dx = lim I tn(x) dx. · n-+-oo a '"

Zusatz: In diesen Sätzen können die fn speziell die Partialsummen einer un­endlichen Reihe oder (bei kontinuierlichem n) die Abschnitte eines uneigentlichen Integrals sein. Die Behauptungen haben dann die Gestalt:

CO b b CO b b 00 .. .. 00

E / IJ'n(x) dx = / E IJ'n(x) dx bzw. I dy I q:>(x, y) dx = / dx/ q:>(x, y) dy. n=O; 4 n=O 0 a a 0

Die Voraussetzungen über q:>(x, y) müssen dabei so gewählt werden, daß

n b b n

/ dy / q:>(x, y) dx = / dx/ q:>(x, y) dy 0 a a 0

gesetzt werden kann. Vgl. hierzu Nr. 39.

Grenzüber~an~ unter dem Riemannschen Inte~ral

35. Satz von Arzela: Ist eine Folge von integrablen Funktionen fn(x) in einem endlichen Intervall gleichartig beschränkt: l/n(x) I < C für alle n und x, und konvergiert sie gegen eine integrable Grenzfunktion, so ist

b b

lim .! fn(x) dx = r ( lim fn(x)) dx. n---+ooa a n~oo

36. Konvergiert eine Schar von integrablen Funktionen fn(x) (n = 0, 1, ... bzw. n ~ n 0) in einem endlichen Intervall gleichmäßig, so ist die Grenzfunktion f(x) integrabel, und wenn g(x) eigentlich integrabel, also beschränkt ist, so gilt:

b b

lim r g(x) fn(x) dx = ( g(x) f(x) dx. n-+oo ~ .. ,

a a

Der Satz gilt auch, wenn g(x) an endlich vielen Stellen absolut uneigentlich inte­grabel ist, weil man diese Stellen in Intervalle einfassen kann, deren Beitrag zum Integral beliebig klein ist.

Page 534: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 541

Darstellun~ von Doppelinte~ralen durch iterierte einfache Inte~rale. Vertauschun~ von Inte~ralen

Im folgenden werden die Integrale immer über den ganzen R 1 und R 2 erstreckt. Ist das Integrationsgebiet in Wahrheit nur ein Teilbereich, so ist die Funktion außerhalb gleich 0 zu setzen.

37. Satz von Fubini: Ist f(x, y) über R 2 summierbar, so ist für jedes feste x der x-Achse R., mit Ausnahme einer Nullmenge e die Funktion f(x, y) als Funk­tion von y über die y-Achse R!l summierbar, und das Doppelintegral über f(x, y) läßt sich folgendermaßen durch iterierte einfache Integrale darstellen:

J J f(x, y) dx dy = J dx J f(x, y) dy R, R.,-e Ry

(Car. S. 632), was man auch so ausdrücken kann: Es gibt eine zu J f(x, y) dy Ry

äquivalente*) Funktion tp(x), so daß J J f(x, y) dx dy = J tp(x) dx ist. R, R.,

38./(x, y) sei meßbar im R 2 • Damit f(x, y) über R 2 summierbar ist, d. h. damit J J f(x, y) dx dy unmittelbar existiert, ist notwendig und hinreichend, daß es R, eine zu lf(x, y) I äquivalente Funktion q;(x, y) ;=:;; 0 gibt (eventuell I/I selbst), so daß

( dx r q;(x, y) dy R·., R~

oder J dy J q;(x, y) dx Ry R.,

existiert (Car. S. 637). - Folgerung:

39. Wenn f(x, y) im R 2 meßbar ist und

jdxjlf(x,y)ldy oder J'dyj'lf(x,y)ldx

existiert, so ist R., Ry Ry R.,

/ dx / /(x, y) dy = / dy J f(x, y) dx. R., Ry Ry R.,

Der gemeinsame Wert ist gleich J J f(x, y) dx dy. R,

Für Riemannsche Integrale gibt es einen entsprechend einfachen Satz nicht, weil bei ihnen der Begriff der meßbaren Funktion fehlt. Es gilt hier:

40. Riemannsche Integrale: Wenn

+oo +oo

/ lf(x, y) I dx und J lf(x, y) I dy -oo -oo

konyergieren, und wenn

+oo +oo +oo +oo

J dx J lf(x, y) I dy oder J dy /lf(x, y) I dx -oo -oo -oo -oo

*) Zwei Funktionen heißen äquivalent, wenn sie außer in einer Nullmenge übereinstimmen. tp(x) kann man als für alle x definierte Funktion wählen, so daß man von dem über die ganze x-Achse erstreckten Integral sprechen kann.

Page 535: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

542 Anhang

konvergiert, so ist +oo +oo +oo +oo J dx J f(x, y) dy = J dy J f(x, y) dx.

-00 -00 -00 -00

Siehe T. J. I'A. BROMWICH, An introduction to the theory of infinite series. 2.Aufl. London 1926, S. 504.

Integration einer Reihe über ein unendliches Intervall

Hierfür sind die Satze in Nr. 31, 32 und 34 für Lebesguesche Integrale brauch­bar. Ferner gilt für beide Integralarten:

41. Die Funktionen g(x) und fn(x) (n = 0, 1, ... ) seien in jedem endlichen 00

Intervall 0 ~ x ~X integrabel. E fn(x) sei in jedem endlichen Intervall n~O

0 < a ~ x ~ b gleichmäßig konvergent. Es konvergiere entweder das Integral

oder die unendliche Reihe

00 00

E J jg(x) fn(x) I dx. n~O 0

Dann ist 00 00 00 CO

jg(x) E fn(x) dx = E J g(x) fn(x) dx. 0 n~o n~o 0

Siehe BROMWICH, l.c. Nr. 40, S. 500.

Allgemeine Sätze über das Integral

Die folgenden Sätze gelten für beide Integralarten.

42. Partielle Integration: Sind F(x) und G(x) Integrale mit variabler oberer Grenze:

X X

F(x) = A + f f(g) d;, G(x) = B + f g($) d;, a a

so ist b 'b b r F(x) g(x) dx = F(x) G(x) I -f f(x) G(x) dx.

a ra a

Page 536: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 543

43. Zweiter Mittelwertsatz: Ist f(x) integrabel und m(x) monoton in einem endlichen Intervall a :::;; x ~ b, so gibt es ein ~ mit a ~ ~ :::;; b, so daß

b e b J f(x) m(x) dx = m(a) J f(x) dx + m(b) J f(x) dx a a e

ist. Wenn m(x) positiv ist und monoton abnimmt, kann m(b) = 0 gesetzt werden, weil dadurch die Monotonie von m(x) nicht gestört wird.

00

44. Wenn I f(x) dx konvergiert und m(x) von einer Stelle an monoton (ab-o 00

nehmend oder zunehmend) und beschränkt ist: lm(x) I< M, so ist I m(x) f(x) dx auch konvergent (Satz von Abel). o

Beweis: Nach dem zweiten Mittelwertsatz ist:

~ e ~ J m(x) f(x) dx = m(ro1) J f(x) dx + m(co2) J f(x) dx (ro1 ~ ~ ~ ro1).

tu1 m, E

Zu jedem e > 0 gibt es ein ro, so daß (siehe Nr. 23)

, "· I I J f(x) dx < e für ro < x1 < x1

,x, ist; also ergibt sich:

IJ"m(x) f(x) dx I ~2M e für ro < ro1 < ro8 •

%

45. Ist I f(~) d~ = 0 für a ~ x ~ b, so ist f(x) fast überall gleich 0. (Bei a

Lebesgueschen Integralen kann die Nullmenge, wo f(x) 9= 0 ist, ganz beliebig sein, bei Riemannschen Integralen aber nicht, weil die Bedingung, daß f(x) im Riemannschen Sinn eigentlich oder uneigentlich integrabel sein soll, eine Ein-

" schränkung mit sich bringt.) - Ist I gW f(~) d~ = 0 und ist fast überall g(x) 9= 0, " a

so ist I lW d~= 0. a

46. Ist f(x) in einem Intervall integrabel, so gilt dort für fast alle x:

1 %

lim - J lf(x + ~) - f(x) I d~ = 0. Z-+0 z 0

Die Menge der x, wo diese Relation gilt, heißt die Lebesguesche Menge von f(x). Siehe H. LEBESGUE, Le~ons sur les series trigonometriques. Paris 1906, s. 13. Ist x eine Stetigkeitsstelle, so ist die Relation auf Grund des ersten Mittelwert­satzes erfüllt. Da eine im Riemannschen Sinne integrable Funktion fast überall stetig ist, ist der Satz für eine solche Funktion evident.

Page 537: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

544 Anhang

47. Ist l(x) in einem endlichen oder unendlichen Intervall a ~ x ~ b absolut integrabel, so gilt:

b

lim j ll(x + ~) - l(x) I dx = 0 . .,__..0 a

Für summierbare Funktionen siehe LEBESGUE, 1. c. Nr. 46, S. 15; für eigentliche Riemannsche Integrale, woraus der Satz auch leicht für uneigentliche folgt, siehe DOETSCH 34:, S. 399.

48. Gehört l(x) in einem endlichen oder unendlichen Intervall a ~ x ~ b zu L2 (siehe S. 26), so ist

b

lim J lf(x + ~)- l(x) 12 dx = 0. 6-->-0 a

(Dies folgt leicht aus dem vorigen Satz, vgl. BocHNER 1, S. 171.) Ist eine Funktion in jedem endlichen Teilintervall von a ~ x ~ b im Riemannschen Sinn integrabel

b

und existiert I lf(x) 12 dx, so gehört sie zu L 2 , also gilt der Satz auch für sie. a

Man kann ihn aber auch unmittelbar aus dem Riemannschen Fall des vorigen 00 00

Satzes ableiten, indem man etwa bei einem Integral der Form I den Beitrag I durch hinreichend großes X beliebig klein macht: a X

00 00 00 00

/ ll(x + ~) - l(x) 12 dx ~ / ll(x + ~) 12 dx + j ll(x) 12 dx + 2 j ll(x) l(x +~)I dx X X X X

(das letzte Glied auf Grund der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung), die endlich viele Stellen absoluter uneigentlicher Integrabilität in a ~ x ~X durch kleine Intervalle ausschaltet und benutzt, daß in der Restmenge l(x) eigentlich inte­grabel, also beschränkt ist:

j ll(x + ~) - l(x) 12 dx ~ 2M j ll(x + ~) - l(x) I dx.

Abgeschlossenheit und Vollständigkeit von Folgen

4:9. Ein metrischer (vgl. S. 24) Raum m, in dem die Addition und die Multi­plikation mit einer Konstanten definiert sind, heißt ein Vektorraum. Eine ihm angehörende Punktfolge ln heißt abgeschlossen in m, wenn es zu jedem Punkt I in m eine (im Sinn der Metrik) gegen I konvergierende Folge von Linearkom­binationen

gibt.

kp

gn =}; 11.~n) I. •-1

Beispiele

(n = 0, 1, ... )

1. Wird der Raum der in einem endlichen, abgeschlossenen Intervall stetigen Funktionen in der S. 25 angegebenen Weise metrisiert, so daß Konvergenz im Sinne von gleichmäßiger Konvergenz zu verstehen ist, und wird Addition und Multiplikation im üblichen (skalaren) Sinn verstanden, so ist die Folge 1, x, x 2, •••

nach dem Weierstraßschen Approximationssatz (siehe Nr. 12) abgeschlossen.

Page 538: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 545

2. Liegt der Raum L'P zugrunde, der nach S. 26 metrisiert ist, so heißt nach der obigen Definition eine Folge von Funktionen fn(x) aus L'P abgeschlossen, wenn es zu jeder Funktion f(x) aus L'P eine gegen sie im Mittel der Ordnung p konvergierende Folge von Linearkombinationen der /n(x) gibt.

50. Eine Folge fn(x) des Raumes L'P(a, b) (p > 1) heißt vollständig in L'P(a, b), wenn es keine Funktion g(x) $ 0 gibt, die meßbar und beschränkt ist oder zu Lq (a, b) mit 1/P + 1/q = 1 gehört, die zu allen fn(x) orthogonal ist, mit anderen

b

Worten: wenn aus I fn(x) g(x) dx = 0 für n = 0, 1, ... folgt: g(x) = 0 fast über-a

all. - Analog lautet die Definition der Vollständigkeit im Raum C der in einem b

endlichen Intervall stetigen Funktionen: Ist g(x) stetig und I fn(x) g(x) dx = 0 für n = 0, 1, ... , so muß g(x) = 0 sein. a

Satz: Eine abgeschlossene Folge in L'P oder C ist vollständig und umgekehrt (BANACH 1, S. 73).

Bemerkung: In CouRANT und HILBERT, Methoden der mathematischen Physik. Bd. I, 2. Aufl., Berlin 1931, S. 45 und 94, wird das «abgeschlossen» genannt, was oben «vollständig» heißt, und umgekehrt.

Funktionentheorie

51. Ist eine Funktion f(z) in einem offenen Gebiet ffi der z-Ebene im kom­plexen Sinn differenzierbar, so nennen wir sie analytisch oder holomorph in ffi. Die sonst auch übliche Bezeichnung «regulär» wird nicht benutzt und sollte am besten ganz fallengelassen werden, weil sie auch in der Theorie der partiellen Differentialgleichungen vorkommt und dort eine andere Bedeutung besitzt (Funk­tion mit gewissen «regulären», von Fall zu Fall wechselnden Eigenschaften, wie Stetigkeit der partiellen Ableitungen bis zu einer gewissen Ordnung und der­gleichen). Das Wort «analytisch» reservieren wir möglichst für die analytische Funktion in ihrer Gesamtheit, während wir das Wort «holomorph» mehr im lokalen Sinn gebrauchen. So bedeutet der abgekürzte Ausdruck •f(z) ist in z0

holomorph», daß f(z) in einer Umgebung von z0 einschließlich z0 differenzierbar ist. Wird eine Funktion in einem abgeschlossenen Bereich holomorph genannt, so bedeutet dies, daß sie auch noch in einer vollen Umgebung jedes Randpunktes holomorph ist, deren Größe von Punkt zu Punkt wechseln kann. - Statt des unschönen Wortes «Analytizität» gebrauchen wir das Wort «Holomorphie», so z.B. in der Zusammensetzung «Holomorphiehalbebene».

52. Die Aussage •f(z) konvergiert gegen l, wenn z in dem Winkelraum lffi (z0 , V') zweidimensional gegen z0 strebt» bedeutet, daß man zu jedem e > 0 ein t5 > 0 so bestimmen kann, daß lf(z) - ll < e für alle z in m mit I z - Zo I < t5 ausfällt. Das Wort «zweidimensional» soll ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß f(z) nicht nur bei eindimensionalem Grenzübergang z -+ z0 auf den einzelnen Strahlen arc (z - z0) = const gegen l strebt, was erheblich weniger besagen würde. Dagegen ist die obige Aussage äquivalent damit, daß f(z) gleichmäßig für alle I{} I ~ V' gegen l konvergiert, wenn z auf den Strahlen arc (z - z0) = {} ein­dimensional gegen z0 strebt. - Analog ist die Aussage •f(z) konvergiert gegen l, wenn z in dem Winkelraum W(z0 , V') zweidimensional gegen oo strebt» Ldahin zu verstehen, daß lf(z) - ll < e für alle z in lffi mit lz- z0 I> w = w(e).

53. Riemannscher Satz: Wenn f(z) in einer Umgebung von z0 mit Ausschluß dieses Punktes holomorph und beschränkt ist, so existiert lim f(z) = f0 , und wenn

Doctsch I /35

Page 539: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

546 Anhang

f(z0 ) = / 0 gesetzt wird, so ist /(z) in z0 holomorph. - Der Satz gilt insbesondere, wenn statt der Beschränktheit die Existenz von lim f(z) vorausgesetzt wird.

Z~Zo

54. Verallgemeinerung des Cauchyschen Satzes und der Cauchyschen Integral­formel: Der übliche (Goursatsche) Beweis setzt voraus, daß die Funktion nicht bloß im Innern der Integrationskurve, sondern auch auf ihr selbst holomorph ist. Für die Anwendungen ist es von großer Wichtigkeit, daß der Satz auch noch in folgendem Umfang gilt: Ist f(z) im Innern des von einer geschlossenen, rektifizier­baren Jordan-Kurve~ begrenzten Gebietes holomorph und in dem abgeschlosse­nen Bereich, der aus dem Innern und der Kurve besteht, zweidimensional stetig, so ist

1 f(t;) dt; = o (j;

1 • f(l;) und f(z) = --~ J -- dl;

2:ntG: l;-z '

wo z ein beliebiger Punkt im Innern ist. PoLLARD 1923; einfacher Beweis von H. HEILBRONN, Zu dem Integralsatz von Cauchy. Math. Z. 37 (1933) S. 37-38.

55. Die Funktion logz = log lz I + i arcz (unter log lz I der gewöhnliche reelle Logarithmus verstanden) ist in der z-Ebene unendlich vieldeutig, dagegen ein­deutig auf der unendlich vielblättrigen Riemannschen Fläche mit z = 0 und z = oo als Windungspunkten. Schneidet man die Fläche längs der negativ reellen Achse auf, so zerfällt sie in unendlich viele Blätter, und die Funktion entsprechend in unendlich viele Zweige. Derjenige Zweig, für den log z in den positiv reellen Punkten reell ist (der also der Bestimmung arc z = 0 für positive z entspricht), heißt der Hauptzweig.

Die Funktion zY (y beliebig komplex) wird definiert durch eylogz und ist eben­falls im allgemeinen unendlich vieldeutig (eindeutig für ganze, endlich vieldeutig für rationale reelle y). Unter dem Hauptzweig von z" verstehen wir den Zweig, der dem Hauptzweig von log z entspricht. Für reelle y ist das der Zweig, der für positiv reelle z selbst positiv ist.

56. Erweiterung des Weierstraßschen Doppelreihensatzes: Der Satz wird ge­wöhnlich nur für Funktionsfolgen bewiesen, er gilt aber auch für allgemeinere Funktionsscharen: Der reelle Parameter IX wachse stetig oder unstetig gegen oo, jede Funktion fa(z) sei holomorph in einem offenen Gebiet (fi, die Schar fa(z) strebe für IX-+ oo gleichmäßig in <V gegen eine Grenzfunktion f(z). Dann gilt: f(z) ist in <V holomorph, die Ableitungen t&nl(z) konvergieren für IX-+ oo gegen Grenzfunktionen und zwar gegen f(n)(z), und diese Konvergenz ist gleichmäßig in jedem in <V liegenden endlichen Bereich.

57. Satz von Lindelöf: Es sei z = x + i y. f(z) sei holomorph in dem Streifen x1 < x < x 2 und stetig in x1 ~ x ~ x2 , ferner in x1 ~ x ~ x2 von endlicher Ordnung (siehe S. 178). Ist

so ist

gleichmäßig in x 1 ~ x ~ x 2 , d. h.

I f(z) I < c I Y lk(x) (C von x unabhängig),

wo k(x) die lineare Funktion von x ist, die für x1 und x2 die Werte k1 bzw. k 2

annimmt. Siehe E. LINDELÖF, Quelques remarques sur la croissance de la fonction l;(s). Bull. Sei. math. (2) 32 (1908) S. 341-356.

Page 540: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Anhang 547

58. Satz von Phragmen und Lindelöf: f(z) sei holomorph im Innem eines Winkelraumes der Öffnung oc ~ 2 n mit dem Scheitel z0 , und im abgeschlossenen Winkelraum stetig. Auf den Begrenzungsgeraden sei 1/(z) I~ M, während im Innem bei beliebig kleinem e > 0 für alle lz- z0 1 = r ~ r0 = r0 (e) die Ab­schätzung

lf(z) I < ]{ e.,n!a.

bekannt sein soll. Dann ist in Wahrheit im ganzen Winkelraum lf(z) I ~ M. Siehe E. LINDELÖF et E. PHRAGMEN, Sur une extension d'un principe classique de l'analyse et sur quelques proprietes des fonctions monogenes dans le voisinage d'un point singulier. Acta Math. 31 (1908) S. 381-406 [S. 385-387).

59. Dreigeradensatz: f(z) sei in dem Streifen a;::;;; x ~ b holomorph und be­schränkt. M(x) bezeichne die hiernach endliche obere Grenze von J/(z) I auf der Geraden 9tz = x. Ist a ~ x1 < x2 < x3 ~ b, so gilt:

oder (für f(z) =!= 0):

d.h. log M(x) [und infolgedessen erst recht M(x)] ist eine konvexe Funktion von x. Siehe G. DoETSCH, Ober die obere Grenze des absoluten Betrages einer ana­lytischen Funktion auf Geraden. Math. Z. 8 (1920) S. 237-240.

60. Der Abelsche Stetigkeitssatz (in der Verallgemeinerung von Stolz): Wenn 00

eine Potenzreihe 1: a., zn = tp(z) den Konvergenzradius 1 hat und im Punkt z = 1 n-0 oo

konvergiert, so strebt tp(z) gegen tp(1) = 1: a.,, wenn z innerhalb des Winkel-n-o

raumszwischen zwei in z = 1 endigenden Sehnen des Einheitskreises zweidimen-sional gegen 1 konvergiert. - Im Anschluß hieran wird das Abel-Poissonsche Summationsverfahren für divergente Reihen definiert (siehe S. 159).

61. Ordnung und Typus einer ganzen Funktion: Für eine ganze Funktion G(z) werde gesetzt:

Max I G(z) I = M(r). ~~~~,.

Unter der Ordnung oc von G(z) (0:::;; oc ~ oo) versteht man die Zahl

1. loglog M(r) oc = 1m sup 1 .

r-+oo ogr

Unter dem Typus y von G(z) (0 ~ y ~ oo) versteht man die Zahl

y = lim sup ~gM(r) . r-+oo ra.

G(z) gehört dem Minimaltypus der Ordnung oc an, wenn y = 0, G(z) gehört dem Normaltypus y der Ordnung oc an, wenn 0 < y < oo, G(z) gehört dem Maximaltypus der Ordnung oc an, wenn y = oo.

Die Ordnung ist die untere Grenze der Zahlen p, für die von einer Stelle an log M(r) ~ rfl ist. Der Typus stellt eine Verfeinerung dieser Abschätzung dar: er ist die untere Grenze der Zahlen q, für die von einer Stelle an log M(r) ~ q .-a.

Page 541: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

548 Anhang

ist. Siehe A. PRINGSHEIM, Vorlesungen über Zahlen- und Funktionenlehre. 2. Band: Funktionenlehre, 2. Abteilung: Eindeutige analytische Funktionen. Leipzig und Berlin 1932, S. 718-721.

62. /(z) sei holomorph in dem Winkelraum n/2 < 1Jl ~ fJ ~ 2 n- 1p, f2 ~ f!o (z = e ei 1\ Es gelte 1/(z) I < c eae (a > 0). Dann strebt das Integral J e1'f(z) dz, erstreckt über den Kreisbogen f2 = const, 1Jl ~ fJ ~ 2 n- 1p, für jedes feste

a t > ······--······-gegen 0, wenn(! gegen oo strebt. (Vgl. hierzu Satz 1 [4. 7].)

-"'- - 1 n/2

Beweis: Es ist (fJ = n- IP):

2n-1p n-1p

!j et'f(z) dzl < C eae J etecosff df} = 2 C eae / e-tecos<p d!p. 1p 0

Da die Kosinus:mrve für 0 ~ IP < n/2 oberhalb der Sehne verläuft, ist cos cp ~ 1 - (2/n) lf, also

n-1p e(2/n)te(n-'P) 1 ! (e 1• f(z) dz < 2 c eae r e-te(l-(2/:t)tpJ dlp = 2 c e(a-t)Q -----·-=--1. 0 ztefn

< n ·fe ee[a+t(l-(2/n)'Pll.

Für a + t [1- (2/n) 1p] < 0, d.h. t > a/[(2/n) 'I'- 1] strebt die Majorante für e -+ 00 gegen 0.

Page 542: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

549

LITERARISCHE UND HISTORISCHE NACHWEISE

1. Die Grundlagen für die Theorie solcher Räume wurden geschaffen von M. FRECHET: Sur quelques points du calculfonctionnel. Rend. Circ. mat. Palermo 22 (1906) s. 1-74.

2. Siehe hierzu F. HAUSDORFF: ]\Jengenlehre. Berlin und Leipzig 1927, s. 94ff.

3. Vgl. die ausführliche Darstellung in BANACH 1. 4. Vgl. hierzu L. ToNELLI: Fondamenti di calcolo delle variazioni. I, II.

Bologna, ohne Jahr. 5. Siehe den Beweis für p = 1 in BoCHNER 1, S. 213-216. 6. Diese Bezeichnung rührt daher, daß LAPLACE (1749-1827) in seiner be­

rühmten «Theorie analytique des probabilites" (siehe LAPLACE 1), LAuflage 1812, die viele seiner früheren Untersuchungen zusammenfaßt, Integrale dieser Gestalt und solche, die durch Substitutionen aus ihnen hervorgehen, in großem Umfang bei der Integration von Differential- und Differenzengleichungen und bei asym­ptotischen Entwicklungen benutzt hat. Historisch war EULER der erste, der sich solcher Integrale bei der Lösung von Differentialgleichungen bedient hat (1737), doch scheint es, daß dies in der Folge vergessen wurde und auch Laplace unbe­kannt war. Auf die Laplaceschen Untersuchungen gehen wir im II. Band näher ein.

7. Nachdem PHRAGMEN 1 zunächst die Konvergenz für s = s0 + p mit p > 0 und dann LERCH 1 dasselbe sowie die Darstellbarkeit durch (5) bewiesen hatte, erfolgte durch PrNCHERLE 8, S. 14 die Ausdehnung auf 9ts > 9ts0 ( vermittels derselben Beweismethode wie bei Lerch). Die gleichmäßige Konvergenz in l.lB kommt bei diesen Autoren nicht vor. (Bei Pincherle tritt das Integral in der

00

Gestalt J z- 8 .P(z) dz auf.) 1

8. Diese Beispiele wurden in DOETSCH 34, S. 17 angegeben. 9. Daß ß = A. für ß ~ 0 ist, wurde von LANDAU 2, S. 215 gezeigt.

10. PINCHERLE 12, S. 270. 11. Rws 1. 12. Siehe L. ScHLESINGER: Handbuch der Theorie der linearen Differential­

gleichungen. I. Leipzig 1895, S. 407. 13. Dieser Ausdruck stammt von ABEL 1. 14. Diese Bezeichnung wurde von LAPLACE 1 zunächst für eine Funktion /(z)

eingeführt, die durch Potenzreihenentwicklung eine Koeffizientenfolge an «er­zeugt». (In diesem Sinne wird das Wort «erzeugende Funktion" heute allgemein in der Mathematik gebraucht.) Bei der .!!-Transformation handelt es sich um das kontinuierliche Analogon: Die Funktion /(s) erzeugt dadurch, daß sie als E-Inte­gral dargestellt wird, die Funktion F(t). Da, wie wir später sehen werden, auch umgekehrt F(t) als ein ähnlich gebautes Integral über f(s) dargestellt werden kann, eignen sich die Ausdrücke donction generatrice» und «determinante» nicht dazu, F und f ein für allemal eindeutig zu charakterisieren.

15. Diese Ausdrücke stammen aus den ersten Arbeiten von F. BERNSTEIN und DoETSCH. Sie haben trotz ihrer Willkürlichkeit wegen ihrer Kürze besonders in der technischen Literatur Anklang gefunden und werden daher auch in VOELKER und DoETSCH 1 für Funktionen, die durch zweidimensionale .!!-Trans­formation zusammenhängen, ausschließlich gebraucht.

16. Dieses Symbol wurde in DoETSCH 37 eingeführt. Es hat den Vorteil, sich leicht so variieren zu lassen, daß dadurch auch mehrdimensionale .!!-Transfor­mationen sowie die zu ihrer Herstellung dienenden sukzessiven eindimensionalen

Page 543: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

550 Literarische und historische ~achweise

Transformationen bequem dargestellt werden können. ~äheres siehe VoELKER und DOETSCH 1, § 3.

17. In neuerer Zeit aufgetretene Verallgemeinerungen der il-Transformation siehe bei MEIJER 1, 2; BERS und GELBART 1; HAHN 1.

18. HARDY and TITCHMARSH 1. 19. Daß im Raume L2 (0, oo) keine Invarianten der il-Transformation existie­

ren können, wurde auf Grund von Ergebnissen über allgemeine Transformationen 00

der Gestalt J K(s t) F(t) dt von DoETSCH 35, S. 121 gezeigt. 0

20. Zum folgenden vgl. H. PoiNCARE: Theorie analytique de la propagation de la chaleur. Paris 1895, S. 99.

21. Die folgende Ableitung nach DoETSCH 29, S. 622. 22. Die Umformung der Dirichletschen Reihe in ein mit s multipliziertes

il-Integral kommt implizit schon vor bei 0. PERRON: Zur Theorie der Dirichlel­schen Reihen. J. reine angew. Math. 134 (1908) S. 95-143, explizit bei HA~I­BURGER 1, S. 4.

23. HAMBURGER 1, S. 9. 24. Näheres über diese Transformation siehe in 11. 2. 25. Diese Transformation wird im 4. und 6. Kapitel ausführlich behandelt. 26. Näheres über diese Transformation siehe bei DoETSCH 35. 27. Der Theorie dieses Integrals ist das Buch von WIDDER 7 gewidmet. 28. Der folgende Beweis ist der von LERCH 1, der historisch der erste war.

Einen weiteren Beweis siehe in 8.1, einen Beweis für den schwächeren Satz 2 siehe hinter Satz 1 [4.5]. Vgl. auch die Bemerkung hinter Satz 5 [11.4]. Der Beweis in ÜSTROWSKI 1 umgeht den von Lerch benutzten Weierstraßschen Approximationssatz dadurch, daß er eine der zu dessen Beweis führenden Methoden unmittelbar auf Satz 3 anwendet.

29. T. J. STIELTJES: Recherehes sur les fractions continues. Ann. Fac. Sei. Univ. Toulouse Sei. math. Sei. phys. 8 (1894) S. 1-122 gab das Beispiel

00

'l'(.x) = e-"'1" sin.x114, bei demf x"'l'(x) d.x = 0 für p. = 0, 1, ... ist. 0

30. Der folgende Beweis stammt von PETERSEN 1. 31. Weitere Beispiele siehe bei AMERIO 3. 32. WINTNER 2. Hier ist der Beweis für il5-Integrale und etwas anders als

oben im Text geführt. Der ursprüngliche Wintnersche Beweis gilt im Falle Riemannscher bzw. Lebesguescher Integrale nur bei absoluter Konvergenz des il-Integrals. Diese Einschränkung ist bei DoETSCH 34, S. 38 hinzuzufügen. -Ohne Beweis wurde der Satz schon von REY PASTOR 1, S. 101 ausgesprochen.

33. SHEN 1, Theorem 3, S. 969. 34. SHEN 1, s. 969. 35. PETERSEN 1, S. 381. Weitere Sätze dieser Art siehe bei SHOHAT 1,

00

Theorem I, II. Sie beziehen sich auf solche spezielle F(t), für die Je-' IF(t)IZ dt konvergiert. o

36. Dieser Satz scheint merkwürdigerweise bisher nirgends formuliert worden zu sein.

37. Kv FAN 1, S. 151. 38. Dieses Beispiel stammt von RAMANUJAN, siehe die Wiedergabe bei

WATSON 1, S. 382 («very powerful method ... more elaborate than any othen>). 39. Die Berechnung der Reihe stammt von TRICOMI 4, der obige Beweis von

DoETSCH 30. 40. Siehe hierzu die Tabellen in VOELKER und DoETSCH 1. 41. DOETSCH 28, S. 78. 42. Die bisherigen Beweise für die Behauptung, daß die für die Anwendungen

wichtigste Eigenschaft il{F'} = s il{F}- F0 für die i!-Transformation· charak-

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Literarische und historische Xachweise 551

teristisch. ist, sind unbefriedigend. LEVI 1 behandelt nur die E-Transformation mit endlichen Grenzen und benutzt noch weitere Voraussetzungen. MARTIS IN BIDDAU 1, deren Untersuchung sich auf E-Integrale mit geschlossenem komplexen Weg bezieht, setzt noch die Eigenschaft (dfds) E{F} = E{- t F} und außerdem die Transformation als «lokal-analytisch» im Sinne von Fantappie voraus. - Einen Beweis dafür, daß die obige Eigenschaft im Raum der Funktionen F(t), für die 00 r e -x, t JF(t) J2 dt für ein reelles Xo konvergiert, zusammen mit der Forderung der 0 Stetigkeit ausreicht, um die E-Transformation zu charakterisieren, wird der Verf. an anderer Stelle veröffentlichen.

43. Der Beweis des allgemeineren Satzes in DoETSCH 34, S. 154 ist nicht stichhaltig.

44. V. VoLTERRA: Leyons sur les fonctions de lignes. Paris 1913; V. VOLTERRA et J. P:ER:E:s: Leyons sur la composition et les fonctions permutables. Paris 1924.­Der Fall, daß die Funktionen nur von x- y abhängen, spielt in der Valterrasehen Theorie eine besondere Rolle (cas du cycle ferme).

45. BocHNER 1, S. 45. 46. Die Stetigkeit im Falle 3 a wurde zuerst in DoETSCH 4 abgeleitet, wo zu

diesem Zweck erstmalig der Satz in Anhang Nr. 47 für Riemannsche Integrale bewiesen wurde.

47. DoETSCH 8, S. 294. 48. Die Sätze 10 bis 13 werden hier zum ersten Mal formuliert. 49. Ohne Beweis bei VON STACH6 1, S. 112. 50. Da die Faltungssätze, formal genommen, ebenso an der Oberfläche liegen

wie der Satz über die Multiplikationzweier Potenzreihen, müssen sie, rein formel­mäßig, schon früh aufgetreten sein, ohne daß sich das erste Vorkommen mit Sicherheit feststellen läßt. Die Wahrscheinlichkeits(W.)-Theorie z. B. benutzt die Eu-Transformation in der speziellen Gestalt der Fourier-Transformation (s = i y, y reell) dazu, um der W.-Verteilung (l)(x) einer zufälligen Variablen x

+oo ihre «charakteristische Funktion» f(y) = J e-iyx d(l)(x) zuzuordnen, in älteren

-oo +oo

Darstellungen in der Gestalt f(y) = J e-i-vx F(x) dx geschrieben, wo F(x) die -oo

W.-Dichte bezeichnet. Das Faltungsintegral kommt in dieser Theorie als die W.-Dichte der Summe x1 + x2 zweier durch die Funktionen F 1(x) und F 2(x) gesteuerten Variablen x1 , x2 vor. Der Satz nun, daß die charakteristische Funk­tion der Summe gleich dem Produkt der charakteristischen Funktionen der Einzelvariablen ist, tritt bei TscHEBYSCHEF: Sur deux theoremes relatifs aux probabilites. Acta Math. 14 (1890/91) S. 305-315 [S. 309] auf, läßt sich aber ver­mutlich noch weiter zurückverfolgen. Der erste, der den Faltungssatz für die Er-Transformation bewußt in dem Sinne einer Abbildung des transzendenten Fal­tungsprozesses auf den elementaren Multiplikationsprozeß verwendet hat, scheint CAILLER1 (1902) gewesen zu sein. Es folgen dann HERGLOTZ (1908) und BATEMAN (1910), die den Faltungssatz zur Lösung von Integralgleichungen benutzen, wor­auf wir im II. Band eingehen werden. Alle diese Arbeiten scheinen aber wenig beachtet worden zu sein. Bekannter wurde der Faltungssatz für die Er-Trans­formation erst durch F. BERNSTEIN 1 (1920) und DoETSCH 4 (1923), der für diP Fourier-Transformation in Stieltjesscher Gestalt durch P. L:Evv: Calcul des pro­babilites. Paris 1925. In der Literatur wird der Satz für die Er-Transformation häufig auf HoRN 1 ( 1917), S. 323 zurückgeführt, weil hier ein exakter Beweis unter Voraussetzung der absoluten Konvergenz geliefert wird. Die auch oft vor­kommende Benennung des Satzes nach BoREL 1 (1. Auflage 1901, S. 104) ist nicht gerechtfertigt, weil hier die Formel nur fürs= 1 erscheint, wodurch gerade das Wesentliche an der funktionalen Beziehung zwischen F 1 , F 2 und / 1 , / 2 ver-

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552 Literarische und historische Kachweise

schwindet. - Eine andere Frage ist die nach der Herkunft der verschiedenen Varianten des Satzes, die sich durch Wahl bestimmter Funktionsklassen für F 1 und F 2 ergeben. Hierzu siehe L:Evv 1.

51. Von AMERIO 1, S. 209 durch Übertragung eines Jensensehen Beweises für den Mertensschen Satz bewiesen. Der Beweis im Text ist etwas durchsichtiger.

52. Zu Satz 7 bis 10 siehe HILLE and TAMARKIN 3 und DOETSCH 28. 53. Für den Spezialfall absolut konvergenter i!{F1} und i!{F2} bewiesen von

TITCHMARSH 2, S. 322. 54. TITCHMARSH 2, S. 327; weitere Beweise siehe bei CRUIII 1 und DUFRES­

NOY 1. 55. TRI CO MI 6, S. 567. 56. TRICOMI 6, S. 571. Der Satz wird sonst in der Literatur fiir 9'lv >- 1/2

im Anschluß an HANKEL {1875) unter den klassischen Bedingungen für das Fouriersehe Integraltheorem {siehe Satz 1 [ 4. 2]} bewiesen, siehe z. B. WATSON 1, S. 456; vgl. auch BocHNER 1, S. 17 8.

57. Es wird hier die Weber-Sonine-Schafheitlinsche Formel

00 r(~) ) • z•-I-• J.(z) dz = ----- 2 · o 2•-s+I r(v - ~ + 1)

{siehe WATSON 1, S. 391-392) benutzt, die die Mellin-Transformation von z-•J.(z) angibt.

58. Über die Auswirkung dieses Satzes in der Theorie der partiellen Differen-tialgleichungen siehe DoETSCH 36, S. 318-320.

59. Siehe BLocH 1, § 5, Beispiel F 9 •

60. Satz 6 und 7 bei DOETSCH 34, S. 53-54. 61. Der Beweis des Textes stammt von LANDAU 2. Der Satz ist vorher von

PINCHERLE 9 auf anderem Wege bewiesen worden. 62. Über das funktionentheoretische Verhalten eines .1!-Integrals mit end­

lichen Grenzen siehe TITCHMARSH 1 und YOUNG 1. 63. DoETSCH 34, S. 45. 64. Der Satz kommt bei LAGUERRE 1, S. 28-30 in der Gestalt vor: «Die

b

Anzahl der Nullstellen von J e-•1 F(t) dt ist höchstens gleich der Anzahl der t a

Xullstellen von IP{t) = J F{T) dT zwischen a und bll und wird speziell auch für a

a = 0, b = oo in Anspruch genommen. P6LYA 1, der bemerkte, daß der Laguerre­sche Beweis ungenügend ist, gab einen Beweis von Satz 2, der den Keim des obigen, von WIDDER 4, S. 154 gegebenen Beweises enthält. WIDDER zeigte weiter (S. 156-161): «/(kl(s) hat für alle hinreichend großen k genau n Nullstellen; wenn F(t) in t0 einen Zeichenwechsel hat, so besitzt j(kl(s) eine Nullstelle sk mit lim kfsk = t0 .>l

k-+00

65. Das erste Beispiel für dieses Verhalten wurde von AMERIO 2 in Nachbildung eines von BoHR für Dirichletsche Reihen angegebenen Beispiels konstruiert. Das Beispiel F(t) = B(t) (S. 58) wurde von KoREVAAR 1, F(t) = -.n et sin.n et ebenfalls von diesem und vorher von WIDDER 7, S. 58 angegeben. Bei einem von Rws 3 konstruierten Beispiel liegen zwar keine Singularitäten auf der Konvergenz­geraden, aber doch in beliebiger Nähe derselben.

66. Eine andere zur analytischen Fortsetzung brauchbare Summations­methode als die in 9.5 behandelte siehe bei AMERIO 4, S. 174.

67. Die Sätze 1, 2 und 3 sind die Analoga zu Sätzen über Potenzreihen von Vivanti-Pringsheim, Pringsheim und Dienes. Satz 1 wurde von LANDAU 1, S. 546 und 2, S. 217, Satz 2 und 3 von DoETSCH 34, S. 60-61 bewiesen.

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Literarische und historische Nachweise 553

68. VoN STACH6 2. Vorhergegangen war ein Satz von BIGGERI 1, der die schärfere Voraussetzung d((!fdt = o(l/1) machte. 00 •

69. Das ergäbe das Analogon zu dem tiefliegenden Satz: "Ist in f(!(z) =.Ern e' 'l'n zn n~O

von einer Stelle an rn ~ 0, - :n; < ((!,.+ 1 - f(!n ~ n, f(!n+l- f(!n = o(l) für n-+ oo, so ist f(!(z) über den Konvergenzkreis nicht fortsetzbar. Siehe FABRY: Sur les points singuliers d'une fonction donnie par son developpement en serie et sur l'impossibilite du prolongement analytique dans des cas tres generaux. Ann. sei. Ecole norm. sup. (3) 13 (1896) s. 276-309.

70. Verschärfungen dieses Satzes unter speziellen Voraussetzungen siehe bei 1\:IEYER-KÖNIG 1.

71. Dieser leicht zu Verwirrung Anlaß gebende Tatbestand ist bisher in der Literatur nicht erkannt worden.

72. Diese Theorie ist von SCHWARTZ 1, 2 entwickelt worden. 73. SCHWARTZ 3. 74. Unter anderen Voraussetzungen wurde der Satz in DoETSCH 34, S. 152

bewiesen. 75. Unter einer weiteren überflüssigen Voraussetzung bewiesen bei THIEL­

~IAN 1. 76. Die beiden Beispiele sind in TRIELMAN 1 berechnet, das zweite auf fal-

schem Wege. 77. BOURGIN and DUFFIN 1, S. 497. 78. H. LEBESGUE: Leyons sur les series trigonometriques. Paris 1906, s. 61. 79. Für Riemannsche Integrale bewiesen bei DOETSCH 34, S. 50. 80. Satz 7 und 8 bei DoETSCH 34, S. 51 und 197. 81. Satz 12 und 13 bei DoETSCH 34, S. 52. 82. Der Satz stammt von PERRON, l. c. Nr. 22, der obige Beweis von DoETSCH

34, s. 55. 83. DoETSCH 34, S. 52. 84. SHEN 1, s. 971. 85. Siehe G. H. HARDY and M. Rmsz: The generat theory of Dirichlet's series

(Cambridge Tract Nr.18). Cambridge 1915, S. 16-18. 86. J. E. LITTLEWOOD: Quelques consequences de l' hypothese que la jonction

;(s) de Riemann n'a pas de zeros dans le demi-plan Rs >- 1/2. C. R. Acad. Sei. Paris, 29 J an vier 1912.

87. Die ersten derartigen Beispiele gab BLOCH 1. 88. Implizit enthalten in W. RoGOSINSKI: Zur Theorie der Dirichletschen

Reihen. Math. Z. 20 (1924) S. 280-320 [S. 288-289]. 89. DOETSCH 34, S. 57. 90. DoETSCH 15, S. 156. Zum Einfluß noch schärferer Voraussetzungen in

dieser Richtung siehe RoYALL 1. So folgt z. B. aus (- 1 )n p(n) (I) ~ 0 für n = 0, 1, 2, 3 und F(t) =I= 0, daß f(s) in der Konvergenzhalbebene jeden Wert höchstens einmal annimmt, den Wert 0 nur fürs= oo.

91. DoETSCH 33, S. 269. 92. Satz 8 und 9 bei DoETSCH 38. 93. Über die Geschichte des Fouriersehen Integraltheorems siehe DoETSCH

34, s. 97. 94. Zuerst bei DoETSCH 20, S. 278 angegeben. 95. Über die Definition der Fourier-Transformation im Bereich der Distri­

butionen siehe SCHWARTZ 2. 96. Das Fouriersehe Integraltheorem ist lange ohne wirklichen Beweis ver­

wendet worden. Satz 1, der die ersten exakten Gültigkeitsbedingungen angab, stammt von C.JoRDAN: Cours d'analyse. li, 1. Auflage 1883; siehe 3. Auflage 1913, Nr. 267.

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554 Literarische und historische ?\achweise

97. DIRICHLET selbst setzte G als stückweise monoton voraus. Nach Anhang Nr. 13 ist das mit der angegebenen Bedingung äquivalent.

98. Siehe WATSON 1, S. 161-163. 99. Von PoiSSON 1823 für ganzzahlige v;:;; 0, von LüMMEL 1868 für reelle

v> -1/2 angegeben; siehe WATSON 1, S. 24-25 bzw. 47-48. 100. Diese Formel ist bei WATSON 1 nicht explizit angegeben, sie folgt aber

aus dem diskontinuierlichen Integral von Weber-Schafheitlin (WATSON 1, S. 401, Formel (2)) für !l = - 1/2, A = v - 1/2, a = x, b = 1 bzw. v = - 1/2, A = !l - 1/2, a = 1, b = x.

101. DoETSCH 34, S. 95. 102. Vgl. hierzu BOCHNER 1, S. 42. 103. LEBESGUE, 1. C. Nr. 78, S. 94. 104. A. C. BERRY: The Fourier transform identity theorem. Ann. of Math.

(2) 32 (1931) s. 227-232. 105. Von HAMBURGER 1 wie im Text aJJS dem Jordansehen Satz über das

Fouriersehe Integraltheorem abgeleitet, aber auf einem überflüssigen Umweg. REY PASTOR 2, S. 228-232 zeigte, daß in der Voraussetzung über E{F} die absolute Konvergenz durch gleichmäßige ersetzt werden kann. Der weitere Be­weis (S. 232-234), daß die Umkehrformel auch ohne die Voraussetzung der gleich­mäßigen oder absoluten Konvergenz richtig bleibt, wenn F(t) in (0, oo) von beschränkter Variation ist, erbringt nichts Neues, da in diesem Fall F(t) die Differenzzweier beschränkter, abnehmender Funktionen ist, so daß E{F} eo ipso absolut konvergiert.

106. Verallgemeinerungen der komplexen Umkehrformel siehe bei MEIJ ER 1, 2. 107. In dieser allgemeinen Fassung zuerst von PERRON, l.c. Nr. 22 auf kom­

pliziertere Weise bewiesen. Daß der Satz eine unmittelbare Folge von Satz 3 [4. 4: ist, wurde von HAMBURGER 1 erkannt.

108. DoETSCH 34, S. 107. 109. Unter der Voraussetzung, daß F(t) von beschränkter Variation ist, bei

HAAR 1, S. 73. 110. AMERIO 5, 6. 111. Vgl. hierzu auch CHURCHILL 8, S. 166-167. 112. Dieser Satz wird meist JORDAN zugeschrieben. 113. Siehe WATSON 1, S. 161, 163. 114. Dieses Beispiel siehe in dem S. 561 zitierten Buch von McL.-\CHL.-\X,

s. 320. 115. Der Inhalt des 5. Kapitels ist bisher nicht publiziert. 116. Zu dem Beweis siehe BocHNER 1, S. 75-76. 117. PLANCHEREL 1. Zu dem Beweis siehe BocHNER 1, S. 172. 118. Der Inhalt von § 2 bis 4 ist bisher in der Literatur nicht formuliert

worden. 119. Über die Darstellung als Eu-Integral siehe WIDDER 7, S. 265-27 5;

ferner ScHOENBERG 1. 120. FUJIWARA 1, S. 379; kürzerer Beweis (wie im Text) bei HAMBURGER 2,

s. 242. 121. Für~= 1 von PINCHERLE 9, S. 52 bewiesen. 122. Satz und Beweis von DoETSCH, publiziert bei CHURCHILL 2, S. 569. Für

ähnliche Bedingungen vgl. TAMARKIN 1. In der gleichen Richtung liegende Sätze in FUJIWARA 1 sind unvollständig, weil beim Beweis nichtformulierte Voraus­setzungen benutzt werden. Die in REY PASTOR 2, S. 217-228 abgeleiteten Dar­stellungssätze beruhen auf der unzutreffenden Annahme, daß auch für jede einfach konvergente E-Transformierte bewiesen sei, daß sie gleichmäßig in y für x -+ oo gegen 0 strebe.

123. Für e = 1 bei CHURCHILL 5, S. 744. 124. Siehe F. BERNSTEIN 4 und MüNZNER 1.

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Literarische und historische Nachweise 555

125. CHURCHILL 2, S. 572. Dieser und die folgenden Sätze geben dem in der Operatorenrechnung viel benutzten Heavisideschen Expansion-Theorem (siehe II. Band) eine exakte Grundlage.

126. CHURCHILL 2, S. 575 und 8, S. 173 mit etwas spezielleren Voraus­setzungen.

127. CHURCHILL 5, S. 745. 128. Das Folgende nach dem Muster der von CHURCHILL 5, S. 747 und 8,

S. 184 behandelten Beispiele. 129. Die fastperiodischen Funktionen im Bohrsehen Sinne (siehe 12. 7) sind

identisch mit den Funktionen, die sich als Grenzwerte gleichmäßig konvergenter n .

Folgen von Exponentialsummen der Gestalt E c. e'a•t darstellen lassen. Über die v~o

Abbildung dieser Funktionen durch die E-Transformation auf meromorphe Funk­tionen siehe BOCHNER und BOHNENBLUST 1.

130. F. CARLSON: Ober Potenzreihen mit endlich vielen verschiedenen 1\.oeffi­zienten. Math. Ann. 79 (1918) S. 237-245.

131. Von PHRAGMEN 2, S. 360 für beschränkte Funktionen bewiesen. Da der Autor diese elegante Formel nicht als Umkehrformel herausgestellt, sondern nur als Hilfsmittel zum Beweis des Eindeutigkeitssatzes benutzt hat, ist sie bis zu ihrer Publikation in DoETSCH 34, S. 133 ganz unbeachtet geblieben.

132. Satz 2 und 3 sind bisher nicht publiziert. 133. Diese Umkehrformel ist zuerst von PosT 1 aufgestellt und dann von

WIDDER unter allgemeineren Voraussetzungen behandelt worden. Der Beweis im Text schließt sich an WIDDER 4, S. 122 an. - In neuererZeithaben PoLLARD 3, 4 und WIDDER 8, 9 einen allgemeinen Zugang zu Formeln dieses Typs aufgezeigt, indem sie sie als Lösungen von Integralgleichungen vom Faltungstypus (siehe II. Band) vermittels Eu-Transformation nachwiesen.

134. Beispiele hierzu siehe bei TRICOMI 8. 135. Zuerst in anderer Form bewiesen von HAUSDORFF 1, II (Satz 3), dann

in der Gestalt des Textes von S. BERNSTEIN 1. Weitere Beweise wurden gegeben von WIDDER 2 und 4, TAMARKIN 2, FELLER 1, DUBOURDIEU 1, HIRSCHMAN 1.

136. PoLLARD 2. Spezialfälle dieser Formel bei PoLLARD 1, FELLER 1, Dc-BOURDIEU 1.

137. WIDDER 6, S. 265 und 260; siehe auch die Darstellung in WIDDER 7, S. 302-324. Auf derselben Umkehrformel beruht auch der Beweis für eine von TAGAMLICKIJ 1 angegebene Bedingung dafür, daß f(s) sich als absolut kom.·er­gentes E-Integral darstellen läßt.

138. BoAs and WIDDER 1. Ein weiterer Integraloperator, der für das üm­kehrungs- und Darstellungsproblem benutzt werden kann, wurde von HIRSCH­MAN 1 behandelt.

139. Diese formale Korrespondenz wurde bereits von R. MuRPHY: Second menwir on the inverse method of definite integrals. Trans. Cambridge philos. Soc. 5 (1835) S. 113-148 [S. 145] angegeben, wobei das E-Integral in Mellinscher Gestalt auftritt.

140. Ein solcher Fall (/(s) im Unendlichen holomorph) wurde zuerst von TRICOMI 2 und 4 angegeben. Siehe auch die Wiedergabe in DoETSCH 34, S. 136.

141. Es ist das der bekannte Riesz-Fischersche Satz. 142. Für die Behauptungen über die Randfunktion siehe F. Rmsz: Ober die

Randwerte einer analytischen Funktion. Math. Z. 18 (1923) S. 87-95; G. FICH­TENHOLZ: Sur !'integrale de Poisson et quelques questions qui s'y rattachent. Fun­dam. Math. 13 (1929); V. SMIRNOFF: Sur les valeurs limites des fonctions regulieres a l'interieur d'un cercle. ]. Soc. phys.-math. Leningrade 2 (1930) S. 122-137.

143. Dieser Satz ohne die Aussagen über die Randfunktion wurde von SHOHAT 1 bewiesen. Der Spezialfall eines Es-Integrals mit nichtabnehmender Funktion wurde vorher von ·WIDDER 5 behandelt.

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556 Literarische und historische Nachweise

144. GONZALEZ DOMINGUEZ 2. 145. GoNZALEZ DoM(NGUEZ 1 und 3. 146. Weitere Umkehrungen durch Reihenentwicklungen nach bestimmten

Funktionssystemen siehe bei FELDHEIM 1 (für das Eu-Integral) und ERDELVI 9. 147. Ohne ausgeführten Beweis bei AMERIO 9, S. 194 mit der Bemerkung, der

Satz folge aus einem (nichtgenannten) Theorem von B. Levi. 148. AMERIO 9, S. 194. 149. Diese Begriffe sind für den Fall, daß C/J(t) ein Integral ist, von verschie­

denen Autoren bis zurück zu DuBors-REYMOND behandelt worden. Für den all­gemeinen Fall wurden sie in DoETSCH 1 eingeführt.

150. Der Inhalt von § 2 bis 5 des 9. Kapitels ist bisher nicht publiziert. - Zu der Anwendung der (C, k)-Mittel auf die E-Transformation vgl. die Verschmel­zung der (C, k)-Mittel mit der Boreischen Summation, die einen Spezialfall der E-Transformation darstellt (siehe 10. 5), in DoETSCH 1.

151. Siehe den entsprechenden Satz für Dirichletsche Reihen bei HARDY and RIEsz, 1. c. Nr. 85, S. 39. Er wird dort im Falle nichtganzer k nur für 0 < k < 1 bewiesen.

152. Siehe HARDY and RIEsz, 1. c. Nr. 85, S. 50. 153. Unter sehr viel engeren Voraussetzungen ergibt sich die Formel dieses

Satzes wegen f!kl(s)o-,(-1)kF(t) tk und tk._,k!fsk+l aus Satz 2 [6.4]. - Die Ableitungen von höherer Ordnung als k lassen sich natürlich ebenfalls durch die entsprechende Formel darstellen, weil in s0 auch alle Transformierten mit höherem Index konvergieren.

154. So bei PINCHERLE 10. 155. Vgl. den analogen Satz für Dirichletsche Reihen bei HARDY and RIEsz,

l.c. Nr. 85, S. 55 (ohne Beweis). 156. Dies entspricht dem von BoHR herrührenden Resultat über Dirichletsche

Reihen, siehe HARDY and RIEsz, l.c. Nr. 85, S. 56. 157. DoETSCH 28, S. 83. 158. Für Satz 1 und 2 von § 1, Satz 1 von § 2 und Satz 1 von § 4 siehe die

Darstellung von PÜLYA 3, 2. Kap., insbesondere S. 578-586, wo die an sich schon früher bekannten Resultate zum ersten Mal unter einen einheitlichen Gesichts­punkt gebracht wurden.

159. Satz 1 und 2 wurden zuerst im wesentlichen von PINCHERLE 2 bewiesen. 160. Die Übertragung der Korrespondenz zwischen ganzen Funktionen vom

Exponentialtypus und im Unendlichen analytischen Funktionen auf Distribu­tionen siehe bei L. ScHw ARTZ: Tlu!orie generate des fonctions moyenne-periodiques. Ann. of Math. (2) 48 (1947) S. 857-929 [S. 922-927].

161. Satz 3 und 4 für Es-Integrale bei WIDDER 1, S. 728, 731. 162. Wegen der Autorschaft dieses Satzes siehe Enzykl. d. math. Wiss.

II C 4, S. 467. 163. Ohne Beweis bei R. D. CARMICHAEL: Summation of functions of a complex

variable. Ann. of Math. (2) 34 (1933) S. 349-378 [S. 362]. Der Beweis des Textes bei DoETSCH 34, S. 68.

164. Satz 6 und 7 von I. J. ScHOENBERG: On certain two-point expansions of integral functions of exponential type. Bull. Amer. math. Soc. 42 (1936) S. 284 bis 288.

165. PINCHERLE 3 (4), § 5. Hier ist gleich der im Text S. 366 erwähnte all­gemeinere Fall zugrunde gelegt, daß F nur in einem Winkelraum bis auf isolierte singuläre Stellen analytisch ist. Auf den Fall der ganzen Funktion wird aber aus­drücklich hingewiesen, siehe 4, S. 294, Ziffer 16. Dieser Fall wird dann in PrNCHERLE 10 ausführlich behandelt.

166. DoETSCH 34, S. 69. 167. Vgl. Nr. 165. 168. PHRAGME:-i 2. Theoreme I.

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Literarische und historische 1\achweise 557

169. Der in DoETSCH 34, S. 72 gegebene Beweis ist von hier an nicht korrekt und kann außerdem abgekürzt werden.

170. Ausgesprochen ohne Beweis in REY PASTOR 1, S. 100 und in DoETSCH 13, S. 22, bewiesen in DoETSCH 19, S. 9, Fußnote. Eine in P6LYA 2, S. 185 angegebene Begründung für eine in ähnlicher Richtung liegende Behauptung ist nicht korrekt.

171. Siehe auch die Beweise dieses Satzes von BROGGI 2 und MAMBRIANI 1. 172. BoAs 1. 17 3. Der Grenzwert h( tp) ist, auch für den allgemeineren Fall einer in einem

Winkelraum analytischen Funktion endlicher Ordnung, von LINDELÖF und PHRAGMEN in der in Anhang Nr. 58 zitierten Arbeit (S. 391-406) eingeführt worden. Der Ausdruck Indikator stammt von P6LYA 2.

174. Dieser Satz ist äquivalent mit einem Resultat von SERVANT: Essai sur les series divergentes. These, Paris 1899, über das Boreische Summabilitätspolygon. V gl. den Beweis in BoREL 1, S. 171.

175. Für weitere Sätze über Funktionen, die in der ganzen Ebene oder in einem Winkelraum von Exponentialordnung sind, siehe MACINTYRE 1. - Eine Übertragung der hauptsächlichsten Ergebnisse von § 1 bis 4 auf Funktionen, die auf der Fläche des Logarithmus analytisch sind, siehe bei PFLUGER 1.

176. Daß der Boreische Ausdruck im Innern von j8 konvergiert, wurde von BoREL (1895, siehe die Darstellung in BoREL 1), daß er im Äußern divergiert, von PHRAGMEN 1 bewiesen. Wie er aus dem E-Integral durch Kopplung des Integrationsweges entsteht, wurde in DoETSCH 19, S. 8 und 10 gezeigt. In der Literatur ist der Boreische Ausdruck öfters als äquivalent mit dem E-Integral mit reellem Integrationsweg angesehen worden,. so bei PrNCHERLE 8, S. 516; BROGGI 1; N. E. NöRLUND: Ler;ons sur les series d'interpolation. Paris 1926, s. 214.

177. DOETSCH 34, s. 83. 178. DoETSCH 19, S. 11, 12. Bei REY PASTOR 1, S. 100 wird ohne Beweis auch

der Satz ausgesprochen, daß das Boreische Integral mit beliebigem Integrations­weg in einem Kreisbogenpolygon konvergiert.

179. Ausführlicheres über diese Beziehung zwischen konvexem Bereich und Fußpunktkurve bei Spiegelung an einem Kreis siehe in G. DoETSCH: Konvexe Kurven und Fußpunktkurven. Math. Z. 41 (1936) S. 717-731.

180. DOETSCH 34, s. 85. 181. Bisher nicht veröffentlicht. 182. Ohne strengen Beweis bei PINCHERLE 10. 183. Die Sätze 1 und 2 sind zuerst im Gewand der Mellin-Transformation,

d. h. in Gestalt des Satzes 1 [11. 2] aufgestellt worden von MELLIN 1, § 14; 5, § 7; 7, § 8.- Vgl. hierzu die Sätze 1 [4.4] und 1 [7.2].

184. MELLIN 1, S. 37 ist auf seine Transformation und ihre Umkehrung von der Cauchyschen Integralformel aus gekommen, vgl. hierzu den Schluß von 4. 1. Wie er in 1, S. 87 angibt, wurde er hierzu durch eine Arbeit von Kronecker an­geregt. In seinen ersten Arbeiten hat er vor allem den Fall behandelt, daß tP eine hypergeometrische und 'P eine Gammafunktion ist.

185. Zuerst aufgestellt von S. PINCHERLE: Sulle funzioni ipergeometriche gene­rallizate. Atti Accad. naz. Lincei, Rend. Cl. Sei. fis. mat. nat. (4) 4 (1888) S. 792-799; die obige Herleitung bei MELLIN 6, S. 7.

186. MELLIN 6, S. 7. 187. MELLIN 6, S. 8. Die Formel findet sich schon bei B. RrEMANN: Über die

Anzahl der Primzahlen unter einer gegebenen Größe. Ges. Werke, 2. Auflage 1892, S. 145-155 [S. 146], und dient als Grundlage für seinen ersten Beweis der Funk­tionalgleichung der Zetafunktion.

188. Die erste Formel wurde von RIEMANN, l.c. Nr.187, S.147 für den im Text wiedergegebenen zweiten Riemahnschen Beweis der Funktionalgleichung der Zetafunktion aufgestellt. Die zweite Formel wurde von G. H. HARDY: Sur

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558 Literarische und historische Nachweise

les zeros de Ia fonction C(s) de Riemann. C. R. Acad. Sei. Paris 158 {1914) S. 1012-1014 (siehe auch MELLIN 11) zum Beweis des Satzes verwendet, daß ~(s) auf der Geraden 9l s = 1/2 unendlich viele Nullstellen hat. Für eine Verall­gemeinerung der Formel siehe MELLIN 3, S. 39.

189. MELLIN 4, S. 21; 6, S. 7. 190. MELLIN 6, S. 41-44. 191. Die folgenden Sätze stammen aus MELLIN 13, § 4; vgl. auch MELLIN 12,

S. 6. Weitere derartige Anwendungen der Mellin-Transformation siehe bei T. CARLEMAN: Les fonctions quasianalytiques. Paris 1926, S. 21-24, 60-64.

192. In etwas allgemeinerer Gestalt schon vorher bei F. CARLSON: Sur une classe de series de Taylor. These, Uppsala 1914, S. 58. Siehe für den Spezialfall {}0 = :n; auch den Beweis von G. H. HARDY: On two theorems of F. Carlson and S. Wigert. Acta Math. 42 (1920) S. 327-339. Hier wird zu der im Beweis des Textes mit tp{s) bezeichneten Funktion die zugehörige Funktion IP(z) vermittels des Mellinschen Umkehrintegrals gebildet und letzteres durch Residuenrechnung in eine Reihe nach Potenzen von z entwickelt. Da als Koeffizienten die Werte g(s0 + n) auftreten, ergibt sich unmittelbar IP(z) =: 0 und damit p(s) = 0, g(s) = 0. - Verallgemeinerungen von Satz 5 siehe bei MELLIN 13, S. 27.

193. Der folgende Beweis nach DoETSCH 34, S. 122. Bei MELLIN 13, S. 28 wird die Ungleichung für p(s) nur behauptet, nicht bewiesen.

194. Beweise von Hilfssatz 1 und 2 siehe außer bei PLANCHEREL 1 in BocH­XER 1, S. 173, oder TITCHMARSH 2, S. 69.

195. Hilfssatz 4 wurde von E. HILLE and J. D. TAMARKIN: On the absolute integrability of Fourier transforms. Fundam. Math. 25 (1935) S. 329-352 aus Hilfssatz 2 [8. 3] abgeleitet, wobei allerdings noch eine Reihe weiterer Hilfsmittel geschaffen werden mußte. Hilfssatz 5 wurde von E. RILLE and J. D. TAMARKIN: On a theorem of Paley and Wiener. Ann. of Math. (2) 34 (1933) S. 606-614 be­wiesen. Direkte Beweise für Hilfssatz 4 und 5 ohne Rückgang auf die Klasse H 2

siehe bei TITCHMARSH 2, S. 125, 128. 196. Bewiesen in DoETSCH 33, S. 272. Die Behauptung a) wird auch aus­

gesprochen in PALEY and WIENER 2, S. 8. Bewiesen wird dort aber (auf anderem Wege als oben im Text) nur Folgendes: Wenn f(x + i y) für x ~ 0 analytisch

+oo und J if(x + i y)i 2 dy ~ M für x ~ 0 ist (man beachte in beiden Voraussetzun-

-oo gendas Gleichheitszeichen in x ~ 0), so gibt es ein F(t) aus der Klasse L2 (0, oo),

"' so daß f(s) = I. i. m. J rst F(t) dt für 9ls ~ 0 ist; gehört umgekehrt F(t) zu CX-+00 0 CX +OO

L 2(0,oo), so gilt für f(s) =I. i. m. J e-st F(t) dt die Relation J if(x + i y)l 2 dy ~ M .,._,.oo 0 -oo

für x ~ 0. (Ursprünglich wird das entsprechende Resultat für die .!!11 -Transfor­mation bewiesen.) Beim Beweis wird der Cauchysche Satz und daher wesentlich die Tatsache, daß f(s) bis auf den Rand hinauf analytisch (oder zum mindesten zweidimensional stetig) ist, benutzt.

197. WIDDER and WIENER 1. In diesem Sinne ist die in DoETSCH 33, S. 272 unter d) angegebene Formel zu korrigieren.

198. Auf anderem Weg bewiesen von HILLE and TAMARKIN, l.c. Nr. 195 (Fundam. Math. 25), S. 335.

199. Satz 3 und 4 bei TITCHMARSH 2, S. 131. 200. F. CARLSON: Sur quelques valeurs moyennes d'une fonction analytique.

C. R. Acad. Sei. Paris 181 (1925) S. 397-399. 201. Für Satz 2 von § 3 und Satz 2 bis 4 von § 4 im Falle reeller IP,.(t) siehe

RILLE 2. 202. Man kann leicht in Analogie zu dem System einy aus den p,.(i y) durch

die Definition tp_,.(i y) = tp11_ 1(-i y), n = 1, 2, ... , ein in L 2 (- oo, + oo) voll­ständiges System machen, siehe HILLE 2, S. 95.

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Literarische und historisehe X achweise 559

203. Siehe z. B. BocHNER 1, S. 176. 204. DüETSCH 32, s. 287. 205. In etwas anderer Gestalt bei PALEY and WrENER 2, S. 39 ohne funk­

tionentheoretische Charakterisierung der f(s); Satz und Beweis des Textes in DüETSCH 33, s. 282.

206. Für das Folgende siehe H. BoHR: Fastperiodische Funktionen (Ergebnisse der Math. u. ihrer Grenzgebiete I. Band, 5. Heft). Berlin 1932, 96 S.

207. 0. ToEPLITZ: Ein Beispiel zur Theorie der fastperiodischen Funktionen. :Math. Ann. 98 (1927) S. 281-295 [S. 284].

208. F. CARLSON: Gontributions a la thiorie des series de Dirichlet. Note I. Ark. :Mat. Astr. Fys. 16 (1922) Nr. 18 [S. 11].

209. A. S. BEsrcovncH: Almost periodic functions. Cambridge 1932, S. 164 und 109.

210. E. LANDAU: Handbuch der Lehre von der Verteilung der Primzahlen. Leipzig und Berlin 1909, S. 776-799.

211. CARLSON, l.c. Nr. 208, S. 2 und 6. 212. CARLSON, l.c. Nr. 208, S. 10 und 17. 213. Für reell gegen 0 strebendes s bei HARDY and LITTLEWOOD 1, S. 27. 214. DüETSCH 34, s. 193. 215. Siehe J. KARAMATA: Sur un mode de croissance reguliere des fonctions.

:Mathematica, Cluj, 4 (1930) S. 38-53 [S. 45]. 216. DüETSCH 34, s. 204. 217. Ein Beispiel für den Grenzfall, daß 2{F} nirgends konvergiert, siehe in

l{::-iOPP 1, S. 156. 218. DüETSCH 18, s. 403, 413. 219. DoETSCH 18, S. 407. 220. Mit anderem Beweis bei PrNCHERLE 9; der Beweis des Textes nach

SCHNEE 1, S. 92-94, 113; vgl. auch HAAR 1, S. 82-84, 86. 221. HAAR 1, S. 87. 222. Für reell gegen oo strebendes s bei HARDY and LITTLEWOOD 1, S. 27. 223. K. WEIERSTRASS: Ober die analytische Darstellbarkeif sogenannter will­

kürlicher Functionen reeller Argumente (1885). Werke Bd. 3, S. 1-37. Der Satz dient hier als Grundlage für den Beweis des Approximationssatzes in Anhang Nr. 12. Der Beweis im Text stammt aus DoETSCH 36, S. 332.

224. Zur Theorie dieser Transformation siehe E. RILLE: A class of reciprocal functions. Ann. of Math. (2) 27 (1926) S. 427-464; F. TRICOMI: Sulle trasforma­zioni funzionali lineari commutabili con la derivazione. Comment. Math. Helvetici 8 (1935/36) s. 70-87; DüETSCH 32.

225. DoETSCH 34, S. 202. 226. Für festes t ist dieser Satz in der Theorie der Fourier-Reihen wohl-

bekannt. 227. DoETSCH 34, S. 198. 228. Satz 1 und 2 in DOETSCH 34, S. 199-200. 229. Satz 3 bis 6 in DoETSCH 38. 230. Satz 1 und 2 bei HAAR 1. 231. Die Sätze von § 2 kommen in dieser Form in der Literatur bisher nicht

vor. Sie stehen aber in Beziehung zu den Ergebnissen von MELLIN 12 und 13, § 3, die wir im II. Band aus unseren Sätzen ableiten werden.

232. Satz 1 ist bisher unveröffentlicht. - Bei ÜBRESCHKOFF 1 und 2 wird von einer asymptotischen Entwicklung von f(s) an einer Stelle links vom Integrations­weg nach absteigenden Potenzen auf eine solche von F(t) für t ~ oo nach auf­steigenden Potenzen geschlossen, was keinen Sinn hat, da eine asymptotische Entwicklung an einer endlichen Stelle nach aufsteigenden, an der Stelle oo nach absteigenden Potenzen fortschreiten muß. Reduziert man Voraussetzung und Behauptung auf ein einziges Glied, so entsteht ein Satz, der mit Satz 1 eine ge-

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560 Literarische und historische Nachweise

wisse Ähnlichkeit hat. Er ist jedoch auch dann noch nicht richtig, weil beim Be­weis nichtformulierte Voraussetzungen benutzt werden.

233. Die Sätze von § 4 sind bisher nicht veröffentlicht. 234. Zu Satz 3 siehe den nicht ganz korrekten Satz in VL. BERNSTEIN:

Le~ons sur les progres rtfcents de la thtforie des stfries de Dirichlet. Paris 1933, S. 295. Vgl. auch ÜBRESCHKOFF 1, S. 197 (Resume Nr. 2).

235. LANDAU 3. Den entsprechenden Satz mit F(t) = 0(1/t) siehe LANDAU 4. 236. KARAMATA 2, S. 28. Man könnte q(x) viel geringere Bedingungen auf­

erlegen, z. B. beschränkte Variation, siehe WIDDER 7, S. 191. 237. Zunächst wurde der Fall y = 1 von Satz 3 von DoETSCH 2, S. 75 mit

Hilfe der von Hardy und Littlewood für die Taubersehen Sätze bei Potenzreihen geschaffenen, sehr komplizierten Methoden bewiesen (das E-Integral wird hier in Mellinscher Gestalt geschrieben); in derselben Weise ließe sich der allgemeine Fall behandeln. Dieser wurde dann von HARDY and LITTLEWOOD 1 auf anderem Wege bewiesen, und zwar als Folgerung aus einem entsprechenden Satz über die Stieltjes-Transformation. (Daß umgekehrt letzterer auch aus den beiden Teilen von Satz 3 folgt, zeigte DoETSCH 15.) Den im Text wiedergegebenen, viel ein­facheren Beweis führte KARAMATA 2 (vgl. auch 1) in Analogie zu einem kurz vorher von ihm angegebenen Beweis des entsprechenden Satzes für Potenzreihen. - Verallgemeinerungen des Satzes siehe bei KARAMATA 2, 3; DELANGE 1.

238. HARDY and LITTLEWOOD 1, S. 33 und DOETSCH 15, S~ 148, 150. 239. Siehe G. H. HARDY and J. E. LITTLEWOOD: Gontributions to the arith-

metic theory of series. Proc. London math. Soc. (2) 11 (1912) S. 411-478. 240. DoETSCH 2, S. 79. 241. DoETSCH 2, S. 81. 242. Die Hälfte des Satzes, die sich auf s + 0, t + oo bezieht, mit der Be­

schränkung auf y ~ 1 siehe auch bei SzAsz 1. 243. Für den Fall, daß F die Ableitung seines Integrals ist, siehe die beiden

Hälften von Hilfssatz 3 bei DoETSCH 15, S. 153 und 2, S. 70. 244. AvAKUMOVIC und KARAMATA 1, S. 347. Für allgemeinere Sätze siehe

MARTIN and WIENER 1. 245. Die hier verwendete Technik ist die von Hardy und Littlewood in ihren

Arbeiten über Taubersehe Sätze geschaffene. 246. WIENER 1, S. 25. 247. PITT 2. 248. Sätze dieser Art waren für den Spezialfall der Dirichletschen Reihen

schon länger bekannt, sie machten aber insbesondere über das Verhalten von f(s) im Unendlichen Voraussetzungen, deren Verifizierung bei den Anwendungen auf die in der analytischen Zahlentheorie interessierenden Funktionen zu großen Schwierigkeiten führte. So wird bei LANDAU, l.c. Nr. 210, S. 874 in dem dem Satz 1 des Textes entsprechenden Satz noch f (x + i y) = O(lylk), bei G. H. HARDY and J. E. LITTLEWOOD: The Riemann zeta-function and the theory of the distri­bution of primes. Acta Math. 41 (1918) S. 119-196 noch f(s) = O(e0 1111) auf der Konvergenzgeraden vorausgesetzt.

249. Der Satz wurde von IKEHARA 1 für Dirichletsche Reihen mit einer von N. Wiener geschaffenen Methode bewiesen und dann von WIENER 1, S. 44 auf E-Integrale übertragen. Dieser Beweis wurde von BocHNER 2 vereinfacht. Bei diesen Autoren bezieht sich der Satz auf Es-Integrale, wir übertragen ihn und seinen Beweis auf E-Integrale. Der Originalfassung würde es entsprechen, F(t)

t nur als positiv vorauszusetzen und nur JF(T) dT- A e1 zu behaupten. Wir

0 setzen aber F(t) noch als monoton voraus und können dann sogar F(t)- A e1

behaupten. Man hat dann den Vorteil, den Beweis von Gleichung (1) an nach dem Vorgang von LANDAU 5 wesentlich abkürzen zu können.

250. Für Es-Integrale bei AVAKUMOVIC 2, II.

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561

Bücher über die Laplace-Transformation einschließlich ihrer Anwendungen

in der Reihenfolge des Erscheinens *)

G. DoETSCH: Theorie und Anwendung der Laplace-Transformation. Berlin 1937, Verlag Julius Springer, 436 S.

N. W.McLACHLAN: Complex variable and operational calculus with technical applications. Cambridge 1939, University Press, 355 S.

K. W. WAGNER: Operatorenrechnung nebst Anwendungen in Physik und Technik. Leipzig 1940, Verlag J.A.Barth, 448 S.

H. S.CARSLAW and J.C. jAEGER: operational methods in applied mathematics. Oxford 1941, University Press, 264 S.

D.V.WIDDER: The Laplace transform. Princeton 1941, University Press, 406 S. A. GHIZZETTI: Calcolo simbolico. Bologna 1943, Nicola Zanichelli Editore, 331 S. R. V.CHURCHILL: Modern operational mathematics in engineering. New York and

London 1944, McGraw-Hill Book Company, 306 S. G. DoETSCH- H. KNIESS- D. VoELKER**): Tabellen zur Laplace- Transformation

undAnleitungzum Gebrauch. Berlin und Göttingen 194 7, Springer-Verlag, 185 S. M. PARODI: A pplications physiques de la transformation de Laplace. Paris 1948,

Centre National de la Recherche Scientifique Editeur, 177 S. D. VoELKER und G. DoETSCH: Die zweidimensionale Laplace- Transformation. Eine

Einführung in ihre Anwendung zur Lösung von Randwertproblemen nebst Tabellen von Korrespondenzen. Basel 1950, Verlag Birkhäuser.

* • • Das nachfolgende Literaturverzeichnis enthält nur die Autoren, die im I. Band

zitiert sind. Jedoch sind auch diejenigen ihrer Arbeiten aufgeführt, die erst im II. Band zur Verwendung kommen.

*) Bücher, die nur die «Operatorenrechnung• in veralteter Darstellung zum Gegenstand haben, sind hier nicht aufgeführt.

**) Die beiden Jetztgenannten Verfassernamen mußten beim Erscheinen des Buches im Jahre 19-!7 infolge der damaligen Verhältnisse in Deutschland weggelassen werden.

Doetsch I /36

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563

LITERATURVERZEICHNIS

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3. Ober die Konvergenzbedingung der Inversionssätze der Laplaceschen Transfor­mation. Bull. intern. Aead. Croate Cl. Sei. math. nat. 34 {1941) S. 49-57.

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577

SACHREGISTER

A

m:r, ar (Klasse) 374 m:n, an (Klasse) 407 Abel-Poissonsche Limitierung

von Funktionen 160, 462 - - Summation von Integralen 159 - - - - Reihen 159, 465

Abelsche partielle Summation 532 Abelscher Stetigkeitssatz 547 Abelsche Sätze 456 abgeschlossene Folge 544 absolut konvergente Reihen für die

I-Funktion 433 - - - nach Orthogonalfunktionen

435 Abstand 23 Abszisse absoluter Konvergenz 34 - der Beschränktheit 181 - der Holomorphie 153 - einfacher Konvergenz 37 - endlicher Ordnung 350 - gleichmäßiger Konvergenz 142

analytische Fortsetzung durch (C,k)-Mittel 328

- - - Drehung des Integrations-weges 362

Anti-Borel-Polygon 385 Antifußpunktkurve 392 Approximationssatz v. Weierstraß 532 Arzela, Satz von 540 asymptotische Darstellung durch

Exponentialfunktionen 490 Auswertung von Integralen und Rei­

hen durch E-Transformation 81,83

B

!8, b (Klasse) 409 Beschränktheitsabszisse 181 Beschränktheitshalbebene 181 Beschränktheitsordnung 185, 483 Besselfunktion als

Fourier-Transformierte 203 - - komplexes Integral 215, 228 -, asymptotische Darstellung 532 -, Reihenentwicklung 268

Doetsch I /37

Bildfunktion 23 bilineare Entwicklung von e-•t nach

Orthogonalfunktionen 435 Bohr-Reihe 446 Borel-Integral, gekoppeltes 387

- -,verallgemeinertes 390 Boreische Summation 380, 464

c Cauchysche Integralformel in einer

Halbebene für allgemeine analytische

Funktionen 172 für E-Transformierte in der

Halbebene gleichmäßiger Konvergenz 173 rechts von der o1-Abszisse 235

für ß(k)_ Transformierte rechts von der Ok+r-Abszisse 340

für Funktionen aus f>2 438 Cauchyscher Integralsatz,

verallgemeinerter 546 Cauchysches Konvergenzkriterium 24,

537 Cauchy-Schwarzsche Ungleichung

532 Cesarosche Mittel oder (C, k)-Mittel

für Funktionen' 312 (C, k)-limitierbar 312 (C, k)-Mittel des Partialintegrals der

E-Transformierten 314 Darstellung durch ein komplexes

Integral 333 cos-Polynome 361 cos-Transformation (Fouriersche) 196

D

Darstellungsproblem 259, 294 de l'Hospitalsche Regel 533 Differentiation der L-Funktion 99 - - Ln-Funktion 104 - - I-Funktion 144

Differenzierbarkeit, verallgemeinerte 103

Page 570: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

578 Sachregister

Diracsche Funktion 67, 163 Dirichletsche Reihe 449

Darstellung durch ein 5.!-Integral 53

- - - i!s-Integral 68 Formeln für die Partialsummen

239 Konvergenzproblem 243 Ordnung auf Vertikalen 17 5 Riemannsche Koeffizientenformel

215 Hadamardsche

Koeffizientenformel 446 Summierung durch typische

Mittel 337 Zusammenhang zwischen den

Typen iln und log iln 41 0 Dirichletsche Reihe im erweiterten

Sinn (fastperiodische Funktion) 448

Dirichletsches Integral 201 diskontinuierlicher Faktor 213, 286 Distribution 163 Dreigeradensatz 54 7

E

Eigenfunktionen und Eigenwerte des Kernes e-• t 46

Eindeutigkeitssatz der ~-Transformation 203, 207 5.!-Transformation 72, 74, 7o-79, 218, 288, 418 i!u-Transformation 176

Exponentialfunktionen als I-Funktionen 163, 263

Exponentialpolynome 283, 360 Exponentialtypus

ganze Funktionen 356 periodische Funktionen 360 Funktionen in einem Winkelraum

366

F

lj (Transformation) 61, 194 lj 2 (Transformation) 421 Faltung 104

Assoziativität 113 Differenzierbarkeit 115 Existenz 108 Kommutativität 106 Stetigkeit 111

Faltung, komplexe 258, 399, 414 -, verallgemeinerte für

Ln-Funktionen 398

Faltungssätze für die ß-Transformation 121, 398

- - - ßn-Transformation 414 - - - ß(k)-Transformation 350

fastperiodische Funktionen reeller Variablen 445

- - komplexer Variablen 448 Fehlerintegral, Reihenentwicklung

229 Fejersches Integral 208 fonction determinante 44

- generatrice 44 Fouriersches Integraltheorem

193, 261 Fourier-Transformation 61, 194 - -, Planchereisehe 421

Fubini, Satz von 541 Fundamentalsatz der 5.!-Trans­

formation 35 - - ß(k)-Transformation 326

Funktional 22 Funktionalanalysis 22 Funktionaltransformation

allgemeine 22 distributive (additive) 20 lineare 20 stetige 28

Fußpunktkurve 382

G

Gammafunktion, Hankeische Fornwl 226

Gauß-Transformation 475 gleichmäßige Konvergenz des

5.!-Integrals 141 Grenzwert in einem metrischen

Raum 24

H

H 2 (Klasse) 300 ß 2 (Klasse) 421 Hadamard-Koeffizient 446 Hakenintegral 213 Halbebene absoluter Konvergenz 34

der Beschränktheit 181 der Holomorphie 151 der Konvergenz von ß(k) 327

- einfacher Konvergenz 37 gleichmäßiger Konvergenz 142

Hankel-Transformation 132 Algebraisierung durch die

ß-Transformation 137 - - - 91-Transformation 137

Invarianten 138 involutorische Eigenschaft 136

Page 571: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Sachreg:ster 579

Häufungspunkt in einem metrischen Raum 25

Hauptwert eines Integrals 536 Hauptzweig von log z und zY 546 Hilbertscher Raum 27 Höldersche Ungleichung 532 Holomorphie der l-Funktion 144 Holomorphieabszisse 153 Holomorphiehalbebene 153 Hyperbelfunktionen als E-Transfor-

mierte von Thetafunktionen 308 Hyperkonvergenz 43

I Indikator 378 Indikatordiagramm 379 Integraltransformation 20 Integration der L-Funktion 87 - - Ln-Funktion 96 - - l-Funktion 164, 166

Invarianten der E-Transformation 46 isometrische Transformation 249, 254

]-Funktion 29 ] 0-Funktion 31

J

K

kompakte Menge 25 Komposition 107 Konvergenzabszisse der

E-Transformation 37, 40 - - E(kJ-Transformation 327

Konvergenzgerade 37 Konvergenzhalbebene 37 Konvergenz im Mittel d. Ordnung p 27 - in einem metrischen Raum 24 -, punktweise 28

Konvergenzproblem der Dirichletschen Reihen 243

- - E-Transformation 237 - - E(k)_ Transformation 343

Konvergenzstreifen der En-Transformation 60

konvexe Funktion 178 konvexe Hülle 371 konvexer Bereich 371 Koppelung des Integrationsweges im

E('l'l-Integral 382 Korrespondenz 44 Korrespondenzzeichen 44

L

E (Transformation) 43 Er (Transformation) 60

Eu (Transformation) 60 La-Funktion 33 Ia-Funktion 44 · Laguerresche Orthogonalfunktionen,

Entwicklung der L-Funktion nach solchen 297

Laplace-Integral 32 Laplace-Stieltjes-lntegral 68

Darstellung durch ein l{iemann­sches Integral 71

Laplace-Transformierte 44 Lebesguesches Integral 538 Lebesguesche Menge einer Funktion

543 L-Funktion 32 I-Funktion 44 -, meromorphe 273 -, rationale 269

Ln-Funktion 60 Iu-Funktion 60 Lindelöf, p-Funktion von 17H -, Satz von 546

lineare Substitution der Variablen in der L- bzw. l-Funktion 85 für komplexe Koeffizienten 368 in der Lu- bzw. Zn-Funktion 87

LP(a, b) (Klasse) 26 E('l'l-Integral mit komplexem Weg 362 L 2-Funktion, Darstellung als Summe

von Randwerten analytischer Funktionen 427

L-Raum (L-Bereich) 32 l-Raum (l-Bereich) 44 Es-Transformation 68 E-Transformation 43 Er-Transformation 60 Eu-Transformation 60 -, verallgemeinerte mit komplexem

Integrationsweg 403 E(kJ-Transformation 314 E(oo)_ Transformation 330

M

9.ll (Transformation) 60 Maximaltypus 54 7 Mellin-Transformation 60

- -, verallgemeinerte mit komplexem Integrationsweg 408

meromorphe l-Funktion 273 meßbare Funktion 539 Metrik 24 metrischer Raum 24 Metrisierung des Raumes der stetigen

Funktionen 25 -- - - J.'P(a, b) 26

Page 572: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

580 Sachregister

M-Funktion 61 m-Funktion 61 Minimaltypus 547 Minkowskische Ungleichung 532 mittelkonvergente Reihen für die

L-Funktion 433 - - nach Orthogonalfunktionen

435 Mittelkonvergenz (quadratische) 27 Mittelwertsatz, zweiter 543 Momentenproblem 73, 259

N 9l (Transformation) 61 nichtharmonische Schwingungen,

Zerlegung einer Funktion in 270 Norm 24 Normaltypus 547 normierte Funktion 533 Nullstellen einer E-Transformierten

76, 149, 150 numerische Berechnung einer

E-Transformierten 52

0 ocAbszisse 233 o2-Abszisse einer Dirichletschen Reihe

242 o .. -Abszisse 338 Oberfunktion 44 Objektfunktion 23 Objektraum (Objektbereich) 23 Ordnung (Potenz-) einer Funktion auf

Vertikalen 1 7 8 Ordnung (exponentielle) von ganzen

Funktionen 54 7 Originalfunktion 23 Orthogonalfunktionen 434 Orthogonalsystem 255 Parsevalsehe Gleichung für die

!J-Transformation 247, 249 - - - - E-Transformation 251, 423,

435 -- - - - Planchereisehe

!J-Transformation 421 - - - - Potenzreihen 245, 300

Partialbruchentwicklung meromorpher Funktionen 273

- rationaler Funktionen 269 Partialintegral der E-Transformation

231 partielle Integration 542 partielle Summation 532 Periode, Nichtexistenz bei einer

E-Transformierten 80

periodische Funktion, E-Transformierte einer solchen 282

Planchereisehe !J-Transformation 421 Potenzreihen 443 Produkt von L-Funktionen 258, 437

- - l-Funktionen 121 -- - Ln-Funktionen 257, 414 - - M-Funktionen 414

tp-Fußpunktkurve 392 'II-Transformation 139

Q Quadratabszisse 252, 430 quadratischer Mittelwert einer

E-Transformierten auf Vertikalen 252, 423, 429, 431

quadratische Mittelkonvergenz 27

R

Reihenentwicklungen 268, 273, 296, 297, 305, 433, 435

Residuenrechnung 272 Resultatfunktion 23 Resultatraum (Resultatbereich) 23 Riemann-Lebesguesches Lemma 168

für Fourier-Integrale 171 für Fourier-Koeffizienten einer

Funktionenschar 170 für Fourier-Koeffizienten mit

variabler oberer Grenze 169 für Funktionen von beschränkter

Variation 478 Riemannscher Satz 545 Riemannsches uneigentliches Integral

535 s

singuläres Integral 461, 474 Singularitäten auf der Konvergenz­

geraden 153, 373 - links bzw. rechts vom

Integrationsweg 488 Singularitätenhülle 373 sin-Polynome 361 sin-Transformation (Fouriersche)

196 Stetigkeit einer

Funktionaltransformation 28 - der !J-Transformation im Raume

L 2 249 - der E-Transformation im Raume

L 1 432 Stieltjes-Integral 62 Streifen bedingter Konvergenz des

E-Integrals 37

Page 573: Handbuch der Laplace-Transformation: Band I: Theorie der Laplace-Transformation

Sachregister 581

Streifen der Konvergenz des f!u-Integrals 60

Stützfunktion 372 Stützgerade 372 Summabilitätspolygon, Borelsches

383 -, verallgemeinertes 394

summierbare Funktion (nach Lebes­gue) 538

T

Taubersehe Sätze 506 reeller Art 505 funktionentheoretischer Art 524 in allgemeinerem Sinn (Mittel­wertsätze) 521

Thetafunktion als L-Funktion 52, 281, 297

- - !-Funktion 374 -, lineare Transformationsformel

297 -,Zusammenhang mit den hyper­

bolischen Funktionen 52, 281 -, Zusammenhang mit der Zetafunk­

tion 411 typischer Fall (der Singularitäten­

hülle) 381 Typus einer ganzen Funktion 54 7

u Überkonvergenz 43 unitäre Transformation 195

Unstetigkeit der f!-Transformation 432

Unterfunktion 44

V Variation, beschränkte 533 -, totale 533

verborgene Periodizitäten 270 Verschwinden von Funktionen,

Sätze über das 415 vollmonotone Funktion 184, 294 vollständige Folge 545 vollständiger Raum 25 V.P. (valor principalis) 536

w Weierstraßscher Approximationssatz

532 - Doppelreihensatz 546

winkeiförmiger Integrationsweg 226, 496

z Zeichenwechsel

der L- bzw. !-Funktion 149 Zetafunktion 57, 411

Residuum in s = 1 469 Riemannsche Funktionalgleichung

413 Wert im Nullpunkt 413 Zusammenhang mit der Theta­

funktion 411 zweidimensionale Streben gegen einen

Punkt 545