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Handlungsanleitung Wundmanagement

Handlungsanleitung Wundmanagement - Spitex Luzern

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Handlungsanleitung

Wundmanagement

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 1

HANDLUNGSANLEITUNG S344

KERNDIENSTMANAGEMENT PQM

WUNDMANAGEMENT

ZUSTÄNDIG:

WEX PQM

GEÄNDERT:

SEPTEMBER 2015

Handlungsanleitung Wundmanagement Spitex Stadt Luzern

Die Vorliegende Handlungsanleitung Wundmanagement wurde basierend auf das Wundkon-zept Spitex Stadt Luzern inhaltlich und fachlich aktualisiert. Claudia Röösli, dipl Wundexpertin SAfW, MAS Wound Care

Die Handlungsanleitung Wundmanagement, ist im Intranet unter Handlungsanleitung oder auf der Webseite Spitex Stadt Luzern, http://spitex-luzern.ch, als PDF- Format kostenlos er-hältlich.

© Spitex Stadt Luzern

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Vorwort

Die Handlungsanleitung Wundmanagement beinhaltet aktuelles Wissen über die Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, die auf der Basis wissenschaftlicher Nachweise und Ex-pertenwissen zusammengefasst wurde.

Die Wundbehandlung ist nur ein Teil in der chronischen Wundpflege, viele verschiedene As-pekte haben ebenfalls Einfluss darauf.

Chronische Wundklienten leiden meist an einem Dekubitus, Ulcus cruris, diabetischen Fuss-syndrom oder haben eine nicht mehr heilende Tumorwunde. Alle Krankheitsverläufe haben aber eines gemeinsam, sie haben eine Bewegungseinschränkung, haben Schmerzen und dar-aus folgt meistens eine Reduktion von sozialen Kontakten.

Darum braucht es als Spitex Mitarbeiterin ein ganzheitliches Wissen in der chronischen Wundpflege, damit die chronischen Wundklienten gut beraten werden können.

Geltungsbereich:

Diese Handlungsanleitung regelt die Wundversorgung bei Spitex Stadt Luzern und ist für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbindlich. Begründete Abweichungen müssen in der PPL dokumentiert und vorgängig mit der Wundfachverantwortlichen und Wundexpertin bespro-chen worden sein.

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Inhalt Inhalt ................................................................................................................... 3

Fachliche Grundlagen ................................................................................. 5 1.

Einführung Wunde ......................................................................................... 5 1.1.

Entstehungsursachen ..................................................................................... 5 1.2.

Wundheilung ................................................................................................. 6 1.3.

Grundsätzliches zur Wundheilung .................................................................... 6 1.3.1.

Wundheilungsphasen ..................................................................................... 7 1.3.2.

Wundheilungsformen ..................................................................................... 7 1.3.3.

Wundbeurteilung ....................................................................................... 8 2.

Klassifikation der Wunden nach Besiedlung von Keimen ..................................... 8 2.1.

Klassifikation nach Farbe oder Wundgrund .......................................................10 2.2.

Klassifikation chronisch venöser Insuffizienz (CVI) nach Widmer .........................11 2.3.

Klassifikation periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) nach Fontaine........11 2.4.

Klassifikation Diabetisches Fusssyndrom nach Wagner/Amstrong ........................12 2.5.

Klassifikation des Dekubitus nach EPUAP und NPUAP 2014 .................................12 2.6.

Klassifikation der Verbrennung .......................................................................14 2.7.

Die acht Schritte zur Wundbeurteilung und Wundbehandlung .............................15 2.8.

Wundbehandlung ..................................................................................... 16 3.

Trocken oder feucht? ....................................................................................16 3.1.

Wundbettvorbereitung ...................................................................................19 3.2.

Wundreinigung .............................................................................................19 3.2.1.

Débridement ................................................................................................20 3.2.2.

Antiseptika ..................................................................................................21 3.3.

Neutrale Lösungen ........................................................................................23 3.4.

Kausale Therapie (Ursachenbehandlung) .........................................................23 3.5.

Vakuumtherapie ...........................................................................................25 3.6.

Kosteneffektivität der Wundbehandlung mit modernen Wundauflagen .................27 3.7.

Schmerzen beim Verbandswechsel ..................................................................28 3.8.

Einführung ...................................................................................................28 3.8.1.

Einflussfaktoren des Schmerzerlebens beim Verbandwechsel .............................29 3.8.2.

Leitfaden zum Verbandwechsel Beurteilung ......................................................30 3.8.3.

Systemische Schmerztherapie ........................................................................31 3.8.4.

Lokale Schmerztherapie ................................................................................33 3.8.5.

Hautpflege ...................................................................................................35 3.9.

Allgemeine Hinweise .....................................................................................35 3.9.1.

Schutz des Wundrandes vor Mazeration ...........................................................36 3.9.2.

Hautpflegeprodukte ......................................................................................36 3.9.3.

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Ernährung ...................................................................................................38 3.10.

Instrumente zur Beurteilung des Ernährungszustandes .....................................38 3.10.1.

Hilfe bei der Ernährungsberatung ...................................................................39 3.10.2.

Proteine: Fördern die Synthese von neuem Gewebe und Zellen des Immunsystems39 3.10.3.

Kompressionstherapie ...................................................................................41 3.11.

Anlegen eines Mehrlagen-Kompressionsverbandes ............................................42 3.11.1.

Mehrlagen-Kompressionsverband ...................................................................42 3.11.2.

Zinkleimverband ...........................................................................................47 3.11.3.

Kompressionstherapie mit Kompressionsstrumpf ..............................................49 3.11.4.

Umsetzung Behandlung der Wunden bei Spitex Stadt Luzern .................. 51 4.

Wunddokumentation / Wundassessment .........................................................51 4.1.

Medizinische Diagnose / Wundanamnese .........................................................54 4.2.

Wundbehandlung akute Wunde ......................................................................57 4.3.

Wundbehandlung chronische Wunde ...............................................................61 4.4.

Wundbehandlung kontaminierte Wunde ...........................................................65 4.5.

Wundbehandlung kolonisierte Wunde ..............................................................66 4.6.

Wundbehandlung kritisch kolonisierte Wunde oder Biofilmbesiedlung ..................66 4.7.

Wundbehandlung Infekt Wunde ......................................................................67 4.8.

Wundbehandlung übelriechende Wunde...........................................................67 4.9.

Nassphase und Trockenphase ........................................................................68 4.10.

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ 71 5.

Literatur ................................................................................................... 72 6.

Anhang ..................................................................................................... 74 7.

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Fachliche Grundlagen 1.

Einführung Wunde 1.1.

Definition Wunde (lat.: „Vulnus“, griech.: „Trauma“)

„Wunde: Unterbrechung des Zusammenhangs von Körpergewebe mit oder ohne Substanz-verlust.“ (De Gruyter, 2007).

Definition akute Wunden

Eine akute Wunde ist eine Wunde, die in intaktem Gewebe entsteht, z.B. eine Stichverlet-zung. Sie hat keine eigene Pathophysiologie und ihre Abheilung erfolgt nach dem klassischen Schema der „primären Wundheilung“. In der Regel ist eine akute Wunde in maximal 21 Ta-gen verheilt (Lippert, 2001). Kommt es zu Komplikationen, wie z. B. Wundinfektion, dann heilt die Wunde nicht mehr nach dem Schema der primären Heilung, sondern wird sekundär heilen (Panfil & Schröder, 2015, S.159).

Definition chronische Wunde

Am häufigsten entstehen chronische Wunden durch eine Erkrankung der Venen an den Bei-nen und durch Störungen der Blutversorgung.

Wird eine akute Wunde nicht richtig versorgt oder treten im Laufe der Wundheilung Kompli-kationen auf, kann aus ihr eine chronische Wunde entstehen.

Wunden werden dann als chronisch bezeichnet, wenn sie innerhalb von 4 bis 12 Wochen nach Wundentstehung, trotz konsequenter Therapie keine Heilungstendenzen zeigen (DNQP, 2015).

Entstehungsursachen 1.2.

Traumatische Wunden

• mechanisch (Schürf-, Stich-, Schnitt-, Riss-, Quetsch-, Biss-, Schusswunden)

• Ablederung, Amputation

• thermisch (Verbrennungen, Erfrierungen)

• durch elektrischen Strom

• chemisch (Verätzungen)

• Strahlen (Radiotherapie, Sonne)

Primäre oder sekundäre Heilung

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Iatrogene Wunden (durch Fachpersonal verursachte Wunden)

• OP-Wunden

• Amputationen

• Inzision

• Punktion

• Spalthaut- oder Thierschentnahme

Chronische Wunden

• Dekubitus

• Diabetische Wunden

• Ulcus cruris

• ulzerierende Tumore

Wundheilung 1.3.

Grundsätzliches zur Wundheilung 1.3.1.

Eine erfolgreiche Wundheilung erfordert nebst einer fachgerechten Behandlung einen intakten Gesamtorganismus. Beispielsweise können Fehl- oder Mangelernährung zu Störungen der Wundheilung führen.

Faktoren, die die Wundheilung beeinflussen:

Allgemeine Einflüsse:

Ernährungszustand des Patienten

Begleiterkrankungen / Grunderkrankungen

Immunstatus

Mobilität

Alter des Patienten

Psychosoziale Patientensituation

Medikamente (die negativen Einfluss auf Wundheilung haben, wie Immunsuppressi-va, Zytostatika, z.T. Schmerzmittel, Glu-costeroide, Antikoagulantien)

Rauchen, Drogen

Lokale Einflüsse:

Zustand der Wunde (Entstehung, Art, Tiefe, Ausdehnung der Verletzung)

Verschmutzungsgrad (Fremdkörper, Keim-besiedlung der Wunde)

Lokalisation der Wunde

Beschaffenheit der Wundumgebung und der Wundränder

Durchblutung des Wundgebietes

Feuchte oder trockene Wundverhältnisse

Sekundäre Heilung

Primäre oder sekundäre Heilung

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Wundheilungsphasen 1.3.2.

• Exsudative Phase (auch Entzündungsphase), Wundreinigungsphase

• Proliferative Phase (auch Granulationsphase), Beginn der Neoangiogenese und Aufbau von Granulationsgewebe

• Epithelisierungsphase (Bildung der Epithelschicht, Vernarbung)

• Umbauphase, bis zirka zwei Jahre nach der Epithelisierung baut sich das Narbengewebe um

Laufen diese Phasen ungehindert ab, spricht man von primärer Wundheilung, die je nach Wundgrösse und Wundlokalisation zwischen 7-21 Tagen dauert. Kommt es in Rahmen dieser Wundheilung zu Störungen, wie z.B. einer Infektion, heilt die Wunde nur noch sekundär ab (Panfil & Schröder, 2015, S. 166).

Wundheilungsformen 1.3.3.

• Per primam (p.p.) Heilung = Primärer Wundverschluss; Primäre Wundheilung: glatte, eng aneinander liegende Wundränder, und ein gut durchblutetes Wundgebiet ohne Infektion und Fremdkörper.

(Asmussen, 2004)

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• Per secundam (p.s.) Heilung = Sekundärer Wundverschluss; Sekundäre Wundheilung: sehr grosser Gewebedefekt, verunreinigte Wunde, mit Fremdkörpern, Keime, Nekrosen. Der Gewebedefekt wird nach und nach mit Granulationsgewebe aufgefüllt. Chronische Wunden sind in der Regel sekundär heilende Wunden.

(Asmussen, 2004)

Wundbeurteilung 2.

Klassifikation der Wunden nach Besiedlung von Keimen 2.1.

Kontaminierte Wunden

Definition: Kontamination einer Wunde bedeutet, dass die auf der Wunde befindlichen Mikro-organismen sich angehaftet haben, sich aber nicht vermehren (Panfil & Schröder, 2015, S. 396).

• Traumatisch bedingte Verletzungen, die durch Wundausschneidung und Wundverschluss operativ versorgt worden sind (Primärverschluss)

• Wunden ohne Zeichen von Wundheilungsstörungen

Kolonisierte Wunden

Definition: Bei einer Kolonisation findet in der Wunde aktive Keimvermehrung statt (Panfil & Schröder, 2015, S. 396).

• Unter Kolonisation ist die normale Keimbesiedelung eines Ulkus zu verstehen, ohne dass eine Wirtsreaktion sichtbar ist

• Normaler Heilungsprozess

• Gesundes Granulationsgewebe

• Normaler Geruch

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Kritisch kolonisierte Wunden

Sobald eine bakterielle Kolonisation ein gewisses Ausmass erreicht, spricht man von einer kri-tischen Kolonisation. Es fehlen jedoch die klassischen Infektzeichen.

Als kritische Kolonisation wird bezeichnet, wenn die Mikroorganismen mit ihrem Stoffwechsel die Wundheilung aufhalten oder verhindern, hier besteht Infektionsgefahr (Panfil & Schröder, 2015, S. 396).

• Häufig, vor allem bei chronischen Wunden, ist die kritische Kolonisation ein Dauerzustand

• Die Keimlast führt zu einer Chronifizierung der Wunde, die sich äussert mit Stagnation der Wundheilung, Zunahme des Wundexsudats, üblem Geruch, fibrinösen Belägen, vermehr-tem Schmerz und Vergrösserung des Ulkus

• Die klassischen Infektionszeichen fehlen

• Die kritische Kolonisation von chronischen Wunden wird auch als „Biofilm“ bezeichnet (Schwarzkopf 2002, Bowler 2003, Edwards u. Harding 2004)

Definition: Als Biofilm wird eine von Bakterien gebildete Matrix bezeichnet, die als Schleim erscheint. Biofilm schützt die Bakterien bis zu einem gewissen Grad vor der Einwirkung von Antiseptika und Antibiotika (Panfil & Schröder, 2015, S. 396).

Infizierte Wunden

• Der Wundinfekt ist eine Klinische Diagnose mit typischen Infektionszeichen:

o Überwärmung

o Rötung

o Schmerz

o Schwellung

o Funktionseinschränkung

o Zusätzlich erhöhter Infekt Parameter im Blut

o Sowie unter Umständen eitriges Exsudat.

Abgabe von systemischen Antibiotika. Der lokale Einsatz von Antibiotika ist kaum richtig zu dosieren und hat in der modernen Wundversorgung keinen Platz mehr (Panfil & Schröder, 2015, S. 396).

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Klassifikation nach Farbe oder Wundgrund 2.2.

Einteilung nach Farbe, wie sie im Wundmanagement üblich ist. Spielt in der Wundbeurteilung und ausfüllen des Wundprotokolls eine Rolle.

SCHWARZ

Trockene Nekrose

BRAUN / GRAU,

MATSCHIG

Feuchte Nekrose

GELB

Fibrinbelag

ROT

Granulationsgewebe

ROSA

Epitelisationsgewebe

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Klassifikation chronisch venöser Insuffizienz (CVI) nach Widmer 2.3.

Stadium Symptomatik

Stadium 1 Reversible Ödeme, Corona phlebectatica (dunkelblaue Hautvenenverände-rungen am medialen und lateralen Fussrand)

Stadium 2 Persistierende Ödeme, Hämosiderose und Purpura der Unterschenkelhaut, Dermatosklerosen und Lipodermatosklerose, Atrophie blanche, Stauungsek-zem, zyanotische Hautfarbe.

Stadium 3

Ulcus cruris

Teilweise wird Grad 3 in a und b unterteilt.

3a: abgeheiltes Ulcus

3b: florides Ulcus

Klassifikation periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) nach Fontaine 2.4.

Stadium Symptomatik

Stadium 1 symptomfrei, meist klinischer Zufallsbefund (z.B. fehlende perip-here Pulse)

Stadium 2 Claudicatio intermittens

2a beschwerdefreie Gehstrecke > 200m

2b beschwerdefreie Gehstrecke < 200m

Stadium 3 Ruheschmerz

Stadium 4 Trophische Störungen (Nekrosen, Ulzera, Gangrän)

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Klassifikation Diabetisches Fusssyndrom nach Wagner/Amstrong 2.5.

Klassifikation des Dekubitus nach EPUAP und NPUAP 2014 2.6.

Grad 1 Nicht wegdrückbare Rötung

Nicht wegdrückbare, umschriebene Rötung bei intakter Haut, gewöhnlich über einem

knöchernen Vorsprung. Bei dunkel pigmentierter Haut ist ein Abblassen möglicherweise

nicht sichtbar, die Farbe kann sich aber von der umgebenden Haut unterscheiden. Der

Bereich kann schmerzempfindlich, verhärtet, weich, wärmer oder kälter als das

umgebende Gewebe sein. Diese Symptome können auf eine (Dekubitus-) Gefährdung

hinweisen.

Grad 2 Teilverlust der Haut

Teilzerstörung der Haut (bis in die Dermis/Lederhaut), die als flaches, offenes Ulkus mit

einem rot bis rosafarbenen Wundbett ohne Beläge in Erscheinung tritt. Kann sich auch

als intakte oder offene/rupturierte, serumgefüllte Blase darstellen. Manifestiert sich als

glänzendes oder trockenes, flaches Ulkus ohne nekrotisches Gewebe oder Bluterguss (Bluter-güsse weisen auf eine tiefe Gewebsschädigung hin). Diese Kategorie sollte nicht benutzt wer-den um Skin Tears (Gewebezerreissungen), verbands- oder pflasterbedingte Hautschädigun-gen, feuchtigkeitsbedingte Läsionen, Mazerationen oder Abschürfungen zu beschreiben.

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Grad 3 Verlust der Haut

Zerstörung aller Hautschichten. Subkutanes Fett kann sichtbar sein, jedoch keine

Knochen, Muskeln oder Sehnen. Es kann ein Belag vorliegen, der jedoch nicht die Tiefe

der Gewebsschädigung verschleiert. Es können Tunnel oder Unterminierungen

vorliegen. Die Tiefe des Dekubitus Grad 3 variiert je nach anatomischer Lokalisation. Der Na-senrücken, das Ohr, der Hinterkopf und das Gehörknöchelchen haben kein subkutanes Gewe-be, daher können Grad 3 Wunden dort auch sehr oberflächlich sein. Im Gegensatz dazu kön-nen an besonders adipösen Körperstellen extrem tiefe Grad 3 Dekubitus auftreten. Knochen und Sehnen sind nicht sichtbar oder tastbar.

Grad 4 vollständiger Haut oder Gewebeverlust

Totaler Gewebsverlust mit freiliegenden Knochen, Sehnen oder Muskeln. Belag und

Schorf können vorliegen. Tunnel oder Unterminierungen liegen oft vor. Die Tiefe des

Grad 4 Dekubitus hängt von der anatomischen Lokalisation ab. Der Nasenrücken,

das Ohr, der Hinterkopf und der Knochenvorsprung am Fussknöchel haben kein

subkutanes Gewebe, daher können Wunden dort auch sehr oberflächlich sein.

Grad 4 Dekubitus können sich in Muskeln oder durch unterstützende Strukturen ausbreiten (Fascien, Sehnen oder Gelenkkapseln) und können dabei leicht Osteomyelitis oder

Ostitis verursachen. Knochen und Sehnen sind sichtbar oder tastbar.

(Assmussen, 2004, S. 102)

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Klassifikation der Verbrennung 2.7.

Grad 1: Schädigung der Epidermis. Intakte Haut, Hautrötung, Schmerz. Spontanheilung 3-6 Tage ohne Narbenbildung.

Grad 2 a: Zerstörung der Epidermis bis zur Basalzellschicht. Rötung, Blasenbildung, starke Schmerzen. Abheilung innerhalb von 1-3 Wochen ohne Narbenbildung.

Grad 2 b: Schädigung umfasst die ganze Dermis. Vorhandene Blasen sind meist zerstört, Schmerzempfinden ist deutlich reduziert, da die Nervenenden zerstört sind. Die Heilung be-nötigt über 3 Wochen und das Risiko von Narben und Narbenkontrakturen besteht.

Grad 3: Schädigung aller Hautschichten. Lederartiger, trockener, weisser bis schwarzer Wundgrund, keine Schmerzen. Heilung erfolgt nach Wochen oder Monaten mit chirurgischen Interventionen, starke Narbenbildung.

Grad 4: Verlust der gesamten Hautschichten mit Schädigung der Muskeln, Sehnen und Kno-chen. Verkohlung.

(Prost, Vasal-Biergans; Wundmanagement, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stutt-gart; 2004; p 295)

(Assmussen, 2004, S. 90)

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Die acht Schritte zur Wundbeurteilung und Wundbehandlung 2.8.

Dieses Schema wird an der ZIGG bei den FAGE Lernenden und HF Studierenden verwendet.

1. Die Wundheilung beeinflussenden Faktoren

• Systemische Faktoren: z.B. medizinische Wunddiagnose, Diagnosen, Nebendiagnosen, Immunstatus, Wundheilungsverlauf, Medikamente, Ernährung, Mobilität, Alter, Psyche, Adhä-renz (Compliance), Rauchen

• Lokale Faktoren: Lokalisation der Wunde, Durchblutung des Wundgebietes, Exsudations-menge, Temperatur

2. Beurteilung des entfernten Verbandes

• Exsudationsmenge: nass, feucht, trocken

• Exsudatbeschaffenheit: serös, blutig-serös, blutig, eitrig

3. Phasengerechte Wundreinigung

• mechanische Wundreinigung, chirurgisches Débridement

• topische Antiseptika bei Infektion

4. Beurteilung Wundumgebung und Wundrand

• Wundumgebung: intakt, trocken, gerötet, mazeriert, ödematös, schuppig, ekzematös, überwärmt

• Wundrand: vital, avital, Unterminierung

5. Wundinspektion

• Länge, Breite, Tiefe

• Taschenbildung, Fistel

• Belag, Nekrose

• Geruch

6. Wundklassifikation

• Wundheilungsphasen: Exsudationsphase, Granulationsphase, Epithelisierungsphase

• Bakteriologie: Kontamination, Kolonisation, kritische Kolonisation, Infektion

• Schweregradeinteilung bei: Diabetisches Fußsyndrom, CVI (chronische Veneninsuffizi-enz),pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit), Verbrennung

• Stadieneinteilung Dekubitus nach EPUAP (European Pressure Ulcer Advisory Panel)

7. Beurteilung und Behandlung von Wundschmerzen

• Schmerzen vor, während und nach dem Verbandwechsel

8. Wunddokumentation

• Wunddokumentationsbogen

• fotografische Wunddokumentation

(Convatec, Wundmanagement, Convatec GmbH, München, 2010)

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Wundbehandlung 3.

Trocken oder feucht? 3.1.

Trocken behandelt werden:

• Geschlossene Wunden (p.p. Heilung)

• Bagatellverletzungen

• Trockene Nekrosen

• Mumifizierte Nekrose (Endglieder)

Feucht behandelt werden:

• Offene Wunden (p.s. Heilung)

Vor allem die sekundär heilenden Wunden „feucht“ zu behandeln und nicht auszutrocknen gehört, seit der Arbeiten von Georg Winter (1962) in der Zeitschrift „Nature“, zum heutigen Verständnis der Wundheilung. Winter zeigte anhand von tierexperimentellen Untersuchungen, dass Hautläsionen unter einem Polyäthylen-Okklusiverband signifikant schneller heilen als vergleichbare Wunden, die an der Luft trocknen und einen Schorf bilden. Denn nur in einem permanent feuchten Wundmilieu finden die an den Reparaturprozessen beteiligten Zellen

ideale Bedingungen.

Prinzip der feuchten Wundbehandlung

Grundvoraussetzung für das Zellwachstum in einer Wunde ist ein physiologisches (feuchtes und warmes) Milieu. Im Wundsekret sind Substanzen gelöst, die für den Zellstoffwechsel und damit das Wachstum (Wundheilung) unabdingbar sind. Das Exsudat dient als Transportmedi-um u.a. für Wachstumsfaktoren und Abwehrzellen (Makrophagen).

Bei einer chronischen Wundbehandlung sollte ein physiologisch feuchtes Milieu in der Wunde geschaffen werden.

Semiokklusion / feuchte Wundbehandlung

Okklusion (lat. occludere) bedeutet verschliessen bzw. Verschluss. Die Begriffe semiokklusiv, hochpermeabel und niederpermeabel weisen auf die unterschiedliche Wasserdampfdurchläs-sigkeit (MVTR= moisture vapor transmission rate) hin.

(Hartmann, 2012)

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Exsudat Management mit nieder- und hochpermeablen modernen Wundauflagen

Permeabel (lat.) bedeutet durchdringbar, durchlässig. Bei den modernen Wundverbänden spielt dies eine grosse Rolle. Einerseits soll die Wunde vor äusseren Einflüssen geschützt werden und andererseits soll der überschüssige Wasserdampf durchgelassen werden. Somit wird erreicht, dass die Wunde feucht bleibt, jedoch nicht nass ist (Exsudat Management). Ein korrektes Exsudat Management fördert die Wundheilung.

Materialien:

Niederpermeable Wundauflagen lassen wenig Wasserdampf durch. Diese Wundauflage wird bei eher trockenen Wundverhältnissen eingesetzt, damit die Wunde feucht bleibt. Hydrokollo-idverbände (Varihesive®) gelten als niederpermeabel.

Hochpermeable Wundauflagen lassen viel Wasserdampf entweichen. Bei nassen und sehr feuchten Wunden werden diese Wundauflagen eingesetzt, so verdampft die überschüssige Feuchtigkeit und ein feuchtes Milieu kann erreicht werden. Folienverbände oder auch Schaumstoffe gelten als hochpermeabel.

Die Permeabilität der Materialien wird via MVTR-Wert gemessen. Das heisst: verdunsteter Dampf in Gramm pro m2 in 24 Stunden bei 37° C.

• Niederpermeable Materialien: ≤ 500g / m2 / 24 h / 37° C

• hochpermeable Materialien: ≥ 500g / m2 / 24 h / 37° C

Semiokklusive Verbände fördern eine physiologische Wundheilung indem sie:

• überschüssiges Exsudat sowie toxische Produkte aufnehmen ohne die Wunde auszu-trocknen

• ein feuchtes Milieu bieten und so die optimale Zellteilung und Zelleinwanderung ermög-lichen

• ein hypoxisches (sauerstoffarmes) Milieu bieten (daraus folgt ein erniedrigter pH). Dies fördert die Entwicklung des Granulationsgewebes und die Gefässneubildung

• Wärme isolieren (Körpertemperatur), die wichtig für die Zellaktivitäten ist

• die Wunde vor Sekundärinfektionen schützen

• sich entfernen lassen, ohne das Granulations- oder Epithelgewebe zu schädigen

• Wundschmerzen minimieren

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Vorsicht bei einer semiokklusiven Behandlung:

• Infektionen, keine abdichtende Materialien verwenden, z. b. keine Kleberänder am Schaumstoff

• Fistel / Vaskulitis / exulcerierende Tumore

• Freigelegte(r) Knorpel und Sehnen (Gefahr Osteomyelitis)

Häufigere Wechselintervalle einer semiokklusiven Behandlung bei:

• arterielle Ulcera

• Ulcera durch Druck

• Polyneuropathie / diabetische Ulcera

Bei erstmaliger Semiokklusion einer Wunde erfolgt der nächste Verbandwechsel spätestens

nach 48 Stunden.

Danach Entscheidung über weitere Wechselintervalle.

http://de.matopat-global.com/our-solutions-view/wundbehandlung/

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Wundbettvorbereitung 3.2.

Eine Wundreinigung befreit die Wunde von nekrotischem, avitalem Gewebe, von Fremdkör-pern, Belägen und überschüssigem Wundexsudat und ist dadurch als GCP-Empfehlung (Good Clinical Practice) auszusprechen. Wichtig ist jedoch, die Belastung des Klienten in Bezug auf die Schmerzen zu berücksichtigen.

Je nach Wundgrund oder Wundsituation gibt es verschiedene Reinigungs oder Débridement-Formen.

Wundreinigung 3.2.1.

Die Wundheilung wird durch avitales Gewebe, Fremdkörper, Beläge und Detritus (zerfallene organische Substanzen) behindert. Darum sollte eine Abtragung von avitalem Gewebe bis zu anatomischen intakte Strukturen vorgenommen werden.

Mechanisch:

Mit steriler Pinzette oder Ringkürette

• Grobreinigung der Wunde, vor Nassphase

• Bei stark belegten Wunden mit keinem oder wenig Granulationsgewebe

• Zur Reinigung keine Watteträger verwenden, da Rückstände in der Wunde bleiben (Infekt Gefahr)

Spülen:

Die Wunde wird gespült, wenn es Gänge oder Taschen gibt, bei denen mit einer Pinzette kei-ne Wundreinigung gemacht werden kann, da zu kleine Öffnung.

• Spülen mit Knopfsonde oder Frauenkatheter

• Bei kritisch kolonisierten, infizierten Wunden mit Prontosan® oder Octenisept®

• bei kolonisierten Wunden mit NaCl 0,9%

Nass-/Trocken:

Schonende Wundreinigung bei allen Wunden und bei schmerzhaften, belegten Wunden

(Lösung bei starken Schmerzen temperieren, verhindert Schmerzen).

Aufbau der Nassphase/Trockenphase (vergl. S. 71).

Verwendung von NaCl 0,9%, Prontosan® oder Octenisept®.

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Ausduschen:

Die neutralen Lösungen haben gegenüber von Leitungswasser keine signifikante Überlegen-heit, es kann an Hand von Studien keine Aussagen zum Nutzten oder Schaden der Reinigung von Wunden mit Leitungswasser gemacht werden. Die Studie wurde in Australien durchge-führt, wo der Chloranteil im Wasser sehr hoch ist, darum ist das Studienergebnis in der Schweiz nicht uneingeschränkt übertragbar. Wir haben kein gechlortes Wasser sondern Quell- oder Grundwasser und je nach Gegend können Keime im Wasser oder vor allem in den Was-serleitungen vorkommen, z. B. Pseudomonas a.

Darum wird auch weiterhin bei Spitex Stadt Luzern kein ausduschen der Wunde empfohlen, jedoch der Klient soll und kann Duschen, die Wunde bleibt aber abge-deckt (DGfW; S3-Leitlinie, 2012, S. 93).

Débridement 3.2.2.

Ist ein Bestandteil der Wundversorgung und kann bei Wunden aller Art angewandt werden, unabhängig von ihrer Diagnose oder Ursache.

Eine klare Indikation für ein Débridement zeigt sich an der Art der Wundbeläge und dem Zu-stand der Wundränder.

Chirurgisch:

Ist eine radikale Abtragung des avitalen Gewebes, Fremdkörpern und Belägen bis ins intakte Gewebe. Es erfolgt mit Ringkürette, Skalpell und braucht je nach Ausmass eine Kurznarkose oder Lokalanästhesie (Panfil & Schröder, 2015, p: 378).

Biologisch: Madentherapie mit Fliegenlarven (Lucilia sericata), diese werden steril gezüchtet und in so genannte Biobag gefüllt oder sind als Freiläufer erhältlich. Pro cm² braucht es 5-10 Maden, diese kann man zwischen 3-4 Tagen auf der Wunde belassen.

Sie lösen (lysieren) nekrotisches Gewebe auf und töten Bakterien ab. Madentherapie ist über Tarmed abrechenbar, das bedeutet, dass nur ein Wundambulatorium vom Spital

oder Arzt diese einsetzen kann.

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Enzymatisch:

Durch körpereigene Proteine im Wechselspiel mit dem applizierten Enzym wirkt es auf Nekro-sen und Beläge auflösend. Es erfordert aber einen häufigen Verbandwechsel und genügend Feuchtigkeit, bis zu 2-mal täglich (Panfil & Schröder, 2015, p: 380).

Iruxol Mono®: Der Wirkungseintritt ist verzögert, da zu wenig konzentriert mit Enzym. Wundrandschädigung ist möglich. Das Kosten–Nutzen-Verhältnis ist fraglich.

Bei Spitex Stadt Luzern nicht empfohlen!

Autolytisch:

Verschiedene Wundauflagen, wie Hydrogele, Alginate und Honig können dazu beitragen, avi-tales Gewebe und Beläge aufzulösen. Diese Form des Débridement ist sehr schonend und das Granulationsgewebe wird erhalten (Panfil & Schröder, 2015, p: 378).

Antiseptika 3.3.

Antiseptika zeigen im Allgemeinen ein breites Spektrum antibakterieller Aktivität. Sie werden topisch, d.h. lokal angewendet um eine Vermehrung zu hemmen oder die Mikroorganismen abzutöten. Diese können auch toxische Wirkungen auf die humanen Zellen haben. Die Ent-wicklung von Resistenzen gegen Antiseptika ist eher selten zu beobachten.

Es liegt weder bei Polyhexanid, Octenidin noch bei PVP-Jod ein Evidenz Grad vor, wird in der Literatur aber überall als GCP-Empfehlung ausgesprochen. Es kann eine antiseptische Lösung zur Wundreinigung erwogen werden, wenn ein Verdacht auf Erreger in der Wunde besteht.

Auf Grund des fehlenden Nutzungsnachweises sollten Antiseptika nicht unüberlegt auf lange oder unbestimmte Zeit eingesetzt werden (DGfW; S3-Leitlini, 2012, S. 125).

Zulassungen als Wundantiseptikum und darum über Spezialitätenliste abrechenbar sind:

• Octenisept®

• Lavasept®

• Batadine®

• Kodan®

Octenidin oder Octenidindihydrochlorid (Octenisept®, Octenilin®)

• Wirkspektrum: Bakterien, Pilze, Viren

• Wirkungseintritt: nach 1Min.

• Vorteil: farblos, breites Wirkungsspektrum inkl. MRSA

• Wird für die akute, kontaminierte Wundedesinfektion verwendet, wie PEG-Sonde, Cysto- fix usw.

• Wird auch zum Katheterisieren verwendet

• Keine Anwendung in der Bauchhöhle, für Blasenspülungen und im Ohr (Trommelfell)

• Octenisept® 3 Jahre haltbar, Otenilin® 8 Wochen haltbar

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Polihexanid (Prontosan®, Lavasept®)

• Wirkspektrum: Bakterien, Pilze

• Wirkungseintritt: 10-15 Min.

• Vorteil: sehr gut gewebeverträglich, farblos, breites Wirkungsspektrum inkl. MRSA, keine Zelltoxizität

• durchdringt den Biofilm

• keine Anwendung bei Knorpel oder Gelenken

• Prontosan® gilt als Wundspüllösung, ist darum über die MiGeL abrechenbar, Lavasept® gilt als Wundantiseptika

• Haltbarkeit 8 Wochen

PVP-Jod (Braunol®, Betadine®Jodoplex®)

• Wirkspektrum: Bakterien, Pilze, Viren

• Wirkungseintritt: 2 - 3 Min. (Kompendium)

• Wirkungsdauer: solange braun

• Vorteile: breites Wirkungsspektrum inkl. MRSA

• Nachteil: verfärbt Wunde, Inaktivierung durch Blut/Eiter, nicht bei Schilddrüsenerkran-kungen und Schwangerschaft

• Haltbarkeit 1 Jahr

Silberprodukte (z. B. Melgisorb Ag®, Aquacel Ag® usw.)

Es gibt verschiedene Formen von Silber:

• Produkte die Silber freisetzen, nanokristaline Silber (Acticoat Flex, Firma Smith&Nephew).

• Produkte die das Silber nutzen um Keime im Verband abzutöten oder das Wundexsudat beim Aufsteigen in die Auflage von Keimen zu befreien, ionisches Silber (Auacel Ag, Mel-gisorb Ag) (Panfil & Schröder, 2015, p: 383)

• Zur Silberanwendung kann keine Empfehlung GCP gemacht werden, da in keiner Studie eine Signifikanz für den klinischen Nutzen nachgewiesen werden konnte. Die Studien zeig-ten im Gegenteil eine Zytotoxizität und Wundheilungsverzögerung. (DGFW; S3 Leitlinie, 2012, S. 178)

Spitex Stadt Luzern hat sich deswegen entschlossen, keine Silberprodukte mehr im Sortiment zu führen, sondern nur noch mit Antiseptika bei kritischen Kolonisation oder infektiösen Wunden zu verbinden.

Alkohol (Kodan®) für Hautdesinfektion

• Wirkungseintritt: 15 Sekunden

• breites antiseptisches Wirkungsspektrum (Bakterien, Pilze, Viren) inkl. MRSA, ESBL etc.

• gute Inzisionsfolienhaftung nach Abtrocknung

• Haltbarkeit: 1 Jahr

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Neutrale Lösungen 3.4.

NaCl 0,9% oder Ringerlösung

Es liegt bei beiden Lösungen keine Evidenz zur Überlegenheit im Vergleich von einem zum andern vor. Wichtig ist, dass sie zum sofortigen Gebrauch bestimmt sind, das heisst max.

24 Std. haltbar sind.

In der Spitex Stadt Luzern sind nur die Fertigampullen, Steripot über MIGEL abrechenbar.

Nicht angewendet werden sollten:

• lokale Antibiotika in Form von Salben oder Fettgazen wie z.B. Fucidin®-Gaze, auf Grund mangelhafter Wirkung, schneller Resistenzbildung und häufiger Allergisierung

(Panfil & Schröder, 2015, p: 419)

• bei Wasserstoffperoxid (H2O2) überwiegt der Schmerz, zu geringe Wirksamkeit und Zytotoxizität (DGfW; S3 Leitlinie, 2012; p: 101)

• Wirkstoffkombinationen, wie Antiseptika und Silberprodukten, sollten nicht kombiniert werden, es macht keinen Sinn doppelte Antiseptika zu applizieren. Dies ist zu teuer und kann eine Allergie verursachen (Panfil & Schröder, 2015)

• Wundbäder: Auf Grund der Wirkung und Sinnhaftigkeit, der Gefahr von Keimver-schleppung, gilt das Baden einer Wunde unzeitgemäss (Panfil & Schröder, 2015, p: 378)

Kausale Therapie (Ursachenbehandlung) 3.5.

Operativ/ interventionell

Falls eine operative / interventionelle Sanierung möglich ist, steht diese an erster therapeuti-scher Stelle.

Konservative Therapiekonzepte bei:

Ulcus Cruris

Mit venöser Beteiligung - siehe Kapitel 3.11 und Broschüren für Klienten bei Spitex Stadt Lu-zern. Ratgeber Venenleiden und Anleitung für Mehrlagenverband und Kompressionsstrümpfe.

Dekubitus

Druckentlastung, Lagerung, betriebliche Weiterbildung Dekubitus/ Dekubitusprophylaxe, Bro-schüre für Pflegende Angehörige, siehe auch Leitlinie Dekubitus Prävention und Behandlung von EPUAP und NPUAP, 2014.

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Diabetisches Fusssyndrom - DFS

Durch Polyneuropatie und Veränderungen des Fussbettes bei Diabetikern, kann es zu einem Fuss-Ulcus (häufige Form: Malum perforans, lateinisch: malus- schlecht; perforare- durch-bohren, Synonym: Mal perforans) kommen. Der Fachliteratur (Kumar 1994, Bouter 1993, Pendsey 1994) können alarmierende Zahlen entnommen werden. Zusammenfassend ist fest-zustellen:

• 1 von 7 Diabetikern entwickelt ein Fuss-Ulcus

• 2-4% aller Diabetiker erleiden im Verlauf eine Amputation der unteren Extremitäten

• In über 80% aller Amputationsfälle bei Diabetikern ging ein Fuss-Ulcus voraus

Allein durch gezielte Fussinspektion und entsprechende Massnahmen kann die Am-putationsrate um über 50% reduziert werden.

Neben der optimalen Einstellung des Diabetes und der täglichen Fusspflege, sind regel-mässige Kontrollen und druckentlastende orthopädische Einlagen sowie entsprechende Schu-he von wichtigster präventiver Bedeutung.

Orthopädische Einlagen und Schuhe

Indikation: Druck / Polyneuropathie bedingte Ulcera

Ziel: Entlastung einer Druckstelle, prophylaktisch oder therapeutisch (Malum perforans)

Anmerkung:

Orthopädische Einlagen und Schuhe sind nicht krankenkassenpflichtig.

Bezahlung: 2 Paar Schuhe pro Jahr durch Invaliditätsversicherung bei unter 65 jährigen;

1 Paar pro 2 Jahre bei über 65 jährigen.

Physiotherapie

Indikation: Druck / Polyneuropathie bedingte Ulcera; Ulcera bei Gelenksversteifung

Ziel: Bewegungsübungen und Druckentlastung

Podologin

Indikation: Hyperkeratosen (Hornhaut, Hühneraugen)

Ziel: Abschleifen der Hyperkeratosen, Entfernen des Hühnerauges, Instruktion Fusspflege,

Prävention, Nagelpflege

Siehe die Broschüre Fusspflege Spitex Stadt Luzern

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Vakuumtherapie 3.6.

Synonyme: V.A.C. (Vacuum Assisted Closure), VVS (Vakuumversiegelung)

Für die Vakuumtherapie wird die Wunde mit einem Schaumstoff ausgelegt und mit einer Folie abgedichtet. Über einen oder mehrere Schläuche oder Konnektoren wird ein Vakuum erzeugt.

Die Vorteile der Vakuumtherapie:

• feuchte Wundheilung

• Wundkontraktion

• Reduktion der bakteriellen Kolonisation der Wunde zur Vermeidung einer Keim-

verschleppung

• gesteigerte Angiogenese und Bildung von Granulationsgewebe

Indikationen:

• stark exsudierende Wunden, die mit konventionellen Materialien nicht beherrschbar sind

• grosse Wundhöhlen oder Wundflächen

• ein Primärverschluss ist nicht möglich oder nicht erwünscht

• auch bei Infektion möglich

• Palliativbehandlung

Kontraindikationen:

• relative Nähe zu Blutgefässen

• trockene Nekrosen

• Wunden bei Malignom

• Vorsicht bei arteriellen Ulcera

• Vorsicht bei freiliegendem Darm, Gefahr der Fistelbildung

Das Vakuum wird mittels des V.A.C. Gerätes erzeugt. Dieses gewährleistet eine konstante, kontrollierte Therapie und deren Überwachung (Alarmfunktionen). Sog von 75 bis 150 mmHg (1 mmHg = 0,132 kPa).

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 26

Verwendbare Schaumstoffe:

Polyurethan (PU):

• schwarz, grossporig, ermöglicht effektives Absaugen des Wundsekrets

• starke Stimulation der Granulation

• verhaftet mit dem Gewebe, sensible Gewebe (Darm, Knochen, Sehnen, Mesh-Graft) mit Silikongaze (Mepitel) vor Schaumstoff schützen

• soll nicht mit intakter Haut in Kontakt kommen, da er die Haut mazeriert

• benötigt zwischen 75-150 mmHg

• Verbandswechsel i.d.R. alle 48 Std. (sonst Einwachsen des Gewebes in den Schaumstoff)

Polyvinylalkohol (PVA):

• weiss, feinporig verhaftet weniger mit dem Gewebe, dadurch bessere Schmerztoleranz

• Nachteil gegenüber PU Schaumstoff ist, dass PVA Schaumstoff leichter verstopfen kann

• benötigt zwischen 125-200 mmHg Sog

• Verbandwechsel in der Regel alle 3-5 Tage

• Wundumgebung schützen (mit Folie oder Cavilon®) es besteht sonst die Gefahr des

Aufweichens der Umgebungshaut

Merkpunkte zur Vakuumtherapie

• Wundhöhle nicht tamponieren, jedoch locker mit Schaumstoff ausfüllen (der Schaum-stoff sollte mit der ganzen Wundfläche in Kontakt sein, da sonst Schmerzen auftreten können und die Therapie ineffektiv wird)

• Schaumstoff nicht über die Wundränder auf die intakte Haut anbringen, Schutz vor dem Schaumstoff durch dünnen Hydrokolloidverband oder Folie

• Schaumstoff soll zirka 1½ cm über das Wundniveau angepasst werden durch Vakuum zieht er sich in die Wunde hinein

• Folie nicht spannen, sondern dem Schaumstoff nach kleben (Spannungsblasen)

• bei Gebrauch eines Konnektors diesen immer auf Schaumstoff platzieren, sonst Druck-stellen

• das Vakuum kann konstant gehalten oder intermittierend erzeugt werden

• Schmerztherapie bei Verbandwechsel: -½ Stunde vor Verbandwechsel Sog stoppen - Lokal durch Schaumstoff Lidocain einspritzen - siehe auch Kapitel Schmerzen beim Ver-bandwechsel

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Kosteneffektivität der Wundbehandlung mit modernen Wundauflagen 3.7.

Die Wundauflagen zur semiokklusiven Behandlung, insbesondere Schaumstoffe, aber auch Hydrofaser und Alginate sind im Vergleich zu konventionellen Wundauflagen (Gazekompres-se) nur kosteneffektiv (Materialpreis x Pflegeaufwand), wenn sie mindestens zwei Tage auf der Wunde belassen werden können.

Häufig führen jedoch auch Gründe wie Patientenkomfort, schmerzfreies Ablösen usw. zur Wahl einer Wundauflage. Falls ein täglicher Verbandwechsel notwendig ist, sollten jedoch auch günstigere Wundauflagen in Betracht gezogen werden. Es existieren bis dato jedoch keine relevanten vergleichenden Studien zwischen den verschiedenen Marken von semiokklu-siven Wundauflagen.

Pflegeaufwand und Pflegekosten

Um den Pflegeaufwand und die Pflegekosten für Tätigkeiten bei der Wundversorgung realis-tisch zwischen traditionellen und modernen Wundversorgungsprodukten vergleichen zu kön-nen, sind folgende Variablen von Bedeutung:

• Häufigkeit der notwendigen Verbandwechsel

• Zeitbedarf (Zeitaufwand pro Person) der Verbandwechsel

• durchschnittliche Dauer der Gesamttherapie bis zur vollständigen Abheilung

• Art und Verwendung der Materialien

Es zeigt sich eine eindeutige Tendenz zu einem selteneren und schnelleren Verbandwechsel bei den modernen Wundversorgungsprodukten im Vergleich zu traditionellen Verbänden. Darüber hinaus haben die Patienten mit modernen Produkten eine vergleichsweise deutlich verkürzte Wundheilungsdauer.

Durch die zum Teil erheblich niedrigere Zahl an Verbandwechseln während der Behandlung und den kürzeren Zeitbedarf pro Verbandwechsel kommt es bei den mit modernen Wundver-sorgungsprodukten versorgten Patienten insgesamt zu einer signifikanten Reduktion der Pfle-gezeit und damit zu vergleichsweise niedrigen Personal-, Pflege- und somit Gesamtkosten der Wundbehandlung.

Ein Vergleich von unterschiedlichen Behandlungsmethoden, der lediglich die Stückkosten des Verbandsmaterials einbezieht, wird kein reales Bild von den tatsächlichen Kosten für das Wundmanagement von akuten und chronischen Wunden vermitteln.

In die Gesamtbetrachtung sollten auch zusätzliche Kriterien einbezogen werden:

• Schmerzfreiheit

• Lebensqualität

• frühe Eingliederung des Patienten in das soziale und berufliche Umfeld

Jeder Klient hat einen Anspruch auf eine Versorgung nach dem neuesten Stand der Medizin, Wissenschaft und Technik.

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Schmerzen beim Verbandswechsel 3.8.

Einführung 3.8.1.

Schmerz ist ein komplexes und subjektives Wahrnehmungsphänomen, das von physiologi-schen, psychologischen, emotionalen und sozialen Faktoren beeinflusst wird. Als Grundlage im Umgang mit Schmerzen dient der Leitsatz:

„Schmerz ist das, was der Patient beschreibt, und existiert wann immer er es sagt.“

(McCafferey, 1997)

Es ist mittlerweile allgemein akzeptiert, dass Schmerzen ein signifikantes Merkmal beim Le-ben mit einer Wunde darstellen und die Lebensqualität des Patienten negativ beeinflussen.

Eine effektive Schmerzbehandlung gehört zu den Grundpfeilern unseres Leistungsauftrages.

Dieses Kapitel stützt sich auf ein Positionsdokument (EWMA, 2002) zum Thema Schmerzen beim Wundverbandwechsel.

Aufgrund der Komplexität und des Umfangs dieses Themenbereichs konzentriert sich die fol-gende Zusammenfassung auf die Behandlung von Schmerzen beim Abnehmen von Wundver-bänden und Verfahren zur Wundtoilette bei erwachsenen Patienten.

Zielsetzungen

Der Klient mit einer Wunde ist in seinem Schmerzerleben ernst genommen

• Die Schmerzintensität ist erfasst und dokumentiert

• Schmerzen sind auf ein für den Klienten erträgliches Mass gelindert

• Der Klient ist vor zusätzlichen Schmerzen geschützt und in seinem Genesungsprozess ge-fördert

• Im Bereich der Wundpflege tätiges Personal hat die professionelle Kompetenz und Sach-kenntnis, ein breites Repertoire an Methoden und Techniken zur Schmerzlinderung einzu-setzen

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 29

Einflussfaktoren des Schmerzerlebens beim Verbandwechsel 3.8.2.

Möglichkeiten zum Angstabbau beim Entfernen des Verbands:

• Feststellen, welche Faktoren der Klient als schmerzauslösend und schmerzverringernd er-kennt

• Dem Klienten die Möglichkeit bieten, den Verband selbst abzunehmen

• Zu einer langsamen, rhythmischen Atmung während des Verfahrens ermutigen

• Den Klienten das Tempo, mit dem das Verfahren ausgeführt wird, selbst bestimmen lassen

• Anbieten, eine Pause einzulegen. Mit dem Klienten ein Signal z.B. Handzeichen verein-baren, wenn er während dem Verbandwechsel eine Unterbrechung wünscht

Als wichtigste Ursache der Schmer-zauslösung gelten ausgetrocknete Wundauflagen, die an der Wunde und Wundrändern anhaften.

Angst gilt als gravierende Verstärker der Schmerzempfindens.

Angst

Ausgetrocknete Wundauflagen

Sensibilisierung wiederholter

Reize

Wundinfektion

Anhaftende Produkte

Brennende Wundlösung

Mechanische Manipulation

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 30

Leitfaden zum Verbandwechsel Beurteilung 3.8.3.

Vorbereitende Massnahmen:

Patient hat

Schmerzen

Ziel: Schmerzskala ≤ 3

Basisanalgesie verab-

reicht?

Reservemedikation im

Hinblick auf VW anbieten!

Angetrockneter

Verband

Befeuchten des Verbands

mit Flüssigkeit

Andere Verbandstechnik

in Betracht ziehen, um

weiteres verkleben zu

verhindern.

Massnahmen

Xylocain oder Lidocain 2%

30 Min. vorher auf die

Wunde applizieren, mit

Folie abdecken.

Oder in den Schaumstoff

vom VAC spritzen.

Die Vorbereitung und das Zeitmanagement sind beim Verbandwechsel von

zentraler Bedeutung.

Schmerzerfassung

Vor dem VW Schmerzintensität

erfragen Skala von 0 bis 10, in

Ruhe und bei Bewegung

Die Schmerzerfassung wird in

der Wunddokumentation notiert.

Inspektion des Verbandes

Sichtkontrolle des zu wechseln-

den Verbandes

Fragestellung nach angetrock-

neten Wundauflagen

Wunddébridement

oder andere voraussichtlich

schmerzhaften Handlungen sind

geplant z.B. VAC-VW

Lokalanästhesierende Mass-

nahmen sind abgeklärt und

verordnet?

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 31

Systemische Schmerztherapie 3.8.4.

Beim Schmerz wird bei der systemischen Schmerztherapie zwischen zwei Schmerztypen un-terschieden: der nozizeptive und der neuropathische Schmerz. Der nozizeptive Schmerz gilt eher als akuter Schmerz, hingegen der neuropathische Schmerz kann zu einer Chronifizie-rung führen.

Bei nozizeptiven Schmerzen wird eine systemische Schmerztherapie nach WHO Stufen Sche-ma eingeleitet, siehe dazu das Schema (S. 33).

Bei chronischen Wunde sollte keine NSAR Schmerzmedikamente verwendet werden, da sie auf die Wundheilung einwirken können (Prostaglandinhemmer). Darum eigenet sich vor allem Metamizol (Novalgin®).

Bei neuropathischen Schmerzen werden verschiedene systemische Gaben von Substanzen oder lokale Applikationen verwendet:

• Antidepressiva:

o Amitriptylin 75 mg abends (Saroten®)

o Imipramin (Tofranil®)

o Clomipramin (Anafranil®)

o Mirtazapin (Remeron®)

o Duloxetin (Cymbalta®)

• Antikonvulsiva (Antiepileptika):

o Gabapentin bis 2400 mg (Neurontin®)

o Pregabalin bis 600 mg (Lyrica®)

o Carbamazepin (Carsol®)

o Oxcarbazepin (Trileptal®)

o Lamotrigin (Lamictal®) (bei zentralen Schmerzen)

• Analgetika (siehe unten WHO Stufen Schema)

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 32

Stufe 1

Einsatz von nicht

opioiden Analgetika

± Lokalanästhetikum

Stufe 2

Hinzunahme eines

milden Opioids nach

Möglichkeit oral ver-

abreicht

Stufe 3

Ersatz des milden

Opioids durch stärke-

res Opioid- Analgeti-

kum

WHO Stufen Schema:

Wirkzeiten der gebräuchlichsten Analgetika nach WHO-Stufen geordnet

Stufe 1

Medikament (Wirkstoff) Wirkungseintritt Wirkdauer Kommentar Erw.-Dosis

Dafalgan® (Paracetamol) p.os

ca. 1 bis 2 Std. ca. 4 bis 6 Std. Nicht bei Leberinsuf-fizienz

1 g p.o.

Brufen® (Ibuprofen) p.os

ca. 1 Std.

ca. 8 Std.

NSAR-Cave: Niere, Gastro

400 mg p.o.

Ponstan® (Mefenaminsäu-re) p.os

ca. 1 Std.

ca. 8 Std. NSAR-Cave: Niere, Gastro

500 mg p.o.

Novalgin® (Metamizol) p.os

ca. ½ bis1Std.

ca. 4 bis 6 Std.

Cave: Panzytopenie 40 Tr. p.o.

Stufe 2

Medikament (Wirkstoff) Wirkungseintritt Wirkdauer Kommentar Erw.-Dosis

Tramal® (Tramadol) p.os

ca. 1 Std.

ca. 4 bis 6 Std.

Häufig: Übelkeit / Erbrechen

20-40Tr. p.o.

Stufe 3

Medikament (Wirkstoff) Wirkungseintritt Wirkdauer Kommentar Erw.-Dosis

Morphin® (Morphin) s.c.

ca. 30 bis 90 Min.

1 bis 2 Std.

NW: Nausea, Atem-depression

5 -7,5mg s.c

Pethidin® (Pethidin) s.c.

ca. 1 Std.

2 bis 4 Std.

NW: Nausea, Atem-depression

50-75mg s.c

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Lokale Schmerztherapie 3.8.5.

Lidocain® 2%, Rapidocain® 2% Emla Salbe®

Wirkstoff: Lidocainum 10mg/ml

Bei oberflächlichen Wunden 30 bis 60 Minuten vorher auf Wunde und Wundrand mit sterilem Tupfer applizieren. Mit semipermeabler Folie überkleben. Spätestens 10 Min nach der Entfer-nung mit dem Débridement oder Verbinden beginnen. Wirkdauer zirka 2 Stunden.

Mô-Gel

Wird oft bei Palliativen-Wunden oder bei sehr stark schmerzenden Wunden, als lokale Schmerztherapie angewendet.

Capsaicine

Capsaicin (ist im Cayennepfeffer, Paprika, Chilipfeffer, Chili, Chili-Schoten enthalten) hat eine lokal wärmende, durchblutungsfördernde, reizende und schmerzlindernde Wirkung. Wird heu-te oft bei PAVK gegen Nervenschmerzen eingesetzt.

Geeignete Verbandmaterialien (EWMA, 2002)

Es ist schon einige Jahrzehnte bekannt, dass Verbände, die eine feuchte Wundumgebung auf-rechterhalten, die Heilung verbessern können und weniger schmerzhaft sind als traditionell verwendete Produkte wie etwa Gaze. Untersuchung zum Thema Trauma und Schmerzen stützen die Erfahrung, dass Hydrogele, Hydrofasern, Alginate und weiche Silikone am wenigsten Schmerzen beim Verbandwechsel verursachen.

Der wahllose Einsatz dieser Wundauflagen allein gibt jedoch noch keine Gewähr für die beste Verbandleistung und schmerzfreies Entfernen.

Viel wichtiger ist der Bedarf an Informationen zum Verständnis der Wirkung, die unterschied-liche Wundauflagen auf die unterschiedlichen Wundtypen und -eigenschaften haben.

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Strategien zur Schmerzlinderung bei Verbandwechseln

Vermeiden aller unnötigen Reize der Wunde, wie Zug durch offene Fenster, Stechen in die Wunde oder Anstossen der Wunde

Die Wunde sanft behandeln, sich bewusst sein, dass jede leichte Berührung Schmerzen ver-ursachen kann

Einen Verband wählen, der:

• für den Wundtypen geeignet ist

• eine feuchte Wundheilung aufrecht erhält, um die Reibung an der Wundoberfläche zu ver-ringern

• länger an Ort und Stelle bleiben kann, um den Bedarf an häufigen Verbandwechseln zu verringern

Einen anderen Verband in Betracht ziehen, wenn:

• das Abnehmen Schmerz- oder Blutungsprobleme / Trauma für die Wunde oder die sie umgebende Haut verursacht

• beim Abnehmen ein Einweichen des Verbands erforderlich ist

Reinigungsverfahren und Wunddébridement

Ziel der Reinigung ist gelöste Beläge und Fremdmaterial möglichst gezielt und atraumatisch von der Wunde zu entfernen.

Diffuse Reinigungsmanöver wie das flächige Abreiben der Wunde mit Tupfern und Kratzen mit dem scharfen Löffel sind oftmals eher kontraproduktiv und unnötig schmerzhaft. Eine scho-nende Alternative dazu stellt die Nass-/Trockenphase dar (vergl. 3.2.1.).

Das Reinigen der Wunde mit angewärmter (zimmerwarmer) steriler Spüllösung, wird als am wenigsten traumatisierend angesehen. Der Reinigungseffekt ist bei wenig belegten Wunden ausreichend.

Ein Wunddébridement muss mit angepasster Analgesie und Lokalanästhesie gut vorbereitet werden.

Wunden werden immer zu einem gewissen Grad schmerzhaft sein, aber wir können viel tun, um die Auswirkungen dieser Schmerzen auf unsere Klienten einzudämmen.

Im Bereich der Wundpflege tätiges Personal muss die erforderliche professionelle Kompetenz, Sachkenntnis und Motivation aufweisen, um im besten Interesse des Klienten zu handeln.

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(Asmussen, 2005, S. 10)

Hautpflege 3.9.

Allgemeine Hinweise 3.9.1.

Die Pflege einer intakten Haut ist eine Pro-phylaxe gegen Dekubitus, Infektionen und Schmerzen, zusätzlich fördert sie das Wohl-befinden des Patienten.

Folgendes gilt es zu beachten:

Der optimale pH Wert der Waschzusätze beträgt 5.5-6.5. Seifenrückstände können Hautirritationen hervorrufen.

Die Zuführung von Lipidanteilen an pflege-bedürftige Haut sollte entsprechend dem physiologischen Hautfettgehalt erfolgen.

Die Hautlipide umfassen sowohl freie Fett-säuren sowie Cholesterol und Ceramide welche in einem definierten Konzentrati-onsverhältnis vorliegen.

Das Ceramid spielt eine grundsätzliche

Rolle für die Erhaltung bzw. Wiederherstel-lung der Hautwiderstandsfähigkeit.

Diese Ceramide sind nachweislich vermin-dert in der Alters- und auch Ekzemhaut.

Allgemein ist bei der Hautpflege von irritierter Haut ein Topikum mit möglichst wenigen In-haltsstoffen zu verwenden, um eine Allergisierung zu vermeiden.

Bei ekzematös veränderter Ulkus-Umgebung, speziell bei bekannter Anwendung allergisie-render Topika (Kräutersalben, Perubalsam usw.) sollte eine Allergieabklärung erfolgen.

Die Hautpflege muss auf die aktuelle Hautveränderung zugeschnitten sein.

In akut entzündlichen Phasen werden Zubereitungen mit hohem Wasseranteil als wohltuend kühl empfunden, evtl. muss ein entzündungshemmendes Präparat verwendet werden. Es kann auf Arztverordnung eine steroidhaltige Salbe oder Creme aufgetragen werden.

Zu hoher Fettanteil verhindert eine Abdunstung, führt zu einer weiteren Überwärmung und provoziert damit evtl. sogar eine weitere Verschlechterung.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 36

Schutz des Wundrandes vor Mazeration 3.9.2.

• Zinccream Dline® W/O

Stabilisiert stark strapazierte Hautareale mit z.B. Irritation, sen-siblen Hautarealen, Mazeration und leichter Trockenheit.

Bildet einen Schutzfilm. Sehr gut als Hautschutz. Mit Aloe Vera, Bisabolol, Nachtkerzenöl und Zink.

Ohne Farbstoffe, ohne Konservierungsstoffe, ohne Parfumstoffe.

• Hydrofaser

Kompresse mindestens 1 cm über den Wundrand auflegen. Sie leitet Exsudat nur vertikal, dieser Effekt verschwindet jedoch bei einer zusätzlichen Abdeckung mit Schaumstoff oder Folie,

wenn das Produkt ausgelastet ist.

• Hautschutz-Lolly

Die komplett alkoholfreie Rezeptur brennt auch dann nicht, wenn sie auf geschädigte Haut aufgetragen wird.

• Schützt bis zu 72 Stunden effektiv vor Mazeration

• verstopft keine Poren

• reduziert nicht die Saugfähigkeit von absorbierendem Inkonti-nenzmaterial

• steril

• nicht zytotoxisch

• keine Behinderung von Haut- und Wundheilung

• Behindert nicht die Klebefähigkeit von Stomamaterial oder Ver-bänden

• kann die Haftung und Tragedauer einiger Verbände sogar erhöhen

Hautpflegeprodukte 3.9.3.

Spitex Stadt Luzern verwendet vor allem Dline® Produkte. Diese Produkte sind sehr Hoch-wertige Produkt jedoch nicht ganz billig, darum muss es für alle Klienten auch möglich sein ein kostengünstigeres Produkt selber einzukaufen. Dazu braucht es eine Beratung seitens der Pflegefachperson. Als alternative könnten die Nivea Creme, die Nivea Body Milk und die Nivea Soft Milk empfohlen werden, sind W/O Produkte.

Man unterscheidet zwischen Öl-in-Wasser-Emulsionen (O/W) und Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O). Bei der Öl-in-Wasser-Emulsion befindet sich das Wasser in der Aussenphase. Diese Emulsionen spenden viel Feuchtigkeit ohne zu fetten. Wasser-in-Öl-Emulsionen funktionie-ren genau umgekehrt. Hier befindet sich das Öl in der Aussenphase, so dass die Haut ausrei-chend mit Fett und Feuchtigkeit versorgt werden kann.

W/O Produkte haben viel Fett für die trockene Haut, sind also fetthaltige Cremes und Salben.

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Die Dline Produkte sind alle W/O Produkte und eignen sich dadurch sehr gut zur Narbenpflege und Dekubitusprophylaxe.

NCR® - Nutrient Cream W/O

Ceramid-Panthenol-Urea-AloeVera-Bienenwachs-Vitamin-Zink

Lipidgehalt 38%

Anwendung bei sehr trockener, stark schuppender, gereizter Haut.

Stabilisiert den Lipid- und Feuchtigkeitshaushalt trockener bis sehr tro-ckener, sensibler, irritierter und schuppender Haut. Vermindert durch natürliche Feuchthaltefaktoren die Austrocknung der Haut. Mit Aloe Vera, Bienenwachs, Mandelöl und Zink.

Ohne Farbstoffe, ohne Konservierungsstoffe.

BL® - Basic Lotion W/O

AloeVera-Bienenwachs-Urea-Vitamin-Mandelöl-Zink

Lipidgehalt 26%

Anwendung bei normaler, trockener Haut.

Stabilisiert den Lipid- und Feuchtigkeitshaushalt normaler bis tro-ckener, sensibler und schuppender Haut.

Vermindert durch natürliche Feuchthaltefaktoren die Austrock-nung der Haut. Hochwertige Basispflege. Mit Mandelöl und Urea.

Ohne Farbstoffe, ohne Konservierungsstoffe.

CC® - Cooling Cream W/O

AloeVera-Bienenwachs-Vitamin-Zink

Lipidgehalt 31%

Anwendung bei trockener Haut von Polyallergikern.

Stabilisiert den Lipid- und Feuchtigkeitshaushalt normaler bis sehr trockener, sensibler, irritierter und schuppender Haut. Besonders für Polyallergiker geeignet. Mit Bienenwachs, Mandelöl, Menthol und Erd-nussöl.

Ohne Farbstoffe, ohne Konservierungsstoffe, ohne Parfumstoffe.

Page 39: Handlungsanleitung Wundmanagement - Spitex Luzern

Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 38

Ernährung 3.10.

Instrumente zur Beurteilung des Ernährungszustandes 3.10.1.

Nutrition Risk Score

Dieses Hilfsmittel ermöglicht ein rasches und einfaches Erfassen des Mangelernährungs-Risikos von Patienten und Patientinnen und zeigt die erforderlichen Massnahmen auf.

• Anhand der Einschätzungshilfe Nutrition Risk Score den aktuellen Zustand in Punkten er-fassen

• Je nach Punkteanzahl die entsprechende Massnahme einleiten

Erfassungsbogen des Mangelernährungs-Risikos

Dieses Assessment ist im Swing unter Risiken, Mangelernährung auszufüllen.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 39

Hilfe bei der Ernährungsberatung 3.10.2.

Ziel:

Ausgewogene Ernährung mit speziellem Augenmerk auf ausreichende Eiweissversorgung und Vitaminzufuhr.

Für die Wundheilung wichtige Nährstoffe:

Proteine: Fördern die Synthese von neuem Gewebe und Zellen des 3.10.3.Immunsystems

Fette und Kohlenhydrate: Verhindern, dass das Nahrungsprotein als Energielieferant ver-wendet wird

Fettsäuren: Fördern die Zellmembransynthese

Vitamin A: Verbessert zellvermittelte Immunität und Collagensynthese z.B. für Blut- und Lymphgefässe

Vitamin C: Antioxidans erhöht die Immunantwort

Vitamin K: Fördert die Blutgerinnung

Eisen: Sorgt für eine optimale Sauerstoffzufuhr des Gewebes

Zink: Verbessert die Zellbildung und Membranstabilisierung

Flüssigkeit: Hält den Hauttonus und die Durchblutung aufrecht

Ernährungsempfehlungen bei erhöhtem Eiweissbedarf:

• Der Klient sollte sich aus dem bestehenden Angebot diejenigen Speisen, welche ihm am meisten zusagen, aussuchen.

• Als Zwischenmahlzeiten sind Joghurt, Quark, Brot mit Käse, Creme und Früchte anzubie-ten

• Ausreichende Flüssigkeitszufuhr sicherstellen (Faustregel: täglich 30-40 ml pro kg Kör-pergewicht)

Abdecken des Eiweissbedarfs

Erforderliche Mengen bei gesunden Menschen 0,8 g./kg Körpergewicht und Tag, bei chroni-schen Wund-Klienten 1,2-1,5 g./kg

• Fleisch, Fisch

• Milch und Milchprodukte (z.B. Käse, Joghurt, Quark)

• Eier

• Tofu

Bei Appetitlosigkeit kann die Eiweisszufuhr auch durch halbe Essens-Portionen mit ergänzen-den Zwischenmahlzeiten sichergestellt werden.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 40

Bei Bedarf zusätzlich Ergänzungsnahrung in folgender Form empfehlen:

• 1-2 Tetrapack Fresubin energy / Resource Protein pro Tag

oder

• Resource Protein Instant Pulver

Bei einem geringen Appetit des Klienten ist auf Nahrungsmittel mit hohem Kalorienwert (Energie) zu achten. Eiweiss kann nur bei genügender Energiezufuhr als Eiweiss verwertet werden.

Wichtig:

Zusatznahrung nach oder zwischen und nicht kurz vor den Mahlzeiten trinken, da die Patien-ten ansonsten keinen Hunger mehr haben. Zusatzdrinks immer gekühlt servieren!

Trinknahrungssortiment

(Die folgenden Ausführungen sind als Beispiele zu verstehen)

Empfehlung zur erhöhten Energiezufuhr bei Patienten mit mittlerem und hohem Mangeler-nährungsrisiko:

Fresubin® protein ernergy Drink

2 x 200 ml Flaschen pro Tag, eine Flasche entspricht 300 kcal 20g Protein

Hochkalorische Trinknahrung, die bei Patienten mit in-takter Verdauungsfunktion eingesetzt werden kann.

Erhältlich in den Geschmacksrichtungen: Vanille, Cap-puccino, Waldbeeren

Kann bei Spitex Stadt Luzern bestellt werden

Indikationen:

Geriatrische Patienten, Mangeler-nährung, Erhöhter Energie- und Nährstoffbedarf, Dekubitus, Wundheilungsstörungen, Verbren-nungen, Rekonvaleszenz

Risikopatienten mit zusätzlichem Eiweissmangel und bei sehr grossem Eiweissdefizit oder Verbrauch:

Calshake®

1-3 Beutel gelöst in 240 ml Milch ca. 600 kcal 12 g Protein energiereiche Ergänzungsnahrung für Patien-ten mit bestehender oder drohender Mangelernäh-rung, normaler Verdauungsleistung, normaler Stoff-wechsellage

Erhältlich in den Geschmacksrichtungen:

Schoko und Neutral

Kann bei Spitex Stadt Luzern bestellt werden

Indikationen:

Mangelernährung, Mukoviszidose,

erhöhter Energiebedarf, Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Chronisch obstruktive Lungener-krankung (COPD)

Kontraindikationen:

grundsätzliche Kontraindikation der enteralen Ernährung wie Dünndarmatonie, Ileus,

Leberinsuffizienz, Niereninsuffizienz, akute Pankreatitis in Abhängigkeit vom Status.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 41

Kompressionstherapie 3.11.

Die Basismassnahme bei akuter oder chronischer venöser Insuffizienz ist die Kompressions-therapie. Sie wird vom Arzt verordnet bei venösen Ulcera und gemischt-venösen Ulcera mit genügender arterieller Durchblutung.

Ziel der Kompressionstherapie ist:

• Unterstützung des venösen Rückflusses und Entstauung

• Unterstützung des Kreislaufes

• Kausale Therapie des venösen Ulcus cruris

Abklärungen zur Kompressionstherapie

ABI (Ankle Brachial Pressure Index) oder KADI (Knöchel-Arm-Druck-Index)

Gibt an ob eine Kompressionstherapie möglich, bedingt möglich oder kontraindiziert ist.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 42

Anlegen eines Mehrlagen-Kompressionsverbandes 3.11.1.

Mehrlagenkompressionsverbände werden in der Ödemphase der Ulkusbehandlung eingesetzt. Nach der lokalen Wundversorgung werden eine Polsterlage und zum Teil mehrere Kompressi-onslagen verwendet. Dabei handelt es sich um Kurzzugmaterial, das einen hohen Arbeits-druck und geringen Ruhedruck aufweist. Somit können diese Verbände 2-3 Tage belassen werden.

• Der Druck ist am Vorderfuss am grössten (zirka 40 mm Hg) und nimmt kontinuierlich nach oben ab

• Der Fuss muss von Anfang an in einem 90-Grad-Winkel stehen

• Beim Wickeln erst Binde dehnen und dann anlegen und nicht nach dem Umwickeln des Beines „nachziehen“ (Vorsicht: Scherkräfte)

• Wickeln nach dem „Lauf“, das heisst, der Binde nicht eine Richtung geben wollen, sondern sie „einfach laufen lassen“

• Pro Unterschenkel mindestens zwei Binden verwenden

Mehrlagen-Kompressionsverband 3.11.2.

Unterpolsterung mit Polsterwatte:

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Modifizierte Doppelbindentechnik nach SIGG:

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 44

Modifizierte Doppelbindentechnik nach PÜTTER

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 45

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 46

Kontrolle:

Der Klient soll nach dem Anlegen des Kompressionsverbandes herumlaufen.

Visuell:

• Farbe der Zehen, eine momentane blau Verfärbung ist okay, bis der Klient sich beginnt zu bewegen

Taktil:

• Palpation entlang der Tibia, der Druck soll nach proximal hin abnehmen

• Temperatur der Zehen

Subjektiv / Verbal:

• Aussage des Klienten: „Eng“ ist in Ordnung, er darf allerdings kein Einschlafen oder Krib-beln der Zehen angeben

Verschiedene Bindentypen

Kurzzugbinden

Dehnung von zirka 30-90 %.

Kurzzugbinden ermöglichen durch ihre geringe Elastizität einen hohen Arbeitsdruck bei niedrigem Ruhedruck. Das heisst im Stehen / beim Laufen führt die geringe Dehnbarkeit zu einer Druckerhöhung, während im Liegen der Druck abnimmt (können Tag und Nacht ge-tragen werden). Je kürzer der Zug, umso besser ist die entstauende Wirkung beim Laufen und Bewegen.

Mittelzugbinden

Dehnung zirka 90-130%. Mittelzugbinden lassen sich einfacher als Kurzzugbinden abwickeln (kann ausgenützt werden, wenn Klient selber wickelt), haben aber einen kleineren Arbeits-druck und einen nicht zu unterschätzenden Ruhedruck (nachts ausziehen).

Langzugbinden

Dehnung zirka 130-200%. Sind vor allem für den Einsatz am mobilen Klienten nach Zerrun-gen, Verstauchungen usw. als unterstützende funktionelle Verbände geeignet.

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Zinkleimverband 3.11.3.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 48

(Staudinger 2006, S. 36-37)

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 49

Kompressionstherapie mit Kompressionsstrumpf 3.11.4.

Kompressionsstrümpfe Einteilung

(http://www.sigvaris.com/schweiz/de-ch/indikationen-und-druckbereiche)

Indikationen

CCL 1 (Kl 1)

18 - 21 mmHg

• Schwere und müde Beine

• Milde Varikose oder venöse Beschwerden in der Schwangerschaft

• Milde Varikose ohne oder mit leichtem Ödem

• Prophylaxe von Thrombosen und Lungenembolie bei immobilen Patienten

• Prophylaxe während der Reise (Economy Class Syndrom)

CCL 2 (Kl 2)

23 - 32 mmHg

• Varikose oder venöse Beschwerden in der Schwangerschaft

• Ausgeprägte Varikose mit Ödem

• Nach oberflächlicher und tiefer Thrombophlebitis

• Verödung, endovenöse thermische Therapie oder Operation von Varizen

• Chronische Venöse Insuffizienz (CVI)

• Prophylaxe des Ulcus cruris Rezidivs

• Prävention von Thrombophlebitis, Thrombosen und Ödemen

• Postthrombotisches Syndrom (PTS)

• Posttraumatische Ödeme

CCL 3 (Kl 3)

34 - 46 mmHg

• Ausgeprägte Varikose mit Ödem

• Ausgeprägte Chronische Venöse Insuffizienz (CVI)

• Ausgeprägtes Postthrombotisches Syndrom (PTS)

• Ulcus cruris venosum

• Ausgeprägtes Posttraumatisches Ödem

• Lymphödem

CCL 4 (Kl 4)

≥49 mmHg

• Sehr schwere Chronische Venöse Insuffizienz (CVI)

• Sehr schweres Postthrombotisches Syndrom (PTS)

• Ausgeprägtes Lymphödem

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Durch das Komprimieren der Beine wird der venöse Rückfluss unterstützt, dies vermindert den Überdruck in den Venen und verhindert eine Stauung und Schädigung der Venenwände.

Die Klientin muss vor dem Anziehen der Kompressionsstrümpfe mindestens 10 - 30 Min. lie-gen. Die Kompressionsstrümpfe müssen für jeden Klienten individuell angepasst sein.

Kompressionsstrümpfe sind für jeden Klienten individuell anzupassen und vor dem zu Bett gehen auszuziehen.

Ulcusstrümpfe:

Haben je nach dem eine Kompressionsstärke zwischen 34–39 mmHg oder 40–46 mmHg.

Der Strumpf besteht aus einem Unterstrümpf KL 1 und einem Oberstrumpf KL 2-3 mit unter-schiedlich starker Kompression, die einen niedrigeren bzw. höheren therapeutischen Druck bewirken. Die Sets sind entsprechend ihres Maximaldrucks gekennzeichnet (39 mmHg bzw. 46 mmHg) und ermöglichen eine Behandlung ausgerichtet nach Schwere des Krankheitsbil-des, Heilungstendenz und persönlicher Akzeptanz des Patienten. Nachts zieht man nur den Oberstrumpf aus.

Die Krankenkasse bezahlt jährlich 2 Paar Kompressionsstrümpfe ab KL 2.

Weitere Informationen siehe in der Broschüre für Klienten:„ Anleitung Mehrlagenkompressi-onsverband und Kompressionsstrümpfe“, zu finden im Intranet unter Broschüren.

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Umsetzung Behandlung der Wunden bei Spitex Stadt Luzern 4.

Wunddokumentation / Wundassessment 4.1.

Grundlage:

Die Wunde soll bei jedem Verbandswechsel umfassend und sorgfältig beurteilt werden, um eine genaue Wunddokumentation durchführen zu können. Eine Wundbeurteilung ist unerläss-lich, um eine erfolgreiche Wundbehandlung, mit den richtigen Wundmaterialen durchführen zu können. Um eine Kontinuität in der Behandlung zu erzielen, ist eine klare Wunddokumen-tation und PPL mit Einbezug des Klienten und der Angehörigen nötig, nur dies führt zum Er-folg. Wundassessment: Ist die Beschreibung der lokalen Wundsituation anhand vorgegebener

Paramater, wie z.B. Grösse, Tiefe, Exsudat usw.

Wundanamnese: Sie erfasst alle systemischen Aspekte, die für die Wundheilung aus medi-

zinischer und pflegerischer Sicht relevant sind. Bei der Pflegeanamnese erfragen die Pflege-

fachfrau oder der Pflegefachmann, wie der Patient subjektiv seine Wunde erlebt und deren

Auswirkungen auf den Alltag. Daraus wird die PPL abgeleitet.

Wunddokumentation: Diese umfasst das schriftliche Dokumentieren der Ergebnisse des

Wundassessments und der Wundanamnese.

Wundbeurteilung und Monitoring: Eine Wundbeurteilung ist ein strukturiertes Erfassen

von relevanten Kriterien inkl. Foto, die den Ist-Zustand einer Wunde und ihrer Umgebung be-

schreiben und somit eine Beurteilung der Wundheilung ermöglichen.

Monitoring bedeutet die Überwachung der Wundheilung auf Wundveränderungen und uner-

wünschte lokale und systemische Wirkungen und Ereignisse während der durchgeführten

Therapie (Panfil & Schröder, 2015, S. 171).

Ziel:

Die Wunde wird richtig beurteilt, eine Wunddiagnose ist vorhanden. Es besteht eine individu-elle Pflegeplanung mit Wunddokumentation und der Klient ist über diese Einschätzung infor-miert.

Massnamen:

Allgemein:

• Die Wundbeurteilung wird alle 3-4 Wochen von den Wundfachverantwortlichen inkl. Foto durchgeführt.

• Das Monitoring wird pro Verbandwechsel von allen MA durchgeführt.

• Bei akuter Verschlechterung einer Wundsituation wird eine sofortige Wundbeurteilung vorgenommen.

• Bei akuten Wunden wird ein Wunddokumentation geführt, wenn die Wunde grösser als ein „Fünflieber“ oder tiefer als 0.5cm ist

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 52

• Bei chronischen Wunden wird immer ein Wunddokumentation geführt

• Pro Wunde ist eine Dokumentation zu führen (Ausnahme, verschiedene kleine Wunden unter dem gleichen Wundverband)

• Die Beurteilung der Wunde findet immer nach der Nassphase statt (Ausnahme, die Beur-teilung des Exsudats und des Geruchs, bei Entfernung des alten Verbandes)

• Die Wunde wird nach der Nass-/Trockenphase fotografiert

• Messtreifen am Wundrand in der Länge und Breite mit den Personalien des Klienten, Lo-kalisation der Wunde, Datum und Kürzel der MA

• Entfernung ca. 30cm, dass Wunde und Wundrand scharf abgelichtet sind

Ausmessen der Wunde:

Ausdehnung mit dem Massband an Wundrand in der Länge und Breite (Länge bezieht sich immer auf die Körperlängsachse, Breite bezieht sich auf die Körper Querachse).

Tiefe mit Pinzette, Wattestäbli Rückseite oder Spülkatheter messen.

Volumenmessung (in ausgewählten Fällen, bei tiefen zerklüftete Wunden).

Vorgehen: Wunde mit Opsite® oder Tegaderm®-Folie abkleben, NaCl 0,9% durch die Folie injizieren. Das Volumen der injizierten Flüssigkeit entspricht dem Volumen der Wunde.

Beim Fotografieren zu beachten:

• steriles Abdeckvlies als Unterlage verwenden

• mit Blitz fotografieren

• immer den gleichen Bildausschnitt wählen, das letzte Foto dazu zu Hilfe nehmen.

Häufigkeit:

• Wundmonitoring ohne Foto wird pro Verbandwechsel durchgeführt

• Die Wundbeurteilung mit Fotografie, wird bei der Wundanamnese, nach Débridement, nach gravierenden Veränderungen der Wundesituation oder bei gleichbleibender Therapie regelmässig alle 3-4 Wochen vorgenommen

Es werden folgende Wund-Parameter beim Wundassessment und Wundbeurteilung erfasst:

• medizinische Wunddiagnose oder Wundart

• Wunddauer

• Rezidive

• Wundlokalisation

• Grösse

• Wundgrund oder Wundbeschaffenheit

• Exsudat

• Geruch

• Wundrand

• Wundumgebung

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 53

• Infektionszeichen und

• Schmerzen

Beim Monitoring werden folgende Kriterien beurteilt:

• Exsudation

• Geruch

• Schmerzen

• Infektionszeichen

• Und sonstige Wundheilungs beeinflussenden Faktoren

Siehe dazu das Wundprotokoll im Klienten-Programm Swing.

Austritt/Übertritt:

Bei Austritt oder Verlegung des Klienten wird eine Kopie der Wunddokumentation mit Farbfo-tos den weiterbehandelnden Personen zur Verfügung gestellt.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 54

Medizinische Diagnose / Wundanamnese 4.2.

Grundlage:

Chronische Wundklienten leiden meist an einem Dekubitus, Ulcus cruris, diabetischen Fuss-syndrom oder haben eine nicht mehr heilende Tumorwunde. Verschiedene Faktoren können die Wundheilung beeinflussen, darum beinhaltet eine ganzheitliche Wundbehandlung nicht nur die Wundpflege, sondern auch Massnahmen entsprechend der Grunderkrankung z.B. eine Druckentlastung, Kompression, Bewegung oder in der palliativen Wundpflege, eine Symp-tombehandlung zur Lebensqualitätsverbesserung.

Wundanamnese:

Sie erfasst alle systemischen Aspekte, die für die Wundheilung aus medizinischer und pflege-rischer Sicht relevant sind. Bei der Pflegeanamnese erfragt die Pflegefachfrau das subjektive Erleben des Patienten mit seiner Wunde und deren Auswirkungen in seinem Alltag. Daraus wird die Pflegeplanung (PPL) abgeleitet. (Panfil & Schröder, 2015, S. 173)

Ziel:

Die medizinische Diagnose / Grundkrankheit wird massgeblich in die Wundpflege miteinbezo-gen. Verschiedene Faktoren die die Wundheilung behindern können sind reduziert, die Wund-umgebung bleibt erhalten.

Massnahmen:

Ulcus cruris venosum:

Ist die schwerste Form einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI), es kommt im pathologisch veränderten Gewebe zu einem Substanzdefekt, Ulcus. Gemäss Stadien Einteilung nach Wid-mer entspricht dies dem Stadium 3. Die Kompression inkl. Bewegung gehört darum zu einer ganzheitlichen Wundbehandlung. Ziel einer korrekten Kompression ist den venösen Rückfluss zu gewährleisten. Dies bewirkt man mittels Kurzzugbinden mit einem hohen Arbeitsdruck und einem niedrigen Ruhedruck.

Stadieneinteilung nach Widmer:

Stadium 1:

• besenreisserartige Venen, im Halbmond um die Knöchel und oberhalb des Fussgewölbes angeordnet (Corona phlebetatica)

• Ödembildung im Knöchelbereich und prätibial

Stadium 2:

• Hyperpigmentierte Haut Hämosiderose und Purpura der Haut im Unterschenkelbereich, Unterschenkelödem, Dermatoliposklerose (Hautverhärtung) Atrophie blanche.

• Stauungsekzem

Stadium 3:

• manifestiert sich als florides (blühendes) oder abgeheiltes Ulcus cruris venosum.

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Ulcus cruris arteriosum:

Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankeit (PAVK), kommt es zum Substanzdefekt der Haut infolge einer verminderten Durchblutung, durch eine Arteriosklerose (Gefässverkalkung) verursacht. Hier gehört eine Minimierung oder Einstellung der Risikofaktoren, wie Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Rauchen und Diabetes melitus, mit dazu. Zur Therapie gehören zusätzlich genügend Bewegung und evtl. ein operativer Eingriff.

Stadieneinteilung nach Fontaine:

Stadium 1 symptomlos, eventuell leichte Ermüdbarkeit beim Gehen

Stadium 2a ab einer Gehstrecke von 200 m setzen Schmerzen ein

Stadium 2b Schmerzen bei Gehstrecke unter 200 m

Stadium 3 Ruheschmerz

Stadium 4 Dauerschmerz, Ulcus, Nekrose, Gangrän

Diabetisches Fusssyndrom:

Das diabetische Fusssyndrom besteht aus einer Polyneuropathie und einer peripheren arteri-ellen Verschlusskrankheit, infolge des Diabetes. Zur Therapie gehört hier die Einstellung des Blutzuckers, wie eine Druckentlastung der Füsse durch Spezialschuhe. Zusätzlich sollte auch eine Revaskularisierung berücksichtig werden. Ein interdisziplinäres Vorgehen mit zusätzli-cher Patientenedukation kann ein Amputations-Risiko senken.

Stadieneinteilung nach Wagner/Amstrong

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Dekubitus:

Definition seit 2014 von European Pressure Ulcer Advisory Panel, EPUAP (Europäischer Deku-bitusausschuss) und National Pressure Ulcer Advisory Panel, NPUAP (Nationaler Dekubitus-ausschuss in den USA):

„Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes, in der Regel über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder Druck in Kom-bination mit Schärkräften. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche tatsächlich oder mutmasslich mit Dekubitus assoziiert sind; deren Bedeutung ist aber noch zu klären.“

Die Therapie besteht darin mit einer guten Dekubitus-Prophylaxe eine Druckreduzierung und eine Förderung der Eigenbewegung zu erzielen.

Stadieneinteilung nach EPUAP:

Grad 1: Nicht wegdrückbare Rötung

Grad 2: Teilverlust der Haut

Grad 3: Verlust der Haut

Grad 4: vollständiger Haut oder Gewebeverlust

Siehe auch S. 14

Tumor Wunden:

Definition der British Columbia Cancer Agency: „Maligne Läsion der Haut, verursacht durch einen primären Hauttumor, einer Hautmetastase eines anderen primären Tumors oder der Durchbruch eines Tumors aus untenliegenden Gewebeschichten“.

Die Versorgung der Wunde konzentriert sich auf die Erhaltung der bestmöglichen Lebensqua-lität.

„ Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“

(Cicely Saunders)

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Wundbehandlung akute Wunde 4.3.

Grundlage:

Adaptierte Wundränder verkleben rasch miteinander und sind nach 24 bis 48 Stunden für Bak-terien und Wasser undurchlässig. Die Reissfestigkeit ist jedoch noch gering.

Ziele:

Ungestörter Wundheilungsverlauf.

Der Verband bietet einen hohen Komfort und möglichst schmerzlose Verbandwechsel.

Massnahmen:

Wundnaht

Wundnaht ohne klinische Infektionszeichen:

Eine reizlose, trockene Wundnaht muss nach 48 Stunden nicht mehr zwingend verbunden wer-den. Eine Desinfektion ist nicht mehr nötig. Bei Bedarf Wundschnellverband (z.B. Curaplast®). Folienverband (z.B. OpSite®) kann bis zur Nahtentfernung belassen werden, wenn er dicht schliesst und sich keine feuchte Kammer bildet.

Duschen:

Nach 48 Stunden postoperativ ist Duschen bei einer trockenen, adaptierten Wundnaht unbe-denklich.

Wundnaht mit nässenden Stellen:

Desinfektion mit Octenisept® , steriler Verband mit PostOp® Folie.

Drainagen

Suprapubischer Kath, Cystofix :

• Desinfektion mit Octenisept®, eingeschnittener Tupfer Metallin®, OpSite-Folie® i/v 3000, steril. VW 2 mal wöchentlich oder bei Bedarf, falls Einstichstelle gereizt ist, bei reizloser Einstichstelle einmal wöchentlich VW

PEG Sonde:

• Desinfektion mit Kodan®, restlicher Verband wie oben

Duschen:

• Mit Folienverband möglich

Fixateur extern, Kirschner Draht:

Krusten:

• Krusten um Fixateurstäbe entfernen evtl. Wasserstoffperoxyd dazu verwenden, mit NaCl nachreinigen

• Desinfektion mit Octenisept®

• Locker aufgeschüttelte Gazen von einer Seite einführen und auflegen, mit Acrylwatte fixie-ren

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Um Pin-Eintrittsstellen:

• Keine Fettgazen, diese können den Exsudat Abfluss behindern

Schürfungen

Stark nässende Schürfungen:

• Reinigung: Nass-/Trockenphase mit Prontosan®, bei Bedarf abdecken mit einem Mepilex transfer® kann bis zu 7 Tage auf der Wunde belassen werden, es werden nur die Longuetten darüber nach Bedarf gewechselt

Schürfungen mit mässiger Exsudation:

• Reinigung: Nass- Trockenphase mit Prontosan®, bei Bedarf Melgisorb® (Alginat) oder Aquacel® (Hydrofaser) trocken auflegen, abdecken mit OpSite® Folie

Schlecht heilende, trockene Schürfungen:

• Reinigung: Nass-/Trockenphase mit Prontosan®, bei Bedarf Prontosangel® auf die Krusten, abdecken mit Mepilex Border®

Oberflächlich, trockene Schürfungen:

• Trockene Wundbehandlung

Eine Desinfektion ist nur bei der Erstbehandlung der Wunde nötig, dazu wird Octenisept® ver-wendet.

Tiefe Schürfungen sind mit feuchten, nicht verklebenden Verbänden zu versorgen, Gazen nie direkt auf Schürfungen.

Achtung:

Schürfungen sind häufig sehr schmerzhaft. Reinigungsverfahren und Verband sollen auf diesen Umstand abgestimmt sein!

Verbrennungen

Grad 1 Verbrennungen, Grad 2a Verbrennungen:

• In den ersten 48-72 Stunden Salbenverbände mit Flammazine® oder Ialugen plus®, Melo-lin® und Gazekompressen

• Verbrennungen sind sehr infektanfällig

• Keine okklusiven Verbände mit Varihesive® in den ersten 72 Std. nach der Verbrennung.

• Ialugen plus und Flammazine® bei Verbrennung nicht im Gesicht verwenden (Schwarze Verfärbung)

• Blasen sollen eröffnet werden

Verbrennungen Grad 2b:

• Gehören ins Spital zur Behandlung

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Thiersch Entnahmestelle

Nässend:

• Aquacel® abdecken mit OpSite® Folie oder Mepilex transfer® abdecken mit Longuetten oder Absorber

Epithelisierte Entnahmestelle:

• Hautpflege mit Nutrient Cream®

Das Antrocknen lassen von Fettgaze und Mullgaze ist schmerzhaft und verzögert in den meis-ten Fällen die Heilung.

Thiersch

Nässend:

• Aquacel® und OpSite® Folie oder Mepilex transfer® abdecken mit Longuetten oder Absor-ber

Epithelisierter Thiersch:

• Hautpflege mit Nutrient Cream®

Easyflow, Penrose, Gummidrain

Wechsel des Drainagebeutels:

• Desinfektion der Eintrittsstelle mit Octenisept®, sorgfältiges trocknen der Klebefläche (evtl. Rasur), anbringen des neuen, zugeschnittenen Drainagebeutels, eventuell Ableitung an-schliessen

Kürzen der Drainage: Wird meist auf ärztliche Verordnung nach 24 – 48 Stunden gekürzt oder gezogen.

Vorgehen:

• Händedesinfektion

• Verband / Beutel entfernen mit unsterilem Handschuh

• Austrittsstelle mit Octenisept® desinfizieren (mit Tupfer und steriler Pinzette)

• Drain mit steriler Pinzette oder sterilen Handschuhen auf gewünschte Länge herausziehen

• Sterile Sicherheitsnadel ½ cm oberhalb des Wundrandes durch den Drain stechen (beste-hende Sicherheitsnadel erst nach Fixierung der neuen Sicherheitsnadel entfernen oder mit Drain abschneiden)

• Exsudatdrain bis auf 2 – 3 cm oberhalb Wunde abtrennen

• Austrittsstelle und Wundumgebung desinfizieren (durch den Röntgenstreifen)

• Drain und Sicherheitsnadel mit steriler Pinzette in Adhäsivbeutel einführen und diesen fixie-ren; Adhäsivbeutelöffnung muss evtl. vergrössert werden

Nach Entfernen des Drains:

• Desinfektion mit Octenisept®, Verband für mindestens 48 Stunden belassen, anschliessend je nach Bedarf mit PostOp® abdecken

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Achtung:

• Beim Verbinden der Drainage muss sorgfältig und aseptisch vorgegangen werden • Die Drainage muss dicht und rutschfest fixiert werden

Sobald der Drain vom original abgeleiteten System getrennt wird (mit oder ohne Kürzen des Drains) muss eine sterile Sicherheitsnadel angebracht werden

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Wundbehandlung chronische Wunde 4.4.

Grundlage:

Wunden werden dann als chronisch bezeichnet, wenn sie innerhalb von 4 bis 12 Wochen nach Wundentstehung trotz konsequenter Therapie keine Heilungstendenzen zeigen (Expertenstandard, DNQP, 2015).

Kommt es zu Komplikationen bei akuten Wunden, wie z. B. Wundinfektion, dann heilt die Wunde nicht mehr nach dem Schema der primären Heilung, sondern wird sekundär heilen und wird dadurch zu einer chronischen Wunde (Panfil & Schröder, 2015).

Eine unzureichende Wundbehandlung kann für die KL gravierende Folgen haben (Schmerzen, In-fektionen, Verzögerung der Heilung und die damit verbundenen Komplikationen), dadurch kann es zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität kommen. Durch ein adäquates Wundmanagement und eine individuelle Pflegeplanung tragen Pflegefachpersonen massgeblich dazu bei, die Hei-lungschancen zu verbessern.

Ziel:

Der Klient erhält eine Wundversorgung, welche auf die Wundart und seinen Bedürfnissen ange-passt ist und auf aktuellem Wissen, Erfahrung der Fachpersonen und wirtschaftlichen Anforderun-gen basiert.

Massnahmen:

Bei nekrotischen Wun-de:

Trockene Nekrose

Werden trocken behandelt,

so lange sie trocken sind.

Alle zwei Tage Kontrolle.

Trockene Nekrosen an Zehen und Fersen werden auch

Mumifikation genannt. Hier er-folgt evtl. eine

Autoamputation.

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Feuchte Nekrose

Mechanisch entfernen mit Schere, Ringcurette oder Pin-zette, dies wird nur durch die Wundexpertin oder durch in-struiertes Personal ausgeführt.

Kleine Nekrosen Anteile kön-nen autolytisch entfernt wer-den, je nach Feuchtigkeit der Wunde mit Gel, Alginat oder Semiokklusiven Wundabde-ckungen.

Feuchte infizierte Nekrose, Gangrän, sollte ein chirurgi-sches Débridement durchge-führt werden, KL gehört ins Spital.

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Bei fibrinös belegten Wunden:

Fibrinbelag

Der Fibrinbelag aus Wunde entfernen, autolytisch (mit Wundfüllern und Wundabde-ckungen) oder mittels Wund-reinigung mit Ringcurette oder Pinzette. Schmierige Beläge müssen entfernt werden.

Trockene Wunde:

Feuchtigkeit zuführen,

Gel oder Honig (Schmerzsitua-tion berücksichtigen), Wund-abdeckung mit Schaumstoff.

Feuchte Wunde: Feuchtigkeit erhalten, mit z.B.

Wundfüller Alginat, Wundabde-ckung mit Schaumstoff.

Nasse Wunde: Feuchtigkeit entziehen, mit z.B.

Alginat, Wundabdeckung Su-perabsorber.

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Bei granulierende Wunden:

Granulation

Erhaltung eines idealen, feuchtwarmen Klimas. Das Granulation Gewebe muss ge-schützt werden, damit die

Epitelisierung gewährleistet ist.

Trockene Wunde:

Feuchtigkeit zuführen,

Gel oder Honig, Wundabde-ckung mit Schaumstoff.

Feuchte Wunde:

Feuchtigkeit erhalten,

Hydrofaser, Wundabdeckung mit Schaumstoff, evtl. Super-absorber.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 65

Bei epitelisierende Wunden:

Epithelisation

Erhalten und schützen des Epithelgewebes,

keine Manipulation in der Wunde, Epithelgewebe schüt-zen mit Wundabdeckung Schaumstoff, dünn.

Nach der totalen Epithelisie-rung, Narbengewebe pflegen, mit Hautpflegeprodukt w/o.

Wundbehandlung kontaminierte Wunde 4.5.

Grundlage:

Eine Kontamination bedeutet, dass die Wunde nicht steril ist, sie hat Keime, aber sie vermeh-ren sich nicht.

Ziel:

Verhinderung der Keimvermehrung und dadurch Heilung der Wunde.

Massnahmen:

• Wundreinigung mit NaCl 0,9% Lösung oder Prontosan®

• Keine antiseptische Wundbehandlung

• Wundfüller / Wundabdeckung je nach Wundsituation wählen, siehe auch Anhang Algorith-mus

• Die kausale Therapie wie Druckentlastung, Kompressionsbandage, Diabetes Einstellung usw. ist von entscheidender Bedeutung

• Verbandwechsel 1-2 wöchentlich, je nach Wundsituation

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 66

Wundbehandlung kolonisierte Wunde 4.6.

Grundlage:

Es sind Mikroorganismen vorhanden, die sich vermehren, diese wirken aber nicht auf die Wundheilung ein.

Ziel:

Die Wunde heilt ohne Komplikation zu.

Massnahmen:

• Wundreinigung mit einer Nass-/Trockenphase, mit NaCl 0,9% Lösung oder Prontosan®

• Keine antiseptische Wundbehandlung nötig

• Wundfüller / Wundabdeckungen je nach Wundsituation wählen, siehe auch Algorithmus der Wundbehandlung chronische Wunde (Anhang)

• Die kausale Therapie wie Druckentlastung, Kompressionsbandage, Diabetes Einstellung usw. ist von entscheidender Bedeutung

• Verbandswechsel 1-3 mal wöchentlich nötig, je nach Exsudat aufkommen

Wundbehandlung kritisch kolonisierte Wunde oder Biofilmbesiedlung 4.7.

Grundlage:

Es ist eine starke Vermehrung der Mikroorganismen vorhanden, diese führen zu einer Wund-heilungs-Stagnation, die Infekt Zeichen fehlen jedoch.

Biofilme sind eine von Bakterien und Pilzen gebildete mikrobielle Lebensgemeinschaft, die in einer schleimartigen, schützenden Matrix eingebettet sind und so an Oberflächen anhaften.

Ziel:

Die Keimvermehrung wird eingeschränkt und reduziert um eine Infektion zu verhindern und die Wundheilung zu fördern.

Massnahmen:

• Antiseptische Wundbehandlung, Nass-/ Tockenphase z.B. mit Prontosan® oder Oc-tenisept® zusätzliche Reinigung mit Tupfer oder evtl. mit Curette nötig (GCP)

• Antiseptische Wundfüller, z.B. Prontosan Gel®, Honig®, Wundabdeckungen je nach Wund-situation wählen, z.B. wie Superabsorber

• Wundöffnung gewährleisten, Wundhöhle nicht vollkommen ausstopfen (Retentionsgefahr) Kritisch kolonisierte Wunden sind abhängig von der Art, Pathogenität und Virulenz des Er-regers, es kann auch ein Biofilm vorhanden sein

• Die Behandlung des Biofilms kann verschieden erfolgen. Man kann durch starkes Auswi-schen in der Wunde den Biofilm zu reduzieren versuchen. Oft reicht dies nicht, so dass ein Débridement mit einer Ringcurette vorgenommen werden muss

• Den Wirkstoffen Polyhexanid und Betain (im Prontosan® enthalten) wird eine gute Wirkung gegen Biofilm nachgesagt (GCP)

• Verbandswechsel alle 2 Tage bis einmal täglich nötig

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Wundbehandlung Infekt Wunde 4.8.

Grundlage:

Eine Wundinfektion ist eine klinische Diagnose und hat typische die Infektionszeichen, wie Rö-tung, Schwellung, Überwärmung, Schmerz und Funktionseinschränkung.

Ziel:

Der Infekt wird falls nötig systemisch mit Antibiotika behandelt. Es werden keine lokalen Anti-biotika verwendet, dies führt zu Resistenzbildung und/oder Allergien.

Massnahmen:

• Antiseptische Wundbehandlung, Nass-/ Tockenphase z.B. mit Octenisept® zusätzliche Rei-nigung mit Tupfer oder evtl. mit Curette nötig (GCP)

• Antiseptische Wundfüller, z.B. Prontosan Gel®, Honig®, Wundabdeckungen je nach Wund-situation wählen, z.B. Superabsorber

• Wundöffnung gewährleisten, Wundhöhle nicht vollkommen ausstopfen (Retentionsgefahr)

• Je nach Schweregrad der Infektion systemische Antibiotika nötig

• Verbandswechsel evtl. tgl. nötig

Wundbehandlung übelriechende Wunde 4.9.

Grundlage:

Gangränöse Wunden verursachen eine starke Geruchsbildung durch Absterben der Zellen oder durch eine Infektion, Keimbesiedelung.

Der Geruch bei Tumorwunden entsteht durch den Zerfall des Gewebes und durch anaerobe Bakterien und Protozoen. Es leiden nicht nur die KL unter diesem Geruch, sondern auch die Angehörigen und es führt zu einer Einschränkung der Lebensqualität.

Ziel:

Der Wundgeruch wird eingeschränkt und behoben, damit eine bestmögliche Lebensqualität für den KL erreicht werden kann.

Massnahmen:

• Wundreinigung: Nass-/Tockenphase mit Octenisept® oder Prontosan® • Wunddébridement bei feuchten Gangrän (durch Arzt)

Symptomatische Behandlung bei palliativen Wundsituationen:

• Rozex® Gel oder Flagyl® (Wirkstoff: Metronidazol) der Wirkstoff richtet sich speziell gegen Protozoen und Anaerobier

• Flagyl Tbl. werden gemörsert und mit neutralem Gel gemischt oder trocken auf Wunde gestreut, falls Wunde sehr nässend ist

• Abdecken mit Superabsorber, Mextra® und mit Folie oder Mefix befestigen Zusätzlich kann auch im Raum mit geruchsbindende Massnahmen gearbeitet werden:

• Catsan • Rasierschaum in einer Schüssel mit Wasser • Kaffee • Verschiedene Raum-Essenzen verwenden

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• Den Wundverband mit Chlorophyll Flüssigkeit beträufeln oder Chlorophyll direkt per os einnehmen

Nassphase und Trockenphase 4.10.

Jede Wunde wird mit einer Nassphase gereinigt.

Nach dem Entfernen des alten Verbandes wird eine Grobreinigung durchgeführt, um Rück-stände des alten Verbandes zu entfernen.

• Es werden zwei Lagen nasse Longuetten zirkulär um die Wunde gewickelt

• Darüber kommt eine trockene Longuette

• Der Umschlag wird mit einem Netzverband fixiert, damit ein möglichst enger und direkter Kontakt mit dem Wundgrund und Wundumgebung gewährleistet ist

• Die Nassphase sollte mindestens 10-15 Min. dauern. Liegt eine kritische Kolonisation

oder Infektion vor, wäre eine längere Einwirkungszeit von Vorteil. Je länger eine

Wundantiseptikum auf die Wundoberfläche wirken kann, desto grösser ist die Keimreduk-tion

• Die Trockenphase ist deutlich kürzer, ca. 5 Min. Kann aber auch variiert werden. Wenn eine sehr nasse Wundsituation vorhanden ist, macht es Sinn die Trockenphase zu verlän-gern. Die Trockenphase dient dazu überschüssige Feuchtigkeit aufzunehmen und die Wundumgebung auf den nachfolgenden Semiokklusivverband vorzubereiten

• Aus Zeitgründen kann die Trockenphase weggelassen werden, wenn nach der Nassphase die Wunde eine zusätzliche Wundreinigung benötigt

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Schematische Darstellung der Nass- / Trockenphase nach Gerhard Kammerlander

Lagenaufbau eines Umschlags für die Nass-Trocken-Phase

Eindringen der Flüssigkeit aus dem Umschlag, findet in den ersten 5-10 Min. statt.

Beginn der Abdunstung, diese findet im weiteren Verlauf von 10-15 Min. statt. Durch die Körperwärme gibt es eine Verdunstung der Flüssigkeit.

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Das führt dazu, dass sich immer mehr Gewebe- und Zelltrümmer lösen und sich im Um-schlag ansammeln.

Aufnahme überschüssiger Feuchtigkeit in die trockenen Kompressen. Dauer 5 Min.

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 71

Abkürzungsverzeichnis 5.

COPD Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

DGfW Deutsche Gesellschaft für Wundheilung

DNQP Deutesches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege

EPUAP European Pressure Ulcer Advisory Panel

GCP Good Clinical Practice

MA Mitarbeiterin / Mitarbeiter

MiGeL Mittel- und Gegenstände-Liste

MRSA Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus

MVTR Moisture vapor transmission rate (Wasserdampf Durchlässigkeit)

NPUAP National Pressure Ulcer Advisory Panel

PAVK Periphere arterielle Verschlusskrankheit

PPL Pflegeplanung

SL Spezialitätenliste

V.A.C. Vacuum Assisted Closure

VVS Vakuumversiegelung

WHO World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation)

W/O Wasser in Öl (=viel Öl in wenig Wasser)

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Handlungsanleitung Wundmanagement, Spitex Stadt Luzern 72

Literatur 6. Assmussen P. & Söllner B. (2004). Kompressionstherapie Prinzipien und Praxis. München:

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AWMF, Arbeitsgesellschaft der Wissenschaflichen Medizinischen Fachgesellschaft. (2010). Typ-2-Diabetes, Prävention und Behandlungsstrategien für Fusskomplikationen. Von http://www.awmf.org/leitlinien.html abgerufen

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De Gruyter. (2007). Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch (261. Ausg.). Berlin: Walter de Gruyter GmbH.

DGfW, Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und und Wundbehandlung. (2012). S3-Leitlinie, Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken PAVK, Diabetes mellitus, CVI. Von http://www.awmf.org/leitlinien.html. abgerufen

DNQP, Deutesches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege. (2015). Der Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden 1. Aktualisierung. Osnarbrück: Hochschule Osnarbrück.

EPUAP u. NPUAP, National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory. (2014). Prävention und Behandlung von Dekubitus:Kurzfassung der Leitlinie. Von http://www.epuap.org/guidelines-2014/German_Quick%20Reference%20Guide.pdf abgerufen

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EWMA; Europan Wound Management Association. (2004). Positionsdokumnet: Wound Bed Preperation in Practice. London : EWMA.

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Kammerlander G., Eberlein T., Asmussen P., Brunner U., Andriessen A., Zimpfer F. (2005). Nass- Trocken- Phase. Journal of Wound Care, S. 262-267.

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Anhang 7.

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