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Handout zum Thema “Stress in Organisationen: Prävention und Intervention” im Rahmen der Veranstaltung „Personalentwicklung“ von Cristina Neumann- Moasa und Julia Wurster 30. Juni 2009 Universität Hohenheim Institut für Sozialwissenschaften Prof. Dr. Heinz Schuler Dozent: Dr. Patrick Mussel Sommersemester 2009

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Handout zum Thema

“Stress in Organisationen:

Prävention und Intervention”

im Rahmen der Veranstaltung

„Personalentwicklung“

von Cristina Neumann- Moasa

und Julia Wurster

30. Juni 2009

Universität Hohenheim

Institut für Sozialwissenschaften

Prof. Dr. Heinz Schuler

Dozent: Dr. Patrick Mussel

Sommersemester 2009

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Inhaltsverzeichnis

1. Der Begriff Stress ................................................................................................. 1

1.1 Definitionen von Stress .................................................................................. 1

1.2 Belastungs- und Stressfaktoren ..................................................................... 2

1.3 Das transaktionale Stressmodell ................................................................... 4

1.4 Ursachen von Stress ..................................................................................... 5

1.5 Folgen von Stress .......................................................................................... 5

2. Stress und Ressourcen ........................................................................................ 6

2.1 Gesundheit und Ressourcen ......................................................................... 6

2.2 Arten von Ressourcen ................................................................................... 6

2.3 Konzept der Ressourcenerweiterung ............................................................. 7

2.4 Burnoutforschung (Hofboll & Freddy, 1993)................................................... 7

3. Regulationsmöglichkeiten von Stress ................................................................... 8

3.1 Individuelle Maßnahmen zur Stressbewältigung ............................................ 8

3.2 Organisationale Maßnahmen zur Stressbewältigung .................................... 9

3.3 Prävention und Intervention am Beispiel Alkohol ......................................... 12

4. Evaluation........................................................................................................... 12

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Stress in Organisationen: Prävention und Intervention 1

1. Der Begriff Stress

Ist Stress ein Modewort? Das Seminar versucht den Begriff Stress sowohl

aus der Sicht des Individuums als auch aus der Sicht der Organisationen zu

beleuchten. Die wesentlichen Aspekte dieses Phänomens werden erarbeitet

sowie die Ursachen, Auswirkungen und Maßnahmen die man zur Bewälti-

gung ergreifen kann, sollen aufgezeigt werden.

1.1 Definitionen von Stress

In der Arbeitswelt hat sich ein Rahmenkonzept durchgesetzt, welches zwi-

schen den Begriffen Belastung, Beanspruchung und die Folgen aus den bei-

den unterscheidet. Unter Belastung werden objektive, von außen auf den

Organismus einwirkende Größen und Faktoren, wie beispielsweise Lärm,

Hitze oder Informationsflut verstanden. Die Beanspruchung ist die Auswir-

kung der Belastung auf den Organismus, EN ISO 10075-1 definiert die psy-

chische Beanspruchung als „die individuelle, zeitlich unmittelbare und kurz-

fristige Auswirkung der psychischen Belastung im Menschen in Abhängigkeit

von seinen individuellen Voraussetzungen und seinen Zustand.“

Durch diese Unterscheidung wird deutlich gemacht, dass bei gleicher Belas-

tung, wie zum Beispiel Zeitdruck oder Informationsflut, die Beanspruchung

für unterschiedliche Individuen verschieden ist und es zu positiven und nega-

tiven Folgen für sie führen kann. In der Literatur werden die positiven Folgen

als „Eu-Stress“ und die negativen als „Dis-Stress“ bezeichnet.

Der positive Stress entsteht durch interessante, anspruchsvolle Aufgaben, für

die wir unsere ganze Arbeitskraft erfolgreich einsetzen. Der „Eu-Stress“ moti-

viert und verschafft Energie für neue Herausforderungen.

Wolfgang Battmann und Wolfgang Schönpflug definierten negativen Stress

folgendermaßen:

„Stress ist als eine Auseinandersetzung zwischen Mensch und Umwelt zu

verstehen, in deren Rahmen die Leistungsmöglichkeiten und Leistungsfähig-

keiten eines Menschen in Frage gestellt werden. Sobald Leistungsgrenzen

und ihr Überschreiten wahrgenommen werden, stellt Stress ein subjektives

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Phänomen dar und ist als solches eng mit Gefühlen der Angst, der Bedro-

hung und des Unvermögens verbunden.“

1.2 Belastungs- und Stressfaktoren

Die Arbeitswelt hält für den menschlichen Organismus eine Vielzahl an Be-

lastungen vor. McGrath gruppierte mit Hilfe eines Rahmenkonzepts alle Be-

lastungsfaktoren, die auch Stressoren genannt werden, in drei Bereiche auf.

In der Abbildung wird zwischen dem materiell-technischen System (A), den

sozialen System (B) und dem personellen System (C) unterschieden. Lärm,

Hitze, Beleuchtung oder Klimabedingungen sind Belastungsfaktoren die man

dem materiell-technischen System zurechnet. Stressoren wie soziale Konflik-

te oder das Betriebsklima sind dem sozialen System zuzuordnen. Angst ist

ein Stressor der dem personellen System zuzurechnen ist. Darüber hinaus

entstehen weitere vier Felder die sich als Schnittflächen dieser drei Kreise

ergeben. Soziale Isolation oder Überfüllung sind dem Feld AB zuzurechnen,

das aus dem Schnittpunkt zwischen dem materiell-technischen und dem so-

zialen System entsteht. Dem Feld AC, das sich aus dem Schnittpunkt des

materiell-technischen und personalem System ergibt, werden Phänomene

die im Zusammenhang mit Abwechslungsreichtum oder Aufgabenschwierig-

keit stehen, wie beispielsweise qualitative oder quantitative Über- bzw. Unter-

forderung, zugeordnet. Der Schnittfläche BC, die sich aus dem Schnittpunkt

soziales und personales System ergibt, werden Probleme die sich aus

„Sandwich-Positionen“ oder widersprüchlichen Anweisungen ergeben, zuge-

rechnet. Das Feld ABC ergibt sich als Schnittpunkt aus allen drei Systemen.1

1 Vgl. Schuler (2007), S.172f.

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Stress in Organisationen: Prävention und Intervention 3

Abbildung 1: Quellen von Stress und Beanspruchung in der Arbeit (nach

McGrath, 1981)

Auf der Grundlage des Rahmenmodells von McGrath kann man die Stresso-

ren in fünf Bereiche unterteilen (Abbildung 2). Jedoch ist die Zuordnung der

Stressoren nicht immer ganz eindeutig und je nach Fragestellung kann man

auch andere Unterscheidungen wählen. Wie wir später sehen werden nimmt

Lazarus in seinem transaktionalen Stressmodell eine andere Unterscheidung

der Belastungen vor.

Faktor Beispiel Die Aufgaben selbst • Eintönige, uninteressante Aufgaben

• Zu komplexe Aufgaben • Schwierige emotionale Anforderung

Die Arbeitsorganisation • Intensität: Hoher Zeitdruck, Daueraufmerksam-keit • Mangelhafte Werkzeuge / Materialien / Informa-tionen • Exakt vorgeschriebenes Tempo / Arbeitsweise • Widersprüchliche Anweisungen

Physische Bedingungen • Umgebungsbedingungen • Einseitige Körperhaltung • Länge der Arbeitszeit, Nacht- u. Schichtarbeit

A

materiell-

techni-

sches

System

B

soziales

System

C

personales

System

AB

AC ABC

BC

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Stress in Organisationen: Prävention und Intervention 4

Die sozialen Bedingun-gen

• Konflikte / schlechtes Klima / Mobbing • Unfaire Behandlung • Zu große Abhängigkeit

Die organisatorischen Rahmenbedingungen

• Status und Anerkennung • Informationspolitik / Lohnpolitik • Zukunftsaussichten

1.3 Das transaktionale Stressmodell

Um personalpsychologisch relevante Aspekte der Stress-

Belastungsforschung darstellen zu können, hat Lazarus, Volkman und Lau-

nier das transaktionale Stressmodell entwickelt. In diesem Modell werden die

Belastungen in folgende fünf Gruppen unterteilt:

• Körperliche Belastungen

• physische Belastungen der Arbeitsumgebung, zum Beispiel: Lärm und

Hitze

• kognitive Belastungen: Störungen der Handlungssteuerung, die in der

Aufgabe oder Arbeitsorganisation liegen können.

• Soziale Belastungen, zum Beispiel: Mobbing

• emotionale Belastungen, zum Beispiel: emotionale Dissonanz

Eine zentrale Rolle kommt in diesem Konzept den Bewertungsprozessen zu,

die sich in primäre und sekundäre Bewertung unterscheiden lassen. Als pri-

märe Bewertung bezeichnet man die Einschätzung eines Ereignisses, wie

beispielsweise eines Arbeitsauftrages, in irrelevant, günstig/positiv oder

stressend. Die stressende Bewertung kann weiter unterteilt werden in Schä-

digung/Verlust, Bedrohung oder Herausforderung. Die sekundäre Bewertung

ist die Einschätzung des Individuums auf seine eigenen Bewältigungsfähig-

keiten und -möglichkeiten im Bezug auf Stressoren. Das Konzept geht davon

aus, dass die Bewertungsprozesse nicht hintereinander erfolgen, sonder sie

sich stark beeinflussen. Nach den Bewertungsprozessen kommt es zu einem

Bewältigungsverhalten, welches sich wiederum in problem- und emotions-

orientiertes Bewältigungsverhalten unterteilen lässt. Bei dem problemorien-

tierten Bewältigungsverhalten geht es um Strategien rund um den Arbeitsauf-

trag, also um Schritte wie: Informationssuche, aktives Problemlösen oder die

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Suche nach sozialer Unterstützung. Bei dem emotionalorientierten Bewälti-

gungsverhalten stehen Strategien im Vordergrund, welche bei der Bewälti-

gung des Zusatzauftrages helfen sollen. Wenn also ein Arbeitsauftrag vor

Publikum präsentiert werden soll, sind emotionsorientierte Strategien hierbei:

Entspannung, Ablenkung oder Verdrängung. Die kurz- und langfristigen

Stressauswirkungen werden in diesem Modell auf physiologi-

scher/somatischer, psychologischer oder Verhaltensebene auftreten.

1.4 Ursachen von Stress

In der Interaktion des Menschen mit seiner Umwelt führt die Diskrepanz zwi-

schen auferlegter und abverlangter Leistung zu einer Ausweglosigkeit. Aus-

gehend von einer dreifachen Diskrepanz ist hierbei die Diskrepanz der ersten

Art eine Differenz zwischen Anforderung und Leistung. Diese verschärft die

Diskrepanz der zweiten Art, welche eine Differenz zwischen bestehender

oder sich anbahnender Wirklichkeit und der eigenen Motivation darstellt. Der

Druck auf die Person wird nun erhöht durch die Diskrepanz zwischen Grad

der Anstrengung und die zur zeitgerechten Erledigung einer Aufgabe erfor-

derlichen Anstrengung. Eine Diskrepanz der dritten Art entsteht. Die Diskre-

panzen zweiter und dritter Art bedingen nun einen inneren Konflikt, welcher

den Stresszustand kennzeichnet. Das heißt, dass alle drei Arten der Diskre-

panz den Konflikt zwischen Anstrengungs- und Frustrationsvermeidung er-

höhen und zu einer Steigerung des Stresszustandes führen.

1.5 Folgen von Stress

Mobbingattacken der Kollegen, die Arbeit stapelt sich auf Ihrem Tisch, das

Telefon klingelt ununterbrochen und Zuhause warten immer öfters Bezie-

hungsprobleme auf Sie. Das sind Situationen, die der Mensch als Bedrohung

empfindet und es kommt schlagartig zu einer Aktivierung des Organismus.

Die ersten Anzeichen der Alarmbereitschaft des menschlichen Organismus,

sind Erschöpfung, Daueranspannung, Nervosität, Konzentrationsschwächen

und Leistungsschwankungen. Dauert diese Aktivierung länger an, kommt es

zu sogenanntem „chronischem Stress“, der langfristig zu funktionellen Stö-

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rungen und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Immunsystems,

oder des Nervensystems, führen kann. Weiterhin wird Stress auch in Verbin-

dung gebracht mit Depressionen und Burn-Out – jedoch hat Stress nicht nur

direkte Auswirkungen auf den Organismus, sondern auch indirekte Auswir-

kungen, wie beispielsweise einen erhöhten Konsum von Zigaretten, Alkohol

und Medikamenten.Die Folgen von Stress sind nicht nur für den Mitarbeiter

verheerend, sondern sie wirken sich auch nachteilig auf Unternehmen aus. In

Unternehmen findet man diese negativen Konsequenzen:

• Im Leistungsbereich, durch Leistungsschwankungen oder eine

gesteigerte Fehler- sowie Unfallquote.

• Im Arbeitsausfall, durch einen erhöhten Krankenstand oder Ar-

beitsplatzwechsel.

• Im sozialen Bereich, durch Verschlechterung des Betriebskli-

mas und Mitarbeiterunzufriedenheit.

2. Stress und Ressourcen

2.1 Gesundheit und Ressourcen

Nach Rimann & Udis wird Gesundheit definiert als: „Ein dynamisches

Gleichgewicht, zwischen Individuum mit seiner Fähigkeit der Selbst-

Organisation und Selbst-Erneuerung und seiner sozial-ökologischen Umwelt.

Das Gleichgewicht ist abhängig von den inneren und äußeren Ressourcen

eines Individuums“.

2.2 Arten von Ressourcen

Grundlegend wird hierbei angenommen, dass der Mensch danach strebt,

wertgeschätzte Ressourcen aufzubauen und zu erhalten, welches eine Stei-

gerung des Wohlbefindens und der Gesundheit bedingt. Es folgt eine Unter-

scheidung von inneren und äußeren Ressourcen-Aspekten. Die inneren

Ressourcen sind in der Person selbst gegeben. Äußere Ressourcen sind

durch Organisation oder durch das soziale Umfeld der Person gegeben.

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2.3 Konzept der Ressourcenerweiterung

Menschen versuchen wertgeschätzte Ressourcen auszubauen oder zu er-

halten, wobei der Aufbau von Ressourcen mit Wohlbefinden und Gesundheit

einhergeht. Ereignisse oder Veränderungen lösen nur dann Stress aus,

wenn: die Gefahr des Ressourcenverlustes besteht, ein aktueller Verlust von

Ressourcen auftritt oder auf Investitionen von Ressourcen kein angemesse-

ner Gewinn von Ressourcen folgt. Eine wichtige Rolle in diesem Modell,

spielt die Möglichkeit des Individuums Investitionen von Ressourcen zur Be-

wältigung von Stress einzusetzen. Bei der Bewältigung von Stress ist es

wichtig, dass das Maß an eingesetzten Ressourcen mit den Anforderungen

übereinstimmt. Ressourcen werden in diesen Modell angesehen als: Objek-

te, Lebensumstände, persönliche Merkmale, Energien und die Mittel um die-

se Ressourcen zu erreichen.

Vorteil:

•Modell beschäftigt sich mit der Frage, in welcher Situation entsteht

Stress

•Modell bietet konkrete Ansatzpunkte für die Prävention und Interven-

tion von Stress

•Modell hilft, die Frage zu beantworten, wie man persönliche und

Umweltgegebene Ressourcen sinnvoll einsetzt.

2.4 Burnoutforschung (Hofboll & Freddy, 1993)

Spezifische Beanspruchungsfolgen wie beispielsweise Burnout treten dann

auf, wenn: der Verlust von wichtigen Ressourcen droht, ein Missverhältnis

von Ressourcen und Belastungen vorliegt oder wenn in der Arbeit vorgefun-

denen Ressourcen und Belastungen nicht zu den erwarteten Ergebnissen

führen. Das Modell der Ressourcenkonservierung fand partiell Bestätigung in

der Bornoutforschung.

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3. Regulationsmöglichkeiten von Stress

Um Stress zu neutralisieren, zu vermeiden oder zumindest zu verringern bie-

ten sich Ansätze zur Prävention und Intervention an. Prävention bezieht sich

auf die Maßnahmen, die geeignet sind einem auftretenden Problem von vor-

nerein entgegenzuwirken. Intervention tritt dann ein, wenn das Problem be-

reits aufgetreten ist. Es handelt sich um Maßnahmen, die das aufgetretene

Problem eindämmen bzw. neutralisieren sollen. Jedoch lassen sich diese

kaum voneinander abgrenzen, da jede Form der Vorbeugung auch als anti-

zipative Bewältigung und umgekehrt, angesehen werden kann.

3.1 Individuelle Maßnahmen zur Stressbewältigung

Individuelle Maßnahmen betreffen Handlungsmöglichkeiten, die einzelnen

Mitarbeitern einer Organisation offen stehen, um einem empfundenen

Stresszustand selbst abzuhelfen. Man unterscheidet hierbei:

1. Internal regulative Stressbewältigung

2. External regulative Stressbewältigung

Bei der internal regulativen Stressbewältigung strebt das Individuum eine

Veränderung, seiner selbst an. Die Internal regulative Stressbewältigung

kann indirekt über die Ebene des sozialen Umfeldes des Betroffenen durch-

geführt werden. Dies könnten Veränderungen in der Freizeitgestaltung oder

der Aufbau eines sozialen Umfeldes sein. Sie kann jedoch auch direkt durch

regulative Verfahren, wie Yoga, Entspannungsübungen und Meditation erfol-

gen. Außerdem gehören zum Bereich der regulativen Verfahren auch „Rat-

geber“ und „Trainings“, die im Hinblick auf die Arbeitstätigkeit eine unspezifi-

sche Verbesserung von individuellen Arbeitshaltungen und -einstellungen

erzielen können.

Die external regulative Stressbewältigung kann durch aktive und passive

Maßnahmen erfolgen. Die Schwierigkeit bei der Bewältigung von individuel-

lem Stress besteht oft darin, erheblichen organisationalen Zwängen als Ver-

ursachern begegnen zu müssen. Daher schlagen sich passive Maßnahmen

häufig in Verweigerung und innerer Emigration nieder. Bei aktiven Maßnah-

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men der Stressbewältigung wirkt das Individuum auf die Probleme am Ar-

beitsplatz, die Organisation und seine Stellung unmittelbar ein. Dies kann

kurzfristig durch Gespräche mit Vorgesetzen, Kollegen und Interessenvertre-

tern oder langfristig durch technologische oder organisationale Veränderun-

gen am Arbeitsplatz oder eine individuelle berufliche Weiterentwicklung er-

folgen.

3.2 Organisationale Maßnahmen zur Stressbewältigung

Die Ansatzpunkte bei der organisationalen Stressbewältigung sind:

1. Individuumsbezogen

Auf der individuellen Ebene ist das Ziel, Änderungen des individuellen ge-

sundheitsgefährdenden Verhaltens bzw. die Übernahme gesünderer Verhal-

tensmuster, Einstellungen und Haltungen zu erreichen. Es können entweder

Belastungen und Beanspruchungen reduziert oder Ressourcen gefördert

werden. Der Aufbau von Ressourcen kann durch Qualifizierungs- oder Schu-

lungsprogramme aber auch durch Kompetenztrainings erreicht werden. Bei

der Reduktion von Belastungen unterstützen Unternehmen ihre Mitarbeiter

bei der Durchführung von Stressmanagementprogrammen. Stressmanage-

ment bezeichnet jede Art von Aktivitäten, Programmen oder Möglichkeiten,

die darauf abzielen den Menschen im Umgang mit Stressoren zu stärken.

Wenn man sich auf empirisch überprüfte Programme konzentriert, lassen

sich folgende Komponenten von Stressmanagementprogrammen unter-

scheiden:

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1. Informationen: Vermittlung von Wissen über Stress.

2. Trainings zur Veränderung der Arbeitssituation: Vermittlung von Kennt-

nissen und Fähigkeiten an Teilnehmer, um belastende Aspekte der Arbeit

direkt zu verändern oder auf eine Veränderung hinzuwirken.

3. Kognitive/behaviorale Verfahren: Fokussierung auf Stressbewertungspro-

zesse und den Aufbau von Stressbewältigungsstrategien. Z.B.: rational-

emotiver Therapieansatz, Stressimpfungstraining nach Meichenbaum.

4. Entspannungstechniken: z.B. Autogenes Training, Muskelentspannung.

5. Kompetenztrainings zum Stressmanagement: z.B. Selbstsicherheitstrai-

ning, Konflikttraining.

Die Maßnahmen auf individueller Ebene haben den Vorteil, dass sie vom

Individuum selbst durchgeführt werden können. Sie haben eine unmittelbare

und kurzfristige Wirkung. Jedoch ist die Voraussetzung für die Wirkung, dass

die Ursache des Stresses in der Person und nicht in der Ausgestaltung des

Arbeitsfeldes liegen sollte. Der Erfolg ist zudem nur schwer messbar.

2. Organisationsbezogen

Organisationsbezogene Maßnahmen streben eine Veränderung betrieblicher

Verhältnisse an. Dies kann durch Reduktion psychischer und psychosozialer

Arbeitsbelastungen, Ermöglichung von Motivation, Erhöhung der Arbeitszu-

friedenheit und Persönlichkeitsentwicklung erfolgen. Man unterscheidet or-

ganisationale Maßnahmen zur Reduktion von Belastungen oder zur Förde-

rung von Ressourcen. Zur Reduktion von Belastungen dienen z.B. eine er-

gonomische Arbeitsplatzgestaltung, Pausengestaltung und Entlohnungssys-

teme. Die Förderung von Ressourcen kann z.B. durch Erhöhung von Hand-

lungsspielräumen erreicht werden aber auch durch Einrichtung von Gesund-

heitszirkeln.

Düsseldorfer Ansatz:

Die Einrichtung von Gesundheitszirkeln steht im Mittelpunkt dieses Ansatzes.

Sie werden als zeitlich befristete Projektgruppen zur Klärung gesundheitlich

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Stress in Organisationen: Prävention und Intervention 11

bedeutsamer Belastungen am Arbeitsplatz definiert und sind durch verschie-

dene Eigenschaften charakterisiert. Sie bestehen aus heterogenen und mo-

derierten Gruppen. Außerdem sind sie verhältnisorientiert, beschäftigungs-

orientiert, thematisch offen, zielorientiert, regelorientiert und konsensorien-

tiert. Eine effektive Durchführung von Gesundheitszirkeln ist gewährleistet,

wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

- Zugang zu gesundheitlich relevanten Betriebsunterlagen

- Akzeptanz aller Beteiligten

- Einrichtung eines „Arbeitskreis Gesundheit“

- Zeitnahme Umsetzung von Anregungen und Vorschlägen

- Transparenz für alle Beteiligten

Berliner Ansatz:

Beim Berliner Ansatz werden ebenfalls Gesundheitszirkel als Maßnahme zur

betrieblichen Gesundheitsförderung aufgegriffen. Diese haben zum Ziel die

Kommunikation zu fördern. Auch die Analyse der Organisationsstruktur und

deren Auswirkungen spielt beim Berliner Ansatz eine große Rolle. Es können

dadurch hohe Krankenstände reduziert werden. Es empfiehlt sich folgendes

Vorgehen:

1. Einführungsveranstaltung: Vermittlung von Zielen

2. Basis- Seminar für Abteilungsleiter, Vorgesetzte u. Betriebsrat

3. Mitarbeiter Gesundheitszirkel: 10-15 Mitarbeiter, 8-10 Sitzungen.

Analyse, Erarbeitung u. Dokumentation gesundheitlicher Aspekte

4. Gemischter Gesundheitszirkel: 3-4 Vertreter aus den Mitarbeiter-

Gesundheitszirkeln, Abteilungsleiter, Vorgesetzte, Betriebsräte,

Betriebsarzt, Personalbetreuer; Erarbeitung, Planung und Gestal-

tung von Lösungen

Es muss darauf hingewiesen werden, dass es noch kaum Effektivitäts- und

Effizienznachweise von Gesundheitszirkeln gibt.

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3.3 Prävention und Intervention am Beispiel Alkohol

Der Konsum von Alkohol spielt eine doppelte Rolle. Alkohol wird einerseits

bei Stress als kurzfristig wirksame Bewältigungsstrategie eingesetzt, ande-

rerseits kann Alkohol langfristige gesundheitsschädliche Folgen haben. 30%

der Arbeitsunfälle passieren unter Alkoholeinfluss. Daher sind betriebliche

Alkoholpräventions- und Interventionsmaßnahmen sinnvoll. Im Allgemeinen

kann man sagen, dass diese Maßnahmen nur schwer durchzuführen sind,

wenn nicht Führungs- und Kommunikationsstruktur eines Unternehmens

substanziell beeinflusst werden. Es werden drei Ansatzpunkte empfohlen:

1. Veränderung von Arbeitsbedingungen: Reduzierung besonders belas-

tender Arbeitsbedingungen, Erhöhung des Handlungsspielraums der

Beschäftigten, Job Enrichment, Vermeidung sozialer Isolierung.

2. Veränderung der innerbetrieblichen Trinkkultur: Griffnähe des Alkohols

reduzieren, Vorbildverhalten der Funktionsträger, innerbetriebliche

Kommunikation.

3. Konsequenz im Umgang und Hilfe für alkoholgefährdete: Schulungen

von Vorgesetzten, Bildung eines Steuergremiums, Aufbau eines Hilfe-

systems, konstruktiver Leidensdruck.

4. Evaluation

Es müssen aussagekräftige Programmevaluationen durchgeführt und vorge-

legt werden um Betriebe zur Weiterführung und Weiterentwicklung von Ge-

sundheitsförderungsmaßnahmen zu bewegen. Ziele dieser Programmeva-

luationen sind:

1. Nachweis von Effektivität: Durch Vergleich einer behandelten Gruppe

mit einer Unbehandelten. Erfolgskriterien sind z.B. die Verringerung

der Fehlzeiten oder höhere Arbeitszufriedenheit. Es muss aber beach-

tet werden, dass es sich um multifaktorielle Erfolgskriterien handelt

und diese nicht unbedingt auf Stressprogramme zurückzuführen sind.

2. Beurteilung der ökonomischen Effizienz: Durch Kosten- Nutzen- Ana-

lysen und Kosten- Wirksamkeits- Analysen.