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Hands Across the Campus Baustein IV – Lernangebot A CODEX HAMMURAPI

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Baustein IV – Lernangebot ACodex HAMMURAPI

Baustein IV | Lernangebot A 3

Baustein IV – Lernangebot ACodex HAMMURAPI

I. Überblick

DieältestevollständigerhalteneGesetzessammlungderWelt,derCodexdesbabylonischenKönigsHammurapi(1810–1750v. u. Z.),erlaubtes,dieBedeu-tung vonRechtssicherheit für eineGesellschaft zu erkennen.DerGrundsatzder Rechtssicherheit garantiert demEinzelnendie gleiche rechtlicheBewer-tungvergleichbarerEinzelfälle,dieVoraussehbarkeitvonRechtsfolgenunddieDurchsetzungrichterlicherEntscheidungen.DieAuseinandersetzungmitdemCodexHammurapiermöglichtes,diehistorischeGebundenheitundWandel-barkeitvonRechtsauffassungenundGesetzenundauchdieErrungenschaftderRechtssicherheitzuerkennen.

Aufbau

   1Regeln für das Zusammenleben• Planetenübungoder • Klassenregeln

   2die Wiege unseres Rechts? der Codex Hammurapi und die babylonischeGesellschaft

   3Archaischoderfortschrittlich?DerCodexausheutigerSicht• BriefanHammurapioder • Gerichtsverhandlung

   4WasistmirwichtigamCodexHammurapi?

   5FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

KompetenzbezügeundWerteDieSchülerinnenundSchüler

• analysierenundbewertendenCodexHammurapiimVergleichzumheutigenRechtsempfinden

• erkennendiekulturelleundhistorischeGebundenheitgesellschaftlichenRechtsempfindens

Vgl.DudenRecht

4 BausteinIV|LernangebotA

• diskutierenunderfahrendieBedeutungvonRechtsstaatlichkeitundRechtssicherheitfürdieGesellschaftunddieeinzelnenMenschen

• kooperierenaufgabenbezogeninGruppen• übendasArgumentiereninunterschiedlichensituativenKontexten

AchtungvordemLeben|Aufrichtigkeit|Bildung|Freiheit|Frieden|Gemeinwohl|Gerechtigkeit|Gleichheit|Kreativität|Respekt|Selbstbestimmung|Verantwortung|Verschiedenheit|Würde

II. FachlicheInformationen

DerCodexHammurapigehörtzudenältestenerhaltenenbisheraufgefunde-nenZeugnissenmenschlicherRechtskultur.ErbestehtausdreiTeilen:ImPro-logwerdendieTatendesKönigsHammurapigewürdigt,derMittelteilenthältnachdenverschiedenenVersioneneineunterschiedlicheAnzahl von jedochmindestens281Gesetzestexten,imEpilogempfiehltHammurapiseinenNach-folgern,dieseGesetzedurchzusetzen.DieMehrzahlderForschergehtdavonaus,dassderCodexkeinneuesRechtbegründet hat, sondern die herrschende Rechtspraxis zusammenfasst. DieGesetzestexte beziehen sich auf Regelungen über falsche Anschuldigungen,Soldaten,Bauern,MieteundPacht,Kaufleute,Schankwirtinnen,FamilieundErbrecht,Ammen,KörperverletzungenundHaftung.VerblüffendsindÄhnlichkeitenmitGesetzenimAltenTestamentderBibel.Ausheutiger Sicht besteht die Errungenschaftdieser altorientalischenGesetzge-bungvoralleminihremZiel,Rechtssicherheitzuschaffen.

III. Didaktisch-MethodischeAnregungen

IndererstenSequenzerfahrendieSchülerinnenundSchülerdieBedeutungvonGesetzenfürdasZusammenlebenderMenschen.In der zweiten Sequenz erarbeitendie Schülerinnenund Schüler sich einigegrundlegende Informationen zurbabylonischenGesellschaftund zumCodexHammurapi.Mit diesen Kenntnissen sollen die Schülerinnen und Schüler inderdrittenSequenzihreeigeneRechtsauffassungmitder,dieimCodexHam-murapideutlichwird,vergleichen.EswerdenunterschiedlicheAufgabenange-boten,mitdeneneinsolcherVergleichdurchgeführtwerdenkann.ImAnschlussbewertendieSchülerinnenundSchüler inderviertenSequenzdenCodexHammurapi.Aufgaben undMaterialien ermöglichen eine Differenzierung nach InteresseundLeistung.DieerwartetenSchwierigkeitsgradederAufgabensindaufstei-gendnacheinfach / mittel/ hochmitSternchengekennzeichnet//.

Vgl.Wertekreuz Einführung

Hands Across the Campus

Baustein IV | Lernangebot A 5

RegelnfürdasZusammenleben

DieSchülerinnenundSchülererfahren,welcheHerausforderungesist,Regelnfür das Zusammenleben festzulegen, die von allenMitgliedern einerGesell-schaftgleichermaßenalswichtigangesehenwerden.FürdiesenArbeitsschrittwerdenfolgendeMöglichkeitenangeboten.

PLANETENÜBUNG/DieLerngruppewirdinKleingruppenaufgeteilt.DieSchülerinnenundSchü-lerüberlegensicheinenNamenfüreinenPlaneten,derneubesiedeltwird,understelleneinPlacemat,indemsiediewichtigstenRechteundRegelnfüreinfriedlichesZusammenlebenaufdiesemPlanetenfesthalten.SiestellendieErgebnisseimPlenumvor,vergleichenundbewertensie. M1 Planetenübung

oder

KLASSENREGELN/DiebestehendenRegelneinerLerngruppewerden–ebenfallsinKleingrup-pen–daraufhinanalysiert,obdieseRegelneinfairesZusammenarbeiteninderLerngruppesichern.GegebenenfallswerdenVorschlägezurWeiterent-wicklungderKlassenregelngemacht.ImUnterrichtsgesprächwerdendieseVorschlägediskutiertunddiebestehendenKlassenregelnggf.verändert.Aufgabeist,diewichtigstenInformationenausdendreiMaterialienzuprä-sentieren.DieFormderPräsentationkönnendieSchülerinnenundSchülerselbstwählen.

DieWiegeunseresRechts?DerCodexHammurapiunddiebabylonischeGesellschaft

DieSchülerinnenundSchülererarbeitensicheinigegrundlegendeInformatio-nenüberdiebabylonischeGesellschaftunddenCodexHammurapi.DieskanninarbeitsteiligerPartnerarbeitoderimGruppenpuzzleerfolgen. Aufgabeist,diewichtigstenInformationenausdendreiMaterialienzupräsen-tieren.DieFormderPräsentationkönnendieSchülerinnenundSchülerselbstwählen.

M2 InformationenzurbabylonischenGesellschaftM3 CodexHammurapiM4 GesetzesbeispieleausdemCodexHammurapi

1 Methoden-

Werkstatt Placemat

M 1

2  Methoden-

Werkstatt

M 2–4

6 BausteinIV|LernangebotA

Archaischoderfortschrittlich? DerCodexausheutigerSicht

Die Schülerinnen und Schüler vergleichen die heutige Rechtsauffassungmitder,diedemCodexHammurapizugrundeliegt.FürdieseTätigkeitwerdenzweiAufgabenangeboten:

BriefAnHammurapiDieSchülerinnenundSchülerschreibeneinenBriefanKönigHammurapimitderAufforderung,denCodexnachzubessern.DazusuchensieBeispieleausdenihnenvorliegendenGesetzenausundüberprüfen,obihreigenesRechtsempfindenbeidenausgewähltenFällenmitdengeltendenGesetzenübereinstimmt.

M4 GesetzesbeispieleausdemCodexHammurapi

oder

Gerichtsverhandlung/DieSchülerinnenundSchülerführeneineGerichtsverhandlungzumThemaBauschädendurch.AnschließendvergleichendieSchülerinnenundSchülerdasvomGerichtverkündeteUrteilmitHammurapisRegelungundbeschrei-bendasunterschiedlicheRechtsempfinden.

M5 Gerichtsverhandlung M6 …undsoregeltderCodexHammurapidenFall

WasistmirwichtigamCodexHammurapi?

JedeSchülerinundjederSchülerschreibtfürsichzweiAspekteauf,diesieodererausheutigerSichtamCodexHammurapiwichtigfindet.Sieoderertauschensich darüber zunächstmit einer Lernpartnerin bzw. einem Lernpartner unddann ineinerKleingruppeaus (Think‑Pair ‑ Share). ImanschließendenUnter-richtsgespräch werden diese Gesichtspunkte eingebracht und beurteilt; diePädagoginbzw.derPädagogekann–solltediesnichtschongeschehensein–denGedankenderRechtssicherheitansprechen.

3

M 4

M 5, 6

4  Methoden-Werkstatt

Think‑Pair‑Share

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Baustein IV | Lernangebot A 7

FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

DieSchülerinnenundSchülerwerteneineselbstgewählteArbeitsphaseausundarbeitenfürsiewichtigeErgebnisseinihremPortfolioein.

IV. Überblick Materialien

M1 Planetenübung M2 InformationenzurbabylonischenGesellschaftM3 CodexHammurapiM4 GesetzesbeispieleausdemCodexHammurapiM5 GerichtsverhandlungM6 …undsoregeltderCodexHammurapidenFall

V. Medien – Links – Kontakte

Codex Hammurapi (aufEnglisch) Downloadunter:www.wsu.edu/~dee/MESO/CODE.htm(20.09.2010)Klengel,Horst(1991):KönigHammurapiundderAlltagBabylons.Zürich.Neumann,Hans(2003):RechtimantikenMesopotamien.In:Manthe,Ulrich

(Hrsg.):DieRechtskulturenderAntike.München.Stange,Irene(2006):CodexHammurapiunddieRechtsstellungderFrau.

Würzburg.

5  Methoden-

Werkstatt

  beiliegende CD-ROM

Baustein IV – Lernangebot BNüRNbeRGeRPRoZeSSe–

uNIveRSelleGeReCHtIGKeItHeRStelleN

BausteinIV|LernangebotB 11

Lernangebot BNüRNbeRGeRPRoZeSSe–uNIveRSelleGeReCHtIGKeItHeRStelleN

I. Überblick

Gegenstand dieses Lernangebots ist die (nicht abgeschlossene) Entwicklung undDurchsetzungderMenschenrechteunddieBedeutungderVerantwortungdes Einzelnen fürVerbrechen, die im staatlichenAuftrag begangenwerden.DenAusgangspunktbildetderNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozessvon1945/46,mitdemderGrundsteinfüreinenneuenUmgangmitKriegsverbrechengelegtwurde:dieinternationaleStrafjustizschränktdasSouveränitätsrechtdereinzelnenStaatenein.EswirddieEntwicklungvomNürnbergerHauptkriegs-verbrecherprozessbiszumInternationalenStrafgerichtshofthematisiert.

Aufbau

   1Helfen Gesetze, Kriege zu verhindern?

   2WerträgtdieverantwortungfürverbrecheninstaatlichemAuftrag?

   3das dilemma des einzelnen: Individuelle Verantwortung

   4SinddieMenschenrechtestrafrechtlichdurchsetzbar?

   5veröffentlichung/weiterführendeuntersuchung

   6FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

KompetenzbezügeundWerteDieSchülerinnenundSchüler

• erklärendieBedeutungdesNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozes-sesfürdieDurchsetzunguniversellerGerechtigkeit

• beurteilendieindividuelleVerantwortungfürVerbrechen,dieinstaat‑lichemAuftragbegangenwerden

12 BausteinIV|LernangebotB

• erkennendenWertderSelbstverantwortungalsMerkmalindi-viduellerFreiheitunddiskutierenWertekonflikteinindividuellenEntscheidungssituationen

• diskutierenundbeurteilenjuristischeHandlungsoptionenzurDurch‑setzungderMenschenrechte

• übenihremethodischenFähigkeitenundFertigkeitenzumKooperativenLernen

• entwickelneigeneFormenfürAufgabenundPräsentationen

AchtungvordemLeben|Aufrichtigkeit|Bildung|Freiheit|Frieden|Gemeinwohl|Gerechtigkeit|Gleichheit|Kreativität|Respekt|Selbstbestimmung|Verantwortung|Verschiedenheit|Würde

II. FachlicheInformationen

DasNeuedesNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozessesbestehtdarin,dasszumeinenerstmalsinderGeschichteVerbrechendefiniertwerden,dieinter-nationalstrafrechtlichverfolgtwerdensollenundzumanderendieinternati-onaleStrafjustizüberdenGrundsatzderSouveränitätdereinzelnenStaatengestelltwird.Die strafrechtlicheAufarbeitung soll inGerichtsverhandlungennachrechtsstaatlichenVerfahrenerfolgen.ImLondonerViermächteabkommenvom8.August1945wirddieRechtsgrund-lagefürdenProzessgeschaffen(„StatutvonNürnberg“).AlsVerbrechen,dieinternationalstrafrechtlichverfolgtwerdensollen,werdenVerbrechengegendenFrieden(Artikel6a),Kriegsverbrechen(Artikel6b)undVerbrechengegendieMenschlichkeit(Artikel6c)bezeichnet.VerbrechengegendenFriedenum-fassendieVerschwörungunddiePlanungundDurchführungeinesAngriffs-krieges.DieserArtikelwarumstritten,weildasVölkerrechtvor1945zwardieÄchtungdesKrieges,nichtaberseinestrafrechtlicheVerfolgungkannte.DerzweiteArtikelwarunumstritten,derdrittevölligneu.ErstelltedenVersuchdar,dieunvorstellbareGrausamkeitundSystematikinderVernichtungvonMen-schenlebenineinenBegriffundeinenStraftatbestandzufassen.DieSchwierig-keitbestanddarin,VerbrechenwieMord,FolterundGenozidineinenKontextzustellen,derdeutlichwerdenlässt,dassdieseVerbrecheneinenAngriffaufdie Menschheit als Ganzes darstellen. Diese Verbrechen wurden einerseits1948 durch die Deklaration derMenschenrechte präzisiert, anderseits wirdinzwischenderinternationalzuverfolgendeCharaktersolcherVerbrechenalserfülltangesehen,wennerimZusammenhangmiteinemausgedehntenodersystematischenAngriffaufeineZivilbevölkerungsteht.DenStraftatbestandVölkermordgabes zudieserZeitnochnicht. Erst1948wirdervonderUN‑Generalversammlungbeschlossen.DieserStraftatbestandknüpft an den Artikel 6c des Statuts von Nürnberg „Verbrechen gegen die

Vgl.WertekreuzEinführung

Vgl.Safferling(2008)

BausteinIV|LernangebotB 13

Menschlichkeit“an,betontaberdieVernichtungeinernational,ethnischoderreligiösdefiniertenGruppe.

Historische entwicklungSchon nach dem erstenWeltkrieg gab es Überlegungen, die politische undmilitärischeFührungdesDeutschenReichsvoreininternationalesGerichtzustellen.AllerdingswurdezumdamaligenZeitpunktdemGrundsatzderStaats-souveränitäteinhöheresGewichtbeigemessen.SokameszueinigenProzes-senvordemReichsgerichtinLeipzig.„AllerdingserwiesensiesichlediglichalsVersuch,diedeutscheKriegsführungzurechtfertigenundtrugensomitzurver-breitetenapodiktischenAuffassungbei,dieAhndungvonKriegsverbrechenaufnationalerEbeneseizumScheiternverurteilt“.InderZwischenkriegszeitsetztesichabermehrundmehrdieAuffassungdurch,dassdasLandesrechtdemVölkerrechtnachgeordnetsei.EinenMeilensteinbil-deteder„Briand‑Kellog‑Pakt“vom27.August1928,derdenKriegalsMittelzwischenstaatlicherKonflikteverurteilte.DasDeutscheReichgehörtezudenErstunterzeichnernundgehörteihmauch1939nochan.DieseTatsachebilde-teeinewesentlicheGrundlagederAnklageerhebunginNürnberg.In der EuropäischenMenschenrechtskonvention von 7.Juli 1950wurden dieArtikeldesNürnbergerStatutspräzisiertundderStraftatbestandVölkermordaufgenommen.LautArt.7Abs.2wirddasRückwirkungsverbot,d. h.dassje-mandnicht für eineHandlungbestraftwerdenkann,die zumZeitpunktderTatnachLandesrechtnichtstrafbarwar,ausgeschlossen.EinTäterkannalsowegeneinerHandlungoderUnterlassungverurteiltoderbestraftwerden,„diezurZeitihrerBegehungnachdenvondenzivilisiertenVölkernanerkanntenall-gemeinenRechtsgrundsätzenstrafbarwar“(Artikel7).DieersteRegierungderBundesrepublik Deutschland hat dieses Rückwirkungsverbot (und die Nürn-bergerUrteile,dieaufdenRückwirkungsregelungenbasierten)abgelehnt.Erst2001gabdiedamaligeRegierungskoalitiondiesePositionauf.DieAuflösungderBlöckenach 1989unddie Kriege imehemaligen Jugosla-wienundinRuandaführtendazu,dassdieinternationaleStrafgerichtsbarkeitpraktischweiterentwickeltwurde.Die zweiGerichtshöfe fürdasehemaligeJugoslawienundRuandawarenwichtigeEtappenaufdiesemWege.DerInter-nationaleStrafgerichtshof(IStGH),dessenStatutam17.Juli1998beschlossenwurde,stellteinenweiterenSchrittzurInstitutionalisierungdesVölkerrechtsdar.DieÜberzeugung,dasseinKernbestandderMenschenrechtefürjedenver-bindlichistunddassderGrundsatzderStaatssouveränitäthinterdemSchutzdieserMenschenrechteauchdurchdasStrafrechtzurückzustehenhat, ist imGrundsatzweltweitanerkannt.DasStatutdesIStGHwurdeinzwischen(Stand2009)von103Staatenratifiziert,von37StaatenunterzeichnetundvonfünfStaaten,darunterChinaundUSA,abgelehnt.NebendemstrafrechtlichenWegderDurchsetzunghabensichauchnichtjuris-tischeLösungen,wiez. B.Wahrheits‑undVersöhnungskommissionenalseineMöglichkeit erwiesen, den Menschenrechten zur Anerkennung und Durch‑setzungzuverhelfen.

Vgl.Weinke(2009)

Pöppinghege(2007)

Vgl.Weinke(2009)

Vgl.Safferling(2008)

14 BausteinIV|LernangebotB

die Nürnberger ProzesseNebendemHauptkriegsverbrecherprozessfandenNachfolgeprozesseinallenvierBesatzungszonenstatt.DieFolgeprozessederamerikanischenBesatzungs-machtfandenebenfallsinNürnbergstatt.SierichtetensiegegenAngehörigegesellschaftlicherTeilsysteme,diefürdieMachtausübungderNationalsozialis-tennotwendigwaren:dasGesundheitswesen,dieJustiz,Industrie,Finanzwirt-schaft,WehrmachtsowiedenRegierungs‑undVerwaltungsapparat.ImNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozesswurdeninsgesamt24Repräsen-tanten der nationalsozialistischen Führung, des Oberkommandos derWehr-macht,derKriegsmarine,derfürdieVerbrechenindenehemaligenbesetztenGebietenZuständigen,derKriegswirtschaft,desReichssicherheitshauptamtes,dernationalsozialistischenPropagandasowiesechsOrganisationen(Reichska-binett,FührerkorpsderNSDAP,SS,derSicherheitsdienst–SD,SA,GestapoundderGeneralstabderWehrmacht)angeklagt.DieGerichtsverhandlungbegannam20.November1945,dieUrteilewurdenam30.Septemberund1.Oktober1946verkündet.DasGerichtbestandausjeeinemRichterdervierSiegermäch-te.VerurteiltwerdenkonntenurbeiMehrheitderRichterstimmen.12der24AngeklagtenwurdenzumTodeverurteilt,siebenAngeklagteerhieltenlangjäh-rigeoderlebenslangeHaftstrafen.DreiAngeklagtewurdenfreigesprochen.DieAnklagegegeneinenderAngeklagtenwurdeausGesundheitsgründenfallengelassen,einAngeklagterbegingvorProzessbeginnSelbstmord.Als verbrecherischeOrganisationenwurdendasKorpsderpolitischen LeiterderNSDAP,dieGestapo,dieSSsowiederSicherheitsdienst(SD)eingestuft.MitdiesemUrteilwurdederStraftatsbestanddes„Organisationsverbrechens“neugeschaffen.WährenddieeinzelnenBürgerinnenundBürgerüberwiegenddie individuel-leSchuldderAngeklagtenanerkanntenundsoeineMöglichkeithatten,sichnachträglichvomNS‑Regimezudistanzieren,wardieAußenwirkungdesPro-zessesinderdeutschenÖffentlichkeitehergering.

III. Didaktisch-MethodischeAnregungen

IndiesemLernangebotwirdvonderAnnahmeausgegangen,dassdieSchü-lerinnen und Schüler über ein gewisses Vorwissen zum Nationalsozialismusverfügen.Solltediesnichtgegebensein,müssenhistorischeExkurseindieein-zelnenSequenzeneinbezogenwerden.IndererstenSequenzwerdendieSchülerinnenundSchülerangeregt,sichei-geneVorstellungenzurBedeutungeinerjuristischenVerfolgungvonKriegsver-brechenbewusstzumachen.1945wurdemitderjuristischenVerfolgungdieHoffnung verbunden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden undgegendieMenschlichkeit zukünftigzuverhindern,65 JahrespätersindvieleMenschenbeidiesemThemaskeptischer.InderzweitenSequenzwirddieErrungenschaftdesStatutsvonNürnberghe-rausgearbeitet,nämlichdassauchFunktionsträger individuell für ihreTaten

Pöppinghege(2007)

BausteinIV|LernangebotB 15

verantwortlichsindunddassdieSouveränitätdeseinzelnenStaatesdieFunk-tionsträgerbeibestimmtenVerbrechennichtschützt.Diese weltgeschichtliche Errungenschaft wird mit historischem Materialherausgearbeitet.DiedritteundvierteSequenzlösensichvondemKontextderNürnbergerPro-zesse. InderdrittenSequenzerarbeiten sich SchülerinnenundSchülerndieKonsequenzen, diemit der individuellen Verantwortung verbunden sind. InderviertenSequenzwirddieFragederDurchsetzbarkeitderMenschenrech-teanhandderInstitutiondesISTGHgenaueranalysiert.IndividuellziehendieSchülerinnenundSchülerinderfünftenSequenzBilanzundwertendanachdasLernangebotaus.Materialien, Aufgaben und Themen sind interessen‑ und anforderungsdiffe-renziert. Die erwarteten Schwierigkeitsgrade der Aufgaben undMaterialiensind aufsteigend nach einfach / mittel / hoch mit Sternchen gekennzeichnet//.

HelfenGesetze,Kriegezuverhindern?

DieSchülerinnenundSchülersetzensichineinemerstenSchrittmitdenMög-lichkeitenzurVerfolgungvonKriegsverbrechenunddenWirkungen,diedieseVerfolgungfürdieSicherungdesFriedenshabenkönnen,auseinander,aktivie-rendazuihrVorwissenundformuliereneigeneAnnahmen.AlsImpulskanndasfolgendeZitatdesamerikanischenChefanklägersRobertH.JacksonimNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozessdienen:„DerletzteSchritt,periodischwiederkehrendeKriegezuverhüten,diebeiin-ternationalerGesetzlosigkeitunvermeidlichsind,ist,dieStaatsmännervordemGesetzverantwortlichzumachen…“NacherstenÄußerungenerhaltendieSchülerinnenundSchüleralsweiteresMaterialeinenausführlichenAuszugausdemStatementJacksons,Zitatedesbritischen und sowjetischen Chefanklägers (M 1) sowie Bertolt Brechts Ge-schichte„DerhilfloseKnabe“(M2).DiePädagoginbzw.derPädagogegibtnot-wendigeKontextinformationen.DieSchülerinnenundSchülerinterpretierendieTextemithilfederAnregungeninPartnerarbeitundformulierenschriftlichihreAnnahmenzurMöglichkeitundWirksamkeit einer internationalen Strafverfolgung sowie Fragen, die sie zumVerständnisderTextehaben.InVierergruppengleichensieihreErgebnisseab.DieAnnahmenundFragenderSchülerinnenundSchülerwerdenausgewertet.DiePädagoginoderderPädagogebeschreibtdieFragestellungundStrukturie-rungdesLernangebots:

• WeristverantwortlichfürVerbrecheninstaatlichemAuftrag?(Sequenzzweiunddrei)

• WelcheBedeutunghabendieNürnbergerProzessefürdieinternationa-leBestrafungvonKriegsverbrechen?(Sequenzvier)

1

M 1 + 2

16 BausteinIV|LernangebotB

• KönnengrundlegendeRechteinternationaldurchgesetztwerden? (Sequenzvier)

DieFragenderSchülerinnenundSchülerwerdendeneinzelnenUnterthemenzugeordnet.DieSchülerinnenundSchüleräußerneigenethematischeInteres-senundkönnendazurecherchieren.

WerträgtdieverantwortungfürverbrecheninstaatlichemAuftrag?

IndieserSequenzwirddieFragederVerantwortunganhanddesNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozessesdiskutiert.DieSchülerinnenundSchülererarbeiteninarbeitsteiligerGruppenarbeitdenhistorischenKontextdesNürnbergerProzessessowiediePositionenderAnge-klagtenunddesGerichtsunddieFrage,obessichbeidenNürnbergerProzes-senumSiegerjustizhandelte.DieGruppenkönnendieArbeitsergebnisse,wennderjeweiligeArbeitsauftragnichtsanderesbestimmt,ineinerselbstgewähltenFormpräsentieren.

HistorischeEntwicklung: DieGruppeerarbeitet einenZeitstrahl, der zur Erleichterungderhistori-schenEinordnungwährendderBeschäftigungmitdiesemThemafürallesichtbaraufgehängtwird.M3 ZeitstrahlzurchronologischenEinordnung.

InformationenzumNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozess DieSchülerinnenundSchülerentwickelndazueinSchaubild.M4 DerNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozess

RichardSonnenfeldtsEindrückevomProzessDieSchülerinnenundSchülerpräsentierendasLebenRichardSonnenfeldtsundseineEindrückevomProzessinselbstgewählterForm.M5 RichardSonnenfeldtsEindrückevomProzess

Erhatmir’sdochbefohlen DieSchülerinnenundSchülerinterpretierendiegleichnamigeKarikaturundstellensieinselbstgewählterFormderLerngruppevor.M6 „Erhatmir’sdochbefohlen“

DieArgumentationderAngeklagten Die Schülerinnen und Schüler stellen die Argumente der Angeklagten inselbstgewählterFormvor.M7 DieArgumentationderAngeklagten

2  Methoden-

Werkstatt

M 3

M 4

M 5

M 6

M 7

BausteinIV|LernangebotB 17

DieArgumentationdesGerichtsDieSchülerinnenundSchülerfassendieArgumentationdesGerichtsstich-wortartigzusammenundstellensieinselbstgewählterFormdar.M8 DieArgumentationdesGerichts

WarendieNürnbergerProzesseSiegerjustiz?DieGruppestelltkontroverseArgumentezudieserFragezusammenundkannsieinFormeinesExpertengesprächsmiteinerModeratorinbzw.ei-nemModeratorpräsentieren.M9 WarendieNürnbergerProzesseSiergerjustiz?

DiehieraufgeführtenMaterialiensindrelativeinfach,ggf.müssenandereeingesetztwerden,z. B.dieOnline‑MaterialiendesBildungszentrumsderStadtNürnberg.NachderPräsentationwerdendieErgebnissestichwortartigineinerTabel-ledargestellt,dieimweiterenVerlaufderArbeitandiesemThemaergänztwird.M10 Schaubild:NürnbergalsMotoruniversellerMenschenrechte?

DasDilemmadeseinzelnen: Individuelleverantwortung

DerGrundsatz individuellerVerantwortungbringtdieoderdenEinzelnen ineineschwierigeSituation,weilsieodererständigabwägenmuss,anwelchenWerten,GesetzenundBefehlensieoderersichorientierenwillundsoll.DasbetrifftnichtnurBefehlsempfängerinnenund‑empfänger,sondernjedeoderjedeneinzelnenHandelnden.DieSchülerinnenundSchülersetzensichineinerDilemma‑Diskussion mit einer solchen Entscheidungssituation auseinander. FürdieDiskussionwerdenzweiSituationenangeboten,unterdenendieSchü-lerinnenundSchülerwählenkönnen:M11 Mord,umSchlimmereszuverhindernM12 Befehlsverweigerung

M 8

M 9

M 10

3  Methoden-

Werkstatt

18 BausteinIV|LernangebotB

SinddieMenschenrechteStrafrechtlichdurchsetzbar?

DieSchülerinnenundSchülerdiskutierenMöglichkeitenzurDurchsetzungderMenschenrechteinHinblickaufihreRealisierbarkeit.

GruppenpuzzleDieSchülerinnenundSchülerhabendieAufgabe, inStammgruppeneineeigenePositionzudenFragen„SinddieMenschenrechtemitdenMittelndes internationalen Strafrechts auf der ganzenWelt durchsetzbar?“ und„WashatderNürnbergerProzess zurDurchsetzungderMenschenrechtebeigetragen?“ zu erarbeiten und diese in der anschließenden Fishbowl‑Diskussioneinzubringenundzubegründen.DazuerhaltensievierMateria-lien,diesiein„Expertengruppen“bearbeiten.AnschließendstellensiedieErgebnisseinihrenStammgruppenvorundergänzendieTabelleM10.SiediskutierendasProundKontraundsucheneinegemeinsamePositionderGruppe,diesie inStichpunktennotieren.SiebestimmeneineSprecherinodereinenSprecherfürdieanschließendeFishbowl‑Diskussion.M13 DieAllgemeineErklärungderMenschenrechteM14 DerInternationaleStrafgerichtshofinDenHaagM15 WelcheVerpflichtungengehteinStaatmitderZustimmungzu Menschenrechtserklärungenein?M16 EinMeilensteinzurDurchsetzungderMenschenrechte

FishbowlDieSchülerinnenundSchülerstellendieMeinungderGruppedarunddis-kutierendarüber.AlsEinstiegerhaltensienocheinmaldasEingangszitatvonRobertH.Jack-son:„DerletzteSchritt,periodischwiederkehrendeKriegezuverhüten,diebei internationalerGesetzlosigkeitunvermeidlichsind, ist,dieStaatsmän-nervordemGesetzverantwortlichzumachen…“

veröffentlichung/weiterführendeuntersuchung

DieSchülerinnenundSchülerdokumentierenihreArbeitzurindividuellenVer-antwortungundzurDurchsetzungderMenschenrechte.SiepräsentierenihreArbeitundvertiefensiemitu. a.folgendenMöglichkeiten:

• ExpertenbefragungzurDurchsetzbarkeitderMenschenrechte(z. B.mitAktivistenvonMenschenrechtsinitiativen,MitarbeiterinnenundMitarbeiterndesDeutschenInstitutsfürMenschenrechteoderdesBeauftragtenderBundesregierungfürMenschenrechtspolitikundHumanitäreHilfe).DieSchülerinnenundSchülerorganisierendie

4  Methoden-

Werkstatt

M 13 - 16

  Methoden-Werkstatt

5

BausteinIV|LernangebotB 19

Expertenbefragungundführensiedurch,zurVorbereitungschicken siedenExpertinnenundExpertenFragen

• UntersuchungzuMenschenrechtsverletzungenineinzelnenLändern:NacheinerRecherchenehmendieGruppenKontaktzuGruppenauf,diesichfürdieEinhaltungderMenschenrechteindiesenLändernengagie-renundbefragensiezuihrerArbeit

• ZurVertiefungdermoralischenundjuristischenBedingungenindivi-duellerVerantwortungvonFunktionsträgernladensieinDilemmatabewanderteExpertenein(z. B.Juristen,Pfarrer)

• Schülerbefragung:DieSchülerinnenundSchülerführenanihrerSchule,inGleichaltrigengruppenoderanderensozialenNetzwerkeneineBefra-gungzurRelevanzderMenschenrechtedurch

WeiterführendeVorhaben:• ExkursionzurErinnerungsstätte„JustizgebäudeNürnberg“

FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

DieSchülerinnenundSchülerwähleneineSequenzaus,diesiegemeinsamaus-werten.DieSchülerinnenundSchülervergleichenihreAnnahmenmitdenerarbeite-tenInformationen(M10)unddenÄußerungeninderFishbowl‑Diskussion.SiebeurteilenfürsichdasProblemderDurchsetzbarkeitderMenschenrechte.

IV. Überblick Materialien

M1 ChefanklägerzurAufgabedesNürnbergerHauptkriegs‑    verbrecherprozessesM2 BertoldtBrecht:„DerhilfloseKnabe“M3 ZeitstrahlzurchronologischeEinordnungM4 DerNürnbergerHauptkriegsverbrecherprozessM5 RichardSonnenfeldtsEindrückevomProzessM6 „Erhatmir’sdochbefohlen!“M7 DieArgumentationderAngeklagtenM8 DieArgumentationdesGerichtsM9 WarendieNürnbergerProzesseSiegerjustiz?M10 Schaubild:NürnbergalsMotoruniversellerMenschenrechte?M11 Mord,umSchlimmereszuverhindernM12 BefehlsverweigerungM13 DieAllgemeineErklärungderMenschenrechteM14 DerInternationaleStrafgerichtshofinDenHaag

6  Methoden-

Werkstatt

M 10

  beiliegende CD-ROM

20 BausteinIV|LernangebotB

M15 WelcheVerpflichtungengehteinStaatmitderZustimmungzu    Menschenrechtserklärungenein?M16 EinMeilensteinzurDurchsetzungderMenschenrechte

V. Medien – Links – Kontakte

InternetbildungszentrumderStadtNürnberg:

www.bz.nuernberg.de/bzshop/publikationen/nproz/nproz.html (20.09.2010)

deutsches Historisches Museum: www.Dhm.de/lemo/html/Nachkriegsjahre/LastDerVergangenheit/ nuernbergerProzesse.html (gutgeeignetfürselbstständigeSchülerarbeiten)

FilmDasurteilvonNürnberg(uSA1961) EshandeltsichumeinfiktivesJustiz‑Drama,dieAspektederHandlung

beziehensichjedochaufdenNürnbergerHauptkriegsverbrecherpro-zessvon1947undderFilmwurdeandenOriginalschauplätzengedreht.

Buch/Zeitschriftbielefeldt,Heiner(2007):MenschenrechteinderEinwanderungsgesellschaft.

PlädoyerfüreinenaufgeklärtenMultikulturismus.BielefeldDasurteilvonNürnberg1946(2005):München(=dtv‑Dokumente)Forst,Rainer(2007):DasRechtaufRechtfertigung.Elementeeinerkonstruk-

tivistischenTheoriederGerechtigkeit.Frankfurta. M.lenhart,volker(2003):PädagogikderMenschenrechte.OpladenRadlmaier,Steffen(2001):DerNürnbergerLernprozess.VonKriegsverbre-

chernundStarreportern.Frankfurta. M. DiesesBuchversammelteineAuswahlderPresseartikelüberden

NürnbergerProzess,daruntervielevoninternationalbekanntenSchriftstellerinnenundSchriftstellern,diealsBerichterstatterinnenundBerichterstattervorOrtwaren.DieArtikelvermittelnnichtnureinBilddesProzesses,sondernauchseinesUmfeldsundseinerRezeptioninDeutschland.

Safferling,Christoph(2008):DieSignifikanzderNürnbergerProzesse. In:EinsichtenundPerspektiven,Ausgabe04/2008.München

Sonnenfeldt,RichardW.(2005):MehralseinLeben.VomjüdischenFlücht-lingsjungenzumChefdolmetscherderAnklagebeidenNürnbergerProzessenFrankfurta. M.

tagungsbericht(2007):TagungsberichtvomTribunalzumWeltgericht.NeueFragestellungenzumVerhältnisvonMenschenrechtsverbrechenund

BausteinIV|LernangebotB 21

Völkerstrafrecht60JahrenachdemNürnbergerHauptkriegsverbre-cherprozess.22.–23.11.2006,Münster.In:H‑Soz‑u‑Kult,(05.02.2007); www.hsozkult.geschichte.hu‑berlin.de/tagungsberichte/id=1480(20.09.10)

taylor,telford(1994):DieNürnbergerProzesse.München(Ausgabe2001mitdemUntertitel„Hintergründe,AnalysenundErkenntnisseausheutigerSicht)

Weinke,Anette(2009):RechtlicheZäsur.In:DasParlamentNr.46,9.Novem-ber2009,S.5

Baustein VI – Lernangebot CLeBeN IN dARFUR

BausteinIV|LernangebotC 25

Baustein IV – Lernangebot CLeBeN IN dARFUR

I. Überblick

Anhanddesseit2003andauernden(Bürger‑)Kriegs indersudanesischenRe-gionDarfur sollen dieMöglichkeiten zurDurchsetzungderMenschenrechteexemplarisch analysiert und beurteilt werden. Der (Bürger‑)Krieg in DarfurkannalsexemplarischfürdenTypuseines„neuenKrieges“(Münkler)bezeich-netwerden,weilerökologische,ökonomische,sozialeundpolitischeDimen-sionenhat,dieregional,nationalundinternationalverankertsind.DasmachtdiebisherigenFriedensinitiativensoschwierigundrelativerfolglos.DurchdieAuseinandersetzungmitdiesemKonfliktszenariowerdendieSchülerinnenundSchülerherausgefordert,sich ihreeigeneRolleundAufgabealsBürgerinnenundBürgereinerWeltgesellschaftbewusstzumachenundzureflektieren.

Aufbau

   1Wahrnehmungen zu darfur• PopkulturellerZugang:Musikvideo„LivingDarfur”derGruppeMattafix

oder• DokumentarischerZugang:„OnourWatch“vonRefugeesInternational

oder• BiografischerZugang:BerichteinesFlüchtlingsausDarfur

oder• ZugangüberKinderzeichnungen(HumanRightsWatch)

   2Subjektivevorstellungenzum(bürger-)Kriegundseinerüberwindung

   3entwicklungundHintergründedes(bürger-)Kriegs

   4NationaleInteressenundMaßnahmenderuNzurKonfliktlösung

   5Wiekannder(bürger-)Kriegbeendetwerden? Wie können Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhindert werden?

   6veröffentlichungundweiterführendeuntersuchung: Wenn Bürgerinnen und Bürger sich engagieren

   7FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

26 BausteinIV|LernangebotC

KompetenzbezügeundWerteDieSchülerinnenundSchüler

• informierensichumfassendübereinenaktuellenKonflikt,derMerk-maletypischerKriegeim21.JahrhundertaufweistundmöglicheLösungsansätze

• machensichZusammenhängevonKlimawandel,sozialenKonfliktenundFrageneinerglobalenGerechtigkeitbewusst

• könnenEmpathiefürdieSituationderMenscheninDarfurentwickeln• analysierenundbewertenHandlungsmöglichkeitenderinternationalen

Organisationen,derStaaten,derzivilgesellschaftlichenInitiativenzurVerhinderungundBekämpfungvonMenschenrechtsverletzungen

• reflektiereneigeneHandlungsmotiveundHandlungsmöglichkeitenzurDurchsetzungderMenschenrechteundpräsentierenihreErgebnisse inderSchulöffentlichkeit

Achtung vor dem Leben |Aufrichtigkeit|Bildung|Freiheit|Frieden|Gemeinwohl|Gerechtigkeit|Gleichheit|Kreativität|Respekt|Selbstbestimmung|Verantwortung|Verschiedenheit|Würde

II. FachlicheInformationen

Derseit2003andauerndeBürgerkrieginDarfur,einerimWestendesSudansgelegenenRegionvonderGrößeFrankreichs,istnichtmonokausalzuerklären,sondernberuhtaufvielfältigenUrsachen.NachAttaEl‑Battahani (2006)ver-bindensichbeidiesemBürgerkriegvierKonflikttypen.AuflokalerEbene(KonflikttypA)bestehenseitlangemAuseinandersetzungenumWasserundWeideland.DerenKnappheitnimmtinFolgedesKlimawandels,derÜbernutzungdesWeidelandesunddesBevölkerungswachstumszu.InderRegiongibtesmehralshundertStämme,unterdenenvielealsNomadenmitihrenHerdenzuWasserundWeidelandziehen,vieleaberauchseßhaftsindundAckerbaubetreiben.DieseKonfliktewurdentraditionellvondenClanchefsohneEinmischungeinerProvinzverwaltungoderderRegierunggelöst.Dieser Konflikttyp hat sich um einen „Identitätskonflikt“ zwischen Schwarz-afrikanern (Zurgha) und Arabern ausgeweitet (Konflikttyp B), obwohl beideBevölkerungsgruppenengmiteinanderverbundensind.DasAufkommendesislamischenFundamentalismusinderRegionunddieZentralregierunghabendazu beigetragen. Dieser Konflikt wird wiederum durch einen sogenanntenZentrum‑Peripherie‑Konflikt überlagert. Die Region Darfur wurde traditio-nell, auch schonwährendder britischenKolonialherrschaft, gegenüber demZentralsudanvernachlässigt,was andermangelhaftenVerkehrsinfrastrukturundeinemfehlendenflächendeckendenBildungswesenerkennbarist.„Dieda-maligeSituationinDarfurkannbeschriebenwerdenalspolitischeMarginalisie-rungundgravierendeUnterentwicklung,gekennzeichnetdurcheinenMangel

Vgl.Wertekreuz Einführung

BausteinIV|LernangebotC 27

anInfrastrukturundInvestitionen,auchinBildungundAusbildung,dasFehlengrundlegendersozialerDienste,kaumAussichtaufErwerbseinkommenunddieVerbreitungvonKleinwaffen.“ Insofern konkurriert die gesamte Bevölkerung um Macht, Ressourcen undWohlstandvorallemmitdemZentralsudan(KonflikttypC).DerBürgerkrieghataberaucheineinternationaleDimension,diederKonflikttypDkennzeichnet.China,RusslandunddieUSAhabenInteressenamZugangzudemÖlinDarfur;dieanderenafrikanischenStaatenlehnenInterventionenderUNOalsEinmi-schungindieinnerenAngelegenheitendesSudansab,weilsolcheInterventio-nensichauchgegensieselbstrichtenkönnten.MitHilfedieserKonflikttypenordnetEl‑BattahaniEreignissedesEntstehens,derEskalationdes(Bürger‑)KriegsinDarfurundderverschiedenenFriedens-initiativen.NachdemEndederKolonialzeit1956herrschtebis1983einePeri-oderelativerRuhe,inderdieElitenausdemNordendenSudanbeherrschten.Von1983bis1992 littDarfurunterDürreundHungersnöten,was zuKon-flikten zwischen den Nomaden und sesshaften Landwirten führte. DieseKonfliktewurdentraditionellvondenStämmenselbstgeregelt.Inden70erJahrenwurdedieMachtzurKonfliktregelungdenStämmengenommenundderzentralsudanesischenBürokratieübertragen.GleichzeitigbegannendieBevölkerungsgruppen sichnachZurgha (Schwarzafrikanern)und „Arabern“zuunterscheiden.DieKonflikteerhieltennunauchethnischeKategorien.DasJahr2003markiertdenBeginndesBürgerkriegs.UnterdenZurghahattensichRebellengruppengebildet,dieabernichthomogenwaren,weil siedielokalenKonflikteinsichtrugen.Soisteszuverstehen,dassderimMai2002inNigeriaausgehandelteFriedensvertragnurvoneinigenRebellengruppenangenommenwurde.NachdemFriedensvertragzwischendemNordenunddemSüdenSudans–indessenFolgeder christlicheSüdendurcheineVolksabstimmung2011 zuei-nemselbstständigenStaatwurde–schlugensichdiearabischenOrganisatio-nenvollständigaufdieSeitederRegierung.Siehofften,dieZurghavollständigzubeherrschenundvonihremLandzuvertreiben.ImApril2004wurdeeinneuerWaffenstillstandvereinbart,dervoneinerFrie-densmission der Afrikanischen Union überwacht werden sollte (AMIS). DieMissionwurdevonderEU,derNATO,denUSAundKanadaunterstützt.Siewarabernicht inderLage,denBürgerkriegeinzudämmen,dersichauchaufdieNachbarstaatenTschadunddieZentralafrikanischeRepublikausweitete.Im Juni 2005 beauftragte derUN‑Sicherheitsrat den Staatsanwalt des Inter-nationalenStrafgerichtshofs (IStGH) inDenHaagmitErmittlungen inDarfur.EineUN‑KommissionhattedenVerdachtgeäußert,inDarfurkönntenVerbre-chengegendieMenschlichkeitundKriegsverbrechenverübtwordensein.Am03.04.2009erließderIStGHaufgrunddesAntragsdesChefanklägersLuisMo-renoOcampoeinenHaftbefehl gegenden sudanesischenPräsidentenUmarHasanAhmadal‑BashirwegenVölkermords,VerbrechengegendieMensch-lichkeitundKriegsverbrecheninDarfur.Am31.Juli2007beschlossderUN‑SicherheitsratdieEinrichtungeinerneuenFriedenstruppe,dieUnitedNationsAfricanUnionMissionDarfur(UNAMID),in

Buss(2007),TeilI,S.6

28 BausteinIV|LernangebotC

derdievormaligeFriedensmissionAMISaufging.Siesollte26.000SoldatenundPolizistenumfassen.AllerdingshatsiebisheutedieSoll‑Stärkenichterreicht.InzwischensinddiekriegerischenAuseinandersetzungenabgeflaut,ohnedasssichWesentlichesanderKonfliktkonstellationgeänderthätte.DieZahlderOpferistnichtgenauzuermitteln,weildieMitarbeiterinnenundMitarbeitervonHilfsorganisationenaufAussagenvonZeugenangewiesensind.Manschätzt,dassungefähr300.000Menschengetötetundbiszu3Millionenvertriebenwurden.DiemedialeAufmerksamkeitfürdenKrieginDarfuristinDeutschlandgering.Aufgrund der großen Schwierigkeiten für Journalistinnen und JournalistenvorOrtmit öffentlichkeitswirksamenBildernüberdenKonflikt berichten zukönnen,gerätdieserimmerwiederinVergessenheitunddringendbenötigteSpendenbleibenaus.EsfehlendieBilder,diefürdiemeistenMenscheneineSituationerstrealwerdenlassenunddamitdasFundamentvonEmpathieundHilfsbereitschaftschaffenkönnen.SeitJahrenengagierensichvorallemindenUSAProminentefüreinEndedesKonfliktsinDarfurundversuchendenBlickderÖffentlichkeitaufdiesesThemazulenken.DeröffentlichenWahrnehmungdesDarfur‑Konfliktssollteauchdas2007entstandeneVideo„LivingDarfur“derbritischenBandMattafixdienen.DieausdemVerkaufderSingleerzieltenEinnahmenspendeteMattafixver-schiedenenHilfsorganisationen,umderenArbeitfürdieDarfur‑Flüchtlingezuunterstützen.FürdieAufnahmendesVideosreistederSängerMarlonRoudet-teineinFlüchtlingslagerimanDarfurangrenzendenTschad.DieEinzelschick-salederMenschendort,dasvonihnenerlitteneLeidundihrunverdrossenerLebensmutbewegtenihnsosehr,dassersichseitdemfüreinEndedesKon-fliktsengagiert.

III. Didaktisch-MethodischeAnregungen

DiesesLernangebotschreibtdieGeschichtederEntwicklungundDurchsetzungderMenschenrechte fort, indemdieChancenundGrenzenderUNunddesIStGHzurDurchsetzungderMenschenrechte im (Bürger‑)Krieg inDarfuran-schaulicherarbeitetwerdenkönnen.IndererstenSequenzkönnendieSchülerinnenundSchülerdurchunterschied-licheAngeboteeinenZugang zum (Bürger‑)Krieg inDarfur erhalten.AufderGrundlageweitererknapperInformationensollensieinderzweitenSequenzihre Vorstellungen über den Krieg und seine Überwindung artikulieren. DiedritteundvierteSequenzdientderAnalyse,sowohlderHintergründedesKrie-gesimSudanselbst,wieauchseinerinternationalenBedingungen.InderfünftenSequenzdiskutierendieSchülerinnenundSchülerLösungsmög-lichkeiten.DieDiskussionbasiertnichtnuraufdenErkenntnissenausderAna-lyse,sondernauchaufzusätzlichenInformationenausderKonfliktforschung.IndersechstenSequenzgehtesumdieFragedesbürgerschaftlichenEngage-

BausteinIV|LernangebotC 29

ments,auchweiloffensichtlichdieStaatenundinternationalenOrganisationenalleindenKriegnichtbeendenkönnenoderwollen.

Interessen‑undAnforderungsdifferenzierungNachdererstenSequenzbietensichdreiVariantenan:

• EineVariante,beideraufeinevertiefendeAnalysederHintergründeverzichtetwird:EsbleibendanndieSequenzen2 – 4 – 5miteinerAb-schlussdiskussionzumEngagement.

• EineVariante,dieallevorgegebenenMaterialienundAufgabennutzt:SieenthältAngebotefüreigenethematischeInteressenderSchülerin-nenundSchülersowieoffeneAufgaben,dievondenSchülerinnenundSchülernjenachLeistungsstandundInteresseausgestaltetwerdenkönnen.

• EinedritteVariante,beiderdieSchülerinnenundSchülerselbstdieGrundlagentexterecherchierenundanalysierensowienachihremeige-nenErkenntnisstandihreAufgabenausgestaltenkönnen.

Die Varianten können auch miteinander verbunden werden, indem unter-schiedlicheSchülergruppenunterschiedlichvorgehen.Dazubötesich fürdieSequenzenzweibisfünfdieMethodeLernwerkstattan.DieerwartetenSchwierigkeitsgradederAufgabensindaufsteigendnachein-fach / mittel / hochmitSternchengekennzeichnet//.

WahrnehmungenzuDarfur

DieSchülerinnenundSchülerwerdenanhandunterschiedlicherZugängemitderSituationderMenscheninDarfurundindenFlüchtlingslagernkonfrontiert.

PopkulturellerZugang: Musikvideo„LivingDarfur“vonMattafix/

Die Schülerinnenund Schüler sehendasMusikvideo „LivingDarfur“ vonMattafix.BegleitendkönnendieLernendendenTextdesLiedeslesen.An-schließendkanndasMusikvideoanhandfolgenderFragenbesprochenwer-den:Wer istMattafix?WelcheGefühle löstdasVideoaus?WelcheZielekönnteMatafixmitdemMusikvideoverfolgen? M1 Musikvideo„LivingDarfur“vonMattafix (2007,4Minuten19Sekunden)

oder

DokumentarischerZugang: „OnOurWatch“vonRefugeesInternational

DieSchülerinnenundSchülersehendenDokumentarfilm„Onourwatch–Adocumentaryaboutgenocide inDarfur“ (2006,11Minuten)vonder

1M 1

M 2

30 BausteinIV|LernangebotC

MenschenrechtsorganisationRefugeesInternational.DieimFilmzuWortkommendenBetroffenenbeschreibenzumTeilsehrbrutaleundverstören-deEreignisse.DieSchülerinnenundSchülermachensichNotizenzudenfol-gendenFragen,dieanschließendinderLerngruppebesprochenwerden:• WaszeigtdasVideo?WelcheGefühlelöstderFilmaus?WelcheGründe

könntenRefugeesInternationalbewogenhaben,diesenFilmdrehenzulassen?IstderBürgerkriegauchfüruns(inDeutschland)vonInteresse?

M2 Dokumentarfilm„Onourwatch–Adocumentaryabout genocideinDarfur“(2006,11Minuten)

oder

BiografischerZugang: BerichteinesFlüchtlingsausDarfur

DieSchülerinnenundSchülerleseneinenTextvonDaoudHari,deraussei-nerHeimatDarfurfliehenmussteundindenletztenJahrenunteranderemfürdieUNalsÜbersetzertätigwar.InseinemBuch„DerÜbersetzer“be-richtetHaridetailliertüberdenKrieginDarfur.InPartnerarbeittauschensichdieLernendenüberdiezentralenAussagendesAutorsundseinePo-sitionaus,dassderKonfliktvonöffentlichemInteressesei.SiestellenihreÜberlegungenanschließendimUnterrichtsgesprächvor.M3 DaoudHari:DerÜbersetzer–LebenundSterbeninDarfur

Anschließend lesen siedieÜberlegungen ihrerMitschülerinnenundMit-schülerineinemGalleryWalkundergänzensie.ImPlenumdiskutierensieihreEindrücke.

Subjektivevorstellungenzum(bürger-)Kriegundseinerüberwindung/

DieSchülerinnenundSchüler leseneinenkurzenInformationstextzum(Bür-ger‑)KrieginDarfur.GemeinsammiteinerLernpartnerinodereinemLernpart-nerbesprechensiedenInhalt,sammelnersteVermutungen,wiederKonfliktgelöstwerdenkönnte,welcheBedeutungdieserKonfliktfürsieselbsthatundwelchenFragenzumKonfliktsieimweiterenVerlaufdesUnterrichtsnachge-henwollen.IhreVermutungenundFragenschreibensieauf.

M4 DerDarfur‑KonfliktimSudan

M 3

Methoden-Werkstatt

2M 4

BausteinIV|LernangebotC 31

entwicklungundHintergründe des(bürger-)Kriegs/

DieSchülerinnenundSchülererarbeiteninmehrerenaufgabengleichenKlein-gruppen InformationenzurEntwicklungunddenHintergründendesKrieges.Sie könnendazudieMaterialien nutzenoder auchdieHintergrundtexte re-cherchieren.SiepräsentierenihreErgebnisseineinerselbstgewähltenForm.Enthaltenseinsollten:Grundlageninformationen,aktuelleEntwicklungenundHintergründedes(Bürger‑)KriegsinDarfur.

M5 Grundlageninformationen,aktuelleEntwicklungenund Hintergründedes(Bürger‑)KriegsinDarfur–AufgabenM5a TraditionelleKonfliktlösungM5b Hintergründedes(Bürger‑)KriegsinDarfurM5c Konflikttypenim(Bürger‑)KrieginDarfur

NationaleInteressenundMassnahmenderuN zurKonfliktlösung

DieSchülerinnenundSchülererarbeitenwiederuminmehrerenaufgabenglei-chenKleingruppenInformationenzudenInteressenChinas,RusslandsunddenUSAundschätzendieWirkungderEntschließungdesUN‑SicherheitsratszurEinrichtungderUNAMIDein.MiteinerSimulationeinerSitzungdesSicherheitsratsderUNüberdieLageinDarfurodereineranderenFormpräsentierensieihreErgebnisse.Hierzuwer-dendiefolgendenMaterialienzurVerfügunggestellt:

M6 InteresseneinigerVetomächteimUN‑Sicherheitsratund MassnahmenderUNzurKonfliktlösung–Aufgaben

M6aInteressenChinas,RusslandsundderUSAM6b ResolutiondesUN‑Sicherheitsratsvom31.07.07und

KommentareM6cDieFriedenstruppeUNAMID

Wiekannder(bürger-)Kriegbeendetwerden?WiekönnenverbrechengegendieMenschlichkeitverhindertwerden?

• DieSchülerinnenundSchülersammelnersteIdeenzurKonfliktlösung.SiestellensichgegenseitigihreIdeeninKleingruppenvorundschrei-bendieIdeen,dieihnenalswichtigsteerscheinen,aufeingroßesBlattPapier,dasimRaumaufgehängtwird.SieerläuternihreIdeenderLern-

3M 5 a–c

  Methoden-Werkstatt

4M 6 a–c

5

32 BausteinIV|LernangebotC

gruppe.DiePädagoginoderderPädagogekanndieunterschiedlichenVorschlägekommentieren.

• DieSchülerinnenundSchülerbereitensichindenKleingruppenaufeineDiskussionzudenMöglichkeiteneinerKonfliktlösungvor.DazulesenunddiskutierensieinihrenKleingruppenzweiweitereMaterialien.SieeinigensichaufeinenoderzweiVorschlägeundbestimmeneineGrup-pensprecherinodereinenGruppensprecher.

M7 EinestrafrechtlicheVerfolgungmachtFriedenüberhaupterstmöglich

M8 WeitereVorschlägezurÜberwindungdes(Bürger‑)Kriegs

• DieSchülerinnenundSchülerdiskutierendieChancenundRisikenderunterschiedlichenVorschlägezurKonfliktlösungmitderMethodeFishbowl.

veröffentlichungundweiterführendeuntersuchung:Wennbürgerinnenundbürgersichengagieren

Die Schülerinnen und Schüler diskutieren Zielsetzungen undWirksamkeit einesbürgerschaftlichen Engagements zur Überwindung des (Bürger‑)Krieges inDarfur.

• DieSchülerinnenundSchüleranalysierendieKampagneneinigerOrga-nisationen,diesichfürdieBeendigungdesKriegesinDarfurengagierenundschätzenihreWirksamkeitmitdemMaterialein.

M9 ZieleinigerKampagnenundderenWirkungen

• SiedokumentierenihreArbeitsergebnisseundpräsentierensie,z. B.inszenischerForm,inderSchule;ebensoinihremFreundeskreisundinanderensozialenNetzwerken.

• DieSchülerinnenundSchülerführeneinExpertengesprächzuHand-lungsmöglichkeitenmiteinerVertreterinodereinemVertreterseinerOrganisation,diesichinDarfurengagiert.

• SieladenFlüchtlingeausdemSudaneinundlassensichvonihnenüberdieLageimLandinformieren.

• DieSchülerinnenundSchülerdiskutierensubjektiveMotivefüreineigenesEngagement.

• SiediskutierendieMitarbeitineinerMenschenrechtsinitiativeoderAgenda21–Gruppe(eineEntscheidungtrifftjedeundjederfürsich).

M 7, 8

  Methoden-Werkstatt

Fishbowl

6M 9

BausteinIV|LernangebotC 33

FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

DieSchülerinnenundSchüler schätzeneinenAspekt ihrerArbeitamThemanacheinerFeedbackmethodeein.SiewählenMaterialienfürihrPortfolioausundbearbeitendieAnregungen.

IV. Überblick Materialien

M1 Musikvideo„LivingDarfur”vonMattafix (2007,4Minuten19Sekunden)

M2 Dokumentarfilm„Onourwatch–AdocumentaryaboutgenocideinDarfur“(2006,11Minuten)

M3 DaoudHari:DerÜbersetzer–LebenundSterbeninDarfurM4 DerDarfur‑KonfliktimSudanM5 Grundlageninformationen,aktuelleEntwicklungenundHinter-

gründedes(Bürger‑)KriegsinDarfur–AufgabenM5a TraditionelleKonfliktlösungM5bHintergründedes(Bürger‑)KriegsinDarfurM5cKonflikttypenim(Bürger‑)KrieginDarfurM6 InteresseneinigerVetomächteimUN‑SicherheitsratundMassnah-

menderUNzurKonfliktlösung–AufgabenM6aInteressenChinas,RusslandsundderUSAM6b ResolutiondesUN‑Sicherheitsratsvom31.07.07undKommentareM6cDieFriedenstruppeUNAMIDM7 EinestrafrechtlicheVerfolgungmachtFriedenüberhaupterst

möglichM8 WeitereVorschlägezurÜberwindungdes(Bürger‑)KriegsM9 ZieleinigerKampagnenundderenWirkungen

V. Medien – Links – Kontakte

Auer,Kathrin(2009):Konfliktanalyse–EinUnterrichtsentwurf www.3071.nibis.de/inhalte/PU/1_2009/Auer_Darfur.pdf(20.09.10)

buss,Alfred(2007):Darfur–EntwicklungeinesKonflikts.TeilI. www.amnesty‑international‑sudan.de(20.09.10)

deutscher Bundestag:Darfur–EineKonfliktanalyse;durchgeführtvom Otto‑Suhr‑InstitutimAuftragdesDeutschenBundestages.o. J.

el-battahani,Atta(2006):LokaleUrsachen–globaleFolgen.In:ZeitschriftfürEntwicklungundZusammenarbeit11/2006 www.inwent.org,StichwortArchivDarfur(20.09.10)

Hari,Daoud(2008):DerÜbersetzer–LebenundSterbeninDarfur.München.

7  beiliegende

CD-ROM

34 BausteinIV|LernangebotC

Khalafalla,KhalidY.(2005):DerKonfliktinDarfur.In:AusPolitikundZeitge-schichte4/2005,BeilagezurWochenzeitungdasParlament

Mosthaf,Julia(2010):Darfur–EntwicklungeinesKonflikts.TeilII www.amnesty‑international‑sudan.de(20.09.10)

Pamuk,ulrike(2009):DerDarfur‑Konflikt.MachtundOhnmachtderinter-nationalenhumanitärenHilfeunddieRelevanzdesCodeofConduct.Dissertation.Freiburgi. Br. www.freidok.uni‑freiburg.de/volltexte/7508/pdf/Pamuk_Darfur.pdf(20.09.10)

Strube-edelmann,birgit(2006):DerDarfur‑Konflikt.GeneseundVerlauf.WissenschaftlicherDienstdesdeutschenBundestages www.bundestag.de/dokumente/analysen/2006/Der_Darfur_‑_Kon-flikt_‑_Genese_und_Verlauf.pdf(20.09.10)

www.agenda21-treffpunkt.de/dossier/Darfur-Konflikt.htmwww.hund-goeschel.deHomepagederFamilieHund‑Goeschel(20.09.10)ZentrumfürinternationalFriedenseinsätze(zif)(2009):Konfliktübersicht–

Darfur(Sudan) www.zif‑berlin.org/fileadmin/uploads/analyse/dokumente/veroeffent-lichungen/Darfur_April_o9_final_pdf(20.09.10)

AdresseneinigerKampagnen:www.amnesty-international-sudan.de(20.09.10)www.hrw.org/de(20.09.10)www.refugeesinternational.org(20.09.10)www.savedarfur.org(20.09.10)www.sos-darfur.de20.09.10)www.unicef.de/index.php?id=1475(20.09.10)www.wagingpeace.info(20.09.10)

Hands Across the Campus

Baustein IV – Lernangebot dSüDAFRIKAIMübeRGANGvoNDeR

APARtHeIDZuRDeMoKRAtIe

Baustein IV | Lernangebot D 37

Baustein IV – Lernangebot dSüDAFRIKAIMübeRGANGvoNDeRAPARtHeIDZuRDeMoKRAtIe

I. Überblick

Südafrika hat einen gewaltigen gesellschaftlichen Umbruch, nämlich denÜbergangvoneinerrassistischbegründetenDiktatureinerMinderheithinzueinerDemokratie, vollzogen. Es hat Institutionen für einenUmgangmit derVergangenheitgeschaffen,dieChancenfüreinegemeinsameZukunftdertiefgespaltenenGesellschafteröffnen sollenunddie für andere Länder ineinerUmbruchssituationvongroßemInteressesind.AusdiesemKontextwerdenzweiSchwerpunkteherausgehoben:dieArbeitderWahrheits‑undVersöhnungskommissionunddiePersonNelsonMandelas.DieWahrheits‑ und Versöhnungskommission in Südafrika – und andere ver-gleichbare InstitutionenderAuseinandersetzungmitVerbrechen, SchuldundSühne–isteinVersuch,dieVergangenheitzu„bewältigen“,Gerechtigkeit(wie-der) herzustellen und dieMenschenrechte durchzusetzen. Die AnerkennungundDurchsetzungderMenschenrechtesinddasHauptthemadiesesBausteins.DieAuseinandersetzungmitderRolle,dieNelsonMandelabeiderÜberwin-dungderApartheidgespielthat, regtdieSchülerinnenundSchülerdazuan,übereinEngagementingesellschaftlichenFragennachzudenken.Sieerkennen,dass die Menschenrechte mit nationalen und internationalen Institutionen alleinoffensichtlichnichtdurchsetzbarsind.

Aufbau

   1vorstellungenvonundInteressenanSüdafrika• Präsentation:EineReisedurchSüdafrikaoder• Präsentation:SüdafrikanischeMusikoder• Präsentation:LebensbedingungenvonJugendlicheninSüdafrikaoder• Präsentation:Fußball‑WM2010inSüdafrika

   2vonderApartheidzurDemokratie

   3DieRollevonNelsonMandelabeiderAbschaffungderApartheid

   4DieWahrheits-undversöhnungskommissioninSüdafrika• Begriffsklärung:Vergebung,Versöhnung,Verantwortung• Filmanalyse:DieFarbederWahrheit• Analyse:BedeutungderWahrheits‑undVersöhnungskommission

38 BausteinIV|LernangebotD

   5Was ist der beste Weg?• Debatte:UmbruchinSimalaya

oder• GruppenarbeitundFishbowl:VergleichAmnestie‑,Strafverfolgung‑,

Wahrheits‑undVersöhnungskommission

   6veröffentlichung/weiterführendeuntersuchung

   7FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

KompetenzbezügeundWerteDieSchülerinnenundSchüler

• weckenbeiMitschülerinnenundMitschülernInteresseanSüdafrika• analysierendieHerausforderungen,diederÜbergangvonderApart-

heidzurDemokratieandasZusammenlebenderBevölkerungsgruppenstellt

• analysierendieArbeitderWahrheits‑undVersöhnungskommis-sionnachihremBeitragzurIntegrationeinergespaltenenGesell-schaft,vergleichenundbeurteilenihreMöglichkeitenmitanderenVorgehensweisen

• entwickelneigenständigePräsentationsformen• übendieZusammenarbeitmiteinerLernpartnerinodereinem

LernpartnerundinKleingruppen• übendieselbstständigePlanung,DurchführungundAuswertung

kleinerVorhaben

Achtung vor dem Leben |Aufrichtigkeit|Bildung|Freiheit| Frieden|Gemeinwohl|Gerechtigkeit|Gleichheit|Kreativität|Respekt|Selbstbestimmung|Verantwortung|Verschiedenheit|Würde

II. FachlicheInformationen

ÜberblicküberdieGeschichteSüdafrikasseitBeginnderKolonisierung

1652gründetedieNiederländischeOstindien‑KompaniedieersteVersorgungs-stationamKapderGutenHoffnung.DamitbeganndieholländischeKolonial‑zeit in Südafrika. Die „Kapländer“ (Buren) brachten Sklaven aus Indonesien,MadagaskarundIndieninsLand,derenNachkommenspäterals„Farbige“ka-tegorisiertwurdenundverdrängtendieSchwarzafrikaner.

Vgl.Wertekreuz Einführung

Hands Across the Campus

Baustein IV | Lernangebot D 39

ZuBeginndes19.JahrhundertsbesetztenTruppenGroßbritanniensdasLand.ImJahre1833wurdeimbritischenEmpiredieSklavereiabgeschafft,wasdieBurenalsExistenzbedrohungansahen.SieentzogensichdembritischenEin-fluss,wandertennachNorden(„GroßerTreck“von1835–1841)undgründetendortunabhängigeBuren‑Republiken.NachzweiKriegenerrangendieBritenauchdieKontrolleüberdieburischenRepubliken.DieBurenerhieltenaberweitreichendeRechte,auchbezogenaufdieRassentrennung.1910wurdeausdenverschiedenenProvinzendieSüdafrikanischeUniongebil-det.DerGegensatzzwischenderenglischsprachigenundderburischenBevöl-kerungsgruppeprägtedasLandbiszumEndedesZweitenWeltkriegs.

DieApartheidMitdemSiegderburischenNationalPartybeiderParlamentswahl1948be-ganneineneueÄradergesetzlichgeregeltenRassentrennung.Vor 1948war die Bevölkerungsgruppe der Schwarzafrikaner von der PolitikundhöherenPositioneninderWirtschaftausgeschlossen.DieRassentrennung(Apartheid)warzumTeildurchdasGesetzundzumTeildurchinoffizielleDis-kriminierunggegeben.DieOrdnungwarjedochnichtsehrstrikt.Esgabdurch-aus„Farbige“,dieneben„Weißen“wohnten,imStadtzentrumihreGeschäftetätigtenoder„Schwarze“,dieaußerhalbihrerReservate(fürdie„Schwarzen“bestimmteWohngebiete)ihreFarmenbewirtschafteten.DieseGewohnheits-rechte beseitigte die neue Regierung mit diversen Maßnahmen. Als ErstesteiltensiedieganzesüdafrikanischeBevölkerunginvierKlassenein:„Weiße“,„Schwarze“,„Farbige“und„Asiaten“.DieZuordnungzueinerdieserGruppenerfolgtenachbestimmtenKriterien,dienichtimmerleichtanzuwendenwaren.Sokamenz. B.beiderEinordnungvon„Farbigen“und„Schwarzen“verschiedeneTestszumEinsatz,wiezumBei-spiel,obeinindieHaaregesteckterStiftherunterfällt,wenndiebetreffendePersondenKopfschüttelt.FielderStiftheraus,sogaltdiePersonals„Farbi-ger“,bliebderStiftstecken,galtsieals„Schwarzer“.DieshattezurFolge,dassKurzhaarfrisurenpopulärwurden.DieentsprechendeRassenkategoriewurdealsBuchstabencodeindieAusweisdokumenteeingetragen.DieGesetzederApartheidbetrafennichtnur„Schwarze“.Auch„Farbige“und„Asiaten“ littendarunter.AlleBevölkerungsgruppensepariertensichvonein-ander.„Farbige“hieltendengleichenAbstandzu„Schwarzen“wie„Weiße“zu„Schwarzen“.DieApartheidbestimmtedasgesamteLeben.AnöffentlichenOrtenwareinestrikte Trennung von „Weißen“ und „Nicht‑Weißen“ vorgeschrieben.Misch-ehenwarenverboten.MitdemGroupAreasActvom13.Juni1950wurdedieTrennungderWohngebietefestgeschrieben.InstädtischenGebietenwurdengetrennteWohnbereichefürdieverschiedenenBevölkerungsgruppengeschaf-fen.„Schwarze“musstenaußerhalbihrerReservateeinenPasstragen.DamitsollteninstädtischenGebietennurdiejenigen„Schwarzen“geduldetwerden,diedortaucharbeiteten.

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DieSchwarzafrikanerlebteninsogenanntenTownships(Wohnsiedlungenje-weilsfürschwarze,farbigeundasiatischeBevölkerungsgruppen)amStadtrand.Nichtstädtische„Schwarze“durftensichgemäßdemNativeLawsAmendmentActvon1952ohneGenehmigungnur72StundeninStädtenaufhalten.DennochwarenderLebensstandard,dieBildungsmöglichkeiten,diemedizi-nischeVersorgungsowiedieLebenserwartungderSchwarzafrikanerhöherals in allen anderen afrikanischen Ländern.Deshalbwanderten auchwäh-rendderApartheidBewohnerausdennördlichenAnrainerstaatennachSüd-afrikaillegalein.DieApartheidwurdeindie„kleineApartheid“,auch„petty‑Apartheid“genannt,unddie„großeApartheid“unterteilt.Die „kleineApartheid“ regelte die Trennung imDienstleistungsbereich. Dar-unterfielenz. B.dasVerbotfür„Schwarze“,öffentlicheParkszubetreten,dieseparatenAbteileinöffentlichenVerkehrsmittelnoderdienachRassenzugehö-rigkeitgetrenntenSchulen.Der gesamte Alltag war von der „kleinen Apartheid“ geprägt. Unmissver-ständliche Regelungen wurden durch Schilder erreicht, auf denen, z. B. amStrand,nebeneinemVerbotfürHunde,dasVerbotfür„Nicht‑Weiße“ausge-sprochenwar.Krankenhäuser,Postgebäude,Rathäuser,BankenundToilettenhatten grundsätzlich zwei durch Schilder gekennzeichnete Eingänge. Es gabjedochauchvieleLebensbereiche, indenendieTrennungnichtklardefiniertwar.DurchMundpropagandaerfuhrmanvonRestaurantsundBars,indenen„Nicht‑Weiße“bedientwurdenoderebennichterwünschtwaren.Mutigetes-tetenständigdieGrenzenderAkzeptanzaus.Die„großeApartheid“regeltedieräumlicheTrennungiminstitutionellenMaß-stab,dieeigentlicheSegregationspolitikoderPolitikderHomelands(räumlich‑administrativdefinierteGebiete fürSchwarzafrikaner),dieunterschiedlichenZugangsmöglichkeitenzuBerufenunddasWahlrecht,dasausschließlich„Wei-ßen“vorbehaltenwar.

DieWahrheits‑undVersöhnungskommissionDie südafrikanischeWahrheits‑ undVersöhnungskommission (Truth andRe-conciliationCommission,TRC)wurdenachdemEndederApartheiddurchei-nenParlamentsbeschluss–denNationalUnityandReconciliationAct–1995geschaffen.Siewurdeeingesetzt,umMenschenrechtsverletzungen(undihreFormen) aufzuklären, die während der Apartheid begangenwordenwaren.Der Gründungsgedanke der Wahrheits‑ und Versöhnungskommission lag inderöffentlichenBezeugungundWahrnehmungderfrüherenVerbrechen.DieKommissionsetzteihreAufgabemitzweiAusschüssenum:mitdemMenschen-rechtsausschuss,zuständigfürPetitionenderOpferundöffentlicheAnhörun-gen,undmitdemAmnestieausschuss.Letztererwarbefugt,denTäterinnenundTäternimGegenzugzueinervollständigenEnthüllungdervonihnenbe-gangenenMenschenrechtsverbrechenAmnestiezugewähren.DieswareinesüdafrikanischeInnovation,dievomMusterderGeneral‑oderSelbstamnesti-en,wiesieinlateinamerikanischenLändernpraktiziertwurden,abrückte.

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Baustein IV | Lernangebot D 41

KontroversenbegleitetendieTRCseitihrerGründung.DerObersteGerichtshof(SupremeCourt)–geradedieInstanz,welchedieTRCmeidenwollte,–wurdezumSchauplatzderAngriffeaufdieKommission.EinigeAngehörigederOpferfochtendieAmnestiegesetzederTRCanundfordertenihrRecht,dieTäterin-nenundTäterzivilrechtlichzubelangen;frühereSicherheitsoffiziereundGe-nerälederApartheidversuchten,dieOpferihrerGewalttatenzumSchweigenzubringen,umderöffentlichenBloßstellungdurchdieTRCzuentgehen;undderfrüherePräsidentPieterW.BothabemühteeinordentlichesGerichtsver-fahren,umderöffentlichenAnklagezuentgehen.SchließlichkameszueinemöffentlichenProtestgegendieTRC:siereißeunnötigWundenauf,zwingedasLandindieFixierungaufdieVergangenheitstattalleKräfteaufdieBewältigungderZukunftzukonzentrieren; sie sei InstrumentdesAfrikanischenNational-kongresses(ANC),umes„denWeißenheimzuzahlen“.DieseAnsichtwarvorallemunterdenenverbreitet,die leugneten,dass„Weiße“von ihremStatuswährendderApartheidprofitierthatten.EinederwichtigstenErkenntnisseausderArbeitderTRC ist,dassder kom‑plexe Prozess der „Vergangenheitsbewältigung“ nicht durch Strafverfolgungalleinerfolgenkann,weildieseVerbrechenTeileinerlangjährigenPolitikwa-ren,dievonderweißen„Minderheit“unterstütztwurde.StrafverfolgungkannzwardemRechtgenügetun,dasRechtsbewusstseinstärken,möglicherweiseGerechtigkeitschaffen,siekannaberwederVersöhnungnocheinekollektiveErinnerungskulturerreichen.

III. Didaktisch-methodischeAnregungen

IndererstenSequenzregendieSchülerinnenundSchüler,nachdemsiesichihrVorwissenundihreVorstellungenvonSüdafrikabewusstgemachthaben,an-handeinigervorgeschlagenerodervondenSchülerinnenundSchülernselbstentwickelterThemendas Interesse ihrerMitschülerinnenundMitschüleranSüdafrikaan.InderzweitenSequenzerarbeitensichdieSchülerinnenundSchülerdieRa-dikalität des Umbruchs. Zur Veranschaulichung dienen allerdings nur TexteundBilder.DerArtikel„DasGiftderApartheid“,derfüreineJugendzeitschriftgeschriebenwurde, könnteesmit seinenAnspielungenundBeobachtungenerleichtern,denUmbruchmitseinenFolgenfürdasZusammenlebenderBe-völkerungsgruppenzuverstehen.MöglicherweisekanndiePädagoginoderderPädagogehieraucherfahrungsorientierteÜbungenderTrennungundKatego-risierungvonGruppeneinbringen.DiedritteSequenzbeleuchtetdieRolleNelsonMandelasfürdieAbschaffungderApartheid.WenigerderhistorischeZusammenhangisthierdasZiel,son-derndassdieSchülerinnenundSchülerdarübernachdenken,obeinEngage-mentfürgesellschaftlicheVeränderungenfürsieselbstvonhohemWertundMandeladafüreinVorbildseinkönnte.

42 BausteinIV|LernangebotD

InderviertenSequenzwerdendieMöglichkeitenundGrenzenderWahrheits‑undVersöhnungskommissionanalysiert.DiesewerdenvorallemimVergleichmiteinerAmnestieundderstrafrechtlichenVerfolgung,z. B.durchdenInter-nationalenStrafgerichtshof,anschaulich.InderfünftenSequenzwerdendieErkenntnisseüberdieWirkungenverschie-dener Formen und Institutionen der „Vergangenheitsbewältigung“ vertieft:durcheineSimulationeinerentscheidendenSitzungeinesfiktivenStaateszumUmgangmitdenVerbrechenineinerDiktaturodereineFishbowl‑Diskussion.Die Schülerinnen und Schüler können eine begründete Vorstellung von denWegenundSchwierigkeitengewinnen,gespalteneGesellschaftenzusammen-zuführen.DieDilemmataderEntscheidungsfindungsprozesseaufgrundunter-schiedlicherInteressenförderndiemoralischeUrteilsfähigkeit.IndersechstenSequenzkönnendieSchülerinnenundSchülerihreArbeitdo-kumentieren,inunterschiedlicherWeiseveröffentlichenundmitBefragungenundRecherchendieThemenvertiefen.

DifferenzierungIndererstenundzweitenSequenzkönnendieSchülerinnenundSchülerdieTeilthemenauswählenundweitereeinbringen;dieFormderPräsentationensollendieSchülerinnenundSchülerselbstbestimmenundentwickeln;esbie-ten sich kreative Formenan.Die vierte Sequenz ist analytisch; durchunter-schiedlicheMedienundkooperativenArbeitsformenkönnenalleSchülerinnenund Schüler in dieAufgaben einbezogenwerden.Die fünfte Sequenz bietetwiederumeindifferenziertesLernarrangementzurAnregungenkreativerundsprachlicherFähigkeiten.DieSequenzeneinsbisvierkönnenauchalsLernwerkstattgestaltetwerden.DieMaterialienundAufgabensindnachdenerwartetenSchwierigkeitsgradenaufsteigendnacheinfach / mittel / hoch// gekennzeichnet.

vorstellungenvonundInteressenanSüdafrika

Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sichmit ausgewähltenAspektenSüdafrikas,umsichihreeigenenVorstellungenvonSüdafrikabewusstzuma-chenundInteressenanSüdafrikazuwecken.

Die Schülerinnen und Schüler betrachten in Kleingruppen Bilder und lesenkurze Texte zu Südafrika. Sie sollen dabei herausfinden,was sie interessiertundwassieschonwissen.Dazueignensich,fallskeineBücheroderBildbändevorhandensind,dieuntenangegebenenSeiten.DieSchülerinnenundSchülerschreibenindenKleingruppenihreVorstellungenundInteressenauf.www.touring‑afrika.de/de/suedafrika/index.htm(20.09.2010)www.suedafrika.net(20.9.2010)

1

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Baustein IV | Lernangebot D 43

Die Schülerinnen und Schülerwählen dann eins der vorgegebenen ThemenoderfindeneineigenesThema,anhanddessensiedasInteresseihrerMitschü-lerinnenundMitschüleranSüdafrikawecken.SiebildenInteressengruppen,indenensiedasThemabearbeitenundeinePräsentationentwickeln,derenFormsieselbstbestimmen.DaskanneinekurzeRede,eineBildpräsentation,einekurzeSpielszeneoderaucheinGallery‑walksein.SieschätzenihrePräsentati-onnachvorhervereinbartenKriterienselbstein.

Präsentation:EineReisedurchSüdafrikaDieSchülerinnenundSchülerplanenfürihreMitschülerinnenundMitschü-lereineSüdafrikareisezuOrtenundSehenswürdigkeiten,diesieselbstgernbesuchenwürden.AlsHilfsmittelstehenihnenReiseprospektebzw.dieo. g.WebseitenzurVerfügung. M1 EineReisedurchSüdafrika

Präsentation:SüdafrikanischeMusikDie Schülerinnenund Schülerwählen südafrikanischeMusiktitel aus, diesiegutfinden,spielensieihrenMitschülerinnenundMitschülernvorundkommentierensie.AnregungenfürdieRechercheenthältdasMaterial. M2 SüdafrikanischeMusik

Präsentation:LebensbedingungenvonJugendlicheninSüdafrikaDieSchülerinnenundSchülervergleichendasLebenschwarzersüdafrika-nischerJugendlichermitdemmitteleuropäischerJugendlicher.Siestellenmithilfe der gewählten Präsentationsform dar, was sie interessant undwichtigfinden.M3 LebensbedingungenJugendlicherinSüdafrika

Präsentation:Fussball‑Weltmeisterschaft2010inSüdafrikaDieSchülerinnenundSchülerstellenInformationenzurBedeutungzusam-men,diedieWMfürSüdafrikahatte.M4 Fussball‑WMinSüdafrika2010

vonderApartheidzurDemokratie

DieSchülerinnenundSchülererarbeitensicheinVerständnisfürdieAuswir-kungenderApartheidaufdieMenschenbisindieheutigeZeit.

• JedeSchülerinundjederSchülerbearbeitetzusammenmitseiner Lernpartnerinbzw.seinemLernpartnereinenderfolgendenTexte.

  Methoden-WerkstattLernzenario

M 1

M 2

M 3

M 4

2

44 BausteinIV|LernangebotD

DasGiftderApartheid EinArtikelauseinerJugendzeitschrift(2007)mitKommentaren,diezuwei-tergehendenRecherchenanregenM5 DasGiftderApartheid

WasistApartheid?M6 WasistApartheid?

DieGeschichtederApartheidM7 DieGeschichteSüdafrikas

ApartheidimAlltag(Foto)DieseFotoserhaltenalleLernpaarezusätzlichzudemvonihnengewähltenText.UmsichdieApartheidundihreFolgenanschaulichzumachen,schrei-bensieinKleingruppeneinenText,entwickelnSpielszenen,erarbeiteneinfiktivesInterviewmiteinerSüdafrikanerinodereinemSüdafrikaneru. ä.DieKleingruppen sollen so zusammen gesetztwerden, dass BearbeiterinnenundBearbeiterallerdreiTexteinallenGruppenvertretensind.Istdiesnichtmöglich,musseinekurzePräsentationderArbeitsergebnisseeingeschobenwerden.DieKleingruppenarbeitsolldamitbeginnen,dasssichdieSchüle-rinnenundSchülergegenseitigdieErgebnisseihrerTextarbeitvorstellen.M8 ApartheidimAlltag(Fotoband)

DieRollevonNelsonMandelabeiderAbschaffungderApartheid

Die Schülerinnen und Schüler informieren sich über die RolleMandelas imKampf gegen die Apartheid und diskutieren, ob er für sie ein Vorbild seinkönnte.

DieRolleNelsonMandelasbeiderÜberwindungderApartheidDieSchülerinnenundSchülerlesendenText. M9 DieRolleNelsonMandelasbeiderÜberwindungderApartheid

oder SielesendengleichnamigenkürzerenTextundbearbeitendieAufgabenmitihrerLernpartnerinoderihremLernpartner.M10 DieRolleNelsonMandelasbeiderÜberwindungderApartheid    (kürzererText)

ImanschließendenUnterrichtsgesprächstellensieihreErgebnissederLern-gruppevorundvergleichensie.

M 5 – 8

3M 9

M 10

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Baustein IV | Lernangebot D 45

Siediskutieren,obMandelafürsieeinVorbildseinkönnte.ZurVorberei-tungdieserDiskussionüberlegensiejederfürsich,obsieeinVorbildhabenundwerfürsiealsVorbild inFragekommt.Mit ihrerLernpartnerinoderihremLernpartnertauschensiesichüberihreVorbilderausundbegründenihreWahl.AnschließendbildensieVierergruppen,stellenihreBegründun-genvorunddiskutierensie.

DieWahrheits-undversöhnungskommissioninSüdafrika

DieSchülerinnenundSchülerinformierensichüberdieArbeitderWahrheits‑undVersöhnungskommissionundanalysierenihreWirkungenundGrenzen.

Begriffsklärung:Vergebung,Versöhnung,Verantwortung/AnhandeigenerErfahrungensetzensichdieSchülerinnenundSchülermitdenBegriffenVergebung,VersöhnungundVerantwortungauseinander.AufKartennotierensiemit ihrerLernpartnerinbzw.mit ihremLernpart-ner ihre Assoziationen zu den Begriffen sowie Situationen, in denen siejemandemvergeben,sichversöhntoderindenensieVerantwortungüber-nommen haben. Sie vergleichen ihre Assoziationen und Erfahrungen inVierergruppen.ImPlenumwerdendieKartendanngeordnetundeinge-meinsamesVerständnisderBegriffeerarbeitet.StattderKartenkönnendieSchülerinnenundSchüleraucheineCollagezudenBegriffenentwerfenoderBilderauswählen,diedieBegriffeillustrieren.

Filmanalyse:DieFarbederWahrheitAmBeispieleinesschwarzenStudentenführerswirddieArbeitderWahr-heits‑undVersöhnungskommissionanschaulichdargestellt.M11 DieFarbederWahrheit

Analyse:MöglichkeitenundGrenzenderWahrheits‑undVersöhnungskommission/

DieSchülerinnenundSchülerermittelninPartnerarbeitZieleundErgebnis-sederWahrheits‑undVersöhnungskommission.SiestellenihreBefundeinderLerngruppevorunddiskutieren,obVersöhnungohneeinestrafrechtli-cheVerfolgungerreichtwerdenkann.IneinemzweitenSchrittschätzensiediekonkretenMöglichkeitenderWahr-heits‑ und Versöhnungskommission ein, vergleichen sie mit den dort ge-nanntenUntersuchungsergebnissenundvergleichendiesemitihreneigenenÜberlegungen.ImabschließendenUnterrichtsgesprächvergleichensiedieWirkungenei-nerAmnestie,derStrafverfolgungdurchdenInternationalenStrafgerichts-hof(IStGH)undderWahrheits‑undVersöhnungskommission.

4

M 11

M 12, 13

46 BausteinIV|LernangebotD

BeiBedarfwird zuBeginndesUnterrichtsgesprächsdasVerständnisvoneinerAmnestieunddieAufgabendesIStGHgeklärt.M12 ZieleundErgebnissederWahrheits‑undVersöhnungs‑    kommissionM12a möglicheErgebnisseM13 WaskanneineWahrheits‑undVersöhnungskommission    leisten/M14 WasbedeutetAmnestie?M15 DerInternationaleStrafgerichtshof(IStGH)

WasistderbesteWeg?

DieSchülerinnenundSchülervertiefen ihrVerständnis fürdieMöglichkeitenundGrenzen,VersöhnungineinertiefgespaltetenGesellschaftdurchAmnestie,Strafverfolgung(durchdenInternationalenGerichtshof)oderdurcheineWahr-heits‑undVersöhnungskommissionzuerreichen.Daskannerfolgenmittels:

Debatten:UmbruchinSimalaya/ NachdemSturzeinerDiktaturimfiktivenLandSimalayastreitenderGene-ralstabschefderArmee,diePräsidentinderVerbändederpolitischVerfolg-tenunddiePräsidentindesUnternehmerverbandesüberdenUmgangmitderVergangenheit.SiebefürwortenunterschiedlicheStrategien.AufeinerSitzungdieserdreiPersonensolleineEntscheidungfallen.EineVertreterinodereinVertreterderUNOsolldieseSitzungmoderieren.DieSchülerinnenundSchülerbereiteninGruppendieArgumentationvor.VertreterinnenundVertreterderGruppenführendieDebatte.M16 UmbruchinSimalaya–Aufgaben

oder

GruppenarbeitundFishbowl:VergleichAmnestie–Strafverfolgung‑Wahrheits‑undVer‑söhnungskommission/

DieSchülerinnenundSchülerstellendieChancenundGrenzenderdreiAn-sätzeinGruppenarbeitzusammen.SiediskutierenihreErgebnisseanschlie-ßendineinerFishbowl‑Runde.

M 12 – 15

5

M 16

  Methoden-Werkstatt

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Baustein IV | Lernangebot D 47

veröffentlichung/weiterführendeuntersuchung

DieSchülerinnenundSchülerdiskutierendieimFolgendendargestelltenMög-lichkeitenzurVeröffentlichungundweiterführendenUntersuchungoderentwi-ckelneigeneIdeen.DieSchülerinnenundSchülerkönnenauchunterschiedlicheVorhabenrealisieren,zurDokumentationsollenaberallebeitragen.

• DieSchülerinnenundSchülerdokumentierenihreArbeitzumVorbildundzurWahrheits‑undVersöhnungskommissionundstellensieinderSchulöffentlichkeitvor.

• SieschickenihreDokumentationzumVorbildanPolitikerundfragensienachderVorbildfunktiondeutscherPolitiker.

• SieproduziereneineszenischeDarstellungzuAusgrenzungundihrenFolgen,diesieinoderaußerhalbderSchulevorstellen.

• SiespielenaufKlassen‑undSchulfestensüdafrikanischeMusikundberichtendabeikurzvonihrerArbeit.

• SieführeneinExpertengesprächmitVertreterinnenoderVertreternvonMenschenrechtsinitiativenzudenWirkungeneinerWahrheits‑undVersöhnungskommission.

• SieuntersuchenWahrheits‑undVersöhnungskommissioneninanderenLändern.

• SiebesuchensüdafrikanischeTheaterstücke,Musikaufführungen,sehensüdafrikanischeFilme.

• SiesehengemeinsamdenFilm„Tsotsi“(2005)undbesprechenihn. www.trailertime.de/archiv/tsotsi‑trailer.html(20.09.10)

• Sieuntersuchen,wiesichdieKriminalitätinSüdafrikaentwickelt.• EineKleingruppestelltdasBuch:vanDijk,Lutz(2000):TownshipBlues,

Münchenvor.• EineKleingruppestelltdasBuch–KasigeLesegoMolope(2009):Im

SchattendesZitronenbaums–vor.

FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

DieSchülerinnenundSchülerwähleneinenSchwerpunktodereineSequenzfüreinFeedbackaus.SiewählenMaterialienfürihrPortfolioausundbearbei-tendieAnregungen.

6

7

48 BausteinIV|LernangebotD

IV. Überblick Materialien

M1 EineReisedurchSüdafrika M2 SüdafrikanischeMusikM3 LebensbedingungenJugendlicherinSüdafrikaM4 FussballWMinSüdafrika2010M5 DasGiftderApartheidM6 WasistApartheid?M7 DieGeschichteSüdafrikasM8 ApartheidimAlltag(Fotoband)M9 DieRolleNelsonMandelasbeiderÜberwindungderApartheidM10 DieRolleNelsonMandelasbeiderÜberwindungderApartheid    (kürzererText)M11 DieFarbederWahrheitM12 ZieleundErgebnissederWahrheits‑undVersöhnungskommissionM12aWahrheits‑undVersöhnungskommission–möglicheErgebnisseM13 WaskanneineWahrheits‑undVersöhnungskommissionleisten?M14 WasbedeutetAmnestie?M15 DerInternationaleStrafgerichtshof(IStGH)M16 UmbruchinSimalaya–Aufgaben

V. Medien – Links – Kontakte

Andretsch,Andrea(2007):DiesüdafrikanischeWahrheits‑undVersöhnungs-kommission(Magisterarbeit).Potsdam

Film„tsotsi“(2005):www.trailertime.de/archiv/tsotsi‑trailer.html(20.09.10)Fischer,Jonathan(2010):WirtanzenalleaufdenselbenBeat.In:DieZeitvom

26.06.2010 www.zeit.de/2010/25/Musikszene‑Durban?page=1(20.09.10)

Francafrique(2007):DasGiftderApartheid.In:NEON8.01.2009 www.neon.de/kat/wissen/alltag/leben_im_ausland/175400.html(20.09.10)

Mandela,Nelson(1997):EinlangerWegzurFreiheit.Frankfurta. M.Molope,Kasigelesego(2009):ImSchattendesZitronenbaums.Baobab‑

BooksRespektstattRassismus.Film9:DieFarbederWahrheit(DVD1998,30Min.),

Ausleihe:EvangelischesZentrumfürentwicklungsbezogeneFilmarbeit,Kniebisstraße29,70188Stuttgart,Telefon:0711‑2847243,Fax:0711‑2846936,E‑Mail:[email protected] www.gep.de/ezef/index_83.htm(20.09.10)

theißen,Gunnar(1996):VergangenheitsbewältigunginSüdafrika: DieWahrheits‑undVersöhnungskommission(Diplomarbeit).Berlin

vanDijk,lutz(2000):TownshipBlues,München

  beiliegende CD-ROM

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Baustein IV | Lernangebot D 49

Wendet,Christinalivia(2009):DieWahrheits‑undVersöhnungskommissioninSüdafrika.EineWirkungsanalyse(Dissertation).Berlin

www.planet-wissen.deStichwortSüdafrika(20.09.10)www.suedafrika.net (20.09.10)www.touring-afrika.de/suedafrika/index.htm(20.09.10)

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Baustein IV – Lernangebot eRASSISMuSHAtGeSCHICHte:

DerKolonialkrieginDeutsch-Südwestafrika (Namibia)

Baustein IV | Lernangebot E 53

Baustein IV – Lernangebot eRASSISMuSHAtGeSCHICHte:DerKolonialkrieginDeutsch-Südwestafrika (Namibia)

I. Überblick

DerKolonialkrieg inDeutsch‑Südwestafrika,demheutigenNamibia, spielt inderglobalenGeschichtederEntfesselungvonGewaltim20.JahrhunderteinebesondereRolle.ErwarderersteVölkermordinderGeschichtedesDeutschenReiches.ImKontextvonRassismusundKolonialismuswarermöglichgewordenundhatalleindadurch,dassergeschah,denBodenfürVernichtungskriegeundKonzentrationslagerimnationalsozialistischenDeutschlandbereitet.Einewei-tereVerbindunglässtsichzurEntwicklungrassistischerDenk‑undHandlungs-musterinderWeimarerRepublikundbisindieGegenwarthineinziehen.Dieses Lernangebot steht in enger Beziehung zu den Lernangeboten derBausteine:

• IVB:NürnbergerProzesse–Gerechtigkeitherstellen• IVC:LebeninDarfur• IVD:SüdafrikaimÜbergangvonderApartheidzurDemokratie

Aufbau

   1erfahrungen mit Ausgrenzung und Vorurteilen• DerMehrheitoderderMinderheitangehören• überBildersprechen

oder• überVorurteilesprechen

   2Analyseundbeurteilung:derKolonialkrieginDeutsch-Südwestafrika(Namibia)• Textanalyse:DerKolonialkrieginDeutsch‑Südwestafrika• AnalyseundDokumentation:Hintergründeundhistorische

Längsschnitte

   3umgangmitdenFolgendesKolonialkriegsinDeutsch-Südwestafrika• AnerkennungderSchuld:Entschuldigungund/oderEntschädigungder

Herero?• SollenStraßenmitNamen,diekolonialistischeBezügeaufweisen,um-

benanntwerden?

   4Was ist Rassismus?

54 BausteinIV|LernangebotE

   5veröffentlichung/weiterführendeuntersuchung

   6FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

KompetenzbezügeundWerteDieSchülerinnenundSchüler

• sensibilisierensichfürdieWirkung,welcheVorurteileundMechanis-menderAusgrenzungfürdasfriedlicheZusammenlebenundfürdiefreieEntfaltungvonMenschenhabenkönnen

• analysierenundbeurteilendenKolonialkriegimBlickaufRassismus,VölkermordundimKontextderdeutschenKolonialgeschichte

• analysierenundbeurteilenFormenderAnerkennungderSchuldundderEntschädigungdurchdieBundesrepublikDeutschland

• analysierenrassistischeDenk‑undHandlungsmusterundihreEntstehung

• entwickelnInitiativenzurDiskussionihrerArbeitsergebnisseinderschu-lischenundaußerschulischenÖffentlichkeit

• entscheidensichggf.füreinEngagementgegenrassistischeÄuße-rungenundHandlungeninderschulischenundaußerschulischenÖffentlichkeit

• planenggf.weitereUntersuchungenzumRassismus

AchtungvordemLeben|Aufrichtigkeit|Bildung|Freiheit|Frieden|Gemeinwohl|Gerechtigkeit|Gleichheit|Kreativität|Respekt|Selbstbestimmung|Verantwortung|Verschiedenheit|Würde

II. FachlicheInformationen

Am12. Januar1904brach inderKolonieDeutsch‑Südwestafrika,derheuti-genRepublikNamibia,der(sogenannte)Hereroaufstandaus.DieHererosindeinafrikanischenHirtenvolk,dasdieBantu‑Sprachespricht.Sielebtenundle-benvorallemimheutigenNamibia.DieHererobegehrtenauf,weildeutscheSiedlerinnenundSiedlerständiggegendieBestimmungendes„Schutzvertra-ges“verstießenunddieKolonialverwaltungdieSiedlerinnenundSiedlerdarannichthinderte. ImSchutzvertraghatte sichdiedeutscheKolonialverwaltungverpflichtet,dieRechtederEinheimischenzurespektieren.

HauptursachenfürdenAufstandwaren:• diezunehmendeOkkupationvonLandderHererodurchdeutscheSied-

lerinnenundSiedler• dieEinrichtungvonEingeborenenreservaten

Vgl.Wertekreuz Einführung

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Baustein IV | Lernangebot E 55

• derWuchereuropäischerHändlermitderFolgeeinerzunehmendenVerschuldungderHerero

• zunehmendeFällevonnichtgeahndetenVergewaltigungenanHererofrauen

• zunehmendeMisshandlungenvonHerero

DieErhebungdesNomadenvolkesgegenihreEntrechtungdurchdieKolonialre-gierungwurdezumAuslöserfürdenerstenvonDeutschenverübtenGenozid,indessenVerlaufrund65.000Hereround10.000AngehörigedesNama‑Volkes(dassind50 %dieserBevölkerungsgruppe)vondeutschenSoldatenunddenSiedlern umgebrachtwurden.DieNama sind einVolksstamm, der ebenfallsvorallemimheutigenNamibialebtundvondenDeutschenals„Hottentotten“bezeichnetwurde.Seit1989–Namibiawurde1990eineunabhängigeRepublik–fordernVertre-terderHereroWiedergutmachungfürdieKolonialverbrechendesDeutschenReiches.NebenReparationengehtesauchumdieAnerkennungderVerant-wortungfürdieKriegsverbrechen.100JahrenachdemBeginndesAufstandesimAugust2004batdiedamaligeBundesministerinfürwirtschaftlicheZusammenarbeitundEntwicklung,Heide-marieWieczorek‑Zeul,imNamenderBundesregierungbeieinerGedenkfeierinNamibiaumEntschuldigungund„imSinnedesgemeinsamenVaterunsersumVergebungunsererSchuld.“EineEntschädigungwurdebishermitdemVerweisaufdiehoheEntwicklungs-hilfe, die die BundesrepublikDeutschland seit derUnabhängigkeitNamibias1989aufgrundderbesonderenhistorischenVerantwortungzahlt,abgelehnt.EbensolehntedienamibischeRegierungeinevonderdeutschenRegierungan-gebotenedirekteEntschädigungszahlungandieHereroab.DieVernichtungderHererodurchdiedeutschen Soldatenund SiedlerinnenundSiedler inden Jahren1904bis1907 inderdamaligenKolonieDeutsch‑SüdwestafrikaisteinherausgehobenesBindegliedinderglobalenGeschichtederEntfesselungvonGewaltim20.Jahrhundert.ZwarwarendieVernichtungs-maßnahmennichtvonlangerHandgeplantundsystematischvorbereitetwor-den,dochzeigtsichimKontextdesVölkermordesandenHererounddenNamaerstmals eine staatlich sanktionierte, ideologischbegründeteund in breitenKreisenderGesellschaftals legitimakzeptiertePolitikderVernichtungeinergesamtenBevölkerungsgruppe.MenschlichesLeidundElenddürfennichtgegeneinanderaufgewogenundaus-gespielt,erlitteneGrausamkeitenundzugefügteQualennichtgegeneinanderaufgerechnetoderzurwechselseitigenRelativierungmissbrauchtwerden.AufderEbenemenschlichenLeidsundausderPerspektivederOpferbestehtdes-halbkeinUnterschiedzwischenVölkermorden,Massakern,VertreibungenundDeportationen.AufderanalytischenEbeneistesjedochwichtig,z. B.zwischendenerstenKonzentrationslagern,dieimKolonialkriegvondendeutschenKolo-nialbehördeninAfrikaeingerichtetwurden,unddenspäterenVerbrechendesNationalsozialismus,dieimHolocaustkulminierten,zuunterscheiden.

Zimmerer/Zeller(2004)

56 BausteinIV|LernangebotE

DasrassistischeDenkeninDeutschland,dasdenKolonialkriegmitermöglichte,lässtsichweiterverfolgeninderWeimarerRepublikamebenfallsherausgeho-benenEreignisdesUmgangsmitdensogenanntenRheinlandbastardenbishinzurassistischenDenkmusternderGegenwart.DieGeschichtederBeziehungenzwischenDeutschlandundNamibiaistkompli-ziert:WährenddieDDRdieSWAPO,dieBefreiungsorganisationderSchwarzeninNamibia,unterstützte,tatsichdieBundesrepublikDeutschland–auchnachderWiedervereinigung–schwermitderAnerkennungderinderVerantwor-tungdesDeutschenReichesbegangenenVerbrechen.DieswurdesowohlbeiStaatsbesuchendeutlichwieauch indenStrategiepapierendesAuswärtigenAmteszurEntwicklungderBeziehungenzuNamibia.

III. Didaktisch-methodischeAnregungen

ZuBeginnmachensichdieSchülerinnenundSchülereigeneErfahrungenmitAusgrenzungenund ihreWirkungbewusst.Mit dieser Erfahrung können sieihre Rezeption des Kolonialkrieges in Deutsch‑Südwestafrika sensibilisieren.SiebeziehendieseErfahrungbeiderAuseinandersetzungmitderFrage„WasistRassismus?“wiederein.InderzweitenSequenzanalysierensiedenKolonialkrieginDeutsch‑Südwestaf-rikamithilfevondreiFragen,diesieinKleingruppenarbeitsteiligbearbeiten:

• KannmandiesenKolonialkriegalsVölkermordbezeichnen?• WarRassismuseinederUrsachendesKolonialkriegs?• WasbezwecktedasDeutscheReichmitdemBesitzdiesesLandesim

SüdwestenAfrikas?Ander dritten Fragewird deutlich, dass die Schülerinnenund Schüler nichtzwingend Vorkenntnisse über die Geschichte des deutschen KaiserreichesundüberdenKolonialismusmitbringenmüssen.AllerdingssolldiePädagoginoder der Pädagoge zur Bearbeitung der dritten Frage geeigneteMaterialienbereitstellen.VordiesembreitenHintergrundsollesdenSchülerinnenundSchülernmöglichsein,denUmgangdeswiedervereinigtenDeutschlandsmitdemKolonialkriegeinschätzenzukönnen.InderviertenSequenzsetzensichdieSchülerinnenundSchüleranhandvonAlltagsbeispielen, Thesen und einer Definitionmit dem heutigen RassismusauseinanderundentwickelneinVerständnisfürdieIdeologieunddieFunktionvonRassismus.DasErgebnisihrerArbeitsollensiemöglichstineinemkreati-venProduktdarstellen.In der fünften Sequenz überlegendie Schülerinnenund Schüler,wie sie dieErgebnisseihrerArbeitinnerhalbundaußerhalbderSchulebekanntmachen,wassiealsEinzelneundalsLerngruppesinnvollgegenrassistischeDenk‑undHandlungsmuster unternehmen undwie sie ihren Fragenweiter nachgehenkönnen.AlsHilfefürihreÜberlegungenundEntscheidungenwerdenverschie-deneAnregungengemacht.

Zimmerer/Zeller(2004)

Hands Across the Campus

Baustein IV | Lernangebot E 57

DifferenzierungInteressendifferenzierungwirdermöglichtdurchunterschiedlicheThemenundAufgaben.KooperativeLernformenermöglichen,SchülerinnenundSchülerun-terschiedlicherLeistungsstärkeeinzubeziehen.Dieerwarteten SchwierigkeitsgradederBearbeitungderAufgabenundMa-terialiensindaufsteigendnacheinfach / mittel / hoch// gekenn‑zeichnet.Esbietetsichan,beieinzelnenSequenzenaußerschulischePartnerinnenundPartnereinzubeziehen.

erfahrungenmitAusgrenzungundvorurteilen

DieSchülerinnenundSchülermachensichihreeigenenErfahrungenmitAus-grenzungen undVorurteilen bewusst und sensibilisieren sich für derenWir-kung.DaskannmitfolgendenAufgabengeschehen:

DerMehrheitoderderMinderheitangehörenDiePädagoginoderderPädagogefragtmehrereeinfachepersönlicheMerk-maleab(z. B.Wermeint,blondeHaarezuhaben?WerhateineSchwester?).DieSchülerinnenundSchüler,aufdiedieszutrifft,müssenaufstehen.SiesprechenanschließendüberdasGefühl,beimAufstehenmalderMinder-heit,malderMehrheitsgruppeangehörtzuhaben.

ÜberBildersprechenDieSchülerinnenundSchülererhaltenBildervonunterschiedlichenPerso-nenundbearbeiteninKleingruppenfolgendeFragen:• „MitwelcherPersonwürdeichmichgernetreffen?“• Wielebtdiejenigebzw.derjenigewohl(Schulbildung,verheiratet / ledig,

Beruf,Wohngegend)?Anschließenderhaltendie Schülerinnenund Schülerinnen InformationenzudenLebensumständenderPersonenaufdenFotosundüberlegen,wiesieaufihreVermutungengekommensindundobihreVermutungenauchaufVorurteilenberuhen.

ÜberVorurteilesprechenDieSchülerinnenundSchülerbearbeiteninEinzelarbeitdieFrage„WelcheVorurteilekenneichausmeinemAlltagoderausGeschichten?“Anschlie-ßendstellensiesichinKleingruppenihreBeispielevorundbestimmendieFunktiondereinzelnenVorurteilefürsieselbst.ImanschließendenUnterrichtsgesprächstellensieausgewählteErgebnissevor.DieErgebnissewerdendenimMaterialgenanntenFunktionenvonVor-urteilenfürdieeinzelnenMenschenunddieGesellschaftzugeordnet. M1 FunktionenvonVorurteilen

1

M 1

58 BausteinIV|LernangebotE

Analyseundbeurteilung:DerKolonialkrieginDeutsch-Südwestafrika(Namibia)

Die Schülerinnen und Schüler informieren sich zunächst über den Aufstandder Herero und Nama sowie seine Niederschlagung. Anschließend untersu-chensieinarbeitsteiligerKleingruppenarbeitodermitihrerLernpartnerinbzw. ihremLernpartnerdiefolgendenFragen:

• KannmandiesenKolonialkriegalsVölkermordbezeichnen?• WarRassismuseinederUrsachendesKolonialkriegs?• WasbezwecktedasDeutscheReichmitdemBesitzdiesesLandesim

SüdwestenAfrikas?

Textanalyse:DerKolonialkrieginDeutsch‑Südwestafrika/Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten mit ihrer Lernpartnerin bzw. ihrem Lernpartner oder in Kleingruppen den Text „Der Kolonialkrieg inDeutsch‑Südwestafrika“undstellendiewesentlichenInformationeninei-nemGrafIZdar.Sievergleichen ihreErgebnissemiteinemanderenLern-paar bzw. einer anderen Kleingruppe, stellen Vermutungen zu den dreiFragenanundentscheidensichfürdieBearbeitungeinerdieserFragen.M2 DerKolonialkrieginNamibia

AnalyseundDokumentation:HintergründeundhistorischeLängsschnitte

DieSchülerinnenundSchülerbildenthemenbezogeneKleingruppenzudenFragenundggf.weiterenvonihneneingebrachtenAspektenundbearbei-tendieAufgabeninAnlehnungandasGruppenpuzzle.M3 AufgabeundMaterial:WarderKolonialkrieginDeutsch‑ Südwestafrika(Namibia)einVölkermord?M4 AufgabenundMaterial:WarRassismuseineUrsachefürden KolonialkrieginDeutsch‑Südwestafrika?M5 AufgabeundInformation:DasDeutscheReichals Kolonialmacht

DieKleingruppen setzen sich inder zweitenArbeitsphase so zusammen,dassinjederKleingruppeallebearbeitetenThemenundFragenvertretensind.DieSchülerinnenundSchülerinformierensichgegenseitig.AnschließendbildensiewiederihreUrsprungsgruppenundvergleichendieInformationen,diesieinderzweitenArbeitsphaseerhaltenhaben.Siear-beitenihreneuenErkenntnisseindasGrafIZein.InderviertenArbeitsphasewerdendieArbeitsergebnisseentwederinderLerngruppepräsentiertoderuntereinanderausgetauschtundverglichen.

2

M 2

  Methoden-Werkstatt

M 3–5

  Methoden-Werkstatt

Hands Across the Campus

Baustein IV | Lernangebot E 59

umgangmitdenFolgendesKolonialkriegsinDeutsch-Südwestafrika

Die Schülerinnen und Schüler diskutieren einige Aspekte des Umgangs mitdenFolgendesKolonialkriegsinDeutschland.EssollendieAspekteEntschul-digungundEntschädigungsowiederUmgangmitdurchdieKolonialgeschich-tegeprägtenDenkmusternundEinstellungenbearbeitetwerden.AlsBeispielfür solche kolonialistischen Denkmuster dient die Auseinandersetzung umStraßenumbenennungen.

DieSchülerinnenundSchülerentscheidensichzwischendenThemen: A)AnerkennungderSchuld:Entschuldigungund/oderEntschädigung derHerero?

oder

B) SollenStraßenmitNamen,diekolonialistischeBezügeaufweisen, umbenanntwerden?

Siesetzensich inGruppenmitdiesenFragenauseinanderundbereiteneinePräsentation ihrerÜberlegungenundAntworten fürdieFrageA inFormei-nerFishbowl,fürdieFrageBinFormeinerPro‑Kontra‑DiskussionodereinerExperten‑Talkshowvor.

A:Entschuldigungund/oderEntschädigungderHerero?DerUmgangmitdenFolgendesKolonialkriegs inDeutsch‑SüdwestafrikamachtsichinderGegenwartanderFrageeinerangemessenenAnerken-nungderSchuldundnachEntschädigungszahlungenandieHererofest.

Die Schülerinnen und Schülerin bereiten in Kleingruppen eine Fishbowl‑DiskussionzurFragevor:„EntschuldigungundEntschädigung–wiesollteDeutschlandmitdenVerbrechendesKolonialkriegsheuteumgehen?“

Fishbowl: JedeKleingruppebestimmteineExpertinodereinenExperten,dieoderderdiePositionderGruppeimFishbowlvertritt.M6 Entschuldigung,VergebungundEntschädigung.

B: SollenStrassenmitNamen,diekolonialistischeBezügenaufweisen, umbenanntwerden?/

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich anhand eines Zeitungsbeitragsund einer Redemit dem Sinn von Straßenumbenennungen auseinander.FürdieDarstellungdesLernprozessesundderLernergebnisseeignetsicheinePro‑Kontra‑DiskussionodereineExperten‑Talkshow.M7 SollenErinnerungenandieKolonialzeitimStadtbild    beseitigtwerden?M8 KollektivesGedächtnis

3

M 6

  Methoden-Werkstatt

Fishbowl

M 7, 8

  Methoden-Werkstatt

60 BausteinIV|LernangebotE

WasistRassismus?

DieSchülerinnenundSchüleranalysierenanhandvonAlltagssituationenras-sistische Denk‑ und Handlungsmuster. Daran entwickeln sie ein Begriffsver-ständnis vonRassismus und erkennen unterschiedliche Ebenen rassistischerDiskriminierung.ZumEinstiegkönnensichdieSchülerinnenundSchülernspontanzufolgendemZitatäußernundFragenstellen,diesieuntersuchenmöchten:„RassismusfängtimKopfan…,weilandereandersaussehen?WeilandereeineandereSprachesprechen?WeilandereeinenanderenGlaubenhaben?OdereineandereKultur?“

Die Schülerinnenund Schülerbearbeiten inKleingruppendieAufgabenundpräsentierenihreArbeitsergebnisseindenfolgendenFormen:

• SieerklärenmiteigenenWorten,wasunterRassismusverstandenwird

oder

• SiestellenjeeinBeispielfürrassistischeHandlungenaufderindividuel-lenundaufdergesellschaftlichenEbenevor

oder

• SiestelleneinBeispielmitfolgendenMerkmalenvor:eineaufrassisti-schenVorurteilenberuhendeHandlung;ausgrenzendeWirkungenfürdiebetroffenePersonundAktivitätenvonDritten,diediebetroffenePersonunterstützen

M9 FängtRassismusimKopfan?

veröffentlichung/weiterführendeuntersuchung

DieSchülerinnenundSchülerüberlegen,wiesieihreArbeitinderschulischenund außerschulischen Öffentlichkeit vorstellen undmit anderen diskutierenkönnen.Dazubietensichu. a.folgendeMöglichkeitenan:

• DokumentationeinzelnerArbeitsergebnisseundihreAusstellunginderSchule

• AngebotzurOrganisationundDurchführungvonProjektenzumThema„Rassismus“fürandereLerngruppen

• Selbstverpflichtung,dieeigeneAusdrucksweisedaraufzuüberprüfen,obsierassistischeBezügeaufweist

• IndividuellesEngagementinGruppenbzw.NetzwerkengegenRassismus• UntersuchungandereigenenSchulezumöglichengruppenspezifischen

Benachteiligungen• AufnahmevonKontaktenzuSchuleninNamibia

4

M 9

5

Hands Across the Campus

Baustein IV | Lernangebot E 61

• EntwicklungeinerDiskriminierungsagendafürdaseigeneUmfeldmitdemZielderSelbstverpflichtung

• ExpertendiskussionzudenBeziehungenzwischenDeutschlandund Namibia,insbesonderezurFragederEntschädigung,mitdeutschenPolitikern,VertreternvonMenschenrechtsgruppenundVertreternNamibias

• ExpertendiskussionmitVertreterinnenundVertreternvonInitiativengegenRassismus

• ErforschungvonStraßennamen,PlätzenundDenkmälern,dieaufdieKolonialzeitverweisendeNamenbesitzen

• ErforschungvonBezügenzurKolonialzeitinderStadtgeschichte• UntersuchungzumalltäglichenRassismus(z. B.inderSpracheoderin

derÖffentlichkeit)• VorstellungdesBuches:Timm,Uwe(2000):Moranga.München

ImZentrumvonUweTimmsRomanstehtderNama‑AufstandabderzweitenHälftedesJahres1904.DerRomanisteineCollageaushistori-schenQuellen,erzählerischenRückblickenüberdieInbesitznahmeSüd-westafrikasdurchdieWeißenundderfiktivenHandlungumden VeterinärGottschalk.

FeedbackundArbeitmitdemPortfolio

DieSchülerinnenundSchülerwähleneinenSchwerpunktodereineSequenzfürdasFeedbackaus.SiewählenwichtigeMaterialienfürihrPortfolioaus.

IV. Überblick Materialien

M1 FunktionenvonVorurteilen M2 DerKolonialkrieginNamibiaM3 WarderKolonialkrieginDeutsch‑Südwestafrika(Namibia)ein Völkermord?M4 WarRassismuseineUrsachefürdenKolonialkrieginDeutsch‑ Südwest(Namibia)?M5 DasDeutscheReichalsKolonialmachtM6 Entschuldigung,VergebungundEntschädigungM7 SollenErinnerungenandieKolonialzeitimStadtbildbeseitigt werden?M8 KollektivesGedächtnisM9 FängtRassismusimKopfan?

6  beiliegende

CD-ROM

62 BausteinIV|LernangebotE

V. Medien – Links – Kontakte

britischeKolonialherrschaftinIndien.FWu-bestellnummer4602050DieDVDbietetdokumentarischesFilm‑undBildmaterialzuzentralenThemenbereichenderbritischenKolonialpolitikinIndienvondenAnfän-genbisindiefünfzigerJahredesvorigenJahrhunderts.DieFilmsequen-zenwerdenergänztdurchBilddokumente,KartenundArbeitsmaterialinenglischerunddeutscherSprache.DieDVDeignetsichhervorragendfürfächerübergreifendesArbeiteninderOberstufe.

DeutscheKolonien.FWu-bestellnummer4602359DieDVD„DeutscheKolonien“bietetdokumentarischesFilmmaterial,Karten,Quellentexte,Biographien,Hintergrundinformationen(Zeitleiste,Links,Literatur)zuverschiedenenAspektendesdeutschenKolonialis-musinAfrika,derSüdseeundChinasowieHinweisezurunterrichtlichenBehandlungmitelfArbeitsblätternundeinemWissenstest.SiebasiertaufdergleichnamigenZDFSerievon2005.

DeutscherKolonialismusinAfrika.FWu-bestellnummer4601082ImMittelpunktstehenFilmdokumenteüberCarlPetersundseinWirkeninOstafrika,dieergänztwerdendurchBildmaterial,KartenundDokumen-tationen.MangewinntEinblickinZiele,StrukturenundMethodendesKo-lonialismusundseineAuswirkungenbisindieheutigeZeit.MithilfedieserDVDlässtsichdasThema„FilmimGeschichtsunterricht“thematisierenundproblematisieren.

InterkulturellerRatinDeutschlande. v.(2010):InternationaleWochengegenRassismus2011.Materialien.Darmstadt.

osterhammel,Jürgen(1995):Kolonialismus:Geschichte‑Forme‑Folgen.München.

Scheulen,Peter(1998):Die„Eingeborenen“Deutsch‑Südwestafrikas.IhrBildindeutschenKolonialzeitschriftenvon1884bis1918.Köln.

www.derbraunemob.de(20.01.11)timm,uwe(2000):Morenga.München.Zimmerer,Jürgen;Zeller,Joachim(Hrsg.)(2004):VölkermordinDeutsch‑Süd-

westafrika.DerKolonialkrieg(1904–1908)inNamibiaundseineFolgen.Berlin.