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AUF DEN SPUREN DES SOBEK Festschrift für Horst Beinlich zum 28. Dezember 2012 herausgegeben von Jochen Hallof J.H. Röll Studien zu den Ritualszenen altägyptischer Tempel Horst Beinlich / Jochen Hallof (Hg.) SRaT Band 12 - 2012 ISBN 978-3-89754-424-6

Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

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Ambivalent character of turtle in Egyptian magical texts and apotropaic instruments such as baby feeding cup MMA 44.4.4 and magic wands of the Middle Kingdom

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Page 1: Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

AUF DEN SPUREN DES SOBEK

Festschrift für Horst Beinlich zum 28. Dezember 2012

herausgegeben von Jochen Hallof

J.H. Röll

Studien zu den Ritualszenen altägyptischer TempelHorst Beinlich / Jochen Hallof (Hg.)

SRaT Band 12 - 2012

ISBN 978-3-89754-424-6

Page 2: Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort ......................................................................................................................................................... 7

Christine Beinlich-Seeber, Schriftenverzeichnis Horst Beinlich ...................................................................... 9

Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten ............................................ 15

Stephanie Böhm, Alles rennet, rettet - tanzet? .............................................................................................. 31

Sylvie Cauville, L’art du « copier-coller » à Philæ sous le règne de Tibère ...................................................... 49

Monika Dolinska, Military and Archaeology ............................................................................................... 57

Helga Donder, Ein Thymiaterion aus der ionischen Stadt Milet ................................................................... 65

Andreas Effland, “... we found two Ostraca ... of one of the Psusennes” ....................................................... 77

Rolf Gundlach, Gedanken zur Struktur ägyptischer Tempel ........................................................................ 89

Jochen und Gabriele Hallof, Die meroitische Inschrift REM 1138 vom Gebel Barkal ............................... 119

Olaf E. Kaper, Departing from Protocol .................................................................................................... 137

Dieter Kessler, Die juristische Relevanz der Tilgung des Amunnamens durch Echnaton ............................ 163

Carola Koch, Ein Würzburger Original ..................................................................................................... 173

Dieter Kurth, Zur theologischen Persönlichkeit des Horus von Edfu ......................................................... 179

Aliki Moustaka, Eine Alexandrinerin in Athen .......................................................................................... 187

Andreas H. Pries, Ein „Nubier“ aus der Mark Brandenburg ...................................................................... 197

Joachim Friedrich Quack, Das Dekret des Amun an Isis ............................................................................ 223

Regine Schulz – Richard Jasnow, From Sobek to Tutu ............................................................................... 245

Erika Simon, Aiakos und das Urteil des Paris ............................................................................................. 257

Martin Andreas Stadler, Eine neue Quelle zur Theologie des Sobek aus Dimê ............................................ 265

Günter Vittmann, Nachlese zur ägyptischen Wegmetaphorik .................................................................... 275

Wolfgang Waitkus, Sind die Osiriskatakomben in Karnak-Ost die endgültige Begräbnisstätte

der Osirisfigurinen? .......................................................................................................................... 297

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Schildkröte in Ritual und Magie 15

1 Einleitung

Die nachfolgende Untersuchung befasst sich mit der Frage nach der Rolle der Schildkröte in der Magie des Mittleren Reiches. Bei der Recherche hat sich ge-zeigt, dass einschlägige hermeneutische Probleme zur Schildkröte nur mit Hilfe später Quellen gelöst wer-den können. Eine zentrale Position nehmen dabei die Texte und Darstellungen der Tempel aus griechisch-römischer Zeit ein, die lange Jahre im Zentrum der Forschung von Horst Beinlich standen. Mit Hilfe der von ihm erfassten Texte und Bilder wird versucht, die altägyptischen Vorstellungen zur Schildkröte aus der älteren Zeit schärfer zu konturieren.

Ausgangspunkt ist ein Gegenstand der ägyp-tischen Lebenswirklichkeit. Bei ihm handelt sich um eine kleine Schnabeltasse, die heute im MMA unter der Inventar-Nummer 44.4.4 aufbewahrt wird (Abb. 1).1 Die Schnabeltasse wurde in der Nekropole von Lischt westlich von der Pyramide Amenemhets I. im Schutt in einem Korb liegend gefunden und war wohl nicht Bestandteil einer Grabausstattung. Sie besteht aus blauer Fayence, hat relativ kleine Ausmaße (H. 3,5 cm; Dm. 8 cm) und besitzt einen breiten oberen Lippenrand mit Vorrichtungen zum Verschließen mit einem Deckel. Die Außenseite ist mit einem antithe-tisch aufgebauten Bildfries geschmückt. Er be-ginnt auf beiden Seiten am Ausguss und endet in ei-ner weiblichen besgestaltigen Gottheit, die mittig auf der zum Gefäßausguss entgegengesetzten Seite steht. Auf der rechten Seite sind von rechts nach links die folgenden Figuren abgebildet: à eine Schildkröte, à ein schreitender Löwe, über dem sich à eine Kobra windet, à ein sogenannter Schlangenhalspanther, über dessen Rücken ein Messer zu sehen ist, à eine aufgerichtete Löwengottheit, die eine Schlange ver-zehrt und à der besgestaltige Gott Aha, der Schlan-der besgestaltige Gott Aha, der Schlan-gen fasst. Auf der gegenüberliegenden linken Seite ist die gleiche Reihe mit weitgehend denselben Tier-mächten spiegelbildlich dazu angeordnet. Von links nach rechts folgen aufeinander: ß die Schildkröte, ß ein schreitender Löwe mit einer Kobra über dem

1 Fischer, Turtles, 33 Nr. 95, Taf. 20; Patch, Gifts of the Nile, 105 Nr. 67; Allen, Art of medicine, 30-31 Nr. 23.

Rücken, ß ein sogenannter Schlangenhalspanther mit einem Messer am Rücken, ß eine aufgerichtete Nilpferdgottheit mit Messer und Schutzzeichen so-wie als Abschluss ß der besgestaltige Gott Aha.

Aufgrund der Zusammensetzung der Figuren, die in ähnlicher Form auf den Zaubermessern des MR vorkommen und dort dem Schutz des Kindes, seiner Mutter oder Amme dienen, ist ziemlich sicher, dass die Schnabeltasse für ein Kind bestimmt war. Ver-mutlich sollten die Tiermächte zusammen mit der in das Gefäß eingefüllten Flüssigkeit den Leib und das Leben des Kindes schützen.2

Die Tatsache, dass zu beiden Seiten des Ausgusses der Schnabeltasse eine Schildkröte (des Typs trionyx triunguis)3 dargestellt ist, hat Gutbub zu der Annah-me geführt,4 dass die dort platzierte Schildkröte den Ausfluss der Flüssigkeit kontrollieren sollte. Er hält die Schildkröte an dieser Stelle des Gefäßes für eine positiv konnotierte Tiermacht, ein «  animal cosmique béné-fique  ».5 Gutbub weist darauf hin, dass die von ihm vorgenommene positive Bewertung der Schildkröte nicht verallgemeinert werden darf. Denn eine Vielzahl von Belegen zeigt, dass die Schildkröte in der Vorstel-lungswelt des alten Ägypten eine ambivalente Rolle spielte. Sie wird teils als feindliche, teils als rettende Tiermacht betrachtet. Diesen Doppelaspekt der Schild-kröte haben B. van de Walle6 und H. G. Fischer7 in zwei grundlegenden Untersuchungen zur Schildkröte hervorgehoben. Van de Walle legte dabei den Schwer-punkt seiner Untersuchung auf die mit der Schildkröte verbundenen religiösen Implikationen, Fischer räumte dem archäologischen Material Priorität ein.

2 Aufgrund der Ähnlichkeit des an der Außenseite angebrach-ten Figurenfrieses mit den Tiermächten der Zaubermesser wurde das Gefäß unterschiedlich gedeutet, als “nursing cup” für das Kind (Fischer, Turtles, 33; Allen, Art of medicine, 30) oder als ein Gefäß “used to give a specific type of drink, perhaps medicine, to a young child” (Patch, Gifts of the Nile, 105).

3 In Ägypten existierten neben Trionyx triunguis die Land-schildkröte (Testudo kleinmanni) und die Salzwasserschild-kröte (Chelonia imbricata).

4 Gutbub, Tortue, passim.5 Gutbub, Tortue, 435.6 Van de Walle, Tortue, passim.7 Fischer, Turtles, passim.

Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

Hartwig Altenmüller (Hamburg)

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16 Schildkröte in Ritual und Magie

Die Schwierigkeiten für die Bestimmung der Be-deutung der Schildkröte auf der Schnabeltasse aus Lischt sowie auf den Zaubermessern des MR ergeben sich aus dem ambivalenten Wesen der Tiermacht.Zur Klärung dieser Frage werden im Folgenden vier Aspekte der Schildkröte betrachtet. (1) Der Aspekt der Schildkröte in den Ritualbildern der Tempel der griechisch-römischen Zeit; (2) der Aspekt der Schild-kröte in den Aretalogien des Sobek von Kom Ombo; (3) der Aspekt der Schildkröte in den Drohformeln der religiösen Texte; und (4) der Aspekt der Schild-kröte im Zauber für Mutter und Kind.

2 Die Verfemung der Schildkröte als Götterfeind

2.1 Das Töten der Schildkröte in den Ritualbildern der Tempel der griechisch-römischen Zeit

Die Verfemung der Schildkröte als Götterfeind wird im Papyrus Bremner-Rhind in einer Litanei, die an verschiedene Hochgötter, darunter an Re, Horus, Amun-Re, Ptah, Atum, Thot, bis hin zum König gerichtet ist, deutlich ausgesprochen. Darin wird die Schildkröte mit Apophis, dem Erzfeind des Sonnengottes, gleichgesetzt (25,19).8 Der handelnde Priester stellt fest:

„Ich habe Apophis, den Rebell, die Schildkröte, den Bösen, die Kinder der Empörer an allen ihren Stätten und an dem Ort, an dem sie waren, gefällt. Ich habe alle Feinde des Re an allen ihren Stätten und an jedem Orte niedergeworfen, an dem sie waren.“

Der negative Aspekt der Schildkröte wird auch in den Ritualbildern der Tempel der griechisch-römischen Zeit deutlich. H. Beinlich hat 18 Ritualdarstellungen aus der Zeit Ptolemaios III. Euergetes I. (246-222) bis hin zu Domitian (81-96) zum Thema des Tötens der Schildkröte zusammengestellt (Abb. 2; siehe Anhang I).

In diesen Darstellungen trägt die Schildkröte unterschiedliche Namen. Sie ist „die Schildkröte“ (Stw) oder „der Genosse des Apophis“ (Tztj n aApp), die es zu töten gilt. Andere Namen sind „Brot und Bier“ (tA-Hnqt),9 „Feigling“ (Hmtj),10 Techeb,11 Ka-meneh,12 „Ungeheuer“ (wAmmtj),13 und ähnlich. Die Ritualtitel lauten: „Töten der Schildkröte“ (smA Stw)

8 pBremner-Rhind 25,19 = Faulkner, Papyrus Bremner-Rhind (British Museum No. 10188), 54-55; Faulkner, Papyrus Bremner-Rhind III, 171.

9 Gutbub, Tortue, 426.10 Kurth, Edfou VII, 287.11 Gutbub, Tortue, 426.12 Sauneron, Remarques, 1 (§ 36).13 Aufrère, Propylône, 181.

bzw. „Töten des Genossen des Apophis“ (smA Tztj n aApp). Die Handlungen bestehen aus einem Töten mit dem Speer (Hms m Hmtj), einem Schlachten (sfT), einem Zerschneiden (Sad), einem Zerstückeln (dbdb), einem Vertreiben (dr) und aus ähnlichen Handlungen des Vernichtens.

Die Handlungen werden vom König vor dem Sonnengott oder einer Gottheit, die mit dem Sonnengott gleichgestellt ist, durchgeführt. Am häufigsten sind als Ritualempfänger die Götter Re-Harachte, Horus von Edfu und Month-Re ge-nannt. In Esna ist Chnum der Ritualempfänger. Die Ritualtexte selbst sind unterschiedlich formuliert. In der Barkenkapelle von Dendera tötet Ptolemaios VIII. Euergetes II. für den Sonnengott Re die Schildkröte und spricht: „Ich komme zu dir, Behedeti, Bunt an Gefieder, Re, der über den Himmel fährt. Ich töte (sfT=j) die Schildkröte, ich zerstückle (dbdb=j) die Schildkröte, damit deine Barke mit gutem Wind fährt.“14 In Philae nimmt Ptolemaios XII. Neos Dionysos die Gestalt des Onuris an und ersticht die Schildkröte vor einem Bild des Re. Er beschließt sei-ne Rede vor Re-Harachte mit den Worten: „Siehe, dein Schiff segelt zum Westen“.15

Der Zweck der Ritualhandlungen ist deutlich. Die Schildkröte ist der Götterfeind, der die Weiterfahrt der Sonnenbarke am Himmel gefährdet. Dahinter steht der Gedanke, dass die Schildkröte das Fahrwasser der Sonnenbarke auszutrinken droht. Sie ist das im Tier personifizierte Niedrigwasser der Nilflut, die „Sandbank“, die für Dürre und Hungersnot steht.16 Das Töten der Schildkröte ermöglicht eine gute Fahrt am Himmel. Sie wird als Götterfeind gerichtet.17

In Edfu findet das Töten der Schildkröte im Ritual an einem jedem Tag von neuem statt. Im Stundenbuch des Tempels wird das Töten der Schildkröte exakt mit der zweiten und dritten Tagesstunde verbunden. In der zweiten Tagesstunde ersticht der am Bug der Barke stehende Gott Nefertem allein und aus eige-ner Kraft die Schildkröte;18 in der dritten Stunde tut dies der am Bug der Barke stehende Gott Chnum gemeinschaftlich mit dem König, der am Ufer des Gewässers den zustechenden Gott Chnum mit sei-nem Speer unterstützt.19

14 SERAT 140007. Cauville, Chapelle de la barque, 98-100, Tabl. 9, Z. 2.

15 Junker, Philä I, 66.16 Vgl. dazu Assmann, Liturgische Lieder, 296 Anm. 58.17 Beinlich, Das Buch vom Fayum, 158, [213].18 Edfou III, 215,17, Taf. 70.19 Edfou III, 217, Taf. 70.

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Schildkröte in Ritual und Magie 17

2.2 Vorläufer der Ritualbilder vom Töten der Schildkröte

Die früheste Darstellung des Tötens der Schildkröte stammt aus dem Grab des Nebwenenef in Theben (TT 157) aus der 19. Dynastie.20 Dort ist die Szene anti-thetisch zum Bild der Nildpferdjagd links und rechts von einem Papyrusdickicht angebracht. Links ist „das Töten der Schildkröte <für> Re“ (smA Stw Ra) mit einem Speer, rechts die Jagd auf das Nilpferd mit der Harpune abgebildet. Beide Handlungen dienen der Wegbereitung des Grabherrn. Die Schildkröte und das Nilpferd bilden Sperren, die vor der Weiterfahrt ins Papyrusdickicht beseitigt werden.21

Vermutlich sind im Grab des Nebwenenef (TT 157) mit dem Bild des Tötens der Schildkröte die gleichen Vorstellungen verbunden wie in den Tempeln der griechisch-römischen Zeit. Die Handlungsbeischrift, die aus Tb 161 entnommen ist, lässt einen Bezug zum Sonnenlauf erkennen, sie lautet: „Es lebt Re, es stirbt die Schildkröte. Wohlbehalten ist der, welcher in seinem Sargkasten ist“.22 Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass das Töten der Schildkröte durch den nichtkönig-lichen Grabherrn erfolgt.

Ein früher Vorläufer für die Szene könnte im Grab des Mehu in Saqqara aus der frühen 6. Dyna-stie vorliegen, wo die Schildkröte bei der Ausfahrt des Grabherrn unter dem Boot des Grabherrn dargestellt ist.23 Sie wird dort freilich nicht gejagt, sondern von den Stakestangen der Bootsbesatzung beiseitegescho-ben. Die Vielzahl der Stakenden ist möglicherweise damit zu erklären, dass mit ihrer Hilfe eine Sperre überwunden wird, die durch die mangelnde Tiefe des Fahrwassers entstanden ist.

3 Die Schildkröte als Spenderin der Nilflut

In den weitgehend standardisierten Ritualszenen der griechisch-römischen Zeit trägt die Schildkröte alle Merkmale eines Götterfeinds. Grundlegend ist die

20 PM I.1, 268 (18); Säve-Söderbergh, Töten der Schildkröte, 175-180.

21 Vgl. Altenmüller, Nilpferd und Papyrusdickicht, 9-21.22 Die Formel ist seit der Mitte der 18. Dynastie bekannt und

in Tb 161 mit dem Öffnen des Himmels durch den Gott Thot verbunden. Eine Analyse des Spruchs gibt Gutbub, Tor-tue, 408-411.

23 Altenmüller, Grab des Mehu, 144-145, Taf. 32 Sz. 26.1. Darstellungen der Schildkröte kommen auch sonst in den Reliefs aus dem Alten Reich vor: Edel / Wenig, Jahreszei-tenreliefs, 32, Taf. 22 Fragment 726. Im Grab des Hesi in Saqqara werden unter dem Boot des Grabherrn sich paarende Schildkröten gezeigt, die ein Teil der belebten Natur sind: Kanawati / Abder-Raziq, Tomb of Hesi, Taf. 53.

Vorstellung, dass die gierige Schildkröte am Niedrig-wasser des Fahrwassers der Sonnenbarke schuld ist und dass erst ihr Tod die Weiterfahrt der Sonnenbarke ermöglicht. Daneben existieren aber auch andere Be-lege, die das Gegenteil aussagen und aufzeigen, dass die Schildkröte zwar das Fahrwasser aussäuft, aber andererseits das eingeschlürfte Nilwasser auch wieder ausspuckt und damit die Nilschwemme herbeiführt. In dieser Rolle gewinnt sie, allerdings nur scheinbar, den Aspekt eines Wohltäters.

Eine der frühesten Belege für diese Vorstellung stammt vom Sarkophag des Djedhor, Sohn des Ah-mose, aus der späten Perserzeit in Saqqara.24 Dort ist eine schildkrötenköpfige Schutzgottheit abgebildet, die seit den Königsgräbern des Neuen Reiches unter dem Namen Wnm-HwAAt – „Fresserin der Leichen-flüssigkeit («  Mange-pourriture  »)“ bekannt ist. Sie ist auf dem Sarkophag des Djedhor bei der Wache für den Verstorbenen dargestellt. Bei der Gottheit mit dem Kopf in Gestalt einer Schildkröte befindet sich die folgende Beischrift: „Ich gebe dir (dem Ver-storbenen) das Wasser aus der Zeit, da ich es ver-schlungen habe, ich statte dich mit dem Ausfluss aus, der aus Osiris herausgekommen ist“ (dj=j n=k mw m tr n sXbw=j @apj, Htmn=j Tw m rDw pr m Wsjr).25 Das von der Schildkrötengottheit verschluckte Was-ser wird dem Toten als Wasserspende zurückgegeben. Die Schildkröte steht auch hier für Dürre und Tro-ckenheit, repräsentiert aber zugleich die Aufhebung des Mangels an Wasser. Das Wasser selbst wird, wie bereits in den Pyramidentexten (vgl. z. B. PT [32] 23a mit Parallelen), als Ausfluss aus dem Leichnam des Osiris sakramental ausgedeutet.

Andere Texte gehen noch weiter und setzen die gesamte Nilüberschwemmung mit dem Wasser gleich, das von der Schildkröte ausgespuckt wird, nachdem es verschluckt wurde. Im Tempel von Kom Ombo wird Sobek von Kom Ombo als Schildkröte bezeichnet, die die Nilflut spendet. Zwei Inschriften sind in dieser Hinsicht besonders instruktiv. Die eine Inschrift gehört zu einer Szene der Übergabe von Blumen. Ptolemaios VI. Philometor und seine Ge-mahlin Kleopatra III. übergeben dem Gott Sobek, Herrn von Ombos, ein Blumenopfer mit den fol-genden Worten:

„Du bist die Schildkröte, die ausgespien hat die Überschwemmung in ihrem Speichel, um zu be-leben alle Dinge, welche sie geschaffen hat, und um Unterhalt zu geben jedem Mund, der isst, und jedem Lebewesen, das auf dem Rücken der Erde sich befindet.“ (ntk tA-Hnqt jsd Hapj m aa=f r sanx

24 Kairo CG 29304, Sarkophag des Djedhor, Sohn des Ahmose.25 Pantalacci, Wnm-HwAAt, 306-307.

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18 Schildkröte in Ritual und Magie

jxt nb qmA.n=f r rdjt Xrt n rA nb wnm, wnnt nb Hr sA tA).26

Ähnliches gilt für die zweite Inschrift aus dem Tempel von Kom Ombo, in der ebenfalls Sobek als Spender der Nilüberschwemmung mit der Schildkröte iden-tifiziert wird. Ptolemaios VIII. Euergetes II räuchert dem Gott Sobek, dem Herrn von Ombos, und preist ihn unter einer Vielzahl von verschiedenen Namen und göttlichen Formen, darunter auch mit dem Na-men der Schildkröte tA-Hnqt, die die Nilflut hervor-bringt. Sobek von Ombos ist:

„Die Schildkröte, die ausgespien hat als Nun, … die grünen lässt die Felder mit Pflanzen und dem Holz des Lebens (Getreide), das aus ihm heraus-kommt“ (tA-Hnqt jsd=f m Nwn … sTHn Axwt m smw xt n anx pr jm=f).27

Beide Texte aus Kom Ombo gehen nicht auf den Umstand ein, dass die Schildkröte das Wasser aus-spuckt, das sie zuvor verschluckt hat, und daher die spendable Schildkröte vom Wesen her weiterhin eine gierige Schildkröte ist. Dieser innere Zusammenhang vom Verschlucken und wieder Ausspucken des Nils ist aber stets unterschwellig zu spüren, wie zwei Texte aus Edfu, in denen die Nilflut als Gabe der Götter bezeichnet wird, verdeutlichen. In der „Chambre du Nil“ steht die Schildkröte metonymisch geradezu für das Bild einer guten Überschwemmung.28 Die Göt-tin Isis verheißt dem König Ptolemaios VII., der eine Wasserspende darreicht, die Nilüberschwemmung mit den Worten:

„Hiermit gebe ich dir den Nun, der aufgeht aus den beiden Höhlen auf den Armen der Sothis. […], den die Schildkröte verschluckt ist der, den sie wieder ausgespuckt hat, um das Feld mit sei-nen frischen Pflanzen grünen zu lassen.“ (rdj=j n=k Nwn wbn m qrtj Hr a.wj %pdt […] m tA-Hnqt m jsd=f r sTHn sxt m rnpwt=f).29

Mit einem ähnlichen Bild prophezeit Horus von Edfu dem König Ptolemaios IV. Philopator anlässlich der Gründung des Erscheinungssaals von Edfu eine gute Nilüberschwemmung:

„Ich gebe dir die Schildkröte, sie speit für dich die Überschwemmung aus, die sie verschluckt hat. Sie breitet sich aus, um das Feld grünen zu lassen“ (rdj=j n=k Stw jsd=f n=k Hapj am=f, aa=f r wbs Axt).30

Aus diesen Texten ergibt sich, dass die Schildkröte zwar den Nil verschlingt, was ihr eigentliches We-

26 Kom Ombo 695, 3-4; Gutbub, Tortue, 394.27 Kom Ombo 491; Gutbub, Tortue, 429.28 PM V, 138 (127-129).29 Edfou II, 258, 17-18; Gutbub, Tortue, 394. 30 Edfou II, 60, 12; Gutbub, Tortue, 395.

sen ausmacht, aber das Überschwemmungswasser als Gabe auch wieder zurückgibt und spendet. Die ein-getretene Nilüberschwemmung ist das Zeugnis für die behobene Krise.

4 Die Schildkröte in den Drohformeln

4.1 Die Schildkröte in den Drohformeln der ägyp-tischen Spätzeit

Auf das ambivalente Wesen der gierigen und spen-dablen Schildkröte, die die Nilflut verschlingt und wieder gibt, verweisen auch die Drohformeln. Im Papyrus Jumilhac hängt das Ausbleiben der Über-schwemmung vom Verhalten der Schildkröte ab. Vor der Schildkröte wird gewarnt, weil sie für den Fall, dass die Libationen und Opferdarreichungen für Osi-ris nicht regelmäßig erfolgen, die Nilüberschwem-mung verhindert und eine kosmische Katastrophe auslöst.

„Wenn aber dieser Ort frei ist von Libationen und Opfern für den göttlichen Ausfluss, der dort ist und über den die Schlange Ankhemredjouf (eine Schlange mit vier Beinen) und die Götter, die in ihrem Gefolge sind, wachen, (dann) ist der Nil klein in seiner Höhle, das Maul der Schildkröte verschlossen, und es herrscht ein Hungerjahr im ganzen Land, es gibt weder das Holz des Lebens (Getreide) noch Gemüse etc.“ (jr Sw s.t tn m qbHw=s Hr prt-xrw n rDw nTr ntt jm ntt anx-m-rDw=f Hr sA=sn Hna nTrw jmjw xt=f wnD Hapj m TpHt=f xtmtw rA n Stw xpr qn-rnpt m tA-Dr=f nn wn xt n anx nn smw).31

Einen ähnlichen Inhalt haben die Warnungen der frühptolemäischen Papyri Louvre N 3129 und BM 10252, in denen in mittelägyptischer und in neu-ägyptischer Sprache vor dem Aussaufen des Fahrwas-sers der Sonnenbarke durch die Schildkröte gewarnt wird.32 Die mittelägyptische Fassung formuliert:

„Möge die Schildkröte nicht den Nil aussaufen und die Gewässer austrocknen“ (jm sXb Stw Hapj wSr nwj).

Die neuägyptische Parallele lautet:„Damit die Schildkröte nicht das Wasser trinkt und der Fluss trocken gelegt wird“ (bw jrj tA Stw swr pA mw mtw jtrw jrj Sw).33

31 Papyrus Jumilhac, 17,26-18,1 = Vandier, Papyrus Jumilhac, 130 und 201-202 Anm. 616.

32 Vgl. dazu Altmann, Kultfrevel, 3-4. 33 Urk. VI, 123,15-18; Altmann, Kultfrevel, 98-100.

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Schildkröte in Ritual und Magie 19

4.2 Eine Drohformel des Mittleren Reiches

Auch eine kryptische Götterbedrohung der Sargtexte aus der Zeit des Mittleren Reiches basiert vermutlich auf der Korrelation vom Austrinken des Fahrwassers der Sonnenbarke durch die Schildkröte und dem Ausbleiben der Nilüberschwemmung. Im Sargtext-spruch CT 368 heißt es:

„Wenn du (d.h. die Personifikation des Kots) sagst, dass ich (der Verstorbene) Kot essen soll, dann wird Re Schildkröten essen“ (jr Dd=k wnm=j nn wnm.kA Ra STw.w).34

Die kosmische Katastrophe, mit der gedroht wird, besteht wahrscheinlich darin, dass der Sonnengott nicht mehr in der Barke über den Himmel fahren kann, weil das Fahrwasser von der Schildkröte aus-getrunken ist und nur noch Schildkröten vorhanden sind, die er – mangels anderer Opfer – im Notfall verzehren müsste. Es wird damit die gleiche Situa-tion umschrieben, die aus späterer Zeit bekannt ist, in der die Gefahr eines Stillstands des Sonnenlaufs durch das Fehlen des Fahrwassers der Sonnenbarke prognostiziert wird.35

5 Das Austrinken des Nils als Präzedenzfall im Zauber

Das Austrinken des Nils, das zum Austrocknen des Flussbetts führt, wird auch in „Spruch O“ (Rt 9,7-Vs 2,2) des Papyrus für Mutter und Kind (Pap. Berlin 3027) als mythischer Präzedenzfall zitiert. Der Spruch wird für eine Situation verwendet, die mit dem Ver-siegen der Muttermilch zu tun hat.36 Der mythische Präzedenzfall ist allerdings nicht am Bild der Schild-

34 Van de Walle, Tortue, 178-179; Topmann, Die Abscheu-Sprüche, 77; Kees, Totenglauben, 200 mit anderer Interpre-tation.

35 Eine etwas andere Vorstellung liegt in Tb 65, V. 27-32 vor, wo zur Durchsetzung der Rechtfertigung des Toten damit gedroht wird, dass für den Fall, dass die Rechtfertigung ver-weigert wird, der Sonnengott nicht mehr zum Himmel auf-steigen wird. Zwar wird das Junktim von Schildkröte und verschlucktem Fahrwasser der Sonnenbarke nicht hergestellt, doch wird man den Spruch mit diesem Sachverhalt, ver-gleichbar zu CT 368, in Verbindung bringen dürfen. „Wenn du mich aber nicht hervorgehen lässt gegen jenen meinen Feind, dass ich über ihn triumphiere im Tribunal – dann soll der Nil zum Himmel steigen, dass er von der Maat lebe, dann soll Re in das Wasser hinabsteigen, dass er von den Fischen lebe!“. Tb (Hornung), 141-142; Gutbub, Tortue, 406 ff.; Grapow, Bedrohungen der Götter, 100-111. Zum Sonnen-stillstand vgl. auch Klasens, Magical statue, 91-92 e4-6.

36 Yamazaki, Mutter und Kind, 36-39, Taf. 10-12; vgl. Erman, Mutter und Kind, 35-38 Text O (Rt 9,7-Vs 2,2). Trotz des überzeugenden Übersetzungsvorschlags von N. Yamazaki ist der Spruch schwer verständlich

kröte festgemacht, sondern am Krokodil.37 Es handelt sich demnach um eine Variante des Grundgedankens vom Austrinken des Nils durch übermächtige We-sen, vor allem durch Götterfeinde.38 Beispiele sind die Schlange namens „Voller Feuersglut“ (jmj hh=f) aus Tb 10839, die Apophis-Schlange,40 der „Frevler“ (njk)41, Nehaher42 und andere Götterfeinde. Auch Geb ist einmal in ähnlichem Zusammenhang ge-nannt. Die Flüsse sind ausgetrocknet, weil Geb sich die Flut einverleibt hat (CT III (168), 28c-29a).

Aus den im „Spruch O“ des Papyrus erhaltenen Stichworten lässt sich der Präzedenzfall relativ sicher rekonstruieren. Eine kosmische Katastrophe droht, weil das Krokodil das Wasser des Sees verschluckt hat. „Das Krokodil hat den Teich gefressen (wnm S), so dass das, was in ihm ist, trocken (wSr) ist“. Man wird die Phrase wohl so verstehen müssen, dass das Krokodil das Fahrwasser der Sonnenbarke ausgetrun-ken hat und die Sonnenbarke wegen des fehlenden Wassers nicht weiter fahren kann. Die Folge ist: „Re dreht sich um auf seiner Seite“ (pna Ra Hr gs=f).

Das bekannte Motiv des Austrinkens des Fahr-wassers der Sonnenbarke, das sonst vor allem mit der Schildkröte als Götterfeind in Verbindung gebracht ist, ist hier an einem göttlichen Krokodil exemplifi-ziert. Das Zeichen des Krokodils wird mit der Göt-terstandarte determiniert (vgl. die Rolle des Sobek von Kom Ombo als Schildkröte). Die Sorge vor einer Katastrophe äußert sich in heftiger Klage. Die Wen-de, das Ausspucken des Wassers, wird nicht erwähnt. Dieser Umstand hängt sicher damit zusammen, dass das Interesse des Spruches auf der Abwehr der Kata-strophe, also auf der Behebung der Krise, liegt und nicht auf einer Beschreibung der „behobenen Krise“, die mit Jubel hätte verbunden werden müssen.

„Spruch O“ (Rt 9,7-Vs 2,2) in Übersetzung:43

(Überschrift)1 „Schutzmittel einer Frau wegen der Milch.(Schilderung der kosmischen Katastrophe und die

37 Auch in der Israel-Stele des Merenptah ist das Krokodil mit dem Verschlucken von Wasser in Verbindung gebracht. Kit-chen, Ram. Inscr. IV, 17,12; Hornung, Israelstele, 231 mit Anm. 39.

38 Assmann, Liturgische Lieder, 198-199 Anm. 20 hat die wich-tigsten Stellen gesammelt; vgl. Gutbub, Tortue, 413-418; vgl. van de Walle, Tortue, 181-182.

39 Tb (Hornung), 207 (Tb 108, V. 10-18); Sethe u.a., Die Sprüche für das Kennen der Seelen, 74-75; 85 Anm. 22.

40 Urk. VI, 97,9.41 Urk. VI, 97,9.42 Hornung, Amduat II, 132 mit Anm. 10. Auch der Verstor-

bene läuft Gefahr, dass er Mangel an Wasser hat, wenn Neha-her das Fahrwasser der Sonnenbarke austrinkt.

43 Nach Yamazaki, Mutter und Kind, 36, Taf. 10-12.

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20 Schildkröte in Ritual und Magie

Reaktion darauf:)Geschrei ist im Himmel, Klagerufe sind in der Unterwelt.Kummer ist in […], […] auf (?) ihren Köpfen.Die Stimme/das Geschrei jAs (?)[…].

(Die Ursache der kosmischen Katastrophe:)5 Das Gewässer ist leer, ohne Fische.

Der Krokodilgott (Sobek ?), er hat den Teich ge-fressen (d.h. wohl das Wasser verschluckt).Trocken ist das, was in diesem ist (d.h. der See ist ausgetrocknet).Re dreht sich um auf seiner Seite (d.h. Re kann sich nicht fortbewegen, ist gestrandet).

(Rede der Mutter und Behebung der Katastrophe:)Sie (d.h. die Mutter/Isis ?) sagt:

10 Du erkennst, Herr der Wahrheit, dieses, was jener Feind, der Tote, die Tote und so weiter gegen die Milch anrichten, nämlich mein baa.44

Meine Arme sind abgewandt,die Brüste sind in der Hand der Tait.

15 O […] weiche zurück (?) […] suche […] sein Brot (d.h. das Krokodil wird zum Rückzug aufge-fordert und das verschluckte Wasser (sein Brot ?) wieder zurückgefordert (?)).“

(Die Requisiten:)Es werden Handlungen zur Herstellung verschie-dener Knoten beschrieben, die an den Hals des Kindes gehängt werden.

Die Analyse des Spruches lässt sich übersichtlich in einer Tabelle darstellen, aus der sich die Referenzen zwischen dem Ereignis in der Realwelt mit dem Prä-zedenzfall in der Götterwelt ergeben.

6 Die Schildkröte am Ausguss der Schnabeltasse aus Lischt

Ersetzt man das Bild des in „Spruch O“ des Pap.

44 baa ist eine Krankheit, die aus einem Milchmangel besteht oder durch die Milch übertragen wird.

Berlin 3027 genannten Krokodils durch das Bild der Schildkröte, ergibt sich ein in sich konsistentes My-them vom Verschlucken und wieder Ausspucken des Überschwemmungswassers, das mit dem bekannten Bild von der Schildkröte voll übereinstimmt. Mit diesem Mythem kann auch das Bild der Schildkröte am Ausguss der Schnabeltasse aus Lischt neu erklärt werden. Es erinnert an den mythischen Präzedenzfall des Austrinkens des Nils. Die Schildkröte, die einst in der Götterwelt das Nilwasser ausgetrunken hat, hat das getrunkene Nilwasser wieder ausgespuckt, nach-dem sie dazu durch eine Gottheit oder den Zauberer gezwungen worden ist. Genau dieser Präzedenzfall wird auch im Zauberspruch für das Beheben des Mangels an Muttermilch eingesetzt.

Es wird erwartet, dass durch die Beschwörungen und die begleitenden Handlungen des Zauberers das Fließen der Muttermilch erzwungen werden kann, so wie einst die Schildkröte gezwungen wurde, das ver-schluckte Wasser wieder zurückzugeben.45

7 Das Bild der Schildkröte auf den Zaubermes-sern des Mittleren Reiches

Das Bild der Schildkröte auf der Schnabeltasse aus Lischt ist, wie eingangs bereits angedeutet, mit dem Bild der Schildkröte auf den Zaubermessern des Mittleren Reiches zu vergleichen. Sie steht auf den Zaubermessern wie auf der Schnabeltasse aus Lischt in Kontakt mit anderen Tiermächten und ist mit die-sen in eine Konstellation eingebunden, die aus Gott-heiten besteht, die dem Schutz des Kindes zu dienen. Die Schildkröte tritt in dieser Konstellation als eine

Tiermacht auf und ist vermutlich unter ihrem Dop-pelaspekt der gierigen und andererseits spendablen Tiermacht zitiert. Sie ist im mythischen Präzedenzfall eine feindliche Tiermacht, die das Nilwasser austrinkt

45 Fischer, Turtles, 22-23 Nr. 5-15: in den ältesten Epochen können Gefäße die Form von Schildkröten nachahmen.

Realwelt Analogie in der Götterwelt

Situation Versiegen der Muttermilch Das Krokodil hat das Wasser ausgetrunken, der See trocknet aus, eine kosmische Katastrophe droht.

Rede ? Aufforderung zum Rückzug und zur Freigabe der Milch ?

Aufforderung an den Übeltäter, zurückzuweichen (und das verschluckte Wasser auszuspeien ?)

Handlung Ein Knotenamulett für das Kind anfertigen und an den Hals hängen

Ein Knotenamulett für Horus anfertigen und an den Hals hängen

Personen Mutter, Kind Isis (?), HorusRequisiten Knotenamulett am Hals des Kindes Knotenamulett am Hals des Horus

Page 9: Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

Schildkröte in Ritual und Magie 21

und dadurch Trockenheit und Dürre hervorruft, aber andererseits auch eine hilfreiche Rettergottheit, die das verschluckte Wasser in Form der Nilüberschwem-mung wieder von sich gibt.

Da die Zaubermesser des MR als magische Geräte hauptsächlich dem Schutz des Kindes, der Mutter und der Amme dienten, ist die Annahme berechtigt, dass das Bild der Schildkröte auf den Zaubermessern sich auf diese Doppelfunktion bezieht und dass in ihm Vorstellungen realisiert sind, die mit dem my-thischen Präzedenzfall von Austrinken und wieder Zurückgeben des Nils zusammenhängen. Gleichzei-tig ist zu vermuten, dass in der Analogie – wie bei der Schnabeltasse aus Lischt – das von der Schild-kröte verschluckte Wasser mit der versiegenden Mut-termilch gleichgesetzt wurde und dass die Aktionen des Zauberers dazu dienten, mit Hilfe des Bildes der Schildkröte die versiegende Muttermilch wieder zu aktivieren. So könnte es sein, dass die Zaubermesser, die ein Bild der Schildkröte enthalten, auch für sol-che Fälle herangezogen wurden, die mit der Behand-lung der versiegenden Muttermilch zu tun hatten.46 Die „gierige“ Schildkröte könnte auf diese Weise in einem nicht näher erkennbaren magischen Ritus der „Besänftigung“ in eine „spendable“ Schildkröte ver-wandelt worden sein.

Obwohl die Bilder der Schildkröte auf den Zau-bermessern des Mittleren Reiches relativ übersicht-lich angeordnet sind, lassen sich aus der Platzierung oder Anordnung der Schildkröten keine besonderen Rückschlüsse zur Bedeutung der Schildkröte auf den Zaubermessern ziehen. Allenfalls auffallend ist, dass unter 21 Zaubermessern mit einem Bild der Schild-kröte eine Gruppe von 7 Zaubermessern herausfällt, bei denen die Schildkröte unmittelbar hinter dem aus einem Fuchskopf bestehenden spitzen Ende des Zau-bermessers platziert ist und damit an der Spitze einer Sequenz von Tiermächten steht (Abb. 3; Dok. 120; Manchester 1800). In fünf Fällen ist die Schildkröte allerdings an das entgegengesetzte Ende der Tierfrie-se gesetzt, in weiteren neun Fällen in einen Tierfries eingeordnet, so dass über die Bedeutung der Erstplat-zierung Zweifel bestehen können.

Wird aber der Platzierung der Schildkröte in der Nähe des Fuchskopfes dennoch eine besondere Be-deutung zuerkannt, kann auf ein in Theben in situ gefundenes undekoriertes Zaubermesser (Abb. 4; Dok. 67; Kairo JE 91413) hingewiesen werden, das 46 Bei den sog. Muttermilchkrüglein, die allerdings aus dem

NR, vorwiegend aus der Ramessidenzeit und nicht aus dem MR stammen, tragen die Ammen um den Hals und über der Brust ein sog. Mondamulett, bei dem sich die Frage stellt, ob dessen Ursprung auf die Zaubermesser des MR zurückgeht: Brunner-Traut, Muttermilchkrüglein, 145-164.

bei seiner Entdeckung noch eine Vorrichtung aus ge-knoteten Stricken oder Bändern aufwies, und dessen eines Ende mit einem geschnitzten Fuchskopf verse-hen war. Die Stricke waren um das Zaubermesser he-rum geführt und so verknotet, dass das Zaubermesser um den Hals einer Person gehängt werden konnte. Möglicherweise sollte das Zaubergerät ähnlich wie es im „Spruch O“ des Papyrus für Mutter und Kind heißt, um den Hals eines Kindes gehängt werden, um für das Kind den Mangel an Muttermilch zu behe-ben.

8 Zusammenfassung

Bei der Untersuchung zum Doppelaspekt der Schild-kröte in der Religion und in der Magie des alten Ägypten lassen sich drei Dimensionen unterscheiden, und zwar eine kosmische Dimension, eine mythische Dimension und eine mythisch-magische Dimension.

Die Schildkröte symbolisiert in der kosmischen Dimension die Gegensatzpaare von niederem Nil und hohem Nil, von Dürre und Wasserreichtum. Ein niederer Nil bedeutet, dass die Schildkröte das Was-ser eingeschlürft hat, ein hoher Nil, dass sie das Was-ser wieder zurückgibt. Ähnlich wie die Sommer- und Wintersolstitien mit dem Auszug des zornigen und der Rückkehr des besänftigten Sonnenauges erklärt werden, lassen sich die Phasen des Rückzugs und des Eintretens der Überschwemmung in einen kausalen Zusammenhang bringen und aus dem Verhalten der Schildkröte erklären.

In der mythischen Dimension ist die „gierige“ Schildkröte ein Götterfeind. Sie schlürft das Fahr-wasser der Sonnenbarke ein (am), wodurch die Ge-fahr besteht, dass die Sonnenbarke zum Stillstand kommt und der Sonnengott seine Fahrt in der Barke nicht fortsetzen kann und die Welt dadurch an den Abgrund einer kosmischen Katastrophe gerät. Die Krise wird durch den Tod der Schildkröte behoben. Die mit dem Speer getötete Schildkröte spuckt im Sterben das verschluckte Wasser wieder aus.

Das Bild vom Austrinken des Fahrwassers der Sonnenbarke und vom wieder Ausspucken des einge-schlürften Wassers wird im irdischen Bereich als ein Präzedenzfall für den Zauber genutzt, wie der Zau-berspruch O des Papyrus für Mutter und Kind (Pap. Berlin 3027) verdeutlicht. Das in der irdischen Rea-lität beobachtete Versiegen der Muttermilch ist auf der mythischen Ebene ein Ausbleiben des Nils, für das die Schildkröte verantwortlich ist. Daher kann das Bezaubern der „gierigen“ Schildkröte die Krise beheben und den Fluss der Muttermilch wieder her-stellen.

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22 Schildkröte in Ritual und Magie

Einen anschaulichen Beleg für diese in der ma-gisch-mythischen Dimension situierte Vorstellung liefert die Schnabeltasse aus Lischt, an deren Ausguss das Bild einer Schildkröte angebracht ist. Es ist gut denkbar, dass die Tasse einst mit Muttermilch gefüllt war. Die Abgabe der Milch an das Kind könnte dann damit erklärt werden, dass die Gier der Schildkröte bezwungen und zum Guten gewendet wurde.

In den gleichen Zusammenhang gehören dann wahrscheinlich auch jene Zaubermesser des Mittle-ren Reiches, in deren Bildfriesen das Bild der Schild-kröte an der Spitze der Zaubermesser steht. Vermut-lich wurden sie an den Hals des Kindes gehängt, wie man aus „Zauberspruch O“ des Papyrus für Mutter und Kind entnehmen kann. Das Zaubermesser Kairo JE 91413 könnte für diese Praxis den realen Beleg liefern.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1Schnabeltasse aus Lischt (MMA 44.4.4)(nach: Wegner, Tradition and innovation, 137 Abb. 7,5)

Abb. 2Ptolemaios III. beim Töten der Schildkröte(nach: Aufrère, Propylône, 182 Abb. 28)

Abb. 3Zaubermesser Manchester, University Museum 1800(nach: Quibell, Ramesseum, Taf. 3 Nr. 3)

Abb. 4 a und bZaubermesser Kairo JE 91413 in eingewickeltem (a) und ausgewickeltem (b) Zustand(nach: Allen, Art of medicine, 30, Abb. 1 und 2)

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Schildkröte in Ritual und Magie 25

SERAT Ort Titel Datierung Quelle440009 Karnak, Bab el Abd smA Tztj n aApp Ptolemaios III. Aufrère, Propylône, 182, Abb.

28901790 Edfu, Horustempel smA Stw Ptolemaios IV. Edfou II, 74, Taf. 40c600002 Esna, Chnumtempel smA Tztj <n> aApp Ptolemaios VI. Esna II, 12-14 Nr. 5140007 Dendera,

BarkenkapellesfT Stw Ptolemaios VIII. Cauville, Chapelle de la barque,

98, Tableau 9900528 Edfu, Horustempel smA Stw Ptolemaios VIII. Edfou IV, 306, Taf. 93

900622 Edfu, Horustempel smA Stw Ptolemaios VIII. Edfou IV, 150, Taf. 87

901939 Edfu, Horustempel 2. u. 3. Stunde Ptolemaios VIII. Edfou III, 216, Taf. 70901385 Edfu, Horustempel smA Stw Ptolemaios IX. Edfou VII, 159, Taf. 167900356 Edfu, Horustempel [töten] Stw Ptolemaios IX. Edfou III, 4, Taf. 48901249 Edfu, Horustempel smA Stw Ptolemaios X. Edfou VII, 311, Taf. 174901025 Edfu, Horustempel smA Stw Ptolemaios XII. Edfou V, 244, Taf. 132901447 Edfu, Horustempel (töten ?) der

SchildkrötePtolemaios XII. Edfou VIII, 12, Taf. 179

320023 Philae, Isistempel smA Stw Ptolemaios XII. Junker, Philä I, 66110612 Dendera,

Hathortempel smA Stw Spätptolemäisch Dend VI, 136, Taf. 562 u. 566

110791 Dendera, Hathortempel

smA Stw Spätptolemäisch Dend IV, 209, Taf. 302

804414 Medamud, Tor des Tiberius

töten der Schildkröte

Tiberius Valbelle, Porte de Tibère, 83

600178 Esna, Chnumtempel smA Tztj n aApp Titus Esna VII, 77-79 Nr. 576 600201 Esna, Chnumtempel smA Tztj n aApp Domitian Esna VII, 161-164 Nr. 609

Anhang I

Ritualbilder des Erstechens der Schildkröte in den Tempeln der griechisch-römischen Zeit (chronologisch an-geordnete Liste).

Anhang IIDie Zaubermesser mit einem Bild der Schildkröte lassen sich in drei Gruppen aufteilen. In der ersten Gruppe steht die Schildkröte an der Spitze der Bildfolge des Zaubermessers und ist der Fuchskopf das Ziel (7/21), in der zweiten Gruppe steht die Schildkröte am Ende der Bildfolge beim Pantherkopf und zieht von dort zum anderen Ende mit dem Fuchskopf (5/21), in der dritten Gruppe ist die Schildkröte in den Fries der Figuren eingeordnet (9/21). Die 21 Bilder von Schildkröten auf den Zaubermessern des Mittleren Reiches verteilen sich wie folgt:

1. Beispiele für die Schildkröte an der Spitze einer FigurensequenzDok. Museum Vorgänger Nachfolger1 Amsterdam U 12.629 à Fuchskopf Schildkröte Bruch27 Brüssel E 293 ß Fuchskopf Schildkröte Kuh auf Korb38 Cambridge F.M. 394.1932 à Fuchskopf Schildkröte Kobra68 Kairo E.2007.04.58 à Spitze Schildkröte Flamme (= Licht)94 London BM EA 58794 <|> Fuchskopf ß Schildkröte à Sonnenscheibe

auf Beinen

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26 Schildkröte in Ritual und Magie

120 Manchester 1800 ß Fuchskopf Schildkröte Geier167A Louvre E 20611 <|> Fuchskopf ß Schildkröte à Kater-- MMA 44.4.4 rechts à Ausguss Schildkröte Löwe und Kobra-- MMA 44.4.4 links ß Ausguss Schildkröte Löwe und Kobra

2. Beispiele für die Schildkröte am Ende einer Figurensequenz Dok Museum Vorgänger Nachfolger24 Boston MFA 20.1780 >|< à Kröte ß Schildkröte Pantherkopf51 Jerusalem IAA 1948-1391 ß Kater Schildkröte Pantherkopf 57 Kairo 9437 à Schakalkopf-

zeichenSchildkröte Ende

124 München ÄS 2825 à Schlangenhalspan-ther + Schlange

Schildkröte Pantherkopf

143 MMA 22.1.154 ß Kröte auf Korb Schildkröte Ende

3. Beispiele für die Schildkröte, eingeordnet in eine FigurensequenzDok. Museum Vorgänger Nachfolger13 Berlin 8176 ß Kröte Schildkröte Tierkopf32 Brüssel E 293 à Kröte Schildkröte Tierkopf33 Brüssel E 7064 à Bruch Schildkröte Löwin71 Kopenhagen 7795 à Kröte Schildkröte Nilpferd80 Liverpool, World Museum M

11001à Schlangenhalspan-

therSchildkröte Greif

127 München ÄS 2962 à Greif Schildkröte Bruch136 MMA 19.2.18 à Doppelstier Schildkröte [Geier]167 Paris Louvre AF 6447 +

Kopenhagen NM 1314-|> |=| Käfer à Schildkröte Schlangen

170 Philadelphia 12912 à [Nilpferd] Schildkröte Schakalkopfzeichen

4. Literaturangaben zu den zitierten ZaubermessernListe der Dokumente (Nummerierung des provisorischen Katalogs) unter Angabe des Museums, der Inventarnummer und eines weiterführenden Literaturhinweises. Dok. Museum Literatur1 Amsterdam

Allard Pierson Museum U 12.630Altenmüller, Zaubermesser, 41 Nr. 143

13 Berlin Äg. Mus. 8176 Altenmüller, Apotropaia II, 8-9 Nr. 724 Boston MFA 20.1780 Altenmüller, Apotropaia II, 17 Nr. 1627 Brüssel Mus. Royaux E 293 Altenmüller, Apotropaia II, 19-20 Nr. 1932 Brüssel Mus. Royaux E 7063 Altenmüller, Apotropaia II, 22-21 Nr. 2233 Brüssel Mus. Royaux E 7064 Altenmüller, Apotropaia II, 23-24 Nr. 2338 Cambridge FM 394.1932 Altenmüller, Apotropaia II, 26-27 Nr. 2751 Jerusalem IAA 1948-1391 Altenmüller, Apotropaia II, 70-71 Nr. 8357 Kairo CG 9437 Altenmüller, Apotropaia II, 39-40 Nr. 4367 Kairo JE 91413 Altenmüller, Zaubermesser, 44 Nr. 14968 Kairo E.2007.04.58 Voss, Bericht, Taf. 61b

Page 15: Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

Schildkröte in Ritual und Magie 27

71 Kopenhagen NM 7795 Altenmüller, Apotropaia II, 45-46 Nr. 5080 Liverpool, World Mus. M 11001 Altenmüller, Apotropaia II, 47-48 Nr. 5294 London BM EA 58794 Altenmüller, Apotropaia II, 58 Nr. 65120 Manchester University Museum 1800 Altenmüller, Apotropaia II, 111 Nr. 137124 München ÄS 2825 Altenmüller, Apotropaia II, 72-73 Nr. 85127 München ÄS 2962 Altenmüller, Apotropaia II, 74 Nr. 87136 New York MMA 19.2.18 Altenmüller, Apotropaia II, 82 Nr. 97143 New York MMA 22.1.154 Altenmüller, Apotropaia II, 87-88 Nr. 104167 Paris Louvre AF 6447 +

Kopenhagen NM 1314Altenmüller, Apotropaia II, 103-104 Nr. 128

167A Paris Louvre E 20611 Vandier, Acquisitions, 43-44 Abb. 3170 Philadelphia University Museum 12912 Altenmüller, Apotropaia II, 106-107 Nr. 132

New York MMA 44.4.4 Fischer, Turtles, 33 Nr. 95, Taf. 20.

Page 16: Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

28 Schildkröte in Ritual und Magie

Abb. 2 Ptolemaios III. beim Töten der Schildkröte

Abb. 1 Schnabeltasse aus Lischt (MMA 44.4.4)

Page 17: Hartwig Altenmüller, Die Schildkröte in Ritual und Magie des alten Ägypten

Schildkröte in Ritual und Magie 29

Abb. 3 Zaubermesser Manchester, University Museum 1800

Abb. 4 a und b Zaubermesser Kairo JE 91413in eingewickeltem (a) und ausgewickeltem (b) Zustand

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