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~9. 0KTOBER I926 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 5. JAHRGANG. Nr. 44 2o7I lassen, dab es sich wahrscheinlich dabei um eine direkte gegen- seitige Beeinflussung der Krankheitserreger aufeinander, nicht nur um eine unmittelbare (Immunit~tserscheinung oder dgl.) handelt. Infiziert man nun M~use, bei denen die Recur- rensinfektion l~ngere Zeit zurficMiegt, mit Nagana, so bleibt im allgemeinen der chronisch rezidivierende Verlanf der Naganailifektion aus, dagegen erscheinen abet bei diesen M~usen wieder Reeurrenserreger im Blur, selbst wenn sie seit l~ngerer Zeit Irei yon Recurrensrezidiven gewesen sind. Es wurde untersucht, ob hier eilie gewisse Gesetzm~13igkeit bestehen k6nnte und zu diesem Zweck zun~chst an Reihen- versuchen der Verlauf der Recurrens verfolgt. Die Angaben in der Lite'ratur fiber die Dauer des Auftretens yon Spolitan- rezidiven im Blur bei der Maus schwanken n~mlich auBer- ordentlich yon 16--21 Tagen, bis zu 2 Monaten. Die Be- obachtuligen an dem yon mir benutzten Stamm [auf diesen kommt es natfirlich auch weitgehend an*)] wurden an 2 Serien yon je 2o M~usen durchgeffihrt, die je gleichzeitig mit der gleichen Blut-Thyrodel6sung in gleicher Menge infiziert wur- den. Die Nachbeobachtungen der einzellien Tiere erfolgten im Durchschliitt bis zu 6o Tagen, milidestens aber bis zu 14 Tagen nach dem letzten positiven Blutbefund. Das Er- 16schen der Rfickf~lle eriolgte bis zu 15 Tagen IIach der In- fektion in 62,5%, bis zu 2o Tagen p. inf. in 15%, bi~ zu 25 Tagen p. inf.-,in io%, bis zu 3o Tagen p. inf. ebenfalls in IO%, bis zu 35 Tagen p. inf. in 2,5%. Es ist bekannt, dab mit dem Erl6schen der Blutinfektion die inneren Organe, besonders Gehirn und Leber noch langere Zeit infekti6s bleiben und auch bei meinen Organtibertragun- gen zeigte es sich, dab bis zum 2o. Tage nach der Infektion die inneren Organe im Durchschnitt noch infekti6s sind, w~h- rend jenseits des 25. Tages die Infektiositat auch meist er- loschen ist, wenn die Blutrezidive ebenfalls frfihzeifig auf- h6rten. Die /3berinfektion yon Recurrensmausen mit Nagana- erregern ergab nun bezfiglich des Wiederaliftretens der Recurrensspirochaten ~m Blur folgendes: his zum 14. Tage nach der Infek{ion war bei allen Tieren, meist sehon am nachsten Tage nach der Naganailifektion wieder Recurrens im Blur zu beobachten. Es gelingt also zu diesem Zeitpunkt bis zu lOO% wieder ein manifestes Recurrensrezidiv durch die l~berinfektion mit Nagana zu erzielen, selbst bei den M~usen, bei denen die Recurrensinfektion nut schwach angegangen war und die offenbar zu den 65% der oben genannten Recur- rensmause geh6ren, bei denen innerhalb der ersten 14 Tage die Blutinfektion erlischt. Um den 2o. Infektionstag herum sind nach obigem bei ungest6rtem Re~urrensverlauf nut noch etwa lO--15% der M~use im Blur Recurrens-positiv, bei l)berinfektion mit Nagana steigt die Prozentzahl auf rund 35%, jenseits des 3o. Tages wurde mit der Naganainfektion kein Bhtrezidiv yon Recurrens mehr erzielt. In obigem Reihenversuch an einer groBen Zahl yon M~useli hatte sich noeh einmal ein Reeurrensrezidiv spontan gezeigt. Zusammen]assend k6nnen wir also sagen: die Uber- in/ektionen yon Reeurrensmdusen mit Naganaerregern in In- ]ektionsstadien, in denen bereits die t~ecurrens im ErlSschen begri]/en ist, ]i~hrt in einem bemerlcenswert hohen Prozentsatz der F~ille zum Wiedererseheinen yon Recurrenserregern im Blute. Wahrscheinlieh gelingt es mit dieser Methode, die Recurrens- infektion in allen F~llen wieder manifest zu machen, selbst wenn bei v611iger Immunit~t nur noch eine latente Infektion der inneren Organe besteht. Es sind nun weitere Versuctle darfiber anzustellen, um die Gri~nde ffir diese Erscheinungen zu kl~ren. In Betracht zu ziehen ist, ob I. durch die Naganainfektion die bereits be- stehende hochgradige Recurrensimmunit~t so geschw~ch• wird, dab dadurch das Wiederauftreten yon Recurrens- spiroeh~ten im Blur erm6glicht wird oder 2. eine direkte oder *) Der Stamm wurde mlr yon Herrn Dr. R(~HL, ElberfMd, freundl, flberlassen. Er stammt ursprfinglich aus dem Robert Koch-Institut in Berlin. indirekte gegenseitige Beeinflussung der beiden Erreger eine sotche biologische Anderung der Recurrens bewirkt, dal3 sie zum Wiederau~treten im Blur bef~higt wird. Die bisherigen Untersuchungen in dieser Richtung sprechen im Gegensatz zu den Ergebnissen JOSEPHS daffir, dab es sich wahrschein- 'lich um eine direkte Beeinflussung der Krankheitserreger dabei handelt. Unterslicht wurde besonders eine indirekte Beeinflussung unter dem Gesichtspunkt, dab durch die Naganainfektion eilie unspezifische Eiweigwirkung ausge- 16st wird, die eine Aktivierung der Kranldleitsherde wohl bewirken kSnnte, doch verliefen die Untersuchungen in dieser Richtung bisher negativ. Beziiglich der ersten M6glichkeit sind die Versuche noch nicht abgeschlossen und es wird auf die demn~chst erscheinende ausffihrliche Publikation verwiesen. In dieser soil dann aueh auf die Beziehungen der Recurrens- Naganainfektion zur Syphilis-Malariainfektion eingegallgen werden. (Aus der Hautlclinilc der Medizinischen Akademie, Di~sseldor] [Direktor: Pro/essor C. Stern].) HAUT UND ANTIRACHITISCHER FAKTOR. Von C, FALKEN~:EIM. In vitro mit der Quarzlampe bestrahlte Haut wird nach den Untersliehungen yon H~ss, sowie GY6RGY und PoPo- VlClU durch Bildung des antirachitischen Faktors aktiviert, w~hrelid unbestrahlte Haut sich ira Rattenverslich als v611ig wirkungslos erweist. Uber eine entsprechende Wirkulig der Hautbestrahlung in vivo ist nichts bekannt; dab der Mechanis- mus der gleiche ist wie bei der ill vitro Bestrahlung , ist zu- n~chst nur hypothetische Annahme. Es wurden deshalb folgende Untersuchungen angestellt: Lebende Ratten wurden eine Zeitlang unter sicherer Ab- deckung des fibrigen K6rpers partiell mit der Quarzlampe bestrahlt. Die direkt bestrahlten, sowie die nichtbestrahlten Hautpartien wurden nach T6tung dieser Tiere im lege artis mit der DiS~t 3143 (Mc COLLU•, SIMMO~DS, SHIPLEY, PARK) durehgeffihrten Rattenversnch als Zulage verffittert. Es wurde festgestellt: I. Auch in vivo wird direkt bestrahlte Haut antirachitisch wirksam. 2. Isolierte Bestrahlung einer Hautpartie macht auch die anderen, nichtbestrahlten Hantteile antirachitisch wir'ksam. 3. Die direkt bestrahlte Hautpartie wirkt starker anti- raehitisch als die nichtbestrahlte des gleichen Tieres. Weitere Untersuchungen fiber die antiraehitische Akti- vierung auch innerer Organe durch Bestrahlulig lebender Tiere sind im Gange. Die ausffihrliche Darstellung der Versuche, sowie die Be- sprechung der sieh daraus ftir den Mechanismus der anti- rachitisehen Quarzlampenwirkung in vivo ergebenden theo- retischen Folgeruligen wird an anderer Stelle erfolgen. (Aus der Universit~ts-Kinderlclinik zu KSnigsberg i. Pr. [Dir. : Pro/. Dr. Stoeltzner ]. ) QUARZLAMPENBESTRAHLUNG VON KOHEN UND ANTI- RACHITISCHE WIRKSAMKEIT IHRER MILCH. a) Klinische Untersuchungen*). Von C. FALKENHEIM. In ihren groB angelegten Untersuchungen fiber den EinfluB voli Futter und Sonnenlictit auf den wachstums- f6rdernden und antirachitischen Wert yon Kuhmilch konnte ETHEL M. LUCE zu keinem eindeutigeli Ergebnis komrnen, welchem der beiden Faktoren die gr6Bere Bedeutung ffir *) Mit Unterstfitzung des Universit~ttsbundes der Albertus-Universit~t.

Haut und Antirachitischer Faktor

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Page 1: Haut und Antirachitischer Faktor

~9. 0KTOBER I926 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . Nr. 44 2o7I

lassen, dab es sich wahrscheinlich dabei um eine direkte gegen- seitige Beeinflussung der Krankheitserreger aufeinander, nicht nur um eine unmittelbare (Immunit~tserscheinung oder dgl.) handelt. Infiziert man nun M~use, bei denen die Recur- rensinfektion l~ngere Zeit zurficMiegt, mit Nagana, so bleibt im allgemeinen der chronisch rezidivierende Verlanf der Naganailifektion aus, dagegen erscheinen abet bei diesen M~usen wieder Reeurrenserreger im Blur, selbst wenn sie seit l~ngerer Zeit Irei yon Recurrensrezidiven gewesen sind. Es wurde untersucht, ob hier eilie gewisse Gesetzm~13igkeit bestehen k6nnte und zu diesem Zweck zun~chst an Reihen- versuchen der Verlauf der Recurrens verfolgt. Die Angaben in der Lite'ratur fiber die Dauer des Auftretens yon Spolitan- rezidiven im Blur bei der Maus schwanken n~mlich auBer- ordentlich yon 16--21 Tagen, bis zu 2 Monaten. Die Be- obachtuligen an dem yon mir benutzten Stamm [auf diesen kommt es natfirlich auch weitgehend an*)] wurden an 2 Serien yon je 2o M~usen durchgeffihrt, die je gleichzeitig mit der gleichen Blut-Thyrodel6sung in gleicher Menge infiziert wur- den. Die Nachbeobachtungen der einzellien Tiere erfolgten im Durchschliitt bis zu 6o Tagen, milidestens aber bis zu 14 Tagen nach dem letzten positiven Blutbefund. Das Er- 16schen der Rfickf~lle eriolgte bis zu 15 Tagen IIach der In- fektion in 62,5%, bis zu 2o Tagen p. inf. in 15%, bi~ zu 25 Tagen p. inf.-,in io%, bis zu 3o Tagen p. inf. ebenfalls in IO%, bis zu 35 Tagen p. inf. in 2,5%.

Es ist bekannt, dab mit dem Erl6schen der Blutinfektion die inneren Organe, besonders Gehirn und Leber noch langere Zeit infekti6s bleiben und auch bei meinen Organtibertragun- gen zeigte es sich, dab bis zum 2o. Tage nach der Infektion die inneren Organe im Durchschnitt noch infekti6s sind, w~h- rend jenseits des 25. Tages die Infektiositat auch meist er- loschen ist, wenn die Blutrezidive ebenfalls frfihzeifig auf- h6rten.

Die /3berinfektion yon Recurrensmausen mit Nagana- erregern ergab nun bezfiglich des Wiederaliftretens der Recurrensspirochaten ~m Blur folgendes: his zum 14. Tage nach der Infek{ion war bei allen Tieren, meist sehon am nachsten Tage nach der Naganailifektion wieder Recurrens im Blur zu beobachten. Es gelingt also zu diesem Zeitpunkt bis zu lOO% wieder ein manifestes Recurrensrezidiv durch die l~berinfektion mit Nagana zu erzielen, selbst bei den M~usen, bei denen die Recurrensinfektion nut schwach angegangen war und die offenbar zu den 65% der oben genannten Recur- rensmause geh6ren, bei denen innerhalb der ersten 14 Tage die Blutinfektion erlischt.

Um den 2o. Infektionstag herum sind nach obigem bei ungest6rtem Re~urrensverlauf nu t noch etwa lO--15% der M~use im Blur Recurrens-positiv, bei l)berinfektion mit Nagana steigt die Prozentzahl auf rund 35%, jenseits des 3 o. Tages wurde mit der Naganainfektion kein Bhtrezidiv yon Recurrens mehr erzielt. In obigem Reihenversuch an einer groBen Zahl yon M~useli hatte sich noeh einmal ein Reeurrensrezidiv spontan gezeigt.

Zusammen]assend k6nnen wir also sagen: die Uber- in/ektionen yon Reeurrensmdusen mit Naganaerregern in In- ]ektionsstadien, in denen bereits die t~ecurrens im ErlSschen begri]/en ist, ]i~hrt in einem bemerlcenswert hohen Prozentsatz der F~ille zum Wiedererseheinen yon Recurrenserregern im Blute. Wahrscheinlieh gelingt es mit dieser Methode, die Recurrens- infektion in allen F~llen wieder manifest zu machen, selbst wenn bei v611iger Immuni t~t nur noch eine latente Infektion der inneren Organe besteht.

Es sind nun weitere Versuctle darfiber anzustellen, um die Gri~nde ffir diese Erscheinungen zu kl~ren. In Betracht zu ziehen ist, ob I. durch die Naganainfektion die bereits be- stehende hochgradige Recurrensimmunit~t so geschw~ch• wird, d a b dadurch das Wiederauftreten yon Recurrens- spiroeh~ten im Blur erm6glicht wird oder 2. eine direkte oder

*) Der Stamm wurde mlr yon Herrn Dr. R(~HL, ElberfMd, freundl, flberlassen. Er stammt ursprfinglich aus dem Robert Koch-Institut in Berlin.

indirekte gegenseitige Beeinflussung der beiden Erreger eine sotche biologische Anderung der Recurrens bewirkt, dal3 sie zum Wiederau~treten im Blur bef~higt wird. Die bisherigen Untersuchungen in dieser Richtung sprechen im Gegensatz zu den Ergebnissen JOSEPHS daffir, dab es sich wahrschein-

'lich um eine direkte Beeinflussung der Krankheitserreger dabei handelt. Unterslicht wurde besonders eine indirekte Beeinflussung unter dem Gesichtspunkt, dab durch die Naganainfektion eilie unspezifische Eiweigwirkung ausge- 16st wird, die eine Aktivierung der Kranldleitsherde wohl bewirken kSnnte, doch verliefen die Untersuchungen in dieser Richtung bisher negativ. Beziiglich der ersten M6glichkeit sind die Versuche noch nicht abgeschlossen und es wird auf die demn~chst erscheinende ausffihrliche Publikation verwiesen. In dieser soil dann aueh auf die Beziehungen der Recurrens- Naganainfektion zur Syphilis-Malariainfektion eingegallgen werden. (Aus der Hautlclinilc der Medizinischen Akademie, Di~sseldor] [Direktor: Pro/essor C. Stern].)

HAUT UND ANTIRACHITISCHER FAKTOR. Vo n

C, FALKEN~:EIM.

In vitro mit der Quarzlampe bestrahlte Haut wird nach den Untersliehungen yon H~ss, sowie GY6RGY und PoPo- VlClU durch Bildung des antirachitischen Faktors aktiviert, w~hrelid unbestrahlte Haut sich ira Rattenverslich als v611ig wirkungslos erweist. Uber eine entsprechende Wirkulig der Hautbestrahlung in vivo ist nichts bekannt ; dab der Mechanis- mus der gleiche ist wie bei der ill vitro Bestrahlung , ist zu- n~chst nur hypothetische Annahme.

Es wurden deshalb folgende Untersuchungen angestellt: Lebende Ratten wurden eine Zeitlang unter sicherer Ab- deckung des fibrigen K6rpers partiell mit der Quarzlampe bestrahlt. Die direkt bestrahlten, sowie die nichtbestrahlten Hautpart ien wurden nach T6tung dieser Tiere im lege artis mit der DiS~t 3143 (Mc COLLU•, SIMMO~DS, SHIPLEY, PARK) durehgeffihrten Rattenversnch als Zulage verffittert.

Es wurde festgestellt:

I. Auch in vivo wird direkt bestrahlte Haut antirachitisch wirksam.

2. Isolierte Bestrahlung einer Hautpart ie macht auch die anderen, nichtbestrahlten Hantteile antirachitisch wir'ksam.

3. Die direkt bestrahlte Hautpart ie wirkt starker anti- raehitisch als die nichtbestrahlte des gleichen Tieres.

Weitere Untersuchungen fiber die antiraehitische Akti- vierung auch innerer Organe durch Bestrahlulig lebender Tiere sind im Gange.

Die ausffihrliche Darstellung der Versuche, sowie die Be- sprechung der sieh daraus ftir den Mechanismus der anti- rachitisehen Quarzlampenwirkung in vivo ergebenden theo- retischen Folgeruligen wird an anderer Stelle erfolgen. (Aus der Universit~ts-Kinderlclinik zu KSnigsberg i. Pr. [Dir. : Pro/. Dr. Stoeltzner ]. )

QUARZLAMPENBESTRAHLUNG VON KOHEN UND ANTI- RACHITISCHE WIRKSAMKEIT IHRER MILCH.

a) Klinische Untersuchungen*). V o n

C. F A L K E N H E I M .

In ihren groB angelegten Untersuchungen fiber den EinfluB voli Fut ter und Sonnenlictit auf den wachstums- f6rdernden und antirachitischen Wert yon Kuhmilch konnte ETHEL M. LUCE zu keinem eindeutigeli Ergebnis komrnen, welchem der beiden Faktoren die gr6Bere Bedeutung ffir

*) Mit Unterstfitzung des Universit~ttsbundes der Albertus-Universit~t.