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medianet.at health economy Forschung GSK, Pfizer und Janssen verbessern HIV-Therapie 66 Vorsorge Die SVA der gewerblichen Wirtschaft forciert Prävention 67 Studie Grazer Forscher zeigen, wie Fasten nach- haltig funktioniert 68 Analyse Baxalta-Shire- Deal bringt Schub für Standort Wien 70 Therapie Krebszentrum Medaustron rüstet für den Start 71 Freitag, 22. Jänner 2016 COVER 65 © Irene Schanda/Boehringer Ingelheim Pharmariese investiert eine halbe Milliarde in Wien Das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim baut den Standort in Wien um 500 Mio. € aus und schafft so 400 neue Jobs. 66 MSD mit neuer Sprecherin Alexandra Kunsch Die 44jährige Kommunikati- onsexpertin übernimmt die neu geschaffene Position „Multi Channel & Corporate Com- munication Lead“ bei MSD in Österreich. In dieser Rolle wird sie die strategische Ausrichtung der Unternehmenskommunika- tion bei MSD verantworten. Verlagschef für Apotheker Heinz Wlzek Der Österreichische Apotheker- Verlag unterstützt die Apothe- ken auf mehreren Ebenen: In allen Tätigkeitsbereichen einer Apotheke finden sich Produkte aus dem Verlagsportfolio. Heinz Wlzek (54) ist mit Jahresbeginn neuer Geschäftsführer des Apotheker-Verlags. © MSD © Apoverlag/Anna Rauchenberger www.omni-biotic.com Institut Allergosan Pharmazeutische Produkte Forschungs- und Vertriebs GmbH Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät) DAS Probiotikum zum Antibiotikum 10 hochaktive Bakterienstämme für Ihren Darm OMNi-BiOTiC® 10 AAD: Zur Behandlung von durch Antibiotika ausgelösten Durchfällen. © dpa-Zentralbild/Patrick Pleul Personalisiertes Impfen Experten und Politiker fordern von Ärzten, bei Impfungen individueller vorzugehen. 68 © MedAustron

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Forschung GSK, Pfizer und Janssen verbessern HIV-Therapie 66

Vorsorge Die SVA der gewerblichen Wirtschaft forciert Prävention 67

Studie Grazer Forscher zeigen, wie Fasten nach-haltig funktioniert 68

Analyse Baxalta-Shire-Deal bringt Schub für Standort Wien 70

Therapie Krebszentrum Medaustron rüstet für den Start 71

Freitag, 22. Jänner 2016 coVer 65

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Pharmariese investiert eine halbe Milliarde in Wien Das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim baut den Standort in Wien um 500 Mio. € aus und schafft so 400 neue Jobs. 66

MSD mit neuer Sprecherin

Alexandra Kunsch Die 44jährige Kommunikati-

onsexpertin übernimmt die neu geschaffene Position „Multi Channel & Corporate Com-

munication Lead“ bei MSD in Österreich. In dieser Rolle wird

sie die strategische Ausrichtung der Unternehmenskommunika-

tion bei MSD verantworten.

Verlagschef für Apotheker

Heinz Wlzek Der Österreichische Apotheker-Verlag unterstützt die Apothe-ken auf mehreren Ebenen: In

allen Tätigkeitsbereichen einer Apotheke finden sich Produkte aus dem Verlagsportfolio. Heinz Wlzek (54) ist mit Jahresbeginn

neuer Geschäftsführer des Apotheker-Verlags.

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Personalisiertes Impfen Experten und Politiker fordern von Ärzten, bei Impfungen individueller vorzugehen. 68

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medianet.at66 coverstory Freitag, 22. Jänner 2016

••• Von Ulli Moschen

WIEN. Nach Gesprächen über einen möglichen Milliardendeal in der Sparte Tiermedizin mit Sanofi zum Jahreswechsel lässt der deutsche Pharmariese Boehringer Ingelheim nun mit einer Großinvestition für Österreich aufhorchen: Am Stand-ort Wien Meidling wird in großem Stil in die biopharmazeutische Pro-duktion investiert. 500 Mio. € sollen in eine neue Anlage fließen, in der Wirkstoffe mithilfe von Zellkul-turen hergestellt werden. Die De-tailplanung beginnt ab sofort, der Baubeginn ist Mitte dieses Jahres vorgesehen. 2021 soll die neue Pro-duktionsanlage dann ihren Betrieb aufnehmen und mehr als 400 neue Arbeitsplätze schaffen.

Sog am ArbeitsmarktBoehringer Ingelheim geht davon aus, dass sowohl der Bau als auch die fertige Produktionsanlage einen „unglaublichen Sog“ auf den Ar-beitsmarkt Wien ausüben wird. In den nächsten fünf Jahren werden auf der Baustelle Hunderte bis Tau-sende Arbeiter benötigt werden, die Zulieferindustrie wie Kantine, Rei-nigungspersonal oder Technik wird ebenfalls gefragt sein. Auch für die Projektphase, bevor die Anlage in Produktion geht, ist man in den Bereichen Engineering, Infrastruk-tur und Projektmanagement auf der Suche nach hochqualifizierten Arbeitnehmern.

Mit den 500 Mio. € Kapital ist dies die größte Einzelinvestition, die Boehringer Ingelheim je getätigt hat, und auch das bisher größte In-vestitionsprojekt für Wien, wie Ger-hard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien, erklärt. Die Wirtschaftsagentur hatte das Grundstück für das neue Gebäude 2009 erworben und 2014 an den Pharmakonzern weiterverkauft.

Boehringer Ingelheim produziert in Wien pharmazeutische Wirkstof-fe unter Einsatz von Mikroorganis-men. In den nächsten Jahren soll zusätzlich die Zellkulturtechno-logie dorthin transferiert werden. An der Stellung vom deutschen Biberach als größter europäischer Zellkultur- und globaler Launch-Standort von Boehringer Ingelheim ändert sich dadurch nichts.

Internationale Konkurrenz„Im Rahmen der Investitionsent-scheidung haben wir verschiedene internationale Optionen geprüft, auch im Blick auf das Forschungs-umfeld an möglichen Standorten“, sagt Andreas Barner, Vorsitzender der Unternehmensleitung.

„Damit ist es uns gelungen, den Wiener Standort langfristig ab-zusichern“, sagt Philipp von Lat-torff, Generaldirektor des Wiener Standorts. In Betrieb gehen soll die Anlage voraussichtlich 2021, man werde aber alles daran set-zen, bereits vorher fertig zu wer-den. Im Wettbewerb um die neue Anlage standen neben Wien Singa-pur, Irland und Deutschland. Die Entscheidung für den Standort in Wien sei eine strategische gewesen, da man das Risiko streuen wollte. Ausschlaggebend waren aber auch die Unterstützung durch die Stadt- und die Bundespolitik, das wissen-schaftliche Umfeld, die hohe Le-bensqualität sowie die „attraktive“ Forschungsprämie, die in Öster-reich bei zwölf Prozent liegt, so von Lattorff.

Der Unternehmensverband Boehringer Ingelheim zählt weltweit zu den 20 führenden Pharmaunternehmen und gilt als einer der größten Hersteller von biopharmazeutischen Medikamen-ten. „Unsere eigenen vielverspre-chenden biopharmazeutischen Entwicklungsprojekte sowie die

starke Nachfrage im Markt nach Auftragsproduktion waren Grund-lage für die Entscheidung, in die-sem Umfang nachhaltig in unsere Biopharmazie zu investieren“, er-klärt Wolfgang Baiker, Mitglied der Unternehmensleitung mit Verant-wortung für Produktion und Bio-pharmazie.

Stärkung für TiergesundheitZum geplanten Deal mit dem fran-zösischen Pharmakonzern Sanofi erklärt von Lattorff, er gehe davon aus, dass dieser Mitte dieses Jah-res erfolgreich abgeschlossen sein wird. Der Tausch der Geschäftsbe-reiche Tiergesundheit und Consu-mer Health Care wird auch Mitar-beiter in Wien betreffen. Wie diese künftig integriert werden, wird erst nach dem Abschluss entschieden. Der Standort in Wien ist verant-wortlich für das Humanpharma- und Tiergesundheitsgeschäft und beherbergt das weltweite Krebs-forschungszentrum von Boehrin-ger Ingelheim. Das Unternehmen wird durch den Deal weltweit zur Nummer 2 in der Tiergesundheit aufsteigen.

Halbe Milliarde für WienDer Pharmariese Boehringer Ingelheim investiert 500 Mio. € in eine neue Produktions­anlage für biopharmazeutische Produkte. Dadurch werden 400 neue Jobs entstehen.

Ausbau Der Standort in Wien Meidling ist in den vergan­genen Jahren kontinuierlich gewachsen und mit dem Ausbau abgesichert, sagten Wirt­schaftsagentur­Geschäftsführer Gerhard Hirczi und Boehringer­Manager Philipp von Lattorff.

Megadeal Boehringer Ingel­heim greift nach dem milliarden­schweren Tier­arznei­Geschäft des französischen Pharmakonzerns Sanofi. Im Gegen­zug will Boehrin­ger das Geschäft mit rezeptfreien Arzneien an die Franzosen abge­ben; der Deal hat ein Volumen von rund 11,4 Mrd. €.

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KooperAtion

Neue Forschung zur HIV-TherapieWIEN/DUBLIN. ViiV Health-care, ein auf HIV spezialisier-tes Pharmaunternehmen mit GSK, Pfizer und Shionogi als Shareholder, hat die Zusam-menarbeit mit Janssen für die Phase III Untersuchung und Vermarktung der langwirksa-men injizierbaren Formulie-rungen von Cabotegravir (ViiV) und Rilpivirin (Janssen) für die Behandlung von HIV-1 Infek-tionen formalisiert. „Diese Ver-einbarung mit Janssen wird die Fortführung der Entwick-lung des ersten langwirksamen injizierbaren Zwei-Medika-menten-Regimes ermöglichen“, sagte Dominique Limet, CEO von ViiV Healthcare. Das Ziel ist, eine Alternative zur tägli-chen oralen Standardtherapie aus drei Medikamenten zu haben.

Rekorddeals für Standort WienMartin rümmele

Die aktuellen Umbrüche und Fusionen der globalen Pharma­branche erfassen nun auch Ös­terreich – mit durchaus positiven Folgen: Was zum Jahresbeginn als Riesendeal zwischen dem US­Konzern Baxalta und dem aufstrebenden irischen Unter­nehmen Shire Aufsehen vor allem bei Analysten erregte, wird vor allem Wien betreffen.Baxalta ist erst im Vorjahr aus der Baxter BioScience hervor­gegangen und hat immerhin ein Viertel der weltweit 16.000 Mitarbeiter in Wien und Um­gebung, der Großteil davon in der Produktion. Das heißt: Der Deal betrifft 4.000 Mitarbeiter in Wien! Und da Shire selbst wenig produziert, ist zu erwarten, dass der Standort eher aufgewertet wird und auch Shire­Produkte übernimmt.Der zweite Deal kündigte sich zum Jahreswechsel an und soll noch heuer über die Bühne gehen: Boehringer Ingelheim soll von Sanofi die Sparte Tierge­sundheit übernehmen und damit zur Nummer 2 weltweit werden. Sitz der Sparte wird Wien sein. Ganz „nebenbei“ investiert der deutsche Pharmariese in Wien auch eine halbe Milliarde Euro in die Biopharmazie in Wien und schafft 400 neue und hochquali­fizierte Jobs. Das dürfte auch die zuletzt ob hoher Arzneimittelpreise gebeu­telte Wiener GKK freuen: Neue Jobs bringen neue Einnahmen, im Fall von Boehringer Ingelheim wohl rund zwei Millionen Euro pro Jahr.

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medianet.at Freitag, 22. Jänner 2016 health:care 67

••• Von Katrin Waldner

WIEN. Die Planungen für die Um-setzung des Wiener Spitalskonzepts 2030 stehen. Das in den Grundzü-gen bereits bekannte Reformvor-haben wurde am Dienstag in einer Pressekonferenz mit Bürgermeister Michael Häupl und Gesundheits-stadträtin Sonja Wehsely und KAV-Generaldirektor Udo Janßen prä-sentiert. Die Versorgung der Stadt wird künftig in Regionen eingeteilt, in denen jeweils zwei „Partnerspitä-ler“ zur Verfügung stehen. Die Leis-tungsangebote sollen aufeinander abgestimmt werden und sich er-gänzen. Eine Ausnahme bleibt das AKH; die Uniklinik bleibt in vollem Umfang bestehen.

ZusammenlegungenBereiche anderer Spitäler – etwa aus dem Otto-Wagner-Spital oder dem bereits geschlossenen Kaise-rin-Elisabeth-Spital – wurden und werden in die sechs regionalen Spitäler übertragen. An sämtli-chen Standorten wird es eine Not-aufnahme sowie eine erweiterte Grundversorgung geben. Sie um-fasst Einrichtungen der Inneren Medizin, der Allgemeinchirurgie und der Neurologie. Eine gynäko-logische Grundversorgung wird zumindest in fünf der sechs Kran-kenhäusern angeboten.

Ein Novum sind jene Zentren, die als eine Art Hotspot speziel-le Disziplinen abdecken werden. Sie sind zum Teil interdisziplinär konzipiert. Als ein Beispiel wurden etwa die künftigen Onkologischen Zentren genannt. Auch „monodiszi-plinäre Zentren“ sind Teil des Plans. So wird etwa die Rudolfstiftung ein Augenzentrum beherbergen. Eine Unterversorgung in anderen

Gegenden sei dadurch nicht zu er-warten, beteuerte Janßen. Denn von der Rudolfstiftung aus werde auch die augenheilkundliche Versorgung in anderen Gemeindespitälern or-ganisiert – die, wenn auch weniger umfangreich, auch dort vorgese-hen sei. Generell gehen die Planer

davon aus, dass es künftig mehr ambulante und weniger stationäre Behandlungen geben wird. Nicht zuletzt soll die Zusammenarbeit mit dem niedergelassenen Sektor ausgebaut werden. Die Zahl der Be-schäftigten soll aber stabil bleiben, die Qualität sich sogar verbessern.

Wien reduziert und spezialisiert SpitälerWeniger ist mehr, ist die Devise des Wiener Spitalskonzepts 2030. Die Konzentration von Krankenhäusern soll die Qualität verbessern und gleichzeitig Kosten senken.

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InveStItIon

Kur-Gruppe kauft Pleite-SanatoriumLINZ. Die Firmengruppe Hochrei-ter, Eigentümer und Betreiber des Kurhotels Bad Leonfelden, über-nimmt das insolvente Sanatorium Rupp in St. Georgen im Attergau (OÖ). „Die Rahmenbedingungen und die Vorgeschichte sind alles andere als einfach“, räumte Wolf-gang Hochreiter am Donnerstag ein. Er wolle aber nicht nur die hohen Risiken, sondern auch die vielen Chancen sehen. Das Sana-torium Rupp hatte Anfang Sep-tember 2015 Konkurs angemeldet. Die Insolvenzursachen würden vorrangig in Managementfehlern und Malversationen liegen, die die ehemalige Geschäftsführung zu verantworten habe, zitierte der Gläubigerschutzverband Credit-reform aus dem vom Unternehmen selbst eingebrachten Konkursan-trag. Hochreiter will mit der Über-nahme den Gesundheitsbereich weiter ausbauen.

Das in Bau befindliche Krankenhaus Nord ist Kern des neuen Spitalskonzepts.

Daiichi Sankyo entwickelt und vermarktet innovative Arzneimittel für Patienten in Industriestaaten sowie in aufstrebenden Ländern. Im Fokus stehen hier Medikamente für bislang unzureichend behandelte Krankheitsbilder.

Unsere starke und vielversprechende Entwicklungspipeline ist das Ergebnis einer über einhundertjährigen Forschungsgeschichte und einer Leidenschaft für Innovation. 17.000 Mitarbeiter in über 20 Ländern tragen dazu bei, dass Daiichi Sankyo Patienten wirksame Therapien anbieten kann.

Neben einem starken Portfolio von Arzneimitteln gegen Hypertonie, Hyperlipidämie, bakterielle Infektionen und thrombotische Erkrankungen entwickelt Daiichi Sankyo auch neue Therapien für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, für die Schmerzbehandlung sowie für die Onkologie und hier zudem biologische Wirkstoffe.

Weitere Informationen finden Sie unter:WWW.DAIICHI-SANKYO.AT

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medianet.at

rin des österreichischen Impftags, der am vergangenen Samstag in Wien stattfand – unter dem Motto „Personalisierte Medizin: Persona-lisierte Impfungen?“

Risikogruppen identifizierenBei der personalisierten Impfung geht es zunächst darum, die Ri-sikogruppen herauszufiltern, be-tonte Wiedermann-Schmidt. Dazu gehören Frühgeborene, ältere Men-schen, aber auch Personen, die mit Biologika – etwa bei Autoimmu-nerkrankungen wie Rheuma oder bei Krebs- und Hauterkrankungen – behandelt werden, aber auch das Gesundheitspersonal.

Die Möglichkeiten für eine spezi-alisierte Impfstrategie sind vielfäl-tig: Es könnte sinnvoll sein, doppelt zu impfen, mit geändertem Impf-Intervall, mit einem Impfstoff mit stärkeren Adjuvantien oder andere Impfrouten als die übliche intra-muskuläre Route zu wählen. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel: Wenn eine Person mit einer Au-toimmunerkrankung eine Vierfach-Impfung Diphterie/Tetanus/Polio/Keuchhusten erhält, ist es ratsam, bald danach eine Impferfolgskont-rolle zu machen und zu evaluieren, „ob die Impfung überhaupt ange-schlagen hat“, veranschaulichte Wiedermann-Schmidt: „Bereits in der gesunden Bevölkerung finden wir ein bis zehn Prozent, die nach Impfungen keinen ausreichenden Schutz aufbauen können. Diese Menschen nennt man Non-Respon-der. Unter bestimmten Therapien oder bei chronischen Erkrankun-gen ist daher anzunehmen, dass dieser Prozentsatz viel höher liegt.“

Für die Forschung wird das zu-künftig bedeuten, dass neue Impf-stoffe entwickelt werden müssen, die ebenfalls ganz speziell an die Bedürfnisse dieser Risikogruppen angepasst sind: „Zur Identifizie-rung bestimmter Risikogruppen werden neue Technologien wie

••• Von Ina Karin Schriebl

WIEN. Die bisher gültige, generelle Impf-Strategie „eine Impfung passt für alle“ wird künftig nicht mehr für alle Personengruppen in einer demografisch sich stark verändern-den Bevölkerung anwendbar sein. Es wird daher – mehr als früher – nötig sein, personalisierte Strategi-en zu entwickeln und die Menschen ganz spezifisch, angepasst an mög-liche, individuelle immunologische oder genetische Veränderungen, zu impfen: „Wir stehen damit am Be-ginn einer neuen Ära“, sagte Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophyla-xe und Tropenmedizin der MedUni Wien und wissenschaftliche Leite-

Transcriptomics zur Anwendung kommen“, erklärte Wiedermann-Schmidt. Dabei sollen im Blut Bio-marker zur Erkennung genetischer oder immunologischer Verände-rungen gefunden werden, die dafür verantwortlich sind, dass jemand zu einem „Non-Responder“ wird.

„Dank der ,personalisierten Me-dizin‘ können nun zunehmend auch jene Personengruppen geimpft werden, die bislang wegen ihres schwachen Immunsystems von Impfungen ausgeschlossen waren, wie zum Beispiel Krebspatienten oder junge Säuglinge“, ergänzte der Impfreferent der Österreichi-schen Ärztekammer (ÖÄK), Rudolf Schmitzberger.

Impflücken schließenWährend einige Risikogruppen wie etwa Krebspatienten, Auto-Immun-Erkrankte sowie ältere Menschen bekannt sind, gestaltet sich das Identifizieren weiterer Risikogrup-pen noch als schwierig. Zudem feh-len derzeit – bis auf die Daten von den verpflichtenden Impfungen bei Babys und Kleinstkindern – Impf-

68 life:science Freitag, 22. Jänner 2016

samstag war stichtagGut 800 Experten diskutierten am Wochenende im Austria Center Vienna die Zukunft personalisierter Impfungen und universeller Impfprogramme.

impftag Rund 800 Ärzte und Vertreter anderer Ge-sundheitsberufe informierten sich am Samstag über den aktuellen Stand in Sachen Impfungen.

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Isoflavone sind sicher

LONDON. Die Europäische Behörde für Lebens-mittelsicherheit (EFSA) bestätigt nun, dass Isofla-vone in Nahrungsergänzungsmitteln für Frauen in der Peri- und Postmenopause keine unerwünsch-ten Wirkungen aufweisen: Nahrungsergänzungs-mittel auf Basis von Soja-Isoflavonen sind dem-nach wirksam und sicher und haben keine negati-ven Auswirkungen auf Schilddrüse, Gebärmutter und Brustdrüse.

Isoflavone sind pflanzliche Stoffe, die insbeson-dere in Leguminosen (Hülsenfrüchten) vorkom-men. Die höchsten Konzentrationen sind in Soja-bohnen, Rotklee und der Kudzu-Wurzel zu finden. Extrakte dieser Pflanzen werden bei der Herstel-lung von Nahrungsergänzungsmitteln verwendet.

Bei der nun erfolgten Bewertung bisheriger Stu-dien durch die EFSA lag der Fokus ausschließlich auf Frauen in der Lebensmitte. Die Dosierung der untersuchten Nahrungsergänzungsmittel war auf 35 bis 150 mg Isoflavone ausgerichtet und wurde über einen Zeitraum von drei Monaten bis zu an-nähernd 2,5 Jahren eingesetzt.

Das Ergebnis räumt bisherige Bedenken vom Tisch und zeigt, dass Isoflavone keinen Einfluss auf den Schilddrüsenhormonspiegel haben und weder Gewebeveränderungen in der Gebärmutter noch eine signifikant erhöhte Gewebedichte der Brust verursachen. Weiters gab es keinerlei Indizi-en für erhöhtes Brustkrebsrisiko. (red)

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Essenspausen lohnen sich

GRAZ. Seit März 2015 läuft die von der Karl-Franzens-Universität Graz und der Med Uni Graz betriebene InterFast-Studie, unterstützt vom K1-Forschungszentrum CBmed in der Steiermark. Es ist dies eine der ersten wissenschaftlichen Stu-dien weltweit, die das „periodische Fasten“ beim Menschen auf seine Wirkungen hin untersucht. Erste Studienergebnisse lassen nun aufhorchen.

„Dabei geht es gar nicht darum, wenig zu essen, sondern genügend Zeit zwischen den Mahlzeiten verstreichen zu lassen. Es ist also keine Diät“, erläutert Studienleiter Frank Madeo. Zur Illustra-tion: In einem Experiment fütterten Forscher einer Maus-Gruppe Tag und Nacht eine Fast-Food-arti-ge Hochfett-Diät. Die Vergleichsgruppe erhielt die-selbe Nahrungsmenge – allerdings mit zwölf- bis vierzehnstündigen Esspausen, sodass diese Mäu-se in kürzerer Zeit doppelt so viel essen mussten. Die zweite Maus-Gruppe mit den Esspausen blieb trotz der netto gleich hohen Kalorienaufnahme schlank und gesund, die erste Gruppe wurde dick und entwickelte unter anderem Fettleber und schlechte metabolische Parameter.

Die wissenschaftliche Erklärung dafür: In der Fastenzeit zwischen der Nahrungsaufnahme springt die sogenannte Autophagie an, ein Prozess zellulärer Selbstreinigung. (red)

Bis zu zehn Prozent bauen nach der Impfung keinen Schutz auf.

Das Impfbewusstsein in der Bevölkerung nimmt ab, kritisieren Experten; damit lässt der sogenannte Herdenschutz nach.

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daten, die Rückschlüsse auf die re-ale Durchimpfungsrate in der Er-wachsenen-Bevölkerung zulassen. Von der Einführung des elektroni-schen Impfpasses, wie er bei ELGA mitdiskutiert und geplant wird, erhofft sich Wiedermann-Schmidt daher, schneller Impflücken in der Bevölkerung und Risikogruppen identifizieren zu können, um ent-sprechende Impfprogramme und Nachholimpfungen zu installieren.

Der OECD-Bericht „Health at a Glance 2015“ hat erst vor Kurzem ergeben, dass Österreich hinsicht-lich der Impfrate gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten hinter Ländern wie Indonesien und Ko-lumbien rangiert. Bei der Impf-rate gegen Masern platziert sich die Republik auch hinter Costa Rica, Chile und Mexiko. Eine beim Österreichischen Impftag prä-sentierte Aktion soll nun weiter-helfen: Ein „Geimpft – Geschützt – Sicher“-Ansteckbutton, mit dem Ärzte und andere zeigen können, dass sie ausreichend immunisiert sind: „Sichtbarmachen, ohne den Zeigefinger zu erheben und dabei bei sich selbst beginnen, sind die Kernpunkte der unabhängigen Impfinitiative. Wer sichtbar macht, geimpft zu sein, strahlt Sicherheit aus und ist sicher – für sich, aber auch für seine Mitmenschen“, er-klärte Wiedermann-Schmidt.

Mangelndes Problembewusstsein„Betrachtet man die Impfsituation in Österreich aus internationaler Perspektive, ist die Lage laut OECD-Bericht als kritisch zu betrachten. Mangelndes Problembewusstsein führt zur Nachlässigkeit. Schon heute erkranken immer mehr Men-schen an Krankheiten, für die ein sicherer und kostengünstiger Impf-schutz besteht. Dies führt – unnö-tigerweise – zu individuellem Leid und hohen Kosten“, sagte dazu der Public Health-Experte Armin Fidler.

„Die Durchimpfungsraten in Österreich können nur dann erhöht werden, wenn die Bevölkerung um-fassende und gut verständliche Informationen über Nutzen und allfällige Risiken von Impfungen erhält“, stellte Gesundheitsminis-terin Sabine Oberhauser (SPÖ) fest. Daher sei der neue österreichische Impfplan nicht nur entsprechend der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aktualisiert, son-dern auch übersichtlicher gestaltet worden.

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WIEN. Bei einem von Astellas Pharma unterstützten Symposium in Wien (Oncoforum Urology) dis-kutierten Urologen die neuesten Daten aus der Wissenschaft: Man setze immer mehr auf Organerhalt und möglichste Zurückhaltung bei

auch langfristig stark belastenden Behandlungsformen: „Vor 30 bis 40 Jahren sind noch 50 Prozent der Patienten mit Hodenkrebs elen-diglich zugrundegegangen. Heute heilen wir sie. Das ist eine Erfolgs-story“, sagte Urologe Stephan Ma-dersbacher vom Kaiser-Franz-Josef Spital in Wien. Neben der Erfor-schung von neuen Tumormarkern liege der Fokus immer mehr auf der Reduktion der Langzeittoxizität der Therapien. „Deshalb gibt es die Strahlentherapie kaum mehr.“ Sie hätte nach vielen Jahren das Risi-ko für neue Krebserkrankungen er-höht, auch bei der Chemotherapie sei dies möglich. Beim Prostatakar-zinom sei die Sterblichkeit um 30% gesunken, und beim Nierenzellkar-zinom werde immer schonender behandelt. (iks)

WIEN. Österreich hat ein Miss-stand in der Strahlentherapie von Krebspatienten: Statt notwendiger 62,5 Prozent der Patienten bekom-men nur 51 Prozent eine entspre-chende Behandlung. Besonders im Osten und Süden des Bundesgebie-tes fehlen Bestrahlungsgeräte. Das zeigt eine neue Bedarfsstudie von „Gesundheit Österreich“ (GÖG).

„Das, was GÖG getan hat, ist eine ausgezeichnete Grundlagenarbeit. Die Gesundheitspolitik hat auf-grund der harten Zahlen nun eine detaillierte Darstellung, wo die Defizite liegen“, sagte der Sprecher der österreichischen Patientenan-wälte, Gerald Bachinger zu dem Report. Ähnlich äußerte sich auch der Bundesfachgruppenobmann für Radioonkologie in der Öster-reichischen Ärztekammer, Robert Hawliczek: „Der Bericht zeigt, was wir seit Jahren der Politik auf den Tisch gelegt haben. Sie hat es ein-fach völlig ignoriert.“

Steigende PatientenzahlenDer Hintergrund: Jährlich erkran-ken in Österreich rund 38.000 Menschen an Krebs. Im Jahr 2020 werden es mehr als 41.000 sein. 2013 schlugen internationale Ex-perten in einer wissenschaftlichen Publikation Alarm. Im Vergleich mit 33 europäischen Staaten hätte Österreich einen 19%igen Strahlen-therapie-Kapazitätsmangel. Dabei würden 40% der Krebsheilungen allein durch die Strahlentherapie erfolgen.

Im Anschluss daran ergab sich eine gesundheitspolitische Debat-te. Die österreichischen Patienten-anwälte sowie die Bundesländer Wien, Burgenland und Niederös-terreich verlangten in der Bundes-gesundheitskommission die Erstel-

lung einer handfesten Studie zu dem Thema. Das knapp 30 Seiten umfassende Papier liegt jetzt vor.

Mit nur 43 Linearbeschleunigern insgesamt liegt Österreich selbst in einem Vergleich mit den ärms-ten Staaten in Europa auf unter-durchschnittlicher Position. Insbe-sondere in Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärn-ten fehlen Geräte. Und die Warte-zeiten für eine Strahlenbehandlung liegen oftmals bei bis zu 30 Tagen. Verantwortlich für die die Ausstat-tung der Spitäler mit entsprechen-den Geräten sind die Bundesländer. Österreich bräuchte bis zu 65 Line-arbeschleuniger. (APA/red)

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OnKOlOGie

Hoffnung bei Blasenkrebs

GENF. Neue Hoffnung für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Bla-senkrebs, dem urothelialen Karzinom (mUC): Das Schweizer Pharmaunternehmen Roche präsentier-te beim jüngsten Genitourinary Cancers Symposi-um der American Society of Clinical Oncology ak-tualisierte Daten einer laufenden Phase-II-Studie mit dem Wirkstoff Atezolizumab. Die mediane Überlebensdauer betrug demnach 7,9 Monate in der gesamten Studienpopulation. Die Auswer-tung nach einer längeren Nachbeobachtung (11,7 Monate) ergab, dass 84% der Patienten, bei denen Atezolizumab wirkte, weiterhin auf die Therapie ansprachen.

„Es ist schön, mit diesen positiven Nachrichten für Patienten mit fortgeschrittenem Blasenkrebs ins neue Jahr zu starten. Besonders erfreulich bei dieser maßgeschneiderten Krebsimmuntherapie ist, dass 84 Prozent der Patienten, die auf Atezo-lizumab ansprachen, auch nach einer längeren Nachbeobachtungszeit davon profitieren. Für Pa-tienten mit dieser speziellen Blasenkrebsform und deren Angehörigen bedeutet das neue Hoffnung“, erklärte Johannes Pleiner-Duxneuner, Medical Director bei Roche Austria.

Knapp 1.500 Österreicherinnen und Österrei-cher erkranken jährlich an Blasenkrebs, wobei Männer mit fast 1.100 Neudiagnosen weitaus häufiger betroffen sind als Frauen. (red)

sYMPOsiUM

Mit Tumorpatienten reden

WIEN. Krebserkrankungen werden zunehmend zu chronischen Krankheiten. Das machen moderne Therapien möglich. Umso wichtiger wird in der Onkologie die Kommunikation, erklärten Fachleute bei den Onkologischen Wintergesprächen in Wien.

„Das Wissen in der Onkologie schreitet derart rasant fort, dass es auch für die Ärzte schwierig wird, die Fortschritte zu verfolgen; Ärztezeitgesetz und finanzielle Vorgaben kommen hinzu“, sagte Symposiumsorganisator Hellmut Samonigg (Med-Uni Graz). Quasi „abgegrenzt“ davon müssten die Ärzte aber auch ein ausreichendes Basiswissen über Kommunikation mit ihren Patienten haben. „Am Anfang geht es darum, die Patienten von einer existenzbedrohenden Krankheit zu informieren.“ Entscheidend seien diese Prozesse aber auch, wenn eine Krebserkrankung fortschreite oder gar in einem Stadium, in dem man gegen die bösartige Krankheit selbst nichts mehr tun könne.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich auf diesem Gebiet sehr viel zum Besseren verändert. Elisabeth Andritsch, Klinische Psychologin an der Grazer Uniklinik: „Vor 25 Jahren ist das noch ziemlich belächelt worden.“ Mittlerweile seien alle, die mit Krebspatienten zu tun hätten, wohl überzeugt, dass eine erfolgreiche Kommunikation mit Patienten auch Teil der Behandlung sei. (red)

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Experten diskutier-ten über neue Entwicklungen im Bereich Urologie.

schonende UrologieKrebstherapien im Urogenitaltrakt zielen immer mehr auf Organerhalt und geringere Patientenbelastung.

Unzureichende BehandlungBesorgniserregende Beobachtungsstudie: 62,5 Prozent der Krebspatienten brauchen Strahlen-therapie, nur 51 Prozent bekommen diese.

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Zahlen steigen Jährlich erkran-ken in Österreich 38.000 Menschen an Krebs; bis 2020 steigt die Zahl um 8% auf 41.000 Menschen.

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medianet.at70 PhaRMa:RePoRt Freitag, 22. Jänner 2016

••• Von Martin Rümmele

WIEN/DUBLIN. Vor einem Jahr war der Pharmakonzern Baxalta nur Insidern bekannt. Denn bis-her hieß das Unternehmen Baxter BioScience und war Österreichs größter Arbeitgeber im Pharmabe-reich. Der US-Konzern Baxter hatte einst die Wiener Immuno gekauft und im Großraum Wien massiv ex-pandiert. Im Vorjahr folgten dann eine Aufspaltung sowie der Verkauf der Impfsparte – bekannt durch die FSME-Produktion – an Pfizer. Das Herzstück von Baxter wurde zu Baxalta und dessen Herzstück

blieb weiterhin in Österreich. Im-merhin rund 4.000 der 16.000 im Konzern Beschäftigten arbeiten hier. Bewertet wurde das neue Un-ternehmen von Analysten im Vor-jahr mit rund sechs Milliarden US-Dollar. In den kommenden Jahren wollte Baxter als Mutter Baxaltas stärken und an die Börse bringen. Nun könnte es allerdings anders kommen – die an Mitarbeitern wesentlich kleinere irische Phar-mafirma Shire mit gerade einmal 5.000 Beschäftigten ist mit Baxter handelseins und will Baxalta über-nehmen. Dafür legen die Iren das Sechsfache dessen auf den Tisch,

was das Unternehmen noch vor einem Jahr wert war – insgesamt rund 32 Milliarden Dollar. Eine satte Wertsteigerung für die US-Amerikaner also.

Von Immuno zu BaxaltaDoch was bedeutet der Deal für Ös-terreich, den größten Standort von Baxalta (vulgo Baxter BioScience, vulgo Immuno)? Bis die Transaktion vermutlich Mitte des Jahres abge-schlossen ist, halten sich die Unter-nehmen mit Aussagen zurück. Offi-ziell heißt es von Baxalta lediglich, dass das Ziel sei, weltweit Spitzen-reiter in der Behandlung von selte-

nen und unterversorgten Erkran-kungen zu werden. „Wir sehen die Übereinkunft mit Shire auch als Wertschätzung der Leistungen, die die Mitarbeiter und Mitarbeiterin-nen in Österreich täglich erbrin-gen“, heißt es in einer Aussendung. Tatsächlich deutet viel darauf hin, dass Shire Baxalta nicht kauft, um Synergien durch Einsparungen zu nutzen und ein größeres Portfolio zu bekommen, sondern auch auf-grund der Assets, die der Konzern hat. Und dazu gehören nicht zuletzt die Produktionsstandorte – und vor allem jene in Österreich. Baxalta gilt als führend im Bereich der Pro-duktion gentherapeutischer Arznei-mittel, während Shire nur über eine kleine Produktionsanlage in den USA verfügt.

Insgesamt bekommt Shire, die bisher extern produzieren ließen, nun rund zehn Produktionsstand-orte weltweit dazu. Manche wie in Krems sind gerade im Aufbau und verfügen damit auch noch über Ka-pazitäten, die von Shire bisher aus-gelagerte Produktion zu überneh-men. Im kombinierten Portfolio gibt es zudem keine Produktüberschnei-dungen, und die Unternehmenskul-turen sind dem Vernehmen nach recht ähnlich. Für die Standorte in Österreich könnte sich der Deal da-mit sogar als Glücksfall erweisen.

Rekord-Deal hat Potenzial für WienWas wie ein Merger zwischen der irischen Pharmafirma Shire und dem US-Konzern Baxalta aussieht, ist Österreichs größter Firmendeal; hier arbeiten 4.000 der 16.000 Baxalta-Mitarbeiter.

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WIEN/LONDON. Nach dem Fusi-ons-Rekordjahr 2015 rechnet die Beratungsgesellschaft KPMG auch im laufenden Jahr mit zahlreichen Übernahmen in der Pharma- und Chemiebranche. „Die Konsolidie-rungswelle im Bereich der Generi-ka und der Agrarchemie hat neue Impulse bekommen; weitere Trans-aktionen sind zu erwarten“, sagte KPMG-Pharma- und Chemieexper-te Vir Lakshman.

Zudem rechne er damit, dass die Pharmakonzerne ihr Produktange-bot durch Käufe von Biotechnolo-giefirmen weiter auffüllten. Dabei dürften sie verstärkt ein Auge auf Unternehmen mit Medikamenten oder Wirkstoffen in sehr frühen Entwicklungsphasen werfen.

Im vergangenen Jahr war es, wie berichtet, im Pharmasektor zu so

vielen Fusionen und Übernahmen gekommen wie noch nie zuvor. Laut einer KPMG-Analyse, die auf Thom-son-Reuters-Daten beruht, wurden weltweit Transaktionen im Umfang von 298 Mrd. Dollar abgeschlossen. Damit knackte die Branche den bis-herigen Rekord aus dem Jahr 2000 von 253 Mrd. Dollar.

Forschung floriert wiederDer Paukenschlag aus dem vergan-genen Jahr war die Ankündigung von Pfizer, den Botox-Anbieter Al-lergan für rund 160 Mrd. Dollar zu kaufen. Für Bewegung dürfte im laufenden Jahr der geplante Betei-ligungstausch von Boehringer In-gelheim mit der französischen Sa-nofi sorgen, der auf 12,4 Mrd. Dol-lar veranschlagt wird. Doch auch im Bereich der Forschung soll sich

heuer einiges tun: Nach mehr als 40 neu zugelassenen Wirkstoffen im Jahr 2015 schätzt die Pharma-zeutische Abteilung der Österrei-chischen Apothekerkammer, dass im heurigen Jahr weitere 50 neue Wirkstoffe auf den Markt kommen. Neben zahlreichen Wirkstoffen in der Krebstherapie erwarten die Apotheker auch neue Arzneimittel gegen die Hautkrankheit Psoria-sis, gegen Tuberkulose sowie neue Cholesterinpräparate. Auch gegen einige Seltene Krankheiten wie Hämophilie stehen ab 2016 neue Medikamente in der Apotheke zur Verfügung. Derzeit sind mehr als 12.000 registrierte Arzneimittel in den österreichischen Apotheken verfügbar, teilt Kammerpräsident Max Wellan zum Jahresbeginn mit. (APA/red)

Neue arzneien und FusionenExperten erwarten für heuer weitere Fusionen und Übernahmen in der Pharmabranche. Auch aus der Forschung kommen Impulse.

Die Pharmabranche ist im Umbruch. Auch 2016 dürfte einige Entwicklungen bringen.

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Einst als Immuno gegründet und als Baxter BioScience gewachsen, ist Baxalta dem irischen Käufer Shire nun 32 Mrd. US-Dollar wert.

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Sanochemia wieder im PlusWIEN. Die börsenotierte Wie-ner Pharmafirma Sanochemia hat ein positives Geschäftsjahr 2014/15 hinter sich. Sie kehrt nach Verlusten in die Gewinn-zone zurück. Ein neues Dia-gnostikmittel für Blasenkrebs gilt als Cashcow der Zukunft. Ein Röntgenkontrastmittel in Eigenproduktion soll am wich-tigen US-Markt reüssieren. Allein, die Mühlen der ameri-kanischen Food and Drug Ad-ministration mahlen langsam.Seit zwei Jahren wartet man in Wien bei Sanochemia auf die Zulassung durch die US-Behörde.

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Streit um MarkenrechteDARMSTADT/NEW YORK. Der deutsche Chemie- und Phar-makonzern Merck KGaA und der US-Namensvetter Merck & Co streiten weiter um Mar-kenrechte. Der Konflikt hat eine lange Vorgeschichte – die Fir-men gehörten einst zusammen.Neue Runde im langjährigen Namensstreit: Der US-Pharma- und Chemieriese Merck & Co hat den deutschen Konkur-renten Merck KGaA in den USA wegen missbräuchlicher Namensnutzung verklagt. Die Amerikaner wollen verhindern, dass der Darmstädter Konzern in den USA die Marke Merck vertritt und fordern Schaden-ersatz. In der 88-seitigen Kla-geschrift, die beim Bezirksge-richt in New Jersey eingereicht wurde, listen die Anwälte von Merck & Co diverse Beispiele auf, in denen der deutsche Wettbewerber den ehemals gemeinsamen Firmennamen in unzulässiger Weise verwendet haben soll. Beide Unternehmen haben gemeinsame Wurzeln. Zunächst war die amerikani-sche Merck ein Ableger für das Exportgeschäft der Deutschen. Im Ersten Weltkrieg wurde die US-Tochter enteignet.

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medianet.at Freitag, 22. Jänner 2016 Medizin:technik 71

••• Von Martin Rümmele

WIENER NEUSTADT. Vor Kurzem ist ein Meilenstein im geplanten Wiener Neustädter Krebsbehand-lungs- und Forschungszentrum MedAustron gelungen: Die kom-plexen Systeme der Anlage – vom Beschleuniger über die Robotik, Röntgentechnologie, Patienten- und Sicherheitstechnik bis zu einer Vielzahl an Softwareprogrammen – haben in einem Test bewiesen, dass sie nicht nur einzeln, sondern auch im Zusammenspiel gut funktionie-ren. Der gesamte Ablauf von der Planung einer Behandlung bis zur

Bestrahlung wurde durchlaufen, und alle Schnittstellen haben den Stresstest erfolgreich bestanden. Der besagte Test hieß „one plan runs through“, womit die Aufgabe schon beschrieben wird.

Gewaltiger AufwandFür die Überprüfung wurde zu-nächst ein Bestrahlungsplan er-stellt und in die „Sprache“ des Be-schleunigers übersetzt. Dieser ge-nerierte daraufhin die benötigten Teilchenstrahlen, die im Behand-lungsraum gemäß dem berechne-ten Plan auf ein Phantom gelenkt werden. Zuvor mussten die Me-

dizintechniksysteme im Behand-lungsraum aber noch die fiktive Tumorposition im Phantom-Pati-enten verifizieren und diesen in die korrekte Bestrahlungsposition ma-növrieren. Eine Fülle von Sicher-heitsmechanismen ergänzte diesen Ablauf, in dem die Patientensicher-heit – so wie auch im Echtbetrieb – stets oberste Priorität hatte.

Klingt einfach, ist es aber nicht: In einer Anlage, die aus vielen maß-geschneiderten Einzelsystemen besteht, ist der Informationsaus-tausch zwischen den Systemen und deren zentrale Steuerung durch den Anwender eine Herausforde-

rung. Dieser „Stresstest“ für die Schnittstellen und die Integrati-on der Einzelkomponenten wurde nun erfolgreich gemeistert, denn zum ersten Mal wurde die gesam-te Behandlungskette durchlaufen. Getestet wurde dabei genau ge-nommen nicht ein einzelner Be-strahlungsplan, sondern verschie-dene Varianten von unterschiedli-cher Komplexität.

Involviert waren spezifisch für MedAustron entwickelte Medizinprodukte wie das Be-strahlungsplanungssystem, das Onkologie informationssystem, der Positionier roboter, die Röntgen-anlage sowie die umfangreiche Si-cherheitstechnik und zu guter Letzt die Beschleunigeranlage selbst. Diese wird wiederum aus zig Ein-zelprogrammen gesteuert. Alle kli-nischen Abläufe im Behandlungs-raum selber wurden erstmals zen-tral aus dem sogenannten lokalen Kontrollraum gesteuert. Aber nicht nur Maschinen und Softwarepro-gramme, sondern auch Menschen haben bewiesen, dass abteilungs-übergreifendes Teamwork bei Me-dAustron bestens funktioniert: Medizinphysiker, Beschleuniger-physiker sowie Software-, Elektro-nik- und Mechanik-Ingenieure von MedAustron haben gemeinsam mit externen Experten und Partnern für den Erfolg des „one plan runs through“ gesorgt.

Letzte VorbereitungenNach diesem erfolgreichen Ab-schluss wird nun die Anlage fit für die Aufgaben im laufenden Jahr gemacht: Demnächst wird sie im 24/7-Betrieb laufen. Es gilt, die medizinische Kommissionierung und die Zertifizierung zum Medi-zinprodukt erfolgreich abzuschlie-ßen, einen von unabhängiger Stelle ausgewerteten end-to-end-Test für den Patientenbetrieb zu absolvie-ren sowie mit der Betriebsanlagen-genehmigung für das Ambulatori-um im Laufe dieses Jahres mit den ersten Patientenbehandlungen zu starten. Mit MedAustron entsteht in Wiener Neustadt eines der mo-dernsten Zentren für Ionentherapie und Forschung in Europa.

MedAustron hat test bestandenIm geplanten europäischen Zentrum für Ionentherapie und Forschung laufen bisher alle Systeme nach Plan. Die erste Patientenbehandlung soll noch heuer stattfinden.

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Geschäftsführer Eugen B. Hug und Alfred Zens mit einem der getesteten Bestrahlungspläne auf einem radiochromen Film.

GRAZ. Das steirische Kompetenz-zentrum RCPE leitet federführend ein europaweites Großprojekt im Pharmabereich: Das internationale Konsortium ECCPM will mit öster-reichischer Hilfe nichts weniger als die Tablettenproduktion revo-lutionieren. Gemeinsam mit sechs weltweit agierenden Unternehmen und vier europäischen Universitä-ten wird dazu an der Fertigung von festen Darreichungsformen gear-beitet.

Bei der Herstellung von Tablet-ten sind verschiedene voneinan-der abgetrennte Prozessschritte nötig. Diese Art der Produktion ist zeitaufwendig und kostenintensiv, muss doch jeder Prozessschritt für sich selbst überwacht, gesteuert und abgeschlossen werden. Nach-dem die Wirkstoffe beispielsweise

in einer Trommel gemischt wer-den, wird die Masse in die nächste Maschine befördert, um daraus Tabletten zu pressen. Dann wer-

den die Tabletten beispielsweise wieder in eine andere Maschine gefüllt, um sie mit einem Coating (Überzug als Schutz vor vorzeiti-

gem Auflösen oder als Geschmacks-träger) zu versehen. Mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie arbeitet das RCPE nun daran, die Prozessschritte zusammenzufüh-ren. Die Produktion vom Rohstoff bis zum Endprodukt soll in nur einem Arbeitsschritt möglich wer-den.

Etliche HerausforderungenDie Integration der einzelnen Schritte in einen einzigen Prozess birgt einige Herausforderungen: „Zu jedem Zeitpunkt zu wissen, wo sich das Pulver im Prozess befin-det, ohne in die Maschine hinein-blicken zu können, ist eine Chal-lenge“, erklärt Johannes Khinast, wissenschaftlicher Geschäftsfüh-rer am RCPE. „Die ersten Versuche sind jedoch vielversprechend ver-laufen, und wir machen sehr gute Fortschritte im Projekt. Nach einem Jahr Projektlaufzeit können wir eine überaus positive Zwischen-bilanz ziehen.“

Neben der Forschung umfasst das Projekt auch die Abhaltung von Workshops. Das Projekt soll bis Ende des kommenden Jahres abgeschlossen sein. (red)

Revolution im ArzneisektorDie Zukunft der Pharmaindustrie liegt in Graz: Steirische Experten koordinieren internationales Medikamenten-Forschungsprojekt.

Internationale Teilnehmer des Pharmazie-Workshops in Graz.

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Agfa schluckt Grazer TIPBONN/GRAZ. Die deutsche Agfa HealthCare übernimmt die österreichische TIP Group mit Sitz in Graz. Durch den Zusam-menschluss erweitert sich das Angebot der Agfa HealthCare im Bereich spezialisierter Busi-ness Intelligence- und ERP-Lö-sungen im Krankenhaus. „Mit der TIP Group steht uns nun ein Spezialist für Business In-telligence im Krankenhaus zur Verfügung, dessen Lösungen unser eigenes Angebot weltweit sinnvoll erweitern”, erklärt Winfried Post, Agfa-Geschäfts-führer. Und Heimo Babcicky, Vorstand und Gründer der TIP Group, ergänzt: „Agfa Health-Care ist ein starker und solider Partner, der es uns ermöglicht, gemeinsam ein größeres Port-folio anzubieten.“

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Mit IT gegen die AltersdepressionSALZBURG. Die Johanniter starteten mit der Salzburg Re-search Forschungsgesellschaft und der Sigmund Freud Privat Uni Wien ein Forschungspro-jekt zur Vorbeugung von De-pression im Alter. Ziel ist, das vorhandene Versorgungsdefizit zu reduzieren. Das einjährige Forschungsprojekt Impetus untersucht das Potenzial von Informationstechnologie zur Vorbeugung von Depressionen und Unterstützung des Versor-gungsprozesses. „Wir werden die Nutzbarkeit des Internets für den Bereich Altersdepres-sion prüfen und die Unter-stützung von IKT-Diensten in verschiedenen Phasen des Ver-sorgungsprozesses darstellen“, erklärt Projektleiterin Manuela Plößnig von der Research For-schungsgesellschaft.

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Biobanken im weltweiten NetzGRAZ. Erstmals gibt es eine europaweite Suchmaschine für Biobanken, entwickelt am Zen-trum für Wissens- und Techno-logietransfer (ZWT) in Graz, wo sich drei Institutionen damit beschäftigen: die europaweite Biobanken-Forschungsinf-rastruktur BBMRI-ERIC, der Österreich-Knotenpunkt BBM-RI.at und die Biobank Graz. Biobanken sammeln Blut-, Gewebe- und andere mensch-liche Proben und medizinische Daten und Bilder, die wichtige Ressourcen für medizinische Innovationen sind. Nur wenn sie nach hohen und einheit-lichen Qualitätsstandards gesammelt und dokumentiert werden, kann man sie für die Erforschung neuer Arzneien und Therapien verwenden. Die Grazer haben nun ein „Direc-tory“ entwickelt, das in der Version 1.0 bereits online ist. IT-Manager Petr Holub: „Das Directory ist die erste und in dieser Art einzige Suchmaschi-ne für Biobanken und biomo-lekulare Ressourcen in Europa – ein Verzeichnis von rund 500 Biobanken.“

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