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DAS ZIMMER HELEN GARNER Roman BERLIN VERLAG

Helen Garner - Autorenzeitung - Das Zimmer

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In einer glasklaren Sprache, getragen von liebevollem Humor, erzählt Helen Garner vom Ringen um das Leben, um eine Freundschaft und einen würdevollen Tod. Auf Wunderheilung hofft Nicola vergebens — es ist Helen Garner die ein Wunder vollbringt: wir lesen eine tieftraurige Geschichte und fühlen uns bewegt, gestärkt, amüsiert und auf wundersame Weise versöhnt mit der gebrechlichen Einrichtung unserer Welt.

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Page 1: Helen Garner - Autorenzeitung - Das Zimmer

D A S Z I M M E R

H E L E N G A R N E R

R o m a n

BERLIN VERLAG

Page 2: Helen Garner - Autorenzeitung - Das Zimmer

Helen Garner, dies ist seit

über zehn Jahren Ihr erstes

belletristisches Werk, und

doch scheint die Geschichte

sehr stark in der Realität ver-

ankert zu sein, zum Beispiel

ähnelt die Helen im Buch

Ihnen selbst – wo also steckt

die Fiktion?

HELEN GARNER:

Nun, indem ich mein Buch

Roman nenne, wollte ich ihn

ganz bewusst von meinen bis-

herigen Werken der letzten

fünfzehn Jahre abgrenzen. Ich

wollte sozusagen ein Signal

setzen und klarstellen: »Lest

dies nicht als meine persön-

liche Denkschrift, denn hier

habe ich mich von allen Rea-

litätsansprüchen eines Sach-

buchs befreit.« Beim Schrei-

ben hat es sich auch eher

nach einem Roman angefühlt,

ich konnte ungezwungener

schreiben und Dinge erfinden.

KERRY O’BRIEN:

Helen bringt ihrer sterben-

den Freundin Nicola großes

Mitgefühl, aber oft auch un-

gebremste Wut entgegen.

Helen sagt an einer Stelle:

»Mir wurde ganz schlecht

vor Wut. Ich hätte das Auto

am liebsten gegen einen

Pfeiler gefahren, aber so,

dass nur sie starb.« Ich

weiß, dass Sie eine ähnliche

Erfahrung durchgemacht

haben, als Sie sich um

eine sterbende Freundin

kümmerten. Entsprechen

Helens Empfindungen dem

wahren Leben?

HELEN GARNER:

Ja, ich habe das am eigenen

Leib gespürt. Nicola basiert

aber nicht nur auf dieser

H E L E N G A R N E Rim Gespräch mit KERRY O’BRIEN

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einen, sondern auf mehre-

ren Personen, deren Tod ich

mehr oder weniger direkt

miterlebt habe.

KERRY O’BRIEN:

Zum Beispiel den Ihrer

Schwester?

HELEN GARNER:

Den meiner Schwester und

meiner Eltern, ja. Ich kenne

die widersprüchlichen Gefüh-

le von Menschen, die sich

um Sterbende kümmern, und

es ist zunächst ein Schock für

diese Menschen, wenn sie

begreifen, wie schrecklich sie

sich dabei fühlen, wie viel

Groll sich unter ihre Trauer

mischt. Ich glaube, dass der

Zorn eigentlich auch eine

Art des Trauerns ist, eine Art

Kampf gegen das, was da

gerade passiert. Mit diesen

Gefühlen kommt man noch

schwerer klar, wenn die ster-

bende Person sich nicht

eingestehen will, dass sie im

Sterben liegt. Und so entsteht

schließlich ein schreckliches

Gefühl der Unaufrichtigkeit

und des Misstrauens, selbst

zwischen Menschen, die sich

lieben.

KERRY O’BRIEN:

Es scheint Teil Ihres Wesens

zu sein, Dinge in Frage zu

stellen. Sie hinterfragen sich

selbst und stellen ebenso an-

dere in Frage. In Ihrem Buch

schreiben Sie: »Der Tod lässt

sich nicht verleugnen. Das

zu versuchen ist ungeheuer-

lich.« Wenn wir aber den Tod

als unsere letzte große und

vermutlich schwerste Heraus-

forderung ansehen, warum

kann man sich dann nicht

gegen diese ungewisse Düster-

nis aufbäumen, warum ent-

schwinden wir so sanft?

HELEN GARNER:

Die Figur in meinem Roman

bäumt sich weder auf, noch

entschwindet sie sanft. Sie

ist nicht dazu bereit, das eine

oder das andere zu tun. Sie

hat panische Angst. Ihre Panik

lähmt sie, und zunächst ruft

diese schreckliche Angst bei

der Erzählerin Helen Mitleid

und Kummer hervor. Aber

dann, glaube ich, wird die

Sache sehr viel komplexer,

Helen ist nicht nur einfach

wütend auf Nicola. Ich denke,

diese alternativmedizinischen

Behandlungen, auf die Nicola

so sehr baut und von denen

sie sich übers Ohr hauen lässt,

haben ein großes Gewicht

in der Geschichte. Das

macht Helen verrückt. Es ist

»Ich glaube, dass der Zorn eigentlich auch

eine Art des Trauerns ist, eine Art Kampf

gegen das, was da gerade passiert.«

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furchtbar, mit ansehen zu

müssen, wie ein hilfloser

Mensch ausgenutzt und

gequält wird.

KERRY O’BRIEN:

Haben Sie das erlebt?

HELEN GARNER:

Ja. Und ich habe auch darüber

gelesen.

KERRY O’BRIEN:

Einer der ergreifendsten Mo-

mente im Roman ist, wenn

Nicolas selbst errichtetes

Schutzschild im Angesicht des

Todes zerbricht. Sie sagt:

»Ja aber schaut, mein ganzes

Leben war ich darauf bedacht,

niemanden mit meiner Be-

findlichkeit zu langweilen.

Niemand will wissen, ob ich

traurig bin oder Angst habe.

Ich habe gelernt, den Mund zu

halten. Und ein optimistisches

Gesicht aufzusetzen.« Es

spricht, finde ich, kein Selbst-

mitleid aus ihr, sondern das

Gefühl, das Leben vergeudet

zu haben. Würden Sie sagen,

dass genau darin die furcht-

bare Angst am Lebensende

besteht, darin, das Leben

vergeudet zu haben?

HELEN GARNER:

Nun, ich habe mit Menschen

gesprochen, die in der Pallia-

tivmedizin arbeiten, und die

Therapeuten und Kranken-

pfleger sagen, dass dies sehr

häufig der Fall ist. Wenn der

Tod naht, merken die Sterben-

den, dass in ihnen unerfüllte

Sehnsüchte und Ambitionen

stecken und dass es ihnen

noch schwerer fällt, loszu-

lassen, weil sie voller Reue

über das Versäumte sind. Es

gibt aber auch andere Fälle –

meine Schwester beispiels-

weise. Sie war immer ziemlich

kratzbürstig und schwierig,

aber als sie erfuhr, dass sie

unheilbaren Krebs hatte, ak-

zeptierte sie es einfach und

war dabei außerordentlich

würdevoll. So war es gleich viel

leichter, sich um sie zu küm-

mern, es war wunderbar, mit

ihr zusammen zu sein.

Etwas hat sich in ihr verän-

dert, sie wurde sanfter,

während sich Nicolas Sanft-

heit in eine gewisse Härte

verwandelt. Sie ist ganz starr

und verkrampft vor Furcht.

Es ist schwierig, mit so etwas

umzugehen.

KERRY O’BRIEN:

Trotz all der Wut im Roman:

Ich habe das Gefühl, dass

Helen sehr viel erfüllter aus

dieser Erfahrung hervorgeht,

als wenn sie die Situation

nicht durchgestanden hätte,

trotz all der Qual.

HELEN GARNER:

Das stimmt. Das Buch durch-

zieht auch ein gewisses

Schuldgefühl. Wenn Helen

Nicola am Ende des Buches

ihrer Familie übergibt und

wenn sie, aus Gründen, die im

Buch erklärt werden, einfach

nicht mehr kann, heißt es im

letzten Satz des Romans:

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Page 5: Helen Garner - Autorenzeitung - Das Zimmer

»Meine Fürsorge endete hier,

ich übergab sie anderen.«

Also bleibt am Ende einerseits

eine gewisse Erleichterung,

dass die für eine Einzelperson

sehr intensive und schwierige

Krankenwache überstanden

ist. Aber es bleibt auch eine

Art von Bedauern, nicht un-

bedingt, weil sie das Gefühl

hatte, versagt zu haben, son-

dern weil sie gehofft hatte,

noch mehr tun zu können.

Aber gibt es irgendeine Situa-

tion im Leben, bei der man

sich nicht fragt, ob man noch

mehr hätte tun können?

KERRY O’BRIEN:

Sie haben mal davon gespro-

chen, wie schwer es war,

mit Nicolas Tod umzu-

gehen, und wie Sie von

Ihren Gefühlen überwäl-

tigt wurden, als Sie schließ-

lich wussten, wie Sie den

Roman zu Ende bringen

konnten. Würden Sie uns

diese Geschichte erzählen?

HELEN GARNER:

Als ich an dem Punkt anlangte,

als Nicola schließlich nach

Sydney zurückfährt, dachte

ich: Was mache ich jetzt? Muss

ich jetzt zum Tod kommen?

Ich kann den Lesern nicht

dieses Ende lassen, ich muss

den Tod auch beschreiben.

Ich habe also herumprobiert,

habe probiert, Tag für Tag

dem Tod entgegenzukriechen.

Und als ich schon vollkommen

verzweifelt war und beinahe

aufgeben wollte, da kam mir

plötzlich die Idee, dass ich

einen Ausblick in die Zukunft

geben und ihn sozusagen mit

wenigen Handgriffen an die

Handlung knüpfen könnte.

Also rannte ich zurück an

meinen Schreibtisch, ich sog

meine Gedanken förmlich

aus dem Kopf und hackte sie

in die Tasten. Ich glaube, dafür

habe ich ein paar Stunden

gebraucht – und da war das

Ende plötzlich. Ich lag heu-

lend auf dem Boden und

heulte und heulte, und dann

habe ich es fein säuberlich

angeknüpft.

KERRY O’BRIEN:

Warum haben Sie geheult?

Einfach aus Erleichterung?

HELEN GARNER: Erleich-

terung, aber auch aus Schmerz,

jemanden verloren zu haben,

den man liebt. Ich habe ver-

sucht, dieser Erfahrung eine

Form zu geben – es ist eine

schreckliche Erfahrung, sich

um jemanden zu kümmern,

der stirbt –, und ich wollte,

ich musste das Buch schrei-

ben, um diesem Schmerz Aus-

druck zu verleihen und auch,

um nicht in diesem Chaos

aus Schmerz zurückgelassen

zu werden.

KERRY O’BRIEN:

Wenn Sie betrachten, was hin-

ter Ihnen liegt und was Sie

noch erwartet, sind Sie zu-

frieden? Ist Ihr Leben eines,

das nicht vergeudet wurde?

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Page 6: Helen Garner - Autorenzeitung - Das Zimmer

HELEN GARNER:

Das hoffe ich. Das Gefühl,

mein Leben nicht verschwen-

det zu haben, dieses Gefühl

geben mir meine Enkel-

kinder. Die Kraft, die von

einem Menschen ausgeht,

der Zukunft bedeutet, kann

man nicht hoch genug schät-

zen. Manchmal denkt man,

Ja, gut, das ist etwas, das

ich erreicht habe, sie laufen

hier herum, und wenn ich

sterbe, dann werden sie hier

immer noch herumlaufen,

so Gott will, und das ist

ein wunderbares Gefühl der

Freiheit.

KERRY O’BRIEN:

Helen Garner, wir danken

für dieses Gespräch.

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TV-Interview vom 22. Mai 2008, Australian Broadcasting Corporation (ABC)

Die DVD mit deutschen Untertiteln kann bestellt werden beimBerlin Verlag: Sandy Brunzel, Tel.: 030 / 44 38 45-27

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Der Morgen war grau und mild, und die

Tauben flogen. Die Rennstrecke lag kaum

mehr als einen halben Kilometer von

meinem Haus entfernt, und wenn der Cup

stattfand, waren die Straßen unserer Vorstadt

morgens und abends immer völlig verstopft,

deshalb suchten wir uns einen Film aus, der

auf der anderen Seite des Flusses in South

Yarra gezeigt wurde, und nahmen unseren

Lunch mit in den Botanischen Garten. Die

Sonne kam heraus, der Tag wurde strahlend.

Wir suchten uns eine Palme aus, die einen

vollkommen runden Schatten warf, und

machten es uns in diesem Kreis im Gras

bequem. Ich packte unsere Sandwichs und

unsere Wasserflaschen aus. Nicola sah immer

ganz entspannt aus, wenn sie auf dem Boden

saß: ihre Hüften waren in den Gelenken

lockerer als die aller anderen Menschen. Ihre

langen Beine breiteten sich anmutig unter

ihrem ausgewaschenen himmelblauen

Baumwollrock aus.

»Das Ganze ist für dich sehr schwer, oder,

Helen?«, sagte sie.

»Schwerer, als ich gedacht habe.«

»Was ist das Schlimmste? Das Schwitzen?«

Das war meine Chance. »Nein – sondern

das Gefühl, dass wir einander mit Arglist

begegnen, dass wir einander täuschen.«

Ihr Kopf fuhr herum. »Arglist? Täuschen?«

»Das hörst du bestimmt nicht gern.«

»Sprich weiter.«

Sie biss kräftig in ihr Sandwich und rückte ein

wenig herum, so dass wir jetzt nebeneinander

saßen und in dieselbe Richtung schauten.

Indem sie den Blickkontakt aufhob, gab sie

mir Freiheit, so wie man auch manchmal auf

einer langen nächtlichen Autofahrt frei ist,

mit der Wahrheit herauszurücken.

»Ich habe ernsthafte Zweifel«, sagte ich,

»an dieser Klinik.«

Sie ließ den Blick über den weichen, gepfleg -

ten Rasen schweifen, der sich bis hinunter

zum See zog.

»Ich kann eigentlich nicht sagen, dass mich

das überrascht«, sagte sie mit einem kleinen

Lachen, »ich wusste von vornherein, dass das

nicht deine Sache ist. Mach dir keine Sorgen,

meine Liebe. Ich weiß, dass du dein Bestes

gibst.«

»Ja, aber mir kommt diese Behandlung genau

so vor wie der Sauerkrautsaft von diesem Typ

da oben im Hunter Valley. Ich kann mir

nicht helfen, ich finde, das sind Scharlatane.

Entweder das, oder sie sind verblendet.«

Sie schüttelte langsam den Kopf, lächelte,

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Leseprobe

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kaute, lächelte immer weiter. »Du hast mich

vor diesem Biochemiker gerettet – und ich

bin dir ewig dankbar dafür. Aber das war ja

ein Gauner. Diese Leute hier sind anders.

Ich glaube an sie. Ihre Theorien haben einen

soliden Grundstock. Und sie kümmern sich

wirklich ganz ganz intensiv um mich.«

»Ach, und wo war dann der Chef«, sagte

ich mit einiger Überwindung, »an dem

Vormittag, als du ankamst? Er hat dich doch

veranlasst, eine Woche früher zu kommen,

und dann hat er dich sitzen gelassen.«

»Das hat nur mit seiner Forschung zu tun,

Hel. Er muss ja immer auf der Höhe der

internationalen Entwicklungen sein.«

Ich gab nicht auf, obwohl ich mich dabei

hundeelend fühlte. »Und was ist mit den

anderen? Die wirken ja nicht gerade beein -

druckend, oder? Wie kannst du solchen

Leuten denn vertrauen?«

»Aber Helen«, sagte sie und wandte mir

ehrlich überrascht das Gesicht zu, »ich

muss ihnen doch vertrauen. Ich habe keine

andere Wahl. Ich muss einfach voll aufdrehen

und zielbewusst und entschlossen sein.«

»Genau das ist für mich das Schwierigste.

Das Aufdrehen.«

Sie senkte den Blick aufs Gras. Ich tat ihr weh.

»Aber das ist die einzige Möglichkeit«, sagte

sie. »Wenn ich nicht daran glaube, ist die

einzige Alternative, mich hinzulegen und zu

sagen, okay, ich gebe auf. Ich sterbe. Krebs,

komm her und pack mich.«

Eine trockene Brise blies den Hang herauf,

wehte ihre Haare empor und zeigte die erbar -

mungswürdige Magerkeit ihres Halses. Ich

legte mein Sandwich weg und ergriff ihre

Hände.

»Nicola«, sagte ich. »Das sind die beiden

absoluten Extreme.«

»Ja, klar, aber das ist doch meine Situation.«

Sie klang fast verärgert. Sie wich meinem

Blick aus. Sie wollte mir ihre Hände entzie -

hen, aber ich hielt sie fest. Ich drückte sie.

Ich schüttelte sie.

»Es muss doch noch einen Weg zwischen

diesen beiden geben«, sagte ich. »Wollen

wir ihn nicht suchen?«

Sie rutschte von mir weg und sah hinaus

auf den See.

»Ich kann nicht aufgeben«, sagte sie. »Ich

werde nicht aufgeben.«

»Wäre das denn ein Aufgeben? Könntest du

dir nicht vorstellen, einen Tag nach dem

anderen zu bewältigen? So, wie sie’s bei den

Anonymen Alkoholikern machen? Nicht zu

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sagen ich sterbe oder ich sterbe nicht –

sondern einfach heute lebe ich?«

»Du verstehst das nicht. Für dich ist es

anders.«

»Warum ist es anders?«, fragte ich. »Sind

wir nicht alle gleich, vor ...« Vor dem Tod

oder vor Gott hatte ich sagen wollen, aber

das hätte zu pathetisch geklungen.

»Du hast alles Mögliche gemacht«, sagte sie.

»Du hast gearbeitet. Du warst verheiratet.«

»Verheiratet?« Ich musste fast lachen.

»Diese Katastrophe?«

»Du hast eine Familie gegründet. Ich hab

mein Leben vergeudet«, sagte sie. »Schau

mich an. Ich bin fünfundsechzig. Was kann

ich für diese Zeit denn vorweisen?«

Ihr Mund verzog sich, aber sie behielt die

Beherrschung.

»Ich hatte erstaunlich viel Glück«, sagte sie.

»Ich hab ein einigermaßen gutes Aussehen

mitbekommen. Geld in der Familie. Ein paar

Talente. Aber ich habe alles weggeworfen.

Ich habe nichts aus mir gemacht. Ich war

nachlässig. Ich bin nie bei etwas geblieben.

Bin gescheitert und habe einfach irgendwie

weitergemacht. Ich habe mein Glück vertan.

Ich habe es gegen die Wand gefahren.

Kein Wunder, dass es jetzt weg ist.«

Ich hätte sie mit tausend schmeichelnden

Einwänden übergießen können, aber sie saß

kerzengerade da, die Hände gefaltet, und im

Profil sah sie so würdevoll aus, dass es

unverschämt gewesen wäre, sie zu trösten zu

versuchen. So blieb ich neben ihr im Gras

sitzen und folgte ihrem Blick; und der See,

der Rasen, die Ulmen, die segelnden Wolken

mit den flachen Unterseiten und der ganze

Sommertag wurden dunkel und lösten sich

vor unseren Augen auf.

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HELEN GARNER wurde 1942 im

australischen Geelong geboren. Zu

ihrem preisgekrönten Werk* zählen

Romane und Kurzgeschichten

sowie Sachbücher. Mit Das Zimmer

kehrte die Autorin nach 15 Jahren

erstmals wieder zum Roman zurück.

Sie eroberte in diesem Jahr sofort

* National Book Council Award, Monkey Grip

South Australian Premier’s Awards,The Children’s Bach

New South Wales Premier’s Literary Awards,Christina Stead Prize for Fiction, Postcards

from Surfers

New South Wales Premier’s Literary Awards,Television Writing Award, Two Friends

die australische Best sellerliste

und wurde mit dem Vance

Palmer Prize for Fiction, dem

Victorian Premier’s Literary

Award for Fiction sowie dem

Queensland Premier’s

Literary Award for Fiction

ausgezeichnet.

Auf der Shortlist des Miles Franklin Award,Cosmo Cosmolino

Walkley Award for Best Feature Writing,Did Daniel Have to Die?, veröffentlichtim TIME MAGAZINE

Nita Kibble Literary Award, True Stories:

Selected Non-fiction

Ned Kelly Awards joint winner for BestTrue Crime, Joe Cinque’s Consolation

Melbourne Prize for Literature

Auszeichnungen

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»Rasant, wunderschön und unerbittlich: Das

Zimmer ist ein schonungsloser Roman im besten

Wortsinn.« ALICE SEBOLD

»Ein perfekter Roman, der nicht nur durch -

drungen ist von jener klaren, scharfsinnigen

Anmut, die Helen Garner auszeichnet. Zwischen

den Zeilen ihrer grandios einfachen Erzähl -

stimme hält er vor allem eine eindrückliche

weitere Dimension verborgen. Wie schafft

Garner es bloß, sich auf dieses tieftraurige

Terrain zu begeben – eine sterbende Freundin

kommt zu Besuch – und es für den Leser nicht

nur erträglich zu gestalten, sondern schlicht

hinreißend und komisch? Es gibt nur eine

Ant wort: Helen Garner ist eine großartige

Schriftstellerin und Das Zimmer ist ein groß -

artiges Buch.« PETER CAREY

»Meisterhaft.« VOGUE

»Das Zimmer ist die Geschichte einer un geheuer

starken Liebe und Freundschaft. Eine Geschichte

über die Tapferkeit und den Ein fallsreichtum

von Menschen, die dem Tod entgegensehen,

geschrieben wie mit dem Skalpell. Lesen Sie

diesen Roman. Er ist wahrhaftiger als jeder

Erfahrungsbericht.« WEEKEND AUSTRALIAN

»Nur große Literatur verlangt von uns, dass wir

unseren moralischen Kompass neu aus rich ten

und unsere Werte überdenken. Das Zimmer ist

eines dieser Bücher.« THE TIMES

»Ein außergewöhnlicher, ein beglückender

Roman. Mit großer Leidenschaft schildert er

jenes Ereignis, das uns alle betrifft: das Ende

des Lebens.« OBSERVER

»Ein schmales, kostbares Buch über ein schwie-

riges Thema. Garners leidenschaftliche und

elegante Komödie entfaltet sich in einem sagen -

haften Tempo und muss in einem Rutsch gelesen

werden.« NEW STATESMAN

»Der Konflikt, der sich zwischen den unwider -

rufbaren Lügen und der brennenden Wahrheit

entwickelt, offenbart das, was man das Erhabene

des Alltags nennen könnte. Das Zimmer ist ein

schmales Prosastück, in dem zwei gigantische

Willen, zwei herrische Persönlichkeiten auf

kleinstem Raum aufeinanderprallen. Leben und

Tod, Gastgeber und Gast treten in einen bitte -

ren, wütenden Kampf und überschreiten dabei

Tabus … Es ist das beste Buch, das ich seit Jahren

gelesen habe.« INDEPENDENT

»Dieses schmale, prägnante und liebevolle Buch

ist erfüllt von Mitleid und Respekt für eine Per -

son, die ihren eigenen Tod akzeptieren und sich

ihm gegenüber behaupten muss.« SPECTATOR

»Garner schreibt mit der abgeklärten Souverä -

nität der persönlichen Erfahrung und erfasst

Helens und Nicolas liebevolle und widersprüch -

liche Welten in derart feinsinnigen Details,

dass selbst der Schmerz Schönheit gewinnt.«

SUNDAY TELEGRAPH

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Presse

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BERLIN VERLAG

»Man schlägt dieses

Buch zu und hat das

Gefühl, nicht nur einen

groß artigen Roman

gelesen, sondern das

Leben selbst erfahren

zu haben.« SUNDAY TIMES

Helen Garner

Das Zimmer

RomanAus dem Englischen

von Gerhard Falknerund Nora Matocza

176 Seiten. Gebundene 18,00 [D]

ISBN 978-3-8270-0833-6