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TYPENATLAS TRAKTOREN STEYR Albert Mößmer

Hightech in Rot-Weiß-Rot STEYR TRAKTOREN STEYR...TYPENATLAS STEYR TRAKTOREN TYPENATLAS TRAKTOREN STEYR Albert Mößmer Hightech in Rot-Weiß-Rot Ihr Markenzeichen ist das rot-weiß-rote

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    N TYPENATLAS

    TRAKTORENSTEYR

    Albert Mößmer

    Hightech in

    Rot-Weiß-Rot

    Ihr Markenzeichen ist das

    rot-weiß-rote Design. Es steht

    für Hightech und höchste

    Verarbeitungsqualität.

    Alles Wissenswerte zu den

    Traktoren aus dem Hause Steyr

    kennt dieser Typenatlas.

    Detailliert, sachkundig und mit

    attraktiven historischen und

    aktuellen Aufnahmen porträtiert

    das Buch alle Modelle aus der fast

    100 Jahre währenden Geschichte der

    Steyr-Traktoren, von der frühen

    Baureihe 13 bis zur CVT ecotech-Serie.

    Auch die Plantagen- und

    Schmalspurschlepper bleiben

    selbstverständlich nicht unerwähnt.

    Datentabellen und Specials zu

    Geschichte, Export und neuesten

    Technologien ergänzen diesen Band.

  • TYPENATLAS

    TRAKTORENSTEYR

  • Ein Generationentreffen derSteyr-Traktoren: Rechts steht das erste Steyr-Modell, der Typ180. Links sieht man ein Modell der Baureihe 900 aus den 1990er-Jahren.

  • TYPENATLAS

    TRAKTORENSTEYR

    Albert Mößmer

  • Bildnachweis

    Alois Pöttinger Maschinenfabrik: 117 uDave_7/Creative Commons 2.0: 13 oCNH Österreich: 3, 13, 16 beide, 18 o, 19 u,

    21 beide, 22 beide, 23, 26 o, 27 beide, 28beide, 29 u, 30 beide, 31 beide, 32 beide,33 beide, 34 beide, 35 beide, 37 u, 38beide, 39 o, 40 beide, 41 o, 42 beide, 43 o,44 beide, 45 o, 46 beide, 47 o, 48 beide, 49beide, 50 o, 54 beide, 55 beide, 56 beide,57 beide, 58 beide, 59 o, 60 o, 61 u, 62beide, 64 beide, 65 beide, 66 beide, 67beide, 68 beide, 69 beide, 71 beide, 72beide, 73 beide, 74 beide, 75 o, 76 u, 77beide, 78 beide, 79 beide, 80 beide, 81beide, 82 beide, 83 o, 84 beide, 85 beide,86 beide, 87 beide, 88 beide, 89 beide, 90 u,91 beide, 92 beide, 93 beide, 94 beide, 95beide, 96 beide, 97 beide, 98 o, 99 u, 100beide, 101 beide, 102 beide, 103 beide,104 beide, 105 beide, 106 beide, 107beide, 108 beide, 109 beide, 110 beide,111 o, 112 beide, 113 beide, 114 beide,115 beide, 116 beide, 117 o, 118 u, 120beide, 121 beide, 122 beide, 123 beide,124 beide, 125 beide, 126 beide, 127beide, 128 beide, 129 beide, 130 beide,131 beide, 132 beide, 133 beide, Nachsatz

    CNH Österreich, Ernst Daschill: 20 beide, 39 u, 75 u, 90 o

    CNH Österreich, OSR Heinz Kern: 19 oFerd JDF/Creative Commons 3.0: 61 oFotodienst.at: 76 oJaritz, Johann/Creative Commons 3.0: 17 uJoujou/pixelio.de: VorsatzKawarider901/Creative Commons 3.0: 41 uLautensack, Hans Sebald: 8 o Mößmer, Albert: 18 u, 24/25, 26 u, 29 o, 36

    beide, 37 o, 43 u, 45 u, 47 u, 50 u, 51beide, 52 beide, 53 beide, 59 u, 60 u, 63beide, 70 beide, 83 u, 98 o, 99 o, 111 u,118 o, 119 beide

    Porsche-Archiv: 14 u Sammlung Mößmer: 8 u, 9 alle Spurzem, Lothar/Creative Commons 2.0: 17 oSteyr-Daimler-Puch: 10 alle, 11 alle, 12 beide,

    13 u, 14 o

    Albert Mößmer wurde 1958 in Dachaugeboren. Seine ersten Erfahrungen mitTraktoren sammelte er auf dem land-wirtschaftlichen Anwesen seiner Eltern(Landkreis Freising). Nach einer tech-nischen Ausbildung war er mehrere Jahreim Maschinenbau tätig. In dieser Zeitentwickelte sich seine Begeisterung fürklassische Traktoren, deren Geschichteund technische Entwicklung ihn bis heutefasziniert. Bei GeraMond sind von AlbertMößmer bereits zahlreiche Werke zu allengroßen Traktormarken erschienen.

    Dank

    Der Autor dankt allen Personen undUnternehmen, die Bildmaterial für diesesBuch zur Verfügung gestellt haben, sowieallen, deren Traktoren er fotografierendurfte, insbesondere der Firma EngelbertBaur & Söhne in Schwabmünchen.

    Umschlaginnenseite vorne:Die Modelle der 80er-Reihe fanden eine weiteVerbreitung und wurden in viele Länder ex-portiert. Die Baureihe befand sich von Endeder 70er- bis Mitte der 90er-Jahre im Bau.

    Umschlaginnenseite hinten:Zwei Schlepper der CVT-Reihe stellen beimPflügen ihre Leistungsfähigkeit unterBeweis. Die Geschwindigkeit der CVT-Modellelässt sich ohne Schalten den Erfordernissenanpassen.

    4

    www.weltbild.at Sonderausgabe für Weltbild Verlag, Salzburg Copyright © 2013 by GeraMond Verlag GmbH, MünchenEinbandgestaltung: Beatrice Schmucker, AugsburgGasamtherstellung: Neografia, a.s. printing house, MartinPrinted in the EUISBN 978-3-902859-42-6 *2017 2016 2015Die letzte Jahreszahl gibt die aktuelle Lizenzausgabe an.

  • In der niederösterreichischen Stadt -gemeinde Sankt Valentin befindet sich eines der bedeutendsten und fortschritt-lichsten Traktorenwerke Europas. Unge-fähr 640 Mitarbeiter aus 15 Ländern pro-duzierten 2012 in diesem Werk etwa11.000 Schlepper, von denen rund 90 Pro-zent in den Export gingen. Täglich rollenüber 30 Traktoren von den Produktions-bändern, und bald sollen es 50 sein. Beiden Traktoren, die in Sankt Valentin her-gestellt werden, handelt es sich um dierot-weißen Steyr-Schlepper und um ihreroten Brüder der Marke Case IH. SowohlCase IH als auch Steyr sind heute Markenvon CNH, des weltweit zweitgrößtenLandtechnikunternehmens, das in Öster-reich als CNH Österreich GmbH vertretenist.

    Die in Sankt Valentin gebauten rot-wei-ßen Schlepper haben ihren Namen vonder Stadt Steyr, der drittgrößten StadtOberösterreichs, wo der große österrei-chische Mischkonzern Steyr-Daimler-Puch seinen Sitz hatte. Ein besonderesDatum war der 29. September 1947, alsder erste in Serie gebaute Steyr-Schlepperan einen Landwirt aus der GemeindeSteinbach an der Steyr übergeben wurde.Damit begann eine Erfolgsgeschichte. Wiein vielen Teilen Europas setzte in den ers-ten Jahrzehnten nach dem Zweiten Welt-krieg eine Motorisierung und Mechanisie-rung der Landwirtschaft ein, wie man esvorher nicht gekannt hatte. Das ersteSteyr-Modell war mit einem 26 PS star-ken Motor ausgerüstet und war damit fürdie vielen kleinen Landwirte Österreichsnoch zu groß. Schon 1949 brachte Steyr-

    Daimler-Puch jedoch einen kleinerenSchlepper auf den Markt, den Typ 80.Dieser mit einem Einzylindermotor aus-gestattete Traktor leistete 15 PS und warauch für viele der kleinen Landwirte er-schwinglich, die bisher mit einem Pferdarbeiten mussten. Der „15er“, wie er we-gen seiner Motorleistung genannt wurde,erfüllte die vielseitigen Ansprüche derLandwirte: er eignete sich zum Grünfut-termähen, Pflügen, Säen, Ernten, Trans-portieren, zum Antreiben der Dresch -maschine und vielem mehr. Traktorenwie der Typ 80 veränderten die Landwirt-schaft nachhaltig. Unterstützt wurde dieAnschaffung von Traktoren durch staatli-che Kredite und Investitionshilfen. EineHilfe bekamen auch die österreichischenTraktorhersteller, die anfangs durch Ein-fuhrzölle vor der ausländischen Konkur-renz geschützt waren.

    Die Steyr-Traktoren gewannen nichtnur in Österreich eine große Anhänger-schaft, sondern fanden auch überzeugteKäufer jenseits der Staatsgrenzen. In den1970er-Jahren wurden sogar in Griechen-land und Nigeria Werke errichtet, um dieNachfrage auf den Exportmärkten zu be-friedigen. Seit der Einführung der Plus-Reihe sind die Steyr-Traktoren rot-weiß.Diese Farben stehen seither für Zuverläs-sigkeit und innovative Technik.

    Die Landtechnikbranche durchlief eine wechselhafte Geschichte. Steyr-Daimler-Puch blieb davon nicht ver-schont. 1990 erfolgte die Gründung derSteyr Landmaschinentechnik GmbH mitSitz in Sankt Valentin. Dieser Tochterge-sellschaft von Steyr-Daimler-Puch fiel

    von nun an die Verantwortung für dieTraktorproduktion anheim. 1995 beganndie Steyr Landmaschinentechnik GmbHeine Kooperation mit der Case Corporati-on, und im folgenden Jahr erfolgte dieÜbernahme durch das große, internatio-nal tätige Landtechnikunternehmen. Eineweitere Einbindung in ein global tätigesUnternehmen fand 1999 durch die Fusion der Case Corporation mit NewHolland zu Case New Holland statt. CNHbeschäftigt etwa 30.000 Mitarbeiter, be-sitzt 37 Produktionsstätten und ist in 170Ländern durch Händler vertreten. Vonden Vertriebswegen, dem technischenKnowhow und der Finanzkraft des GlobalPlayers profitiert auch die Marke Steyr,die in Österreich die Marktführerschaftinnehat und in zahlreichen anderen Län-dern einen hervorragenden Ruf genießt.

    Dieses Buch stellt die Traktoren der Marke Steyr von den Anfängen bis zur Gegenwart vor – vom Typ 180 bis zu denneuesten CVT-Modellen. Die Datentabel-len laden zum Vergleichen ein und zei-gen die technische Entwicklung auf, diesich vor allem in den letzten Jahrzehntenbeschleunigt hat. Bedanken möchte ichmich bei CNH Österreich für das Bild -material. Mein besonderer Dank gilt auchHerrn Hans Miglbauer, ohne dessen Mit-hilfe bei der Bildbeschaffung das Buch indieser Form nicht möglich gewesen wäre.

    Bei der Lektüre des Buches wünsche ichviel Freude!

    Albert Mößmer

    V O R W O RT

    Die rot-weißen Traktoren

    Vorwort 5

  • Die Plus-Serie . . . . . . . . . . . . . . 44

    Steyr 30 / 430 . . . . . . . . . . . . . . . . . 46Steyr 40 / 40 a / 540 / 540 a . . . . . . . 48Steyr 50 / 50 a / 650 / 650 a . . . . . . . 50Steyr 70 / 70 a / 870 / 870 a . . . . . . . 52Steyr 90 / 90 a / 1090 / 1090 a . . . . . 54Steyr 545 / 545 a / 548 / 548 a . . . . . 55Steyr 658 / 658 a . . . . . . . . . . . . . . . 56Steyr 760 / 760 a . . . . . . . . . . . . . . . 57Steyr 768 / 768 a . . . . . . . . . . . . . . . 58Steyr 980 / 980 a / 988 / 988 a . . . . . 59Steyr 1100 / 1100 a / 1108 / 1108 a . 60Steyr 1200 / 1200 a / 1400 a . . . . . . 61

    Von den Anfängen bis zur Jubiläumsreihe . . . . . . . 26

    Typ 180 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Typ 180 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Typ 80 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Typ 84 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Typ 86 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34Typ N 180 a / N 182 / N 182 a . . . . . 35Typ 182 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36Typ 182 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37Typ 185 / 185 a . . . . . . . . . . . . . . . . 38Typ 280 / 280 a . . . . . . . . . . . . . . . . 39Typ 188 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40Typ 190 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41Typ 288 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42Typ 290 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

    Die Steyr-Chronik . . . . . . . . . . 8

    Leopold Werndls Handwerksbetrieb . . . . . . . . . . . . 8

    Josef Werndl sammelt Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    Josef Werndl und die industrielleFertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    Von der OEWG zur Steyr-Werke AG . . . . . . . . . . . . . . 10

    Die Anfänge von Austro Daimler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

    Ferdinand Porsche . . . . . . . . . . . . . 11Johann Puch und die

    Puch-Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Die Gründung von

    Steyr-Daimler-Puch . . . . . . . . . . . 13SDP im Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Neuanfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Prototypen und Versuche . . . . . . . . 15Der Beginn des Traktorbaus . . . . . . 16Autos und Lastwagen . . . . . . . . . . . 17Sankt Valentin . . . . . . . . . . . . . . . . . 18Neue Baureihen . . . . . . . . . . . . . . . 21Steyr-Traktoren für den Export . . . . 21Eine Zeit der Herausforderungen . . 21Reorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . 22Case-Steyr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Die Case-New-Holland-Ära . . . . . . 24

    Inhalt

    6 Inhalt

  • Die erste CVT-Reihe . . . . . . . . . . . . 116Die Baureihe 6100 CVT,

    1. Generation . . . . . . . . . . . . . . . . 118Die Baureihe 6100 CVT,

    2. Generation . . . . . . . . . . . . . . . . 120Die Baureihe 9000 MT . . . . . . . . . . 122Die Baureihe Profi Classic . . . . . . . 124Die Baureihen 6200 CVT und

    6100 CVT, 3. Generation . . . . . . . 126Die Baureihe Kompakt S . . . . . . . . . 128Die Multi-Reihe . . . . . . . . . . . . . . . 130Die Baureihe CVT ecotech . . . . . . . 132

    Die Ära Case-Steyr und CNH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

    Die Baureihe M 900 . . . . . . . . . . . . 100Die Baureihe M 9000 . . . . . . . . . . . 102Die zweite Baureihe 9100 . . . . . . . . 104Die Kompakt-Reihe,

    1. Generation . . . . . . . . . . . . . . . . 106Die Kompakt-Reihe,

    2. Generation . . . . . . . . . . . . . . . . 108Die Baureihe 9000 M . . . . . . . . . . . 110Die Profi-Reihe, 1. Generation . . . . 112Die Profi-Reihe, 2. Generation . . . . 114

    Von der Baureihe 80 bis zurBaureihe 9000 . . . . . . . . . . . . 62

    Steyr 8160 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64Steyr 8100 / 8100 a . . . . . . . . . . . . . 65Steyr 8120 / 8120 a . . . . . . . . . . . . . 66Steyr 8140 / 8140 a . . . . . . . . . . . . . 67Steyr 8055 / 8055 a . . . . . . . . . . . . . 68Steyr 8060 / 8060 a . . . . . . . . . . . . . 70Steyr 8070 / 8070 a . . . . . . . . . . . . . 72Steyr 8075 / 8075 a . . . . . . . . . . . . . 74Steyr 8080 / 8080 a . . . . . . . . . . . . . 76Steyr 8090 / 8090 a . . . . . . . . . . . . . 78Steyr 8110 / 8110 a . . . . . . . . . . . . . 80Steyr 8130 / 8130 a . . . . . . . . . . . . . 81Steyr 8150 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82Steyr 8170 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

    Special: Plantagen- und Schmalspurschlepper . . . . . . . . 84

    Steyr 8045 / 8045 a / 8065 / 8065 a . . . . . . . . . . . . . . . . 86

    Steyr 8085 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87Steyr 8165 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Steyr 8180 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Steyr 8300 / 8300 a / 8320 a . . . . . . 90Steyr 9320 Powertrac . . . . . . . . . . . 91Die Baureihe 900 . . . . . . . . . . . . . . . 92Die Baureihe 9000 . . . . . . . . . . . . . . 94

    Special: Fremdtraktoren in Steyr-Farben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

    Inhalt 7

  • Mit über 38.000 Einwohnern ist Steyrheute die zwölftgrößte Stadt Österreichsund die drittgrößte im Bundesland Ober-österreich. Die Stadt, die an der Mün-dung des Flusses Steyr in die Enns liegt,kann auf eine lange Geschichte des Me-tallhandwerks und der Waffenfertigungzurückblicken. Steyr war schon im Mit-telalter ein wichtiger Standort der Waf-fenproduktion. Kaufleute aus Steyr fuh-ren auf der Enns und der Donau zumSchwarzen Meer und kamen beim Ver-trieb ihrer Messer, Sicheln, Sensen, Sä-

    gen, Feilen, Ketten, Nägel, Schraubenund anderer Metallgüter bis Konstanti -nopel und Kiew. Die Steyrer Messer er-langten weithin Berühmtheit. Ende dessechzehnten Jahrhunderts begann manauch mit der Produktion von Feuerwaf-fen. Zu diesem Zweck wurde die „Gesell-schaft für Rohr- und Büchsenhandlungzu Steyr“ gegründet. Dieser erste Ver-such, die Stadt als ein Zentrum desFeuer waffenbaus zu etablieren, schlug je-doch fehl, da zwar Geschütze und Ge-schosse an das Zeughaus in Wien gelie-

    fert werden konnten, der katholische Kai-ser aber Zahlungen an die damals nochevangelisch geprägte Stadt verweigerte.Viele Fachleute wanderten daraufhin inandere Städte aus, unter anderem nachSolingen, einem Zentrum der Klingen-,Messer- und Schneidwarenfertigung.

    Ganz war jedoch das Waffenschmiede-handwerk in Steyr nicht ausgestorben.

    Leopold Werndls HandwerksbetriebSchon 1633 wurden die Handwerker vonSteyr erneut aufgefordert, „Armaturwerk-stätten“, also Waffenschmieden, zu er-richten. Entlang des Flusses Steyr ent-standen daraufhin Schmieden undFabriken zur Produktion von Waffen -bestandteilen, die die Wasserkraft zumAntrieb ihrer Maschinen nutzten. Haupt-abnehmer war der österreichische Staat.Steyr stieg wieder zu einem bedeutendenStandort der Waffenproduktion auf. Zuden bedeutendsten Persönlichkeiten derBranche gehörte Leopold Werndl (1797–1853), der anfangs wie sein Vater Neiger-schmied (Bohrerschmied) gewesen war,in den dreißiger Jahren des neunzehntenJahrhunderts aber auch auf die Herstel-lung von Waffenteilen umstieg. Die Pro-duktion in der bescheidenen Werkstättein seinem Haus in Wieserfeld konnte erbald durch neue Arbeitsstätten in derSierninger Straße und am Wehrgrabenausweiten. 40 bis 50 Personen halfen ihmzu dieser Zeit bei der Arbeit. 1835 erwarber die Lettmühle in Oberletten, in der Nähe von Steyr. Zeitweise war von nunan die zehnfache Anzahl an Mitarbeitern

    Diese Radierungvon Hans SebaldLautensack zeigt

    Steyr im Jahr1554. Die Stadt war

    bereits seit demMittelalter für dieWaffenproduktion

    bekannt. Im 16. Jahrhundert

    begann man auchmit der Herstellung

    von Feuerwaffen.

    Die Steyr-Chronik

    In Oberletten bei Steyr erwarb LeopoldWerndl die Lettmühle und baute sie zurFabrik aus. Die Produktion war nun imgrößeren Stil möglich. Das Bild stammtvon 1835.

  • für die Produktion von Gewehrläufen,stählernen Ladestöcken, Lanzenspitzen,Bajonetten, Faschinenmessern und Ge-wehrbestandteilen zuständig.

    Josef Werndl sammelt Erfahrungen1831 wurde Josef als erstes der 16 KinderLeopold Werndls geboren. Nach derSchulausbildung ging der Junge bei einem der besten Büchsenmacher Wiensin die Lehre. Obwohl Josef beruflich indie Fußstapfen seines Vaters stieg und eingroßes Geschick in dem Handwerk zeig-

    te, kam er mit der konservativen Einstel-lung des alten Werndl nicht zurecht. Sei-ne anschließende Wanderung führte ihnbis nach Prag. 1849 trat Josef Werndl frei-willig in die österreichische Armee ein.Nach einer kurzen militärischen Ausbil-dung wurde er in die staatliche Gewehr-fabrik in Wien abkommandiert. Dort lernte er die neuesten amerikanischenMaschinen für die Waffenfertigung ken-nen. Sein Vater ließ sich jedoch nicht vonden modernen Produktionsmethodenüberzeugen, und Josef Werndl ging nachseinem Militärdienst wieder auf Wander-schaft, zunächst nach Thüringen, wo erebenfalls in Waffenschmieden arbeitete,und schließlich sogar nach Amerika. Inder Neuen Welt konnte er bei so bekann-ten Unternehmen wie Remington in Ilion, im Bundesstaat New York, und Coltin Hartford, in Connecticut, Erfahrungensammeln.

    Mit Plänen und Skizzen im Kofferkehrte Josef Werndl 1853 nach Steyr zu-rück. Er stieg jedoch nicht in das Unter-nehmen seines Vaters ein, sondern pach-tete sich eine eigene Werkstatt. LeopoldWerndl fiel noch im selben Jahr der gera-de in Steyr wütenden Cholera zum Opfer.Damit war für den ältesten Sohn die Zeitgekommen, das Familienunternehmenweiterzuführen. Josef Werndl konnte nunseine Vorstellungen einer modernen Pro-duktion umsetzen. Für ein blühendes Ge-schäft sorgten nicht nur die neuen Ma-schinen, sondern auch die wachsendeNachfrage aus dem Ausland sowie die imApril 1859 ausgesprochene Kriegserklä-rung Österreichs an Sardinien. Die Zahlder für Werndl arbeitenden Personenstieg auf 1.500 an. 1862 legte er den

    Grundstein für eine neue Fabrik amWehrgraben.

    Josef Werndl und die industrielle FertigungDie folgenden Krisenjahre zwangenWerndl dazu, fast alle Mitarbeiter zu ent-lassen. 1863, als der Bürgerkrieg in denUSA tobte, trat er gemeinsam mit seinemMitarbeiter Karl Holub eine zweite Ame-rikareise an. Sein Interesse galt der Hin-terladetechnik und den neuen Maschi-nen. Wie beim ersten Mal nahm erKontakt mit den großen amerikanischenWaffenherstellern auf. Doch schon baldmusste Werndl wegen geschäftlicher An-gelegenheiten nach Österreich zurück-kehren. Holub blieb noch länger in derNeuen Welt, um die Technik und die Pro-duktionsmethoden zu studieren.

    Am 16. April 1864 wagte Josef Werndlmit der Gründung der Firma „Josef undFranz Werndl & Comp., Waffenfabrik undSägemühle“ mit Sitz in Steyr einen unter-nehmerischen Neubeginn. Die Geschäfts-führung hatte Josef Werndl inne. SeineMutter Josefine und sein Bruder Franzwaren Gesellschafter in der offenen Han-delsgesellschaft. Werkmeister war wieschon vorher Karl Holub, der ein äußerstgeschickter Waffentechniker war. DerKrieg von 1866 brachte dem neuen Unter-

    Die Steyr-Chronik 9

    Eine zeitgenössi-sche Ansicht desWehrgrabens mitder Zeugstatt inSteyrdorf, einemStadtteil Steyrs

    Josef Werndl (1831–1889) erwarb einenbreiten Erfahrungsschatz bei seinen Auslandsaufenthalten und führte in sei-nem Unternehmen moderne Produktions-methoden ein.

    Karl Holub (1830–1903) entwickelte den Tabernakelverschluss, der beim Erfolgder Werndl-Gewehre eine bedeutende Rolle spielte.

  • 10 Die Steyr-Chronik

    der mit Gottfried Daimler befreundet war,und Eduard Fischer, der Direktor der „Maschinenfabrik Eisen- u. MetallgießereiGebrüder Fischer“ in Wiener Neustadt,die „Österreichische Daimler MotorenCommanditgesellschaft Bierenz Fischer u.Co“, kurz „Austro Daimler“ genannt. Zieldes Unternehmens war es, nach Patentenvon Gottfried Daimler in Österreich Auto-mobile herzustellen. Anfangs kam es sogarzum Austausch von Facharbeitern zwi-schen den Daimler-Werken in Cannstatt,die an dem österreichischen Unterneh-men beteiligt waren, und dem Austro-

    Jahren sanken die Nachfrage und die Produktion jedoch schnell. Die neue Unternehmensleitung versuchte, dieKapazi täten durch die Ausweitung derProduktpalette auszulasten. Zu den Pro-dukten, deren Vertrieb Erfolg versprach,gehörten auch Lampen. Ab 1894 beganndas Unternehmen mit der Herstellungvon Fahrrädern, die zum großen Teil vomösterreichisch-ungarischen Heer abge-nommen wurden.

    Der Erste Weltkrieg brachte erneut eine gewaltige Steigerung der Rüstungs-produktion mit sich. Die OEWG fertigtenun auch Flugmotoren und sogar Auto-mobile. Diese Sparte wurde nach demverlorenen Krieg 1918 das wichtigste Be-tätigungsfeld des Unternehmens. Bei dengebauten Autos handelte es sich meistum schwere Sechszylindermodelle derOberklasse. Ab 1922 wurden zudem Last-kraftwagen hergestellt. Da die veränderteProduktionssituation den Namen „Öster-reichische Waffenfabriks-Gesellschaft“als nicht mehr zeitgemäß erscheinen ließ,wurde das Unternehmen 1926 in „Steyr-Werke AG“ umbenannt.

    Die Anfänge von Austro DaimlerDas ausgehende 19. Jahrhundert gehörtezur Pionierzeit des Automobilbaus. Zahl-reiche Unternehmen und Erfinder ver-suchten, „pferdelose Kutschen“ zu entwi-ckeln. 1899 gründeten Eduard Bierenz,

    nehmen Großaufträge.Als Folge des Krieges erkann-ten die Militärs vieler europäischer Staaten nunauch die Vorteile der Gewehre mit Hin-terladung, an der man in Werndls Waf-fenfabrik schon länger getüftelt hatte. Holub war die Erfindung des Tabernakel-verschlusses, mit dem das Nachladenvon Hinterladergewehren beschleunigtwerden konnte, zu verdanken. Die„Werndl-Gewehre“ mit Hinterladungwurden in der Folgezeit zur Standard-waffe der österreichischen Armee undbescherten den Steyrern einen weltwei-ten Erfolg. Alleine 1867 erhielt die Waf-fenfabrik vom österreichischen Kriegs -minister einen Auftrag über 250.000Gewehre.

    Von der OEWG zur Steyr-Werke AGUm die große Nachfrage befriedigen unddie Produktionskapazitäten ausweiten zukönnen, suchte Werndl Geldgeber. 1869erfolgte die Umwandlung des Unterneh-mens in eine Aktiengesellschaft mit demneuen Namen „Österreichische Waffenfa-briks-Gesellschaft“ (OEWG). Die OEWGwurde zur größten Waffenfabrik Europas,die zudem eine kontinentale Bedeutungerlangte, indem sie auch für Deutschland,Frankreich und andere Länder produzier-te. Gegen Ende der 1870er-Jahre stieg derEisenbahn-Ingenieur Ferdinand Mannli-cher in das Unternehmen ein. Der Tüftlerkonnte zahlreiche Patente vorweisen, da-runter auch eines für ein Repetiersystem,das die Steyrer Waffenfabrik bei den Ge-wehren „System Mannlicher“ verwende-te. 1889 überschritt die Anzahl der Mitar-beiter die 10.000-Marke. Zu dieser Zeitfertigte das mit neuesten Maschinen aus-gestattete Werk wöchentlich bis zu13.000 Gewehre. Ein großer Teil der Pro-duktion ging in den Export, unter ande-rem sogar in Länder anderer Kontinente,wie nach China, Chile, Persien, Peru undsogar Siam (Thailand).

    1889 starb Josef Werndl. Die StadtSteyr setzte ihm fünf Jahre später einDenkmal. Mit dem Geschäftsjahr 1890/91wurde hinsichtlich des Umsatzes ein Höhepunkt erreicht. In den folgenden

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    Schnitt durch ein Werndl-Gewehr. Der Tabernakel-verschluss ermöglichte ein schnelles Nachladen.

    Hauptabnehmer für die Gewehre war die österreichisch-ungarische Armee.

    1920 brachte die OEWG einen

    Sechszylindermotorheraus. Er kam

    bei den eigenenAutomobilen zum

    Einbau underreichte eine

    Leistung von 40 PS.

    Die Steyr-Automobile wurden sogar inSchweden verkauft, wie dieses Plakatzeigt. Als Antrieb dieses viersitzigen Modells diente ein Sechszylindermotor.

    K

  • Homburg führte, zu gewinnen. DieserSieg steigerte den Ruf der Fahrzeuge ausWiener Neustadt unter den Automobil -begeisterten. Selbst Königs- und Kaiser-häuser nahmen Austro-Daimler-Modellein ihren Fuhrpark auf.

    1909 hatten sich die Wege der deut-schen Daimler-Werke und der österrei-chischen Firma zu trennen begonnen. Indiesem Jahr verkaufte die Daimler-Moto-ren-Gesellschaft einen Teil der Anteile anAustro Daimler. Drei Jahre später kam eszum Verkauf der restlichen Anteile. 1910erfolgte die Umwandlung in eine andereUnternehmensform mit der Bezeichnung„Oesterreichische Daimler-Motoren-Ak-tiengesellschaft“. Zum Produktprogrammzählten bald auch Zugmaschinen undSpezialtransporter.

    Ein einschneidendes Ereignis war, wiefür viele andere Unternehmen auch, derAusbruch des Ersten Weltkriegs, der dievöllige Umstellung auf die Produktionvon Ausrüstungsgütern für das Militär,darunter Ar tilleriezugwagen, zur Folgehatte. Ab 1917 baute man auch Flug -motoren.

    Ferdinand Porsche1906 wurde das Unternehmen in eineGmbH umgewandelt. Im selben Jahr be-kam Austro Daimler mit dem damals nurdreißigjährigen Ferdinand Porsche einenneuen technischen Direktor. Porsche hat-te sich bereits bei der HofkutschenfabrikJakob Lohner in Floridsdorf bei Wien mitdem Automobilbau beschäftigt. 1900 hat-te das Unternehmen auf der Pariser Welt-ausstellung ein Fahrzeug vorgestellt, dasauf der Entwicklungsarbeit des jungenErfinders basierte und deshalb als „Sys-tem Lohner-Porsche“ bezeichnet wurde.Das Besondere an dem Automobil warendie beiden Elektromotoren, die sich inden Radnaben befanden. Das Elektroautosorgte für Aufsehen, ging jedoch nicht inSerienfertigung.

    Bei Austro Daimler widmete sich Por-sche der Entwicklung von Motoren,Nutzfahrzeugen und Sportwagen. Er setz-te sich aber auch selbst gerne ans Steuer.1910 gelang es ihm, mit einem 86 PS star-ken Austro-Daimler-Modell die Prinz-Heinrich-Fahrt, die über eine 1.944 Kilo-meter lange Strecke von Berlin nach Bad

    Daimler-Werk. 1900 rollte das erste Auto-mobil aus der Fabrik in Wiener Neustadt.Es handelte sich um ein viersitziges Fahr-zeug, das von einem Zweizylindermotormit vier PS Leistung angetrieben wurde.1902 trat Gottlieb Daimlers Sohn Paul alspersönlich haftender Gesellschafter in dasUnternehmen ein. Im selben Jahr verließEduard Bierenz das Unternehmen, was zueiner Umfirmierung in „ÖsterreichischeDaimler-Motoren-Commanditgesellschaft“führte. Paul Daimler war bis 1905 als tech-nischer Leiter in dem Unternehmen tätig.Die Produktionspalette umfasste Luxus-wagen, Lastwagen, Omnibusse, Geschäfts-wagen, Motorboote, Schiffsmotoren undSchienenfahrzeuge.

    Das Zweizylinder-Coupé mit der Bezeichnung 6/10 wurde 1902 bei Austro Daimler gebaut.

    Von 1904 stammtdieser Panzer-

    spähwagen vonAustro Daimler.

    Das Fahrzeug besaßbereits einen Vier-

    radantrieb. DerFührersitz war

    versenkbar.

    Der österreichisch-ungarische Thron-folger Franz Ferdinand schätzte die Automobile der Firma Austro Daimler.Sein Chauffeur in diesem Bild war niemand anderes als der damalige Reserve-Infanterist Ferdinand Porsche.

    Als Sieger der Prinz-Heinrich-Fahrt wurde Ferdinand Porsche in Wiener Neustadt begeistert empfangen.

  • Das Kriegsende hatte die Umstellung aufzivile Fahrzeuge zur Folge. 1922 beganndie Oesterreichische Daimler-Motoren-AG, mit den Puch-Werken in Graz zu kooperieren. Im selben Jahr verließ Ferdi-nand Porsche das Unternehmen undwechselte zur Daimler-Motoren-Gesell-schaft (Stuttgart).

    Johann Puch und die Puch-WerkeEin weiterer Name, der im Zusammen-hang mit der Steyr-Geschichte eine wich-tige Rolle spielte, war Puch. Johann Puch(1862–1914, slow. Janez Puh) stammteursprünglich aus Slowenien und starteteseine berufliche Laufbahn als Schlosser-geselle. 1885 ließ er sich als Fahrrad -mechaniker in Graz nieder und gründete1889 die „Johann Puch & Comp., StyriaFahrradwerke“. 1897 arbeiteten für Puchbereits über 700 Personen. Ein Rechts-streit führte in diesem Jahr jedoch zurTeilung des Unternehmens. 1899 erfolgtedie Gründung der „Johann Puch, ErsteSteiermärkische Fahrrad-Fabriks-Actien-

    nehmen zu können. Bis 1914 wurden 14 verschiedene Modelle entwickelt. Wieviele andere Hersteller ließ auch Puch dieQualität seiner Fahrzeuge in Rennen un-ter Beweis stellen. Puch-Automobileglänzten beim Semmering-Bergrennen,bei der militärischen Übungsfahrt Wien–Berlin, bei Prinz-Heinrich-Fahrten undvielen anderen Rennen und Wertungs-fahrten.

    Der Doppelkolbenmotor war für Puch eingroßer Erfolg. Von 1923 bis 1970 wurdenin Graz Motorräder mit diesem Antriebs-aggregat ausgestattet.

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    12 Die Steyr-Chronik

    Johann Puchs Interesse galt neben den Fahr- und Motorrädern schon früh den Automobilen. Dieses Bild zeigt den ersten Puch-Wagen.

    gesellschaft“. Johann Puch leitete das Un-ternehmen bis 1912 als General-Direktor.Sein Interesse galt jedoch nicht nur denFahrrädern. Bereits 1901 baute er seinerstes Automobil. Für die Serienfertigungfehlten ihm jedoch noch die Mittel. 1903begann Puch zunächst mit der Herstel-lung von Motorrädern. 1906 war erschließlich soweit, in dem Grazer Werkdie Automobilfertigung in Betrieb

    Nach dem Zusammenschluss von Austro-Daimler-Puch und den Steyr-Werken befand sich die Unternehmenszentrale in Steyr.

  • be übernommen. Als ob das Unheil nochnicht genug gewesen wäre, kam es am 26. Oktober 1929 zum großen Börsen-krach in New York, der die Weltwirt-schaftskrise einläutete.

    Im folgenden Jahr mussten die Steyr-Werke die Automobilproduktion völligeinstellen, um den Bestand an bereitshergestellten Fahrzeugen abzubauen. Be-reits 1929 hatten die Steyr-Werke und dieAustro Daimler-Puchwerke eine Interes-sengemeinschaft gebildet. Die Wirt-schaftskrise und der damit einhergehen-

    de Absatzeinbruch machten eine stärke-re Zusammenarbeit der beiden Unterneh-men immer wichtiger. 1934 kam esschließlich zur Fusion der beiden ehema-ligen Konkurrenten, bei der die Bankenfederführend waren. Aus den AustroDaimler-Puchwerken und den Steyr-Wer-ken entstand die „Steyr-Daimler-PuchAG“ (SDP). Dies bedeutete das Ende derAutomobilproduktion in Wiener Neu-stadt. Die Maschinen wurden den ande-ren Werken übergeben. Der Produktions-schwerpunkt des Werks in Steyr lag bei

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    Als Johann Puch 1914 starb, waren indem Grazer Unternehmen ungefähr 1.200Arbeiter beschäftigt. Zum Produktions-programm gehörten neben Fahrrädern,Motorrädern und Automobilen auchLastwagen, Omnibusse, Motoren undtragbare Scheinwerferaggregate. NachPuchs Tod erfolgte die Umbenennung derFirma in Puchwerke AG.

    In den 1920er-Jahren entwickelten diePuchwerke einen Doppelkolbenmotor,bei dem es sich um einen Zweitaktmotormit zwei Kolben pro Zylinder handelte.Der Motor eignete sich vor allem für denEinsatz in Motorrädern und zeichnetesich durch einen relativ geringen Kraft-stoffverbrauch aus.

    Gemeinsam mit der „ÖsterreichischenFlugzeugfabrik AG“ (Oeffag) fusioniertendie Puchwerke 1928 mit Austro Daimler.Das so entstandene Unternehmen erhieltdie Bezeichnung „Austro Daimler-Puch-werke AG“.

    Die Gründung von Steyr-Daimler-PuchEnde der 1920er-Jahre verdüsterte sichder Himmel über den Industriebetriebenzunehmend. 1929 hatten die Steyr-Werkenoch einen Rekord bei der Automobil-produktion aufgestellt. Gleichzeitig wardas Unternehmen so tief in die roten Zah-len gerutscht, dass es eigentlich konkurs-reif war. In Schwierigkeiten befand sichjedoch nicht nur die Firma Steyr-Werke,sondern auch die Boden-Credit Anstalt,bei der das Unternehmen 106 MillionenSchilling an Schulden angehäuft hatte.Die Bank, die sich vorher schon durch ih-ren Expansionskurs übernommen hatte,musste Konkurs anmelden. Auf Druckder Regierung und der österreichischenZentralbank wurde das Geldinstitut vonder Creditanstalt für Handel und Gewer-

    Nach der Gründungvon Steyr-Daimler-Puch wurden unterdem Namen AustroDaimler weiterhinMilitär- und Schie-nenfahrzeuge, wiedieser Schnelltrieb-wagen, hergestellt.

    „Ich will von dir ein Baby – Ein Steyr-Baby“, lautete ein Slogan, mit dem für den öster-reichischen Volkswagen geworben wurde. Bereits Mitte 1936 konnte das tausendsteExemplar ausgeliefert werden. Bis 1940 wurden vom Typ 50 und seinem Nachfolger,dem Typ 55, 13.000 Exemplare hergestellt.

  • 14 Die Steyr-Chronik

    die viertgrößte Produktionsstätte vonLastwagen im Deutschen Reich war, zu-nehmend in die Reichweite alliierterBomber. Die Produktion einzelner Bau-teile musste deswegen in kleinere Betrie-be ausgelagert werden. Am 5. Mai 1945wurde die Stadt von den amerikanischen,und vier Tage später von den sowjeti-schen Truppen besetzt. Die noch funktio-nierenden Maschinen wurden zum gro-ßen Teil von der Roten Armee demontiertund abtransportiert. Nachdem die Zonen-grenzen in Österreich endgültig festgelegtworden waren, kam Steyr jedoch wiederunter amerikanische Besatzung. Der Wie-deraufbau konnte beginnen.

    NeuanfangIm Steyr-Werk beschäftigte man sichnach Kriegsende zunächst mit der Repa-ratur von Fahrzeugen. 1946 kam dasWerk in die Treuhandschaft der österrei-chischen Regierung. Langsam lief dieProduktion wieder an. Vom Automobil-bau wollte man jedoch zunächst Abstandnehmen. Stattdessen sollten dringend be-nötigte Nutzfahrzeuge, wie Lastwagenund Traktoren, hergestellt werden. Das

    österreichischer Volkswagen zu sein.Manche gaben ihm den Beinamen „Steyr-Baby“.

    Nach dem Anschluss Österreichs andas Deutsche Reich 1938 erregte Steyr-Daimler-Puch sehr schnell das Interesseder nationalsozialistischen Regierung.Die Produktion wurde zunehmend aufmilitärische Fahrzeuge umgestellt. DieAutoproduktion konnte zwar weiterhineinen Anstieg verzeichnen, der Ausstoßan Militärfahrzeugen verfünffachte sichjedoch bis 1939. Georg Meindl, ein Ver-trauensmann Görings, sorgte ab 1938 alsneuer Generaldirektor von Steyr-Daimler-Puch für die Durchsetzung der rüstungs-politischen Ziele.

    Gegen Ende des Zweiten Weltkriegskam das Werk in Steyr, das mittlerweile

    Personen- und Lastkraftwagen. In Grazwurden vor allem Motorräder und Fahr-räder gebaut.

    SDP im Krieg Mit der Fusion von Austro Daimler-Puchund den Steyr-Werken war Österreichsgrößter Fahrzeug- und Rüstungskonzernentstanden. Die wirtschaftliche Lage ver-besserte sich langsam. 1935 konnte Steyr-Daimler-Puch sogar wieder einen Ge-winn verzeichnen. Im folgenden Jahrkam der Steyr 50 auf den Markt. Zu einerZeit, als Autos vor allem der wohlhaben-den Bevölkerungsschicht vorbehaltenwaren, richtete sich das kleine Auto mitder stromlinienförmigen Karosserie vorallem an die Käufer aus der Mittelschicht,weswegen es auch den Ruf erhielt, ein

    Das Daimler-Pferd konnte eine ganze Reihe von Pflügen ziehen. Allerdingsmusste jedes angehängte Gerät von einer Person gelenkt werden.

    Der Geländelastwa-gen Austro DaimlerADGR befand sichvon 1936 bis 1940in Produktion. Erbesaß einen 72 PSstarken Sechszylin-dermotor undkonnte mit einerNutzlast von dreiTonnen aufwarten.

  • Puch-Werk in Graz sollte sich wie vordem Krieg auf die Produktion von Fahr-und Motorrädern konzentrieren.

    Für die Lastwagen benötigte man neuesparsame Motoren. Deshalb begann be-reits kurz nach dem Krieg die Arbeit an einem neuen Dieselaggregat. Es ge-lang, eine Dieselmotorenbaureihe einzu-führen, die zukunftsweisend war undsich fast zwanzig Jahre in Produktion befinden sollte. Der Motor erhielt dieBaureihenbezeichnung WD x13. Dabeistanden die beiden Buchstaben für was-sergekühlt und Dieselmotor, das „x“ be-zeichnete die Anzahl der Zylinder unddie 13 stand für den Hubraum eines Zylinders, nämlich etwa 1.300 Kubikzen-timeter. Der WD 113 war also die Ein -zylinderversion dieses wassergekühltenDieselmotors von Steyr.

    Das Aggregat war nach dem Baukas-tenprinzip konstruiert. Dies bedeutete,dass viele Teile bei verschieden starkenMotoren dieser Baureihe eingesetzt wer-den konnten. Es wurden Aggregate vomEin- bis zum Sechszylindermotor gebaut.

    Um die Nutzlast zu erhöhen, stellte manbeim Lkw-Motor einige Teile statt ausGrauguss aus Silumin her, einer Legie-rung aus Duraluminium und Silizium.Dieser Werkstoff zeichnet sich durchenorme Haltbarkeit und große Beständig-keit gegen Korrosion aus. Vor allem aberist Silumin viel leichter als der Grauguss.

    Prototypen und Versuche Von besonderer Bedeutung war natürlichder Einstieg des Unternehmens in denTraktorbau. Sowohl Austro Daimler alsauch die Steyr-Werke hatten sich in derVergangenheit mit landwirtschaftlichenZugmaschinen beschäftigt. 1915 hatteFerdinand Porsche gemeinsam mit demIngenieur Karl Rabe bei Austro Daimlereine Zugmaschine gebaut, das sogenann-te „Daimler-Pferd“. Es besaß eine Achsemit großen Rädern, die das Gewicht derMaschine trugen. Das eigentliche Gefährtwar mit einer weiter hinten liegendenLaufachse, an der sich zwei kleine Räderbefanden, verbunden. Das Daimler-Pferdkonnte mehrere Pflüge gleichzeitig zie-

    hen. Jeder Pflug musste jedoch von einerPerson gelenkt werden. Gegenüber nor-malen Pferden bot das Fahrzeug den Vor-teil einer hohen und beständigen Zug-kraft. Eine Personaleinsparung war damitjedoch nicht möglich. Das Daimler-Pferdwar außerhalb der Landwirtschaft auchals Artilleriezugmaschine vorgesehen,wurde aber in keiner größeren Serie ge-baut.

    Die Steyr-Werke hatten 1928 an derEntwicklung eines Traktors gearbeitet.Dieses Modell besaß eine starke Ähnlich-keit mit den Fordson- und Hanomag-Schleppern dieser Zeit und soll von einem Vierzylinder-Benzinmotor mit 80PS Leistung angetrieben worden sein.

    Die Steyr-Chronik 15

    Mit seinem 80 PS starken Motor zählteder erste Steyr-Prototyp zur obersten

    Leistungsklasse seiner Zeit. Einen Markt für den Großtraktor sah

    man jedoch nicht, weswegen nur wenige Exemplare gebaut wurden.

  • Genaue Daten für diesen Traktor sind je-doch nicht mehr erhalten. Es wurden nurwenige Versuchsexemplare hergestellt.Während des Zweiten Weltkriegs kam esbei SDP ebenfalls zum Bau einiger Ver-suchstraktoren. Dabei sollen Erkenntnis-se verwertet worden sein, die man ausder Kooperation mit dem Konstruktions-büro Porsche bei anderen Fahrzeugen gewonnen hatte.

    Der Beginn des TraktorbausNach dem Zweiten Weltkrieg warschließlich die Gelegenheit für den end-gültigen Einstieg in den Traktorbau ge-kommen. Als die Wirtschaft langsam wie-der an Fahrt gewann, begann die Zeit derweitgehenden Mechanisierung der euro-päischen Landwirtschaft. Während in derVorkriegszeit die Traktoren den großenzahlungskräftigen Betrieben vorbehaltenwaren, konnten sich nun immer mehrmittlere und kleine Höfe einen Schlepperleisten. Ermöglicht wurde dies durch denUmstand, dass sich die Hersteller nichtnur auf den Bau großer, leistungsstarkerTraktoren beschränkten, sondern nunauch Modelle anboten, die den Bedürf-

    nissen der weniger zahlungskräftigenLandwirte entsprachen. Dazu gehörtendie sogenannten „Bauernschlepper“.Zahlreiche Anbieter, manchmal nurWerkstätten, sprangen aus dem Boden,die im Traktorbau eine Marktlücke sahen.

    1947 war man auch bei SDP soweit, indie Serienfertigung von Traktoren einzu-steigen. Das erste Modell erhielt die Typenbezeichnung 180. Bei der Kons -truktion hatte man auf die Erfahrungenaus der Vorkriegszeit zurückgreifen kön-nen. Angetrieben wurde der Schleppervon einem Zweizylinder-Dieselmotor.Mit seinen 26 PS Leistung gehörte derTyp 180 zur oberen Leistungsklasse. DerGrund, warum man die Produktion mitdieser Leistungsklasse gestartet hatte, lagdarin, dass der Zweizylindermotor der13er-Serie früher als die Einzylinder -version verfügbar war. Am 29. September1947 wurde das erste Serienexemplar na-he Steyr einem Landwirt übergeben.

    Mit dem Typ 80, der 15 PS leistete unddeshalb auch „15er Steyr“ genannt wur-de, kam zwei Jahre später ein Traktor fürdie kleinen und mittelgroßen landwirt-schaftlichen Betriebe auf den Markt. Die

    Mit dem Typ 180 gelang Steyr-Daimler-Puch der erfolgreiche Einstieg in dieTraktorbranche. Innerhalb eines Jahreskonnten bereits mehrere Tausend Exem-plare verkauft werden.

    Der Typ 80 war als Allzweck-schlepper für die österreichischeLandwirtschaftkonzipiert. Er eignete sich füralle Einsatzgebietein kleinen und mittleren Betrieben.

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