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Mit ihrn brach eine neue Ara an Der naive Wahrheitsfanatiker ,,Eine neue Zeit ist angebrochen, ein grofies Zeitalter, in dem zu leben eine Lust ist". Diese Worte lafit ein Dichter den zu erratenden Forscher sprechen. Eine neue Zeit brach tatsachlich an, und er war daran mafigeblich beteiligt. Eine Lust bedeutete sie fur ihn allerdings nicht immer. Zur Zeit der Geburt war das Vermogen seiner alteingesessenen Familie nicht mehr allzu grofl, und der Vater, ein Musiker, konn- te mit seinen mittelmafligen Ein- kiinften nichts an den Verhaltnis- sen andern. Der forsche junge Mann begann daher nach zwei- maligem Wohnortwechsel mit 17 Jahren in seiner Geburtsstadt Medizin zu studieren. Dabei traf er mit einem heute recht unbe- kannten Mathematiker zusam- men und entdeckte durch ihn seine Liebe zur Geometrie. ,,Was diese Entdeckung in ihm aus- gelost haben mag, laflt sich wahr- scheinlich nur mit einer leiden- schaftlichen Liebe gleichsetzen", vermutete ein Nobelpreistrager und Physiker der Moderne. In der Folgezeit befaflte er sich - sehr zum Leidwesen des Vaters - kaum mit der ungeliebten Medi- zin, sondern lieber mit Physik, Mathematik und, nachdem er schliefllich sein Studium abge- brochen hatte, auch mit Literatur - so hielt er etwa Vorlesungen uber Dantes Inferno. Mit 25 Jahren bekam er eine Stelle als Mathematikprofessor, die er drei Jahre innehatte. Danach war er arbeitslos, was ihn besonders hart traf, muflte er doch seine Mutter, Schwestern und Briider versor- gen, nachdem sein Vater gestor- ben war. Durch Vermittlung eines Freundes bekam er in einer ande- ren Stadt eine neue Stelle als Professor; hier lebte und lehrte er fur die kommenden 18 Jahre - die gliicklichsten seines Lebens, wie er spater schrieb. Zu dieser Zeit lernte er auch seine spatere Le- bensgefahrtin kennen, mit der er drei Kinder haben sollte, die er aber nie heiratete. Geometrie und Astronomie zahlten zu den Lehrfachern; gleichzeitig ging er jedoch in aller Stille in seinem Labor seinen Experimenten nach. Wegen des steten Geldmangels zeigte er notgedrungen geschaftliches Talent und erfand einen Propor- tionalzirkel, den er zu Geld rnach- te. Wenig spater baute er ein Mefl- instrument nach, das er anschlie- fiend den Fiirsten der Stadt an- pries: ,,Dies kann fur alle Verrich- tungen und Unternehmungen zu Wasser und zu Lande von unschatz- barem Wert sein." Hier meinte er freilich in erster Linie Unterneh- mungen kriegerischer Art und iiberzeugte damit die Herren, die im Gegenzug sein Jahreseinkom- men groflziigig anhoben. Er jedoch trieb seine eigenen Forschungen mit dem Instru- ment, womit er den Aufbruch in das ,,grofle Zeitalter" einleitete. Grofle Schwierigkeiten ereilten ihn erst vie1 spater in hohem Alter, denn in jener ,,gliicklichen Zeit" veroffentlichte er seine Ideen noch nicht. Gewollt hat er den Aufruhr sicher nicht, den er mit seinen Werken hervorrief. Eher konnte man ihn fast einen naiven ,,Wahr- heitsfanatiker" nennen, der als einer der Begriinder der wissen- schaftlichen Methode nach un- umstofllichen Tatsachen suchte. Die spektakulare Unterdriickung eines Teiles seiner Forschungser- gebnisse (die iibrigens auch den eingangs zitierten Dichter veran- laflte, ein Stuck uber ihn zu ver- fassen) verleitet heute dam, die iibrigen Arbeitsgebiete aus dem Auge zu verlieren. Dabei gibt es derer sehr viele: So befaflte er sich unter anderem mit der Messung der Lichtgeschwindigkeit, mit Pendelschwingungen, der Schall- ausbreitung und den Tonen schwingender Saiten. Und er beschaftigte sich auch mit der Form der Bahnkurve, entlang der ein Punkt gefiihrt werden mu&, wenn er im Schwerefeld der Erde auf schnellstmoglichem Wege von einem Punkt zu einem anderen Punkt gelangen soll. Leider irrte er jedoch mit seiner Losung - die fragliche Kurve ist kein Kreisbogen, wie er glaubte. Andreas Loos, Edangen Wer war der Wahr- heitsfanatiker mit Geldsorgen, und wer war der Dichter? Weinheim. EinsendeschluB ist der 15. 12.1996. Der Rechtsweg ist aus- geschlossen. Wir verlosen dieses Ma1 drei Exemplare des Buches: Die Jagd nach den Genen von W. Cookson. Auflosung aus Heft 5/96 Der Quantenmechaniker mit Hang zur Biophysik war Erwin Schrodinger. Die Gewinner aus Heft 4/96 R. Kox aus Berlin M. Schaaf aus Vaihingen und Schreiben Sie die Losung auf eine Postkarte (keine Briefe) und schicken Sie sie an: VCH, Physik in unserer Zeit, Pappelallee 3, 69469 P. Staub aus Wien. Wir gratulieren den Gewinnern ganz herzlich. Erfinderpool und Patentserver im Internet Damit gute Ideen moglichst unkompliziert an die richtige Adresse gelangen, hat der Ver- band Deutscher Elektrotechniker, VDE, im Internet einen Erfinder- pool eingerichtet. Hier findet man Anschriften von Unterneh- men, die neue Produktideen suchen. Der VDE will mit dieser Initiative Hochschulabsolventen und jungen Existenzgriindern im Bereich der Elektro- und Infor- mationstechnik die Gelegenheit geben, ihr Know-how einer brei- teren Fachoffentlichkeit anzubie- ten. Man findet den Erfinder- pool auf der Homepage unter http://www.vde.de/. Das BMBF bietet im Internet Informationen und Ratschlage zum Thema ,,rechtlicher Schutz und wirtschatliche Verwertung von Erfindungen" an. Der Server ist entweder von der BMBF- Homepage aus (Adresse: http:// www.bmbf.de) oder unmittelbar unter der Internet-Adresse http://www.patente.bmbf.de zu erreichen. Ziel dieser Initiative ist es, die wirtschaftlich verwertba- ren Ergebnisse von Forschung und Entwicklung in moglichst groflem Umfang fur Innovatio- nen zu nutzen. VDE-Pressedienst 21/1996, BMBF Aktuell23.9. 1996 Neuartiger Mikrokondensator Bei heutigen Kondensatoren spielen verschiedene technische Anforde- rungen eine grofle Rolle: Stabilitat des Kapazitatswertes bei Schwan- kungen der Temperatur, Frequenz oder der Spannung sowie die Ver- lustleistung. Forscher der Siemens AG in Miinchen-Perlach haben mit einem neuen Verfahren Mikrokondensatoren erstellt, die diese Anfor- derungen in besonderem Mafle erfiillen. Man benutzt hierfiir das aus der Halbleitertechnik bekannte Verfahren der Siliziumbearbeitung. Durch elektronisches Atzen entsteht im Kristall eine Wabenstruktur. Der Kondensator wird aus den beiden n+-dotierten Schichten und dem Oxid-Nitrid-Oxid-Dielektrikum (ONO) gebildet. In der Massenpro- duktion soll ein solcher Kondensator nicht wesentlich teurer als ein typischer Einzelhalbleiter sein. Siemens Presse-Info 9/96 Physik in unserer Zeit / 27. Jahrg. 1996 / Nr. 6

Historisches Rätsel

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Mit ihrn brach eine neue Ara an

Der naive Wahrheitsfanatiker ,,Eine neue Zeit ist angebrochen, ein grofies Zeitalter, in dem zu leben eine Lust ist". Diese Worte lafit ein Dichter den zu erratenden Forscher sprechen. Eine neue Zeit brach tatsachlich an, und er war daran mafigeblich beteiligt. Eine Lust bedeutete sie fur ihn allerdings nicht immer.

Zur Zeit der Geburt war das Vermogen seiner alteingesessenen Familie nicht mehr allzu grofl, und der Vater, ein Musiker, konn- te mit seinen mittelmafligen Ein- kiinften nichts an den Verhaltnis- sen andern. Der forsche junge Mann begann daher nach zwei- maligem Wohnortwechsel mit 17 Jahren in seiner Geburtsstadt Medizin zu studieren. Dabei traf er mit einem heute recht unbe- kannten Mathematiker zusam- men und entdeckte durch ihn seine Liebe zur Geometrie. ,,Was diese Entdeckung in ihm aus- gelost haben mag, laflt sich wahr- scheinlich nur mit einer leiden- schaftlichen Liebe gleichsetzen", vermutete ein Nobelpreistrager und Physiker der Moderne.

In der Folgezeit befaflte er sich - sehr zum Leidwesen des Vaters - kaum mit der ungeliebten Medi- zin, sondern lieber mit Physik, Mathematik und, nachdem er schliefllich sein Studium abge- brochen hatte, auch mit Literatur - so hielt er etwa Vorlesungen uber Dantes Inferno. Mit 25 Jahren bekam er eine Stelle als Mathematikprofessor, die er drei Jahre innehatte. Danach war er arbeitslos, was ihn besonders hart traf, muflte er doch seine Mutter, Schwestern und Briider versor- gen, nachdem sein Vater gestor- ben war. Durch Vermittlung eines Freundes bekam er in einer ande- ren Stadt eine neue Stelle als Professor; hier lebte und lehrte er fur die kommenden 18 Jahre - die gliicklichsten seines Lebens, wie er spater schrieb. Zu dieser Zeit lernte er auch seine spatere Le- bensgefahrtin kennen, mit der er drei Kinder haben sollte, die er aber nie heiratete.

Geometrie und Astronomie zahlten zu den Lehrfachern; gleichzeitig ging er jedoch in aller Stille in seinem Labor seinen Experimenten nach. Wegen des steten Geldmangels zeigte er notgedrungen geschaftliches Talent und erfand einen Propor-

tionalzirkel, den er zu Geld rnach- te. Wenig spater baute er ein Mefl- instrument nach, das er anschlie- fiend den Fiirsten der Stadt an- pries: ,,Dies kann fur alle Verrich- tungen und Unternehmungen zu Wasser und zu Lande von unschatz- barem Wert sein." Hier meinte er freilich in erster Linie Unterneh- mungen kriegerischer Art und iiberzeugte damit die Herren, die im Gegenzug sein Jahreseinkom- men groflziigig anhoben.

Er jedoch trieb seine eigenen Forschungen mit dem Instru- ment, womit er den Aufbruch in das ,,grofle Zeitalter" einleitete. Grofle Schwierigkeiten ereilten ihn erst vie1 spater in hohem Alter, denn in jener ,,gliicklichen Zeit" veroffentlichte er seine Ideen noch nicht. Gewollt hat er den Aufruhr sicher nicht, den er mit seinen Werken hervorrief. Eher konnte man ihn fast einen naiven ,,Wahr- heitsfanatiker" nennen, der als einer der Begriinder der wissen- schaftlichen Methode nach un- umstofllichen Tatsachen suchte.

Die spektakulare Unterdriickung eines Teiles seiner Forschungser- gebnisse (die iibrigens auch den eingangs zitierten Dichter veran- laflte, ein Stuck uber ihn zu ver- fassen) verleitet heute dam, die iibrigen Arbeitsgebiete aus dem Auge zu verlieren. Dabei gibt es derer sehr viele: So befaflte er sich unter anderem mit der Messung der Lichtgeschwindigkeit, mit Pendelschwingungen, der Schall- ausbreitung und den Tonen schwingender Saiten. Und er beschaftigte sich auch mit der Form der Bahnkurve, entlang der ein Punkt gefiihrt werden mu&, wenn er im Schwerefeld der Erde auf schnellstmoglichem Wege von einem Punkt zu einem anderen Punkt gelangen soll. Leider irrte er jedoch mit seiner Losung - die fragliche Kurve ist kein Kreisbogen, wie er glaubte.

Andreas Loos, Edangen

Wer war der Wahr- heitsfanatiker mit Geldsorgen, und wer war der Dichter?

Weinheim. EinsendeschluB ist der 15. 12.1996. Der Rechtsweg ist aus- geschlossen. Wir verlosen dieses Ma1 drei Exemplare des Buches: Die Jagd nach den Genen von W. Cookson.

Auflosung aus Heft 5/96 Der Quantenmechaniker mit Hang zur Biophysik war Erwin Schrodinger.

Die Gewinner aus Heft 4/96 R. Kox aus Berlin M. Schaaf aus Vaihingen und

Schreiben Sie die Losung auf eine Postkarte (keine Briefe) und schicken Sie sie an: VCH, Physik in unserer Zeit, Pappelallee 3, 69469

P. Staub aus Wien.

Wir gratulieren den Gewinnern ganz herzlich.

Erfinderpool und Patentserver im Internet

Damit gute Ideen moglichst unkompliziert an die richtige Adresse gelangen, hat der Ver- band Deutscher Elektrotechniker, VDE, im Internet einen Erfinder- pool eingerichtet. Hier findet man Anschriften von Unterneh- men, die neue Produktideen suchen. Der VDE will mit dieser Initiative Hochschulabsolventen und jungen Existenzgriindern im Bereich der Elektro- und Infor- mationstechnik die Gelegenheit geben, ihr Know-how einer brei- teren Fachoffentlichkeit anzubie- ten. Man findet den Erfinder- pool auf der Homepage unter http://www.vde.de/.

Das BMBF bietet im Internet Informationen und Ratschlage zum Thema ,,rechtlicher Schutz und wirtschatliche Verwertung von Erfindungen" an. Der Server ist entweder von der BMBF- Homepage aus (Adresse: http:// www.bmbf.de) oder unmittelbar unter der Internet-Adresse http://www.patente.bmbf.de zu erreichen. Ziel dieser Initiative ist es, die wirtschaftlich verwertba- ren Ergebnisse von Forschung und Entwicklung in moglichst groflem Umfang fur Innovatio- nen zu nutzen. VDE-Pressedienst 21/1996, BMBF Aktuell23.9. 1996

Neuartiger Mikrokondensator

Bei heutigen Kondensatoren spielen verschiedene technische Anforde- rungen eine grofle Rolle: Stabilitat des Kapazitatswertes bei Schwan- kungen der Temperatur, Frequenz oder der Spannung sowie die Ver- lustleistung. Forscher der Siemens AG in Miinchen-Perlach haben mit einem neuen Verfahren Mikrokondensatoren erstellt, die diese Anfor- derungen in besonderem Mafle erfiillen. Man benutzt hierfiir das aus der Halbleitertechnik bekannte Verfahren der Siliziumbearbeitung. Durch elektronisches Atzen entsteht im Kristall eine Wabenstruktur. Der Kondensator wird aus den beiden n+-dotierten Schichten und dem Oxid-Nitrid-Oxid-Dielektrikum (ONO) gebildet. In der Massenpro- duktion soll ein solcher Kondensator nicht wesentlich teurer als ein typischer Einzelhalbleiter sein. Siemens Presse-Info 9/96

Physik in unserer Zeit / 27. Jahrg. 1996 / Nr. 6