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HOHENHEIMER DISKUSSIONSBEITRÄGE Bonferroni-Index und De Vergottini-Index Zum 75. und 65. Geburtstag zweier fast vergessener Ungleichheitsmaße von Walter Piesch Nr. 259/2005 Institut für Volkswirtschaftslehre (520) Universität Hohenheim, 70593 Stuttgart ISSN 0930-8334

HOHENHEIMER DISKUSSIONSBEITRÄGE Bonferroni-Index und De ... · 2 Mittelwertfunktionen Die verschiedenen Mittelwertfunktionen - vgl. Piesch (1975, S. 44ff.) - sind wesentliche Bausteine

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HOHENHEIMER

DISKUSSIONSBEITRÄGE

Bonferroni-Index und De Vergottini-Index

Zum 75. und 65. Geburtstag zweier

fast vergessener Ungleichheitsmaße

von

Walter Piesch

Nr. 259/2005

Institut für Volkswirtschaftslehre (520)

Universität Hohenheim, 70593 Stuttgart

ISSN 0930-8334

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Bonferroni-Indexund

De Vergottini-Index

Zum 75. und 65. Jubiläumzweier fast vergessenerUngleichheitsmaße

Prof. Dr. Walter Piesch, Universität Hohenheim

Mai 2005

Inhaltsverzeichnis1 Einleitung 1

2 Mittelwertfunktionen 3

3 Bonferroni-Index B∗ 7

4 De Vergottini-Index 15

5 Beziehungen zwischen B∗ und V 22

6 Beispiele 286.1 Potenzfunktion-Lorenzkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286.2 Rechtssteile Dreiecksverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296.3 Pareto-Verteilung (α = 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306.4 Exponentialverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316.5 Einfachste S-förmige Bonferroni-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326.6 Rechteckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

7 Historischer Exkurs (diskreter Fall) 367.1 Bonferroni-Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367.2 De Vergottini-Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377.3 Amato-Indices . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

I

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TabellenverzeichnisÜbersicht 1: Erweiterte Ginis als lineare Ungleichheitsmaße . . . . . . . . . . . . 2Übersicht 2: Charakterisierungen von Kurven der Disparitätsmessung . . . . . . 27Übersicht 3: Wichtige Verteilungen mit B∗ und V sowie B, V , Pk,Mk . . . . . . 34Übersicht 4: Wichtige Amato-Indices und ihre Gewichte . . . . . . . . . . . . . . 39

Abbildungsverzeichnis1 Mittelwerte von von oben und von unten abgeschnittenen Verteilungen . . 32 Verlauf von Mu(F ), Mo(F )und G(F ). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Ermittlung von u(F ) und v(F ) aus dem Lorenzkurvendiagramm. . . . . . . 54 u(F ) und v(F ) sowie Flächen B∗ und V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Anfangs- und Endsekantenanstiege der Lorenzkurve . . . . . . . . . . . . . 76 Verläufe von Bonferroni- und Lorenzkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Verlauf der De Vergottini-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 P (k) und M(k)-Kurven mit B∗, V und R. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Flächendeutung von B∗ und V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

II

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1 EinleitungDas am weitesten verbreitete Ungleichheitsmaß ist zweifellos der Gini-Koeffizient R. Erlässt sich an der Lorenzkurve (1910) leicht interpretieren und ist ein von der mittleren Dif-ferenz abhängiger Variationskoeffizient. Seine Anwendungen reichen in viele Gebiete derStatistik und der Ökonomie, vgl. die umfangreichen Bibliographien von GIORGI (1990,1992, 1993), die nur die wichtigsten originären Beiträge enthalten. Die umfassende An-wendungsbreite des Gini-Koeffizienten wird auch bei WOLF (1992) dargestellt.

Bedingt durch die Dominanz des Gini-Koeffizienten sind die Indices von BONFERRONI(1930) und DE VERGOTTINI (1940) - vor allem außerhalb Italiens - nur wenig bekanntgeworden. Sie haben zu R eine vergleichsweise komplizierte Struktur mit daraus folgenderhoher Sensibilität auf Transfers. Erst in jüngerer Zeit fand der Bonferroni-Index, propa-giert durch die Arbeiten von GIORGI, MONDANI und CRESCENZI, erhöhte Beachtung.

Die spärliche Literatur über diese zwei Indices - vornehmlich aus Italien - soll in diesemBeitrag aufgearbeitet werden. Einige neuere Ergebnisse werden dargestellt.

Lineare Ungleichheitsmaße nach Piesch (1975) und Mehran (1976) sind Analoga zu gewo-genen Summen von Lorenzkurvenanstiegen (G∗), nämlich

I =

∫ 1

0

w(F )G∗(F ) dF. (1)

Die Gewichtsfunktion w(F ) steigt monoton und ist auf Null zentriert

w′(F ) > 0

∫ 1

0

w(F ) dF = 0. (2)

Wichtige erweiterte Ginis sind die Pk-Indices und die Mk-Indices sowie der Bonferroni-Index B∗ und der De Vergottini-Index V . Diese Indices sind in Übersicht 1 zusammenge-stellt.

1

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Index Gewichtsfunktion w(f) HinweisPk kF k−1 − 1P ∗

k1

k−1(kF k−1 − 1) PIESCH (1975)

P2 = P ∗2 = R 2F − 1

P ∗3 = P 3

2F 2 − 1

Mk 1− kF k−1 MEHRAN (1976)M3 = M −3F 2 + 6F − 2 M + P = 3RM2 = R 2F − 1 GINI (1914)

B∗ log F + 1 BONFERRONI (1930)V − log F − 1 DE VERGOTTINI (1940)

Übersicht 1: Erweiterte Ginis als lineare Ungleichheitsmaße

B∗ und Mk bewerten Transfers im unteren Bereich stärker, V und Pk dagegen eher Trans-fers im oberen Bereich. Der Gini-Koeffizient bewertet jeden Transfer gleich - immer be-zogen auf Transfers längs Quartilen (∆F ) und nicht bezogen auf x (∆x). Bei letzterenTransfers muss die Gestalt der Verteilung (F ) mitberücksichtigt werden. B∗ und Mk soll-ten in der Armutsmessung dem Gini-Koeffizienten vorgezogen werden, dagegen Pk und Veher in der “Reichtumsmessung“. Ansätze zu unterschiedlichen Bewertungen von Transfersin verschiedenen Bereichen findet man bei Piesch (2003).

B∗ und V ∗ werden durch Mittelung von Anstiegen von Lorenzkurvenanfangssekanten L/Fbzw. Lorenzkurvenendsekanten L/F ermittelt. Daher haben sie eine kompliziertere Struk-tur als der vergleichsweise einfache Gini-Koeffizient R und reagieren auf Transfers sensibel.

In dieser Arbeit wird nach einem Exkurs über Mittelwertfunktionen (Kapitel 2) auf dieverschiedenen Darstellungen und Interpretationen des Bonferroni-Index (Kapitel 3) sowiedes De Vergottini-Index (Kapitel 4) eingegangen. Entsprechend der Referenzkurve Lorenz-kurve L(F ) für R spielen die Bonferroni-Kurve B(F ) für B∗ und die De Vergottini-KurveV (F ) für V eine wichtige Rolle. Aus Gründen einer einfachen Darstellung wird von steti-gen Variablen ausgegangen. Entsprechend der historischen Entwicklung wird im Kapitel7 auf diskrete Variable eingegangen.

2

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2 MittelwertfunktionenDie verschiedenen Mittelwertfunktionen - vgl. Piesch (1975, S. 44ff.) - sind wesentlicheBausteine der Indices von Bonferroni (1930) und De Vergottini (1940). Ausgangspunktist eine Verteilung in [a, b] - charakterisiert durch ihre Dichte f(x) - die durch eine Grenzex mit a 5 x 5 b in zwei Teilverteilungen zerlegt wird. Der Mittelwert der linken “Un-terverteilung“ in [a, x] sei µu(x), der Mittelwert der rechten “Oberverteilung“ in [x, b] seiµo(x) (vgl. Abbildung 1).

f(x)

............................ ........

....................

................................................................................................

......................................................

......................................

...................................................................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

xa bµu(x) µo(x)

........................................................

Abbildung 1: Mittelwerte von von oben und von unten abgeschnittenen Verteilungen

Beide Mittelwerte lassen sich durch die Verteilungsfunktion F (x), die erste Momenten-verteilung L(x) und den Gesamtmittelwert ausdrücken.Es ist

µu(x) =

∫ x

auf(u) du∫ x

af(u) du

= µL(x)

F (x)(3)

und

µo(x) =

∫ b

xuf(u) du∫ b

xf(u) du

= µ1− L(x)

1− F (x)= µ

L(x)

F (x). (4)

µ ergibt sich durch Mittelung von µu(x) und µo(x) als

µ = F (x)µu(x) + F (x)µo(x). (5)

Nach Transformation auf die Variable F über die inverse Verteilungsfunktion x = G(F )erhält man die Untere Mittelwertfunktion (vgl. PIESCH 1975)

3

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Mu(F ) = µL

F=

La

F(6)

und die Obere Mittelwertfunktion

Mo(F ) = µL

F=

La

F. (7)

La(F ) ist die absolute Lorenzkurve µL und La = µ − La. Beide Mittelwertfunktionensteigen: Mu(F ) von Mu(0) = a auf Mu(1) = µ und Mo(F ) von Mo(0) = µ auf Mo(1) = b.Für die Mittelung von Mu(F ) und Mo(F ) gilt in Analogie zu (5)

FMu(F ) + FMo(F ) = 1 (8)

sowie die Lagebeziehung

Mu(F ) 5 G(F ) 5 Mo(F ). (9)

(6),(7) und (9) sind in Abbildung 2 dargestellt.

Beispiel: L = F 3, Mu(F ) = µF 2, Mo(F ) = µ(1 + F + F 2), G(F ) = 3F 2µ.

B = µB∗

............................

............................

.....................................................................................................................................................................................

......................................................

..........................................

.................................

.........................................................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................................................

....................................................................................................

.............................................

...........................................................................................

...................................................................................

.......................................................................

.............................................................

...............................................

..................................

..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

µ

3µMu,Mo, G

Fläche A

Mu

FlächeBG

Mo

0 1 F

A = µV

Abbildung 2: Verlauf von Mu(F ), Mo(F )und G(F ).

Bezieht man µ−Mu(F ) auf seine Obergrenze µ, erhält man dieRelative Untere Mittelwertdifferenz

4

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u(F ) =µ−Mu(F )

µ=

F − L

F=

d(F )

F(10)

mit u(0) = 1− a

µ=

u

µ, u(1) = 0. d(F ) ist die Länge der Lorenzkurvensehne, gemittelt die

Konzentrationsfläche 2R.

Analog erhält man die Relative Obere Mittelwertdifferenz

v(F ) =Mo(F )− µ

µ=

d(F )

F(11)

mit v(0) = 0 und v(1) =b

µ− 1 =

v

µ. Dabei sind u = µ − a die Unterklassenbreite und

v = b− µ die Oberklassenbreite der zugrundeliegenden Verteilung.

u(F ) und v(F ) können direkt aus dem Lorenzkurvendiagramm ermittelt werden (vgl. Ab-bildung 3).

v(F )

........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

............................................................................................................................................................................................................................

s

............................

..................................

..................................

..................................

..................................

..................................

..................................

..................................

..................................

..................................

..................................

..................................

.....

....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

..........................................................................................................................................................................

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

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..........

..........

..........

..........

..........

..........

........

...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

L

F

Mo

F

Mu

µ

u(F )

................................................................................................................

Abbildung 3: Ermittlung von u(F ) und v(F ) aus dem Lorenzkurvendiagramm.

Durch Mittelung von u(F ) und v(F ) erhält man den Bonferroni-Index

5

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B∗ =

∫ 1

0

u(F ) dF =

∫ 1

0

d(F )

FdF (12)

und den De Vergottini-Index

V =

∫ 1

0

v(F ) dF =

∫ 1

0

d(F )

FdF. (13)

Eine nützliche Umrechnung ist

v(F ) =F

Fu(F ). (14)

Zusammenfassend gilt:

Die gemittelte Relative Untere Mittelwertdifferenz ist der Bonferroni-Index, die gemittelteRelative Obere Mittelwertdifferenz ist der De Vergottini-Index. Abbildung 4 zeigt dieVerläufe von u(F ) und v(F ) sowie ihre Flächeneigenschaften.

u

...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

......................................

..............................................................................................

u(F ) = 1− F 2

B∗ = 23

L = F 3

v(F ) = F + F 2

V = 56

B∗

1V

,v(F )u(F )

v

Abbildung 4: u(F ) und v(F ) sowie Flächen B∗ und V .

6

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3 Bonferroni-Index B∗

Mittelt man alle Sekantenanstiege der Lorenzkurve, die im Nullpunkt beginnen (Anfangs-sekantenanstiege in Abb. 5), so erhält man das Gleichheitsmaß

∫ 1

0LF

dF . Das zugehörigeUngleichheitsmaß ist der Bonferroni-Index

B∗ = 1−∫ 1

0

L

FdF 0 5 B∗ 5 1. (15)

Führt man die Länge der Lorenzkurvensehne d(F ) = F −L und die Konzentrationsfläche∫ 1

0d(F )dF ein, erhält man die bekannte Darstellung

(12) B∗ =

∫ 1

0

d(F )

FdF =

∫ 1

0

u(F ) dF .

LF = Mu(F )

µ 5 1

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................................................

......................................

...............................

...............................s

......................................

...............................................................

....................................................

..................................................

....................................................

..................................................

.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

.......... .......... .......... .......... .......... .......... ...............

..........

..........

..........

.......

..........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

1

1

L

F

L

F F

L

LF

= Mo(F )µ = 1

....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

Abbildung 5: Anfangs- und Endsekantenanstiege der Lorenzkurve

Partielle Integration von (14) führt zur Darstellung von B∗ als lineares Ungleichheitsmaß

B∗ =

∫ 1

0

(log F + 1)G∗ dF =

∫ 1

0

w(F )G∗ dF. (16)

Für die Gewichtsfunktion w(F ) gilt

dW

dF=

1

F> 0 und

∫ 1

0

w(F ) dF =

∫ 1

0

(log F + 1) dF = 0.

Daher kann (16) auch direkt als Kovarianz gedeutet werden.

7

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B∗ = Cov(log F + 1, G∗) = Cov(log F, G∗). (17)

Die Kovarianzabschätzung in Form der erweiterten Glasser’schen Ungleichung ergibt aus-gehend von

B∗ = σW σGρ(log F,G∗) 5 σW σ∗G (18)

mit σ2G∗ = V 2 und σ2

W =

∫ 1

0

(log F + 1)2 dF = 1

B∗ 5 V. (19)

Der Bonferroni-Index ist höchstens so groß wie der Variationskoeffizient V = σµ. Mit (17)

kann B∗ auch als spezieller Regressionskoeffizient (Anstieg der Regressionsgeraden) ge-deutet werden, denn

b(log F, G∗) =Cov(log F + 1, G∗)

σ2W

=Cov(log F,G∗)

1

b(log F,G∗) = B∗. (20)

Die Umschreibung von (16) auf die Ausgangsvariable x ergibt ausgehend von1

µ

∫ b

a

[log F (x) + 1]f(x)︸ ︷︷ ︸u′

· x︸︷︷︸v

dx

nach partieller Integration

B∗ = − 1

µ

∫ b

a

F (x) log F (x) dx =1

µ

∫ b

a

F (x) log1

F (x)dx. (21)

Beispiel:

Für eine Rechteckverteilung (RV) in [0, b] mit µ = b2, F (x) = x

bergibt sich B∗ = 1

2.

Zusammenhang B∗ mit Mk (Mehran-Indices)

Ausgehend von (12)

B∗ =

∫ 1

0

d

FdF =

∫ 1

0

d(1 + F + F 2 + ...) dF =∞∑

j=0

∫ 1

0

d(F )F j dF =∞∑

j=0

Mj+2

(j + 1)(j + 2)

8

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Dabei wurde das bekannte Ergebnis (vgl. PIESCH (2003, S. 10)) verwendet

Mk = k(k − 1)

∫ 1

0

F k−2d(F ) dF. (22)

Eine Indexverschiebung j + 2 7→ k ergibt das Endergebnis

B∗ =∞∑

k=2

Mk

k(k − 1). (23)

Sind alle Mk bekannt, so ist B∗ gegeben.

Beispiele:

a) Ungleichverteilung, Mk = 1 B∗ =∞∑

k=2

1

k(k − 1)=

∞∑

k=2

1

k − 1−

∞∑

k=2

1

k= 1

b) Rechteckverteilung in [0, b], Mk =k − 1

k + 1, B∗ =

∞∑

k=2

1

k(k + 1)=

∞∑

k=2

1

k−

∞∑

k=2

1

k + 1=

1

2.

Bonferroni-KurveDie Referenzkurve für B∗ ist die Bonferroni-Kurve

B(F ) =L(F )

F(24)

Für F = 0 ist B(0) =0

0

l’Hosp.=

a

µsowie B(1) = 1.

Da B′ =FG∗ − L1

F 2> 0 ist, steigt B(F ).

Für Verteilungen in [0, b] ist B eine Verteilungsfunktion, für Verteilungen in [a, b] ist dietransformierte Bonferroni-Kurve

B(F ) =B − a

µ

1− aµ

u(B − a

µ) (25)

eine Verteilungsfunktion.

Nach (14) ist ∫ 1

0

B(F ) dF = 1−B∗. (26)

Die Fläche oberhalb der Bonferroni-Kurve ist gleich dem Bonferroni-Index.

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Bonferroni-Kurven können konvex, konkav oder S-förmig steigen. Insofern sind sie einflexibleres Hilfsmittel als die stets konvexe Lorenzkurve. Die (nicht fallende) Bonferroni-Kurve kann beliebig im Einheitsquadrat verlaufen.

1−B∗

......................................

......................................

................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

0 1UGV

GVR2

1−R2

................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

Lorenzkurve

GVGleichverteilungR = B∗ = 0

UGVUngleichverteilungR = B∗ = 1

......................................

..................................................

....................................................................................................................................................................................................................................................................................

......................................

.........................................

.........................................

.....................................

.........................................................................................................................................................

0 1UGV

Bonferroni-Kurve

GV

B∗

...........................................................................

.............................................

....................................

...............................

.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

Abbildung 6: Verläufe von Bonferroni- und Lorenzkurve

Anfangs- und Endanstiege von B

B′(0) =FG∗ − L

F 2=

0

0

l’Hosp.=

G∗(0)

2=

1

2µf(a)

B′(1) =

bµ− 1

1=

v

µ

B′(0) =1

2µf(a)B′(1) =

v

µ. (27)

NB L′(0) =a

µL′(1) =

b

µ

Wendepunkte von B(F )

Aus B′ =FG∗ − L

F 2=

G∗ −B

Ffolgt

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FB′ = G∗−B und daraus FB′′+B′ = G∗′−B′ und mit B′′ = 0 die Wendepunktbedingung

G∗′ = 2B′ (28)

d.h. man sucht eine Stelle F, an der der Anstieg der normierten inversen Verteilungsfunk-tion doppelt so groß ist wie der Anstieg der Bonferroni-Kurve.

Beispiel:

L = F 2 − F 3 + F 4 führt zu einer Bonferroni-Kurve B = F − F 2 + F 3 mit S-förmigemVerlauf und einem Wendepunkt bei F = 1

3.

G∗ = 2F − 3F 2 + 4F 3 führt zu G∗′ = 2− 6F + 12F 2

G∗′(13) = 4

3was 2B′ = 2− 4F + 6F 2|F= 1

3= 4

3entspricht.

Da B = LF

= L und L 5 FG∗ ist, erhält man die Lageregel

L(F ) 5 B(F ) 5 G∗(F ). (29)

Momente der Bonferroni-Kurve (BC-Momente)

Für Variable in [0, b] ist B(F ) eine Verteilungsfunktion mit DichteFG∗ − L

F 2.

Daher sind die zugehörigen (Ursprungs-)Momente

mk(B) =

∫ 1

0

F k FG∗ − L

F 2dF. (30)

Eine Umrechnung - vgl. PIESCH (2003, S.18) - ergibt

mk =

∫ 1

0

F k−1G∗ dF −∫ 1

0

F k−2L dF =Pk

k+

Pk

k(k − 1)

d.h.

mk(B) = P ∗k . (31)

BC-Momente sind P ∗k -Indices.

11

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Für Variable in [a, b] ist mk(B) = µuP ∗

k und nach Normierung m∗k(B) = P ∗

k .

B∗ als Anfangsanstieg der P (k)-Kurve

Führt man als Erweiterung von Pk in Übersicht 1 für jede Verteilung G∗ die P (k)-Kurvefür k = 1

P (k) =

∫ 1

0

(kF k−1 − 1)G∗ dF (32)

ein, so ist an den Stützstellen (k = 1, 2, 3, ...) P (k) = Pk.

P (k) wächst konkav, wiedP (k)

dk> 0 und

d2P (k)

dk2< 0 zeigen.

Der Anfangsanstieg der P (k)-Kurve ist

dPk

dk|k=1 =

∫ 1

0

(kF k−1 log F + F k−1)G∗ dF |k=1 =

∫ 1

0

(log F + 1)G∗ dF = B∗

d.h. gleich dem Bonferroni-Index

dPk

dk|k=1 = B∗. (33)

Damit ergibt sich für P ∗1 =

Pk

k − 1|k=1 =

0

0

l’Hosp.=

dP (k)

dk|k=1 = B∗.

Der Bonferroni-Index B∗ ist daher gleich P ∗1 . Da die BC-Momente für eine Variable in

[0,1] monoton fallen und konvex sind, gilt die Ungleichungskette mit (19)

V = P ∗1 = B∗ = P ∗

2 = R = P ∗3 =

P3

2= P. (34)

Damit ist auch ein einfacher Nachweis der Gini-Bonferroni-Ungleichung erbracht.

R 5 B∗ 5√

R. (35)

Die Varianz obiger Verteilung ist m2(BC) − m21(BC) = R − B∗2 > 0, woraus sich die

obere Schranke in (35) ergibt.

12

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Deutung von B∗ als Regressionskoeffizient

Ausgangspunkt sind die Kovarianzen

Cov(F, G∗) =

∫ 1

0

FG∗ dF −∫ 1

0

F dF

∫ 1

0

G∗ dF =R

2

sowie

Cov(F, B) =

∫ 1

0

FB dF −∫ 1

0

F dF

∫ 1

0

B dF =1

2(B∗ −R).

Aus Cov(F, B) = 0 folgt wieder B∗ = R. Mit V arF =1

12sind die Regressionskoeffizienten

b(F, G∗) = 6R b(F, B) = 6(B∗ −R). (36)

Das erste Ergebnis ist altbekannt - vgl. PIESCH (1975, S.105): Der Regressionskoeffizi-ent (Anstieg der Regressionsgeraden) der normierten inversen Verteilungsfunktion G∗ istein transformierter Gini-Koeffizient. Aus der Additionseigenschaft von Kovarianzen undRegressionskoeffizienten folgt aus (36) das Endergebnis

B∗ = b(F,G∗ + B

6). (37)

Legt man durch1

6(G∗ + B) eine Regressionsgerade, so ist ihr Anstieg der Bonferroni-

Index.

Korrelationsverhältnisse mit B∗

Für zwei beliebige Ungleichheitsmaße giltI1 = Cov(w1, G

∗) = σw1 · V · ρ(w1, G∗)

I2 = Cov(w2, G∗) = σw2 · V · ρ(w2, G

∗)

Daher ist

I2 =σw2

σw1

· ρ(w1, G∗)

ρ(w2, G∗)· I1 (38)

13

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Für I2 = B∗ und I1 = Pk erhält man

B∗ =

√2k − 1

k − 1· ρ(x, log F )

ρ(x, F k−1)· Pk (39)

sowie für I2 = B∗ und I1 = Mk

B∗ =

√2k − 1

k − 1· ρ(x, log F )

ρ(x,−F k−1)·Mk. (40)

Dabei wurden die Ergebnisse

σ2w1

=∫ 1

0(log F + 1)2 dF = 1 sowie

σ2w2

= σ2(Pk) = σ2(Mk) =(k − 1)2

2k − 1verwendet.

Sensibilitätseigenschaft

Die relative Sensibilität von B∗ in Bezug auf einen Transfer h an der Stelle x ist

T (x) =1

µ[log F (x)− log F (x− h)] ≈ h

µ· log F (x)− log F (x− h)

h≈ h

µF (x). (41)

Transfers werden am stärksten im unteren Einkommensbereich bewertet. Daher empfehlenGIORGI, CRESCENZI (2001a) B∗ gegenüber R besonders.

14

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4 De Vergottini-IndexMittelt man alle Sekantenanstiege der Lorenzkurve, die im Endpunkt (1,1) enden, erhältman 1+V . Dabei ist der um 1 reduzierte mittlere Sekantenanstieg der De Vergottini-Index(1940, 1950)

∫ 1

0

L

FdF = 1 + V . (42)

Hieraus folgt sofort die aus (13) Darstellung von V über d(F ) = F − L als

V =

∫ 1

0

d(F )/F dF =

∫ 1

0

v(F ) dF.

v(F ) =Mo(F )−M

Mist die Relative Obere Mittelwertdifferenz (11). Partielle Integration

von (13) führt zur Darstellung als lineares Ungleichheitsmaß (1).∫ 1

0

(L

F− 1) dF = −L log F |10 −

∫ 1

0

log FG∗ dF ergibt - wie auch in Übersicht 1 auffindbar-

V =

∫ 1

0

(− log F − 1)G∗ dF. (43)

V ist ein unbeschränktes lineares Ungleichheitsmaß mit der Gewichtsfunktion

w(F ) = − log F − 1 mit∫ 1

0

w(F ) dF = 0 und∫ 1

0

(− log F − 1)2 dF = σ2w = 1

und w′(F ) =1

F> 0.

Damit kann V als Kovarianz gedeutet werden,

V = Cov(− log F , G∗) (44)

die sich auch über den entsprechenden Korrelationskoeffizienten ρ ausdrücken lässt

V = σw · σG∗ · ρ(x,− log F ). (45)

Mit σw = 1 und σG∗ = V erhält man wie für B∗

V 5 V. (46)

Der De Vergottoni-Index ist höchstens so groß wie der Variationskoeffizient. Zu einer Dar-stellung von V über die Lorenzkurve kommt man ausgehend von (43) über

15

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V =

∫ 1

0

(F/F ) dF −∫ 1

0

(L/F ) dF =∞∑

j=1

∫ 1

0

F j dF −∫ 1

0

(L/F ) dF .

und ausgedrückt durch die Teilsumme der harmonischen Reihe zu

V =∞∑

s=2

1

s−

∫ 1

0

L

FdF. (47)

Für L ≡ 0 (F < 1) ergibt sich die Obergrenze von V als

0 5 V 5∞∑

s=2

1

s= ∞. (48)

Zu einer Darstellung von V ausgedrückt durch die Ausgangsvariable x kommt man übereine partielle Integration von (43) über

V =1

µ

∫ b

a

(− log F − 1) · f︸ ︷︷ ︸u′

· x︸︷︷︸v

dx = F log F · x|ba −1

µ

∫ b

a

F log F dx

V = − 1

µ

∫ b

a

F log F dx =1

µ

∫ b

a

F log 1/F dx. (49)

Zusammenhang von V mit Pk

Ausgehend von (13) erhält man

V =

∫ 1

0

d

1− FdF =

∫ 1

0

d(1 + F + F 2 + ...) dF =∞∑

j=0

∫ 1

0

d(F )F j dF

und bei Verwendung der bekannten Darstellung - vgl. PIESCH (2003, S.4) -

Pk = k(k − 1)

∫ 1

0

F k−2d(F ) dF (50)

und über Indexverschiebung j + 2|k das Endergebnis

V =∞∑

k=2

Pk

k(k − 1)=

∞∑

k=2

P ∗k

k. (51)

16

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Bei Ungleichverteilung ist P ∗k = 1 und V = ∞.

Deutung von V als Anfangsanstieg der M(k)-Kurve

Führt man analog zur P (k)-Kurve jetzt die M(k)-Kurve als Erweiterung von Mk in Über-sicht 1

M(k) =

∫ 1

0

(1− kF k−1)G∗ dF (52)

ein, so ist ihr Anfangsanstieg

dM(k)

dk|k=1 =

∫ 1

0

(−kF k−1 log F − F k−1)G∗ dF |k=1 =

∫ 1

0

(− log F − 1)G∗ dF

der Vergottini-Index

dM(k)

dk|k=1 = V . (53)

Führt man analog zur Bonferroni-Kurve die De Vergottini-Kurve

V (F ) =L

F=

d

F+ 1 (54)

ein, so ist wegen

L(F ) =

∫ 1

F

G∗(u) du > FG∗(F )

dV

dF=

L− FG∗

F 2> 0.

V wächst von V (0) = 1 auf V (1) =0

0

l’Hosp.=

b

µ.

17

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Die Fläche unter der De Vergottini-Kurve ist 1 + V und die Teilfläche oberhalb des Ein-heitsquadrats ist V .

∫ 1

0

V (F ) dF = 1 + V

∫ 1

0

[V (F )− 1]dF = V (55)

V und die Fläche V sind in Abb. 7 dargestellt.

V

............................

............................

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

........

..

...................................................

...........................................

.......................................

..............................................................................................................................................................................................................................................................................

1

F

V

V

0 1

1

2

3

Abbildung 7: Verlauf der De Vergottini-Kurve

(Beispiel: L = F 3, V = 1 + F + F 2, V = 56)

De Vergottini-Kurve-Momente mk(DV )

Die transformierte De Vergottini-Kurve mit v = b− µ

V − 1bµ− 1

v(V − 1) (56)

ist eine Verteilungsfunktion. Die zugehörigen DV-Momente sind nach etwas umständlicherHerleitung

18

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mk(DV ) = 1− kµ

v(V −

k∑j=2

P ∗j

j). (57)

Über (51) folgt

V −k∑

j=2

P ∗j

j=

∞∑

j=k+1

P ∗j

j.

mk(DV ) hängt also nur von höheren P ∗j -Indices ab.

Für die ersten beiden Momente erhält man

m1 = 1− µ

vV m2 = 1− µ

v(2V −R). (58)

Da m1 > m2 > 0 und m′2 = m2 −m′

1 =µ

v(R− µ

vV 2) ist, folgt

µ

vV 2 < R < V . (59)

Für symmetrische Verteilungen (µ

v= 1) ist V 2 < R < V .

Deutung von V als Regressionskoeffizient

Legt man durch V eine Regressionsgerade, so hängt ihr Anstieg - der Regressionskoeffi-zient - von V und R ab.

Ausgehend von

Cov(F, V ) =

∫ 1

0

(1− F )(d/F + 1)dF −∫ 1

0

F dF

∫ 1

0

V dF =1

2(2V −R + 1)− 1

2(1 + V )

=1

2(V −R)

19

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und mit V ar(F ) =1

12erhält man

b(F, V ) =Cov(F, V )

V ar(F )=

1

2(V −R). (60)

Da F und V beide monoton steigen, ist V > R.

In Verbindung mit b(F, G∗) = 6R folgt

V = b(F,V + G∗

6). (61)

Legt man durchV + G∗

6eine Regressionsgerade, so ist ihr Anstieg V .

Sensibilitätseigenschaft von V

Die relative Sensibilität von V in Bezug auf Transfers h an der Stelle x ist

T (x) =1

µ[log F (x− h)− log F (x)] ≈ h

µ· log F (x− h)− log F (x)

h≈ h

µF (x). (62)

d.h. Transfers werden im oberen Bereich der Verteilung am stärksten bewertet (increasingreturns of transfer).

Korrelationsverhältnisse mit V

In Analogie zu (38)-(40) erhält man jetzt

V =ρ(x,− log F )

ρ(x, log F )B∗ (63)

20

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V =

√2k − 1

k − 1· ρ(x,− log F )

ρ(x, F k−1)Pk (64)

V =

√2k − 1

k − 1· ρ(x,− log F )

ρ(x,−F k−1)Mk (65)

21

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5 Beziehungen zwischen B∗ und V

In einem P (k)- und M(k)-Diagramm lassen sich B∗ und V als entsprechende Anfangs-anstiege (32) und (53) deuten. Für eine links-(rechts-)steile Verteilung ist für k ≥ 2Dk = Pk −Mk > (<)0. P (k) liegt über (unter) M(k). Dann ist V > (<)B∗ (vgl. Abb.8).

k

r

r............................

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

..........

...........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

...................................................................................................................................................................................................................................................................

............................

........................................................................................................ .....................................................................................

........................................................................................................ .....................................................................................

..................................................... .......................................................................................................... ............................

..

........

..

........

..

........

..

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

........

...

...............................................................................................................................................................................

......................................

..............................................................................................................................

..................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................

..................................................................................................................................................................................................................................................

.................................................

...........................................

..............................................................

........................................................................................

........................................................................................................................................

..................................................................

....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

1 2 3 4

V

B∗

P ∗(k)

D3

P (k), M(k)

R

R

P (k)

M(k)r

Abbildung 8: P (k) und M(k)-Kurven mit B∗, V und R.

D3 und Dk sind Schiefemaße. Für konvexe (konkave) F , d.h. für fallende (steigende) Dich-ten, ist Dk ≷ 0.

Dk ≷ 0 : V ≷ B∗. (66)

Differenzkurve V −B

V −B =L

F− L

F=

F − L

FF

und somit

V −B =d(F )

FF. (67)

Für eine symmetrische Verteilung ist - vgl. PIESCH (1975, S.87) -

22

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d(F ) = d(F ) (68)

d.h. somit ist auch V −B symmetrisch.

Die Fläche zwischen der De Vergottini-Kurve und der Bonferroni-Kurve ist∫ 1

0

(V −B) dF =

∫ 1

0

d

F FdF = V + B∗. (69)

Zwischen der Differenzkurve und dem Schutzkoeffizienten S = d(Fµ) = längste Lorenz-kurvensehne an der Stelle Fµ besteht folgender Zusammenhang

V (Fµ)−B(Fµ) =d(Fµ)

FµFµ

=S

FµFµ

Damit ist

S = FµFµ[V (Fµ)−B(Fµ)]. (70)

Insbesondere für eine symmetrische Verteilung (Fµ = 12) gilt

V (1

2)−B(

1

2) = 4S. (71)

Der Ordinatenwert der Differenzkurve ist im Mittelpunkt 4S.

Beziehungen zwischen Bonferroni-Kurve und De Vergottini-Kurve

Da wegen L + L = 1

FB + F V = 1 (72)

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ist, lässt sich an jeder Stelle F V aus B ermitteln und umgekehrt:

V =1− FB

Fund B =

1− F V

F.

So ist für eine Rechteckverteilung mit L = F 2: B = F und daraus V = 1 + F .Umgekehrt ergibt sich aus V = 1 + F die Gleichung B = F .

Größenbeziehungen zwischen V und B∗

Nach einigem Umformen erhält man

V −B∗ =

∫ 12

0

F − F

FF[d(F )− d(F )] dF. (73)

Für eine symmetrische Verteilung ist wegen (68)

B∗ = V . (74)

In diesem Fall fallen P (k)- und M(k)-Kurve zusammen. Es ist Pk = Mk. Auch die An-fangsanstiege fallen zusammen (71). Für linkssteile Verteilungen ist d(F ) < d(F ) undsomit V > B∗ (Normalfall).Für rechtssteile Verteilungen (Ausnahme) ist d(F ) > d(F ) und somit V < B∗.

Regressionskoeffizient von V −B

Cov(F, V −B) = Cov(F,d

F F)

=

∫ 1

0

Fd

FFdF −

∫ 1

0

F dF

∫ 1

0

d

F FdF = V − 1

2(V + B∗)

Damit ist

b(F, V −B) = 6(V −B∗) (75)

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Für eine linkssteile (rechtssteile) Verteilung ist der Anstieg positiv (negativ). Abschließendsind die Lagebeziehungen von G∗, L, B und V mit den entsprechenden Flächendeutungenzusammengestellt.

Verläufe von G∗, L, B und V

G∗ = 32

√F

..

......................................

......................................

............

.........

.........

.........

.........

.........

.........

...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

...............................

................................

...............................

................................

....................................

.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

................................................

........................................

.......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

.................................

................................

............................... 1

F

L

B

V

VG∗

0

L = F ·B < B :∫ F

0G∗ dF < FG∗ :

L =∫ 1

FG∗ dF > FG∗ : G∗ < V

B < G∗

L < BB∗

1−R2

Legende:

L,B,G∗,V

Beispiel: RechtssteileDreiecksverteilung

Abbildung 9: Flächendeutung von B∗ und V

Als Lagebeziehung ergibt sich

L < B < G∗ < V (76)

Fläche zwischen B und G∗:

∫ 1

0

(G∗ −B) dF = 1− 1 + B∗ = B∗ (77)

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Fläche zwischen G∗ und V :

∫ 1

0

(V −G∗) dF = 1 + V − 1 = V (78)

Fläche unter B größer als Fläche unter L:

1−B∗ >1 + R

2

B∗2 < R < B∗ <1 + R

2(79)

Beispiel:

Für R = 0, 6 ist 0, 6 < B∗ < 0, 8.Für B∗ = 0, 8 ist 0, 64 < R < 0, 8.

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Übersicht 2: Charakterisierungen von Kurven der Disparitätsmessung

Anfangs- Anfangs- FlächeKurve und und unter der

Endpunkt Endanstieg Kurve

G∗(0) = aµ

= 1− uµ

dG∗dF|F=0 = 1

µ·f(a)

G∗ 1G∗(1) = b

µ= 1 + v

µdG∗dF|F=1 = 1

µ·f(b)

L(0) = 0 aµ

= 1− uµ

L(F ) =

∫ F

0

G∗ du1−R

2L(1) = 1 bµ

= 1 + vµ

B(0) = aµ

= 1− uµ

12µf(a)

B(F ) =L

F1−B∗

B(1) = 1 vµ

V (0) = 1 uµ

V (F ) =L

F1 + V

V (1) = bµ

= 1 + vµ

12µf(b)

NB: Der Anfangsanstieg von G∗ ist doppelt so groß wie der von B. Der Endanstieg vonG∗ ist doppelt so groß wie der von V .

Abschließend sei noch auf eine Arbeit von AABERGE (1986) hingewiesen. Dort wird einSystem von Indices und Kurven entwickelt, die unbenannt und neuentdeckt B∗ und V(auf Seite 5) sowie B und V (auf Seite 11) enthalten.

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6 Beispiele

6.1 Potenzfunktion-Lorenzkurve

Für die Lorenzkurve L = F 1+α (α > 0) folgt G∗ = (1 + α)Fα. (80)

Aus (31) ergibt sich

P (k) =α(k − 1)

k + αmit R = P (2) =

α

2 + αund B∗ =

dP (k)

dk|k=1 =

α

α + 1> R.

Über (51) erhält man V =∞∑

k=2

α(k − 1)

(k + α)k(k − 1)

V =∞∑

k=2

α

k(k + α)=

∞∑

k=2

1

k−

∞∑

k=2

1

k + α=

1

2+

1

3+ ... +

1

1 + α.

Ein anderer Nachweis ist über (69) möglich.

B∗ + V =

∫ 1

0

d

F FdF =

∫ 1

0

1− Fα

1− FdF =

∫ 1

0

(1 + F + ... + F α−1) dF

= 1 +1

2+ ... +

1

α. Aus B∗ = 1− 1

α + 1folgt V =

1

2+ ... +

1

α + 1.

Endergebnis (α = 1, 2, ...):

B = F α V = 1 + F + ... + Fα (81)

B∗ =α

α + 1V =

1

2+ ... +

1

α + 1(82)

28

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Beispiele:

a) Rechteckverteilung in [0, b] α = 1 B∗ = V = 12

b) L = F 3 α = 2 L = F 2, V = 1 + F

B∗ =2

3, V =

1

2+

1

3=

5

6> B∗.

6.2 Rechtssteile Dreiecksverteilung

Hier gilt L = F32 , also G∗ =

3

2

√F. (83)

Damit folgt

P (k) =k − 1

2k + 1, P (1) = 0, P (2) = R =

1

5, P ∗

3 = P =1

7

dP (k)

dk=

3

(2k + 1)2, B∗ =

3

(2k + 1)2|k=1 =

1

3

V −B =d

F F=

1−√F

1− F=

1

1 +√

F, V =

1

1 +√

F+√

F .

V −B fällt, d.h. b(V −B) = 6(V −B∗) < 0, d.h. B∗ > V .

Aus (69) ergibt sich

V + B∗ =

∫ 1

0

1

1 +√

FdF =

∫ 1

0

2u

1 + udu = 2

∫ 1

0

(1− 1

1 + u) du = 2(1− log 2) und daraus

V =5

3− 2 log 2.

29

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Endergebnis:

B =√

F V = 1 +F

1 +√

F(84)

B∗ =1

3V =

5

3− 2 log 2. (85)

6.3 Pareto-Verteilung (α = 2)

Für L = 1−√

1− F oder L =√

F gilt G∗ =1

2√

F. (86)

Dieses Mal ist M(k) von einfacher Form

M(k) =k − 1

2k − 1; R = M(2) =

1

3; (wie bei Spiegellorenzkurve L = F 2)

dM(k)

dk=

1

(2k − 1)2; V =

1

(2k − 1)2|k=1 = 1

1−B∗ =

∫ 1

0

B dF =

∫ 1

0

1

1 +√

FdF = 2− 2 log 2.

Anderer Weg über (23)

B∗ =∞∑

k=2

1

k(2k − 1)=

1

6+

1

15+

1

28+ ... = 2 log 2− 1.

Endergebnis:

B =1

1 +√

FV =

1√F

(87)

30

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B∗ = 2 log 2− 1 V = 1. (88)

6.4 Exponentialverteilung

Ausgangspunkt ist die einfachste Exponentialverteilung mit Dichte f(x) = αe−αx

(α > 0, x ≥ 0

F (x) = 1− e−αx, µ =1

α= σ und daher V = 1.

Also L = F + F log F ; G∗ = − log F (89)

V =

∫ 1

0

d

FdF = −

∫ 1

0

log F dF = 1

V + B∗ =

∫ 1

0

d

F FdF = −

∫ 1

0

log F

FdF =

π2

61

Damit ist B∗ =π2

6− 1.

Direkter Weg: B∗ = −∫ 1

0

F log F

F=

∞∑

k=2

1

k2=

π2

6− 1.

Hierbei wurde∞∑

k=1

1

k2=

π2

6verwendet.

M(k) hat eine einfache Form

1vgl. Handbook of Mathematical Functions (National Bureau of Standards 1965), Formel 4.1.55− ∫ 1

0log(1−x)

x dx = π2

6

31

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M(k) = 1− 1

kmit M(2) = R =

1

2,

dM(k)

dk|k=1 =

1

k2|k=1 = 1 = V

P (k) =1

2+ ... +

1

k, P (2) = R =

1

2.

Weitere Kenngrößen der Exponentialverteilung:

Adaptierte Lorenzkurve ψ(F ) = L + FG∗ = F

Fµ = 1− 1

ed(Fµ) = S =

1

e< R.

Regressionskoeffizienten:

b(F, G∗) = 3; b(F, L) =5

6; b(F, d) =

1

6.

Endergebnis:

B = 1 +F

Flog F ; V = 1− log F (90)

B∗ =π2

6− 1; V = 1 = V (91)

6.5 Einfachste S-förmige Bonferroni-Kurve

B = F − F 2 + F 3 hat einen Wendepunkt bei F =1

3.

L = F 2 − F 3 + F 4 wächst und ist konvex.

32

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∫ 1

0

L dF =1−R

2ergibt R =

13

30.

∫ 1

0

B dF = 1−B∗ =5

12d.h. B∗ =

7

12.

V + B∗ =

∫ 1

0

d(F )

FFdF =

∫ 1

0

(1 + F 2)dF =4

3d.h. V =

3

4.

Endergebnis:

B = F − F 2 + F 3 V = 1 + F + F 3. (92)

B∗ =7

12V =

3

4(93)

P (k) hat die folgende komplizierte Form

P (k) =2(k − 1)(k2 + 3k + 3)

(k + 1)(k + 2)(k + 3)mit R = P (2) =

13

30.

6.6 Rechteckverteilung

Für eine Rechteckverteilung in [0,b] ist

P (k) = M(k) =k − 1

k + 1; R = P (2) =

1

3(94)

Daher ist B∗ = V =dP (k)

dk|k=1 =

2

(k + 1)2|k=1 =

1

2.

Endergebnis:

B = F V = 1 + F (95)

B∗ =1

2V =

1

2(96)

33

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Alle Ergebnisse 6.1.-6.6. sind in Übersicht 3 zusammengefasst.

34

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Übe

rsicht

3:W

ichtigeVerteilu

ngen

mit

B∗un

dV

sowie

B,V

,Pk,M

k

Verteilu

ngB∗

VB

VP

kM

k

Potenzfun

ktion-

Lorenzku

rve

α

α+

1

1 2+

1 3+

...+

1

α+

1F

α1−

Fα+

1

1−

F

α(k−

1)

k+

α

L=

F1+

αα

>0

Rechtssteile

Dreiecksverteilu

ng1 3

5 3−

2lo

g2

√ F1−

F√ F

1−

F

k−

1

2k+

1

L=

F3 2

Paretoverteilu

ng

mit

α=

22

log

2−

11

1−√ F

F

1 √ F

k−

1

2k−

1

L=√ F

Exp

onentialverteilung

π2 6−

11

1+

F Flo

gF

1−

log

F1 2

+1 3

+...+

1 k1−

1 kL

=F

+F

log

F

S-förm

ige

Bon

ferron

ikurve

7 12

3 4F−

F2+

F3

1+

F+

F3

2(k−1

)(k2+

3k+

3)

(k+

1)(

k+

2)(

k+

3)

L=

F2−

F3+

F4

Rechteckv

erteilu

ng1 2

1 2F

1+

Fk−

1

k+

1

k−

1

k+

1L

=F

2

35

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7 Historischer Exkurs (diskreter Fall)Die Lorenzkurve feiert dieses Jahr (2005) ihr 100-jähriges Jubiläum, der Gini-Koeffizientist 90 Jahre alt, der Bonferroni-Index wurde vor 75 Jahren, der De Vergottini-Index vor65 Jahren vorgestellt. Wie GIORGI (1990, 1992, 1993) zusammengestellt hat, gab es bisdahin (1993) etwa 500 wesentliche Beiträge zum Gini-Koeffizienten. Bis heute umfasstdie Literatur zum Gini-Koeffizienten - mit wiederholter Behandlung gleicher Aspekte -mehr als 1000 Literaturstellen. Auf einer Jubiläumstagung - 100 Jahre Lorenz und Gini- vom 23. bis 27. Mai in Siena wird dieser Persönlichkeiten gedacht. Dagegen findet manHinweise zum Bonferroni-Index spärlich und zum De Vergottini-Index selten. Ziel dieserArbeit ist es auch, dieser beiden fast vergessenen Indices zu gedenken.

7.1 Bonferroni-Index

Für der Größe nach geordnete Daten x1 ≤ x2 ≤ ... ≤ xn wird die Untere Mittelwertfunktion

Mui = µLi

Fi

mit Li =x1 + ... + xi

nµFi =

i

n(97)

und die Relative Untere Mittelwertdifferenz

ui =µ−Mui

µ= 1− Li

Fi

=di

Fi

(98)

eingeführt. Dann ist der Bonferroni-Index (1930) die gemittelte Untere Mittelwertdifferenz

B∗ =1

n− 1

n−1∑i=1

ui =1

n− 1

n−1∑i=1

di

Fi

. (99)

Für eine extreme Gleichverteilung ist ui = 0 und B∗ = 0, für eine Ungleichverteilung istui = 1 und B∗ = 1. B∗ ist also normiert

0 ≤ B∗ ≤ 1. (100)

36

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7.2 De Vergottini-Index

Betrachtet man Sekantenanstiege der Lorenzkurve statt vom Anfangspunkt jetzt vomEndpunkt aus, erhält man die Obere Mittelwertfunktion

Moi = µLi

Fi

(101)

sowie die Relative Obere Mittelwertdifferenz

vi =Moi−µ

µ=

Li

Fi

− 1 =di

Fi

. (102)

Der De Vergottini-Index (1940) ist die gemittelte Relative Obere Mittelwertdifferenz

V =1

n− 1

n−1∑i=1

vi. (103)

Da Fiui = Fivi ist, lässt sich B∗ auch auf vi und V auf ui umschreiben

B∗ =1

n− 1

n−1∑i=1

Fi

Fi

vi; V =1

n− 1

n−1∑i=1

Fi

Fi

ui. (104)

Im diskreten Fall kann V normiert werden

V ∗ =

n−1∑i=1

Fi

Fiui

n−1∑i=1

Fi

Fi

=

n−1∑i=1

in−i

ui

nn∑

i=2

1i

. (105)

37

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Die Normierungskonstante besteht aus einer Teilsumme der harmonischen Reihe.

V ∗ ist normiert

0 ≤ V ∗ ≤ 1. (106)

Nachweis:

n−1∑i=1

Fi

Fi

=n−1∑i=1

i

n− 1=

n−1∑i=1

n− j

j= n

n−1∑i=1

1

j− (n− 1) = n

n∑j=2

1

j.

De Vergottini hat einen weiteren Index vorgeschlagen, der durch Mittelung von B∗ undV entsteht.

¯V =B∗ + V

2=

1

2(n− 1)

n−1∑i=1

(ui +Fi

Fi

ui)

¯V =1

n− 1

n−1∑i=1

1

2Fi

ui =1

n− 1

n−1∑i=1

1

2Fi

vi. (107)

¯V ist nicht normiert.

Die normierte Form von ¯V ist jetzt

¯V ∗ =

n−1∑i=1

1n−i

ui

n−1∑i=1

1i

. (108)

7.3 Amato-Indices

Amato (1948) hat einen Index C vorgeschlagen, der R∗ = nn−1

R, B∗, V ∗ und ¯V ∗ als Spe-zialfälle enthält

38

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C =

n−1∑i=1

Piui

n−1∑i=1

Pi

=

n−1∑i=1

PiFi

Fivi

n−1∑i=1

Pi

. (109)

Die Gewichte Pi steigen monoton. Damit erfüllt das Ungleichheitsmaß C das Transferkrite-rium. Die wichtigsten Spezialfälle des Amato-Index sind in Übersicht 4 zusammengefasst.

Übersicht 4:Wichtige Amato-Indices und ihre Gewichte

Gewicht Pi Amato-Index1 B∗

Fi R∗

Fi/Fi V ∗

1/Fi¯V∗

Normierter Gini-Koeffizient R∗

C =

n−1∑i=1

Fidi

Fi

n−1∑i=1

Fi

=

n−1∑i=1

di

n− 1= R∗.

Für di = 0 ist R∗ = 0, für di =i

nist R∗ = 1.

Im diskreten Fall gilt - anders als im stetigen Fall, in dem V nicht normiert werden kann- die Beziehung

V ∗ ≤ R∗ ≤ B∗. (110)

Dieses Ergebnis folgt aus einem Satz von HERZEL (1971) über gewogene arithmetischeMittel.

39

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