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AUTOMATISIERUNG VON SERVICEPROZESSEN Wenn Roboter mitdenken Seite 6 Back to the Bots Seite 26 Services intelligent steuern Seite 16 OPERATIONS PERFORMANCE MANAGEMENT ROBOSHORING HORVÁTH DIRECTIONS MAGAZIN FÜR WEGWEISENDE UNTERNEHMENSSTEUERUNG UND PERFORMANCEOPTIMIERUNG 02 2017 www.horvath-partners.com directions by Horváth & Partners IMPRESSUM Herausgeber: Deutschland: Horváth AG, Phoenixbau, Königstr. 5, 70173 Stuttgart, +49 711 66919-0 Österreich: Horváth & Partner Management Consulting GmbH, Galaxy Tower, Praterstr. 31, 1010 Wien, +43 1 5127508-0 Schweiz: Horváth & Partner AG, Seefeldstr. 279A, 8008 Zürich, +41 44 42123-00 Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Michael Kieninger Projektleitung: Katja Bonsels und Oliver Weber Layout & Realisierung: Beaufort 8 GmbH Redaktion: Publik. Agentur für Kommunikation GmbH Redaktionelle Mitarbeit: Jana Schuppel Copyright: ©2017 Horváth & Partners Nachdruck und Verwendung nur mit Genehmigung Kontakt: [email protected], +49 711 66919-3301 Hinweis: Redaktionelle Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Bildnachweise: iStock.com johnkellerman, iStock.com PhonlamaiPhoto, iStock.com lizuishan, iStock.com 3alexd, iStock.com ozandogan, iStock.com serdjophoto, iStock.com monstArrr_, iStock.com blackred, iStock.com simonkr, iStock.com Bliznetsov, Juice Images Offset.com, Colin Anderson Blend Offset.com, Anna Huber Westend61 Offset.com, gettyimages.com Westend61, gettyimages.com Monty Rakusen, acatech C. Rieken

HORVÁTH DIRECTIONS - horvath-partners.com · Statt klassischer Fließbandarbeit übernehmen die Beschäftigten anspruchsvollere Tätigkeiten und kommen als Experten für Automationstechnik,

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A U T O M A T I S I E R U N G V O NS E R V I C E P R O Z E S S E N

Wenn Roboter mitdenken Seite 6

Back to the BotsSeite 26

Services intelligent steuern Seite 16

O P E R A T I O N S P E R F O R M A N C E M A N A G E M E N T

R O B O S H O R I N G

HORVÁTH DIRECTIONSMAGAZIN FÜR WEGWEISENDE UNTERNEHMENSS TEUERUNG UND PERFORMANCEOPT IMIERUNG

02 2017www.horvath-partners.com directions by Horváth & Partners

IMPRESSUM

Herausgeber: Deutschland: Horváth AG, Phoenixbau, Königstr. 5,

70173 Stuttgart, +49 711 66919 -0

Österreich: Horváth & Partner Management Consulting GmbH,

Galaxy Tower, Praterstr. 31, 1010 Wien, +43 1 5127508 - 0

Schweiz: Horváth & Partner AG, Seefeldstr. 279A, 8008 Zürich,

+41 44 42123-00

Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Michael Kieninger

Projektleitung: Katja Bonsels und Oliver Weber

Layout & Realisierung: Beaufort 8 GmbH

Redaktion: Publik. Agentur für Kommunikation GmbH

Redaktionelle Mitarbeit: Jana Schuppel

Copyright: ©2017 Horváth & Partners Nachdruck und

Verwendung nur mit Genehmigung

Kontakt: [email protected],

+49 711 66919-3301

Hinweis: Redaktionelle Beiträge geben nicht unbedingt die

Meinung des Herausgebers wieder.

Bildnachweise: iStock.com johnkellerman, iStock.com Phonlama iPhoto,

iStock.com lizuishan, iStock.com 3alexd, iStock.com ozandogan,

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blackred, iStock.com simonkr, iStock.com Bliznetsov, Juice Images

Offset.com, Colin Anderson Blend Offset.com, Anna Huber

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INHALTEDITORIAL

kommt nach der menschenleeren Fabrik jetzt die menschenleere Verwaltung, weil Maschinen immer mehr Serviceaufgaben übernehmen? Robotic Process Automation (RPA) gehört zu den Schlüsselbegriffen der nächsten Automatisierungswelle, die nach den Produktionsprozessen nun die administrativen Abläufe erfasst. Zwar haben Roboter die Menschen noch nicht gänzlich aus den Fabriken verdrängt, doch arbeiten dort sehr viel weniger Menschen als früher, und die sind zum Teil hochqualifizierte Spezialisten. Im Zuge von Industrie 4.0 wird aktuell die nächste Stufe der Automatisierung erreicht. Sie verspricht weitere Effizienz- und Qualitätssprünge, ver- ändert aber auch die Zahl und Art der Arbeitsplätze fundamental. Diese Revolution steht nun auch den Service- und Verwaltungsbereichen bevor. Neue digitale Technologien bieten die Chance, administrative Prozesse, etwa in der Buchhaltung, drastisch zu beschleunigen oder vollständig zu automatisieren. Das fördert neue Geschäftsmodelle und sichert bestehende, etwa in der Finanzindustrie. Die Kehrseite der Medaille ist der tiefgreifende Wandel unserer Arbeitswelt. Viele der heutigen Arbeitsplätze wird es künftig nicht mehr geben. Die entstehenden neuen Jobs werden andere Qualifikationen erfordern und den Verlust der „alten“ nicht kompensieren. So gehört die soziale Verantwortung der Unternehmen zur transformativen Herausforderung der Automatisierung.

Organisationen sind gut beraten, sich frühzeitig mit den Möglichkeiten sowie den Auswirkungen von Robotics in Servicebereichen und -prozessen auseinanderzusetzen. Die vorliegende Ausgabe der Horváth Directions zeigt, wohin die Reise geht, und beleuchtet Risiken und Chancen der neuen Technologien, die sich zum Beispiel mit dem Operations Performance Management steuern lassen. Interviews mit Managerinnen der Deutschen Bank, der Versicherungskammer und von Borealis geben zudem Einblicke in Erfahrungen mit Roboterlösungen und künstlicher Intelligenz. Diese sowie weitere Meinungen und Anregungen finden Sie auch digital unter www.horvath-partners.com directions Viel informatives Lesevergnügen wünscht herzlichIhr

Dr. Michael KieningerSprecher des Vorstands der Horváth AG

Liebe Leserin, lieber Leser,

EDITORIAL

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AUTOMATISIERUNG VON SERVICEPROZESSEN

Wenn Roboter mitdenken STUDIE: EINSATZ VON ROBOTICS IN SERVICEPROZESSEN

INTERVIEW MIT GÜL ABATIN SUN, DEUTSCHE BANK

„Roboter sind Produktivitätstreiber“ OPERATIONS PERFORMANCE MANAGEMENT

Services intelligent steuern INTERVIEW MIT ANJA KRUSEL, BOREALIS

„Wir brauchen eine E-Culture“ CFO-ORGANISATION 4.0

Aufbruch in eine neue Ära INTERVIEW MIT ISABELL A MARTORELL NASSL, VERSICHERUNGSKAMMER

Software mit einem Riecher für Ärger ROBOSHORING

Back to the Bots

STUDIE: BEDEUTUNG VON ROBOTICS

GASTBEITRAG PROF. DR. - ING. DIETER SPATH

Kompetenzen für den Arbeitsplatz der Zukunft

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In Zeiten der Digitalisierung hält der Wettbewerb um den „hybriden Kunden“ auch die Versicherungsbranche in Atem. Versicherer sollten daher

durch eine positive Customer Experience die Kundenbindung und die Hoheit über ihre Kontaktpunkte stärken. Denn jeder Kontakt bietet ihnen die

Chance, Begeisterung zu wecken und die eigene Dienstleistung positiv auf-zuladen. Die Studie „Customer Experience“ von Horváth & Partners und forsa

zeigt, wie Unternehmen neue Vertriebspotenziale erschließen können, indem sie ihren Versicherten im wertschätzenden Dialog einen spürbaren Mehrwert

bieten. Wie die Befragung von mehr als 1.000 Versicherungskunden in Deutsch- land ergab, bleiben bisher noch viele Chancen ungenutzt. Danach wird nicht

einmal die Hälfte der Kunden beim Abschluss einer Versicherung zu ihrer persön- lichen Situation und ihren Zukunftsplänen befragt. Im Schaden- oder Leistungs-

fall spielt das persönliche Befinden nur bei einem Viertel der Kontakte eine Rolle. So fehlen wichtige Informationen, die eine bedarfsgerechte Absicherung und Begeis -

terungsmomente ermöglichen.

Horváth & Partners hat im Juni 2017 eine Tochtergesellschaft für Performanceoptimierungen im Produktionsumfeld gegründet. Die

CONSULT ING Horváth Engineers GmbH in Berlin ist auf die Optimierung der Produktion im digitalen Zeitalter spezialisiert. Das Themenspektrum

reicht von der Strategie über Lean Operations, Lieferantenmanagement und Qualitätsverbesserung bis zum Aufbau von Managementsystemen auf der

Basis von Standards wie ISO oder VDA. Die Berater verfügen über fundiertes Ingenieurs-Know-how und Expertise in der technologienahen Produktions-

beratung. Die Geschäftsführung bilden Martin Münch und Burkhard Dietel – zwei international erfahrene Experten für Produktionsoptimierung und Lieferan-

tenmanagement – sowie die beiden Horváth-Partner Christian Daxböck und Ralf Gaydoul.

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Customer Experience als Vertriebschance

Produktionsberatung im Fokus

Studie

Neue Tochtergesellschaft

Publikation

„Predictive Analytics und Big Data“

Verlässliche Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklungkönnen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

Das von Ronald Gleich herausgegebene Buch zeigt, wiesich mit Predictive Analytics Zusammenhänge und Muster

erkennen lassen. Leser erfahren zudem, wie sie auf dierichtigen Daten zugreifen, um effektiv zu planen und Risiken

zu minimieren.Haufe, 2017, ISBN: 978-3-648-10422-4

Big-Data-Anwendung

Global Business Radar für Entscheider

In mehrjähriger Entwicklungsarbeit haben die Experten des Horváth & Partners Steering Lab ein Instrument geschaffen, das

Entscheidern eine überlegene strategische Sicht auf ihre Märkte, Wettbewerber, Lieferanten und die gesellschaftlichen Entwicklungen

liefert. Der Global Business Radar analysiert in Echtzeit Informatio-nen aus Tausenden von Datenquellen weltweit und ermöglicht es

Unternehmen so, frühzeitig Innovationen, Trends, Risiken oder Events rund um den Globus zu entdecken, diese zu verfolgen sowie strategisch,

taktisch oder operativ darauf zu reagieren. Die Suite stellt unterschied-liche Big-Data-Anwendungen zur Verfügung, die einzeln oder im Komplett-

paket als Software as a Service nutzbar sind.

Mehr zur Global Business Radar Suite unter www.horvath-partners.com BusinessRadar

Mehr zur Studie unter www.horvath-partners.com CXInsurance

Mehr zum Leistungsangebot unter www.consult-ing.de

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WENN ROBOTER MIT- DENKENViele Entscheider haben die Zeichen der Zeit erkannt:

Die Verwaltungs- und Servicebereiche von Unternehmen

können steigende Kundenanforderungen nur dann effizient

erfüllen, wenn sie ihre Prozesse stärker automati sieren.

Ganzheitliche Ansätze sind notwendig, um die neuen Techno-

logien tief in der Unternehmensstruktur zu verankern.

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ensch und Roboter arbeiten in aufeinander abgestimmten Prozessen Hand in Hand, bis das fertige Produkt die Fabrik verlässt – die-se Konstellation ist seit vielen Jahren Alltag in den Fertigungshallen dieser Welt. Robo-

ter und andere computergestützte Systeme sind integrale Be-standteile der automatisierten Produktionsabläufe. Damit geht eine deutliche Erhöhung der Effizienz einher. Die Aufgaben der menschlichen Arbeitskräfte haben sich in modernen Fertigungsli-nien gewandelt: Sie steuern die Produktionsprozesse, erfüllen et-waige Sonderwünsche der Kunden und greifen im Fehlerfall ein, um das Problem zu beheben. Statt klassischer Fließbandarbeit übernehmen die Beschäftigten anspruchsvollere Tätigkeiten und kommen als Experten für Automationstechnik, Robotersteuerung oder Produktionsdesign zum Einsatz. Entsprechend ist auch die Qualifikation der Mitarbeiter inzwischen stärker auf das Zusam-menspiel zwischen Mensch und Maschine ausgerichtet.

ZEIT FÜR VERÄNDERUNG

Im Gegensatz zur hochgradig technisierten Arbeitswelt in der Produktion haben sich die Abläufe und Aufgaben in der kauf-männischen Verwaltung und in den Servicebereichen von Un-ternehmen in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert – trotz der Digitalisierung und einer immer leistungsfähigeren Informationstechnologie. Händische Prozesse dominieren un-verändert, Sachbearbeiter sind mit der manuellen Eingabe von Informationen aus Excel-Listen beschäftigt und Medienbrüche führen dazu, dass Daten redundant erfasst werden müssen. An-ders ausgedrückt: Es besteht noch erhebliches Potenzial, um die Abläufe zu optimieren und effizienter zu arbeiten.

Vor allem in der Dienstleistungsbranche gab es immer wieder Versuche, die Serviceproduktivität zu erhöhen. Entscheider führ-ten neue Plattformen ein und waren zu Investitionen in Auto-mationslösungen bereit. Die Bemühungen hatten allerdings nur wenig Erfolg – aus unterschiedlichen Gründen: Die Komplexität der Prozess- und Produktlandschaften ist immer weiter angestie-gen, die bisherigen Automationstechnologien erreichten nicht

die betriebsnotwendige Stabilität und Wirtschaftlichkeit und die erforderlichen Investitionsvolumina überschritten letztlich die finanziellen Möglichkeiten der Unternehmen. Die Alternative zur Prozessautomation bestand in der Vergangenheit daher häufig darin, bestimmte Arbeitsschritte in Niedriglohnstandorte auszu-lagern und sie dort größtenteils unverändert, aber zu geringeren Lohnkosten auszuführen.

Im Zeitalter der Digitalisierung stößt diese Strategie jedoch an ihre Grenzen. Die digitale Transformation hat die Voraussetzun-gen, unter denen Unternehmen agieren, und die Anforderungen, die an Unternehmen gestellt werden, grundlegend verändert. Der Vorteil einer höheren Effizienz ist nicht mehr die einzige Mo-tivation für Automatisierung. Vielmehr lassen sich die heutigen Kundenerwartungen überhaupt nur mit einem Höchstmaß an Automation erfüllen. Außerdem haben Technologien, die für eine durchgängige Automation von Serviceprozessen unentbehr-lich sind, einen neuen Reifegrad erlangt. Die robotergestützte Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA), das maschinelle Lernen und das Natural Language Processing (NLP), das unter anderem Spracherkennung und das Übersetzen von Texten umfasst, sind nun für breite Anwenderkreise sinnvoll nutzbar und stehen als echte Alternativen für die Bearbeitung von Serviceprozessen vor ihrem flächendeckenden Durchbruch.

ZWISCHEN ANSPRUCH UND WIRKLICHKEIT

Dass der Rückstand in Sachen Prozessautomatisierung in der kaufmännischen Verwaltung und in den Servicebereichen nicht auf den fehlenden Willen der Verantwortlichen zurück-zuführen ist, belegen die beiden Studien „Einsatz von Ro-botics in der Finanzindustrie“ und „Produktionssteuerung in Servicecentern“ von Horváth & Partners. Sie untersuchen die Auswirkungen des Einsatzes von Robotern und künstlicher Intelligenz auf die zukünftige Ausgestaltung von Prozessen – und bringen eine erhebliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ans Licht. „In den meisten Fällen sind sich die Entscheider bewusst, dass ihre Unternehmen den techno-logischen Entwicklungen hinterherhinken, und erkennen die

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M

Viele Entscheider erkennen, dass sich heutige und zu-

künftige Kundenerwartungen nur durch ein Höchstmaß

an Automation erfüllen lassen.

AUTOMATISIERUNG VON SERVICEPROZESSEN

STUFENMODELL DER INTELLIGENTEN PROZESSAUTOMATISIERUNG

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INTEGRIERTER DESK TOPKonsolidierte Daten für konsistente Prozess-durchführung

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2010 HEUTE 2020 2025

Der Fokus der aktuellen Initiativen liegt auf der Prozessautomatisierung durch Bots RPA. Heutige Robotertechnologien führen Prozesse mit strukturierten Daten selbstständig und regelbasiert durch. Künftig kommen Mustererkennung, Predictive

Workflow Management und künstliche Intelligenz dazu.

Quelle: Horváth & Partners 2017

AUTOKORREK TURMustererkennung für Autokorrektur und vorausschauende Steuerung

AUTONOME LÖSUNGENCognitive Computing:Selbstlernende Systeme, die ihre Erfahrung auf neue Anforderungen übertragen

PROZESS-AUTOMATISIERUNGNutzung verschiedener bestehender Anwendun-gen durch Bots RPA zur Überwindung von Medienbrüchen

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nehmen. Sie sollen die Menschen nicht ersetzen, sondern ihnen Kapazitäten für höherwertige Aufgaben verschaffen. Wenn der Eindruck entsteht, dass allein die Maschinen die Abläufe steu-ern, wird kaum Akzeptanz und Mitwirkung zu erwarten sein.

INTEGRIERTES KONZEPT ALS MUSS

Mit der zunehmenden Verbreitung von RPA erreicht die Automa-tisierung von Service- und Kundenprozessen ein neues Niveau und nähert sich den oben beschriebenen Zuständen in den Fer-tigungsindustrien an, wo Roboter bereits viele Arbeitsschritte ausführen. Die Digitalisierung trägt dazu bei, technologische Brüche in den Abläufen zu überwinden. Künftig wird sich die Prozess- und Sachbearbeitung darauf fokussieren, Sonderwün-sche und Ausnahmefälle zu bearbeiten, während die Standard-tätigkeiten von Maschinen übernommen werden.

Um die neuen Möglichkeiten gewinnbringend im Unternehmen einzusetzen, bedarf es eines integrierten Konzepts, das die tech-nischen Neuerungen sinnvoll und stringent in einen Steuerungs-rahmen integriert. Horváth & Partners hat diese Herausforderun-gen in einem Ansatz zum Operations Performance Management 4.0 zusammengefasst, der die Automationsprinzipien aus der Fertigungsindustrie nahtlos auf die Anforderungen und Beson-derheiten digitaler Serviceprozesse überträgt und sie in der Per-formancesteuerung und -optimierung verankert (siehe Artikel

präzise aus unstrukturierten Inhalten relevante Daten generie-ren können. Kurzum: An einer schrittweisen Digitalisierung und Automatisierung führt mittlerweile kein Weg mehr vorbei.

AUF DEM WEG ZUM DIGITALEN UNTERNEHMEN

RPA ist eine Schlüsseltechnologie, wenn der Transformations-prozess vom analogen zum vernetzten, digitalen Unternehmen gelingen soll. „Roboter bieten für die Bearbeitung von Vertriebs-, Service- und Verwaltungsprozessen ein enormes Potenzial“, erklärt Sebastian Ostrowicz. „Prozesse, die zuvor mühsam in ver-teilten Systemen händisch mit hoher Fehleranfälligkeit bearbei-tet wurden, lassen sich nun innerhalb von Sekunden abwickeln.“ Damit Roboter Routineaufgaben im Front- und Backoffice au-tomatisiert übernehmen können, ist nicht einmal zwingend eine Veränderung der IT-Umgebung erforderlich. RPA nutzt die Schnittstellen bestehender Systeme. Auf der Basis von Algo-rithmen erkennen Roboter Auffälligkeiten im Prozess, leiten unabhängig Maßnahmen ein und setzen Vertriebsimpulse. Sie analysieren eingehende Daten, ordnen sie den jeweiligen Vor-gängen zu, identifizieren relevante Fachinhalte und bedienen erforderliche Applikationen.

Allerdings ist der Erfolg der Prozessautomatisierung auch an bestimmte Bedingungen geknüpft: Um die sich bietenden Effizi-enzpotenziale über eine Vielzahl von Prozessen, Produkten und Services hinweg nutzen zu können, muss ein ganzheitlicher An-satz zugrunde liegen. In den Shared Service Centern muss das Zu-sammenspiel zwischen Mensch und Roboter synchronisiert, das Prozess- und Produktdesign standardisiert sowie die Qualifikati-on der Mitarbeiter im Hinblick auf die Bedienung der Roboter ausgebaut werden. Dabei spielt auch die psychologische Kom-ponente eine wichtige Rolle: Das Management sollte die Angst der Beschäftigten vor einer Verdrängung durch Maschinen ernst nehmen und sie von Anfang an über Change-Management- Initiativen in die Pilotprojekte einbinden. Die Mitarbeiter für die Prozessautomatisierung „abzuholen“ bedeutet, ihnen zu vermit-teln, dass die Roboter digitale Assistenten sind, die den mensch-lichen Kollegen unnötige und beschwerliche Arbeiten ab -

Prozesse, die bisher aufwendig per Hand bearbeitet wurden, können Roboter innerhalb von Sekunden abwickeln.

Notwendigkeit, Abläufe zu automatisieren und intelligente Arbeitswelten zu schaffen“, sagt Sebastian Ostrowicz, Principal bei Horváth & Partners.

Ebenso eindeutig wie diese Selbsteinschätzung sind die Erwar-tungen an die Prozessautomatisierung. Insbesondere bei Kun-denverwaltungs- und Finanzprozessen gehen die Entscheider für die kommenden Jahre von durchschnittlichen Effizienzge-winnen zwischen 20 und 30 Prozent aus; in der Spitze errei-chen die Werte sogar bis zu 50 Prozent. Branchenübergreifend erwarten etwa zwei von drei Unternehmen eine hohe bis sehr hohe Relevanz für den zukünftigen Einsatz von Robotern und intelligenten Maschinen. Die Untersuchungen zeigen, dass die automatisierte Bearbeitung von Massenprozessen vor allem für Shared-Service-Center-Organisationen, wie sie beispielsweise in den Bereichen Personal, IT, Finanzen und Operations zu finden sind, von besonderer Bedeutung ist.

KEINE STANDARDS

Ebenso deutlich zeichnet sich das Bild von den Hemmnissen, die der Realisierung von Automationslösungen im Weg stehen: Mehr als 70 Prozent der Befragten haben als Hauptproblem eine mangelnde Prozessstandardisierung ausgemacht, dahinter folgen mit jeweils rund 50 Prozent fehlendes Know-how und der Widerstand der Mitarbeiter. Auffällig sind auch die zum Teil gewaltigen Unterschiede zwischen den verschiedenen Indus- trien und Branchen, was den bisherigen Verbreitungsgrad von Robotertechnologien angeht: Während drei Viertel der Unter-nehmen aus der Finanzdienstleistungsbranche in ersten Pilot-projekten bereits Erfahrungen gesammelt haben oder aktuell solche Projekte umsetzen, plant in der produzierenden Indus-trie nur jedes zweite Unternehmen den Einsatz von Robotern in Serviceprozessen.

Doch der Handlungsdruck für Unternehmen wächst. Die Kos-ten für manuelle Arbeitsschritte, häufige Medienbrüche, lange Prozesslaufzeiten und lückenhafte Informationsquellen steigen. Wer seine Marktposition behaupten will, muss heute schnell und

AUTOMATISIERUNG VON SERVICEPROZESSEN

Entwicklungsstufen wie künstliche Intelligenz und ver- besserte Sprachintegration sind bereits in Reichweite.

auf Seite 16). Eine der Branchen, die den Einsatz von RPA gezielt vorantreiben, ist die Finanzdienstleistungsbranche. Institute im deutschsprachigen Raum forcieren die Vollautomatisierung von Prozessen. Angesichts des steigenden Ertrags- und Kostendrucks infolge niedriger Zinsen sowie strenger Regulierung verheißt der Einsatz von Robotern für Banken nachhaltige Fortschritte bei ihren Bemühungen, den Aufwand zu vermindern. RPA ist effi-zienter als das viele Jahre betriebene Outsourcing (siehe Artikel auf Seite 26). „Der Einsatz eines Softwareroboters kann erhebli-che Kosteneinsparungen erzielen“, betont Sebastian Ostrowicz. „Vor diesem Hintergrund spielen Banken mit dem Gedanken, ausgelagerte Funktionen zurückzuholen. RPA ist vor allem für kundenferne Tätigkeiten von Bedeutung und führt zu erhöhter Prozessgeschwindigkeit sowie verbesserter Servicequalität.“

LERNENDE MASCHINEN

RPA arbeitet exakt und zuverlässig, stößt aber an Grenzen, sobald es um unstrukturierte Daten wie E-Mails oder Briefe sowie um Vorgänge geht, die von definierten Regeln abweichen. Wird die robotergestützte Prozessautomatisierung hingegen durch lernfähige Software ergänzt, können auch unstrukturier-te Daten ins System übertragen werden. Die selbstlernende Software validiert Parameter, lernt permanent hinzu und sig-nalisiert, wenn sie ihre Grenzen erreicht. Weitere wesentliche Entwicklungsstufen sind mit der Einbindung künstlicher Intel-

AUTOMATISIERUNG VON SERVICEPROZESSEN

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STUDIE

ligenz (KI) in die Prozesse und mit einer verbesserten Sprach- integration bereits in Reichweite. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihr volles Potenzial entfalten.

Dass künstliche Intelligenz in immer mehr Bereichen Einzug halten wird, gilt nicht nur unter Fachleuten als ausgemacht. Das Analysehaus IDC beziffert das heutige Volumen der Bran-che auf acht Milliarden Dollar und prognostiziert ein Wachs-tum auf 47 Milliarden Dollar im Jahr 2020. „KI-Systeme arbei-ten wie herkömmliche Computer im binären Code“, erläutert Sebastian Ostrowicz. „Doch sind sie so eingerichtet, dass sie Millionen Berechnungen gleichzeitig ausführen, ihre Arbeit stän-dig evaluieren und in die anstehende Lösung neuer Aufgaben einbeziehen. Die Computer haben sozusagen ein eingebautes Optimierungsprogramm.“ Das Kunsthirn besteht aus Tausenden Computerchips. Aufbau und Anordnung haben sich die Techni-ker bei der Natur abgeschaut. Ähnlich wie Neuronen in einem Gehirn reagieren die Chips aufeinander, geben sich Signale, werden eigenständig aktiv oder passiv. So sammeln sich in den

Steuerungs- und Schaltzentralen der Maschinen riesige Daten-sätze an, mit deren Hilfe die Systeme lernen. Unter Abwägung verschiedenster Parameter treffen sie eigenständig Entscheidun-gen und ahmen den menschlichen Verstand sowie das daraus resultierende Verhalten nach. Angelernt wird die KI-Software durch exemplarische Trainingsmengen. Die Ergebnisse dieser Technologie: mitdenkende Roboter, verkürzte Reaktionszeiten und höhere Kundenzufriedenheit.

Sebastian Ostrowicz

[email protected] Tel. +49 69 2695898-1353

GESCHÄTZTES EINSPARPOTENZIAL DURCH DEN EINSATZ VON ROBOTICS RPA IN

VERSCHIEDENEN UNTERNEHMENSBEREICHEN

LOGISTICS

KUNDENSERVICE

REPORTING

IT TECHNOLOGY

MARKETING

ACCOUNTING

FUNK TIONSSPEZIFISCHES MULTI - FUNK TIONS-SHARED SERVICE CENTER

PROCUREMENT

VERTRIEB

HR-MANAGEMENT

CONTROLLING

Anteil der Befragten in %

EINSATZ VON ROBOTICS IN SERVICEPROZESSENAUTOMATISIERUNG VON SERVICEPROZESSEN

Mehr zur Studie unter www.horvath-partners.com studie–robotics

5 TIPPS FÜR DIE PROZESSAUTOMATISIERUNG

Think big, start smallEin Zielbilddesign dient als „Kompass“ für die Automatisierungsmaßnahmen; in Pilotprozessen kann das Unternehmen erste Erfahrungen mit Robotics sammeln.

Digitale ProzessplattformDie Investition in eine digitale Plattform ist sinnvoll, um sämtliche Prozesstypen integriert zu steuern. Diese durchgängige End-to-End- Prozessbetrachtung erweitert den Handlungs-spielraum.

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Modulare ArchitekturRoboterlösungen entfalten ihr volles Potenzial erst, wenn die Prozessarchitektur gleichzeitig modularisiert und standardi-siert wird.

Integrierte PlanungEine integrierte Steuerung und Planung sämtlicher Arbeitsressourcen gewährleistet die angestrebte Effizienzsteigerung und vermeidet Leerkapazitäten.

Abholen der MitarbeiterWenn die Pilotprozesse aufwendige und unbeliebte Tätigkeiten abbilden, nehmen die Mitarbeiter die Roboter als positive Unterstützung wahr.

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31 – 50 %

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1 – 10 %

geschätztes Einsparpotenzial

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IM ZUGE DER DIGITALISIERUNG BESCHÄFTIGEN SICH ALLE BRANCHEN MIT ROBOTERTECHNOLOGIEN. WIE RELEVANT IST DAS THEMA FÜR BANKEN? SUN Sehr relevant, denn unsere Branche ist traditionell papierlastig und besitzt eine vergleichsweise heterogene IT-Ausstattung. Obwohl sich nahezu alle Banken bereits seit einiger Zeit in Richtung eines höheren Digitalisierungsgrads bewegen, besteht erheblicher Nachholbedarf. Insbesondere weil sich das Kundenverhalten durch die Nutzung digitaler Zugangskanäle massiv verändert, müssen Geschäftsmodelle und die dafür notwendige Infrastruktur grundlegend weiter-entwickelt werden. Mit Roboterlösungen wie Robotic Process Automation stehen nun Technologien zur Verfügung, die eine Automatisierung von Service- und Abwicklungsprozes-sen von der digitalen Schnittstelle zum Kunden bis weit in die Bank-Operations hinein ermöglichen.

WELCHE VORAUSSETZUNGEN BRINGT DIE DEUTSCHE BANK HIERFÜR MIT? SUN Die Deutsche Bank ist bestens vorbereitet. Wir haben bereits vor fast zehn Jahren eine Operations-Plattform etabliert, die für neue Technologien skalierbar ist. Wir wollten damit die dezentralen Backoffice-Einheiten in wenigen Operations Cen-tern bündeln und haben von Anfang an auf eine Prozessopti-mierung sowie eine IT-basierte Workflowlösung gesetzt. Unsere Plattform bietet umfassende Transparenz, sowohl im Hinblick auf die Kunden als auch im Hinblick auf die interne Leistungs-erbringung, sodass wir die Operations sehr effektiv und de fac-to in Echtzeit steuern können. Ein darauf aufbauendes Human Workforce Management ermöglicht eine Produktivitätssteue-rung, bei der wir intraday, also sehr kurzfristig, auf Kapazitäts-schwankungen reagieren können. Durch die zugrunde liegende Prozessarchitektur können wir stufenweise einzelne Services und Prozesse digitalisiert entwickeln und einführen. Das ge-hört für uns bereits zum Tagesgeschäft. WELCHE BEDEUTUNG HAT DAS THEMA ROBOTICS FÜR IHRE ORGANISATION? SUN Wir haben bereits in der Vergangenheit Prozesse au-tomatisiert – zum Teil bis hin zu einer vollständig durchgängi-

gen Auftragsabwicklung. Das hatte allerdings Grenzen, unter anderem weil wir einen Großteil der Aufträge nach wie vor in Papierform oder als unstrukturierte Daten erhalten. Dank des Einsatzes von Onlineformularen, Scanning- und OCR-Texterken-nung steigt allerdings der Anteil strukturierter Daten – und hier kommen die Roboter ins Spiel. Sie erfassen und prüfen diese Daten und übertragen sie in die entsprechenden Kernsysteme. Auf diese Weise können wir vormals manuell durchgeführte Tätigkeiten mit vergleichsweise einfachen Mitteln automati-sieren. Roboter sind damit eine Produktionsressource, die das etablierte Human Workforce Management erweitert, und ein zusätzlicher Produktivitätstreiber, mit dem wir unsere Produkti-onskosten teils signifikant senken. Sie sind aber nur ein Baustein unseres Gesamtansatzes und müssen auch nicht die gesamte Auftragsabwicklung abdecken, sondern können gezielt für einzelne, repetitive Vorgänge eingesetzt werden. WIE SIEHT IHR GESAMTANSATZ IM OPERATIONS MANAGEMENT AUS?

SUN Die Basis bildet eine Produktionsplattform, bestehend aus einer Prozess- und Servicearchitektur sowie einem Work-flowsystem. Damit sind wir den Prinzipien der industriellen Pro-duktion bereits sehr nahe. Darauf aufbauend haben wir ein aus-gefeiltes Performance-Management-System entwickelt, das uns in die Lage versetzt, bei sehr effizienter Leistungserstellung alle vereinbarten Service Level Agreements zu erfüllen. Dabei ist der zielgerichtete Einsatz aller Ressourcen – menschliche Arbeits-kraft, Roboter und Dienstleister – in einem Gesamtoptimum zu steuern. Daher muss das Ressourcenmanagement für die Robo-terintegration weiterentwickelt werden.

WAS SIND DIE ERFOLGSFAKTOREN FÜR„DIGITALE“ OPERATIONS?

SUN Neben den Prozessen und der Plattform ist es de-finitiv die Führung! Unser entscheidender Erfolgsfaktor ist unser Führungssystem, mit dem wir unsere Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter jeden Tag auch im Hinblick auf die Möglichkeiten der Automatisierung begleiten. So versetz-ten wir sie in die Lage, Service weiter zu denken und bei der täglichen Arbeit zu leben.

INTERVIEW MIT GÜL ABATIN SUN, DEUTSCHE BANKINTERVIEW MIT GÜL ABATIN SUN, DEUTSCHE BANK

sind Produktivitätstreiber„ „Roboter

Roboterlösungen bieten der Finanzbranche die Chance auf

einen Quantensprung in der Produktivität. Die Deutsche Bank nutzt diese

neuen Technologien bereits. Im Interview skizziert Gülabatin Sun,

Head of Operations PW&CC der Deutschen Bank, die Bedeutung und die

Erfolgsfaktoren eines effektiven Robotik-Einsatzes.

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Der Ansatz berücksichtigt alle wesentlichen Aufgaben der Dienstleistungserbringung mit dem Ziel, die Anforderung von Kunden und unternehmensinternen Auftraggebern bezüglich der vereinbarten Service Levels zu erfüllen. Dabei geht es so-wohl um den Prozess der Serviceproduktion als auch um dessen Planung und Steuerung. Nach dem Vorbild von Industrie 4.0 passt das Konzept Planungs- und Steuerungsansätze aus der in-dustriellen Produktion an die spezifischen Anforderungen von Dienstleistungseinheiten an. Die neuen technischen Möglich-keiten werden genutzt, um die Erstellung und Steuerung von Services umfassend zu digitalisieren.

Digitale Plattform als virtuelles Fließband

Der digitalen Prozess- und Servicearchitektur kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie ermöglicht es, Produkte, Services, Prozess-schritte, die zugrunde liegende IT sowie die benötigten Kennt-nisse der Mitarbeiter und Einheiten integriert zu betrachten. Sie bildet die Grundlage für die planenden, transaktionalen und steuernden Komponenten von OPM 4.0. Dabei ist die durchgän-gige E2E-Sicht auf die Prozesse entscheidend, um alle notwen-digen Abläufe funktionsübergreifend optimal zu gestalten und

ie Digitalisierung treibt in Unternehmen aller Branchen die Weiterentwicklung der Geschäfts-prozesse voran. Unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ geht die intelligente Vernetzung im produ-zierenden Gewerbe besonders weit. Auch für

die Dienstleistungsproduktion bieten die neuen Technologien enormes Potenzial, sei es in Shared Service Centern für Backof-fice-Prozesse oder in den Operations Centern von Banken und Versicherungen.

Die Industrie als Vorbild

Neue und veränderte Anforderungen von Kunden, die vor dem Hintergrund digitaler Kontaktkanäle oftmals sofortige Reaktio-nen von Servicecentern erwarten, sowie ein steigender Kosten- und Wettbewerbsdruck setzen die Organisationen unter Hand-lungsdruck. Um Dienstleistungen effizienter und effektiver zu erbringen, reichen digitale Technologien allein nicht aus. Es ist darüber hinaus notwendig, die Steuerung der Serviceproduktion umfassend weiterzuentwickeln. Dabei unterstützt das Opera-tions Performance Management 4.0 (OPM 4.0).

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SERVICESINTELLIGENTSTEUERN

Die Übertragung digitaler Technologien und Steuerungsansätze

aus der Industrie ist für Dienstleistungsunternehmen und

-einheiten ein Schlüssel, um ihre Services effizienter und effektiver

zu erbringen. Das Operations Performance Management 4.0

von Horváth & Partners unterstützt die Organisationen dabei.

OPM 4.0 ermöglicht eine effiziente und effektive Dienstleistungs- erbringung im digitalen Zeitalter.

OPERATIONS PERFORMANCE MANAGEMENT OPERATIONS PERFORMANCE MANAGEMENT

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Markus Brenner

[email protected] Tel. +49 711 66919-1231

sie auch aus Kundenperspektive bestmöglich zu digitalisieren. Wie in einem Arbeitsplan der industriellen Produktion werden die Prozessschritte aller beteiligten Einheiten einschließlich der eingesetzten Robotertechnologien in geeigneter Weise beschrie-ben und mit dem jeweils erforderlichen Kompetenzniveau und Zeitbedarf hinterlegt.

Zum Kern von OPM 4.0 gehört es, Prozess- und IT-Architektur mit-einander zu verknüpfen – analog zu etablierten Plattformstrate-gien in der Industrie. Dabei werden relevante, standardisierte Prozessbausteine nach dem „Lego-Prinzip“ als wiederverwend-bare IT-Komponenten in einer integrierten Plattform abgebildet. Sie fungiert als virtuelles Fließband, um beliebige Prozesse, Mit-arbeiter und Kundenanliegen zeitgleich zu bedienen.

Ressourcen und Aufträge im Griff

Zentral ist die umfassende Planung und Steuerung aller Res-sourcen – denn darin liegt der Schlüssel für eine konstant hohe Produktivität. Bei OPM 4.0 werden die zu erstellenden Dienst-leistungsprodukte auf Basis von Mengen im Zeitverlauf und von Zykluszeiten geplant. Mithilfe von rollierender Planung und Flexibilisierungsmöglichkeiten, die sich etwa durch den Einsatz von Robotertechnologien ergeben, lassen sich die benötigten Ressourcen bis zum Start der Produktion an die erwarteten Pro-duktmengen angleichen. Die Feinsteuerung des Ressourcenein-satzes ermöglicht schließlich ein wirksames Produktivitätsma-nagement. Dank neuer, digitaler Technologien lässt sich diese Planungslogik deutlich effektiver umsetzen, etwa durch Predic-tive Planning bei der Prognose der erwarteten Produktmengen.

Die optimale Steuerung der eingehenden Aufträge bildet die Basis der Dienstleistungsproduktion. Dabei unterscheidet OPM 4.0 zwischen Kundenaufträgen und den zur Leistungserbrin-gung notwendigen Produktionsaufträgen und -prozessen. Wäh-

rend aus Kundensicht die Auftragserfüllung innerhalb einer erwarteten Zeit im Vordergrund steht, gilt es aus Sicht der Produktion, auch die Ressourcen wie Mitarbeiter, Roboter und Dienstleister optimal einzusetzen. Die Steuerung beider Aspekte erfolgt mithilfe von Workflowsystemen über die dort hinterlegte intelligente Logik.

Performance steigern, Potenziale heben

Mit einer integrierten Performancesteuerung lassen sich die Potenziale umfassend realisieren. In Echtzeit zurückgemelde-te Daten zum Status von Aufträgen, die in der Regel aus dem Workflowsystem stammen, werden laufend mit Informationen zur Verfügbarkeit und zum Einsatz der Ressourcen abgeglichen. Mithilfe von Process Mining wird die Qualität der definierten Prozesse analysiert und eine kontinuierliche Prozessverbesse-rung institutionalisiert.

Neben den technologischen Möglichkeiten spielen die Men-schen eine erfolgskritische Rolle. Speziell die Führungsebenen müssen den Mehrwert zahlenbasierter Steuerungsunterstützung erkennen, deren Einsatz vorantreiben und die Akzeptanz ihrer Mitarbeiter gewinnen.

Dies lohnt sich, wie eine aktuelle Studie von Horváth & Partners zeigt. Demnach sind die Ansätze von OPM 4.0 zwar für die meis-ten Unternehmen noch Zukunftsmusik, doch einige Dienstleister profitieren bereits spürbar davon. Sie nutzen die Möglichkeiten von OPM 4.0, um ihre Services im digitalen Zeitalter effizienter und effektiver zu erbringen.

Digitale Produktionsplattform; E2E-Prozesse & Arbeitspläne

Kunden- & Produktionsaufträge

Integrierte Kapazitätsplanung

Performancesteuerung & FührungOPM 4.0

WAS VERSPRECHEN SIE SICH VON DER ROBOTERGESTÜTZTEN PROZESSAUTOMATISIERUNG (RPA)?

KRUSEL Ich erwarte in erster Linie eine deutliche Produktivitätssteigerung. Der-zeit wenden wir einen sehr großen Teil un-serer Ressourcen für manuelle Tätigkeiten auf. Einzeln betrachtet handelt es sich da-bei oftmals um Kleinigkeiten, die jedoch in Summe mit einem nicht zu unterschät-zenden Zeitaufwand verbunden sind. Da es bei vielen dieser Aufgaben um struktu-rierte, repetitive Prozesse geht, ließen sie sich auf einfache Weise automatisieren.

WIE KÖNNEN DIE CHANCEN, DIE SICH DURCH RPA ERGEBEN, UMFASSEND GENUTZT WERDEN? KRUSEL Ich glaube, man muss in den Ausbau der eigenen Kompetenzen in-vestieren, sich sozusagen eine ‚in-house capability‘ für RPA schaffen, sowie kon-tinuierlich aktuelle und zukünftige Mög-lichkeiten für den Einsatz von Robotern evaluieren.

VOR WELCHE HERAUSFORDE- RUNGEN STELLEN AUTOMATISIERTE PROZESSE DIE BELEGSCHAFT?

KRUSEL Manche Mitarbeiter haben möglicherweise Angst, durch automa-tisierte Prozesse den Arbeitsplatz zu verlieren. Insofern setzt der Einsatz von RPA natürlich ein gut funktionierendes Change-Management voraus. Außerdem werden sich die benötigten Skills in den einzelnen Funktionen vermutlich verän-dern. Von den Mitarbeitern sind dann zusätzliche beziehungsweise andere Kom-petenzen gefordert. Und schließlich muss natürlich die gesamte Organisation eine E-Culture entwickeln, um die Digitalisie-rung im Unternehmen nicht auf weni-ge Experten zu beschränken.

INTERVIEW MIT ANJA KRUSEL, BOREALIS

RPA BEI DER BOREALIS AG

„Wir brauchen eine E-Culture“

Das Chemieunternehmen Borealis AG will künftig stärker auf

Roboter setzen, um Prozesse im Finanzbereich zu

automatisieren. Drei Fragen an Anja Krusel, Vice President

Group Controlling bei Borealis.

OPERATIONS PERFORMANCE MANAGEMENT

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Um die Potenziale der Digitalisierung auszuschöpfen, müssen sich

die Finanzbereiche neu erfinden. Neben Robotertechnologien

und automatisierten Prozessen ist ein umfassender Wandel der

Organisation gefragt. Der erfolgreiche Aufbruch in die

Ära 4.0 setzt beim CFO und seinen Mitarbeitern grundlegende

Veränderungsbereitschaft voraus.

ie digitale Zukunft hat in der Produktion bereits begonnen. Unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ setzen Fertigungsunternehmen schon seit einigen Jahren auf modernste Informations- und Kommunikationstechnologien, um Maschinen,

Prozesse und Produkte intelligent zu vernetzen. Das zahlt sich aus. Dank der Digitalisierung können sie heute schneller, flexib-ler, individueller und kostengünstiger produzieren. Auch in den Finanzbereichen bieten smarte Lösungen die Chance für eine zu-nehmende Digitalisierung und Automatisierung der Wertschöp-fung. Das ermöglicht dem CFO, die Produktivität, Prozessquali-tät und Compliance seiner Organisation zu erhöhen und dem wachsenden Effizienzdruck gezielt zu begegnen.

Gleichzeitig werden im Finanzbereich wertvolle Ressourcen frei, wenn Robotik-Software mehr und mehr regelbasierte Routinetä-tigkeiten – etwa in der Buchhaltung oder im Reporting – über-nimmt. Diese Kapazitäten stehen in Zukunft für die schnellere und bessere Unternehmenssteuerung zur Verfügung. Darüber hinaus ermöglicht die Digitalisierung durch den Echtzeitzu-griff auf eine stetig wachsende Menge an Daten sowie durch leistungsstarke Advanced-Analytics-Verfahren eine effektivere

Unternehmenssteuerung, weg vom reaktiv-analytischen hin zu einem proaktiv-prognostizierenden Ansatz.

AUTOMATISIERUNG AUF DER AGENDA

CFOs, die diese Chancen erfolgreich nutzen wollen, müssen ihre Organisation umfassend transformieren. Denn die Automatisie-rung, die im Zuge des digitalen Wandels möglich wird, revolu-tioniert die Finanzbereiche in bisher nicht gekanntem Ausmaß. „Außer technologischen Innovationen sind künftig ganz neue Prozesse, Rollen und Kompetenzen gefragt, die den Finanzbe-reich und die Unternehmenssteuerung von Grund auf verän-dern“, betont Kai Grönke, Partner bei Horváth & Partners. Wer die Weichen zu spät stellt, riskiert, aufs Abstellgleis zu geraten.

Dass ein Großteil der Unternehmen Handlungsbedarf sieht, zeigt die aktuelle Studie „Finance Excellence 2020“ von Horváth & Partners. Danach steht bei 91 Prozent der mehr als 120 befragten CFOs die Reorganisation und Automatisierung der Prozesse ganz oben auf der Agenda; für 89 Prozent ist die Automatisierung der Steuerung ein Muss. Entsprechende Optimierungen bei den Prozessen haben bislang aber lediglich

CFO-ORGANISATION 4.0

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CFO-ORGANISATION 4.0

AUFBRUCH IN EINE

NEUE ÄRA

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CFO-ORGANISATION 4.0

42 Prozent der Unternehmen umgesetzt, bei der Steuerung sind es 29 Prozent.

EIN LEITBILD FÜR DIE DIGITALE ZUKUNFT

CFOs stehen damit vor der Frage, wie sie ihre Organisation op-timal für die Ära der Automatisierung aufstellen. „Es empfiehlt sich, ein umfassendes Reengineering-Programm aufzusetzen“, sagt Kai Grönke: „Dieses sollte neben der Digitalisierung der Prozesse weitere Aspekte umfassen. Dazu zählen ein zukunfts-gerichtetes Leitbild für den CFO-Bereich, ein klar definiertes Rol-lenmodell, eine schlanke Organisationsstruktur und der Aufbau zukunftsfähiger Kompetenzen.“

Vielen Finanzchefs fällt es schwer zu beurteilen, wo ihre Orga-nisation in puncto Digitalisierung steht. Eine Positionsbestim-mung ist allerdings die Voraussetzung für eine Neuausrichtung und für die Definition eines entsprechenden Leitbilds. Horváth & Partners hat daher ein Bewertungsradar entwickelt, das den digitalen Reifegrad von Finanzbereichen nach messbaren Kri-terien strukturiert und Unternehmen im Vergleich zueinander einordnet. Auf dieser Basis lassen sich die strategischen Hand-lungsfelder der Transformation priorisieren.

NEUE KOMPETENZEN SIND GEFRAGT

Mit dem digitalen Wandel werden sich die Aufgaben innerhalb der CFO-Organisation radikal verändern. Da das Erzeugen und Bereitstellen von Informationen andere Kenntnisse erfordert als die Nutzung der Daten, werden spezialisierte Rollen entstehen, um die unterschiedlichen Anforderungen optimal zu erfüllen. Während der Mitarbeiter in der Rolle „Governance & Leader- ship“ für die Definition und Einhaltung der Standards, Methoden und Systeme verantwortlich ist, agiert der „Business Partner“ als strategischer Partner für das Management. Die transaktio-nalen Finanztätigkeiten sowie die Prozesse der Datenbeschaf-fung lassen sich in der Rolle „Production“ zusammenfassen, der „Data Scientist“ wiederum extrahiert aus großen Datenmen-gen relevante Informationen und bereitet diese zielgruppenge- recht auf.

Die verschiedenen Rollen sind an kritischen Schaltstellen des Unternehmens verankert, die Datenanalytik bildet einen eigen-ständigen Kompetenzbereich. „Diese Aufgabenteilung ist die Voraussetzung für standardisierte und automatisierte Prozesse, die mehr Effizienz und konstante Qualität ermöglichen“, sagt Kai Grönke. Darüber hinaus stärkt die Differenzierung die Busi-ness-Partner-Funktion, wodurch der Finanzbereich besser zum Unternehmenserfolg beitragen kann.

Um die Anforderungen der spezialisierten Rollen zu erfüllen, be-nötigt die CFO-Organisation künftig neue Kompetenzen. So sind beispielsweise hochqualifizierte Experten gefragt, die fachliche Fragestellungen in Datenmodelle übersetzen und Auswertungs-algorithmen entwickeln können. Controller, die dank Prozess- automation entlastet werden, können sich künftig stärker auf ihre Rolle als Business Partner konzentrieren. Dafür benötigen sie die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit dem Data Scientist und Vertrauen in dessen Methoden, nach wie vor ein tiefes Ver-ständnis des Geschäftsmodells des Unternehmens sowie die Fähigkeit, vorausschauende und umsetzungsorientierte Maß-nahmen zur Performanceoptimierung zu entwickeln.

WANDEL ALS KONSTANTE

Angesichts des umfassenden Umbruchs ist ein begleitendes Change-Management unumgänglich. Soll der Aufbruch in die Ära 4.0 gelingen, müssen alle Mitarbeiter eingebunden werden und ein „digitales Mindset“ entwickeln. „Funktionieren kann die Digitalisierung nur, wenn der Wandel tief im Kern der Organi-sation verankert ist“, betont Kai Grönke. Von der Veränderungs-bereitschaft seiner Mannschaft wird es letztlich abhängen, wie schnell der CFO die digitale Transformation umsetzen kann.

Kai Grönke [email protected] Tel. +49 211 577908-1269

Nur wenn der Wandel im Kern der Organisation verankert ist, kann die Digitalisierung und Automa-tisierung des CFO-Bereichs gelingen.

HERAUSFORDERUNGEN UND MASSNAHMEN IM CFO-BEREICH

CFO-ORGANISATION 4.0

Systemlandschaften standardisieren

Prozesse reorganisieren und automatisieren

Ergebnis durch Kostensenkung optimieren

Steuerung automatisieren

Business Partner weiterentwickeln

Mitarbeiter weiterbilden

Steuerung proaktiv-prognostizierend gestalten

Integrierte Steuerungslogik umsetzen

Starke, zentrale Governance umsetzen

Datenanalytik organisatorisch verankern

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89 %

89 %

87 %

85 %

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66 %

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Mehr zur Studie unter www.horvath-partners.com studie–FinEx2020

Bedeutung realisierter Status quo

Quelle: Studie Finance Excellence 2020: Digitalisierung im CFO-Bereich

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Bei der Versicherungskammer erkennt die intelligente Software Watson,

ob Kunden verärgert sind. Seit 2016 liest das IBM-System dafür Tausende

von Schreiben pro Tag. Der Konzern setzt somit als einer der ersten deut-

schen Versicherer auf künstliche Intelligenz. Im Gespräch berichtet Isabella

Martorell Nassl, Bereichsleiterin Betrieb bei der Versicherungskammer,

wie das Unternehmen das kognitive System eingeführt und die Mitarbeiter

davon überzeugt hat.

WARUM HAT SICH DIE VERSICHERUNGS-KAMMER FÜR DEN EINSATZ VON KOGNITIVEN DIENSTEN ENTSCHIEDEN? MARTORELL NASSL Wie für jedes Versicherungsunternehmen ist es für uns zunächst einmal äußerst wichtig, unsere Daten sehr genau zu kennen. Je besser wir die Bedürfnisse unserer Kunden aus den Daten herauslesen, desto gezielter können wir auf die Kunden eingehen. Zudem ist die Versicherungskam-mer ein wachsendes Unternehmen mit einem stetig steigenden Beitragsvolumen. Folglich sind wir ständig auf der Suche nach Prozessoptimierungen. Um das zusätzliche Volumen effizient bewältigen zu können, müssen wir Abläufe automatisieren. So sind wir auf das kognitive System Watson gestoßen. Als wir uns intensiver mit der Technologie beschäftigt haben, dachten wir: „Das würden wir gerne auch bei uns ausprobieren!“

IN WELCHEN PROZESSEN SETZEN SIE KÜNSTLICHE INTELLIGENZ EIN UND WELCHE VORTEILE ERZIELEN SIE DAMIT?

MARTORELL NASSL Wir nutzen kognitive Systeme, um Unmut und Angebotswünsche unserer Kunden zu erkennen. Uns errei-chen täglich etwa 20.000 Schreiben. Diese werden gescannt, di-gitalisiert und registriert. Im Anschluss prüfen wir mithilfe kogni-tiver Systeme, ob diese Dokumente eine Unmutsäußerung oder einen Angebotswunsch enthalten. Wenn ja, kennzeichnen wir sie explizit und leiten sie automatisiert an die zuständigen Mit-arbeiter weiter. Auf diese Weise handeln wir gezielter, optimie-ren unseren Service und steigern so die Zufriedenheit unserer Kunden. Darüber hinaus schaffen kognitive Systeme Freiräume für unsere Sachbearbeiter, die dann mehr Zeit für individuelle Themen haben – ganz nach dem Motto: „Individualisierung im Zeitalter der Automatisierung“. WIE HABEN SIE IHRE BESTEHENDEN PROZESSE AUF WATSON ANGEPASST?

MARTORELL NASSL Da muss ich ein wenig ausholen. Um he-rauszufinden, ob Watson überhaupt so funktioniert, wie wir uns das vorstellen, haben wir bereits 2015 mit IBM und der Hoch-schule für angewandte Wissenschaften in München ein Pilotpro-jekt aufgesetzt. Es war so erfolgreich, dass wir dafür sogar als digitaler Vordenker in der Versicherungswirtschaft ausgezeich-net wurden. Also haben wir im März 2016 mit der Umsetzung begonnen und konnten nach einer neunmonatigen Vorberei-tungszeit live gehen. Bei der Konfiguration des Systems lag ein spezieller Fokus darauf, dass es mit unseren bereits bestehenden Systemen kommunizieren kann. Außerdem haben wir die Folge-prozesse unter die Lupe genommen und diese relativ zügig mit eigenen Mitarbeitern angepasst und optimiert. WIE HABEN SIE DAS SYSTEM AUF SEINE AUFGABEN VORBEREITET?

MARTORELL NASSL Wissen Sie, wie ein kognitives System lernt? Wir vergleichen es immer mit einem dreijährigen Kind. Das kann schon die Basics, aber wir müssen es noch in die Schule und idealerweise irgendwann auch auf die Uni schi-cken. Wir haben den Lernprozess mit einigen Schreiben gestar-tet und Watson in einem Kreislauf beigebracht, diese zu lesen und zu verstehen. Dazu haben Sachbearbeiter zunächst etwa 1.000 Dokumente klassifiziert und in das System überführt. Danach wurde überprüft, was Watson erkennt, im Anschluss daran haben wir manuell nachjustiert. Am Ende des Projekts

hatten wir das System mit rund 40.000 Dokumenten gefüt-tert – mit denen Watson weiterhin lernt. Im Moment befin-det er sich sozusagen im Azubi-Stadium, aber wir sind schon kurz davor, ein Bachelor-Studium draufzusatteln. WAS WAR DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG BEI DEM PROJEKT?

MARTORELL NASSL Wie das immer so ist mit neuen Dingen: Sie müssen natürlich erst einmal die Menschen überzeugen. Da-für ist es unerlässlich, die Mitarbeiter sowie das Management von Anfang an mitzunehmen und Ängste abzubauen. Das war die größte Herausforderung, die wir letztlich mit offener Kommu-nikation und einer sehr transparenten Vorgehensweise gemeis-tert haben. IN WELCHEN BEREICHEN SEHEN SIE KÜNFTIGE EIN-SATZMÖGLICHKEITEN FÜR KOGNITIVE SYSTEME?

MARTORELL NASSL Das ist eine schwierige Frage. Wir haben so gute Erfahrungen mit dem Thema gemacht, dass wir uns na-türlich weiter damit beschäftigen werden. Im Moment denken wir über viele Anwendungsgebiete nach. Ich kann mir zum Bei-spiel sehr gut vorstellen, dass wir unser Wissensmanagement mit kognitiven Systemen verstärken werden. Das ist aber nur eine erste Überlegung. Wir befinden uns gerade in einer Start-up-Phase, in der wir erst mal sammeln, bewerten und uns dann entscheiden.

WIE WIRD KÜNSTLICHE INTELLIGENZ DIE VER-SICHERUNGSBRANCHE VERÄNDERN UND WAS KÖNNTE IHRER MEINUNG NACH DIE NÄCHSTE ENTWICKLUNGSSTUFE SEIN?

MARTORELL NASSL Ich persönlich glaube, dass kognitive Sys-teme und künstliche Intelligenz überall da eingesetzt werden können, wo große Mengen an unstrukturierten Daten vorliegen, die einen hohen Lese- und Auswertungsaufwand beinhalten. Das kann zum Beispiel im Rahmen von Handlungsempfehlun-gen für Experten geschehen. Unterstützt durch künstliche Intel-ligenz wären Fachleute schneller und mit einer geringeren Einar-beitungszeit in der Lage, Empfehlungen zu geben. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass uns das Thema Sprache künftig noch begegnen wird. Bei der Versicherungskammer beschäfti-gen wir uns bereits in Ansätzen damit, wie kognitive Fähigkeiten in die Sprache eingebaut werden können.

Mehr Informationen zur Versicherungskammer unter www.vkb.de

INTERVIEW MIT ISABELL A MARTORELL NASSL, VERSICHERUNGSKAMMER

SOFT WARE MIT EINEM RIECHER FÜR ÄRGER

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eit Mitte der 1990er-Jahre gilt das Bündeln und Verlagern von Produktions-, Verwaltungs- und Serviceaufgaben im nahen oder fernen Ausland (Nearshoring bzw. Farshoring) als eine der wirksams-ten Strategien, um Personalkosten zu senken. Zehn-

tausende Arbeitsplätze wurden bislang aus den deutschsprachi-gen Ländern an kostengünstigere Standorte verlagert; zunächst hauptsächlich aus der Produktion, seit der Jahrtausendwende auch zunehmend aus dem Verwaltungsbereich. Wesentliches Ziel ist die Nutzung der niedrigeren Faktorkosten.

Im Allgemeinen werden administrative Aufgaben in Shared Ser-vice Centern (SSC) gebündelt und diese teils im Ausland auf-gebaut. Als einer der ersten DAX-Konzerne verlagerte beispiels-weise der Konsumgüterhersteller Henkel Anfang des letzten Jahrzehnts viele Verwaltungsprozesse ins Ausland und betreibt heute mehrere Shared Service Center rund um den Globus.

Automatisierung mit viel Potenzial

Mit Blick auf die Faktorkosten könnte das Offshoring bald an Attraktivität verlieren. Im Zuge von Automatisierung und Industrie 4.0 muss die Wirkung des Lohnkostengefälles (Labour Arbitrage) in Asien oder Osteuropa im Vergleich zu Hochlohnländern wie Deutschland, Österreich oder der Schweiz neu bewertet werden. Denn die Kostensenkungen, die sich mit Effizienzsteigerungen aus Automatisierung erzielen lassen, schmälern den Effekt aus der Lohnkostenarbitrage.

Profitieren können vor allem Bereiche mit hohem Digitalisie-rungspotenzial und stark regelbasierten Prozessen. Hier ist es relativ einfach, transaktionale Handlungsschritte von Menschen auf Softwareroboter zu übertragen. Dazu gehören viele opera-tive Tätigkeiten in Dienstleistungsunternehmen sowie Backof-fice-Prozesse in allen Branchen. Interessante Anwendungsfelder

BACK TO

THE BOTS

Roboter machen’s möglich: Prozesse, die für die Hochlohnstandorte

Deutschland, Österreich und Schweiz lange als zu teuer galten,

werden vermehrt aus Niedriglohnländern zurückgeholt. Das gilt nicht

nur für die Produktion, sondern auch zunehmend für repetitive Ver-

waltungsaufgaben in Shared Service Centern. Für Unternehmen bietet

dieses „Roboshoring“ eine interessante Alternative zum Offshoring.

S

ROBOSHORING ROBOSHORING

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bieten sich insbesondere für Unternehmen, die in den vergange-nen Jahren administrative Aufgaben im Einkauf, Personal- und Rechnungswesen standardisiert haben. Typisch sind hier trans-aktionale Prozesse (z. B. Procure to Pay) oder auch Prozesse der Datenpflege (z. B. Stammdaten). „Die Unternehmen erwarten durch den Einsatz von Robotics erhebliche Einsparungen. In ei-ner aktuellen Befragung von Horváth & Partners schätzen die Entscheider das Einsparpotenzial im Mittel auf rund 30 Prozent und in der Spitze sogar auf bis zu 50 Prozent“, sagt Kai Essiger, Partner und Global Head of Process Management bei Horváth & Partners.

Mensch und Maschine Hand in Hand

Der Einsatz von automatisierten Systemen unterstützt eine einheitliche Prozessausführung und erhöht dabei die Qualität. „Es hat sich unter anderem bewährt, eine zentrale Governance, also einen einheitlichen rechtlichen und faktischen Ordnungs-rahmen, für Bereiche wie IT oder Datenschutz einzuführen. Vor allem sind aber auch die Zuständigkeiten und Verantwortlichkei-ten für Prozesse und Ergebnisse zu regeln“, erklärt Essiger. „Das Gesamtsystem aus Menschen und Maschinen erfordert eine ganzheitliche Ressourcensteuerung. Denn auch Bots sind in Vor-gänge eingebunden, die sich nicht durchgängig automatisieren und in einen 24-Stunden-Betrieb eingliedern lassen.“ Für einen effizienten Betrieb müssen daher alle vor- und nachgelagerten Prozesse auf den Robotereinsatz abgestimmt werden. Sowohl

in der Gestaltung und Strukturierung von SSC als auch bei Au-tomatisierungslösungen können Unternehmen auf umfassende Unterstützung zurückgreifen, um eine effiziente Ressourcensteu-erung für den robotergestützten SSC-Betrieb in ihrer Organisati-on zu etablieren.

Der Bot hat die Nase vorn

Roboshoring – also die Einführung automatisierter Prozesse – kann auch Shared-Service-Organisationen stark unterstützen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch den Einsatz von RPA bei repetitiven Serviceprozessen können Unternehmen eine deutli-che Effizienzsteigerung erzielen. Neben dem offensichtlichen Personalkostenvorteil zahlt sich auch die minimale Fehlerrate der Maschinen aus, die Arbeitslast wird durch die 24 7-Verfüg-barkeit optimal verteilt und die Tätigkeiten können lückenlos dokumentiert und auditiert werden. Gerade im Vergleich mit humanbasierten Prozessen in typischen Offshore-Ländern wie Indien kommen die Vorteile von RPA zum Tragen, da die Etablie-rung standardisierter Abläufe unterstützt wird. Oftmals besteht das Risiko von Kommunikationsproblemen aufgrund von Sprach-barrieren und ebenso – zum Beispiel bei SSC in Fernost – be-einträchtigt der Zeitunterschied reibungslose Abläufe. Unterm Strich kann all dies zu Qualitätseinbußen führen, die durch den Robotereinsatz vermindert werden.

Die Potenziale von RPA sind nicht nur für Unternehmen inte-ressant, die eine Effizienzsteigerung in ihren Shared Service Centern beabsichtigen, sondern auch für Firmen, die ihre admi-nistrativen Aufgaben bislang noch nicht gebündelt und verla-gert haben. „Unternehmen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein SSC im Ausland zu errichten, sollten vor einer Entscheidung die Möglichkeiten der Automatisierung prüfen“, betont Essiger. Viele Prozesse – seien sie lokal oder in SSC organisiert – kön-nen dank der hohen Effizienz der Roboter bei entsprechender Vorbereitung (z. B. Optimierung, Bündelung, Governance) ge-gebenenfalls ebenso im Inland wettbewerbsfähig bearbeitet werden.

Kai Essiger [email protected] Tel. +49 89 544625-1493

Bei der Bearbeitung von repetitiven Prozessen im Be- reich von Shared Services ermöglichen Bots eine enorme Effizienzsteigerung.

ROBOSHORING

STUDIE

BEDEUTUNG VON ROBOTICS

ERWARTETE BEDEUTUNG DER AUTOMATISIERUNG MIT ROBOTICS RPA IN VERSCHIEDENEN

FUNK TIONSBEREICHEN UND PROZESSEN

Mehr zur Studie unter www.horvath-partners.com studie–robotics

69 %

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45 %

45 %

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KUNDENSERVICE

ACCOUNTING

LOGISTICS

REPORTING

FUNK TIONSSPEZIFISCHES MULTI -FUNK TIONS-SHARED SERVICE CENTER

IT TECHNOLOGY

VERTRIEB

CONTROLLING

PROCUREMENT

HR-MANAGEMENT

MARKETING

SONSTIGE

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Die vierte industrielle Revolution verändert nicht nur die Produktion und die Geschäftsmodelle von Unter-nehmen, sondern auch die Arbeitswelt insgesamt. Lernende Maschinen, veränderte Vertriebswege so-wie eine integrierte Logistik stellen neue Anforderun-gen an die Arbeitsorganisation und die Menschen: Mit Unterstützung digitaler Helfer steuern Beschäf-tigte heute immer komplexere Prozesse. Sie müssen lernen, diese zu erfassen, nachzuvollziehen und in flexiblen Teams zu orchestrieren. Unternehmensfüh-rungen und Personalverantwortliche sollten diesen Wandel als Change-Manager unterstützen. Nicht nur im Bereich der industriellen Fertigung über-nehmen Maschinen künftig immer mehr Aufgaben, auch der Dienstleistungssektor und die Verwaltung werden durch die Automatisierung neu interpretiert. Wo heute Formulare noch häufig per Hand ausge-füllt, digitalisiert, wieder ausgedruckt und weiterbe-arbeitet werden, übernehmen künftig intelligente ver-netzte Systeme viele dieser Arbeitsschritte. So fallen insbesondere in dem Bereich, den wir hierzulande als Sachbearbeitung bezeichnen, viele Tätigkeiten weg. Zugleich entstehen selbstbestimmtere, qualifizierte-

re und besser bezahlte Jobs. Denn: Im Zentrum der Einführung neuer Technologien und einer vernetzten Produktion stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Urteilsfähigkeit, ihrer Kreativität und ihrem Erfahrungsschatz. Eine Personalentwicklung, die dies unterstützt, stärkt gute, selbstbestimmte Arbeit.

DURCH WEITERBILDUNG INDIE INDUSTRIE 4.0

In dem von acatech koordinierten HR-Kreis haben Personalvorstände sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersucht, wie Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen von der Digitalisierung profitieren können. Ein Ergebnis: Innerhalb der Un-ternehmen sind Fort- und Weiterbildungen Kernanlie-gen und Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Aufbruch in die Industrie 4.0. Unternehmen sollten die Selbstbestimmtheit und die Flexibilität ihrer Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter fördern und ihnen neue Aufgaben zutrauen. Dazu sind regulatorische Freiräume für innerbetriebliche Experimentierzonen wünschenswert – sowohl vonseiten des Gesetzgebers als auch innerhalb der Unternehmen.

Für das Kompetenzmanagement gilt ebenso wie für die Umsetzung neuer Produkte oder die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle: Die Entscheider in den Unternehmen müssen ein Verständnis für die disruptiven Veränderungen entfalten, die der digitale Wandel mit sich bringt. Aus diesem Verständnis he-raus können sie Strategien und Maßnahmen für die Kompetenzentwicklung der Beschäftigten ableiten. Im Zentrum der Fort- und Weiterbildungen stehen neben IT-Kompetenzen auch die Datenauswertung und -analyse oder das bereichsübergreifende Pro-zess-Know-how und -management. Immer wichtiger werden auch Soft Skills, die das zunehmend flexible, Sprach- und Kulturgrenzen überschreitende Arbeiten in wechselnden Teams erfordert.

VON GETRIEBENEN ZU TREIBERN

Um in der Plattform-Ökonomie erfolgreich zu sein, müssen Start-ups, Mittelständler und große Unter-nehmen viel stärker kooperieren als bisher. Das gilt auch für den Bereich der Qualifizierung, in dem ins-besondere kleinere und mittlere Unternehmen Un-terstützung benötigen. Andernfalls, so warnt unsere Kompetenzentwicklungsstudie, droht eine doppelte digitale Kluft: zum einen zwischen hoch- und nied-rigqualifizierten Beschäftigten und zum anderen zwi-schen großen, mittleren und kleinen Unternehmen.

Angesichts der sich dynamisch ändernden, vernetz-ten Arbeit wird es eine der größten Herausforderun-gen für alle Unternehmen sein, individuelle Quali-fikationsbedarfe ihrer Belegschaften zu definieren. Auf dieser Basis können sie passgenaue Qualifizie-rungsformate entwickeln. Außerdem gilt es, flexible Arbeitsformen zu erproben und „smarte“ Talente aus aller Welt anzuziehen. So werden Unternehmen von Getriebenen zu Treibern disruptiver Innovationen und legen die Basis für ihr künftiges Wachstum. Kurz-fristig müssen sie viel investieren; doch mittelfristig können sie neue, margenstarke Märkte erschließen, wenn sie – ausgehend von ihren klassischen Ge-schäftsmodellen – neuartige Pakete aus Produkten und Dienstleistungen anbieten.

GASTBEITRAG

Die Digitalisierung hat einen Transformationsprozess eingeleitet, der

immer schneller an Fahrt aufnimmt. Unternehmen sollten diese Entwick-

lung weder unterschätzen noch zögerlich angehen. Doch so groß die

Herausforderungen auch sind: Unternehmen in Deutschland begreifen den

digitalen Wandel überwiegend als Chance.

KOMPETENZEN FÜR DEN ARBEITSPL ATZ DER ZUKUNFT VON PROF. DR . - ING . D IETER SPATH

Unternehmen sollten die Selbst- bestimmtheit und die Flexi- bilität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern und ihnen neue Aufgaben zutrauen.

PROF. DR . - ING . D IETER SPATH ist seit Februar 2017 Präsident von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Er leitet unter anderem das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation und er-forscht die Auswirkungen digitaler Trans- formationsprozesse auf Arbeit. Als ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Wittenstein SE sam- melte der Arbeitswissenschaftler Erfahrungen in der digitalen Transformation im Mittelstand.F o t o : a ca t e c h C . R i e ken

GASTBEITRAG

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