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Me god – you bad … oder die Dialektik der Fastenzeit Fastenzeit heißt Verzicht, so die immer noch weitverbreitete Meinung zu der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern. Also: Ich erreiche ein bestimmtes Ziel, indem ich bestimmte Dinge weg- oder unterlasse. Geht man davon aus, dass wir in der Regel zu viel des „Guten“ haben, sicher kein schlechter Gedanke. Interessant wird das Ganze allerdings, wenn davon die Rede ist, dass die Kirche an bestimmten Stellen „zu viel“ hat. Nein, gemeint ist jetzt nicht eine Reform der Strukturen, ein Überhang an bestimmten Posten oder Ähnliches. Gemeint ist: Es gibt einen eindeutigen Überhang an Frommen in unserer Landeskirche und das ist auf Dauer nicht gesund. Keine Sorge, ich befinde mich nicht in einem Fasten-Delirium und weiß deshalb nicht mehr, wovon ich rede. Nein, das steht – natürlich ausführlicher – in einer Pressemitteilung der Offenen Kirche (OK) zum Beginn der Fastenzeit. Es geht, wie gesagt, um die Frommen im Lande, die OK redet hier lieber von „Evangelikalen“. Sie haben, so die OK, zu viel Einfluss, zu viel Macht (und wollen noch mehr), zu viel Geld. Und, sie saugen Geld und Personal aus wichtigen kirchlichen Bereichen, um ihr evangelikales Bild von der Kirche durchzudrücken. Da kommt die Fastenzeit wohl genau richtig, um zu fordern, dass endlich Schluss ist damit, dass „gezielt theologische Inhalte eliminiert [werden], die auf einer zeitgemäßen liberalen und aufgeklärten volkskirchlichen Theologie basieren.“ Abgewatscht werden dann auch noch „die konservative Synodalmehrheit", Universitätsinstitute und „evangelikale Parallelstrukturen“. Täuscht der Eindruck oder wird hier ein nicht unerheblicher Teil der Kirchenmitglieder unter Generalverdacht gestellt? Wird der Begriff „Evangelikale“ hier vielleicht zum Feigenblatt, um unliebsame Mitesser loszuwerden. Ein Schelm, wer so etwas denkt! Nein, ich glaube, die OK will die Kirche verschlanken, um, ja, um was …? Um ihren Einfluss, ihre Macht, ihr Geld zu sichern? Nein, so dreist ist die Offene Kirche wohl nicht, wenn es um ihre Strategie geht. Aber was dann? Feindbilder. Ich denke, da sitzt der „evangelikale Hase“ zwischen den Chilischoten der OK. Denn wenn die Denke lautet: Ich / Wir sind gut, habe(n) die richtigen Ziele, setze(n) die richtigen Mittel ein, nur es klappt nicht so, wie es soll, dann muss in der Regel schnell einer her, der daran schuld ist. „Me god – you bad“. Gut, dass es die Evangelikalen gibt! Mit zeitgemäßer, liberaler und aufgeklärter Denkweise hat das allerdings wenig zu tun. Eher mit dem eigenen Mangel an Intuition, Innovation, Vision, Liberalität und Aufgeklärtheit. Zudem: „Eine Verteidigung der Aufklärung kann ... nur im Geiste der Aufklärung gelingen, also im Bemühen um sorgfältige Analyse, in der Kritik stereotyper Verallgemeinerungen und in der Bereitschaft zu kommunikativer Auseinandersetzung. Mit anderen Worten: Die Bewahrung der Aufklärung und ihrer Errungenschaften ist nur als Fortsetzung der Aufklärung möglich, die sich auf diese Weise einmal mehr als unvollendet erweist.“ (so der Philosoph Heiner Bielefeldt in einem Artikel der taz vom 2.11.07) Merke, wer sich und seine Ideen als aufgeklärt verkaufen will, sollte so auch so liberal und zeitgemäß sein, sich an ihnen und ihren Auswirkungen messen zu lassen. Und nicht vorschnell an den guten oder schlechten Ideen anderer einen Maßstab anlegen, der nicht eindeutig geklärt ist. Die OK – me god – geht dem lieber aus dem Weg und widmet sich den „Evangelikalen“ (ein Stereotyp) – you bad. Liebe Brüder und Schwestern bei der OK: Das ist

20Fastenzeit

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Me god – you bad … oder die Dialektik der Fastenzeit

Fastenzeit heißt Verzicht, so die immer noch weitverbreitete Meinung zu der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern. Also: Ich erreiche ein bestimmtes Ziel, indem ich bestimmte Dinge weg- oder unterlasse. Geht man davon aus, dass wir in der Regel zu viel des „Guten“ haben, sicher kein schlechter Gedanke.

Interessant wird das Ganze allerdings, wenn davon die Rede ist, dass die Kirche an bestimmten Stellen „zu viel“ hat. Nein, gemeint ist jetzt nicht eine Reform der Strukturen, ein Überhang an bestimmten Posten oder Ähnliches. Gemeint ist: Es gibt einen eindeutigen Überhang an Frommen in unserer Landeskirche und das ist auf Dauer nicht gesund.

Keine Sorge, ich befinde mich nicht in einem Fasten-Delirium und weiß deshalb nicht mehr, wovon ich rede. Nein, das steht – natürlich ausführlicher – in einer Pressemitteilung der Offenen Kirche (OK) zum Beginn der Fastenzeit. Es geht, wie gesagt, um die Frommen im Lande, die OK redet hier lieber von „Evangelikalen“. Sie haben, so die OK, zu viel Einfluss, zu viel Macht (und wollen noch mehr), zu viel Geld. Und, sie saugen Geld und Personal aus wichtigen kirchlichen Bereichen, um ihr evangelikales Bild von der Kirche durchzudrücken.

Da kommt die Fastenzeit wohl genau richtig, um zu fordern, dass endlich Schluss ist damit, dass „gezielt theologische Inhalte eliminiert [werden], die auf einer zeitgemäßen liberalen und aufgeklärten volkskirchlichen Theologie basieren.“ Abgewatscht werden dann auch noch „die konservative Synodalmehrheit", Universitätsinstitute und „evangelikale Parallelstrukturen“.

Täuscht der Eindruck oder wird hier ein nicht unerheblicher Teil der Kirchenmitglieder unter Generalverdacht gestellt? Wird der Begriff „Evangelikale“ hier vielleicht zum Feigenblatt, um unliebsame Mitesser loszuwerden. Ein Schelm, wer so etwas denkt!

Nein, ich glaube, die OK will die Kirche verschlanken, um, ja, um was …? Um ihren Einfluss, ihre Macht, ihr Geld zu sichern? Nein, so dreist ist die Offene Kirche wohl nicht, wenn es um ihre Strategie geht. Aber was dann?

Feindbilder. Ich denke, da sitzt der „evangelikale Hase“ zwischen den Chilischoten der OK. Denn wenn die Denke lautet: Ich / Wir sind gut, habe(n) die richtigen Ziele, setze(n) die richtigen Mittel ein, nur es klappt nicht so, wie es soll, dann muss in der Regel schnell einer her, der daran schuld ist. „Me god – you bad“. Gut, dass es die Evangelikalen gibt! Mit zeitgemäßer, liberaler und aufgeklärter Denkweise hat das allerdings wenig zu tun. Eher mit dem eigenen Mangel an Intuition, Innovation, Vision, Liberalität und Aufgeklärtheit. Zudem: „Eine Verteidigung der Aufklärung kann ... nur im Geiste der Aufklärung gelingen, also im Bemühen um sorgfältige Analyse, in der Kritik stereotyper Verallgemeinerungen und in der Bereitschaft zu kommunikativer Auseinandersetzung. Mit anderen Worten: Die Bewahrung der Aufklärung und ihrer Errungenschaften ist nur als Fortsetzung der Aufklärung möglich, die sich auf diese Weise einmal mehr als unvollendet erweist.“ (so der Philosoph Heiner Bielefeldt in einem Artikel der taz vom 2.11.07)

Merke, wer sich und seine Ideen als aufgeklärt verkaufen will, sollte so auch so liberal und zeitgemäß sein, sich an ihnen und ihren Auswirkungen messen zu lassen. Und nicht vorschnell an den guten oder schlechten Ideen anderer einen Maßstab anlegen, der nicht eindeutig geklärt ist. Die OK – me god – geht dem lieber aus dem Weg und widmet sich den „Evangelikalen“ (ein Stereotyp) – you bad. Liebe Brüder und Schwestern bei der OK: Das ist

weder zeitgemäß, noch liberal oder aufgeklärt. Das ist eindeutig, auch theologisch, zu dünn –selbst für die Fastenzeit.

Michael Josupeit