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180 AIDA simuliert die Atmosphare Im Forschungszentrum Karlsru- he ging im Mai dieses Jahres die Anlage AIDA (Aerosols, Interac- tions and Dynamics in the Atmosphere) in Betrieb. Mit ihr konnen die Forscher die Druck- und Temperaturverhaltnisse sowie die Zusammensetzung der Erdatmosphare simulieren. Von besonderem Interesse sind hier- bei die Schwebeteilchen, Aeroso- le, die unter anderem fur die Wolkenbildung verantwortlich sind. AIDA besteht aus einem 7,5 m hohen, zylindrischen Reaktions- gefag von etwa 80 m3 Fassungs- vermogen, in dem sich Druck und Temperatur uber einen wei- ten Bereich einstellen lassen. Auf diese Weise lassen sich die atmo- spharischen Bedingungen simu- lieren, wie sie zwischen der Erdoberflache und 20 bis 30 Kilometer Hohe vorliegen. Es lassen sich auch Spurengase und Aerosole in kontrollierten Men- gen injizieren. Die Me& und Analysetechnik ist in drei Etagen um den Behalter herum instal- liert. Als Kondensationskeime fur den Wasserdampf sind Aerosole Ursache der Wolkenbildung. Wolken reflektieren das Son- nenlicht wieder zuriick in den Weltraum, kuhlen somit die Atmosphare und wirken dem Treibhauseffekt entgegen. Selbst ein wolkenloser Himmel strahlt noch Energie zuriick, wenn er viele Aerosole enthalt. Doch der Einflufi der Aerosole auf denwarmehaushalt ist weit komplexer. Helle Schwebeteil- chen, wie Sulfattropfchen, reflek- tieren und kuhlen. Dunkle Parti- kel, Rua etwa, absorbieren die Strahlung und heizen die Atmo- sphare auf. Doch Rui3 kann moglicherweise auch einen gegenteiligen Effekt haben: Auf seiner schwarzen Oberflache zerstort er Ozon, das als Treibhausgas sehr effektiv die Atmosphare heizt. Dadurch wird RUB wieder zum Kuhlmittel. FZK-Presseinfo 17/97 Internet: www.fzk.de TB Hubble mit moderner Technik Infrarotaufnahme des Ei-Nebels. (Foto: D. Hines et al., NASA) Im Februar dieses Jahres startete zum zweiten Ma1 eine Astronau- ten-Crew zu dem in 600 Kilome- ter Hohe die Erde umkreisenden Hubble-Weltraumteleskop. Die Hauptaufgabe bestand darin, zwei neue Instrumente gegen die rund 20 Jahre alten Gerate auszu- tauschen. Das Space Telescope Imaging Spectrometer (STIS) ist ein Langspaltspektrometer, mit dem sich physikalische Grofien, wie Geschwindigkeiten oder Gaszusammensetzungen ausge- dehnter Himmelskorper messen lassen. Mit dem anderen Instru- ment, Near-Infrared Camera and Multiobject Spectrometer (NIC- MOS), erschlieflen sich die Astronomen den nahen Infrarot- bereich. Eines der ersten Beobachtungs- objekte war der sogenannte Ei- Nebel, ein etwa 3000 Lichtjahre entfernter Gas- und Staubnebel, in dessen Zentrum ein Stern in einem Endstadium steht. Etwa 10 000 Jahre lang hatte sich der Stern im sogenannten Rote- Riesen-Stadium befunden. In dieser Phase blahen sich die Ster- ne stark auf, und ein intensiver Teilchenwind setzt ein. Der Stern erzeugt dadurch eine Hulle aus Gas und Staub um sich herum, die auf dieser Aufnahme sichtbar ist. Die Massenverlustrate kann sich hierbei innerhalb kurzerer Zeit- intervalle von einigen hundert Jahren andern, was sich heute an den unterschiedlichen Nebel- strukturen nachvollziehen lafit. Ganz offensichtlich stromte das Material nicht isotrop von der Sternoberflache in den Weltraum ab. Vielmehr bewegte es sich unter anderem in zwei entgegen- gesetzte Richtungen fort. Dies konnte auf die Wirkung eines unsichtbaren Begleitsterns zuriickzufuhren sein. Wahrend es sich bei dem blauen Material um Staub handelt, der Sternen- licht reflektiert, bestehen die roten Strukturen aus leuchten- dem Wasserstoffgas. STIS und NICMOS hat die NASA zusammen 230 Millionen Dollar (nahezu 400 Millionen Mark) gekostet, weitere Service- Missionen sind fur 1997, 1999 und 2002 geplant. TB Jagd auf Antimaterie geht weiter Vor einem Jahr gelang es im Low Energy Storage Antiproton Stor- age Ring, LEAR, am Europai- schen Laboratorium fur Teil- chenphysik, CERN, in Genf erstmals, Antiwasserstoff herzu- stellen (Physik in unserer Zeit,27, 90 (2/1996)). Neun Antiteilchen hatte eine Kollaboration deut- scher und italienischer Physiker produziert, die schon nach Bruchteilen von Sekunden wie- der zerfallen waren. Aus finanzi- ellen Griinden stellte das CERN Ende letzten Jahres den LEAR ab. Wie die Genfer Physiker kurzlich bekanntgaben, wird jedoch ein neues Experiment auf- gebaut, mit dem es erstmals mog- lich sein soll, Antiwasserstoff in grofieren Mengen herzustellen und zu speichern. Dann waren auch grundlegende Untersuchun- gen zur Symmetrie von Materie und Antimaterie moglich. Experimente, mit denen sich diese Symmetriefragen uberprii- fen lassen, sind nur moglich, wenn es gelingt, Anti-Wasser- stoff zu erzeugen und in einer Falle einzufangen. In den kom- menden Jahren werden zwei internationale Kollaborationen von Physikern am CERN die Antimaterieforschung erneut angehen. Hierzu nutzen sie den bereits existierenden ,,Antiproton Collector", der mit einer zusatz- lichen Apparatur bestuckt wer- den mug, um die Antiprotonen abzubremsen. Mit 100 MeV/c werden die Antiprotonen schliefilich in Bundeln von jeweils lo7 Teilchen zur Verfu- gung stehen. In zwei Magnetfal- len werden die Antiproptonen eingefangen und mussen darin rnit Positronen zu Antiwasser- stoff rekombinieren. Die Experi- mentatoren hoffen, schliefilich 1000 Antiatome pro Stunde pro- duzieren und mit Lasern spek- troskopieren zu konnen. Die fur den Bau notigen 7 Mio. Schweizer Franken wurden von mehreren Landern, darunter Deutschland, bewilligt. Den groken Anteil steuert Japan bei. Die Forscher sind jetzt zuver- sichtlich, im Friihjahr 1999 rnit den ersten Experimenten begin- nen zu konnen. CERN Courier 4/97, S. 1. T.B Physik zn unserer Zeit / 28. Jahrg. 1997 / Nr. 4

Hubble mit moderner Technik

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AIDA simuliert die Atmosphare Im Forschungszentrum Karlsru- he ging im Mai dieses Jahres die Anlage AIDA (Aerosols, Interac- tions and Dynamics in the Atmosphere) in Betrieb. Mit ihr konnen die Forscher die Druck- und Temperaturverhaltnisse sowie die Zusammensetzung der Erdatmosphare simulieren. Von besonderem Interesse sind hier- bei die Schwebeteilchen, Aeroso- le, die unter anderem fur die Wolkenbildung verantwortlich sind.

AIDA besteht aus einem 7,5 m hohen, zylindrischen Reaktions- gefag von etwa 80 m3 Fassungs- vermogen, in dem sich Druck und Temperatur uber einen wei- ten Bereich einstellen lassen. Auf diese Weise lassen sich die atmo- spharischen Bedingungen simu- lieren, wie sie zwischen der Erdoberflache und 20 bis 30 Kilometer Hohe vorliegen. Es lassen sich auch Spurengase und Aerosole in kontrollierten Men- gen injizieren. Die Me& und Analysetechnik ist in drei Etagen um den Behalter herum instal- liert.

Als Kondensationskeime fur den Wasserdampf sind Aerosole Ursache der Wolkenbildung. Wolken reflektieren das Son- nenlicht wieder zuriick in den Weltraum, kuhlen somit die Atmosphare und wirken dem Treibhauseffekt entgegen. Selbst ein wolkenloser Himmel strahlt noch Energie zuriick, wenn er viele Aerosole enthalt.

Doch der Einflufi der Aerosole auf denwarmehaushalt ist weit komplexer. Helle Schwebeteil- chen, wie Sulfattropfchen, reflek- tieren und kuhlen. Dunkle Parti- kel, Rua etwa, absorbieren die Strahlung und heizen die Atmo- sphare auf.

Doch Rui3 kann moglicherweise auch einen gegenteiligen Effekt haben: Auf seiner schwarzen Oberflache zerstort er Ozon, das als Treibhausgas sehr effektiv die Atmosphare heizt. Dadurch wird RUB wieder zum Kuhlmittel.

FZK-Presseinfo 17/97 Internet: www.fzk.de

TB

Hubble mit moderner Technik

Infrarotaufnahme des Ei-Nebels. (Foto: D. Hines et al., NASA)

Im Februar dieses Jahres startete zum zweiten Ma1 eine Astronau- ten-Crew zu dem in 600 Kilome- ter Hohe die Erde umkreisenden Hubble-Weltraumteleskop. Die Hauptaufgabe bestand darin, zwei neue Instrumente gegen die rund 20 Jahre alten Gerate auszu- tauschen. Das Space Telescope Imaging Spectrometer (STIS) ist ein Langspaltspektrometer, mit dem sich physikalische Grofien, wie Geschwindigkeiten oder Gaszusammensetzungen ausge- dehnter Himmelskorper messen lassen. Mit dem anderen Instru- ment, Near-Infrared Camera and Multiobject Spectrometer (NIC- MOS), erschlieflen sich die Astronomen den nahen Infrarot- bereich.

Eines der ersten Beobachtungs- objekte war der sogenannte Ei- Nebel, ein etwa 3000 Lichtjahre entfernter Gas- und Staubnebel, in dessen Zentrum ein Stern in einem Endstadium steht.

Etwa 10 000 Jahre lang hatte sich der Stern im sogenannten Rote- Riesen-Stadium befunden. In dieser Phase blahen sich die Ster- ne stark auf, und ein intensiver

Teilchenwind setzt ein. Der Stern erzeugt dadurch eine Hulle aus Gas und Staub um sich herum, die auf dieser Aufnahme sichtbar ist.

Die Massenverlustrate kann sich hierbei innerhalb kurzerer Zeit- intervalle von einigen hundert Jahren andern, was sich heute an den unterschiedlichen Nebel- strukturen nachvollziehen lafit.

Ganz offensichtlich stromte das Material nicht isotrop von der Sternoberflache in den Weltraum ab. Vielmehr bewegte es sich unter anderem in zwei entgegen- gesetzte Richtungen fort. Dies konnte auf die Wirkung eines unsichtbaren Begleitsterns zuriickzufuhren sein. Wahrend es sich bei dem blauen Material um Staub handelt, der Sternen- licht reflektiert, bestehen die roten Strukturen aus leuchten- dem Wasserstoffgas.

STIS und NICMOS hat die NASA zusammen 230 Millionen Dollar (nahezu 400 Millionen Mark) gekostet, weitere Service- Missionen sind fur 1997, 1999 und 2002 geplant. TB

Jagd auf Antimaterie geht weiter Vor einem Jahr gelang es im Low Energy Storage Antiproton Stor- age Ring, LEAR, am Europai- schen Laboratorium fur Teil- chenphysik, CERN, in Genf erstmals, Antiwasserstoff herzu- stellen (Physik in unserer Zeit,27, 90 (2/1996)). Neun Antiteilchen hatte eine Kollaboration deut- scher und italienischer Physiker produziert, die schon nach Bruchteilen von Sekunden wie- der zerfallen waren. Aus finanzi- ellen Griinden stellte das CERN Ende letzten Jahres den LEAR ab. Wie die Genfer Physiker kurzlich bekanntgaben, wird jedoch ein neues Experiment auf- gebaut, mit dem es erstmals mog- lich sein soll, Antiwasserstoff in grofieren Mengen herzustellen und zu speichern. Dann waren auch grundlegende Untersuchun- gen zur Symmetrie von Materie und Antimaterie moglich.

Experimente, mit denen sich diese Symmetriefragen uberprii- fen lassen, sind nur moglich, wenn es gelingt, Anti-Wasser- stoff zu erzeugen und in einer Falle einzufangen. In den kom- menden Jahren werden zwei internationale Kollaborationen von Physikern am C E R N die Antimaterieforschung erneut angehen. Hierzu nutzen sie den bereits existierenden ,,Antiproton Collector", der mit einer zusatz- lichen Apparatur bestuckt wer- den mug, um die Antiprotonen abzubremsen. Mit 100 MeV/c werden die Antiprotonen schliefilich in Bundeln von jeweils lo7 Teilchen zur Verfu- gung stehen. In zwei Magnetfal- len werden die Antiproptonen eingefangen und mussen darin rnit Positronen zu Antiwasser- stoff rekombinieren. Die Experi- mentatoren hoffen, schliefilich 1000 Antiatome pro Stunde pro- duzieren und mit Lasern spek- troskopieren zu konnen.

Die fur den Bau notigen 7 Mio. Schweizer Franken wurden von mehreren Landern, darunter Deutschland, bewilligt. Den groken Anteil steuert Japan bei. Die Forscher sind jetzt zuver- sichtlich, im Friihjahr 1999 rnit den ersten Experimenten begin- nen zu konnen.

C E R N Courier 4/97, S. 1. T.B

Physik zn unserer Zeit / 28. Jahrg. 1997 / Nr. 4