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Humanitäre Aspekte der Militärintervention im Jemen 2015 Die humanitären Aspekte der Militärintervention im Jemen 2015 behandeln die humanitären Auswir- kungen, die Opfer der Zivilisten und Konfliktpartei- en, die Schäden an historischem Kulturgut und Infra- struktur, die Vorwürfe in Bezug auf Verstöße gegen das humanitäres Völkerrecht und andere internationale Konventionen sowie die Maßnahmen zur humanitären Hilfe während und infolge der Militärintervention, die am 26. März 2015 von einer von Saudi-Arabien ange- führten und von den Vereinigten Staaten von Ameri- ka, Frankreich und Großbritannien logistisch unterstütz- ten Militärallianz unter Beteiligung von Saudi-Arabien Ägypten, Bahrain, Katar, Kuwait, die Vereinigten Ara- bischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und seit Mai 2015 Senegal begonnen wurde. Die Daten nehmen auch auf den bewaffneten innerjemenitischen Konflikt seit dem 19. März 2015 Bezug, bei dem auf der ei- nen Seite einige Teile der jemenitischen Armee sowie sunnitische Stammesmilizen den faktisch entmachteten jemenitischen Übergangspräsidenten Abed Rabbo Man- sur Hadi im Kampf gegen schiitische Huthi-Rebellen un- terstützen, die ihrerseits von Stammesmilizen unterstützt werden sowie von Teilen der jemenitischen Armee, die offenbar loyal zum früheren jemenitischen Präsidenten und Machthaber, Ali Abdullah Salih, stehen. Am 1. Juli 2015 rief die UNO für eine vorangekündigte Dauer von sechs Monaten den Level-3-Emergency (Not- stand der Stufe 3) für den Jemen aus, die höchste Not- standsstufe der UN. * [1] Am 2. Juli 2015 erklärte die UNESCO zwei Welterbestätten im Jemen, die Altsstadt von Sanaa und die Festungsstadt Schibam, aufgrund des bewaff- neten Konflikts im Jemen für bedroht, * [2] nachdem die UNESCO-Generaldirektorin bereits im Mai die Zerstö- rungen der Luftangriffe in der Altstadt von Sanaa und anderen dicht besiedelten Gebieten verurteilt * [3] * [4] * [5] und die UNO im Juni 2015 gewarnt hatte, dass das bedeutende archäologische und historische Erbe seit einer Welle von Bombardierungen der saudi-arabisch angeführten Militärkoalition in der Altstadt von Sanaa in Gefahr geraten war. * [6] 1 Zwischenbilanz während der Mi- litärintervention im Jemen Hauptartikel: Militärintervention im Jemen 2015 Die Weltgesundheitsorganisation warnte bereits im April 2015 vor dem unmittelbar bevorstehenden Zusammen- bruch des Gesundheitssystems im Jemen. * [7] * [8] Als verantwortlich für das Anwachsen der humanitären Kata- strophe im Jemen wird neben den Bombardierungen und Kämpfen während der Operation Decisive Storm insbe- sondere die Seeblockade des Jemen angesehen, die von Seiten der saudi-arabisch angeführten Militärallianz bei- behalten wird. * [9] * [10] * [11] * [12] Der UN-Koordinator für humanitäre Angelegenheiten im Jemen verurteilte die Luftangriffe der von Saudi-Arabien geführten Militärallianz im Jemen als Verstoß gegen das internationale humanitäre Völkerrecht und prangerte aus- drücklich die Erklärung der Provinz Sa'da zum „militäri- schen Zielan. * [13] * [14] * [15] * [16] Mitte Juni 2015 von den UN vermittelte Friedensgesprä- che zwischen jemenitischen Kriegsparteien in Genf en- deten ohne Einigung auf einen Waffenstillstand. * [17] Seit dem 26. März 2015 sind nach UN-Angaben min- destens 1.412 Zivilisten getötet worden, darunter min- destens 279 Kinder und 210 Frauen. * [18] * [19] * [20] Zi- vilisten waren von den Kämpfen überproportional stark betroffen und stellen über die Hälfte der Todesopfer im Jemen. * [21] * [22] Über eine Million Menschen sind nach UN-Angaben seit Beginn der Militärintervention bis zum 28. Mai 2015 zum Verlassen ihrer Häuser als Binnenflüchtlinge gezwungen worden. * [23] Die ersten drei Kriegsmonate hatten den Jemen nach An- gaben des ständigen Vertreter der UNO im Jemen, Pao- lo Lembo, vom 26. Juni 2015 in einer anhaltend verfal- lenden humanitären und Sicherheitslage zurückgelassen. Den „Preis für den Konflikt zahlten demnach die jeme- nitischen Zivilisten, von denen schon vor dem Krieg Mil- lionen nicht über gesicherte Ernährung verfügt und um den Zugang zu Bildung, Grundversorgung und sauberem Wasser hatten kämpfen müssen. Nach drei Monaten des Krieges benötigten 12,9 Millionen Menschen Hilfe zur Ernährung und es wurden mehr Menschen durch Krank- heit und fehlenden Zugang zur Grundversorgung getötet als durch den unmittelbaren bewaffeneten Konflikt. * [24] 1

Humanitäre Aspekte Der Militärintervention Im Jemen 2015

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die humanitären Auswirkungen, die Opfer der Zivilisten und Konfliktparteien, die Schäden an historischem Kulturgut und Infrastruktur, die Vorwürfe in Bezug auf Verstöße gegen das humanitäres Völkerrecht und andere internationale Konventionen sowie die Maßnahmen zur humanitären Hilfe während und infolge der Militärintervention, die am 26.

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  • Humanitre Aspekte der Militrinterventionim Jemen 2015

    Die humanitren Aspekte der Militrinterventionim Jemen 2015 behandeln die humanitren Auswir-kungen, die Opfer der Zivilisten und Koniktpartei-en, die Schden an historischem Kulturgut und Infra-struktur, die Vorwrfe in Bezug auf Verste gegendas humanitres Vlkerrecht und andere internationaleKonventionen sowie die Manahmen zur humanitrenHilfe whrend und infolge der Militrintervention, dieam 26. Mrz 2015 von einer von Saudi-Arabien ange-fhrten und von den Vereinigten Staaten von Ameri-ka, Frankreich und Grobritannien logistisch untersttz-ten Militrallianz unter Beteiligung von Saudi-Arabiengypten, Bahrain, Katar, Kuwait, die Vereinigten Ara-bischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und seitMai 2015 Senegal begonnen wurde. Die Daten nehmenauch auf den bewaneten innerjemenitischen Koniktseit dem 19. Mrz 2015 Bezug, bei dem auf der ei-nen Seite einige Teile der jemenitischen Armee sowiesunnitische Stammesmilizen den faktisch entmachtetenjemenitischen bergangsprsidenten Abed Rabbo Man-sur Hadi im Kampf gegen schiitische Huthi-Rebellen un-tersttzen, die ihrerseits von Stammesmilizen untersttztwerden sowie von Teilen der jemenitischen Armee, dieoenbar loyal zum frheren jemenitischen Prsidentenund Machthaber, Ali Abdullah Salih, stehen.Am 1. Juli 2015 rief die UNO fr eine vorangekndigteDauer von sechs Monaten den Level-3-Emergency (Not-stand der Stufe 3) fr den Jemen aus, die hchste Not-standsstufe der UN.*[1]Am 2. Juli 2015 erklrte die UNESCO zweiWelterbesttten im Jemen, die Altsstadt von Sanaaund die Festungsstadt Schibam, aufgrund des bewa-neten Konikts im Jemen fr bedroht,*[2] nachdem dieUNESCO-Generaldirektorin bereits im Mai die Zerst-rungen der Luftangrie in der Altstadt von Sanaa undanderen dicht besiedelten Gebieten verurteilt*[3]*[4]*[5]und die UNO im Juni 2015 gewarnt hatte, dass dasbedeutende archologische und historische Erbe seiteiner Welle von Bombardierungen der saudi-arabischangefhrten Militrkoalition in der Altstadt von Sanaa inGefahr geraten war.*[6]

    1 Zwischenbilanz whrend der Mi-litrintervention im Jemen

    Hauptartikel: Militrintervention im Jemen 2015

    Die Weltgesundheitsorganisation warnte bereits im April2015 vor dem unmittelbar bevorstehenden Zusammen-bruch des Gesundheitssystems im Jemen.*[7]*[8] Alsverantwortlich fr das Anwachsen der humanitren Kata-strophe im Jemen wird neben den Bombardierungen undKmpfen whrend der Operation Decisive Storm insbe-sondere die Seeblockade des Jemen angesehen, die vonSeiten der saudi-arabisch angefhrten Militrallianz bei-behalten wird.*[9]*[10]*[11]*[12]Der UN-Koordinator fr humanitre Angelegenheiten imJemen verurteilte die Luftangrie der von Saudi-Arabiengefhrten Militrallianz im Jemen als Versto gegen dasinternationale humanitre Vlkerrecht und prangerte aus-drcklich die Erklrung der Provinz Sa'da zum militri-schen Zielan.*[13]*[14]*[15]*[16]Mitte Juni 2015 von den UN vermittelte Friedensgespr-che zwischen jemenitischen Kriegsparteien in Genf en-deten ohne Einigung auf einen Waenstillstand.*[17]Seit dem 26. Mrz 2015 sind nach UN-Angaben min-destens 1.412 Zivilisten gettet worden, darunter min-destens 279 Kinder und 210 Frauen.*[18]*[19]*[20] Zi-vilisten waren von den Kmpfen berproportional starkbetroen und stellen ber die Hlfte der Todesopferim Jemen.*[21]*[22] ber eine Million Menschen sindnach UN-Angaben seit Beginn der Militrinterventionbis zum 28. Mai 2015 zum Verlassen ihrer Huser alsBinnenchtlinge gezwungen worden.*[23]Die ersten drei Kriegsmonate hatten den Jemen nach An-gaben des stndigen Vertreter der UNO im Jemen, Pao-lo Lembo, vom 26. Juni 2015 in einer anhaltend verfal-lenden humanitren und Sicherheitslage zurckgelassen.Den Preis fr den Koniktzahlten demnach die jeme-nitischen Zivilisten, von denen schon vor dem Krieg Mil-lionen nicht ber gesicherte Ernhrung verfgt und umden Zugang zu Bildung, Grundversorgung und sauberemWasser hatten kmpfen mssen. Nach drei Monaten desKrieges bentigten 12,9 Millionen Menschen Hilfe zurErnhrung und es wurden mehr Menschen durch Krank-heit und fehlenden Zugang zur Grundversorgung gettetals durch den unmittelbaren bewaeneten Konikt.*[24]

    1

  • 2 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    Am 1. Juli 2015 rief die UNO den Level-3-Emergency(Notstand der Stufe 3) fr den Jemen aus, die hchs-te Notstandsstufe der UN.*[1]*[25] Mit der Eingruppie-rung in die hchstmgliche Krisenstufe bezglich deshumanitren Notstands stand der Jemen in einer Rei-he mit weltweit lediglich drei weiteren Lndern Irak,Sdsudan und Syrien.*[26]*[27] Mehr als 21,1 Millio-nen Menschen - ber 80 Prozent der jemenitischen Be-vlkerung - waren zu diesem Zeitpunkt akut auf huma-nitre Hilfe angewiesen.*[26]*[1]*[25]*[27] 13 Millio-nen Menschen hatten Probleme, ausreichend Nahrungzur Verfgung zu haben. 9,4 Millionen Menschen hat-ten aufgrund abgeschnittener oder schwer beeintrch-tigter Wasserversorgung kaum oder gar keinen Zugangzu sauberem Trinkwasser.*[1]*[25]*[28]*[29] Weil auchdie Abwasserversorgung zusammengebrochen war, hat-ten sich nach UN-Angaben bereits Krankheiten wie Ma-laria und Dengueeber weiter ausgebreitet.*[28] DasGesundheitssystem stand nach UN-Angaben unmittel-bar vor dem Zusammenbruch. Mindestens 160 Gesund-heitseinrichtungen waren aufgrund der Unsicherheit unddes Mangels an Treibsto und Versorgungsgtern ge-schlossen.*[25]*[27] Es fehlte laut UN am ntigsten,selbst am Treibsto fr Hilfstransporte.*[27] Der UN-Generalsekretr Ban Ki-moon hatte bereits wiederholtvergeblich eine humanitre Waenruhe gefordert, diedie Auslieferung dringend bentigter Hilfsleistungen andie aufgrund der Luftangrie und Bodenkmpfe lei-denden Zivilisten ermglichen sollte.*[25]*[28] Die UNhatten auch die saudi-arabisch gefhrte Militrkoaliti-on dazu gedrngt, mehr Handelsfrachtschie in die H-fen des Jemen zu lassen, der in starkem Masse abhngigvon Nahrungs-, Kraftsto- und anderen Importen lebens-wichtiger Gter war.*[25] Wenige Tage zuvor hatte derUN-Nothilfekoordinator vor einer Hungersnot im Jemengewarnt.*[26]*[28] 10 der 22 jemenitischen Provinzenhatten die UN als im Nahrungsnotstand bendlich - einStufe vor der Hungersnot - eingestuft. Die UN wolltendem Notstandsplan gem versuchen, 11,7 Millionen deram strksten notleidendenMenschen im Jemenmit Hilfs-leistungen zu erreichen.*[25]

    2 Humanitre Auswirkungen undFolgen

    Siehe auch: Abschnitt Entwicklung der humanitrenLagein Operation Decisive Storm, Abschnitt Hu-manitre Auswirkungenin Operation Decisive Storm und Abschnitt Entwicklung der humanitren LageinOperation Restoring Hope

    Die saudische Bombardierung und Seeblockade gegendie Huthi-Milizen ab Ende Mrz 2015 verschrfte diehumanitre Lage im Jemen und fhrte zu einer dramati-schen Verschlechterung der Versorgungslage der Bevl-kerung.*[9]*[10]*[11]*[12] Der starke Anstieg des auf

    Hilfe angewiesenen Bevlkerungsanteils um 5 Millio-nen Menschen innerhalb einer Woche unterstrich nachUNICEF-Angaben und Medienberichten von Juni 2015,dass die Luft- und Seeblockade durch die saudisch ge-fhrte Militrkoalition nicht nur die Versorgung mit Nah-rungsmitteln, sondern auch mit Treibsto fr Pumpenabgeschnitten hatte, auf die der wasserarme Jemen ange-wiesen war, umWasser zum Trinken und fr die Hygienebereitzustellen.*[30]*[31] ber 20 Millionen Menschenim Jemen waren im Juni 2015 von einer komplexen Kri-se betroen, die den anhaltenden Konikt und das strikteEmbargo auf den Import von vielen lebenswichtigen Wa-ren, einschlielich handelsblicher Medizin und medizi-nischer Verbrauchsgter, mit sich brachte.*[32]Die Lage der Zivilisten im Jemen nach Beginn der Mi-litrintervention war laut UN bereits in der ersten April-hlfte 2015 dramatisch.*[33] Hilfsorganisationen warn-ten, dass die Luftangrie der saudisch gefhrten Ko-alition vor allem fr die rmsten Bevlkerungsteile ka-tastrophale Folgen haben knnten.*[9] Das Rote Kreuzsprach von einer humanitren Katastrophe. Der regio-nale Direktor des International Committee of the RedCross (ICRC), RobertMardini, sagte, die humanitre La-ge verschlechtere sich tglich und sei an bestimmten Or-ten wirklich katastrophal.*[34]Die UN uerten Mitte Mai 2015 tiefe Besorgnis berden Todeszoll unter Zivilisten durch die saudisch gefhr-ten Bombardierungen und ber die humanitren Auswir-kungen der von der saudisch gefhrten Militrkoalitionverhngten Luft- und Seeblockade.*[35]*[36] Auch derTodeszoll hatte sich in den ersten Monaten immer weitererhht.*[36] Die Luftangrie der saudisch gefhrten Mi-litrallianz trafen Berichten zufolge nicht nur militrischeZiele der Huthis, sondern auch Schulen, Krankenhuserund Lebensmittellager und fhrten zu extensiven Sch-den der zivilen Infrastruktur und zur Gefhrdung des Le-bens von Zivilisten. Der bewanete Konikt in den sdli-chen Stdten, darunter Aden und Schabwa, eskalierte seitdem 2. April 2015, wobei zivile Infrastruktur und inter-nationale Entwicklungshelfer sowohl von Huthis als auchvon Hadi-treuen Krfte ins Ziel genommen wurden.*[37]Durch die Bodenkmpfe und Luftangrie wurde die In-frastruktur Adens mit ehemals einer Million EinwohnernMedienangaben zufolge systematisch zerstrt. Am Ade-ner Hafen wurden Getreidesilos bombardiert, weil sie denHuthi-Rebellen als Versteck dienten, so dass den Bcke-reien der Stadt das Mehl ausging. Andere Bombardie-rungen zielten auf Hotels, Schulen und das wichtigsteEinkaufszentrum, weil die Huthis sie als Sammelpunk-te nutzten.*[38] Nach einem Bericht von Human RightsWatch wurden bei den saudisch gefhrten Luftangrif-fen auch die international gechteten Streubomben einge-setzt. Die Huthis wurden im Laufe der Militrinterventi-on beschuldigt, wahllos zivile Gebiete zu beschiessen undmit Heckenschtzen auf Zivilisten zu feuern. Nach UN-Angaben waren bis Mai 2015 19 der 22 Provinzen desJemen von bewaneter Gewalt infolge des eskalierenden

  • 2.1 Humanitre Ausgangslage 3

    Konikts betroen.*[37]

    Zerstrungen an der Al-Anfal-Schule in Sanaa nach einem Luft-angri vom 20. April 2015

    Mitte April 2015 hatte sich die berichtete Anzahl derKinder, die aufgrund der anhaltenden Krise die Schu-le nicht mehr besuchten, innerhalb von einer Woche auf1,85 Millionen fast verdoppelt.*[39] Auch im Mai undJuni 2015 blieben aufgrund des Konikts nach UNICEF-Angaben rund 3.600 Schulen (21 Prozent der Schulenim Jemen) geschlossen und unzugnglich fr Kinder, sodass bis Anfang Juni 2015 rund 1,83 Millionen Kinderber einen Zeitraum von zwei Monaten ohne Zugang zurSchulbildung blieben.*[40]*[41]*[42] 326 Schulen warenzu diesem Zeitpunkt direkt betroen, einschlielich von86 beschdigten und 180 Binnenchtlinge beherbergen-den Schulen.*[40] In den sdlichen fnf Provinzen warenlaut UNICEF Anfang Juni 2015 87 Prozent der Schulengeschlossen.*[43]Die Hafenstadt al-Mukalla soll laut einem Bericht in derjungen Welt von Anfang Mai 2015 nicht betroen gewe-sen sein von der mit einer extremen Knappheit an Le-bensmitteln, Benzin und Heizl einhergehenden Krise,die durch die von Saudi-Arabien gegen den Jemen ver-hngten Blockade zu Lande, zu Wasser und in der Luftzusammenmit den anhaltenden Kmpfen verschrft wor-den war. Das im Sdosten gelegene al-Mukalla, wo An-fang April die AQAP dieMacht bernommen hatte, wur-de demnach unter Duldung der Saudis ber den Seeweggut versorgt.*[44] UN-Angaben von Mitte Juni 2015 zu-folge dehnte sich die Seeblockade auch auf den Hafenvon al-Mukalla aus, wo Hilfslieferungen und Handelsg-ter aufgrund der Gegenwart der AQAP am freien Zuganggehindert wurden.*[45]Anfang Juni 2015 bentigten nach UN-Schtzungen 78Prozent der Jemeniten 20 Millionen, und damit einZuwachs von 4 Millionen seit der Eskalation des Kon-ikts mit der saudischen Intervention imMrz dringendSoforthilfe wie Nahrung, Wasser und medizinische Hil-fe.*[46]*[43]*[47] Mitte Juni gab UNICEF an, dass essich bei 9,9 der zu diesem Zeitpunkt 21 Millionen Jeme-niten, die humanitre Hilfe brauchten, umKinder handel-te.*[42]*[31] Hilfsorganisationen sagten, dass das huma-

    nitre Disaster sich in dramatischer Weise durch die See-blockade zugespitzt hatte, die dem Jemen von der saudi-arabisch gefhrten und von den USA und Grobritan-nien untersttzten Militrkoalition auferlegten wordenwar.*[46]*[43]*[47] Die anhaltenden Kmpfe bedrohtennach UN-Angaben die Versorgung der Bevlkerung mitGrundnahrungsmitteln. 12 bis 13 Millionen Menschendes verarmten Landes rund die Hlfte der Bevlke-rung wurden von April bis Juni als versorgungsgefhr-deteingestuft,*[48]*[49]*[50] 6 Millionen davon im Ju-ni als hochgefhrdet.*[47] Die Anzahl der in Bezug aufdie Ernhrung versorgungsgefhrdeten Menschen war alsErgebnis der Kmpfe von schon im April von 10,6 Mil-lionen auf 12 Millionen gestiegen, wobei die ungeschtz-ten Familien von den ansteigenden Nahrungsmittelprei-sen am strksten betroen waren.*[50]Die US-amerikanische und britische Regierung versuchteMedienangaben zufolge mit geringer Wirkung, die Sau-dis still dazu zu bewegen, sich in ihrer Taktik zu zgelnund insbesondere die Seeblockade zu lockern. Entgegender Bitten von Seiten des Westens und der UN versum-ten es die Saudis auch, Gelder aus der bereits von ihnenversprochenen Summe von 274 Millionen US-Dollar zurFinanzierung humanitrer Hilfen freizugeben.*[46] Am9. Juni 2015 schrieb die Hilfsorganisation Oxfam, Jemensei mittlerweile das Land mit dem weltweit grten hu-manitren Bedarf, dessen Situation nun als eine dergrten humanitren Krisen der Welt eingestuftwerde.Alle 22 Provinzen waren zu diesem Zeitpunkt vom Kon-ikt betroen.*[47]Da 90 Prozent der Lebensmittel und der grte Teil desTreibstos im Jemen importiert wurden, traf die Blocka-de aller Importe ber Flug- und Seehfen whrend derMilitrintervention die Nahrungsmittelversorgung be-sonders stark*[10]*[51]*[48]*[52] und zeigte nach UN-Angaben dramatische Auswirkungenauf den Zugangder Menschen zu Nahrung.*[53] Mitte Juni 2015 sagteder Leiter der rzte-ohne-Grenzen-Mission im Jemen,Andre Heller-Perache, die Lage bersteige bei weitemdie Fhigkeit des internationalen Hilfssystems, sie zu be-wltigen.*[54] In 19 der 22 Provinzen herrschte nachUN-Angaben akuter Notstand. Der bewanete Koniktsowie der Mangel an Lebensmitteln und Benzin treibenden Jemen in einen totalen Zusammenbruch bei der Ver-sorgung, hie es.*[55]

    2.1 Humanitre AusgangslageIm Jemen war die Lebensmittelversorgung von Millio-nen Menschen (laut UNICEF ber 40 % der Bevl-kerung,*[9] laut der Hilfsorganisation Oxfam 10 von24 Millionen Jemeniten*[56]*[51]*[57]*[58]) bereits vorder Militrintervention unzureichend.*[9] 13 Prozent derKinder unter fnf Jahren waren unterernhrt.*[9] Vorder jngsten Eskalation des Konikts hatten 13 Millio-nen Menschen etwa die Hlfte der Jemeniten keinenZugang zu sauberem Trinkwasser.*[59]*[60] Nur einem

  • 4 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    Drittel der Bevlkerung wurde durch die Grundversor-gungssysteme sauberes Wasser direkt in den Husern zurVerfgung gestellt, whrend weitere 20 Prozent ber f-fentliche Bohrlcher oder andere Wege auerhalb ihrerHuser Zugang zu sauberem Wasser hatten.*[59]Nach Schtzungen humanitrer Organisationen warenschon vor der Militrintervention 15,9 Millionen Jeme-niten (61 % der Bevlkerung) auf humanitre Unterstt-zung angewiesen,*[9]*[61] von denen lediglich rund 8,2Millionen tatschlich Hilfe erhielten. Whrend die Wirt-schaft seit den politischen Unruhen von 2011 um etwa15 Prozent geschrumpft war und der Staatshaushalt weit-gehend von den leinnahmen abhngig blieb, die we-gen sinkender Exporte infolge der Kmpfe und wegendes Preisverfalls bereits rcklug waren, hatte Saudi-Arabien seine Untersttzung fr das von Hilfsgeldern ab-hngige Jemen laut Weltbank einige Monate vor der Mi-litrintervention weitgehend eingestellt.*[9]Zudem befanden sich laut UN-Angaben bereits vorder Militrintervention 250.000 Flchtlinge und ber300.000 Binnenvertriebene im Jemen.*[62]*[63] Der Je-men war in der Vergangenheit Fluchtzielort hunderttau-sender afrikanischer Flchtlinge gewesen. Der Flcht-lingszustrom hatte fr den bereits verarmten Jemen ei-ne zustzliche steuerliche Brde dargestellt und die fra-gilen Wirtschaftsbedingungen ber einen Zeitraum vonzwei Jahrzehnten belastet. Als einziger Unterzeichner derGenfer Flchtlingskonvention von 1951 auf der arabi-schen Halbinsel war der Jemen ein Durchgangsland frFlchtlinge geworden, die vom Horn von Afrika ohen.Der Jemen beherbergte daher zum Zeitpunkt der Mili-trintervention rund 300.000 registrierte Flchtlinge, vondenen 95 Prozent Somali waren, whrend in jngster Zeittrotz der Armut im Jemen auch syrische Flchtlinge inhoher Zahl in den Jemen glchtet waren. Mit der Es-kalation der Gewalt nach den Unruhen von 2011 unddem bergang einer nicht zur politischen Stabilisierungfhrenden Transistionspahse in einen bewaneten Kon-ikt im Jahr 2014 stieg auch die Zahl der Jemeniten,die vor den politischen Unruhen im Jemen in die Bin-nenucht ohen oder in Nachbarlndern Zuucht suchenwollten.*[64]Laut einem UNDP-Bericht entnahm der Jemen fast169 Prozent seiner erneuerbaren Wasserressourcen, ver-brauchte also das Wasser weit schneller als er die Was-servorrte wieder aufstocken konnte. Ein Grund fr dieKluft zwischen demWasserbedarf und demWasserange-bot im Jemen lag nach Angaben aus dem zustndigenMi-nisterium in einer der weltweit hchsten Bevlkerungs-wachstumsraten und dem starken Wasserverbrauch derBevlkerung begrndet. Nach anderen Angaben trugenauch illegale Brunnenbohrungen zu dem Problem bei, diemit den tribalen Strukturen des Landes in Zusammen-hang standen, die teilweise das bestehende Recht in Fragestellten. Anstrengungen der Regierung fr einen langfris-tigen Plan zur Bewltigung der Wasserprobleme des Je-men kamen nach Angaben aus dem zustndigen Ministe-

    rium durch den Krieg zum Stillstand, ohne dass Notfall-plne bestanden.*[65]

    2.2 Blockade- und Kriegsauswirkungenauf die Versorgungslage

    Die saudisch gefhrte Militrkoaltion hatte maritimeKontrollen verhngt, die von UN-Diplomaten als Seeblo-ckade beschrieben wurden, die verhinderte, dass Importeden Jemen erreichten. Die jemenitischen Importe elenin der Folge auf 15 Prozent des Vorkrisenniveaus, dochwar der Jemen zur Sicherung des berlebens der Bevl-kerung stark abhngig von Importgtern.*[12]*[66]Die UN verurteilten die Seeblockade und riefen diesaudisch gefhrte Militrkoalition angesichts der huma-nitren Notlage im Jemen zu einer Beendigung ihrerSeeblockade auf. Am 25. Juni 2015 forderte der UN-Sicherheitsrat in einer einstimmig beschlossenen Erkl-rung, dass Handelsfrachtschien, die Nahrung, Treib-sto oder andere unerlssliche Gter transportierten,der Zugang zu Hfen im von Hungersnbot bedrohntenJemen gestatten werden msse. Es sei aus humanit-rer Sicht unerlsslich, die Versorgung des Jemen mitHandelsgtern aufrecht zu erhalten.*[12]*[66]*[67] UN-Nothilfekoordinators Stephen O'Brien sagte, es sei le-bensnotwendig, dass das Land wieder ber die H-fen mit dringend bentigten Importgtern versorgt wer-de.*[66] Die Koniktparteien wrden eine uerstesMass an Missachtung gegenber Menschenleben an denTag legen.*[68]

    2.2.1 Energietrger-Verknappung

    Nach UNICEF-Angaben fhrte die de facto-Blockadeder jemenitischen Hfen trotz leichter spterer Lockerun-gen auch noch im Juni 2015 dazu, dass kein Treibsto indas Land kam, weshalb die mechanisierten Pumpen nichtarbeiten konnten und 20MillionenMenschen der Zugangzu sauberem Wasser fehlte.*[31]Da dieUNO zudem in den ersten Tagen desKonikts ihreauslndischen Mitarbeiter auer Landes gebracht hatte,drohte das Versorgungsnetz bereits im April noch man-gelhafter zu werden.*[9] Es kam zu ersten Kmpfen ineinem der lfrdergebiete, in der Region Shabwa. DieTruppen der Allianz blockierten zudem mit ihrer Mili-trintervention alle jemenitischen Hfen, womit auch derlexport getroen wurde.*[9] Im April wurden die H-fen und Flughfen entweder von denHuthis oder den Sau-dis blockiert und die Versorgung mit l, Benzin- oderDiesel-Kraftsto kam zum Erliegen.*[70] Anfang Juni2015 waren die Treibstopreise etwa in der Provinz Rai-ma seit Mrz um rund 690 Prozent gestiegen, whrendDieselkraftsto in sieben von 22 Provinzen nicht mehrverfgbar war.*[71] Im landesweiten Durchschnitt warendie Marktpreise der Treibstoe im Juni 2015 seit Beginnder Krise nach UN-Angaben bei Kochgas um 153 %, bei

  • 2.2 Blockade- und Kriegsauswirkungen auf die Versorgungslage 5

    Dieselkraftsto um 478 % und bei Benzin um 389 % ge-stiegen.*[52]Der Mangel an Treibsto stellte ein bedeutendesHemmnis bei der Begegnung humanitrer Erfordernissedar.*[71] Wie die Versorgung mit Strom verschlechtertesich bereits Anfang April 2015 auch die Wasserversor-gung nach Angaben von Hilfsorganisationen tglich undes fehlten medizinische Gter.*[51] Mitte Juni gab esnach UN-Angaben in sieben Provinzen keinerlei Treib-sto mehr.*[55] Der Mangel an Diesel-Kraftsto fhrtedazu, dass importiertes Getreide nicht gemahlen und kon-sumiert werden konnte, Stromgeneratoren in Kranken-husern nicht betrieben werden konnten und die Wasser-versorgung von Millionen Menschen bedroht war.*[72]

    2.2.2 Stromversorgung

    Der Mangel an Treibsto traf auch die Krankenhuser,die bereits vorMitte April kurz davor standen, keinen Zu-gang zu Treibsto zu haben. Da Treibsto nicht nur stra-tegische Bedeutung besa, sondern die Elektrizitt vorOrt hauptschlich von Generatoren erzeugt wurde, warder Treibsto fr das berleben mancher Patienten not-wendig.*[10]*[72]Neben der Blockade hatten auch die Kmpfe Auswirkun-gen auf die Stromversorgung. So wurde am 11. Juni 2015das Hauptkraftwerk in Aden, das die Stromversorgungfr vier Bezirke bereitstellte, angegrien und war dar-aufhin nicht lnger betriebsfhig.*[73]

    2.2.3 Wasserversorgung

    Der Krieg verschlimmerte die schon vor dem Krieg exis-tierende Wasserknappheit durch den Mangel an Elektri-zitt und Treibstoen im Jemen massiv.*[74] Nach UN-Angaben fehlte im JemenMitte Mai 2015 13,4MillionenMenschen der Zugang zu sauberem Wasser.*[75] NachUN-Angaben von Juni 2015 gefhrdete der Mangel anDieselkraftsto das Leben von 10 Millionen Menschendurch den Verlust des Zugangs zu Wasser.*[71]Nach Angaben von Oxfam hatten die anhaltenden Luft-angrie, die Bodenkmpfe und der Mangel an TreibstoEnde Mai 2015 dazu gefhrt, dass zustzliche drei Mil-lionen Jemeniten kein Trinkwasser hatten, sich so die An-zahl der Jemeniten ohne Versorgungmit sauberem Trink-wasser und sanitren Anlagen von 13 Millionen vor derjngsten Eskalation auf mindestens 16 Millionen erhhthatte und somit fast zwei Drittel der gesamten Bevlke-rung im Jemen ausmachte.*[59]*[74]*[60]Aufgrund der Ausung der lokalen Wasserversorgungwaren die Menschen laut Oxfam gezwungen Wasserzu trinken, das die Gesundheit massiv gefhrde, wes-halb Oxfam die Ausbreitung potentiell tdlicher Krank-heiten wie Malaria, Cholera und Diarrhoe zu befrch-tete.*[59]*[76]*[73] Millionen Menschen gruben unge-

    schtzte Brunnen oder mussten sich auf mit Lastwagenherbeigeschates Wasser sttzen, das aber fr die meis-ten Jemeniten nicht mehr verfgbar war und dessen Preissich laut Oxfam-Angaben vom Mai 2015 in mehrerenProvinzen fast verdreifacht hatte.*[59]Ende Juni 2015 kamen Experten zu der Einschtzung,dass der Wassermangel bei steigenden Wasserpreisen eingreres Problem fr die Jemeniten werden knne alsder Krieg selbst. Zu diesem Zeitpunkt waren die meis-ten mit Gas betriebenen Pumpen, die die Wasserversor-gung betrieben, nicht mehr betriebsbereit, whrend dasvon den noch funktionsbereiten Pumpen bereitgestellteWasser nicht preisgnstig zu beziehen war. Nach Anga-ben von Abdulkhaleq Alwan, einem fhrenden Exper-ten des jemenitischen Ministeriums fr Wasser und Um-welt, brachten durchschnittliche Jemeniten inzwischenmit ber 30 Prozent ihres Einkommens den weltweithchsten Einkommensanteil allein fr den Bezug vonWasser in ihre Huser auf. Seit Mrz 2015 hatten sichdie Wasserkosten demnach mehr als verdreifacht undje Kubikmeter Wasser 10.000 Jemen-Rial (47 US$) er-reicht, weil die Preises fr Diesel-Kraftsto, der zumPumpen des Wassers aus den Brunnen bentigt wurde,und fr Benzin fr Lastwagen enorm angestiegen wa-ren und bei Diesel manchmal 100 US-Dollar je 20 Li-ter und bei Benzin rund 40 US-Dollar je 20 Liter aufdem Schwarzmarkt betrugen. Die einzige Alternative frdie Inhaber von Wasserlastwagen bestand demnach dar-in, jeweils drei bis vier Tage zum Kauf von preisgnsti-gerem Benzin an Tankstellen anzustehen. Nach den An-gaben Alwans konnten manche Menschen im Jemen, wodie Hlfte der Bevlkerung von weniger als 2 US-Dollatam Tag leben sollte, nicht das Geld zumWasserkauf auf-bringen. In einigen Stdten und verstdterten Gebieten -einschlielich der Zweimillionenstadt Sanaa - bezahltenwohlhabende Bewohner Brunnenbesitzer und Fahrer da-fr, Wasser kostenlos in rmere Gebiete auszuliefern, wodie in der Regel dafr zustndigen Frauen und Kinder ih-re Behlter aullen konnten.*[65]Im Falle von Sanaa bestand das Problem zudem darin,dass im Falle eines Trockenfallens der wasserfhrendenSchicht fr die Stadt keine alternative Wasserversorgungbestand.*[65]

    2.2.4 Lebensmittelversorgung

    Aufgrund der fehlenden Energietrger wie Diesel-Kraftsto und der unsicheren Lage konnten ber 250.000Tonnen Getreide in Vorratslagern in Aden und al-Hudaida weder von den Mhlen verarbeitet, noch trans-portiert oder gekocht werden.*[71]*[43]*[72] Hohe Prei-se und begrenzte Verfgbarkeit von Weizen auf denMrkten trafen arme und gefhrdete Menschen.*[71]Die Anzahl der Menschen in Bezug auf die Ernhrungals versorgungsgefhrdetet gemeldeten Menschen im Je-men war nach einer gemeinsamen Studie von FAO, WFP

  • 6 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    und MoPIC (Ministry of Planning and International Co-operation in Yemen) vom 17. Juni 2015 um 17 % gegen-ber dem Beginn des Konikts Ende Mrz 2015 steilangestiegen.*[53]*[8]*[78]*[79]*[80] Gegenber demletzten Quartal von 2014 war der Bedarf an Noternh-rung und lebenserhaltender Hilfe stark angestiegen.*[79]8 Millionen Menschen, 2,3 Millionen mehr als im Mrz besaen zu diesem Zeitpunkt keinen ausreichenden Zu-gang zu Nahrungsmitteln, darunter 6 Millionen, die alsstark versorgungsgefhrdet eingestuft wurden.*[8]*[78]In zehn Provinzen (Adan, ad-Dali', Lahidsch, Ta'izz,Abyan, Sa'da, Haddscha, al-Hudaida, al-Baida', Schab-wa) wurde der Ernhrungsnotstand (IPC Phase 4) er-reicht. In neun Provinzen (Amran, Sanaa, Dhamar, StadtSanaa, Ibb, Ma'rib, Raima, al-Mahwit, al-Dschauf) er-reichte die Ernhrungslage nach der Einstufung Krisen-zustand (IPC Phase 3).*[78]*[79]*[53]*[80]*[81] Damitwar die Hlfte der Bevlkerung im Jemen in Bezug aufdie Ernhrung versorgungsgefhrdet und fast ein Viertelakut versorgungsgefhrdet, bei erwarteter stetiger Ver-schrfung der Lage. Die Zahlen der Studie von Mitte Ju-ni 2015 zeigten laut UN an, dass der Konikt und derLebensmittel- und Treibstomangel an den Mrkten denJemen in Richtung eines vollstndigen Zusammenbruchsin der Ernhrungssicherung und Gesundheitsversorgungbrachten.*[53]Gegenber dem Vorkrisenstand wiesen die gewerblichenGetreideimporte fr den Zeitraum von vier Monaten imJemen nach den ersten drei Juni-Wochen seit Mrz 2015bereits ein Importdezit von 400.000 Tonnen auf. NachUN-Angaben bestand die Gefahr, dass die Getreidevor-rte im Jemen bis Ende des Jahres 2015 vollstndig auf-gebraucht sein wrden, wenn die gewerblichen Impor-teure nicht das Vertrauen htten, nach August noch Ein-fuhrauftrge zu erteilen.*[52] Am 19. Juni 2015 warnteJustine Greening, Ministerin fr Internationale Entwick-lung in Grobritannien, dass bis zum Ende des Jahres2015 Millionen von Menschen im Jemen der Hundertoddrohe, wenn der anhaltende Konikt eine Hungerkriseschae.*[82]

    2.2.5 Drohender Zusammenbruch des Gesund-heitssystems

    Die WHO berichtete, der monatelanger Brgerkrieg unddie saudischen Luftangrie strzten den Jemen in Elendund Chaos. Die medizinische Versorgung brach allmh-lich zusammen, wie die Weltgesundheitsorganisation be-richtete.*[7] Die WHO warnte bereits im April 2015 vordem unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch desGesundheitssystems im Jemen,*[83]*[7]*[84] der nachUN-Angaben von Juni 2016 aufgrund des andauern-den Mangels von Treibsto und Versorgungslieferungensowie auf die permanent unsicheren Lage kurz bevor-stand.*[85]*[32] Ende Juni 2015 erreichte das Gesund-heitssystem seine Belastungsgrenze.*[8]Bereits im April 2015 wurde eine Reihe Krankenhu-

    ser bei den Kampfhandlungen zerstrt, andere wie diegrte Klinik Al Thawrah mit 850 Patienten konntenaufgrund stndiger Stromausflle und fehlender Medi-kamente ihren Betrieb kaum noch aufrechterhalten. DiePreise fr wichtige Basisheilmittel waren um mehr als300 Prozent gestiegen, whrend sich gleichzeitig Krank-heiten wie Durchfall oder Masern ausbreiteten. Die sichverschlechternde Hygiene und der grassierenden Mangelan sauberemWasser machten die die Lage besonders bri-sant. Es wurden immer mehr Flle von Unterernhrung,vor allem bei Kleinkindern und Frauen, registriert.*[7]Mitarbeiter im Gesundheitsbereich betonten auch diepsychisch traumatischen Auswirkungen der Bombardie-rungen und Gefechte auf das Wohl der Menschen, insbe-sondere der Kinder.*[86]EndeMai 2015 bentigten nachWHO-Angaben 8,6Mil-lionen Menschen dringend medizinische Hilfefr mitdem Krieg in Zusammenhang stehende Verletzungen undaus allgemein medizinischen Grnden.*[87] Nachdemdie UN im Mai 2015 noch angegeben hatte, dass 8,4Millionen Menschen im Jemen Mitte Mai 2015 keinenZugang zu medizinischer Grundversorgung hatten,*[75]wurde ihre Zahl im Juni 2015 von den UN auf ber 15Millionen (ca. 58 Prozent der Bevlkerung) daruntereine Million Binnenchtlinge beziert und eine Zu-nahme von 40 Prozent gegenber den Zahlen vom Mrz2015 angegeben.*[71]*[47]*[85]*[88]*[32]

    Gesundheitseinrichtungen und Infrastruktur Einewachsende Anzahl von Gesundheitseinrichtungen verloraufgrund des Konikts und der Unterbrechung der Ver-sorgung seine Betreibsbereitschaft.*[32]Es kam zu einer drastischen Verminderung der Gesund-heitsdienste in allen entlichen und privaten Kranken-husern, insbesondere in den Operationsslen und In-tensivstationen.*[89] Nach UN-Angaben waren aufgrundvon Mangel an Mitarbeitern und Treibsto bis MitteMai 2015 seit Mrz 2015 153 Gesundheitseinrichtun-gen im Jemen geschlossen worden,*[75]*[87] die bis zurSchlieung bei der Ernhrung von 450.000 Kindern imAlter von unter fnf Jahren geholfen hatten.*[89] DieSchlieung dieser Gesundheitseinrichtungen fhrte lautUN unter anderem dazu, dass fr 2,6 Millionen Frauenim fortpanzungsfhigen Alter kein Zugang zu Dienstender Fortpanzungsmedizin bestand, 257.400 schwange-ren Frauen keine sichere Geburt mglich war und 483Frauen an Komplikationen whrend der Niederkunft auf-grund des Fortfalls von Geburtshilfediensten verstorbensein mgen.*[75]*[88]Laut Angaben von rzte ohne Grenzen im Jemen vomApril 2015 blieben die Verletzten und Kranken in Adenoftmals unversorgt, weil es ihnen nicht mglich war,in der zu einem anhaltenden Kriegsschauplatz geworde-nen Stadt, in der Straenkmpfer und Heckenschtzenaktiv waren, zum Krankenhaus zu gelangen. Aufgrundder abgeschnittenen Verbindungswege konnten Verletz-

  • 2.2 Blockade- und Kriegsauswirkungen auf die Versorgungslage 7

    te demnach seit Anfang April 2015 nicht mehr die wich-tigen Krankenhuser in Aden erreichen.*[86] Nach UN-Angaben vom Mai 2015 strmten Milizen auch Adensgrtes Krankenhaus und entfhrten einige Patienten,whrend rzte und andere Kranke chteten.*[38]Bis Anfang Juni 2015 wurden zehn Mitarbeiter im Ge-sundheitswesen in Ausbung ihrer Ttigkeiten gettetoder verletzt.*[43] Mindestens 53 Gesundheitseinrich-tungen wurden bis Mitte Juni beschdigt, darunter 17Krankenhuser sowie die Operationszentrale des Ge-sundheitsministeriums in Sanaa, die alle Notfalloperatio-nen im ganzen Land verwaltete.*[88]*[71]

    Mangel an Medikamenten und medizinischen Ver-brauchsgtern Vor der Eskalation der Gewalt hatteder Jemen 80 Prozent der Medikamente und pharmazeu-tischen Gter importiert.*[72]Bereits im April 2015 konnten die Krankenhuser oft-mals keine Notfallbehandlungen mehr anbieten.*[83]*[7]Es kam zu einem kritischen Mangel an Medikamentenfr Diabetes, Bluthochdruck und Krebs sowie an unent-behrlichen Vrrten einschlielich Erste-Hilfe-Sets undand Blutkonserven.*[88]Medikamente gegen chronische Krankheiten wie Dia-betes, Krebs, Bluthochdruck, chronische respiratori-sche Erkrankungen und Hmophilie waren aufgrunddes auch Medikamente und medizinische Verbrauchs-gter treenden strikten Embargos nicht mehr erhlt-lich.*[87]*[32] Der Mangel an medizinischen Gternverstrkte sich mit der Forsetzung des Embargos und zogeine zunehmendeMenge an erwachsenen und minderjh-rigen weiblichen und mnnlichen Patienten in Mitleiden-schaft, bei denen es sich vorwiegend um Zivilisten han-delte, die nicht zu den Koniktparteien gehrten und de-ren Recht auf Gesundheit gefhrdet wurde.*[32]2,5 Millionen Kinder unter fnf Jahre schtzte UNICEFals unmittelbar gefhrdet von Durchfallerkrankungen ein,whrend bis zu 1,3 Millionen Kinder vermutlich an ver-meidbaren Krankheiten wie Lungenentzndung und Ma-sern leiden wrden, da die Impfkampagnen zum Still-stand gekommen waren.*[90]*[88]*[91]

    Unterernhrung Als die Hilforganisation Oxfamnoch von 400 getteten Zivilisten und 150.000 in die Bin-nenucht getriebenen Menschen ausging, gab sie fr ih-re Unterschriftenaktion fr einen permanenten und so-fortigen Waenstillstandan, dass sich die Anzahl akutunterernhrter Kinder im Jemen von 1 Million vor demKonikt auf 2 Millionen seit Beginn des Konikts er-hht habe.*[92] Nach Angaben der UN waren im Mai2015 850.000 Kinder akut unterernhrt.*[75] Anfang Ju-ni 2015 meldete UNICEF, dass 15.000 Kinder und ins-gesamt 2,5 Millionen Menschen im Jemen mit schwe-rer akuter Unterernhrung (severe acute malnutrition=SAM) von der Schlieung von 158 ambulanten therapeu-

    tischen Programmen (OTPs) betroen waren.*[41]UNICEF-Sprecher Christophe Boulierac warnte am 8.Mai 2015, dass 120.000 Kinder im Jemen fr die fol-genden drei Monate in unmittelbarer Gefahr starker Un-terernhrung verblieben, falls es nicht gelinge, dass dieGesundheits- und Hygienedienstleistungen ihre normalFunktionalitt wiedererlangten.*[90] Bis Mitte Juni kames in den Krankenhusern zu einem Anstieg der Aufnah-men von Fllen der Unterernhrung von 150 % seit Mrz2015.*[88] Verantwortlich fr die rapide Verschlechte-rung der Situation, der die Kinder im Jemen ausgesetztwaren, waren laut UNICEF grtenteils Restriktionendes Imports von Treibsto und Nahrung.*[90]Der UN-Sondergesandte im Jemen, Ismail Ould CheikhAhmed sagte im Juni 2015, der Jemen sei einen Schrittvon einer Hungersnot entfernt.*[93]Nach UNICEF-Schtzungen vom Ende Juni 2015 stan-den ber eine halbe Million Kinder im Alter unter fnfJahren in Gefahr, einer schweren akuten Unterernhrungim Zeitraum der folgenden zwlf Monate fr den Fall,dass die Lage sich weiter verschlechterte - im Vergleichzu 160.000 vor der Krise. Weitere 1,2 Millionen Kinderim Alter unter fnf Jahren befanden sich in Gefahr einermittelgradigen Unterernhrung eine annhernde Ver-dopplung der Vorkrisenzahl.*[91]

    bertragbare Krankheiten Der Zusammenbruchder Wasserversorgung sowie der Sanitr- und Gesund-heitssysteme stellte laut UN ein signikantes Risi-kofr die weitere Verbreitung bertragbarer Krank-heiten dar.*[85] Die WHO beschrieb Ausbrche vonKinderlhmung und Masern als ernsthafte Risiken.*[87]Bereits im April 2015 wurde aufgrund von Stromausfl-len und Treibstomangel die Khlkette fr Impfstoe un-terbrochen.*[83]*[7] Nach UNICEF-Angaben von Juni2015 wurden Kinder nicht geimpft, weil die Gesundheits-zentren entweder nicht ber den Strom oder Kraftstoverfgten um die Impfstoe khl zu halten und zu vertei-len, oder weil Eltern durch Furcht vor den Kmpfen dar-an gehindert wurden, ihre Kinder zur Impfung zu brin-gen. Daraus resultierte laut UNICEF ein tdlicher Ver-lauf der bei Krankheiten von Kindern wie Masern undLungenentzndung, der unter Normalbedingungen ver-meidbar gewesen wre. Laut UNICEF setzte die Unter-brechung der Impfversorgung geschtzte 2,6 MillionenKinder unter 15 Jahren dem Risiko der Infektion mit Ma-sern als einer potenziell tdlichen Krankheit aus, die sichin Zeiten der Konikte und der Binnenvertreibung rapideausbreitet. Die Anzahl der Kinder, die akuten respirato-rischen Infektionen (ARIs) ausgesetzt waren, wurde mitvermutlich rund 1,3 Millionen beziert, da seit der Es-kalation des Konikts im Mrz viele Krankenhuser undGesundheitszentren nicht ordnungsgem arbeiteten undso der Zugang zu rechtzeitiger Behandlung fr die Elternzunehmend erschwert war.*[91]

  • 8 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    Aufgrund der fehlenden Verfgbarkeit von sauberemWasser, schlechter sanitrer Bedingungen und des fehlen-den Zugangs zu WHO-Trinklsung befanden sich nachUNICEF-Schtzung im Juni 2015 2,5 Millionen Kinderin Gefahr einer Durchfallerkrankung im Vergleich zu 1,5Millionen vor dem Konikt.*[91]*[90]Nach WHO-Angaben von Juni 2015 hatten die Krisen-verhltnisse ein perfektes Umfeld fr die Ausbreitungbertragbarer Krankheiten geschaen.*[32] Mitte Ju-ni meldeten die UN Mitte eine alarmierende Anzahl anFllen und resultierenden Totendurch Dengueeber inmehreren Gebieten des Jemen,*[85] mit ber 3.000 Ver-dachtsfllen und mehreren besttigten Toten seit Mrz2015.*[88]*[94]*[95]*[32] Die Flle von ttlich verlau-fendem Dengue-Fieber stiegen im Jemen rasch an. InAden wurden Ende Juni 2015 von den Behrden 8.000Flle von Dengue-Fieber (doppelt soviele wie zwei Wo-chen zuvor) mit 590 Toten (fnf Mal soviele wie zweiWochen zuvor) doppelt, was einer durchschnittlichen tg-lichen Neuerkrankung in Aden von durchschnittlich 150Menschen mit tglich 11 Toten entsprach.*[72] Zwarweist der Jemen endemisch das Dengue-Fieber wie auchdas Chikungunyaeber mit einer hohen Abundanz vonwirksamen Krankheitsbertrgern des Erregers wie derStechmckenart Stegomyia aegypti (Linnaeus, 1762) aufund es war auch ein saisonal akuter Anstieg der Krank-heitsflle fr die Jahreszeit erwartet worden, doch unter-schied sich die aktuelle Situation im Jahr 2015 im Je-men von der in den vorangegangenen Jahren. Obwohl dieInformationen aus den unter Sicherheitsaspekten beein-trchtigten Gebieten des Jemen - insbesondere in Aden,von wo die meisten Flle gemeldet wurden - schwer zuverizieren waren, und die erhobenen Daten daher mitVorsicht zu deuten waren, war ein signikanter Anstiegin der Zahl der gemeldeten Flle von Dengue-Fieber imJemen aus dem Jahr 2015 gegenber dem Jahr 2014 nachWHO-Angaben aus epidemiologischer Sicht klar erkenn-bar.*[96]Die WHO meldete ein hohes Risiko fr einen Ausbruchvon Kinderlhmung im Jemen, einer Krankheit die seit2006 nicht mehr im Jemen aufgetreten war. Die Sor-ge wuchs, dass Krankheiten wie Dengue-Fieber, Masern,Rteln und Malaria weitere Binnenucht auslsen knn-te.*[72]

    2.3 Flucht und Bevlkerungsbewegungen

    Anfang Juli 2015 befanden sich im Jemen nach UN-Angaben ber eine Million Binnenchtlinge und zustz-lich rund 244.000 Flchtlinge. Viele Binnenvertriebeneim Jemen waren fr humanitre Organisationen schwerzu erreichen.*[97]

    2.3.1 Binnenchtlinge

    Entwicklung der Binnenucht whrend der Militrinter-vention nach UN-Angaben

    Anfang Juni 2015 meldeten die UN in einer neuen Scht-zung einen rapiden Anstieg der Anzahl der Binnencht-linge auf ber eine Million Menschen,*[23] mit Konzen-trationen in den Provinzen Haddscha und ad-Dali'.*[47]Kurz zuvor waren die UN Medienangaben von AnfangJuni 2015 noch davon ausgegangen, dass eine halbe Mil-lion Menschen im Jemen obdachlos waren.*[108]Bereits vor Mitte April 2015 hatte sich der UNHCRbesorgt gezeigt ber die Sicherheit der 330.000Binnenvertriebenen sowie der 250.000 zumeist somali-schen Flchtlinge im Jemen. Es hatte die internationaleStaatengemeinschaft aufgerufen, Flchtlinge aus Jemenaufzunehmen.*[109]*[110]Allein in den ersten drei Wochen der saudischen Luft-angrie und neuerlichen Auseinandersetzungen riva-lisierender Fraktionen am Boden wurden nach UN-Angaben rund 150.000 gezwungen ihre Huser zu ver-lassen.*[111]*[112]*[113] Innerhalb des Zeitraums vom17. bis zum 28. April 2015 kam es Schtzungen zufol-ge nach UN-Angaben zu mehr als einer Verdopplung derBinnenchtlinge auf ber 300.000 Menschen, die auf-grund des eskalierenden Konikt ihre Huser verlassenhatten.*[114]*[101] In den Provinzen Haddscha, ad-Dali'und Abyan war zu diesem Zeitpunkt den verfgbaren Da-ten zufolge die hchste Anzahl an Vertriebenen.*[101]Die Angabe der UN vom 15. Mai 2015, die die An-zahl der Binnenchtlinge seit dem 26. Mrz 2015 auf450.000 schtzte, wurde bereits zwei Tage spter um fast100.000 nach oben korrigiert:*[103] Bis zum 7.Mai 2015wurden nach Angaben des UNOCHA vom 17. Mai 2015545.719Menschen seit dem 26. Mrz in die Binnenuchtgetrieben.*[115]*[104]*[116]*[103]Die WHO warnte Anfang Juni, dass Massenbevlke-rungsbewegungen und ein versagendes Gesundheitssys-tem im Jemen zu erhhten lebensbedrohenden Gesund-heitsgefhrdung der Binnenchtlinge gefhrt habe. Vie-le der ber eine Million Menschen, die vor der Gewaltin benachbarten Provinzen geohen waren, waren im f-fentlichen Raum untergebracht, wo die Lebensbedingun-gen berfllt und oftmals beengt und oftmals unhygie-nisch waren.*[117] Die Verdoppelung der Binnencht-lingszahlen seit AnfangMai 2015 lie es laut den UN not-wendig erscheinen, die Anstrengungen zur Bewltigungdes dringenden Bedarfs an Wasser, sanitren Anlagen,Gesundheitsversorgung und Nahrung zu erhhen. Einigeder Gebiete, die die meisten Binnenchtlinge aufnah-men, waren zugleich die Gebiete mit der unsichersten Er-nhrungslage vor der Krise. Dadurch erhhte sich die Be-lastung fr die dortige Bevlkerung, insbesondere in denProvinzen Haddscha, ad-Dali' und Lahidsch. Die Sicher-heitsnetze der beherbergenden Familien, die bereits von

  • 2.3 Flucht und Bevlkerungsbewegungen 9

    mehreren Jahren der Unstabilitt und lokal begrenztenKonikte belastet waren, wurden ebenfalls gedehnt.*[71]Eine massive Binnenucht setzte in der Provinz Sa'da ein,als Saudi-Arabien die Zivilisten auorderte, die Regionzu verlassen. Bis zum 9. Mai 2015 kamen nach Angabenlokaler Behrden mindestens 4.000 chtende Familienin Amran und bis zu 2.500 chtende Familien in Sanaa,whrend die Zahlen der Neuankmmlinge in Haddschaund al-Hudaida zunchst (Stand: Juni 2015) nicht ver-entlicht wurden. Aufgrund der sehr groen Zahl anBinnenchtlingen kamen die aufnehmenden Gemein-den damit nicht zurecht, und die Binnenchtlinge nah-men in entlichen Gebuden, Schulen und Universit-ten Zuucht.*[107]Viele der Binnenchtlinge - insbesondere in den weni-ger entwickelten und lndlichen Gebieten - hatten nichtdie Mglichkeit, in entlichen Gebuden wie Schulen,Krankenhusern oder wie in Aden auch in Hotels Schutzzu suchen, so dass Familien nach UN-Angaben unter un-wrdigen Bedingungenunter Bumen, in Hhlen und innicht fertiggestellten Gebuden lebten und Frauen, Md-chen und Jungen sowie alte Menschen Sicherheitsrisi-ken ausgesetzt waren. Berichten aus Sa'da, Haddscha,al-Hudaida, Sanaa und anderen Gebieten zufolge warenoenbar verschiedene Familien gezwungen gewesen, inAbwasserrhren (in Sanaa), in Hhlen (in Marib), un-ter Bumen oder ganz im Freien (in al-Hudaida, Abyanund anderen betroenen Provinzen) Zuucht zu suchen,whrend zustzlich in einigen Gebieten die Regensaisonbegonnen hatte und wie in Amran und al-Dschauf Flut-gefahr mit sich brachte. Das Shelter/CCCM/NFI-Clusterder UN-Hilfe behielt seine Strategie aufrecht, keine Zeltezu verteilen, um die Bildung von Lagern oder lagerarti-gen Siedlungen zu verhindern, musste aber im Juni auf-grund der sich weiter verschlechternden Lage und wach-sender Anfragen diese Haltung vorbergehend aufgeben,um den Partnerorganisationen der UN die Verteilung vonZelten an Familien zu ermglichen.*[118]Nach UN-Angaben von Juni 2015 war die Herkunfts-provinz der ber einer Millionen Binnenchtlinge in et-wa der Hlfte der Flle (528.000) nicht erfasst worden.Von den bekannten Fllen stammten (gerundete Anga-ben) 109.000 aus der Provinz Sanaa, 97.000 aus ad-Dali',77.000 aus Aden, 49.000 aus Sa'da, 46.000 aus Lahi-dsch, 29.000 aus Haddscha, 23.000 aus Ta'izz, 17.000 ausSchabwa, 12.000 aus Abyan, 8.000 aus Ma'rib, 6.000 ausHadramaut, 5.000 aus Ibb, je 4.000 aus al-Hudaida undal-Dschauf, sowie je 1.000 aus Amran, Dhamar und al-Baida'.*[77]Die UN-Angaben fr die Anzahl der Binnenchtlingebercksichtigten nur Binnenchtlinge, die seit dem 26.Mrz 2015 registriert wurden, whrend Binnenchtlin-ge, die vor der Eskalation des Konikts ab dem 26. Mrz2015 registriert wurden, nicht zugezhlt wurden. Die UNgingen jedoch davon aus, dass ein erheblicher Anteil derVorkrisenbinnenchtlinge whrend der saudisch gefhr-

    ten Militrintervention erneut vertrieben worden und so-mit in den Angaben der UN enthalten war. Nach der Ein-schtzung der UN waren die UN-Angaben fr die An-zahl der Binnenchtlinge niedriger als die tatschlicheAnzahl der Binnenchtlinge, da die bestehenden Ein-schtzungen in einigen Gebieten wie in den ProvinzenAden, Sanaa and Sa'da aufgrund von eingeschrnkter Te-lekommunikationsmitteln und dem Mangel an Zugang ineinigen Gebieten die mit den UN zusammen arbeitendenPartner davon abhielt, umfassende Bewertungen durch-zufhren.*[23]

    2.3.2 Flucht und Evakuierung aus dem Jemen

    Nach Schtzungen befanden sich im Mai 2015 noch250.000 Flchtlinge und eine Million Migranten, vor al-lem Somali und thiopier, unter prekren Bedingungenin Lagern und in Aufnahmezentren oder lebten in Armutin Stadtgebieten im Jemen.*[21]Seit Beginn der Militrintervention am 26. Mrz 2015kam es weder zu Landungen, noch zu Abgen kom-merzieller Flge im Jemen, wo Tausende Menschen fest-saen. Auch die Mobilitt innerhalb des Jemens waraufgrund des Treibstomangels und der Checkpointsschwierig und minderte die Mglichkeiten fr die imJemen festsitzenden Menschen.*[119] Der Konikt undConict der schwierige humanitre Notstand im Jemenzwangen in den ersten zwei Monaten rund 20.000 gefhr-dete Menschen zur Flucht aus dem Jemen zum Horn vonAfrika.*[119]*[21]*[75] Zu ihnen gehrten Flchtlingeaus Somalia, Arbeitsmigranten aus Drittlndern und je-menitische Zivilisten.*[119]Bis zum 15. Mai 2015 hatten nach UN-Angaben mehrals 28.700 Jemeniten und Third country nationals (TCNs)seit der Eskalation des Konikts Mitte Mrz 2015 den Je-men verlassen und waren in Dschibuti, thiopien, Oman,Saudi-Arabien und im Sudan registriert worden.*[120]

    Flchtlinge und Bevlkerungsbewegung Ent-wicklung der am Horn von Afrika seit 26. Mrz 2015angekommenen Flchtlingszahlen aus dem Jemen bisEnde Juni 2015

    Viele derjenigen, die vor der Gewalt geohen wa-ren, gelangten letztlich ber die schmale Meeresstraenach Dschibuti.*[130] Die rund 850.000 Einwohner vonDschibuti, wohin viele der Tausenden aus dem Jemenchtenden Menschen ohen, hatte bereits zuvor 28.000Flchtlinge aus dem benachbarten Somalia aufgenom-men.*[131] Bis zum 30. April 2015 ohen nach Anga-ben der IOM rund 12.300 Menschen aus dem Jemenber das Rote Meer zum Horn von Afrika, davon 8.896nach Dschibuti, 2.285 nach Puntland und 1.125 nachSomaliland.*[122] Whrend der sogenannten humanit-ren Pausevom 12. bis zum 17. Mai 2015 verlieen nachAngabe der IOM Hunderte Menschen den Jemen, indem

  • 10 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    sie mit dem Boot ber das Rote Meer nach Dschibutioder ber den Golf von Aden nach Somalia fuhren. Vielefuhren das geographisch nahgelegene und historisch engmit dem Jemen verbundene Dschibuti an, dessen Regie-rung eine Politik der Oenen Tr fhrte. Seit Mrz 2015kamen bis Mitte Mai 2015 vor allem ber den Hafenvon Obock und die Hauptstadt Dschibuti City 13.000Menschen aus dem Jemen in Dschibuti an, wobei es sichbei 13 Prozent um Rckkehrer dschibutischer Nationali-tt handelte, bei 42 Prozent um Somali und bei 45 Pro-zent um in das Land ihrer Herkunft zurckrckkehrendeTCNs.*[119]*[75]In Somalia waren bis Mitte Mai 2015 ber 7.000 Mi-granten und Flchtlinge aus dem Jemen ber verschie-dene Hfen in Somaliland und Puntland, ber 5.000ber Boosaaso und 2.000 ber dem Hafen von Berberaangekommen. Bei ihnen handelte es sich in 90 Pro-zent der Fllen um somalische Staatsangehrige, wh-rend die brigen TCNs waren, vor allem aus Dschibu-ti, thiopien, Kenia, Syrien und den USA.*[119] Am19. Mai 2015 ermglichte die somalische Regierung 900und am 20. Mai weiteren 600 somalischen Flchtlingendie Selbst-Wiedereinbrgerung per Boot aus der ProvinzAden (al-Buraiqeh-Bezirk) nach Berbera.*[120]*[75] Biszum 28. Mai 2015 kamen nach IOM-Angaben seit dem26. Mrz 2015 insgesamt 14.410 Menschen mit Bootenund Chartergen in Dschibuti an, von denen 40 Pro-zent durchreisende TCNs, 48 Prozent Jemeniten und 12Prozent Staatsangehrige Dschibutis waren. In SomaliaArrivals erhhte sich die Anzahl der Angekommenen er-heblich alleine zwischen 21. und 27. Mai kamen 3.665Menschen in den Hfen in Berbera (Somaliland) und Bo-saso (Puntland) an und erhhten die Gesamtzahl der seitEnde Mrz 2015 Angekommenen auf 11.879. In Punt-land kamen am 22. und 27. Mai zwei Boote mit insge-samt 2.413 Passagieren an. In Somaliland kamen inner-halb von drei Tagen 1.382 Menschen in drei Booten anund berforderten die Aufnahmekapazitten in Berbe-ra.*[121]Nach Angaben des UNHCR mit Stand vom 22. Mai2015 kamen bei der Bevlkerungsbewegung aus demJemen 11.200 Menschen nach Dschibuti, 7.800 nachSaudi-Arabien, 7.300 nach Somalia, 500 nach Oman und300 in andere benachbarte Lnder.*[105]*[106] NachIOM-Angaben kamen bis zum 10. Juni 2015 18.129Menschen aus dem Jemen in Dschibuti an (darunter8.883 Jemeniten, 7.433 TCNs und 1.813 Staatsbrgervon Dschibuti) und 14.524Menschen in Somalia (19.485in Puntland, 3.944 in Somaliland und 95 immittleren S-den).*[107]*[121]Trotz der ansteigenden Flchtlingsstrme zum Horn vonAfrika wurden nach UNHCR-Angaben von April 2015Hunderte, zumeist aus Somalia und thiopien stammen-de Asylsuchende, vom jemenitischen Roten Halbmondregistriert, die weiterhin in umgekehrter Richtung an denKsten des Jemen ankamen und die entweder in Un-kenntnis der Lage im Jemen oder unter Kontrolle von

    Flchtlingsschleppern waren und nicht entiehen konn-ten.*[110]

    Evakuierte vorm Einschien auf die INS Sumitra,*[132] die zwi-schen 31. Mrz und 15. April 2015 959 Brger indischer und662 anderer Nationalitt aus Aden, al-Hudaida und asch-Schihrnach Dschibuti evakuierte.*[133]

    Evakuierung auslndischer Staatsbrger Zahlrei-che Staaten wie China und Indien brachten auch mitHilfe ihrer Streitkrfte ihre Landsleute sowie Staats-brger anderer Nationen aus dem Jemen in Sicher-heit.*[134]*[135] Allein die indischen Marineschie (In-dian Naval Ships) INS Sumitra, INS Mumbai und INSTarkash evakuierten zwischen dem 31. Mrz und 15.April 2015 ber 3000 Menschen, darunter auch rund1300 Nichtinder, aus dem Jemen.*[133]Nachdem China bereits 571 eigene Staatsbrger sowieacht Auslnder, die fr chinesische Firmen arbeiten, inSicherheit gebracht hatte, rettete die chinesische Mari-ne nach Angabe des chinesischen Auenministeriums ineiner sehr riskanten Aktion mit einer Fregatte 225 Aus-lnder auf Bitte der Herkunftsstaaten und brachte sie vonAden aus nach Dschibuti. Unter den Evakuierten befan-den sich nach den chinesischen Angaben vor allem Pa-kistaner, aber auch Staatsbrger aus thiopien, Singapur,Italien, Polen, Kanada, Irland und Grobritannien sowieaus dem Jemen. Das deutsche Auenministerium best-tigte zudem die Evakuierung dreier Deutscher und erklr-te sich der chinesischen Regierung fr die geleistete Un-tersttzung sehr dankbar.*[136]*[137] Nach Angabeneiner Auenamtssprecherin handelte es sich um das ins-gesamt erste Mal, dass China Auslnder aus einer Gefah-renzone geholt hatte.*[137]Die trkische Marine evakuierte nach Angaben destrkischen Auenministers Mevlt avuolu in einerRettungsaktion 55 trkische Staatsbrger aus dem Je-men.*[136]*[137] Russland holte seine rund 300 Staats-brger am 3. April 2015 mithilfe zweier Passagierma-schinen aus Sanaa.*[137] Das franzsische Militr eva-kuierte 44 Auslnder aus dem Osten des Jemen auf einim Indischen Ozean stationiertes Schi.*[138]

  • 2.4 Tote und Verletzte 11

    Die deutsche Bundesregierung lie am 17. April 2015nach Angaben des deutschen Auenministeriums 100,berwiegend deutsche Personen mit einem fr die Aktiongecharterten jordanischen Flugzeug aus dem Jemen nachDschibuti ausiegen, unter denen sich demnach nebenDeutschen auch Brger anderer Staaten befanden, dar-unter zahlreiche EU-Brger.*[139]*[134]*[140]*[135]Zwischenzeitlich war fr den Fall, dass sich keine zivi-len Mglichkeiten bieten, auch eine Evakuierung durchdie Bundeswehr erwogen worden.*[139]*[140]Die Internationale Organisation frMigration (IOM) halfnach eigenen Angaben vom 30. April 2015 bis zu die-sem Zeitpunkt 573 TCNs aus ber 30 Lndern dabei,den Jemen durch vier Flugumlufen am 12., 14., und28. April (von Sanaa nach Khartum) sowie am 19. April(von Sanaa nach Addis Abeba) zu verlassen. Am 20.April hatte IOM die Evakuierungsmanahmen im Jemenaufgrund von Schwierigkeiten am Flughagen Sanaa zwi-schenzeitlich ausgesetzt. Als IOM die Evakuierungsma-nahmen am 28. April nach Zusicherungen der Durch-fhrbarkeit wieder aufgenommen hatte, wurde die Roll-bahn des Internationalen Flughafens in Sanaa noch amselben Tag von einem Luftangri getroen, so da nach-folgende IOM-Flge gestrichen werden mussten. Bis zum30. April 2015 erhielt die IOMAnfragen von ber 50 Re-gierungen fr humanitre Evakuierungen, vor allem ausOstafrika, dem Mittleren Osten, Europa, Nordamerikaund Asien. The EU, die USA, Deutschland und Sdko-rea sicherten nanzielle Untersttzungen fr die Evaku-ierungsmanahmen der IOM zu.*[122]Whrend der am 17. Mai 2015 geendeten, fnftgigen,sogenannten humanitren Pauseim Jemen evakuier-ten Partnerorganisationen der UN 641 TCNs aus demJemen, darunter auch 95 Somali, die am 17. Mai nachMogadischu evakuiert wurden.*[116]Mit Stand vom 1. Juli 2015 handelte es sich nach An-gaben des IOM bei 29 Prozent der evakuierten TCNsum Menschen aus Ostafrika und vom Horn von Afrika,bei 26 Prozent um Menschen aus dem Mittleren und Na-hen Osten und Nordafrika, bei 21 Prozent um Menschenaus Zentral- und Nordamerika sowie aus der Karibik, bei16 Prozent um Menschen aus dem Europischen Wirt-schaftsraum, bei 2 Prozent um Menschen aus Zentral-und Westafrika, bei 5 Prozent um Menschen aus Asienund der Pazikregion und bei 1 Prozent um Menschenaus anderen Regionen.*[129]

    2.4 Tote und Verletzte

    Zivilisten sind bisher von den militrischen Handlungenim Jemen berproportional stark betroen und stellenrund die Hlfte der Gesamtzahl der Todesopfer.*[21]UN-Opferstatistik je Woche des Konikts

    2.4.1 Zivilopfer im Jemen whrend der Militrin-tervention

    Entwicklung der UN-Zivilopferstatistik whrend derMilitrintervention

    Vom 26. Mrz 2015 bis Mitte Juni 2015 wrden nachUN-Angaben ber 1.400 Zivilisten gettet und mehr als3.400 verletzt, wobei die UNO bei beiden Angaben vontatschlich weit hheren Zahlen ausging.*[18]*[6]*[73]Kurz nach dem Ende der sogenannten humanitren Pau-seMitte Mai 2015 war die Gesamtzahl der Zivilisten,deren Tod seit dem 26. Mrz 2015 durch UN-Personalim Jemen veriziert werden konnte, mit 1.037 Menschenangegeben worden, darunter 234 Kinder und 130 Frau-en.*[156]*[157]*[159]*[160]*[21] Fr die Zeit zwischendem 26. Mrz bis in den Mai 2015 gab der Monitoringand Reporting Mechanism (MRM) der UN an, es seien135 Kinder gettet (105 Jungen und 30 Mdchen) und260 verletzt worden.*[40]*[161]*[162] Der Anteil derZivilisten machte Anfang Juni 2015 nach UN-Angabenber die Hlfte der Gesamttodesopfer seit dem 26. Mrzaus.*[23]Nach UN-Angaben wurden von Beginn der arabisch ge-fhrten Luftangrie am 26. Mrz bis zum 3. Mai 2015durch oenbar teilweise vlkerrechtswidrige Luftangrif-fe der saudisch gefhrten Militrkoalition sowie durchBodenkmpfe im Jemen mindestens 646 Zivilisten get-tet, darunter ber 130 Kinder.*[154]*[163] Die darauf-folgenden sechs von der UN ausgewerteten Tage vom 4.bis zum 10. Mai 2015 stellten sich als die seit dem Be-ginn der Kmpfe im Jemen am 26. Mrz bislang td-lichsten heraus, mit mindestens 182 getteten Zivilistenwhrend dieser Phase, von denen die Hlfte Kinder (51verizierte Todesopfer) und Frauen (41 verizierte To-desopfer) waren.*[155] Bereits bei den Opfern der Ge-walt zwischen dem 26. Mrz und dem 6. April 2015 hat-te es sich in mindestens 74 Fllen um gettete und in44 Fllen um verletzte Kinder gehandelt.*[164] Bis Mit-te April 2015 war nach UN-Angaben die Mindestanzahlder Zivilisten, die seit dem Beginn des von der Koaliti-on gefhrten Krieges gegen den Jemengettet wordenwaren, auf 403 gestiegen, einschlielich von 26 Frauenund 86 Kindern.*[149] Laut Amnesty International for-derten die Luftangrie der saudisch gefhrten Militrko-alition eine groe Anzahl von Todesopfern unter Zivilis-ten.*[107]*[165] So dokumentierte Amnesty Internatio-nal am 24. April 2015 allein bei der Untersuchg von achtLuftangrien in fnf dicht besiedelten Gebieten (Sa'da,Sanaa, al-Hudaida, Haddscha und Ibb) 139 Todesopfer,darunter mindestens 97 Zivilisten, von denen 33 Kinderwaren, whrend 460 Menschen verletzt wurden, darunter157 Zivilisten.*[166]*[107]Nach Schtzungen von Partnerorganisationen der UN imJemen bentigten ber 7,3 Millionen betroene Kin-der im Juni 2015 Schutzmanahmen. Die Berichte ber

  • 12 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    den Tod, die Verletzung und die Rekrutierung durch be-wanete Gruppen von Kindern waren nach UN-Angabendramatisch angestiegen. Innerhalb von lediglich zweiMonaten whrend der saudisch gefhrten Militrinter-vention wurden 260 Flle von Verstmmelungen bei Kin-dern veriziert (199 Jungen und 61 Mdchen), was derGesamtzahl fr das Jahr 2014 entsprach. Die Anzahl dergetteten Kinder in dem Zeitraum erreichte mit 135 To-ten (105 Jungen und 30 Mdchen) fast das Doppelte derGesamtzahl fr das Jahr 2014. Die meisten veriziertenTodesflle und Verstmmelungen bei Kindern ereignetensich mit 32 % in Amanat Al Asimah (Stadt Sanaa), mit13 % in Sa'da und mit 12 % in Aden.*[77] Der Leitervon UNICEF Jemen, Julien Harneis, wurde Mitte Juni2015 mit den Worten zitiert: Allein in den letzten zehnWochen sind als Folge des Konikts in Jemen vier Malso viele Kinder gettet worden wie im gesamten letztenJahr.Mindestens 279Kinder wurden gettet und 402 ver-letzt, seit die Gewalt in Jemen am 26. Mrz eskaliert ist.Im Vergleich dazu wurden 2014 laut UN-Angaben 74Kinder gettet und 244 verletzt. Die Rekrutierung undder Einsatz von Kindersoldaten haben ebenfalls deutlichzugenommen. Kinder in Jemen werden von bewanetenGruppen dazu benutzt, Checkpoints zu bewachen oderWaen zu tragen. Whrend 2014 die Rekrutierung von156 Minderjhrigen dokumentiert wurde, hat sich dieseZahl 2015 auf 318 Kinder und Jugendliche bereits ver-doppelt. Kinder werden weiterhin gettet, verletzt und alsKmpfer rekrutiert. []*[20]Die UN gingen von tatschlich weit hheren Zahlen frdie seit dem 26. Mrz 2015 gettete und verletzte Zi-vilisten aus als in ihren Opferstatistiken aufgefhrt wur-den.*[73] Umfassende Schtzungen der Opferzahlen imJemen standen whrend der MIlitrinterventionn nichtzur Verfgung.*[148] Die Sammlung der Daten ber dieOpfer war whrend der Militrintervention Schwierig-keiten ausgesetzt. So wurde unter anderem in Aden dasEmergency Health Operations Centre geschlossen, nach-dem es am 5. April 2015 angegrien worden war, wes-halb von dort keine neuen Daten ber Opfer mehr andie sammelnden UN-Stellen gelangten.*[150] Der Ge-sundheitschef von Aden, Al-Khader Laswar, der von derzur jemenitischen Exilregierung gehrenden Nachrich-tenagentur Sabanew.net zitiert wurde, gab Mitte Mai2015 an, dass innerhalb der 50 vorangegangenen Tage517 Zivilisten und pro-Hadi-Kmpfer in Aden gettetworden seien, darunter 76 Frauen und Kinder, whrender ber keine Angaben zum Todeszoll der Rebellen ver-fge. Die meisten Krankenhuser seien zu diesem Zeit-punkt auer Betrieb, da die meistenSanitter geohenseien.*[35]

    2.4.2 Zivilopfer in Saudi-Arabien whrend der Mi-litrintervention

    Nach Angaben von Human Rights Watch vom 13. Mai2015 wurden laut saudischen Regierungsquellen mindes-

    tens 12 Zivilisten in Saudi-Arabien gettet und ber einDutzend weitere verletzt.*[167] Medienberichten vom22. Mai 2015 zufolge waren dagegen nach saudischenAngaben im Grenzgebiet seit Beginn der saudi-arabischgefhrten Luftoensive mehr als ein Dutzend Soldatenund mindestens sieben Zivilisten von Huthis gettet wor-den.*[160]Am 22. Mai 2015 wurden nach Angaben des saudi-schen Zivilschutzes bei einem Raketenangri im Grenz-gebiet Jazan ein Kind gettet und drei weitere ver-letzt.*[160]*[159]*[168] Am 26. Mai 2015 wurden nachsaudischen Regierungsangaben ein Zivilist im Grenzge-biet in der Stadt Najran durch Granatbeschuss aus demJemen gettet und fnf weitere verletzt,*[169] sowie einPolizeibeamter gettet und drei weitere verletzt.*[170]Am 12. Juni 2015 ttete nach Angaben des Sprechers dersaudisch gefhrten Militrkoalition, Ahmed al-Assiri, ei-ne aus dem Jemen abgefeuerte Rakete mindestens einenZivilisten in einer Moschee whrend des Freitagsgebetsin einer saudischen Grenzgemeinde.*[171]

    2.4.3 Opfer und Verluste im Konikt seit 19. Mrz2015

    Entwicklung der UN-Gesamtopferstatistik im Koniktseit dem 19. Mrz 2015

    Es stehen Gesamtstatistiken der UN zur Verfgung, dienicht nur Todesopfer enthalten, die als Zivilisten identi-ziert werden konnten, sondern auch brige Todesopferbeinhalten. Der erfasste Zeitraum fr diese Stastistikenbeginnt am 19. Mrz 2015, bezieht also eine Woche derEreignisse vor Beginn der saudi-arabisch gefhrten Mili-trintervention mit ein.Eine signikante Eskalation des Konikts im Jemen fandseit dem 23. Mrz 2015 statt, als sich Zusammenstezwischen Huthi-Kmpfern und anderen Parteien haupt-schlich im Sden des Landes intensivierten und am 26.Mrz Luftangrie begannen, militrische Ziele und derHuthis anzugreifen, anfnglich in Sanaa und Sa'da undbis zum 31. Mrz auf 13 der 22 Provinzen ausweitend. Inder Zeit vom 23. Mrz bis zum 31. Mrz 2015 wurdennach Angaben der WHO bereits 361 Menschen gettetund 1.345 weitere verletzt. Bei vielen der Opfer handel-te es sich um Zivilisten.*[187] Unter den zwischen dem19. Mrz und dem 3. April 2015 durch die Gewalt imJemen 549 getteten und 1.707 verletzten Menschen be-fanden sich nach UN-Angaben mindestens 217 gette-te und 516 verletzte Zivilisten, von denen viele Opferder Angrie gegen zwei zaiditische Moscheen in Sanaaam 20.Mrz 2015waren,*[188]*[173]*[164]*[164]*[37]bei denen Selbstmordattentter whrend der Gebete nachUN-Angaben 140 Menschen gettet und 350 verwundethatten und fr die sich der jemenitische Zweig des IS ver-antwortlich erklrt hatte.*[37]

  • 2.5 Zerstrung und Beschdigung von Kulturgut und Infrastruktur 13

    Der Anteil der Zivilisten an den Todesopfern derKmpfe und Bombardierungen im Jemen betrugnach UN-Schtzungen im Mai 2015 etwa die Hlf-te.*[189]*[190]*[183]*[89]*[71] Allein unter den vonden Gesundheitseinrichtungen an die UN gemeldetenFllen waren laut WHO bis zum 17. Mai 2015 vonden 1.849 Todesopfern 67 Frauen und 103 Kindersowie unter den 7.394 Verletzten 132 Frauen und225 Kinder.*[94]*[75] Von den 103 Kindern, die diejemenitischen Gesundheitseinrichtungen als Todesopferdes Konikts im Jemen an die WHO gemeldet hatten,waren nach UN-Angaben rund 45 Prozent in der ProvinzSa'da, rund 20 Prozent in der Provinz Sanaa, rund11 Prozent in der Provinz Ibb und nochmals rund 9Prozent in der Stadt Sanaa (Provinz: Amanat Al Asimah)gettet worden.*[182] Von den 2.288 Todesopfernund 9.755 Verletzten bis zum 9. Juni 2015 waren279 beziehungsweise 402 nach UNICEF-AngabenKinder.*[19]*[20]*[42]Nach Angaben des jemenitischen Gesundheitssystemswurden in dem Konikt in der Zeit vom 19. Mrz biszum 15. Juni 2015 ber 2.800Menschen gettet und etwa12.500 verletzt.*[88]*[191]Die Opferstatistik der UN bercksichtigte nur die vonden Gesundheitseinrichtungen gemeldeten Opfer undwurden als sehr konservativerachtet.*[192] Die UNschrieben zu ihren Einschtzungen der Opferzahlen,dass die tatschlichen Zahlen weit hher liegen drf-ten.*[76] Das OCHA wies fr die UN-Berichte berdie Opferzahlen ausdrcklich darauf hin, dass Verlust-meldungen die tatschliche Anzahl der Opfer oft un-terschtzen.*[187]*[193] Auch die von der UN ange-gebenen Zahlen elen durch Meldelcken nach Ein-schtzung der UN weitaus geringer als die tatschlichenaus.*[183]*[89]*[71] Bei den Schtzungen der Opferzahlunter Zivilisten handelte es sich laut UN hug um Un-terschtzungen, weil viele Menschen nicht ber die Mit-tel verfgten, Behandlung in Krankenhusern aufzusu-chen und Familien ihre Toten bestatten drften, bevorBerichte ber die Todesflle gesammelt werden konn-ten.*[188]*[173]*[193] Viele der Verwundeten und Ge-tteten wurden nicht zu den Gesundheitseinrichtungengebracht und blieben ungemeldet. Zwar war nach o-ziellen Zahlen der jemenitischen Regierung der Anteilder Frauen auf zwei Prozent der gemeldeten Gesamtop-ferzahlen beschrnkt, doch gingen die UN davon aus,dass die Anzahl der betroenen Frauen signikant hherlag.*[71]

    2.5 Zerstrung und Beschdigung vonKulturgut und Infrastruktur

    2.5.1 Zivile Infrastruktur

    Nach Angaben des Bros des Hohen Kommissars frMenschenrechte der UN (OHCHR) kam es seit dem

    26. Mrz 2015 in vielen Gegenden des Jemen zu star-ken Zerstrungen ziviler Infrastruktur, einschlielich vonWohnhusern.*[153] Der Minister fr Menschenrech-te der jemenitischen Exilregierung in Saudi-Arabien, Iz-zedine al-Asbahi, sagte Ende April 2015 auf einer Kon-ferenz in Saudi-Arabien im Hinblick auf die Zerstrun-gen der Infrastruktur, der Krieg und seine Folgen httenden Jemen um 100 Jahre zurckgeworfen, insbesonderein den Provinzen Aden, Dhalea and Taizz.*[194] Eben-falls Ende April 2015 bezeichnete UN-GeneralsekretrBan Ki-moon die Angrie, die auch Zivilisten und diezivile Infrastrukturnicht aussparten, darunter Depotsvon Hilfsorganisationen und UN-Einrichtungen, als in-akzeptabelund als das humanitre Vlkerrecht verletz-tend.*[195]*[196]*[197]*[198]*[199]Die Zerstrung der zentralen logistischen Infrastruk-tur, einschlielich Flughfen, Seehfen, Brcken undStraen, hatte nach Angaben von Hilfsorganisationenalarmierende Folgen fr die Zivilbevlkerung.*[200]Der UN-Koordinator fr humanitre Angelegenheiten imJemen, Johannes Van der Klaauw, und die beiden in-ternationalen Hilfsorganisationen IKRK und rzte ohneGrenzen forderten Anfang Mai ein Ende der Bombardie-rung der beiden Flughfen Sanaa und Hodeida als zen-trale logistische Infrastruktur durch die saudisch gefhr-te Militrkoalition.*[201]*[200] Zu der extensiven Be-schdigung der zivilen Infrastruktur trug auch bei, dassverschiedene bewanete Gruppen Schulen und Gesund-heitseinrichtungen besetzten.*[37]Bildauswertungen der nchtlichen Beleuchtung im West-jemen whrend der Militrintervention (vom 12. Mai) imVergleich zur Zeit vor des Eskalation des Konikts (20.Mrz) zeigten einen Rckgang des Stromverbrauchs von25 Prozent.*[202] Die schwersten Schden an der Infra-struktur in den ersten zwei Monaten erlitten die StdteSa'da und Aden.*[203] In Aden wurde die Infrastruk-tur durch die Bodenkmpfe und Luftangrie Medienan-gaben zufolge systematisch zerstrt. Am Adener Hafenwurden demnach Getreidesilos bombardiert, weil sie denHuthi-Rebellen als Versteck dienten. Andere Bombardie-rungen zielten den Berichten zufolge auf Hotels, Schu-len und das wichtigste Einkaufszentrum, weil die Hu-this sie als Sammelpunkte nutzten.*[38] Nach Angabendes OHCHR vom 12. Mai 2015 waren Berichten zufol-ge mindestens 66 entliche Gebude und zivile Infra-strukturen teilweise oder vllig zerstrt worden.*[155] InSa'da wurden nach Angaben des UNHCR in der Nachtzum 17. April 2015 entliche Einrichtungen und Tei-le der Infrastruktur durch Luftangrie und Artilleriebe-schuss zerstrt.*[62]*[63] Nach Angaben des UNHCR-Sprechers Adrian Edwards war das normale LebeninSa'ada Mitte Mai 2015 fast vollstndig zum Erliegen ge-kommen. Es standen demnach in Sa'ada weder Elektri-zitt, noch Internet oder Festnetztelefonbetrieb zur Ver-fgung. 95 Prozent der Geschfte waren dort geschlos-sen, Wasser kaum vorhanden und aufgrund des Treib-stomangels kaum Mobilitt mglich.*[204] Satelliten-

  • 14 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    bildauswertungen vom 10. Mai in Aden und vom 15. Maiin Sanaa zufolge waren mindestens 2323 Gebude seitBeginn der Gewalt im Mrz 2015 zerstrt worden. AlsErgebnis der Kmpfe waren Mrkte, Gebude, Straenund Brcken zusamen mit Privatwohnhusern und Ge-schften, entlicher Infrastruktur und entlichen Ein-richtungen vollstndig oder teilweise zerstrt worden. InSanaa, Aden and Sa'da wurden die Flughfen und in Adender Haupthafen beschdigt.*[202]Am 3. Juni 2015 wurde die Operationszentrale des Ge-sundheitsministeriums in Sanaa beschdigt, die alle Not-falloperationen im ganzen Land verwaltete und eine ent-scheidende Rolle fr die Gesundheitsnotstandsmanah-men im Jemen spielte.*[71]*[88] Die UN gingen davonaus, dass die Schden die bereits belasteten Gesundheits-notstandsmanahmen bremsten. Vor dem Vorfall warenbereits mindestens 53 Vorflle verzeichnet worden, neidenen Gesundheitseinrichtungen durch Kmpfe, Granat-feuer oder Luftangrie seit dem 26. Mrz 2015 angegrif-fen oder beschdigt worden waren. Bis zum 27. Mai 2015waren 101 zivile entliche Gebude teilweise oder voll-stndig zerstrt worden. Schulen und medizinisches Per-sonal gerieten weiterhin unter Attacke, obwohl die Aus-fhrung von Angrien gegen Zivilisten und zivile Infra-strukturen eine schwere Verletzung des humanitren Vl-kerrecht darstellten.*[71]Mit Stand vom 11. Juni 2015 schtzte der OCHA denZustand fast aller Zugangsstraen im Jemen als unzu-gnglich beziehungsweise als schwierig oder schwer ein-schtzbar ein.*[205] Die Straen waren zu unsicher, umGter innerhalb des Landes zu transportieren. Auch hu-manitre Partnerorganisationen der UN waren bei demVersuch, die Bevlkerung zu erreichen, selbst gefhr-det.*[72] Die Flughfen von Sa'da, al-Hudaida, Aden undMukalla waren beschdigt. Die Flughafen von Sa'da undal-Hudaida waren nicht funktionsfhigkeiten und ben-tigten eine - im Falle von Sa'da umfangreiche - Instand-setzung. Funktionsfhig waren noch die Flughfen vonSanaa und Taizz und der in der Kapazitt begrenzte undnicht fr Warenumschlag geeignete Hubschrauberugha-fen von Haradh.*[205] Der Hafen von Aden war betriebs-bereit, aber wie der in der Kapazitt begrenzte Hafen vonHaddscha (Midi) unsicher.*[205]*[72] Der Hafen vonTaizz (Mokka) war betriebsbereit, aber von begrenzterKapazitt.*[205]

    2.5.2 Historisches Kulturgut

    Der Jemen gilt in der arabischen Folklore als Wiegeder arabischen Vlker.*[5] Die UNESCO hatte 1984eine internationale Kampagne zum Schutz der Altstadtvon Sanaa gestartet, die Stadtmauer wiederrichten las-sen, zahlreiche Gebude saniert und Brcken und Durch-gnge in der Altstadt ursprungsgetreu neu anlegen lassen.Mehrere jemenitische Stdte erhielten seitdem den Statusdes Weltkulturerbes: Shibam in der Provinz Hadramaut(1982), die Sanaa (1986), Zabid (1993) und die Insel

    Soqotra (2008).*[206] Whrend der saudisch gefhrtenMilitrintervention kam es zu Zerstrungen des altertm-lichen Kulturerbes durch die Bombardements der arabi-schen Staaten der saudisch gefhrten Militrallianz.*[5]Historische Wohnhuser, Denkmler, Museen, archolo-gische und Kultsttten blieben nach UNESCO-Angabenvon den Zerstrungen nicht verschont.*[207] Auch Saa-da, fr das ebenfalls ein Eintrag auf die Liste des Welt-kulturerbes geplant war, wurde als Hochburg der Huthisvon der saudisch gefhrten Militrkoalition unter schwe-ren Beschuss aus der Luft genommen, so dass eine sptereAufnahme alsWeltkulturerbe als fraglich erschien.*[206]Seit ab Ende Mrz 2015 Krieg unter dem Namen Ope-ration Decisive Storm gefhrt wurde, zielten alle Kriegs-parteien - darunter neben den Kampugzeugen der sau-disch angefhrten Militrkoalition auch die Huthis undder Volkswiderstand- auch auf jemenitische Kultur-gter. Laut Muhannad Al-Sayani, dem Leiter der jeme-nitischen Antikenbehrde, wurden durch den Krieg bisMitte Juni bereits Dutzende Antikensttten in Mitleiden-schaft gezogen, doch sei es in vielen Fllen zunchst nichtmglich gewesen, die Verizierung der Schden vor Ortdurchzufhren.*[206]Die jemenitische Antikenverwaltung und zivilgesell-schaftliche Gruppen, die sich um den Erhalt historischerSttten bemhen, sowie Wissenschaftler appellierten andie Koniktparteien, sich von historischen Orten fern-zuhalten und sie zu verschonen, um das verbliebene zi-vilisatorische Kulturgut des Jemen, das zugleich ein ge-samtmenschliches Erbe ist, zu retten.*[206] Die Zer-strung von Kultursttten ist nach einer Reihe von in-ternationalen Vertrgen oder Abkommen untersagt, ein-schlielich der Haager Konvention zum Schutz von Kul-turgut bei bewaneten Konikten von 1954.*[208] Ge-m internationalen Vereinbarungen und dem Abkom-men vonDenHaag von 1954, sowie nach demUNESCO-Abkommen zum Schutz von Altertmern von 1972 wur-de die UNESCO ber Schden an herausragenden Kul-tursttten im Jemen unterrichtet.*[206]Die UN warnten im Juni 2015, dass das weitreichen-de archologische und historische Erbe nach einer Wel-le von Luftwaen-Bombardierungen in der Altstadt vonSanaa Gefahr geriet.*[6] So wurden laut UNESCO beiden Luftangrien auf Sanaa und die Rebellen-HochburgSa'da wichtige Sttten des Kulturerbes beschdigt.*[3]Die UNESCO warnte beide Seiten davor, historischeSttten in den Krieg zu verwickeln.*[5] Die UNESCO-Generaldirektorin Irina Georgieva Bokova verurteilte dieZerstrungen und rief alle Koniktparteien zum Schutzdes Kulturerbes auf.*[3] Am 12. Mai 2015 sagte Boko-va: Ich bin insbesondere erschttert von Nachrichten,die Luftangrie auf dicht besiedelte Gebiete wie in denStdten Sanaa und Sa'da betreen. Zustzlich zu frch-terlichem menschlichen Leid, das diese Angrie verursa-chen, zerstren sie das einzigartige Kulturerbe des Jemen,das der Speicher fr Identitt, Geschichte und Erinnerungdes Volkes ist, und ein auerordentliches Zeugnis fr die

  • 2.5 Zerstrung und Beschdigung von Kulturgut und Infrastruktur 15

    Errungenschaften der islamischen Zivilisation.*[4]*[5]

    Altstadt von Sanaa, seit 1986 Weltkulturerbe, seit Juli 2015 aufder Roten Liste des gefhrdeten Welterbes

    Am 2. Juli 2015 setzte das Welterbekomitee auf der39. Session des Komitees in Bonn unter Vorsitz vonMaria Bhmer zwei UNESCO-Welterbesttten, die Alt-stadt von Sanaa und die Festungsstadt Schibam (von his-torischer Stadtmauer umgebene Altstadt), auf die RoteListe des gefhrdeten Welterbes:

    Das Welterbekomitee begrndete seinen Schritt,das Weltkulturerbe der Altstadt von Sanaa fr be-droht zu erklren, mit den erheblichen Schden,die Sanaa bereits in dem Konikt erlitten ha-be.*[2]*[209] Ausdrcklich hob es die besondersschweren Schden im Kassimi-Viertel nahe demberhmten Stadtgarten von Miqshamat al-Qasimihervor sowie die ebenfalls betroene al-Mahdi-Moschee mit umgebenden Husern sowie dieMehr-heit der farbigen, verzierten Tren und Fensterschei-ben, die charakteristisch fr die einheimische Stadt-architektur sind und zerschmettert oder beschdigtwurden.*[2]

    Fr die Entscheidung, das Weltkulturerbe der Fes-tungsstadt von Schibam fr bedroht zu erklren,gab das Welterbekomitee an, die Festungsstadt mitihren jahrhundertealten Hochhusern aus Lehmsei potenziell durch den bewaneten Konikt be-droht.*[2]*[209] Die Entscheidung des Komitees

    Shibam, seit 1982 UNESCO-Welterbe und seit Juli 2015 auf derRoten Liste des gefhrdeten Welterbes

    solle helfen, die internationale Mobilisierung vonSchutzmanahmen fr deie Sttte zu verstrken. Dievon einer befestigten Mauer umgebene und im 16.Jahrhundert erbaute Stadt Schibam gilt als eines derltesten und besten Beispiele von auf dem Prinzipder vertikalen Konstruktionen basierenden Stadtpla-nung. Die als imposant beschriebenen turmartigenStrukturen erheben sich von einem Felsen in die H-he und haben der Stadt den Spitznamen das Man-hattan der Wsteverliehen. Die Sttte war 1982auf die Liste des UNESCO-Welterbes gesetzt.*[2]

    Beispiele fr Zerstrungen historischer Kulturgter sind:

    In der engbebauten Altstadt von Sanaa wurden nachAngabe der UNESCO vom 12. Mai 2015 bei mas-siven Luftangriender arabischen Militrkoaliti-on in der Nacht des 11. Mai 2015 historische Ge-bude wie alte Lehmhuser, Moscheen und Ham-mams, die aus der Zeit vor dem 11. Jahrhundertstammen, schwer beschdigt.*[3]*[4]*[210]Mar-co Livadiotti, Berater des jemenitischen Ministeri-ums fr Tourismus und Umwelt, warnte, es beste-he ein signikantes Risiko, dass die Altstadt vonSanaa bende sich fr dieMenschheit verloren geht. Unmittelbare Bombardierungen der Altstadt ausder Luft und aus Bombardements in ihrem Umkreisresultierende Erschtterungen resultierten nach sei-nen Angaben in fast irreparable Bauschden, die zuSchden in Friedenszeiten hinzukmen.*[211]

    Sanaa kommt im Islam und kulturell einebesondere Bedeutung zu.*[212] Die Altstadtvon Sanaa gehrt seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe*[4]*[3]*[213] und war arabi-sche Kulturhauptstadt des Jahres 2004.*[210]Die in einem Bergtal auf 2200 Meter Hheerbaute und seit ber 2.500 Jahren bewohn-te Stadt war im 7. und 8. Jahrhundert einwichtiges Zentrum fr die Verbreitung des Is-lam.*[4]*[3]*[213] Der im Islam als Prophetverehrte Mohammed soll 628 selbst den Bauder ersten Moschee in der Stadt in Auftrag

  • 16 2 HUMANITRE AUSWIRKUNGEN UND FOLGEN

    gegeben haben, die nach einer alten Legen-de Noahs Sohn Sem als Grnder nennt.*[212]Als Zeugnis des besonderen religisen und po-litischen Erbes weist die Altstadt 103 Mo-scheen, 14 Hammams und rund 6000 Hu-ser, darunter Turm- und Lehmhuser, auf,die alle vor dem 11. Jahrhundert erbaut wur-den.*[4]*[3]*[213]*[212]*[2] Die auf steiner-nen Erdgeschossen aufsitzenden oberen Ge-schosse der mehrstckigen Huser waren ausgestampftem Lehm und gebrannten Ziegeln er-baut und in Anlehnung an die traditionelle isla-mische Kunst mit geometrischen Mustern ausgebrannten Ziegeln und weiem Gips verziertworden.*[213]*[171]*[212] Die Altstadt warwhrend eines groen, von der UNESCO in-itiierten Projekts Ende der 1980er und An-fang der 1990er Jahre mit Hilfe der Beteili-gung zahlreicher Staaten und des Einsatzes derjemenitischen Bevlkerung und Regierung re-stauriert worden.*[4]Nachdem die Altstadt bereits durch Luftan-grie auf nahegelegene Ziele einschlielichdes Verteidigungsministeriums beschdigtworden war, zerstrte nach Medienan-gaben am 12. Juni 2015 ein Luftangrider saudisch gefhrten Militrallianz aufdas Altstadtviertel al-Kassimi in Sanaa,das an einen stdtischen Garten grenzt,mehrere mehrstckige Huser des UNESCO-Weltkulturerbes und ttete sechs Menschen,einschlielich einer Frau und eines Kin-des.*[213]*[214]*[215]*[216]*[217]*[212]*[210]Umgebende Gebude, die miteinander festverbunden waren, wurden Medienangabenzufolge ebenfalls durch die Rakete beschdigt,so dass ein ganzer Bauabschnitt der Altstadtin Gefahr zusammenzubrechen drohte.*[217]Bewohner stellten Fotos der beschdigtenHuser ins Internet.*[210] Der durch mut-masslich durch Abschuss einer Rakete durchein Kampugzeug hervorgerufene Schadenstellte nach Angaben der Anwohner denersten direkten Angri auf die Altstadt vonSanaa seit dem Beginn der Bombardierungvon Ende Mrz dar. Die Rakete traf nachBeobachtung eines AFP-Journalisten ohnezu explodieren das Kassimi-Viertel, in demtausende von Husern standen, die vor dem11. Jahrhundert gebaut wurden, und zerstrtedort drei Huser. Die Generaldirektorinder UNESCO Bokova verurteilte den mut-malichen Luftangri auf das historischeGebiet, das sie als eines der weltweit ltestenJuwelender islamischen Kultur beschriebund forderte die kriegsfhrenden Parteienauf, das Kulturerbe des Jemen zu respek-tieren.*[213]*[214]*[215]*[218]*[210] Bei

    den zerstrten Husern handelte es sich lautUNESCO um einen groartigen Komplextraditioneller Huser.*[207] Bokova sagte,sie sei schockiert von den Bildern dieserherrlichen vielstckigen Turmhuserundder schnen Grten, die in Trmmer gelegtworden seien.*[213]*[219]*[212] Derhistorische Wert und das bewahrte Gedchtnisdieser Sttten sei unwiederbringlich besch-digt oder zerstrt worden.*[213]*[219] DerLeiter der jemenitischen Allgemeinen Orga-nisation fr die Erhaltung der historischenjemenitischen Sttten, Naji Saleh Thawaba,verurteilte den Angri ebenfalls und sagte, erhabe sich nie vorstellen knnen, dass dieserOrt eines Tages zu einem Ziel fr Luftangriewerden knne, selbst wenn dort feindlicheStellungen gewesen sein sollten.*[171]Medienangaben zufolge hie es in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad, es sei in der Alt-stadt von Sanaa eine Textilfabrik unter Be-schuss genommen worden, die von den Huthisals Waenlager verwendet worden sei.*[210]Die saudi-arabische gefhrte Militrkoalitionwies jede Verantwortung zurck. Der Sprecherder saudisch gefhrten Militrkoalition, Ah-med al-Assiri, bestritt vehement, dass es einenAngri auf die Altstadt gegeben habe: Wirwissen, dass diese Sttten sehr wichtig sind,so al-Assiri, Wir haben ganz sicher keinerleiOperation in der Stadt selbst unternommen.Die Piloten htten die Anweisung, keine zi-vilen Ziele anzugreifen. Al-Assiri uerte dieVermutung, dass die Zerstrung auf Waen-und Munitionsverstecke in dem Viertel zu-rckzufhren sein knnte. Es knne sich hn-lich wie einige Tage zuvor ereignet haben, als ineinem derartigen Lager eine Explosion stattge-funden habe.*[215]*[220]*[171]*[212]*[210]Internationale Beobachter hielten die Behaup-tung der saudi-arabische gefhrte Militrkoali-tion Medienangaben zufolge fr unglaubwr-dig.*[210]Die Waenburg(Qasr al-Silah) in Sanaa, vonder es heit, dass sie auf den Ruinen des le-gendren Ghamdan-Palastes errichtet sein soll einem mutmalichen Wunderder Archi-tektur wurde ebenfalls aus der Luft bom-bardiert. Der Ghamdan-Palast wurde im 10.Jahrhundert im Iklil-Werk des jemenitischenChronisten al-Hamdn erwhnt. Ihm zufol-ge hatte Knig Seif bin dhi Yazan, der letzteHimyaritenherrscher im 6. Jahrhundert, darinresidiert.*[206]

    Am 9. Juni 2015 wurde nach Angaben derUNESCO die aus der osmanischen Epoche stam-mende historische Al-Owrdhi-Anlage, die sich di-

  • 2.5 Zerstrung und Beschdigung von Kulturgut und Infrastruktur 17

    rekt auerhalb der Altstadtmauer von Sanaa ben-det, schwer beschdigt.*[207]*[217]

    In Saada geriet die komplette Altstadt unter Be-schuss aus der Luft, wie auch die Moschee des Al-Hadi ilal-Haqq Yahya bin al-Hussein bin al-Qasim,welche die lteste und bedeutsamste der Stadt warund aus dem Beginn des 10. Jahrhunderts stamm-te.*[206] Die auf der World Heritage Tentative Listdes Jemens aufgefhrte Altstadt von Sa'da wurdenach UNESCO-Angaben vom 12. Mai 2015 be-schdigt.*[4] Luftangrie der saudisch gefhrtenMilitrallianz vernichteten am 9. Mai 2015 in Sa'dateilweise aus dem 12. Jahrhundert stammende Hadi-Moschee, den ltesten Sitz schiitischer Bildung aufder arabischen Halbinsel.*[5]*[218]*[2] Am 9. Mai2015 hatten die Luftangrie auf Sa'da die Imam-al-Hadi-Moschee, bei der es sich um die drittl-teste Moschee im Jemen handelt, schwer besch-digt*[221] oder vollkommen zerstrt.*[208] Saudi-Arabien besttigte imNachhinein, dass dieMoscheeangegrien wurde und begrndete dies damit, dassRebellen in ihr Zuucht gesucht htten. Nach demLuftangri sendete der pro-Huthi-Fernsehkanal Al-Masira broadcast einen Videobericht, der die zurRuine gebombte Moschee und ihren vllig zerstr-ten Eingangsbereich zeigte.*[221]

    Historische Stuckgebude im mittelalterlichen Kaf-feehandelshafen am Roten Meer der seit 1993 alsUNESCO-Weltkulturerbe und seit 2000 von derUNESCO auf der Roten Liste des gefhrdetenWelt-erbes gefhrten Altstadt von Zabid*[4]*[5] warenzerstrt worden, whrend sich pro-saudische Stam-mesangehrige und Huthis im Zentraljemen Aus-einandersetzungen in der Nhe eines Schreins lie-ferten, dem nachgesagt wird, von der biblischen Sa-gengestalt der Knigin von Saba gebaut worden zusein.*[5]

    Anfang Juni 2015 verurteilte die UNESCO-Generaldirektorin, Irina Bokova, die Luftangrieauf die antike Stadt Marib und den Angriauf den Staudamm von Marib vom 31. Mai2015.*[222]*[213]*[212] Marib beherbergtmehrere bedeutende Kultursttten wie den Baran-Tempel, den Awam-Tempel mit der Nekropolis,die Wadi-Ghufaina-Siedlung und al-Mabna-Dammsowie den groen Staudamm von Marib, die auch(als Archaeological site of Marib) auf derTentativliste des Jemen aufgefhrt werden. Bokovazeigte sich tief besorgt, mit ausdrcklichem Hin-weis auf die Schden am groen Damm von Ma'rib,den sie als eine der wichtigsten Kulturerbestttenim Jemen und auf der Arabischen Halbinsel und alsZeugnis der Geschichte und der Werte bezeichnete,die die Menschheit gemeinsam hat.*[222] Dermindestens in das 8. vorchristliche Jahrhundertzurckreichende Staudamm von Marib,*[208] der

    als ein Wunder des technischen Ingenieurswesenoder als eines der grten technischen Wunderder antiken Weltgilt und auch in einem Koranverserwhnt wird, wurde nach lokalen Nachrichtenbe-richten und archologischen Experten bei einemLuftangri in der Nacht des 31. Mai 2015 be-schdigt.*[223]*[222]*[212] Iris Gerlach, Leiterinder Auenstelle in Sanaa der Orient-Abteilungdes Deutschen Archologischen Instituts (DAI),besttigte, dass der Luftangri oenbar den bessererhaltenen Bereich des Staudammes getroenhatte.*[208] Berichten zufolge knnten auch dieantiken sabischen Inschriften auf den Stau-dammwnden von der Bombardierung betroensein.*[222] Die berreste des Staudamms werdenals bedeutendste antike Sttte im Jemen betrachtet.Der Staudamm bot vom 8. Jahrhundert vor Chr.bis zum 5. oder 6. Jahrhundert nach Christus dieLebensgrundlage in der Wste um die Stadt Marib,die grte Stadt im antiken Sdarabien.*[223] DieBesttigung erster Berichte der Zerstrungen amStaudamm vom 31. Mai 2015 in sozialen Medienund lokalen Nachrichtenquellen*[223]*[224] warfr internationale Archologen zunchst aufgrundder weitreichenden Kommunikationsprobleme imJemen schwierig.*[223] Jemenitische Behrdenmachten die saudi-arabischen Koalitionskrftefr den Luftangri verantwortlich. Die GeneralAuthority for Antiquities andMuseums in Yemen ver-urteilte den Angri und drohte mit Rechtsmittelngegen die saudische Regierung.*[223]

    Die Ausgrabungssttte der befestigten vorislami-schen Stadt Baraqisch (Provinz al-Dschauf, beiMarib), die in der Geschichte die Hauptstadt einesReiches gewesen war, aus dem arabisches Rucher-werk fr die antiken griechischen und rmischenTempel geliefert worden war, wurde bombardiertund beschdigt, als die saudisch gefhrte Militral-lianz vergeblich versuchte, die Gelndegewinne derHuthis rckgngig zu machen.*[5]*[3]*[218] GroeTeile der Stadtmauer von Baraqisch (5. Jahrhundertv. Chr.) gingen zu Bruch.*[206]

    Nach jemenitischen Quellen soll auch die sabischeSttte Sirwah, 35 Kilometer westlich von Marib,aufgrund seiner Nhe zum lokalen Palast des Gou-verneurs erhebliche Schden durch Kmpfe erlittenhaben.*[223] Weite Teile der Tempelanlage und derMauer bekamen Risse. Der Tempel geht zurck aufsabische Zeit und wurde von einer deutschen Mis-sion ausgegraben. 2005 wurde dort die bisher grtebekannte sabische Inschrift gefunden. Man datiertsie auf das 7. vorchristliche Jahrhundert.*[206]

    Die osmanische Festung Qahira aus weiem Steinauf einem die Stadt Taizz strategisch berbli-ckenden Felskopf war im Mai 2015 ber meh-rere Tage ununterbrochen beschossen worden,

  • 18 3 VORWRFE UND KRITIK

    nachdem die Huthis sich dort verschanzt hat-ten.*[5]*[225]*[218]*[208] Am 11. Mai 2015 grif-fen saudische Piloten das historische Fort an.*[226]Am 4. Juni 2015 gab die rtliche Yemen Post an, dieFestung sei durch einen Luftangri getroen undzerstrtworden, doch blieb das Ausmass der Sch-den zunchst unklar.*[208]

    Die durch den Krieg 2015 schwer beschdig-te*[206] Qahira-Burg war je nach Angabe im10. Jahrhundert v. Chr. erbaut und im 13. Jahr-hundert n. Chr. von der muslimischen Dynastieder Ayyubiden restauriert*[226] beziehungs-weise von den Sulaihiden im 10. oder 11. bis12. Jahrhundert erbaut worden.*[206] Sie bil-dete den Kern der Besiedlung der Stadt Taizz,hatte in der Geschichte eine wichtige Vertei-digungsfunktion, und war Residenz der Ayyu-biden, whrend sie den Jemen von 1229 bis1454 regierten.*[206] Nach einigen Schtzun-gen soll die erste Errichtung der Festung aufdas 7. nachchristliche Jahrhundert zurckge-hen.*[208]

    Am 21. Mai 2015 zerstrte ein saudischer Luft-angri vollstndig das Dhamar Regional Muse-um,*[222]*[223]*[227]*[213]*[218]*[208] das 110Kilometer sdlich von Sanaa und 145 Kilometersdwestlich von Marib gelegene Hauptmuseum derProvinz Dhamar.*[223]*[212] DasMuseumwar derVerwahrungsort fr ber 150 antike sdarabischeInschriften, einschlielich der ltesten bekanntenInschriften des jemenitischen Berglands.*[223] Esenthielt rund 12.500 Artefakte, die das reiche Kul-turerbe der Region bezeugten.*[222]*[217] Dha-mar, das wie Sanna ein altes Zentrum arabisch-islamischer Kultur ist, ist die Heimatstadt des dieRebellen untersttzenden Ali Abdullah Salih.*[212]

    Am 24. Mai 2015 sollen nach einem Bericht vonRasd24 zwei saudische Luftangrie die antike Al-Shareef-Zitadelle in der Stadt Bajel (Provinz Hodei-da) angegrien haben.*[228]

    Unbesttigte Berichte in sozialen Medien vom 4.Juni 2015, dass Dar al-Hajar, der als Touristenat-traktion bekannte frhere Sommerpalast der jeme-nitischen Knigsfamilie nahe Sanaa aus dem 18.Jahrhundert, von einem Luftangri getroen wor-den sei,*[218]*[208] wurden in spterenMeldungenin den sozialen Medien, nach denen das Gebudeknapp verfehlt worden sei, widerrufen.*[208]

    In Sinhan (Provinz Sanaa) wurde die Grabmoscheedes Abdarrazzak ibn Hammam as-San'ani aus dem9. Jahrhundert ganz oder teilweise zerstrt.*[206]

    In Dhalea wurde das Dar al-Hassan in Damtaus vorislamischer Zeit ganz oder teilweise zer-strt.*[206]

    In Aden wurde das dritte Geschoss desNationalmuseums Aden ganz oder teilweisezerstrt, dessen Gebude auf Sultan Fadhl bin Alial-Abdali (1912) zurckgeht, sowie die Jauhara-Moschee und die Sira-Festung, die ebenfallsbombardiert wurde. Sira, die im 11. Jahrhunderterbaut wurde, gehrt zu den bedeutendsten BurgenAdens.*[206]

    Galerie: Historisches Kulturgut im Jemen Altstadt von Sanaa, Welterbe, seit Juli 2015 ozielldurch den Konikt gefhrdet

    al-Mahdi-Moschee in Sanaa al-Hadi-Moschee in Sa'da Historisches Stuckwerk in Zabid, gefhrdetes Welt-erbe

    Weitgehend verlas