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Humankaptialtheorie
Lehrveranstaltung
zur Bildungsökonomik
im Modul Arbeit, Personal, Bildung
Universität Erlangen-Nürnberg
im Sommersemester 2012
Prof. Dr. Lutz Bellmann
Dr. Ute Leber
2
Fragen
Wie erklärt die Humankapitaltheorie die individuelle und betriebliche Bildungsentscheidung?
Welche Bedeutung hat die Unterscheidung zwischen allgemeinem und spezifischem Humankapital?
Wie können die Erträge von Humankapitalinvestitionen erfasst werden?
Welche Probleme bestehen dabei?
Wie groß ist die Rendite auf Humankapital?
Welche Probleme bestehen beim Humankapitalansatz?
Was ist unter der Qualitätsdimension der Bildung zu verstehen?
Welche Signale geben Bildungsabsolventen an potenzielle Arbeitgeber?
Wie wirken sich Mobilitätsbarrieren und andere Arbeitsmarktunvollkommenheiten auf Bildungsentscheidungen aus?
3
Einleitung
Bildung als Investition in Humankapital
Dogmengeschichte (Smith, Becker, Lucas, Romer)
Annahmen
Produktivitätseffekt von Bildung
Bildungssystem als Filter
Arbeitskräftemobilität
Struktur des Arbeitsmarktes
4
Das Grundmodell von Becker I
Arbeitseinkommen Et Humankapital Ht
Ertragsrate des Humankapitals r
(2.1)
Veränderung des Humankapitalbestands ΔHt
Produktivität f Bildungszeit th
Humankapitalbestand der Vorperiode Ht-1
Abschreibung δ
(2.2)
tt HrE
1)( tht HtfH
5
Das Grundmodell von Becker II
Opportunitätskosten eines Bildungsjahres rHt
Ausbildungsnachfrage umso höher
je länger der Auszahlungszeitraum für die Erträge von
Humankapitalinvestitionen sind
je produktiver die Bildungszeit ist
je geringer die zeitliche Diskontierung ausfällt
während die Abschreibungsrate keinen eindeutigen Effekt
aufweist.
6
Zusammenhang von Investitionen in Humankapital
und der Einkommensentwicklung im Lebensverlauf
Phase I: Spezialisierung auf Humankapitalaufbau (Schulzeit)
Phase II: geringe Investitionen in der beruflichen Einstiegsphase
Phase III: Spezialisierung auf Einkommenserzielung
Phase IV: Ruhestandsphase
7
Entlohnung und Wertgrenzproduktivität
bei allgemeinen Humankapitalinvestitionen
0t 1t 2t
t
1v
wv,
w0
w1
v2 = w2
8
Finanzieren die Individuen oder die Betriebe
die Ausbildung?
Bei allgemeinem Humankapital trägt der Arbeitnehmer die
Ausbildungskosten und erhält die Erträge.
Dagegen teilen sich Individuen und Betriebe die Kosten und
Erträge bei einer spezifischen Ausbildung (Beckersche
Teilungsregel).
9
Entlohnung und Wertgrenzproduktivität bei
spezifischen Humankapitalinvestitionen
0t 1t 2t
t
2v
2w
0w
1w
w1
v1
10
Rolle der Familie und Erziehung
im Modell von Becker/Chiswick (1966)
Kinder aus der Mittel- und Oberschicht
besuchen häufiger weiterführende Schulen
haben bessere Möglichkeiten der Finanzierung ihrer
Ausbildung
haben größere Fähigkeiten und Fertigkeiten
Unterschiede bei den Bildungsrenditen sind gering
11
Finanzierungskosten und Schuldauer
in Abhängigkeit von Nachfrage und Angebot
an ausleihbaren Fonds
Nachfrage
an ausleihbaren Fonds für
„bessere“ Familien
„bessere“ Familien
A
B
Schuldauer
Bs As
Angebot
an ausleihbaren Fonds für
„schlechtere“ Familien
„schlechtere“ Familien
AA
BB
rf
rf
12
Mincersche Einkommensfunktion I
Annahme einer konstanten Bildungsrendite r
Einkommenserzielungskapazität Et
Anteil der Einkommenserzielungskapazität, der für Investitionen in
Humankapital verwendet wird, kt
(2.3)
wobei E0 die Einkommenskapazität bei Einschulung darstellt.
t
t drkEE0
0 exp
13
Mincersche Einkommensfunktion II
Das tatsächlich erzielte Einkommen besitzt einen Anteil von 1 - kt an der
Einkommenserzielungskapazität
(2.4)
Schulbildung wird als Tätigkeit betrachtet, bei der das Individuum die gesamte
Einkommenserzielungskapazität zur Investition in Human-kapital nutzt, d.h. kt=1.
Mithin beträgt die Einkommenserzielungs-kapazität am Ende der Schulzeit zum
Zeitpunkt s)
(2.5)
ttt Eky )1(
rs
s eEE 0
14
Mincersche Einkommensfunktion III
Wenn nach Erreichen des (Schul-)Bildungsabschlusses keine weiteren
Humankapitalinvestitionen mehr vorgenommen werden, entsprechen sich
die Einkommenserzielungskapazität und das tatsächliche Einkommen
(2.6)
oder nach Logarithmieren
(2.6‘)
rs
ss eEyE 0
rsEyE ss 0lnlnln
15
Mincersche Einkommensfunktion IV
Eine linear abnehmende Entwicklung des Anteils der
Einkommenserzielungskapazitäten, der für weitere Humankapital-investitionen
verwendet wird, kann z.B. wie folgt formuliert werden:
(2.7)
In diesem Fall wird ein bestimmter Anteil k0 in jedem Berufsjahr x soweit reduziert,
dass nach n Jahren am Ende des Erwerbslebens keine Humankapitalinvestitionen
mehr vorgenommen werden. Damit ergibt sich eine
Einkommenserzielungskapazität in Höhe von
(2.8)
xnkkkx )/( 00
2
00
0
00 )2/(exp)/(exp xnrkxrkEdnkrrkEE s
x
sx
16
Mincersche Einkommensfunktion V
und unter Verwendung von Gleichung (2.4) ein tatsächliches Einkommen in Höhe
von
(2.9)
bzw. nach Logarithmieren
(2.9‘)
Das Logarithmieren von Gleichung (2.8), Einsetzen in Gleichung (2.9‘) und
Sortieren führt zu
(2.10)
xxx Eky )1(
xxx Eky ln)1ln(ln
)1ln()2/(lnln 2
00 xsx kxnrkxrkEy
17
Mincersche Einkommensfunktion VI
Setzt man Gleichung (2.6‘) ein, ergibt sich
(2.11)
Unter Vernachlässigung des logarithmischen Terms hat Mincer (1974) diese
Gleichung durch seine berühmt gewordene ökonometrische Einkommensfunktion
approximiert:
(2.12)
wobei u die Störvariable repräsentiert. Dabei gibt ß1 als der Regressionskoeffizient
für die Schulbesuchsdauer (=Lebensalter - 6 Jahre) die Bildungsrendite an. ß2 und
ß3 sind positive und negative Regressionskoeffizienten für die Berufserfahrung
(= Lebensalter - 6 Jahre - Schulbesuchsdauer).
)1ln()2/(lnln 2
000 xx kxnrkxrkrsEy
uxßxßsßßy 2
3210ln
18
These der mit dem Lebensalter
sinkender Investition in Humankapital
Ertragszeitraum wird kleiner
Hinauszögern profitabler Investitionen senkt ihren
Gegenwartswert
Wert der Arbeitszeit steigt mit dem Alter, weil Erträge früherer
Investitionen anfallen
Verteilung der Investitionen über mehrere Perioden, weil
Grenzkosten innerhalb einer Periode steigen
19
Probleme von Mincerschen
Einkommensfunktionen
Nicht-Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten und
Fertigkeiten
Nicht-Berücksichtigung externer Erträge
Nicht-Berücksichtigung der Qualität des Humankapitals
Nicht-Berücksichtigung der betrieblichen Strukturen und
Stellung des Betriebes am Markt bzw. im Unternehmen
Konstanz der Bildungsrenditen
Messfehler bei den Variablen
International Standard Classification
of Education (ISCED)
20
0: Elementarbereich
1: Grundschule
2: Sekundarbereich I
3: Sekundarbereich II
4: Postsekundäre, nicht tertiäre Bildung
5: Tertiäre Bildung – Stufe 1
6: Tertiäre Bildung – Stufe 2 (Forschungsqualifikation)
Individuelle Ertragsraten für eine Person
mit ISCED 3/4- bzw. 5/6-Abschluss
21
Staatliche Ertragsraten für eine Person mit
ISCED 3/4- bzw. 5/6-Abschluss
22
23
Schooling und die Qualität des Humankapitals
Bildungsrenditen untauglich
Inputindikatoren: Anzahl der Schüler pro Lehrer oder Student,
Höhe der Lehrergehälter, Bildungsausgaben pro Schüler oder
Student, z.B.
Bildungssysteme: Entscheidungsstrukturen, privat oder
öffentlich, Grad der Autonomie
Messung über standardisierte internationale Tests
24
Arbeitsmarktunvollkommenheiten I
Nach der Ausbildung können Löhne unterhalb der Wertgrenz-
produktivität liegen (z.B. weil die Gewerkschaften eine Kompression
der Lohnstruktur durchgesetzt haben oder aufgrund von
Mobilitätskosten)
Lohnsatz w Produktivität f Mobilitätskosten cM
Qualifikationsniveau τ
(2.13) )()()( Mcfw
25
Produktivitäts-, Lohn- und Mobilitätskostenprofil
bei betrieblichen Investitionen in Humankapital
betriebliche Investitionen in
allgemeines Humankapital
keine betrieblichen Investitionen in
allgemeines Humankapital
)(f
Mcfw )()(
)()()( Mcfw
Quelle: Acemoglu/Pischke (1999b:541)
26
Arbeitsmarktunvollkommenheiten I
Das optimale Qualifikationsniveau ergibt sich aus dem Maximierungskalkül des
Arbeitgebers, wobei die Kosten der betrieblichen Investitionen in das Humankapital
der Mitarbeiter cA(τ) zu berücksichtigen sind:
(2.14)
Der Arbeitgeber finanziert also eine allgemeine Qualifikation bis zum Niveau τ .
Das bedeutet, dass der Betrieb eine Rente in Höhe von
(2.15)
erzielt, die einen Anreiz ausübt, in allgemeines Humankapital zu investieren.
)()()(max AM ccf
)()()()( AM ccwf
27
Argumente für betriebliche Investitionen
in Humankapital
Mobilitätskosten
Komplementarität von allgemeinem und spezifischem
Humankapitalkomponenten
Effizienzlöhne
Lohnuntergrenzen
Informationsasymmetrien
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Arbeitsmarktunvollkommenheiten II
Screening- und Signalling-Theorie (Arrow 1962, Spence
1974): Produktivität der Beschäftigten nicht beobachtbar,
aber schulische Leistungen sind als Signale an die
Arbeitgeber wichtig.
29
Verwertbarkeit von Ausbildung
Daten SOEP, in: Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, 185
Adäquanz der Beschäftigung 1984-2004 nach Qualifikationsniveau (in %)
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Empirische Tests der S- und S-Theorie
Vergleich von Bildungsrenditen abgeschlossener
Bildungsmaßnahmen (Layard/Psacharopoulos 1974)
Vergleich der Bildungsentscheidungen von abhängig
Beschäftigten und Selbständigen (Wolpin 1977)
Produktivitätsrückgang in den USA während der 70er Jahre
trotz Bildungsboom (Freeman 1986)
Effekte längerer und kürzerer Studiendauern
(Groot/Osterbeek 1994)